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ORNITHOLOGIE
DEUTSCHES CENTRALORGAN
& für die
gsesammite Ornithologie.
In Verbindung mit der
tentachen mruithulugischen Bezellschuft zu Berlin,
mit Beiträgen von
Dr. @. Hartlaub, Eug. F. v. Homeyer, Dr. A. E. Brehm, Dr. C. Bolle,
Dr. @. Radde, Dr. A. Hansmann, Aug. v. Pelzeln, Hauptm. Alex. v. Homeyer,
Hof-Rath M. Th. v. Heuglin, Dr. O. Finsch, E. Schütt, Ludw. Holtz, Victor
v. Tschusi-Schmidhofen, Dr. H. Golz, Forstmeister H. Goebel, Dr. Ant. Reiche-
now, Dr. C. Stölker, Dr. Dybowski, L. Taezanowski, G. v. Koch, Leonh. Stejneger,
Dr. E. Rey, W. v. Nathusius, G. v. Gizycki, Joh. v. Fischer, Graf v. Berlepsch,
6. Kessler, Dr. N. Severzow, Dr. A. B. Meyer, 0. v. Krieger, A. Grunack,
Dr. Th. Krüper, Dr. Jean Gundlach, E. Schauer, W. Gueinzius und anderen
Be Ornithologen des In- und Auslandes,
heeter ausoezeben
von
Dr. Jean Cabanis,
erstem Custos am Königl. Zoolog. Museum der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin;
Secr. d. deutschen ornithologischen Gesellschaft zu Berlin.
XXI. Jahrgang.
Vierte Folge, 1. Band.
Mit 4 Tafeln in Buntdruck.
Leipzig, 1873.
Verlag von L. A. Kittler.
LONDON, PARIS, NEW-YORK,
Williams & Norgate, 14. A. Franck, rue Richelieu, 67, B. Westermann & Co.
Henrietta Street, Coventzsarden. 440 Broadway.
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02
Inhalt des XXI. Jahrganges.
Vierte Folge, 1. Band.
I. Heft, No. 121.
Aufsätze, Berichte, Briefliches etec.:
Seite
1. Das kaukasische Königsrebhuhn, Megaloperdix (Tetraogallus) cas-
pia Gm. Nach einem freien Vortrage des Herrn Dr. Radde,
wiedergegeben von Bolle und Brehm . . ..... - 1
2. Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. Von H.
Boebieli nu... ME EL. O
3. Literarische Berichte. von Dr o. Bonn ES OT LO
4. Ph. L. Martin. Die Praxis der Naturgeschichte. Zweiter Theil.
BexichtivonsDr. ArReichenow % ... . urn... 26
5. Chr. L. Brehm’s Vogelhaus und seine Bewohner. Dritte Auflage
vonalhlE Martın.’ ‚Bericht von ECzBolle. . . . 2... ...29
6. Reisebericht von Dr. C. Russ. . . Me |
7. Biographie meiner Elster. Von G. v. ira a de ee
8. Beobachtung über einen Kuckuk. Von Dr. E.Rey . .... 8
9. Vogelleben auf Hiddens-Oee. Von Gustav Kessler... .. 4
- Deutsche ornithologische Gesellschaft zu Berlin:
10. Protokoll der XLVII. Monats-Sitzung. Verhandelt Berlin, den
2. Oetober 1872 1 . 30, RL RR TON
11. Protokoll der Fünften Jahr amliane:
Erster Tag, Dienstag den 8. October. Im Berliner Aquarium.
(A. Brehm: Ueber Aguila pennata, minuta und Adalbert.) . . 54
Zweiter Tag, Mittwoch den 9. October. Im Zoologischen Garten. 61
Dritter Tag, Donnerstag den 10. Oet. Im Zoologisehen Museum.
(Cabanis: Eier von Oreoteirax caspia und Podoces Panderi. —
Neue peruanische Vögel des Herrn C. Jelski. — Graf v. Ber-
lepsch: Arten des Genus Dacnis) . . 63
12. Protokoll der XLVIII. Monats-Sitzung. Verhandelt sah. kan
4. November 1872. (A. Brehm: Singvermögen der Euphonen. —
Cabanis: Coceygus Euleri n. sp. aus Brasilien) . . 70
13. Protokoll der XLIX. Monats-Sitzung. Verhandelt Bann, dan
2. December 1872. (Bolle: Haliaetus albieilla in der Mark. —
Cabanis: Ueber zwei für die europäische Ornis neue Würger,
Lanius major Pall. und L. Homeyeri n. sp. und über L. spheno-
cereus n. sp. von China. — Ueber Zuscinia Golzii n. sp. von Tur-
kestan. — A. Brehm: Lamprocolius chloropterus vom oberen
Nil. — Cabanis: Chettusia leucura bei Sarepta erlegt) . . . 73
IV
INHALT.
1. HM, "No. 122.
Aufsätze, Berichte, Briefliches etec.:
2
Kie)
Bericht über die ornithologischen Untersuchungen des Dr. Dy-
bowski in Ost-Sibirien. Von L. Taezanowski, Hierzu Taf. 1.
bis III. Schluss von Jahrg. 1872, 8. 433—454 . . . 2.2...
. Notizen aus der Vogelwelt Odessa’'s. Von H. Goebel .
. Noch einige Worte über Ban pennata und minuta. Von Dem-
selben
. Zusätze und Berichieungen. zu en Aullanıe ae = im Boa
schen Kreise 1867—69 und 1870 beobachteten Vögel nach Beob-
achtungen in den Jahren 1871 und 1872. Von Demselben.
(Siehe Journ. 1871, S. 235—300.) . . . . IR
. Ueber Brutvögel Süd-Russlands, ne ET im N.
ment Kiew belegenen Kreises Uman. Von Ludwig Holtz.
. Bemerkungen über das Vorkommen einiger Vögel Schlesiens. Von
Alexander von Homeyer
. Ornithologische Mittheilungen aus Hderterreich sn) Yon a
von Tscehusi-Schmidhofen
. Zur Synonymie von Turdus Hodgsoni. Kom E. E von er
. Ueber Turtur isabellinus Cab. On: Von M. Th. von Heug-
In:
Deutsche ornithologische Gesellschaft zu Berlin:
10. Protokoll der L. Monats- Sitzung. Verhandelt Berlin, den 6. Ja-
nuar 1873. (Cabanis: Ueber zwei neue Finkenarten des Ber-
liner Museums: Crithagra insularis und Nesospiza Acunhae von
Tristan d’Acunha.)
11. Protokoll der LI. Monats- I Verhendelt Berlin, den 3. Fe-
bruar 1873
12. Protokoll der anarordehsehen net Verkandak Betitu, Pe
10. Februar 1873. (Cabanis: Neue Vögel des Berliner Museums:
Gerygone flaveola und Myiobius stellatus.) . N
Nachrichten:
13. An die Redaction eingegangene Schriften
14. Präparator-Stellengesuch . RR
15. Verlags-Anzeige. Finsch, ann
II. Heft, No. 123.
Aufsätze, Berichte, Briefliches etec.:
1.
2,
Die drei Schwirrvögel. Sylvia (Threnetria) locustella, Hluviatilis
et Zuscinioides. Von Ernst Schauer
Gefangene Vögel. Ein Hand- und Lehrbuch das Lichnaben and
Pfleger einheimischer und fremder Käfigvögel. Von E. A. Brehm.
Referat von Dr. C. Bolle . De a re Pr 6 ae
Seite
8
119
125
152
155
157
158
160
160
161
183
‚15.
10.
I.
INHALT. V
Seite
Monographische Beiträge über einige Gruppen der Lerchen. (Alau-
‚ didae) Von E. F. von Homeyer .. En ST oe N LS
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. Ir. Von Dr. Anton
Reichenow und Dr. Wilhelm Lühder. m Jahrg. 1872,
Sl). . ee An)
Ueber einige Vögel ale ee in losen, Freier Vortrag
vor den deutschen Ornithologen in Berlin 1872. Von I
Alexander von Homeyer. .. le . 218
Notiz über Pastor roseus und Halkaeiıs Ihe in Baden Yen
BosSchutt,......... 224
. Zur Ornithologie der oa Sole daran, Sid. Beuilien. von
Graf von Berlepsch .... . 225
Briefliches über Duteo tachardus und ende Raubröge Thü-
ringens. Von Kammerherr Otto von Krieger . . 233
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. III. Von "Dr. Bene
Reichenow. (Siehe Seite 209-218) . 2... 21 2.2.2.2...29
Syrnium lapponicum (Retz) in Polen. Von L. Taczanowski. 303
Ornithologisches aus Norwegen. Von Leonhard Stejneger. . 304
Deutsche ornithologische Gesellschaft zu Berlin:
12.
13.
14.
Protokoll der LII. Monats-Sitzung. Verhandelt Berlin, den 3.
März 1873. (Cabanis: Ueber Osiinops atrovirens d’Orb. und
atrocastaneus n. Sp... . al
Protokoll der LIH. media si ne Yerhandeli Berkm, den T.-
April 1873. (Grunack: Gelege von Nucifraga car ea acer. —
Brehm: Struthidea einerea in Gefangenschaft nistend. — Ca-
banis: Ueber Xenodacnis parina nov. gen. et spec. des Berliner
Museums, von ©. Jeiski in Peru entdeckt. — Hansmann:
Fragen betreffs Nistkästen und Vogelschutz.) . . - 310
Protokoll der LIV. Monats- Sitzung. Verhandelt Bere) on 5.
Mai 1873. (Severzow: Reisen in Ost-Turkestan. — Cabanis:
Berichtigungen über Pyrrhula cineracea und Cassini.) . . . 813
Protokoll der LV. Monats-Sitzung. Verhandelt Berlin, Ge 9:
Juni 1873. (Wilhelm Lühder f. — Cabanis: Neue Vögel
des Berliner Museums, von C. Jelski in Peru entdeckt) . . . 315
Nachrichten:
16.
Banstal Anzelegenheit. . . 0 . .. 0.00. 2 2.820
IV. Heft, No. 124.
Aufsätze, Berichte, Briefliches ete.:
ll
2.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis in ihrer
horizontalen und vertikalen Verbreitung. Von Dr. N. Sever-
zow. Aus dem Russischen von J. v. Fischer, mit Original-
zusätzen und Berichtigungen des Verfassers . . a ap
Ein Wort über Casuarius Kaupi. Von Bar. Boncabers 2.890
vI
15.
. Notiz über Galungrae ER E. E. v. Homagın
. Zwei Schwirrer. Von Dr. A. Hansmann. .. Eeche
INHALT.
Berichtigung zu dem Artikel „das Reichsmuseum in Leyden von
F. Freih. v. Droste“. Von Domseinen A Rt nt
Ueber die systematische Stellung der neuseeländischen Gattun-
gen Clitonyx Reichb. und Phyllodytes Finsch. Von Dr. Otto
Finsch_.:.. e
Ueber die Arten "ac tie 0% arms in Nenn Yon
Capt. F. W. Hutton. Aus dem Englischen von Capt. Paul
Seite
391
393
398
401
404
405
406
BT A
Bemerkungen zu dem vor iöhender Afsatse aller de Odyanbrih.
Arten.‘ von DI. Or EIRSCcH Tee - .
Notiz über die Vögel von Celebes. Von Di Adolf Bere
hard Meyer. .. 7 Ve
Ueber einen neuen Prlaielüke in en: Guinea. Tagebuchaus-
zug. Von Demselben.'. .. er! E
Beiträge zur Kenntniss an Örnis ae Archangel! en ee
mente... Von’H. Goebel wm: DE HaR
Einige Worte über den ee del Lapopus albus. Voh
Demselbenstese F
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s. Von W. .. :
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. Schluss. IV. West-
afrikanische Webervögel. Von Dr. A. Reichenow.. . .
Notiz zur Färbung der Kuekuks-Eier. Von A. Grunack. . .
Deutsche ornithologische Gesellschaft zu Berlin:
16. Protokoll der LVI. Monats-Sitzung. Verhandelt Berlin, den 1. Sep-
tember 1873. (Cabanis: Jugendkleid der Aquwila orientalis und
Notizen zur Synonymie der Aguila orientalis, clanga und naevia. —
Dr. Finsch: Reisebericht über Nord-Amerika.) .
17. Benachrichtigung an die Mitglieder . . . 2.2...
Nachrichten:
18. An die Redaection eingegangene Schriften
Index der systematischen Namen des XXI. Jahrgungen, 1873.
L
II.
III.
ıy.
Vierte. Folge, 1. Band „ur, an Ve
Tafeln des Jahrganges.
422
425
426
434
446
454
455
460
460
463
Fig. 1— 16.
Fig. 17-31. Sibirische Vogel-Eier. Verzeichniss s. $. 118—119,
Fig. 32-35.
Fig. 36. Ei von Oreotetrax caspia. Siehe Seite 63
Fig. 37—33. Eier von Podoces Panderi.
Fig. 1.2. Xenodacnis parina Cab. (Siehe Seite 312, 313.)
Fig. 3. Hypsibamon (Grallaria) andicolus. (Siehe Seite 318.)
JOURNAL
für
ORNITHOLOGIE.
Einundzwanzigster Jahrgang.
57 121 3 IE Januar. a 1873.
Das kaukasische Königsrebhuhn,
Megaloperdix — Tetraogallus — caspia 6m].
Nach einem freien Vortrage des Herrn Staatsrath Dr. Radde, Director
des kaiserlichen Museums in Tiflis,
wiedergegeben von Bolle und Brehm.
Wenn man von dem Ponti zusteuernden Dampfer des schwar-
zen Meeres aus seinen Blick nach Süden richtet, sieht man zunächst
das mingrelische Tiefland vor sieh ausgebreitet: einen ununter-
brochenen natürlichen Garten, in welchem die Natur fast Alles, der
Mensch verhältnissmässig wenig gethan hat. In unvergleichlicher
- Ueppigkeit um alternde Stämme sich rankend, klettert hier vom
Boden an bis in die höchsten Spitzen hinauf, den stützenden Baum
fest umstrickend und ein Netz bildend, durch welches weder Mensch
noch Thier sich durchwinden kann, die wilde Rebe im Verein mit
dem kolchischen Epheu und zahlreichen anderen Schlingpflanzen,
unter denen ich nur Smilaz excelsa noch besonders hervorheben will.
So weit das Tiefland reicht, erstrecken sich diese natürlichen Gär-
ten, wegen ihres Reichthums an immergrünen Hölzern im ewigen
- Frühlingsgewande prangend, und zwischen durch senden Bergflüsse,
in regem Laufe zur Tiefe sich stürzend, ihre silbernen Gewässer
dem Rion zu, welcher durch seinen altelassischen Namen Phasis noch
heute daran erinnert, dass seine Ufer die Urheimath von Phasianus
eolchicus sind. Weiter nach Süden hin steigen die Berge an, und
bis zu jenen an geräumigen Weiden reichen Hochebenen empor, in
- denen die Bächlein sich zu dem erwähnten Strome sammeln, und
_ eine scharf gegen den klaren Himmel sich abzeichnende Bergkette
schliesst endlich hier die Aussicht.
Einen ähnlichen, nur noch unendlich grossartigeren Blick kann
der entzückte Reisende auch nach Nordosten hin thun. Das Vor-
land ist dasselbe, das Hinterland aber der gewaltige Kaukasus
Cab. Journ. f. Omith. XXI. Jahrg. No. 121, Januar 1873. 1
2 Radde:
selbst, welcher bei reinem, heiterem Himmel in unübertrefflicher
Klarheit hervortritt. Anschliessend an das Tiefland erheben sich
stark bewaldete Berge, und hinter diesen steigt die kaukasische
Hauptkette mit ihren wenigen, in einer Höhe von 3000 Meter lie-
genden, schwer zu überschreitenden Pässen steil empor. Das Ge-
birge schaut herab auf ein Gewirr zahlioser Thalschluchten, die
bachdurchrauscht von der Grenze des ewigen Schnees in die im-
mergrünen Waldgürtel sich niedersenken: eine Heimath uralter
Völkerreste, welche Viehzucht, in noch tieferen, bis zu 1000 Meter |
herabsteigenden, die Pfiege der Maulbeere als hauptsäch-
lichsten Erwerbszweig treiben. Sie sitzen in diesen engen
Schluchten so dicht zusammengedrängt, dass der Kampf um das
Dasein hier nothwendig ein tief eingreifenderer werden musste als
in räumlich begünstigteren Strecken. Stamm gegen Stamm, Ge-
meinde gegen Gemeinde, im ewigen Kampfe um Viehweide oder
Ackerland, das war bis vor Kurzem noch, ehe der russische Einfluss
zügelnd und besänftigend eingriff, das gesellschaftliche Bild, wel-
ches Abchasen und Suanen darboten. |
Das alte Colchis, wo wir es auch untersuchen mögen in Be-
zug auf seine Fauna, hat nicht gerade viel Eigenthümliches aufzu-
weisen. Man findet dort wohl eine sehr üppige Entwickelung der
Pflanzen, aber wenig bezeichnende Thiergestalten. Ganz anders
ist es auf jenen Höhen, welche aus weiter Ferne zum Meere her-
unterleuchten. Dort, an der Grenze des ewigen Schnees, in einer
Höhe zwischen 2000 bis 3500 Meter, habe ich eine der nur in vier
Arten über Asien verbreiteten riesenhaften Hühner kennen gelernt,
über deren Leben und Treiben wir noch wenig wissen. Das kaukasische
Königsrebhuhn, von Steven entdeckt und sehr früh schon auch mit dem
Speciesnamen caucasicus benannt, lebt hier in verhältnissmässig bedeu-
tender Anzahl, nach Behauptung sämmtlicher Gebirgsbewohner in
einer absonderlichen Freundschait mit dem Steinbock jener Länder.
Durch einen Pfiff, sagen sie, soll unser Huhn dem kaukasischen
Steinbock eine Warnung vor dem sich nähernden Jäger zurufen,
und die Freundschaft zwischen beiden so innig sein, dass das
Huhn den Mist von den Böcken frässe, und dass somit beide ge-
wissermassen auf einander angewiesen wären, indem der Vogel das
Säugethier warnt, dieses jenen ernährt. Die Sache liegt einfacher
wohl so, dass beide auf eine und dieselbe Nahrung hingewiesen
sind. Wenn man nämlich Steinböcke und Königsrebhuhn unter-
sucht auf das, was sie fressen, wird man sehen, dass erstere ihrer
Das kaukasische Königsrebhuhn. 3
Lebensweise gemäss den polsterförmig an den Boden gedrückten
Rasen verschiedener alpiner Fotentilla-Arten nachgehen. Diese sich
“wenig über den Boden erhebenden Gewächse aus der Familie der
Rosaceen, mit ihren weissen oder gelben Blüthen, und mit Früch-
ten, deren botanische Beschaffenheit sie in die Nähe der Erdbeeren
stellt, dienen nicht minder den Königsrebhühnern als dem Stein-
bock zur bevorzugten Nahrung, und es erklärt sich durch die-
sen, beiden Thierarten gemeinsamen Geschmack ihr Zusammen-
leben auf eine ganz natürliche Weise, wenn anders nicht noch
‚hinzugefügt werden darf, dass die, etwa dem Koth der Steinböcke
-innewohnenden Insekten gleichfalls eine Anziehungskraft für die
gefiederten Freunde des letztgenannten Thieres besitzen. Wir
brauchen daher, ohne die dichterische Auffassung der Hochland-
bewohner gänzlich leugnen zu wollen, unsere Zuflucht durchaus
nicht zu einem starken Gefühle gegenseitiger Hochachtung zwischen
beiden zu nehmen. So etwas ist sehr nett zu hören, aber etwas
unwahrscheinlich zu glauben. Die dem Tiefland südlich vorgeleg-
ten Gebirgshöhen, welche mit dem pontischen Bergland beginnen,
um sich in der Richtung nach Armenien zu anderen Höhenland-
schaften anzureihen, bewohnt das Königsrebhuhn entschieden nicht,
eben so wenig wie sein Begleiter, der Steinbock, hier im kleinen
Kaukasus, vorkommt.*) Ks scheint jedoch mit Sicherheit ange-
nommen werden zu dürfen, dass eine von der kaukasischen ver-
schiedene Art in Persien selbst lebe. Als nämlich im vorigen
Jahre der Kaiser in Titlis war, schickte der Schah von Persien
zu seiner Begrüssung einen seiner hohen Würdenträger, der denn
auch im herrlichsten Ornat, geschmückt mit Edelsteinen, das kau-
kasische Museum besuchte Da der Mann französisch sprach, so
kam es, dass ich eine lebhaite Unterhaltung mit ihm begann. Von
verschiedenen Jagdthieren war zwischen uns die Rede. Als der
Diplomat jedoch eines Exemplares des kaukasischen Königsreb-
huhns ansichtig wurde, konnte er nicht unterlassen, mir anzudeu-
ten, dass der Vogel ihm zu gross ausgestopft schiene. Er ver-
sicherte mir mit voller Bestimmiheit, dass in Persien derselbe oder
doch ein ganz ähnlicher Vogel von nur etwa der halben Grösse
_ *) Es verdient bemerkt zu werden, dass Kotschy das kaukasische
Königsrebhuhn im cilicischen Taurus aufgefunden hat. Reisende haben
ferner eoustätirt, dass eine grosse Hühuerart, welche sie Auerhahn nennen,
auf den höchsten Gipfeln der Gebirge Kretas heimisch sei. Es wäre nicht
überraschend, wenn sich der letztgenannte Vogel gleichfalls als eine Me-
galoperdix-Art zu erkennen gäbe. €. Bolle.
I*
4 Radde:
I
des gegenwärtigen vorkomme. Da nun sowohl die Himalaya- als
auch die Altai-Art (Megaloperdix himalayensis et M. altaica) gleieh-
falls von bedeutender Grösse sind, erscheint es höchst wahrschein-
lich, dass wir es in Persien mit einer vierten Species dieser Gat-
tung zu thun haben, für die freilich eine streng wissenschaftlich
systematische Bezeichnung in diesem Augenblick noch unmöglich!
ist. *)
Unser Alpenrebhuhn lebt nach Art seiner Verwandten streng
paarweise und bewohnt ein Gebiet, über dessen Grösse man nicht!
recht in’s Klare kommt. Treibt man ein Paar auf, so erheben sich!
auf einen eigenthümlichen schrillen Pfiff und den wie „Tirok, tirok,,
tirok“ klingenden Lockruf noch andere Paare; denn während ein!
Huhn fliegt, warnt es nach rechts und links. Der Flug selbst ist!
sehr rasch und geht in einer geraden Linie dahin; mich hat er amı
meisten an den der Zwergtrappen erinnert, nur dass er nicht so)
schrill pfeifend ist. Ob unser Huhn eine Balze hat, vermag ich\
nicht zu sagen; denn die Zeit, in welcher eine solche stattfinden‘
muss, erschwert jeden Besuch des Hochgebirges auf das Aeusserste,,
wenn es ihn nicht der Kälte und des Schnees wegen, für uns;
wenigstens, geradezu unmöglich macht. Soviel unterliegt wohl kei-
nem Zweifel, dass sich das Königsrebhuhn dabei niemals auf einen
Baum setzen wird; denn es ist in allen Einzelheiten ein Feldhuhnı
oder Steinhuhn, nur in riesigerer Grösse, lebt auch in einem Höhen--
gürtel, dem der Baumwuchs überhaupt abgeht. Wahrscheinlich
werde ich Gelegenheit haben, auch hierüber baldigst in’s Klare zu
kommen, wie überhaupt meine Beobachtungen noch wesentlich zu\
erweitern. Jedenfalls brütet der Vogel sehr zeitig im Jahre. Ich:
selbst habe zwar die Eier nicht gefunden, aber am 17. April, als‘
ich von Tiflis nach Petersburg reiste, auf einer Station, hoch oben‘
im Gebirge, zwei von ihnen bekommen, und den Vogel dazu. Jene’
haben Aehnlichkeit mit denen unseres Auerhuhns. Genaueres ver-
mag ich im Augenblick nicht zu sagen und will nur noch hinzu-
fügen, dass ich das eine dieser Eier meinem lieben Freunde Dresser '
nach London mitgebracht habe, und dass wir erwarten dürfen, es
nebst dem alten Vogel in seinem Prachtwerke bald dargestellt zu |
sehen. Da die von mir erhaltenen Eier noch ganz frisch waren,
muss ich annehmen, dass ich sie im Anfange des Legens erhielt,
*) Beide Nacherzähler des Vortrages bringen jetzt schon, unbeschadet
etwa bestehender Prioritätsrechte, für diese neu aufzufindende Art den Na-
men Megaloperdix Raddei in Vorschlag.
Das kaukasische Königsrebhuhn. 5
und darf somit den Beginn des Brutgeschäfts für die Mitte des
Aprils bestimmen. Der Vogel muss viele Eier legen; denn ich habe
Ende Juni oder Anfangs Juli in einer Höhe von 3000 Meter über
dem Meere das Glück gehabt, ein Weibchen mit noch nicht flüggen
Jungen durch Zufall aufzujagen. Nach Art aller Hühner und zu-
mal derer, welche, wie die in Frage stehenden, ein zerbrochenes
Trümmergestein bewohnen, zeigten sich die Jungen so geschickt
im Verlaufen und Verstecken, dass man überrascht war, plötzlich,
unmittelbar vor seinen Füssen, die muntere Schaar auftauchen und
eiligen Laufes vor sich hinrennen zu sehen. Oft müht man sich
längere Zeit vergeblich, eins zu erlangen: man greift nach ihm,
fehlt es, greift wieder, fehlt noch einmal, und muss endlich sehr zu-
frieden sein, wenn man überhaupt eins erhält. Aber ich sah doch
bei meiner Jagd wenigstens dreizehn bis fünfzehn Stück, und darf
also behaupten, dass die Ketten eben so stark sind als die der
verwandten Hühner auch.
Alle Eingeborenen sind einstimmig in Schilderung der ausser-
ordentlichen Schwierigkeit einer Jagd auf Königsrebhühner. Un-
gemein scheu und vorsichtig, lässt sich der „Intaure“, wie man
den Vogel nennt, nur mit der Büchse nahe genug kommen, und
auch ein in der Handhabung dieser Waffe wohlgeübter Jäger kann
tagelang vergeblich gehen, bevor es ihm gelingt, einen Schuss
abzugeben. Der Name „Intaure“ rührt von den Grusiern her,
welche diese Vögel nur ab und zu als Wildpret zugeschickt erhal-
ten und sie, weil ihnen die Thiere und ihre Lebensverhältnisse un-
bekannt sind, mit dem Truthahn vergleichen, also Gebirgstruthen-
nen nennen.
Selten vergeht ein Jahr, in welchem ich nicht ein oder zwei
lebende Königsrebhühner bekomme. Und da ich sehr gut weiss,
wie schätzenswerth dieser Vogel ist, gebe ich mir die grösste
Mühe, sie zu erhalten, bin auch sehr gern bereit, falls es mir ge-
lingen sollte, einige Stücke zu bekommen, sie an einen Thiergar-
ten abzugeben. Denn kaum einem Zweifel unterliegt es, dass ein
Königsrebhuhn, wenn ihm einigermassen die Bedingungen erfüllt
werden, welehe ein Höhengürtel von 3000 Meter über dem Meere
bietet, sich sehr bald mit der Gefangenschaft aussöhnt, und sich
lange nicht so scheu, spröde und furchtsam zeigt, wie das gemeine
Frankolin, welches wir ja fast in allen Thiergärten sehen. Sehr
bald gewöhnt sich das Huhn an Hirse, aber seine Lieblingsgerichte
bleiben doch im Frühjahr junge Keimpflanzen kressenähnlicher
6 H. Goebel:
Gewächse aus den Gattungen Sisymbrium und Lepidium. In spä-
teren Zeiten möchten die überall aufzutreibenden Potentillen ein
leicht zu beschaffendes Futter abgeben. Naturgemäss erscheint,
dass frisch gefangene Königsrebhühner lange nicht die Lebhaftig-
keit zeigen, welche ihnen an ihren alpinen Wohnstätten eigen ist.
Ich sah diese Thiere mit zusammengezogenem Halse dasitzen, die
Augen halb geschlossen und augenscheinlich ein Raub einer. ge-
wissen Unbehaglichkeit, welche Niemand in Verwunderung setzen
wird.
Dass die Schwierigkeiten der Gefangenhaltung keine unüber-
windlichen sind, beweist am besten die glückliche Ueberbringung
des Verwandten aus dem Himalaya nach London, in dessen Thier-
garten es meines Wissens über ein Jahr ausgehalten hat. Alle
Hühner sind schmieg- und fügsam, und wenn auch die Hochge-
birgsarten diese Eigenschaften nicht in dem Maasse besitzen wie
die in der Tiefe lebenden, entbehren sie derselben doch nicht
gänzlich, und somit berechtigt auch unser Königsrebhuhn die Thier-
pfleger zu den besten Hoffnungen.
Beiträge
zur Ornithologie des Kouvernements Curland.
Von
H. Goebel, in Uman.
Ich habe alle Jahrgänge unseres Journals durchgesehen, nir-
gends aber die geringste Notiz über die Vogelwelt Curlands gefun-
den, eines Ländchens, das recht reichhaltig in ornithologischer Be-
ziehung ist, und das sich rühmen kann, eins der besten und
reichhaltigsten Provinzialmuseen zu besitzen. Ich will daher das
Wenige, was ich über Curlands Vogelwelt kenne, deu Lesern un-
sers Journals mittheilen; vielleicht muntern diese Zeilen einen eur-
ländischen Ornithologen auf, sein Scherflein beizutragen. —
Ich habe Curland schon vor 10 Jahren verlassen, daher datiren
meine Beobachtungen aus einer Zeit, wo ich kein eigentliches No- |
tizbuch , blos ein Jagdbuch führte. — Doch als leidenschaftlicher
Jäger und Eiersammler (freilich wohl sehr unrationeller) war ich
schon früh durch meinen Vater, einen grossen Naturfreund und
Jäger vor dem Herrn, angeleitet worden, die Augen offen und als
Knabe das Blaserohr, späterhin die Flinte bereit zu halten. — Es
ist natürlich, dass mir Manches, besonders unter den Vögeln, die
nicht jagdbar oder für den Käfig tauglich sind, entgangen sein
Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. 7
mas; bei sehr ähnlichen Arten passirte wohl die seltenere Art als
zur gemeineren gehörig, daher gewiss in Curland bedeutend mehr,
als hier aufgeführt wird, Arten vorhanden sind; doch das, was ich
hier gebe, ist genau und sicher.
Mein Jagd- und Sammelterrain war der Gerbinsche und Ha-
senpothsche Kreis, also der Süd-Westen der Halbinsel. Prachtvolle
Nadelwälder, schöne Birkenhaine mit uralten Eichen trifft man in
grösseren und kleineren Complexen überall an, das Ackerland
nimmt etwa die Hälfte des Areals ein; in der Nähe des Meeres,
bei dem Haien Libau, liest ein grosser See, der viel Wasser- und
Sumpfvögel beherbergt. Alle Landgüter haben meist schöne Parks
und Gärten, überall findet man kleine und grössere Seen und
Teiche, kleinere und grössere Flüsschen, an manchen Stellen aus-
sedehnte Sumpfterrains.. In der Nähe des Meeres ist der Boden
meist sandig, die Dünenbildung meist unbedeutend.
Das Klima ist gemässigt, kalte Winter sowie heisse Sommer
gehören zu den Seltenheiten, wie natürlich, da Curland von zwei
Seiten vom Meere bespült wird. Die Vogelwelt ist individuen-
und artenreich, sehr viele südliche Arten kommen als Irrgäste vor,
wie z. B. Gypaetus barbaius, Tichodroma, Ardea alba, garzetta, pur-
purea u. S. W.
Ueber das häufigere oder seltenere Vorkommen, über die Zug-
verhältnisse kann ich nicht immer sichere Auskunft geben, daher
ich nur dort, wo es mir bestimmt bekannt ist, eine Bemerkung
darüber mache; als Brutvögel führe ich nur die Arten an, von
denen ich die Eier besitze oder besass, oder die ich als Dunenjunge
fand oder beim Nest beobachtete.*) —
RAPTATORES.
Die Raubvögel werden meist, recht eifrig verfolgt, besonders
auf Agua fulva und albieilla, Falco peregrinus und Astur palumba-
rıus wird eifrig Jagd gemacht. Die kleinen werden mehr mit
Gleichgültigkeit betrachtet; doch findet man auch häufig unter den
auf den Gütern an die Ställe angenagelten Raubvögeln manchen
unschuldigen Bussard und Thurmfalken. Von den Falcones sind
Brutvögel peregrinus , subbuteo, tinnunculus, über aesalon, der auch
vorkomnit (ich schoss einen aın 10..October 1861), kann ich keine
weiteren Daten anführen. Von Habichten trifft man palumbarius
und nisus als Stand- und Strichvogel an. |
*) Siehe das Register am Schluss,
8 H. Goebel:
Die Adler werden durch A. fulva, naevia, Hal. albieilla, Pan-
dion haliaötus vertreten. Stein- und Seeadler sind Stand-, Schrei-
und Flussadler Zugvögel. — A. naevia ist wohl der am häufigsten |
anzutrefiende. —
Unter den Buteones sind B. vulgaris und Pernis apivorus
Brutvögel, Circaötus brachydactylus habe ich nur einmal gesehen im
Herbste, Archibuteo lagopus einigemal im Winter. (Circaötus dürfte
Brutvogel sein, da er es noch im Petersburgschen Gouvernement ist.)
Von Milvinen sind Zug- und Brutvögel M. regalis, ater, Circus
rufus und cyaneus; doch ist keiner von ihnen besonders häufig ver-
treten.
Die Geier werden durch zwei Irrgäste, den Gypaötus barbatus
und Vultur monachus vertreten. Ersterer ist einmal nach anhalten-
dem Nebel im Niderhartauschen Forst, das zweite Mal von einem
Förster Tamma in der Mitauschen Gegend geschossen worden. Von
letzterem bewahrt der Sohn, Herr Förster Tamma in Zinau, Klauen
und Schädel auf. V. monachus steht im Museum.
Unter den Eulen nimmt, was Häufigkeit anbetrifit, die erste
Stelle Otus verus ein, dann folgen Strix flammea, Ulula aluco, Bubo
maximus. Nyctale dasypus und Athene noctua habe ich nur einmal
gesehen, Nyctea nivea mehrmals im Winter 1861/62 am Meeres-
strande bei Libau. — &
Surnia funerea und Glaucidium passerinum stehen, glaube ich,
im Museum. Ueberhaupt scheinen mir die Eulen nicht häufig zu
sein, doch darüber ist schwer richtig zu urtheilen. Von Bubo ma-
xwimus hat mir Herr Förster Tamma mitgetheilt, dass ein Paar ge-
fangener, denen ein geräumiger Stall angewiesen war, dort mehrere
Jahr hintereinander im Frühlinge Eier een: doch sie nieht be-
brüteten. —
CORACIROSTRES.
Von Raben ist corax nicht gerade selten, ich sah einmal von
der Luderhütte aus 13 zu gleicher Zeit; cornix ist gemein, mone-
dula nicht häufig, frugilegus nur an wenig Stellen anzutreffen. So
beim Flecken Darben, wo sie in einem Kiefernwäldchen durch die
Besitzerin des Gutes Ligutten Frau von Bordelius eingebürgert
wurden und jetzt in ungeheurer Menge anzutreffen sind. Nuei-
fraga caryocatactes schoss ich einmal im September.
Von Hähern sind Pica caudata und Garrulus glandarius ge-
mein; von Staaren Sturnus vulgaris und Oriolus galbula; Pastor ro-
seus steht im Museum.
Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. 9
PASSERES.
Kreuzschnäbel kommen zu allen Jahreszeiten vor, welcher Art
aber oder ob beiden angehörig, lasse ich dahingestellt.
Von Gimpeln erscheint in kalten Wintern Pinicola enucleator,
der finnische Papagei, Pyrrhula vulgaris ist Stand-, Erythrothoras
ervihrina Zugvogel, dessen Nest ich in einer feuchten Waldniede-
rung einst fand.
Die Finken werden durch Fringilla coelebs, montifringilla, can-
nabina, spinus, carduelis, linaria vertreten, davon ist coelebs gemein
als Zugvogel (einzelne 3 überwintern), Hänfling, Zeisig, Stieglitz
überwintern, montifringella sah ich im October, was linaria anbe-
trifft, so mag sie wohl auch zuweilen brüten, ich habe nämlich zu
einer Zeit, wo ich schon Nester von Fr. coelebs und cannabina fand,
noch Zitrinchen, wie wir sie nannten, mit dem Blaserohr ge-
schossen.
Passer domesticus und montanus sind gemein, Coccoth. vulgaris
selten, Chloris vulgaris häufig theilweise überwinternd, da ich ihn
_ auf der Tenne oft genug im Winter fing.
Von Ammern ist häufiger Standvogel E. citrinella; schoenichus
ist Zugvogel, miliaria habe ich einmal geschossen, melanocephala
steht im Museum, Plectrophanes nivalis ist regelmässiger Win-
tergast.
Die Familie Alaudinae ist durch arvensis, arborea und ceristata
vertreten, von denen letztere Standvogel, arborea seltener, arvensıs
häufiger Zugvogel ist. Melanocorypha tatarica steht im Museum.
OSCINES.
"Von Würgern sind exeubitor und minor ziemlich selten, collurio
dagegen gemein, ob ersterer Standvogel ist, habe ich nicht
beobachtet.
Häufig sind die beiden Fliegenfänger Butalis grisola und
Muscicapa atricapilla, ersterer brütet häufig in und an Häusern und
lässt sich das brütende Weibchen ganz nahe beobachten. Bomby-
eilla garrula. ist nicht regelmässiger Wintergast.
Welche von den beiden Nachtigallen oder ob beide Arten vor-
kommen, kann ich nicht sagen; ein Ei, das ich besitze, steht auch
der Grösse nach ziemlich in der Mitte zwischen beiden. In ein-
zelnen Parks und Gärten sind die Nachtigallen so gemein, dass
man kaum einschlafen kann vor Nachtigallengesang. ARubecula fa-
miliaris ist sehr gemein. Welche Blaukehlchenvarietät oder Art
_ vorkommt, kann ich nicht sagen, ich glaube es ist suecica.
10 H. Goebel:
Rutiella phoenieura ist gemein, nistet gern in Staarenkästen,
tithys glaube ich einmal in Libau gesehen zu haben. Sazicola
oenanthe und Pratincola rubetra sind gemein, rubicola steht im
Museum.
Die Familie Turdinae wird durch 5 Arten, die Brutvögel sind,
vertreten, und zwar ist pilaris gemeiner Brutvogel auf Weiden, die
undicht mit Birkenbäumen und Juniperus-Sträuchern bestanden
sind. Hier findet man Nisteolonien von mehr als 30 Paaren; mu-
sicus ist seltener. — Von viacus habe ich zweimal, von viscworus
und merula je einmal das Nest gefunden. — Die Mistel- und
Wachholderdrosseln sind ständig, musieus und iliaeus Zugvögel, von
merula fand ich einst im Winter ein ganz erstarrtes oder wohl
eher verhungertes &, das ich mehrere Tage im Zimmer hielt und
darauf frei liess. Im Winter 1361/62 traf ich unter Schaaren püe-
ris und viseiworus auch 2 Drosseln mit sehr dunkelgelb gefärbten
Unterflügeln an, die leider so scheu waren, dass ich nicht zum Schuss
kommen konnte. Die Grösse mochte zwischen musicus und plaris
sein. Cinclus aquaticus findet man an vielen reissenden Bächen, die
im Winter nicht gefrieren, als Standvogel.
Von Sylvien sind gemeine Brutvögel airicapilla, einerea, curruca
selten hortensis (1 Nest); nisoria (1 Nest), erstere legt ihr Nest gern
in Fichten 4—6 Fuss hoch an, cinerea in Nesseln und Stachelbee-
ren, curruca in sehr jungen Kiefern und Fichten niedrig am
Boden.
Von Laubvögeln kommen jiks und rufa nicht selten, Aypolais
sehr häufig vor. Letzterer nistet spät, sehr gern in Fliederbüschen
und auf Kirschbäumen in lichten Wäldchen und Gärten.
Von Sumpfsängern habe ich nur C. arundinacea, palusiris
und phragmitis bemerkt, ersterer ist recht häufig.
Troglodytes parvulus ist gemein als Standvogel, nistet gern in
dichten Zäunen.
Von Bachstelzen ist gemein Motacilla alba, Budytes flava ist
seltener. Erstere nistet gern in Strauchhaufen, in Kuzitzen gespal-
tenen Holzes (mehrere Jahre hinter einander in unserm Hofe), letz-
tere auf sumpfigen Terrains auf Hümpeln.
Unter den Anthus-Arten fällt durch Häufigkeit arboreus auf,
pratensis ist seltener, campestris habe ich nur zweimal gesehen.
Tharrhaleus modularis steht im Museum.
Regulus flavicapillus ist sehr gemein, besonders in Kiefernbe-
ständen, wo er den ganzen Tag im Winter meist auf der Erde sein
R
Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. IK
Futter sucht, wenn dieselbe nicht mit Schnee bedeckt ist; liegt
Schnee, dann tummeln sich die Vögeichen mehr in den Kronen der
Bäume und nur höchst selten kommt einer zur Erde herab.
Von Parus-Arten sind gemein major, cristatus, caudatus, etwas
seltener ater und coeruleus, am wenigsten häufig wohl palustris.
Lophophanes cristatus und P. ater halten sich vorzüglich im Nadel-
walde, Orites caudatus, Parus major und palustris sowohl im Nadel-
als auch im Laubwalde, coeruleus vorzüglich in letzterem, besonders
häufig in Weidengebüschen und Parks u. s. w. auf.
HIANTES.
Von Schwalben sind gemein 7. rustica und urbica; riparia ist
seltener; Cypselus apus ist gemein auf allen Kirchthürmen; Capri-
mulgus europaeus ist besonders häufig in nicht feuchten Kiefern-
wäldern, die undichten Bestand und viel Haidekraut zeigen, doch
trifft man ihn auch nicht selten in Laubhölzern und in Parks.
SCANSORES.
Sehr gemein ist Siüza europaea, die meist der Anführer der
kleinen, aus Meisen, Regulus und ('erthia zusammengesetzten Strich-
gesellschaften ist; Certhia familiarıs ist gleich häufig; Tichodroma
muraria steht im Museum,
Upupa epops ist nicht selten, ich habe ein schönes Gelege er-
halten von so grossen und so dunkel chocoladefarbenen Eiern, wie
ich sie seither nie mehr fand.
Iynz torguilla ist eine sehr gemeine Erscheinung.
Unter den Spechten ist am häufigsten Picus major, dann folgt
viridis, martius, leuconotus, minor; letztere 3 trifft man vorzüglich im
Nadelholze an.
LEVIROSTRES.
Coracias garrula ist gemein, sie nistet in den einzelnen alten
Eichen, die meist am Rande grösserer Wälder wachsen, Alcedo
ispida habe ich zweimal im Sommer gesehen, Merops apiaster steht
im Museum, Cuculus canorus ist gemein.
GYRATORES.
Von Tauben ist wohl die häufigste Palumbus torguatus, Co-
lumba oenas ist seltener, Turtur auritus sehr selten, doch habe ich
ein Ei dieser Taube aus dem Niederbartauschen Forste erhalten.
RASORES.
Die Hühner sind recht zahlreich vertreten, Tetrao urogallus ist
noch recht häufig in ailen grösseren Kreis- und Privatforsten, wo er
*
12 H. Goebel:
nur einigermassen geschont wird, Zyrurus tetrix ist nicht selten auf
allen grösseren, mit Buschwald bestandenen feuchten Terrains,
Bonasia sylvestris in den trockeneren Fichtenwäldern, Zagopus albus
ist selten, es kommt wohl nur im sogenannten Oberlande (dem
Theil von Curland, der sich als Keil in die östlicher gelegenen
Gouvernements schiebt) vor, Perdix cinerea ist gemein nach einiger-
massen milden und nicht allzu schneereichen Wintern, Coturnix
dactylisonans ist ziemlich selten, Syrrhaptes paradowus ist, wie überall,
so auch in Curland vorgekommen. —
G@RALLATORES.
Otis tarda und tetrax stehen im Museum.
Strepsülas interpres habe ich einigemal am Libauschen Strande
gesehen ; Haematopus ostralegus ist sehr häufig vorzüglich im Herbste,
er wird See-Elster genannt. S
Von Regenpfeifern erscheint im Herbste in Menge Okaradrius
auratus (Brachhuhn) und wählt die Dünen am Meeresstrande zum
Aufenthalt, doch trifft man ihn auch nicht selten weiter im Lande
an. — Aegialites hiaticula und fuviatilis sind Brutvögel, letzterer
scheint seltener zu sein. Vanellus cristatus ist gemein, nach der
Brutzeit sieht man ihn in Schaaren auf den trocknen Viehweiden
oder am Ufer der Teiche.
Scolopax rusticula ist an geeigneten Stellen auf dem Frühlings-
zuge nicht selten, als Brutvogel ist sie wohl nur sehr spärlich ver-
treten; major ist Brutvogel, ich schoss Junge mit noch Flaum auf.
dem Kopfe, sie ist im Herbste zuweilen an zusagenden Stellen nicht
so selten (mein Vater schoss einst im Laufe von kaum 2 Stunden
24 Stück auf einem ganz kleinen Terrain); gallinago ist recht häu-
figer Brutvogel, gallinula kommt nicht gerade häufig auf dem Zuge
vor, vielleicht brütet sie auch.
Von Strandläufern ist im Herbste gemein am Meeresstrande
Calidris arenarius,; Machetes pugnaxw ist nicht häufig als Brutvogel,
Tringa alpina, minuta, Temminckü sind am Strande häufig, alpina
ist Brutvogel am Libauschen See; subarguata habe ieh mehrere-
mal an schlammigen Teichen im Lande geschossen; canuta steht
im Museum. .
Die beiden Phalaropus-Arten stehen im Museum.
Von Wasserläufern sind gemein Aeczitis hypoleucos und T. gla-
reola; ochropus ist seltener, calidris brütet ziemlich selten am
Libauschen See, glottis und fuscus kommen auf dem Zuge vor (von
letzterem schoss ich ein ? im Frühlinge).
Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. 13
Limosa rufa und melanura kommen wohl nur auf dem Zuge vor.
Numenius arguatus und phaeopus sind im Herbste häufig in
der Nähe des Meeres auf den Dünen anzutreffen, sie mögen wohl
auch an geeigneten Orten brüten. —
Ibis falcinellus und Platalea leucorhodia stehen im Museum.
Oiconia alba ist gemeiner Brutvogel, jenseits der Düna in Lievland
soll er aber nicht mehr brütend vorkommen; nigra ist seltener.
Von Reihern ist nicht selten Ardea cinerea und stellarıs ; minor
ist seltener, alba, garzetia, purpurea, nycticorax stehen im Museum.
Grus cinerea ist recht häufig besonders während des Zuges;
von Sumpfhühnern ist gemein Orex pratensis und Ortyaometra por-
zana, sowie Fulica atra; seltener Gallinula chloropus, am seltensten
- wohl Rallus aquaticus, den ich blos im Museum sah.
LAMELLIROSTRES.
Von Schwänen kommt olor als Brut-, musicus als Zugvogel vor.
Von Anseres ist an einzelnen grösseren Seen Brutvogel A. c«-
mereus; albifrons und segetum kommen auf dem Zuge vor,
Unter den schwimmenden Enten nehmen die erste Stelle Anas
boschas und querguedula ein; dann folgen ereeca und acuta, strepera
ist sehr selten, elypeata sah ich nur wenigemal, penelope ist häufig
auf dem Herbstzuge; tadorna steht im Museum.
Von den tauchenden Enten brütet nicht seiten Asdthyia ferina ;
nyroca seltener; Fuligula elangula, cristata, marıla kommen wohl
nur auf dem Durchzuge vor, sowie auch Oidemia nigra und fusca.
Harelda glacialis ist Wintergast, Branta rufina, Somateria mollissima
und speetabilis stehen im Museum. Mergus serrator, merganser , al-
bellus habe ich angetroffen, welche aber von letzteren 3 Brutvögel
sind, kann ich nicht sagen.
LONGIPENNENS.
Die Seeschwalben werden durch Sterna hirundo, minuta und
. nigra vertreten, erstere ist in ungeheurer Menge Brutvogel auf dem
Libauschen See, letztere beiden sind wohl ebenfalls Brutvögel, da
ich sie das ganze Jahr hindurch sah.
Von Möven ist gemeiner Brutvogel Zarus ridibundus; argentatus
und fuscus sind nicht selten, canus habe ich mehrfach beobachtet,
ob aber letzterer Brutvogel ist, kann ich nicht sagen.
Lestris parasitica und Thalassidroma Leachii stehen im Museum.
Carbo cormoranus steht im Museum.
URINATORES.
Podiceps eristatus, suberistatus und auritus sind nicht selten als
14 H. Goebel:
Brutvögel, der zweite scheint am häufigsten vorzukommen, die 3
Colymbus-Arten sowie Alca torda und Mergwus alle stehen im
Museum.
Sichere Brutvögel sind:
l. Falco peregrinus,
2. Dendrofalco subbuteo,
3. Tinnunculus alaudarius, Eier besessen.
4. Aqurla fulva, Ei besessen.
5. A. naevia, 5 Eier, Länge 59—66, Breite 47,5—53 Mm.
6
7
8
\ am Horst geschossen.
a | am Horst beobachtet.
. Astur palumbarius, 1 Ei, L. 57, Br. 42 Mm.
9. Nisus communis, 1 Ei, L. 42, Br. 32,5 Mm.
10. Buteo vulgaris, 3 Eier, L. 52—55, Br. 43—46.
11. Pernis apiworus, 2 Eier in der Sammlung eines Be-
kannten.
12. Milvus regalis, am Horst gesehen.
13. Milvus ater, 1 Ei, L. 54, Br. 42 Mm.
14. Circus rufus,
15. Strigiceps cyameus,
16. .Bubo mazimus,
17. Otus verus,
18. Ulula aluco,
19. Strix flammea,
20. Nyctale dasypus? vermuthlich.
21. Brachyotus lagopus? Im Juli auf Birkhühnerjagd ge-
schossen.
22. Corax nobilis, Staudvogel.
23. Corvus cornie, 10 Eier, L. 40—47, Br. 26,5—32 Mm.
24. Frugiegus segetum, 2 Ex., L. 40—42, Br. 29—30 Mm.
25. Monedula turrium, 2 Eier, L. 34 u. 35, Br. 24,5 Mn.
26. Garrulus glandarius, 1 Ei, L. 31,5, Br. 22 Mm.
27. Pica caudata, 15 Eier, L. 33—36, Br. 23—26 Mm.
28. Sturnus vulgaris, 11 Eier, L. 26—32, Br. 20,5—22 Mm.
29. Oriolus galbula, 3 Eier, L. 32, Br. 22 Mm.
30. Pyrrhula vulgaris, 2 Eier, L. 20—20,5, Br. 15 Mm.
31. Erythrothorax erythrina, Eier besessen.
32. Fringila coelebs, 12 Eier, L. 17—21, Br. 15—15 Mm.
39. Linota cannabina, 4 Eier, L. 18—19, Br. 13.
34. Carduelis elegans, 1 Ei, L. 16, Br. 12,5 Mm.
je 1 Horst mit Jungen gefunden.
Stand- und Strichvogel.
35. Spinus vulgaris, Vogel mit Nistmaterial fliegen gesehen.
36. Passer domestieus, 8 Eier, L. 20—23,5, Br. 15—16 Mm.
37. Passer montanus, 4 Eier, L. 19—20, Br. 13,5—14 Mm.
38. Coccothraustes vulgaris, den ganzen Sommer hindurch ge-
sehen.
39. Chloris vulgaris, 4 Eier, L. 18—21,5, Br. 14—14,5 Mm.
40. Emberiza citrinella, 4 Eier, L. 21—23, Br. 15,5—17 Mm.
41. Miliaria valida® Im Sommer geschossen.
42. Cynchramus schoeniclus, Nest mit Jungen gefunden.
43. Alauda arvensis, 3 Eier, L. 22—23, Br. 16,5—17 Mm.
44. (Corys arborea, 2 Eier, L. 20,5—21, Br. 15—16 Mm.
45. Galerita eristata, Standvogel.
46. Lanius excubitor, 1 Ei, L. 27, Br. 20 Mm.
47. L. minor, 1 Ei, L. 24, Br. 17,5 Mm.
48. Einneoctonus collurio, 15 Eier, L.20,5—23, Br. 15—17 Mm.
49. Butalis grisola, 14 Eier, L. 17—19, Br. 13,5—14,5 Mm.
50. Museicapa atricapilla, 8 Eier, L.17—18,5, Br. 13—14 Mm.
51. Zuscinia spec.? 1 Ei, L. 22,5, Br. 16 Mm.
52. Rubecula famiharis, 7 Eier, L. 19—21, Br. 14—15 Mm.
53. Ruticilla phoemicura, 4 Eier, L. 18—20,5, Br. 13—13,5 Mm.
54. Sasicola oenanthe, 5 Eier, L. 20—21, Br. 15—15,5 Mm.
55. FPratincola rubetra, 1 Ei, L. 18,5, Br. 14 Mm.
56. Turdus viscivorus, 1 Ei, L. 31,5, Br. 23,5 Mm.
57. T. pilaris, 15 Eier, L. 26—31,5, Br. 20—22,5 Mm.
58. T. musicus, 13 Eier, L. 25>—29, Br. 20—22 Mm.
DI Penliaeus, vom erstern 2, vom letztern 1 Nest mit
60. ZT. merula, } Jungen.
61. Cinclus aquaticus, Standvogel.
62. Sylvia hortensis,.1 Ei, L. 20, Br. 15 Mm.
63. . atricapilla, 4 Eier, L. 18—20, Br. 14 -15 Mm.
64. 8. cinerea, 6 Eier, L. 17,5—20, Br. 13--15 Mm.
65. S. curruca, 4 Eier, L. 16,5—17,5, Br. 12—13 Mm.
66. 8. nisoria, 1 Ei, L. 20,5, Br. 15 Mm.
67. Phyllopneuste fitis, \ Ei, L. 16, Br. 12 Mm.
68. P. rufa, 1 Ei, L. 16, Br. 12,5 Mm.
69. Hypolais hortensis, 2 Eier, L. 19, Br. 13—14 Mm.
70. Calamoherpe palustris, 3 Ex., L. 19, Br. 13,5—14 Mm.
71. C. arundinacea. In allen Rohrpartien in Seen und an
- Flussufern.
Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. 15
12. Calamodyta phragmitis, 1 Ex., L. 19, Br. 13 Mm.
16 H. Goebel:
73. Troglodytes parvulus, 1 Ei, L. 15, Br. 12 Mm.
74. Motacilla alba, 4 Eier, L. 19—21, Br. 15 Mm. |
75. Budytes flava, 4 Eier, L. 18—19,5, Br. 13—14 Mm.
76. Anthus arboreus, 15 Eier, L. 19,5—21, Br. 15—15,5 Mm.
77. A. pratensis, 2 Eier, L. 19—19,5, Br. 14 Mm.
78. Parus major, 5 Eier, L. 18, Br. 15,5—14,5 Mm.
79. P. ater, 1 Ei, L. 16, Br. 11,5 Mm.
80. Lophophanes cristatus, 3 Eier, L. 16, Br. 12,5 Mm.
81. Orites caudatus, }
82. Parus coeruleus, \ | |
BD een | Stand- und Strichvogel. |
84. Regulus flavicapillus,
85. Hirundo rustica, 3 Eier, L. 17,5—19, Br. 13,5—14 Mm.
86. Cotyle riparia, 2 Eier, L. 18, Br. 12,5—13 Mm. |
87. Chelidon urbica, 2 Eier, L. 13—20, Br. 13—13,5 Mm. |
88. Cypselus apus, auf allen Kirehthürmen. |
89. Caprimulgus europaeus, 2 E., L. 32, Br. 22,5 Mm.
90. Sitta europaea, 2 E., L. 21, Br. 15 Mm.
91. Oerthia familiaris, Standvogel.
92. Upupa epops, 3 Eier, L. 25—28, Br. 16,5—19 Mm.
93. Iynz torquila, 2 Eier, L. 20—20,5, Br. 15,5 Mm.
94. Picus leuconotus, 3 Eier, L. 29,5—30, Br. 21 Mm.
95. P. major, 2 Eier, L. 27—28, Br. 20 Mm.
96. P. minor, 2 Eier, L. 20, Br. 15 Mm.
97. Gecinus viridis, 1 E., L. 33, Br. 23,5 Mm.
98. Dryocopus martius, Standvogel. |
99. Coracias garrula, 2 Eier, L. 36, Br. 29 Mm. |
100. Cuculus canorus. Gemein. |
101. Palumbus torquatus, 5 Eier, L. 38-44, Br. 29-30 Mm. |
102. Columba oenas, 2 Eier, L. 36—37, Br. 26—27 Mm.
103. Turtur auritus, 1 ie L. 31, Br. 22,5 Mm.
104. Tetrao urogallus, 2 Eier, L. 56—59, Br. 41—42 Mm.
105. Lyrurus tetrix, 2 Eier, L. 55—54,5, Br. 36—37 Mm.
106. Bonasia sylvestris, 12 Eier, L. 37—41,5, Br. 27,5—30 Mm.
107. Lagopus albus, 2 Ketten junger Hühner von meinem
Vater gefunden. |
108. Perdix cinerea, 3 Eier, L. 35—39, Br. 27,5—29 Mm.
109. COoturnix dactylisonans, 2 Eier, L. 31, Br. 23 u. 23,5 Mm.
110. 4egialites hiatieula, 2 Eier, L. 33—35, Br. 25—25,5 Mm.
ill. 4. /uviatilis, 2 Eier, L. 30—30,5, Br. 22 Mm.
Beiträge zur Ornithologie des Gouvernements Curland. 17
112. Vanellus eristatus, 11 Eier, L. 44—49, Br. 32—35 Mm.
. 113. Hlaenıatopus ostralegus? Im Sommer beobachtet.
114. Scolopax rusticola. Mein Vater hat einigemal junge Ge-
heeke beschossen.
115. Gallinago major, Ich schoss Junge, die noch Flaum-
Federn auf dem Kopfe hatten.
116. Gallinago scolopacinus, 3 Eier, L.39—40, Br. 23—29,5 Mm.
117. Machetes pugnax, Junge im Dunenkleide.
118. Pelidna alpina, desgleichen.
119. Totanus glareola.
120. T. ochropus. Kleine und grosse Junge gefunden.
121. T. calidris.
122. Actitis hypoleucus, 6 Eier, L. 33—37, Br. 26—26,5 Mm.
123. Ciconia alba, 2 Eier, L. 71—71,5, Br. 50—53,5 Mm.
124, C. nigra, ein Nest gefunden.
125. Ardea cinerea. Ich kenne eine Colonie.
126. Botaurus stellarıs, Eier besessen.
127. Ardetta minor? Mehrmals im Sommer gesehen.
128. Grus cinerea, Junge besessen.
129. Crex pratensis, 7 Eier, L. 36,5—38,5, Br. 25—27 Mm.
130. Ortygometra porzana, 3 Eier, L. 32—35, Br. 23—24 Mm.
151. Gallinula chloropus, 2 E., 1. 40—41, Br. 23—30 Mm.
152. Fulica atra, 1 Ei, L. 53, Br. 36 Mm.
133.° Cygnus olor, 1 Ei, L. 104, Br. 74 Mm.
134. Anser cinereus, 1 Ei, L. 86, Br. 60 Mm.
135. _Anas boschas, 2 Eier, L. 55—55,5, Br. 40—42,5.
136. Querquedula eircia, 5 Eier, L. 47—48, Br. 33—34 Mm.
137. Q. crecca, 2 Eier, L. 44, Br. 33 Mm.
138. Chaulelasmus streperus? 2 Eier erhalten unter dieser Be-
zeichnung, L. 51—54, Br. 37 Mm.
159. Daphila acuta. Altes? von den Dunenjungen geschossen.
140. Auüthyia ferina, 2 Eier, L. 61—62, Br. 44 Mm.
141. A. nyroca. Eine Kette Junger gefunden.
142. Sterna hirundo, 11 Eier, L. 39,5—46, Br. 28,5 —33 Mm.
143. Sternula minuta? Zur Brutzeit beobachtet, doch
144. Hydrochelidon nigra? weder Eier noch Junge ge-
145. Larus canus? funden.
146. L. argentatus,
147. L. fuscus,
148. L, ridibundus, 9 Eier, L. 50,5—58, Br. Mm,
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 121. Januar 1873.
\ Dunen- und ältere Junge gefunden.
vYN\.
18 Dr. O. Finseh:
149. Podiceps ceristatus, 1 Ei, L. 54, Br. 38 Mm.
150. F. suberistatus, 2 Eier, L. 51, Br. 33 Mm.
151. P. auritus, 1 Ei, L. 43, Br. 5! Mm.
Die mit dem ? versehenen Arten sind wahrscheinlich Brut-
vörrel, doch habe ich Keinen schlagenden Beweis dafür, —
Hiermit schliesse ich meine Notizen und spreche nochmals die
Bitte aus, die Ornithologen Curlands möchten meine kleine Arbeit
vervoliständigen, da ich überzeugt bin, doch nur höchstens drei
Viertel aller Arten angeführt zu haben, und ich über die Zugver-
hältnisse fast gar keine Daten geben konnte. Die Avifauna Schwe-
dens, Preussens, der Insel Gottland ist schon zur Genüge bekannt,
über Finniands Vögel findet man in unserm Journal hübsche No-
tizen von Professor Nordmann, es blieben also nur noch die drei
Östseeprovinzen zu durchforschen, um ein vollständiges Bild der
Vogelwelt des Ostseebodens zu geben, was doch als ein ge-
schlossenes Garze im höchsten Grade interessant wäre. —
Uman, 13./25. Mai 1872.
Literarische Berichte.
Von
Dr. 0. Finsch.
| 1. „A History of the Birds of Europe, ineluding
all the species inhabiting the Western Palaearctic
region. By R. B. Sharpe, F. L. 8. etc. and H. E. Dresser,
F. Z. S. etc. London: Published by the authors (by special per-
mission) at the office of the zoological Society of London, 11 Ha-
nover Square.“ Part I (March 1871). — Von den gegenwärtig in
der Publication begrifienen Kupferwerken nimmt das vorliegende
unbedenklich die erste Stelle ein und verdient unser Interesse in
besonders hohem Grade. Eine gründliche Arbeit über die Vögel
Europas gehörte in der That zu den Desideraten. Ausser den
älteren Werken von Temminck, Susemihl, Gould, die dreissig Jahre
und weiter zurückführen, den heutigen Ansprüchen also nicht mehr
genügen können, besitzen wir, abgesehen von der „Örnithologie
europdenne“ von Degland und Gerbe (1867), bekanntlich ohne Ab-
bildungen, nur Dubois’ „Planches coloriees des Oiseaux de l’Europe“,
die wenig Anspruch auf Gediegenheit machen hönnen und in die
Kategorie jener Werke gehören, deren Erscheinen ohne besondere
Theilnahme an der wissenschaftlichen Welt vorüberging. h
Die von allen gebildeten Nationen eifrigst und eingehend be-
Literarische Berichte. 19
triebenen Forschungen auf ornithologischem Felde, welche fast kein
‚Gebiet unberührt liessen, haben in den letzten Jahrzehnten eine
Fülle werthvollen Materials angesammelt, dessen Bearbeitung aller-
dings so befähigter und erprobter Kräfte bedurfte, wie sie sich in
Sharpe und Dresser in so glücklicher Weise vereinen. Durch
nützliche und gediegene Arbeiten (wir brauchen nur an Sharpe’s
„Monographie der Eisvögel“ zu erinnern) haben sich die Verfasser
in wenig Jahren den ehrenvollsten Ruf als tüchtige Ornithologen
erworben und sind in den weitesten Kreisen bekannt geworden.
Im Besitz einer bedeutenden Sammlung und unterstützt von den
- Fachgenossen aller Länder, die in richtiger Würdigung der Bedeut-
samkeit des Unternehmens demselben ihre regste Theilnahme zu-
gewandt haben, stehen den Autoren auch alle literarischen Hülfs-
mittel in erschöpfender Weise zu Gebote, deren völlige Benutzung
durch ein seltenes, auch nordische und slavische Sprachen umfas-
sendes Verständniss ermöglicht wird. Wenn wir hinzufügen, dass
Keulemans, der ebenbürtige Nachfolger Joseph Wolfs auf dem Ge-
biete genialer und naturwahrer Darstellung von Vogelgestalten, die
Ausführung der Kupfertafeln übernommen hat, so wird man zu-
seben müssen, dass besonders günstige Verhältnisse zusammen-
treffen, um ein Werk zu schaffen, mit welchem die Ornithologie
Europas würdig und so vollständig als möglich zum Abschluss ge-
langt. Der Umstand, dass die geographischen Grenzen in einer
faunistischen Grundlagen entsprechenden Weise bedeutend erweitert
werden, trägt hierzu wesentlich bei. An der von Selater für die
palaearktische Region sesteckten Umgrenzung nicht streng festhal-
tend, ziehen die Verfasser auch Grönland, Island, die Azoren,
Madeira und die canarischen Inseln in das Gebiet, welches süd-
lieh die Küstenländer Nordafrikas bis zur grossen Wüste, so-
wie Palästina und Kleinasien umfasst , während es im Osten durch
eine Linie begrenzt wird, die sich vom Jordanthale bis zum Caspi-
schen Meere, südlich vom Caucasus nur bis zum Fusse des Ural-
gebirges erstreckt.
Um die Anschaffung des Werkes in weiteren Kreisen zu er-
leichtern, wird dasselbe in monatlichen Lieferungen (in Gross-4°)
ausgegeben, deren jede (7—10 Bogen stark) 7 bis 9 Arten behan-
delt, die durch eben so viel lithographirte, höchst sauber colorirte
Tafeln illustrirt werden. Der Jahresband enthält 100 Tafeln und
600 Arten sollen im Ganzen zur bildlichen Darstellung gelangen.
Der Preis einer Lieferung beträgt 12 sh. 6 d. (4 Thlr. 5 Sgr.), für
Di
20 Dr. OÖ. Finsch:
Subscribenten indess nur 10 sh. 6. d. (3 Thlr. 15 Sgr.), ist also)
im Hinblick auf die in jeder Beziehung reiche Ausstattung ein sehr
mässiger. Das pünktliche Erscheinen muss ebenso lobend erwähnt
werden, als die erfreuliehe Thatsache, dass durch die bereits be-
deutende Zahl der Abonnenten das vollständige Erscheinen des
Werkes durchaus gesichert ist.
Wenn wir es versuchten, ein so hervorragendes Unternehmen,
welches auch für die ornithologischen Kreise Deutschlands äusserst
wichtig ist, zur allgemeineren Kenntniss zu bringen, so verhehlen
wir uns dabei keineswegs, dass die An- und Durchsicht nur einer‘
Lieferung bei Weitem wirksamer sein würde, als es unsere wärmste
Empfehlung im Wort vermag. Wer, wie wir, Gelegenheit hatte,
die schönen Tafeln zu bewundern, auf die näher einzugehen der’
Raum leider nicht gestattet, der wird, wenn es die Mittel irgend
erlauben, sich den Genuss eines so nützlichen und ansprechenden
Werkes sichern, und unserem rechtzeitigen Hinweise allen Dank:
wissen.
2. „A History of British Birds. By the late William
Yarrell, V.P. L.S. F.Z.S. — Fourth edition revised by Alfred!
Newton, M. A. F.R. S., Professor of Zoology and comparative
Anatomy in the University of Cambridge, F. L. S., V. P. 2.8. etc.
London: John Van Voorst, 1, Paternoster Row.“ Part I (August
1571) bis Part III (February 1872). — Unter den Werken über‘
die Vogelwelt Grossbritanniens hat sich wohl keins einer grösseren
Beliebtheit zu erfreuen, als Yarrell’s „British Birds“; dafür
spricht am besten die rasche Aufeinanderfolge der Auflagen. In)
den Jahren 1837 bis 1843 erschienen, wurde bereits 1845 eine:
zweite Ausgabe, 1856, kurz vor dem Tode des Verfassers, eine‘
dritte nothwendig und gegenwärtig erscheint, besorgt durch Pro-
fessor Alfred Newton, die vierte. Der Name dieses ausgezeichne--
ten Forschers ist ein so wohlbekannter, und hat so guten Klang in
der ganzen ornithologischen Welt, dass er von vornherein alle’
Garantie für etwas Gediegenes leistet. Und in der That zeigt eine’
Vergleichung dieser neuen Auflage mit den früheren wesentliche
Verbesserungen und Bereicherungen. Unter völliger Wahrung der‘
Verdienste des fleissigen und gewissenhaften Verfassers, von dessen
ursprünglicher Eintheilung nicht abgewichen wird, hat es sich)
Newton ganz besonders angelegen sein lassen, neben der kritischen
Durchsicht des Vorhandenen, neue Thatsachen über Vorkommen,
Lebensbeobachtungen u. s. w. nachzutragen, Seit dem Erscheineu
Literarische Berichte. 21
der letzten Auflage konnten manche Arten als neu in die Avifauna
Britanniens eingefügt werden, doch geht der Herausgeber hierbei
mit einer äusserst lobenswerthen Vorsicht zu Werke und gestattet
nur solchen Arten Aufnahme, über welche ihm genaue Daten und
exacte Gewährsmänner zur Seite stehen. In meisterhafter Weise
hat Newton, ohne weitschweifig zu werden, die geographische Ver-
breitung behandelt, und gerade dadurch wird das Werk nicht nur
für den Vogelfreund Englands, sondern für den Ornithologen über-
haupt nützlich und in Verbindung mit den musterhaften Artbe-
schreibungen ein werthvolles Hülfsmittel. Vergleichungen mit den
nächstverwandten Vertretern in Asien und Amerika bekunden durch-
gehends den erfahrenen und kenntnissreichen Ornithologen, und dass
die sorgfältige Beschreibung der Eier nicht vergessen werden würde,
durfte man von dem ersten Oologen der Jetztzeit wohl im Voraus
erwarten.
Da die Vögel Grossbritanniens fast alle in Deutschland vor-
kommenden repräsentiren, so gestaltet sich diese neue Ausgabe von
Yarrell’s Werk für den des Englischen kundigen Leser zu einem
höchst empfehlenswerthen Handbuche, wie wir ihm in gleicher Voll-
kommenheit keins in Deutschland an die Seite zu stellen haben,
besonders wenn wir den mässigen Preis in Betracht ziehen, der die
Anschaffung bedeutend erleichtert. Das Werk wird nämlich in
Lieferungen zu 2 sh. 6. d. (25 Sgr.) ausgegeben und voraussicht-
lich mit 25 beendet sein, 3 handliche Bände in 8° bildend, die zu-
sammen an 125 Bogen stark werden, nahezu 600 Illustrationen in
Holzschnitt enthalten und etwas mehr als 20 Thlr. kosten.
Was die Abbildungen anbelangt, so dürfen wir nicht verhehlen,
dass die aus den früheren Auflagen herstammenden grossentheils
in Zeichnung und Auffassung total verfehlt sind und den heutigen
Anforderungen nicht entsprechen, während die neu hinzugekomme-
nen (wie z. B. Falco candicans, F. islandus, Lanius minor ete.) in
jeder Beziehung als Muster gelten dürfen. Selbstverständlich kann
den Herausgeber kein Vorwurf treffen, denn jedenfalls waren be-
rechtiste Rücksichten auf den Preis des Werkes die Veranlassung,
die vorhandenen, obwohl veralteten Holzschnitte beizubehalten.
3. „Bird-Life By Dr. A. E. Brehm. Translated from
the German by H. M. Labouchere, F. Z.S. and W. Jesse, C.
M. Z. S., Zoologist to the Abyssinian Expedition. London: John
van Voorst, 1, Paternoster Row.“ Part I (August 1871) bis Part
IV (February 1872). — Brehm’s hervorragendes Talent als wissen-
u
22 Dr. ©. Finsch:
schaftlich-populärer Schriftsteller hat einen neuen glänzenden Be-
weis der Anerkennung und Würdigung errungen, indem sein „Leben
der Vögel“ in’s Englische übertragen wird, was um so höher an- |
geschlagen werden darf, als die englische Literatur manches Gute
auf populärem Gebiete bereits bietet. „Das Leben der Vögel“ zählt |
jedenfalls mit zu den besten Geistesproducten Brehm’s und ist in
gewissem Sinne vielleicht das gelungenste. In freier, ungezwunge-
ner Sprache, durchweht von einem frischen Geiste, der wie Wal-
deshauch belebt, und einer oft tiefen, aber ungekünstelten Poesie,
ist es so recht deutschem Wesen angepasst, und macht dadurch die
Uebertragung in eine fremde Sprache zu einer ungewöhnlich schwie-
rigen Aufgabe.‘
Die vorliegenden vier ersten Lieferungen zeigen indess zur Ge-
nüge, dass die Herren Uebersetzer diese Schwierigkeiten wohl zu
überwinden verstehen, und wir zweifeln nicht, dass das Werk in |
dieser meisterhaften Uebersetzung sich bald auch in England so
viele Freunde als bei uns erworben haben wird. Nach dem, was
wir hörten, gebührt das Hauptverdienst jedenfalls Herrn William '
Jesse, der seine Erziehung theilweis in Deutschland empfing und
dadurch innig mit unserer Sprache vertraut wurde. Das Werk, in
splendider Ausstattung, erscheint in zwei-, später einmonatlichen
Lieferungen (ä 12 Bogen Gross-8°, 2 sh. 6 d. — 25 Sgr.), deren
jede von ein bis zwei ausgezeichneten Charakterbildern in Chromo-
lithographie, von Keulemans’ Meisterhand, begleitet ist, die dem
Werke unbedingt einen Vorzug vor dem deutschen Originale ver-
leihen. Die Tafeln in Lieferung I „Vogelleben in einem afrikani-
schen Walde“ und in III „ein Sommermorgen“ sind geradezu un-
übertrefllich in Naturwahrheit und poetischer Auffassung, und
machen in jedem Beschauer den Wunsch rege, das Buch zu be-
sitzen.
Die letztere Darstellung zeigt uns die klare Fläche eines wild
mit Rohr umgrenzten Teiches, im Hintergrunde die sich wieder-
spiegelnde eben aufsteigende Sonne, deren erste Strahlen die Luft- |
bewohner bereits bei ihren täglichen Verrichtungen findet. Rechts
im Vordergrunde eine Hausschwalbe, die ihrer auf Rohrstengeln
hockenden Kinderschaar rüttelnd den Morgeninbiss reicht, während
ein Bachstelzenpaar mit sichtbarem Behagen in dem seichten Ufer-
wasser ein Frühbad nimmt, unbeachtet von dem links eifrig brü-
tenden Rohrsänger. Etwas entfernter, mehr der Mitte zu, sehen
wir auf einer Landzunge drei graue Reiher in gravitätischer ernster
!
u
|
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|
N
|
Literarische Berichte. 23
- Haltung, die auf Fische lauern und sich dabei von der Sonne durch-
wärmen lassen, um das vom Thau genässte Gefieder zu trocknen. —
04 „A History of the Birds of New-Zealand. By
Walter Lawry Buller, Sc. D.,, F.L. S. F. G. S., F. R.G.8,C.
M. Z. S., Vice President of the Wellington Phil. Soc., Hon. mem-
ber of the Phil. Institute, Canterbury ete.“ — London: John van
Voorst. Part IL. March 1872. -— Neu-Seeland, die Fundstätte der |
untergegangenen gigantischen Dinornis-Arten, aus deren Reihen
uns nur die diminutiven Kiwis als Repräsentanten erhalten blieben,
bietet eine Fülle merkwürdiger und eigenthümlicher Vogeltypen,
die es als zoologisches Gebiet zu einem ganz besonders interessan-
ten stempeln. Es wird dies am schlagendsten durch die Thatsache
bewiesen, dass fast die Hälfte der Arten dem Lande als eigenthüm-
liche angehören, die nicht weniser als 19 besondere Gattungen
repräsentiren, ein Reiehthum, der, vielleicht mit Ausnahme Mada-
gascars und einiger kleineren Inselgebiete der Südsee, als unüber-
troften dasteht. Ein Gesammtwerk, welches uns in Wort und Bild
diesen Formenreichthum veranschaulicht, fehlt bis jetzt. Die ver-
dienstvollen Arbeiten Georg Robert Gray’s im Appendix zu Dieften-
bach’s „New Zealand“ (1843) und in der „voyage of H. M. 9. Ere-
bus et Terror“ (1845), von denen nur die letztere eine Reihe von
Arten bildlich darstellt, waren bisher die einzigen Quellen, mussten
aber in dem langen Zeitraume seit ihrem Erscheinen veralten und
mehr oder minder unvollständig werden, entsprechen also. den heu-
tigen Ansprüchen durchaus nicht mehr. Unsere Kenntniss mit der
Vogelwelt Antipodiens ist nämlich in den letzten Jahren ganz
ausserordentlich fortgeschritten, und es liegt ein in mehreren Fach-
schriften zerstreutes Material werthvoller Beobachtungen und For-
schungen vor, welches zur Herausgabe einer vollständigen „Natur-
geschichte der Vögel Neuseelands“ wohl ermuthigen durfte. Wir müssen
hierbei die Vermuthung aussprechen, dass bezüglich neuer Arten kaum
mehr ein bedeutender Zuwachs zu erwarten ist, denn die Forschungen
der letzten Jahre haben mehr Arten umgestossen als neue befestigt.
Da Dr. Buller selbst einen hervorragenden Antheil an der
sründlicheren Durchforschung seiner Heimath Neuseeland trägt,
wofür er seit Jahren unermüdlich thätig wirkte, so konnte die
Herausgabe eines so umfassenden Unternehmens wohl kaum in
bessere Hände gelegt werden. Eine Benutzung der zahlreichen
Typen im British-Museum und der auf diesen Gegenstand bezüg-
lichen literarischen Hülfsmittel war indess unumgänglich nothwen-
24 Dr. ©. Finsch:
dig, und Dr. Buller konnte daher wohl nichts Besseres thun, als
selbst nach London zu eilen.
Von welcher Bedeutung diese Reise für das Werk werden
musste, zeigt sich bei der vor Kurzem erschienenen ersten Liefe-
rung in der erfreulichsten Weise. Der sorgfältige und gewissen-
hafte Text, dem ein gründliches und fleissiges Studium zu Grunde
liegt, verspricht ein allen Anforderungen gerecht werdendes nütz-
liches Werk. Die Aufnahme der einen und andern bedenklichen
Art können wir dem Verfasser nicht zum besondern Vorwurf
machen, da sie solche betrifft, über welche die Acten noch nicht
ganz geschlossen sind. Von grosser Bedeutung ist es, dass die
Ausführung der Tafeln einem Künstler von so hervorragender Ge-
nialität als Keulemans übertragen wurde, und die meisterhaften
Darstellungen, wie sie schon die erste Lieferung enthält (wir er-
wähnen nur Stringops habroptilus und Heteralocha acubirostris & et
2), bieten daher volle Sicherheit, dass auch von dieser Seite nur
Ausgezeichnetes zu erwarten steht.
Das Werk (in Gross-4°) wird fünf Lieferungen umfassen, im
Preise von je 15 sh. (5 Thlr.) für Subseribenten, während bei
Vorausbezahlung das Ganze nur 3 Pf. 3 sh. (ec. 22 Thlr.) kostet.
Jeder Lieferung sind 7 lithographirte colorirte Abbildungen bei-
gegeben, die zusammen etwa 70 Arten illustriren werden, da der
Verfasser, um das Werk nicht zu vertheuern, mit Recht von einer
bildlichen Darstellung aller vorkommenden Abstand genommen hat.
Besonders erfreulich ist es mittheilen zu können, dass die
Herausgabe vollkommen gesichert ist. Die der ersten Lieferung
beigegebene vorläufige Subseribentenliste weist bereits in Neusee-
land 119 Abonnenten für 172 Exemplare nach (darunter die Colo-
nial-Regierung allein mit 25), und für England 62, während für
den Continent auffallender Weise noch kein einziger notirt wird.
Hoffen wir, dass diese Zeilen dazu beitragen mögen, dem schönen
Unternehmen auch bei uns Freunde und Theilnahme zu gewinnen.
5. „My Scrap Book, or Rough Notes on Indian
Oology and Ornithology. Edited by Allan Hume. PartI:
Raptores, No. 1 (1869) et PartI: Raptores, No. 2 (1870). Caleutta.
London: Edward Bumpus, 5 and 6 Holborn Bars, E. C. — Jer-
don’s dreibändiges treffliches Werk „the birds of India“ (1862—64)
war für die Ornithologie Indiens ein so epochemachendes, dass
weitere und eingehendere Forschungen die unausbleibliche wohl-
thätige Folge desselben sein mussten. Eine stattliche Reihe von
Literarische Berichte. 25
"Männern, die wie Blanford, Stoliczka,, Brooks, Hutton, die beiden
Marshall, Thompson, Tytler u. A. als tüchtige Beobachter und
Kenner längst ehrenvoll bekannt wurden, liessen sich, angespornt
durch Jerdon und Blyth, den Ausbau der Vögelkunde Indiens ganz
besonders angelegen sein und unter ihnen nimmt der Verfasser des
vorliegenden Werkes zweifellos mit den ersten Platz ein. Lang-
jähriger Aufenthalt, eine einflussreiche Stellung, die zahlreiche
Sammler auszusenden erlaubte, brachten Herrn Hume in Besitz
einer Sammlung von Vögeln und Eiern, über deren Reichthum wir
staunen, und was der eigenen Forschung und Beobachtung entging,
konnte durch wissenschaftliche Correspondenten in fast allen Thei-
len Indiens reichlich ergänzt werden.
Die Gesammtresultate dieser Untersuchungen zur allgemeinen
Kenntniss zu bringen, ist die dankenswerthe Aufgabe des „Serap
Book“, welches unter der Hülle eines bescheidenen Titels einen
Schatz werthvoller Beobachtungen und Thatsachen birgt, die für
den Ornithologen wie Oologen gleich wichtig und von Interesse
sind. Die ersten zwei Theile des ersten Bandes behandeln auf
422 Seiten (in 8°) in systematischer Reihenfolge einige 30 Arten
Tag- und Nachtraubvögel; der binnen Kurzem zu erwartende
dritte Theil wird mit Nachträgen und Berichtigungen, die für den
Werth mancher Art sich als nützlich erweisen dürften, sowie einem
Index die Rapaces völlig zum Abschluss bringen.
Unter Wahrung des Antheiles der verschiedenen Contribuenten
wird jede Art in Bezug auf Vorkommen, Verbreitung, Zugzeit,
Lebens- und Nistweise, Brütezeit u. s. w. so ausführlich als mög-
lich behandelt, und nebst ihren Eiern eben so ausführlich beschrie-
ben, wobei der Verfasser in erfreulicher Weise den zuerst durch
Schlegel betretenen gründlichen Weg einschlägt und uns sein rei-
ches Material in Serien vorführt, so dass wir über alle wesentlichen
Abweichungen nach Geschlecht und Alter sowie die individuelle Va-
riabilität vollständigen Aufschluss erhalten. Ehen so wichtig und
_ erspriesslich sind die gewissenhaften, hier und da fast zu sehr in’s
Detail gehenden Maasstabellen, die ebenfalls auf Reihen von Indi-
_ viduen basiren.
So vereinigen sich denn in den „Rough Notes“ unermüd-
lieher Fleiss mit vielseitigen gewissenhaften Beobachtungen und
Beschreibungen zu einem nützlichen Buche, welches sich dem
Werke Jerdon’s würdig anreiht und gleichsam als eine neue
Folge desselben betrachtet werden darf. Für Alle, die sich
26 Dr. A. Reichenow:
über den Haushalt der Vögel Indiens gründlich unterrichten
wollen, bildet es die reichste Quelle der Belehrung, und wer, |
wie wir, dem anspruchslosen Buche schon so manche genuss-
volle Stunde zu verdanken hat, wird mit uns dem lebhaften Wun-
sche Ausdruck geben, dass es dem eifrigen Verfasser vergönnt sein
möge, ein Werk zu Ende zu führen, welches von so hoher Bedeu-
tung für die ganze Ornithologie zu werden verspricht.
Bremen, April 1872.
Ph. L. Martin, Die Praxis der Naturgeschiehte. Zweiter Theil.
Weimar 1870, Verlag von B. Fr. Voigt.
Bericht.
Im September-Hefte des Jahrganges 1870, Seite 380 u. fl.
erschien von uns die kurze Besprechung eines Werkes, welches
dureh Gründlichkeit der Bearbeitung eines ausserordentlich um-
[angreichen Stoffes sieh eine günstige Aufnahme und Beurtheilung
von Seiten der Fachmänner sichern musste. Durch vielfache Um-
stände verhindert, ist es uns erst jetzt möglich, über den schon im
Juli 1870 herausgegebenen zweiten Band dieses Buches „Martin’s
Praxis der Naturgeschichte“ zu referiren. —
Vorliegender zweiter Theil führt den Titel: „Dermoplastik und
Museologie“, enthält aber neben der Behandlung genannter Gegen-
stände, gewissermassen als Ergänzungen zum ersten Theile, spe-
cielle Anleitung zum Sammeln und Zurichten der wirbellosen Thiere
und zur Anfertigung zootomischer und mikroskopischer Präparate,
welche von den Herren Prof. Dr. Jäger, Dr. Steudel und Präpara-
tor Bauer in drei Capiteln mit grosser Sorgfalt und Ausführlich-
keit abgehandelt ist. — |
Wir müssen es als ein besonderes Verdienst des Verfassers
hervorheben, im vorliegenden Werke einen neuen Weg für die noth- |
wendige, den Fortschritten der Zeit entsprechende Entwickelung
und Vervollkommnung unserer zoologischen Sammlungen eröffnet
zu haben. Zwar ist der Grundgedanke der ausgeführten Pläne,
Thiere in Gruppen, in Rücksicht auf ihre Lebensverhältnisse in
Museen aufzustellen, anstatt, wie gewöhnlich geschieht, in gleich-
mässig steifer Stellung Individuum an Individuum zu reihen, nicht
neu, vielmehr in einigen kleineren deutschen und englischen Samm-
lungen bereits praktisch angewendet; zum ersten Male aber wurde
hier die Möglichkeit der Durchführung solchen Sammelns auch für
grössere Institute dargelegt und durch die Vorschrift einer zweck-
Bericht über Martin’s Praxis der Naturgeschichte. 27
mässigen Vereinigung von Gruppendarstellungen und Balgsamm-
lungen der Plan zur Herstellung eines den Zeitanforderungen voll-
ständig genügenden zoologischen Museums vorgezeichnet. Die ge-
genwärtige Art der Aufstellung der Thiere in unseren öffentlichen
Sammlungen befriedigt in keiner Hinsicht. Dem Specialforscher,
welcher die einzelnen Exemplare eingehender Untersuchung zu un-
terwerfen hat, erschweren die festgestopften, mit schwerem Stativ
versehenen Körper mindestens die Hantirung, hindern sogar oft
die Untersuchung, und zwar um so mehr, je schöner und natur-
getreuer die Stellung des betreffenden Thieres. Bälge, bezüglich
Häute, bilden das einzig passende Material für specielleres Studium
des äusseren Thierkörpers. Noch weniger können für ein allge-
meines oder anfängliches Studium unsere gegenwärtigen Sammlun-
gen genügen. Einmal lassen sich die Gegenstände immer nur
theilweise in Augenschein nehmen, wenn man sie nicht, man könnte
sagen, aus ihren Verstecken hervorziehen will, da die dicht anein-
ander gedrängten sich gegenseitig verdeeken — der Nutzen der
Glasschränke ist also aufgehoben; andererseits können die steifen
Formen, und steif müssen sie in der Regel schon der Raumerspar-
niss wegen hergestellt werden, selten den richtigen Eindruck machen,
den der Studirende sucht, um das lebende Thier später wiederzu-
erkennen, das gesehene zu bestimmen, den Charakter von Familie
und Gattung sich einzuprägen; endlich würde, selbst wenn die Ge-
stalt in Naturtreue wiedergegeben, in der Stellung ein der Natur
abgelauschter Augenblick des Thierlebens dargestellt wäre, ohne
Zusammenhang mit einer passenden Umgebung, mit anderen Indi-
viduen u. s. w., nicht das Beabsichtigte erreicht, nicht das Wesen
und Treiben des Thieres, seine Stellung im Haushalte der Natur
deutlich gemacht werden. Letzteres zu erfahren, wünscht vor Allem
der lernbegierige Laie; daher kann dieser gegenwärtig nicht das
Geringste in den Sammlungen profitiren. Er geht die Schränke
entlang, sieht nur Reihen ähnlich gefärbter Thiergestalten, aus
denen keine einzige sich abhebt, und weiss nachher nur, dass er im
zoologischen Museum gewesen. Gruppenbilder allein, Darstellungen
aus dem Familienleben, von Thierkämpfen, Faunen- und Zonen-
bilder u. s. w., wie Solches Herr Martin in seinem Buche eingehend
‚bespricht, können dem Studirenden und dem Laien den Nutzen ge-
währen, welchen er im Museum zu suchen hat. Durch Vereinigung
von solchen Darstellungen und Balgsammlungen also wird es mög-
lich, Institute zu schaffen, welche für wissenschaftliche Forschung
28 Dr. A. Reichenow:
ebenso geeignet sind, wie zur Belehrung des Studirenden, zur Er-
schliessung der Wissenschaft für den Laien. —
Wir können uns indessen nicht verhehlen, dass ganz bedeu-
tende Schwierigkeiten der Verwirklichung dieser so dringenden
Wünsche entgegen stehen; und zwar liegen dieselben allein in der
Befähigung der Conservatoren. Um Thiere in wahrhafter Natur-
treue aufzustellen, um den todten Gegenständen Ausdruck, Leben
zu verleihen, dazu ist nieht nur eine grosse Uebung im Ausstopfen
nothwendig, es gehört dazu ein eingehendes Studium des Thier-
lebens. Wenn der Präparator allein nach Angaben Anderer oder
nach Abbildungen arbeiten will, wird er selten Besseres als Cari-
caturen zu Stande bringen. Wie kann man aber ein langes 3
dium und Uebung von einem Präparator verlangen, der sich,
der Regel wenigstens, mit einer PEroRR sehr beschränkten Stel-
lung begnügen soll? —
Zur Ueberwindung der einen erwähnten Schwierigkeit, welche
auf mangelhaftem Verstehen des Ausstopfens beruht, und zur Er-
möglichung der Erreichung gut gewählter oder beabsichtigter
Stellungen durch die Präparation, giebt nun Herr Martin eine
neue Methode der Behandiung, die von ihm begründete Dermo-
plastik, welche darauf beruht, den Thierkörper über ein Gestell,
aus einer Mischung von Thon, Sägespänen und Gyps zu modelli-
ren. Wir geben zu, dass nach dieser Vorschrift ganz vorzügliche
Arbeiten geliefert werden können, dass sogar bei den meisten
Säuge- und Kriechthieren nur auf solche Weise Genügendes zu er-
reichen ist — bei Vögeln möchte sich das Modelliren weniger em-
pfehlen und das minder schwierige Stopfen eben so gute Resultate
liefern — , aber wir müssen noch bemerken: wenn zwar Herr
Martin seine Methode mit nothwendigem Geschick anzuwenden ver-
steht, so ist doch nicht jeder Conservator ein Martin! Zum Mo-
delliren gehört ein künstlerisches Talent oder eine sehr lange
Uebung, ausserdem aber ist zur richtigen Darstellung der Formen
ein genaues Studium des Thierkörpers erforderlich, und wir kom-
men wieder auf das schon Gesagte zurück: künstlerisches Talent
und langjähriges Studium lässt sich nicht erwarten, so lange das
Ausstopfen handwerksmässig betrieben und entsprechend honorirt
wird. Jede Leistung will gebührend belohnt sein. Was man nicht
anerkennt, kann man auch nicht fordern. Sicherlich aber werden
die gewünschten Kräfte sich finden, wenn man sie nach Gebühr
bezahlen will. So lange unsere Museen nicht über bedeutendere
Bericht über Martin’s Praxis der Naturgeschichte. 29
Summen als gegenwärtig zu verfügen haben, kann an den zeitge-
mässen Fortschritt in besprochener Hinsicht nicht gedacht werden.
Wenn aber endlich das Interesse und die richtige Würdigung des
Gegenstandes an competenter Stelle durchbricht, so zweifeln wir
nicht, dass die vom Verfasser im vorliegenden Buche entwickelten
Pläne in hervorragender Weise zur Förderung beitragen und ins-
besondere für die Dermoplastik die grosse Zukunft anbrechen wird. —
Nachdem wir die Tendenz des Buches im Allgemeinen be-
sprochen, brauchen wir auf das Einzelne nicht näher einzugehen.
Es genügt zu erwähnen, dass das Specielle mit derselben Sorgfalt,
demselben Fleisse bearbeitet ist, welchen wir bei Besprechung des
ersten Theiles schon hervorgehoben, dass über alles dem behan-
delten Gebiete Angehörende in erschöpfendster Weise Aufschluss
gegeben wird. Wir können das Werk Allen, die sich mit Aus-
stopfen und Aufstellen von Thierkörpern beschäftigen , als höchst
nützliches Lehrbuch empfehlen; der Conservator einer Sammlung
sollte nicht versäumen, sich mit dem Inhalt desselben bekannt zu
machen. — Dr. Ant. Reichenow.
Chr. L. Brehm’s Vogelhaus und seine Bewohner, oder Pflege
und Züchtung der in Käfigen und Volieren zu haltenden einheimi-
schen und tropischen Schmuck- und Singvögel. Dritte Auf-
lage von Brehm’s „Canarienvögeln etc.“ in zeitgemässer, durchaus
- selbstständiger Umarbeitung und als Separatdruck aus dem dritten
Theil der „Praxis der Naturgeschichte“ von Phil. Leop. Mar-
tin. Mit 2 lithographirten Tafeln. Weimar, bei B. F. Voigt. 1872.
Bericht. |
Wenn ein Lebenszeichen eines seit lange in der Ferne weilen-
den Freundes, dem die früheren Heimathsgenossen ein ehrendes
und liebevolles Andenken bewahrt haben, stets als eine erfreuliche
- Erscheinung im Kreise der Letzteren begrüsst werden muss, so
gilt dies in erhöhtem Maasse für den Fall, wo dasselbe im Gewande
einer gediegenen und für das grössere Fachpublikum werthvollen
Schrift auftritt. In diesem Sinne sei es uns gestattet, das Martin-
sche Werk zu begrüssen, dessen Publikation, mag sie immerhin mit
‘ der anderer umfangreicher Bücher ähnlichen Inhalts in ziemlich
gleiche Zeit fallen, dennoch mit diesen nicht zu collidiren braucht,
vielmehr, wir sind überzeugt davon, mannigfachen Kreisen der
Liebhaber sehr gelegen kommen dürfte. Es behandelt dasselbe,
theilweis in gedrängter Kürze, theilweis mit jener Ausführlichkeit,
30 C. Bolle: Bericht über Chr. L. Brehm’s Vogelhaus.
welche interessantere Partien des’ Stoffes erfordern, so ziemlich
Alles, was eine vieljährige Erfahrung und Selbstbeobachtung dem
Verfasser an Wissenswerthem zu Gunsten seiner Leser zur Ver-
fügung stellte. Wir finden Capitel über Volieren und Käfige, über
die Nahrungsmittel und Krankheiten der Vögel, über ihre Einge-
wöhnung und Wartung, sowie über ihre Fortpflanzung und Züch-
tung in der Gefangenschaft. Unter letztgenannter Rubrik ist der
Erziehung des Canarienvogels, der doch immer unser hauptsäch-
lichster Stubenvogel bleibt und auf den wir, nach dem Verschwin-'
den unserer Vogelmärkte, jetzt mehr als jemals angewiesen sind,
der ihr praktisch gebührende Vortritt gelassen. Eine specielle
Aufzählung der einzelnen Vogelarten zu geben, hat der Verfasser
vermieden, dagegen ein gruppenweises Zusammenfassen insbeson-
dere der häufiger zu uns gebrachten Exoten geliefert, aus dem viel-
fach Belehrung und positiver Nutzen zu schöpfen ist. Abtheilun-
gen, welche in verwandten Werken früherer Epochen zu fehlen
pflegten, finden sich bei Martin unter der Rubrik von Vereinen
für Vogelzüchtung, von Vogelhandlungen und von einem Verzeich-
niss der hierher einschlagenden neueren wie älteren Literatur in |
anerkennenswerther Weise abgehandelt.
Eine kleine Anzahl vortrefilich ausgewählter Abbildungen, zum |
Theil nach Zeichnungen des Verfassers, illustrirt das Buch, indem
es ihm eine wesentliche Bereicherung hinzufügt. Als die bemer-
kenswerthesten desselben heben wir die Skizzen der verschiedenen
kacen der Canarienvögel hervor, durch welche einem fühlbaren
literarischen Mangel abgeholfen wird, wie denn überhaupt die ge-
naue Schilderung dieser Varietäten mit zu den interessantesten und
am feinsten und ausführlichsten behandelten Partien der Schrift zu
rechnen und als ein unbestreitbares Verdienst derselben mit Dank
zu bezeichnen ist.
Wir wünschen dem Buche des als geistvollen Zooplasten in '
den weitesten Kreisen rühmlichst bekannten Verfassers, dem ein
wahres Künstlergemüth inne wohnt und der als Wanderer die Wun-
der der Tropen schaute, ohne die Heimath darüber zu vergessen,
den ihm gebührenden günstigen Erfolg und glauben es mit vollem
Recht allseitig empfehlen zu dürfen. Man wird schwerlich irren,
wenn man es einen bescheidenen, aber inhaltsreichen und bedeut-
samen Vorläufer von A. Brehm’s grossem und epochemachendem
Werke „Gefangene Vögel“ nennt und es als solchen schätzt.
Berlin, am 2. December 1872. Carl Bolle,
Dr. C. Russ: Reisebericht. 3i
Reisebericht.
(Siehe Sitzungs-Protokoll, Jahrg. 1871, S. 398.)
In Folgendem gebe ich meine Erfahrungen, die ich in orni-
thologischer Hinsicht bei Gelegenheit einer Reise durch einen grossen
Theil Deutschlands gewinnen konnte.
Der zoologische Garten von Hannover zeigte in Hinsicht der
Vögel aller Familien nur sehr wenige beachtenswerthe Erscheinun-
sen; hofientlich wird er jetzt, nachdem der Vogelhandel allenthal-
ben so ausserordentlich reiche Ausbeute gewonnen, in erfreulicherer
Weise seine Lücken ausgefüllt haben.
Auf dem Dampfschift, von Köln nach dem zoologischen Garten
hinaus, verrieth ein Käfig unter dem Arm eines Mitfahrenden uns
den Vogelliebhaber, und bei der unschwer angeknüpften Bekannt-
schaft ergab sich der Inhalt des Kästchens als ein vorzugsweise
werthvoller und interessanter, denn es waren unter anderen ein
Pärchen der reizenden Zwergpapageien mit pfirsich-
rothem Hals (Psütacula roseicollis) darin. Der Besitzer der-
selben, Herr Emile Ruhl aus Verviers, hatte mit uns dasselbe Ziel,
zur ersten Vogel-Auction des Kölner zoologischen Gartens nämlich.
Aller Anfang ist schwer, und so dürfen wir uns auch gar nicht
weiter darüber wundern, dass dieser erste Versuch des Herrn Di-
rector Dr. Funk ziemlich klein begann. Dennoch hatte diese
Auction eine Anzahl ornithologischer Notabilitäten herbeigeführt,
unter denen wir ausser den Herren Dr. Funk und Ruhl auch noch
Herın Dr. Hammelbrath, Director des Brüsseler zoologischen
Gartens, Mr. Donny Sapin aus Bruges in Belgien und Mr. L.
Höst, Secretair des Director Vekemans in Antwerpen, theils als
Bekannte begrüssten, theils erst kennen lernten. Die Theilnahme
an der Vogelversteigerung von Seiten der Liebhaber aus Köln und
Umgegend war eine ungemein lebhafte und erfreuliche, so dass
wir dem allgemein ausgesprochenen Wunsche einer solchen alljähr-
lich zu wiederholenden und hofientlich immer vergrösserten Auc-
tion nur zustimmen können, hoffend, dass dieselbe allmählig der
Antwerpener gegenüber würdig in die Schranken und den deut-
schen Vogelmarkt namentlich mit seltneren und den begehrtesten
Vogel-Arten versehen werde.
Erfreulich war es uns, den Herrn Postbeamten Liebelt ken-
‚nen zu lernen, einen sehr eifrigen Vogelireund, welcher bei dem
lebhaften Verkehr von Vogelsendungen durch Köln sich der Thier-
32 Dr. C. Russ: |
|
chen stets in der liebevollsten und dankenswerthesten Weise anzu-'
nehmen pflegt.
Dann besuchten wir Herrn Fabrikant Th. Hesse und fanden
bei demselben eine recht beträchtliche Sammlung schöner und.
theilweise seltener Vögel. Herr Hesse hält, bei beschränkter |
Räumlichkeit, meistens nur je ein Exemplar von jeder Art Pracht-,
finken, Witwen- und Webervögel und verzichtet daher auf Züch-
Ar ach Dabei sind seine Vögel jedoch so gut gehalten und
wohlgepflegt, dass es eine Freude war, sie anzusehen. |
In gleichem Zustande fanden wir die Vogelsammlung des,
Herrn Hofconditor A. Roeder in Wiesbaden, den wir aber nicht,
selber anwesend trafen, was wir sehr beamer da er uns alsı
ein vorzugsweise eifriger Vogelliebhaber geschildert worden.
In Frankfurt a. M. ist die Vogelliebhaberei sehr verbreitet,
und für eine edle und humane Gesinnung der Frankfurter gegen‘
die Thiere spricht schon der Umstand, dass man hier, wie auch in,
Leipzig und Stuttgart, innerhalb der Strassen Schwarzdrosseln u.a
sonst sehr scheue Vögel fliegen sieht, welche in grossen Gärten)
innerhalb des Weichbildes der Stadt nisten. Es würde zu weit‘
führen, wollten wir alle einzelnen Vogelliebhaber hier aufzählen;
daher sei nur bemerkt, dass wir überall gut eingerichtete Vogel--
stuben oder Käfige, mit reinlicher und zweckmässiger Wartung der
Vögel fanden.
Der zoologische Garten von Frankfurt a. M., unter der troff-.
liehen Leitung des Herrn Director Dr. Schmidt, zeigte etwas be--
trächtlichere Vogelbestände, als der Kölner, doch war für alle diese
Institute damals noch eine ziemlich ungünstige Zeit, indem in Folge:
des Krieges grössere Vogelsendungen für lange Zeit ausgeblieben ı
und namentlich die kleineren Vogel-Arten überall wenig a | l
waren.
In eleicher lebhafter Weise als in Frankfurt zeigte sich uns
die Vogelliebhaberei auch in zahlreichen anderen Städten verbreitet,
ohne dass sie jedoch irgendwo besondere Seltenheiten aufzuweisen!
hatte, Diese fanden wir dagegen in ausserordentlicher Reichhaltig--
keit und Mannigfaltigkeit bei Herrn Emil Linden in Radolfzell,
und wir zögern durchaus nieht die Behauptung aufzustellen, dass
diese Vogelsammlung am schönen Bodensee die bedeutendste und!
grossartigste in ganz Deutschland sei. Dieselbe kann nieht allein
in Hinsicht prachtvoller und seltener Vögel, sondern auch in Hin-
sicht der Zahl und Arten gegen die meisten zoologischen Gärten!
Reisebericht. 33
siegreich in die Schranken treten und übertrifft hieran wie auch
namentlich an zweckmässiger Einrichtung sämmtliche Privat-Vogel-
‚sammlungen, welche wir überhaupt gesehen. Es ist für den Vogel-
freund ein seltener Genuss, an der Hand des eben so erfahrenen
als für die Vögel begeisterten Besitzers dieser grossartigen Anstalt
(und ausgerüstet auf das Vorsorglichste für einen solehen Besuch
mit besonderem leichten Rock etc.) diese Räume zu besichtigen, hier
sämmtliche australische Prachtsittiche (Platycercus ete.), ferner die
indischen, afrikanischen und amerikanischen Sittiche (Palaeornzs,
Conurus, Brotogerys etc.), die grösseren sprechenden Papageien
(Psittacus, Eelectus ete.), dann wirkliche Pinselzüngler oder Loris
(Trichoglossus), weiter kleinere Kurzschwänze (von Pionias bis Psit-
Zacula) in sämmtlichen Arten zu sehen, welche auf den europäischen
Markt gelangen und darunter auch bereits das Pärchen P. rosei-
collis oder pfirsichhälsige Zwergpapageien von der Kölner Auction,
indem Herr Ruhl dasselbe Herrn Dr. Funk für diesen Zweck über-
lassen. Nicht minder reichhaltig sind die Bestände der Prachtfin-
ken (Amadinae), der Webervögel (Ploceus, Pyromelana, Textor ete.),
der Witwen (Vidua ete.); dann die aller übrigen Finkenvögel, un-
ter denen einige ausserordentlich seltene Arten, ferner Drosseln,
Sylvien u. a. Weichfresser, darunter z. B. die chinesischen Sonnen-
vögel ( Liothrix, seu Parus sinensis), Jamaika- und Baltimore-Trupiale
(Ieterus), und ausser vielen anderen auch noch zwei Pfeffer-
fresser (Rhamphastos), einen der grossen Araras (Sittace) und eine
beträchtliche Anzahl fremdländischer Tauben in verschiedenen Ar-
ten, sowie Hühnervögel. Wir hoffen, eine ganz ausführliche Be-
schreibung dieser Anstalt und ihres lebenden Inhalts in der kleinen
populären Zeitschrift „Die gefiederte Welt“ (Berlin, Gerschel) brin-
gen zu können.
Auch in Heidelberg, Mannheim, Schaffhausen, Constanz, Ulm,
Heilbronn und Würzburg fanden wir zahlreiche, hier und da recht
zweckmässig eingerichtete Vogelstuben, Vogelhäuser, Gesellschafts-
und Heckkäfige; ebenso mehrere in Stuttgart, obwohl wir freilich
eonstatiren müssen, dass die Liebhaberei an fremdländischen Vö-
geln im Süden unseres deutschen Vaterlandes doch bei Weitem
noch nicht so verbreitet ist, als in Mittel- und einigen Theilen
‚des nördlicheren Deutschland. Zu unserm grossen Bedauern fan-
den wir die Vogelsammlung des Herrn Verlagsbuchhändler Eduard
Hallberger in Stuttgart nicht mehr vor, weil dieselbe auf ein Gut
bei München hinübergeführt ist.
Cab. Journ. f, Ornith, Jahrg. XXI, No. 121. Januar 1873. 3
34 Dr. C. Russ: Reisebericht.
In Baden-Baden führte uns der Zufall zu einer für die prakti-
sche Ausbeutung der Vogelwelt vorzugsweise interessanten Bekannt-
schaft. Dies ist nämlich Herr Adolf Kauffmann, welcher, auf seine
eigenen langjährigen Erfahrungen gegründet, eine sehr bedeutende
Anstalt zur Mästung und Versendung des feinen französischen Ge-
flügels eingerichtet hat. Nach den Mittheilungen , die Herr Kauff-
mann uns freundlichst gemacht, versprechen wir späterhin hier eine
ausführliche Schilderung der Einrichtungen und des Verfahrens in
dieser Anstalt zu geben.
Auf der Rückreise fanden wir in Kassel und Leipzig wiederum
Vogelfieunde und besichtigten sodann die Vorräthe der Händler
in letzterer Stadt, der Herren Geupel-White, welche augenblicklich
nur gering waren und seitdem erst, also etwa seit Mitte August,
zu zeitweise ausserordentlich beträchtlichen „Vorräthen an gefie-
derter Waare“ angewachsen sind.
Im Allgemeinen haben wir auf der ganzen Reise entschieden
den Eindruck gewonnen, dass die Liebhaberei für die verschiedenen
fremdländischen Vögel und insbesondere für die kleinen Pracht-
fmken, eine ausserordentlich verbreitete und noch immer im reg-
samen Wachsen begriffene ist. Immer mehrere Vogelstuben wer-
den angelegt und immer mehr wendet man sich der praktischen
Seite der Vogelliebhaberei, der Vogelzüchtung, zu. Besonders
erfreulich ist es dabei aber, dass dies letztere Beginnen auch im-
mer mehr den ganz entschiedenen Erfolg zeigt, welchen wir gleich
beim Beginn unserer Bestrebungen für dasselbe mit Sicherheit er-
wartet und vorausgesagt hatten. Wenn wir späterhin hier einmal.
eine geordnete Uebersicht der in den deutschen Vogelstuben ge-
wonnenen Züchtungsergebnisse geben, so wird damit der Beweis
geliefert sein, dass unser hauptsächlichstes Ziel bereits jetzt so weit
erreicht ist, um mit Sicherheit anzunehmen, in wenigen Jahren
werde die Vogelzüchtung einen sehr beträchtlichen, wenn nicht den
grössten, so doch den besten Theil der im Handel begehrten Vögel
liefern. Schon jetzt hat z. B. Herr A. Schuster in Löwenberg 60
Stück Bandfinken in einem Jahre gezogen, Herrn Vogelhändler
Hieronymi in Braunschweig wurden von einem Züchter kürzlich
12 Stück junge Nympfen und 50 Stück junge Wellensittiche ange-
boten, Herr Graf York von Wartenberg hat im Ganzen schon ein
Dutzend Cubafinken in seiner Vogelstube flügge werden gesehen, |
auch züchtete er, sowie Herr Ingenieur Hendschel in München meh- |
rere Bruten Diamantvögel, verschiedene andere Prachtfinken, Ma-
G. v. Gizycki: Biographie meiner Elster. 35
dagascar- und grosse Textorweber; Architekt Dorpmüller zog drei
Bruten von im Ganzen 10 Köpfen Grauedelfinken u. s. w. Und
somit ist also der Beweis geliefert, dass trotz aller gegentheiligen
Ansiehten und Behauptungen die Züchtung der Prachtfinken und
Webervögel in Vogelstuben und Heckkäfigen bereits eine ganz ent-
schiedene Bedeutung gewonnen hat. Dr. C. Russ.
Biographie meiner Elster.
Von
G. v. Gizyeki.
Bei der immer allgemeiner werdenden Theilnahme an dem
Seelenleben der Thiere dürfte vielleicht der folgende Kleine Beitrag
freundlich aufgenommen werden.
Im Juni vorigen Jahres gelang es mir, eine junge, noch
nicht ausgewachsene Eister aus einer erbärmlichen Pflege, oder,
besser gesagt, Kerkerhaft, zu befreien: in einem engen Lattenkäfig,
der nur eine einzige Sitzstange hatte, und dessen Boden von Abfäl-
len aller Art hoch bedeckt, weil nie gereinigt, war, hatte das arme
Thier seine erste Jugendzeit verleben müssen. Und nicht genug,
dass bei dieser unverantwortlichen Behandlung das ganze Gefieder
und besonders auch die Füsse sehr unsauber waren — auch die
ganze Zunge war blutig und geschwollen: die Dummheit und Grau-
samkeit seines Besitzers hatte ihm vor einigen Tagen die Zunge
zum zweiten Male „lösen“ lassen. Als ein solcher Ritter von der
traurigen Gestalt zog also „Jakob“ in meine Behausung ein.
Er wurde von mir gleich beim Empfange tüchtig abgewaschen
und erhielt den geräumigen Flur der zweiten Etage des Hauses zu
seinem Revier angewiesen. Täglich wurde er fortan gereinigt, bis
er wenigstens einigermassen menschlich, bezügl. elsterlich, aussah.
Nun benutzte er auch „unaufgefordert“ sein Badegefäss, ward viel
munterer und suchte mir bald durch zutrauliches Wesen seine
Dankbarkeit zu beweisen. Anfangs hatte er, wie es ja nach so
schlimmen Erfahrungen nicht anders sein konnte, an nichts Antheil
genommen: blankes Geld, Uhrschlüssel, Ringe u. dergl. — womit
man ihn später überall hinlocken konnte — interessirten ihm nicht
im mindesten. Aber bald lief er an das Treppengeländer, wenn er
mich kommen hörte, streckte den Kopf durch die Spalten und
suchte mich, wenn ich unter ihm auf der Treppe stand, an den
Haaren oder Ohren liebevoll zu zupfen; da er mir aber einmal
auch recht tölpelhaft in die Augen hackte, verbat ich mir solehe
5#
36 6. v. Gizycki:
Zärtlichkeiten vorläufig, bis er klüger geworden wäre und etwas
mehr Manieren gelernt hätte.
Um ihn noch mehr an mich zu gewöhnen, arbeitete ich nun
einige Stunden täglich auf dem Elstern-Flur. Jetzt entwickelte
Jakob erst seine ganze Liebenswürdigkeit: menschliche Gesellschaft
— das war es, wonach er sich bisher vergebens gesehnt hatte;
und es war rührend zu sehen, mit welcher Freude er mich stets
oben begrüsste. In der ersten Zeit begnügte er sich damit, sich
mir auf die Schulter oder den Kopf zu setzen und gar verständig
mitzustudiren, oder sich an meiner Kleidung — die sich durch einen
„Elstern-Rock“ auszeichnete, gewisser Untugenden wegen, die allen
so zahmen Vögeln gemein sind — etwas zu schaffen zu machen.
Bald aber wollte er buchstäblich die Nase in’s Buch stecken, und
als ich gar einmal zu seinem Amusement, unbedachter Weise, Amei-
senpuppen zwischen die Blätter gestreut hatte, die er bestens a la
Staar herauszirkelte, war mit dem studienbeflissenen Kunden gar
nicht mehr auszukommen. Er trieb sich jetzt immer vor mir auf
dem Tische umher und suchte oft meine Feder nach seinem Er-
messen zu leiten oder sie mir gar zu entreissen; und wenn ich
mich seiner entledigen wollte, musste ich ihn etwas hinwerfen, das
ihm neu war, als Papierkugeln, Stäbchen, Knöpfe, Nägel u. dergl.
Leider aber war er, ganz nach Kinderart, immer bald mit einem
Spielzeug fertig und liess es dann unbeachtet liegen, — war aber
nicht so manierlich, wie ein liebenswürdiges Steinröthel, von dem
sein Besitzer erzählt, dass es, des Ballspiels müde, mit artigen Bück-
lingen um Neues gebeten habe; Jakob vielmehr brauchte Gewalt,
wenn man nicht gleich willig auf seine Wünsche einging: er kam
ganz sans gene auf den Tisch und holte sich einen Federhalter,
oder den Pfropfen aus dem Tintenfass, oder schob dieses selbst
ganz sachte auf die Erde -—- kurz, er wurde ein gar gefährlicher
und selbst etwas lästiger Patron. Da zudem der ganze Flur schon
ganz unzweideutige Spuren seiner Allgegenwart zeigte und dem
„besenführenden Geiste“ eine tägliche Extra-Scheuerarbeit nicht zu-
gemuthet werden sollte, ward denn im Rathe der Götter beschlossen,
ihn einem etwas entfernt wohnenden Nachbar zu verehren, der
denn auch durch den neuen Gast sehr erfreut ward. Als Schwimm-
meister par excellence tauchte ihn der neue Pflegeherr mehrmals in
das von ihm überwachte Badebassin — ein schöner Empfang! —
da ihm der Vogel noch immer nicht rein genug aussehen wollte
(worin er nun auch nicht eben Unrecht hatte) und wohl auch, um
Biographie meiner Elster. 37
ihm durch die That zu beweisen, wess Zeichens sein neuer Herr
sei; besagter Herr musste sich aber bald selbst sagen, dass Jakob,
als Schmutzfink aufgewachsen, nie rein schwarz-weiss vor der
Mauser werden würde, trotz aller Mohrentaufe. Die Freude war
nur auf Seiten des Wirths, während der Gast ziemlich trübselig in
die ihm zuerst offerirte Badezelle und alsdann noch trübseliger in
den bald herbeigeschafften Drahtkäfig marschirte. Indessen be-
schloss Jakob, der schon bei mir gross und stark und schlau ge-
worden war, diese ihm nicht mehr gewohnte Behandlung übel auf-
nehmend, sich selbst zu helfen, und schon nach wenigen Tagen
‚hörte ich ihn früh Morgens auf einer Weide, etwa achtzig Schritt
von meiner Wohnung, ungeduldig nach Futter schreien; er war,
wie ich dann erfuhr, vor drei Stunden erst dem ihm unliebsamen
Pfleger entwischt.
Jakob also sass hoch oben auf dem Baume und sah, als ich
kam, verwundert zu mir herunter. Da nun dem armen Schelm
nicht gelehrt worden war, sich das Futter im Freien selbst aufzu-
suchen, so musste ich ihn schon wieder an mich zu bringen suchen.
Ich lockte ihn daher mir so nahe als möglich herab, — jedoch er
in seiner ungewohnten Freiheit war etwas scheu geworden, und
daher konnte ich ihm so ohne Weiteres nicht beikommen. Ich ver-
sah mich nun zu Hause mit ein paar Stücken rohen Fleisches
und ging wiederum auf die Jakobs-Jagd. Seelenvergnügt kam er
nun auch mir, oder vielmehr dem Fleische, auf ein Brückengeländer
entgegen, das von mir zum bequemsten Fangplatz ausersehen war.
Jedoch dem Jakob gelang es, mich zu überlisten, und plötzlich flog
er mit einem entwendeten Fleischbissen triumphirend auf einen
Baum. Jakob war nun satt, und es war weiter nichts zu thun,
als abzuwarten, bis er wieder Appetit haben würde. Nach einer
halben Stunde meldete mir denn auch sein Gekrächz, dass er be-
reit sei, eine zweite Mahlzeit einzunehmen. Auf dem Wahlplatz
angekommen, nahm ich mir ernstlich vor, mich nicht wieder von
Freund Jakob überlisten zu lassen. Er kam nach Wunsch auf eine
niedrige Mauer ganz nahe zu mir, aber immer bereit, beim gering-
sten verdächtigen Zeichen davon zu fliegen. Ich hielt ihm nun, als
er dicht vor mir war, gewitzigt durch die erste Erfahrung, in jeder
Hand ein Stück Fleisch vor, und er hatte nun seine Aufmerksam-
keit auf fünfObjecte zugleich zu richten: auf mein Gesicht (bezügl.
meine Augen), meine beiden Hände, die gern zugreifen wollten,
und die beiden Fleischstückchen — das ist bekanntlich selbst einem
38 G. v. Gizycki:
schlauen Jakob zu viel, und so war er denn plötzlich in meiner
Hand, aus der er sich vergeblich mit grossem Geschrei zu befreien |
suchte. |
Zu Hause, in seiner alten Wohnung, that er sehr beleidigt und
verschwand bald unter einem Schrank; erst nach längerer Zeit
schien ihn seine Elstern-Philosophie zu belehren, dass es wohl das
Beste sei, gute Miene zum bösen Spiel zu machen — er trieb also
bald sein Wesen wie zuvor. Und da ich den Schwerwieder-
erlangten nun gerade lieber gewonnen hatte, entschied ich mich,
ihn nicht mehr undankbar zu verstossen. Nur in einer Beziehung
hatte sich Herr Jakob verändert. Nachdem er die grosse Welt
kennen gelernt hatte, dünkte ihm sein Flur zu eng; er marschirte
also gleich am nächsten Tage die Treppe einige Stufen hinab und
postirte sich auf einen Schrank, der zum Stapelplatz für Milch und
Sahne diente. Dieser Aussichtsplatz, von dem er auf den Flur der
ersten Etage hinabsehen und zugleich nach Herzenslust von dem
Rahm naschen konnte, ward nun täglich oft von ihm besucht, und
auch auf dem zweiten Flur pflegte er sich nicht selten zu ergehen,
obgleich er stets hinaufgescheucht ward. Der Jakob hatte aber
noch einen andern guten Grund, den obersten Flur nicht mehr für
ausreichend, oder selbst für nicht mehr recht geheuer zu finden;
hatte er doch seit seiner Wiederkunft den Raum mit einer nicht
allzujungen Schleiereule zu theilen — und die mag ihm denn die
Nächte recht unheimlich und grus’lig gemacht haben. Am Tage
rächte sich aber Jakob dafür, dass er Nachts von der Eule beun-
ruhigt wurde, nach seiner Art: er verfolgte den Kauz, wenn er
sich einmal langsamen Schrittes auf eine andere Stelle begab, in
possirlichen langen Sätzen, war aber stets bereit, schnell umzukeh-
ren, wenn die Eule zornfunkelnden Auges Front machte — be-
gnügte sich überhaupt damit, der Luft, statt dem Feinde, Schnabel-
hiebe zu versetzen. Solche Avancen und Retiraden erheiterten
stets alle Zuschauer sehr, und daher wurde die arme Eule nicht
selten am Tage veranlasst, sich so eine kleine Motion zu machen,
um nur das ergötzliche Schauspiel dieses tragi-komischen Kampfes
zu gewähren. |
Da nun auf dem unteren Flur zuweilen ein Fenster offen war,
sass denn Jakob eines schönen Tages oben auf der Linde vor dem
Hause, war aber bald wieder auf bekannte Art gefangen. So ging
es in den nächsten zehn Tagen noch oft, bis mein Jakob eines
Vormittags mir die Mühe des Einfangens ersparte und von selbst
Biographie meiner Elster. 39
zu einem von mir mit Fleischbrocken ‚schön verzierten Fenster, der
Scheune gegenüber, herbeigeflogen kam. Nun hatte es keine Noth
mehr, und erst jetzt ward Jakob der wahre Jakob. Er vergnügte
sich von nun an immer längere Zeit im Garten und in der Um-
gegend, kam aber sehr oft zum Fenster herein, um seinen Futter-
und Wassernapf aufzusuchen, da er draussen noch zu wenig zu
fangen verstand. Ja, Jakob, Du warst doch damals eigentlich noch
recht dumm! Wie konntest Du Dir’s z. B. gefallen lassen, von
winzigen Bachstelz- und Rothschwanzfamilien, jungen grünschnabe-
ligen Dingern, in der ersten Zeit fast den ganzen Tag über atta-
quirt zu werden! Ja freilich, wer so unbeholfen auf sie zuflog, wie
Du, dem konnten sie mit leichter Mühe wohl entfliehen, den konn-
ten sie dagegen mit kühner Schwenkung im Rücken anfallen. Of-
fenbar verdross ihn damals der Spass sehr, gleich einer Eule von
den Vögeln der Nachbarschaft angestaunt und angegriffen zu wer-
den; und indem er immer häufiger seine Flügel brauchte, hatten
jene unberufenen Störenfriede bald alle Ursach, meinen Freund
gehen zu lassen. Als er nun gar einmal ein vorwitziges Mäuschen
erwischt und verspeist hatte, fanden es jene Heerschaaren gerathen,
ein für alle Mal abzuziehen. Jakob suchte dafür jetzt am Tage —
Abends bei Leibe nicht! — häufiger seine liebe Eule auf, um sich
mit ihr zu unterhalten —- zumal da ihr Fleischfutter dicke „Brum-
mer“ in grosser Menge herbeilockte. Jakob fand solche Mahlzeiten
sehr schmackhaft, fing am Fenster stets die Blauen fort und lernte
so, sich selbst der Lehrmeister, mit Geschick und Austand den In-
sektenfang — was ihm draussen in Feld und Garten sehr zu Stat-
ten kam. So jagte er, meist auf der Erde laufend und nur zu-
weilen aufflatternd, Schmetterlingen nach, die er meist erhaschte,
schnappte Hummeln weg, die er aber stets nur theilweise frass,
verzehrte mit Appetit Drohnen und andres unnützes Volk — war
überhaupt binnen Kurzem so weit, sich selbst zu ernähren. Den
Rahm von der Mileh holte er sich noch sehr gern, frass aber sonst
zu Hause nur wenige Bissen. Ein Bad nahm er meist im nahen
Bach, nur selten noch oben bei der Eule.
Herr Jakob aber hat nie vergessen, dass er nicht zum süssen
Pöbel der Nachbarvögel gehört, sondern rechnete sich selbst mehr
zu den Menschen; er brachte auch keine einzige Nacht im Freien
zu, sondern flog Abends so lange um das Fenster herum, in das
er zuerst eingeflogen war, bis ihm geöffnet wurde, oder er kam
durch die Hausthür die Treppe herauf und suchte in jenes Zimmer
40 G. v. Gizycki:
durch die Thür einzudringen — sobald dann irgend Jemand durch
dieselbe ging, war er drin und war daran nie zu hindern. Wenn
man ihn dann zu entfernen suchte, affectirte er meist den Unbe-
fangenen und that, als ginge ihm die ganze Sache gar nichts an;
oder er setzte sich auch — in seinem Rechte gekränkt, wie er zu
glauben schien — böse beissend zur Wehr. Endlich erreichte er
denn auch durch seine Beharrlichkeit die Erlaubniss, die Nacht
über in menschlicher Gesellschaft zubringen zu dürfen. Jakob schlug
also auf einem hohen Trumeau für immer sein Nachtlager auf und
war ganz unglücklich, wenn er — was einige Male nur geschah —
von dem gewohnten Platze ausgeschlossen blieb; er flog dann
Abends wohl eine Stunde länger um das Haus herum und begnügte
sich erst nach langem Gekrächz mit einem Plätzehen in der Küche.
Ueberhaupt glaubte er zu Manchem ein Recht zu haben: wenn er
des Morgens nicht ganz früh aus jenem Zimmer in’s Freie gelassen
wurde, suchte er sich auf seine eigene Art zu vergnügen — er
zerfetzte ganz harmlos Papiere und Tapeten, badete sich in etwa
gefüllten Gläsern oder suchte sie wenigstens umzuwerfen, trug im |
ganzen Zimmer die kleineren Sachen umher und machte sich kurz
und gut recht sehr unnütz. Sobald er sich beobachtet wusste, sah |
er stets sehr unschuldig aus. Morgens in’s Freie gelassen, machte
er bei Sonnenschein zuerst auf der Veranda Toilette und reckte
die verschlafenen Glieder aus, entzückte auch wohl alle Hörer
durch seinen Schwatz- und Krächzgesang, machte dann einige Aus-
flüge und kehrte stets ganz glücklich zur Frühstückszeit durch’s
Fenster in das mehrerwähnte Zimmer zurück, wo unsere Familie
sich Morgens zum Frühstück zu versammeln pflegte — wobei also
Jakob auch nicht fehlen durfte. Fand er dann zwar Alles gedeckt
und die Kaffeemaschine auf dem Tische, aber noch Niemand da, so
erhob er ein weit schallendes Geschacker, bis wir kamen; denn er
hielt sehr auf Ordnung.
Wenn er dann wieder wegflog, pflegte er stets Etwas mit sich
zu nehmen, und so war dies auch die einzige Art, ihn los zu wer-
den, ohne ihn zu beleidigen; er erhielt also ein grosses Stück Sem-
mel, mit dem er abzog und sich auf die Scheune gegenüber setzte.
Meist pflegte er nur Etwas zu kosten und das Uebrige in ein Ver-
steck zu tragen, oder auch, wenn er gerade besonders grossmüthig
gelaunt war, den Sperlingen zu überlassen. Oft machte Herr Ja-
kob aber auch den Dieb, kam plötzlich zum Fenster herein, fuhr,
wie der Teufel auf die Seele, auf ein Geldstück und dann eben so
Biographie meiner Elster. 41
schnell wieder hinaus — oder er stattete einer Familie parterre
einen Besuch durch’s Fenster ab und vergass nicht, sich mit einem
Fingerhut oder Aehnlichem, Abschied nehmend, zu versehen. Einst
hatten wir Herrn Jakob bei geschlossenen Fenstern einen grossen
goldenen Ring uns entreissen lassen, auf den wir ihn erst durch
Hinhalten und plötzliches Zurückziehen erpicht gemacht hatten, und
unterhielten uns unbefangen, um den Herrn nicht glauben zu machen,
wir beobachteten ihn: und siehe da, Mr. Jakob näherte sich, immer
‚argwöhnisch um sich blickend, einer Stelle an der Tapete, wo er
dieselbe schon früher einmal auf seine Weise verbessert hatte, und
schob vorsichtig den Ring darunter, dann suchte er die Tapete
wieder in ihre alte Lage zu bringen und sie durch einige specht-
artige Hiebe an der Mauer zu befestigen; darauf wackelte er harm-
los weiter, als ob gar nichts geschehen. Den Ring hätten wir
suchen können, wenn wir den Erzschelm nicht beobachtet hätten |
Uhrschlüssel pflegte er gern in die Dielenritzen zu verstecken und
dann fest zu hämmern — bemerkte er aber, dass man auf ihn ach-
tete, so holte er die Beute schnell wieder hervor und liess sie
nicht eher aus dem Schnabel, als bis er sich ganz sicher glaubte.
Wenn man ihm geflissentlich etwas zum Spielen hinlegte, pflegte
er es oft wenig zu beachten, besonders wenn es nicht glänzte; be-
merkte er aber, dass man auf irgend etwas Werth legte, so machte
es ihm ein besonderes Vergnügen, sich dasselbe anzueignen. —
Mit gestohlener weicher Semmel verklebte er gern Schlüssellöcher. —
Einer ihm bekannten Dame pfleste er sich oft auf die Schulter oder.
den Kopf zu setzen und ihr, während er seinen Blick ganz wo an-
ders hin zu richten schien, eine Haarnadel nach der andern aus
dem Haar zu ziehen. |
Was ich hier zuletzt erzählt, machte zwar dem Unbetheiligten
viel Scherz, uns jedoch oft viel Aerger. Jakob aber hatte weit
mehr Tugenden, als Laster: seine ungemeine Zahmheit und Anhäng-
lichkeit, die er bald nicht nur auf mich, sondern auf die ganze
- Familie erstreckte, — während er gegen alle Fremde sehr scheu
_ war, — liess uns ihm gern seine kleinen Fehler verzeihen — denn
wer hätte diese nicht! Wenn ich im Garten oder auf der Strasse
spazieren ging, liess er sich von mir entweder umhertragen, indem
er sich mir auf die Schulter oder den Kopf setzte, oder er lief
nebenher und zeigte mir seine Geschicklichkeit im Insektenfangen.
Sassen wir im Garten, so war er natürlich stets geschäftig um uns
herum und suchte an Allem Theil zu nehmen. Besonders interes-
42 G. v. Gizycki:
sirte ihn das Schachspiel, wobei er oft unaufgefordert dem Einen
oder dem Andern mit Gekrächz und That beizustehen bemüht war;
einst trug er ein ganzes Spiel Karten auf einmal in ein Rübenfeld.
Wenn ich mich im Garten im Naturzeichnen übte, war er selbst-
verständlich auch dabei, fand dann entweder den Brocken zu hoch
gezeichnet, oder jenen Baum zu plump — und so hat denn man-
ches meiner Blättchen Verbesserungen von Jakob’s Schnabel und
Kratzfuss. War er allein, so machte er sich allerlei artige Spiel-
chen, wenn ihn nicht gerade der Magen auf ernsthaftere Dinge
sinnen liess: er spritzte mit dem Schnabel den Sand auseinander,
versteckte die schönsten Kiesel, oder Reiser, oder von ihm zer-
zupfte Blumen im dichten Buchsbaum, oder sang gar lieblich-elster-
lich. Als ich einmal unter einer Linde am Gartenthor stand, hörte
ich über mir ein Gekrächz, Gekreisch, Geplapper, Geflöte und Ge-
piepe, dass ich schon glaubte, Jakob habe einen Sperling vor und
lehre ihm, wie weiland Reinecke dem Hasen, das Ave singen — es
war aber Jakob solo, der sich als Potpourrisänger hören liess. Ein
Familienmitglied begleitete Jakob fast alle Morgen bis zum näch-
sten Thore der Stadt, etwa zehn Minuten Wegs, durch mehrere
Strassen, von denen man zum Theil unser Haus gar nicht mehr
sehen konnte; er flog entweder von Baum zu Baum, wenn viel
Leute den Weg gingen, oder er lief nebenher. Allein unternahm
er so weite Touren nicht. Wenn wir nach Hause kamen, wurden
wir Alle stets vom Jakob, als Burgwart, am äussersten Ende des
Gartens mit freudigem Trompeten-Gesehmetter, bezügl. -Geschacker,
begrüsst und verkündet.
Dabei war auch Jakob ein sehr folgsames Thier — abgesehen
von seiner Erbsünde, dem Stehlen. Wenn er auswärts war,
brauchte ich ihn nur ein paarmal beim Namen zu rufen, so kam er
stets sofort herbeigeflogen, wenn er überhaupt noch im Bereich mei-
ner Stimme war. Aber so gut er auf seinen Namen hörte, so
wenig lernte er ihn sprechen — was auch ganz erklärlich war,
da er stets zu viel Zerstreuung hatte.
Gegen den Spätsommer legte er ein weit schöneres, metsliigs |
glänzendes Staatskleid an und behielt vom alten nur die Flügel-
Schwungfedern, — kein Wunder, wenn er jetzt mit grösserem
Selbstgefühl täglich mehrmals im Sonnenschein Toilette machte, ,
was früher mit einer gewissen Oberflächlichkeit geschehen war.
Die Zeit nahte nun auch, wo wir zum Winter in die Stadt!
ziehen wollten, und so musste denn auch Jakob von all’ der Herr--
Biographie meiner Elster. 43
lichkeit Abschied nehmen. Ob er wohl geahnt hat, dass er in sein
Paradies nicht mehr dauernd zurückkehren sollte? Jakob wurde
also Städter und in der neuen Wohnung zuerst in ein schrankarti-
ges Gebauer gesetzt, wo es ihm natürlich gefiel, wie dem Fisch
im Sande, Nach einigen Tagen wurde er seiner Haft befreit und
ihm wieder der Treppenflur, mit einer daran stossenden Kammer
als Schlafstube, angewiesen. Nachdem Jakob den für ihn so dürf-
tigen Raum einige Zeit missachtend angesehen hatte, siegte der
Philosoph in ihm, und sich zufrieden gebend, begann er sich in dem
neuen Domieil möglichst erträglich einzurichten. Am meisten
schmerzte es ihn, dass er wieder so wenig Gesellschaft haben
sollte — er machte sich also Unterhaltung auf eigene Hand. Er
beraubte einen V'ogelkäfig seiner Leinwanddecke, zerfetzte in seiner
Kammer an vielen Stellen die Tapete und machte sich also wieder
unnütz. Nachdem Freund Jakob vierzehn Tage lang Bewohner des
neuen Hauses gewesen war, entschloss ich mich, zu versuchen, ob
er wohl wieder an sein altes Aus- und Einfliegen zu gewöhnen
wäre. Ich machte ihm also das nach dem Hofe zu gelegene Flur-
fenster auf, und Jakob, nachdem er auf dem Fensterbrett einige
Male auf und ab marschirt war, flog auf den Baum im Hofe, wo
es ihm recht gut zu gefallen schien — aber ein Ruf: „Jakob!“
führte ihn sogleich zu mir zurück. Solcher Proben machte ich so-
fort mehrere, wobei er stets einen Mehlwurm erhielt. Endlich aber
liess ich ihn etwas längere Zeit draussen, die er dazu benutzte, um
auf das Dach zu fliegen. Er hörte nieht mehr auf mich — ich
hatte ihn aus dem Gesicht verloren. Der Lärm auf der Strasse,
die ganze ungewohnte Umgebung hatte ihn scheu gemacht. Da er
den ganzen Tag nicht wieder kam, schickte ich ihm einen Steck-
brief im Tageblatt nach — und richtig, früh am nächsten Morgen
erhielt ich Herrn Jakob wieder, der bald nach der Zeit, wo er bei
mir entflogen, in der Nähe meiner früheren Wohnung (die über eine
halbe Stunde von der jetzigen, mitten in der Stadt liegenden ent-
fernt ist) gesehen und gefangen war. Als Denkzettel brachte Ja-
kob etwas verkürzte Flügel mit, weswegen sich der Wiederbringer
mit der sinnreichen Angabe entschuldigte: er hätte den Vogel nicht
anders fangen können, als dass er ihm die Flügel etwas gestutzt
hätte — hätte er ihm doch lieber Salz auf den Schwanz gestreut!
Jakob war an diesem Tage sehr still und in sich gekehrt und er-
innerte lebhaft an einen armen Sünder; am nächsten Morgen war
er aber wieder der alte Uebermuth,
44 G. v. Gizycki:
Nicht lange darauf erfuhr ich, nach Hause kommend, Jakob |
sei wieder fort — wie er entwischt sei, konnte Niemand sagen.
Wieder Steckbrief, wieder am nächsten Morgen Jakob da, wieder |
mit noch mehr abgesehnittenen Flügeln und wieder in seiner
früheren Gegend gefangen! Der arme Schelm konnte eben sein
herrliches Leben in der vorigen Wohnung nicht vergessen, vielleicht
glaubte er auch, dort uns Alle wieder anzutreffen. — Aber diesmal |
war er nicht mit einer so oberflächlichen Stutzung davongekommen,
die ihm noch erlaubt hatte, den weiten Weg wieder zurückzulegen
— die Flügel waren so kurz abgeschnitten, dass er nicht einmal
mehr ohne Weiteres auf den Schrank fliegen konnte; vielmehr ging
das Alles jetzt absatzweise — erst auf einen Stuhl, dann aufs
Treppengeländer, dann auf einen niedrigen Schrank, dann auf den
hohen. Abends musste ich ihn von nun an stets zu Ruhe bringen,
auf seine Stange hoch oben in der Kammer, die er stets zum
Schlafen benutzt hatte. Ich stellte mich also Abends immer als
Jakobs-Leiter hin, und er flog erst auf eine Kiste, von da auf meine
Schulter, dann auf den Kopf und zuletzt auf seine Stange — her-
unter kam er schon ohne mich. Wenn ich ihm diesen Liebesdienst
nicht erwies, kam er die ganze Nacht nicht zu Ruhe, weil ja ein
Vogel oft ein noch grösseres Gewohnheitsthier ist, als der Mensch.
Jakob wurde von nun an noch zärtlicher: er kam mir bis auf die
Treppe entgegen, und wenn ich dort mit ihm sprach, erzählte er
mir durch brummende Laute ganze Geschichten, was wohl in-
zwischen zu Hause vorgegangen wäre, — während er auf „Jakob!“
stets nur mit einem kurzen Gekrächz antwortete und auch sonst
nie dies Brummen hören liess. Das Futter holte er mir nun am
liebsten aus dem Munde, war aber bei allen seinen Liebenswür-
digkeiten weit zarter und bescheidener und nicht: mehr so stürmisch,
wie früher. Oben zwischen den Vogelbauern auf der Decke des
Verschlages, seiner Schlafkammer, legte er sich Vorrathskammern
an, wo später das Verschiedenartigste in bunter Reihe aufgefunden
wurde: Mäusereste neben Nüssen und Nägeln, Möhren- und Sem-
melstücken neben Knochen und Pfennigen u. dergl. mehr. Jetzt
ebenso, wie früher, wusste er es sehr wohl zu schätzen, wenn ihm
die Ehre angethan ward, einmal in unsere Zimmer gelassen zu
werden; er war dann, wieder in seinen Flur geschickt, noch lange
sehr vergnügt und gab dieser Stimmung meist durch gutgemein-
tes eifriges Singen Ausdruck.
So war denn die schöne Weihnachtszeit herbeigekommen, und
Biographie meiner Elster. 45
gerade am 24sten fingen sich drei allerliebste junge Mäuschen, wo-
mit Herrn Jakob ein recht freudig angenommenes Geschenk ge-
macht wurde, Nachmittags hatte ich in dem Weihnachtszimmer
etwas zu thun; da näherte sich gar ungenirt ein naives Mäuschen
dem Tannenbaum. „I, da soll doch gleich der Jakob dreinschla-
gen!“ denke ich mir, ziehe mich ganz sacht zurück und lasse den
Herrn herein. Der wie der Blitz auf die Maus zu, doch diese
unter den Ofen. Jakob nun in engen Kreisen um denselben —
die Maus unsichtbar. Da sucht diese plötzlich nach ihrem Loche
zu enteilen, doch Jakob mit schrecklichen Sätzen hinterher, erfasst
die lautpfeifende und fängt sie waidgerecht ab; dann triumphirend
unter Schwanzschlagen und Bücklingen an’s Fenster, um aller Welt
seine Trophäe zu zeigen.
- Armer Jakob! Deine Geschichte nähert sich jetzt ihrem —
Deinem traurigen Ende.
Als ich an einem Januartage nichts ahnend nach Hause kam,
wurde mir gemeldet, dass Jakob nicht mehr seil In einem grossen,
mit Wasser gefüllten Waschfass, das unvorsichtiger Weise unzuge-
deckt Abends vorher auf den Flur gestellt worden war, hatte der
Arme seinen Tod gefunden. Er liebte leidenschaftlich das Baden
— und so wird er, am Rande sitzend, sein Spiegelbild vor sich,
dem tückischen Elemente nicht haben widerstehen können — er
fand keinen Grund — die abgeschnittenen Flügel konnten ihn nicht
retten — und so fand ich meinen Jakob eine Leiche!
Uns Allen war dieser Verlust sehr schmerzlich, und immer
wird dieses gute, treue Thier einen Platz in unserer Erinnerung
haben, das in dem Alter von wenigen Monaten eine solche Liebens-
würdigkeit und Anhänglichkeit und eine solche, fast menschliche
Klusheit uns bewiesen hat!
Beobachtung über einen Kuckuk.
Voa
Dr. E. Rey.
Das unter Nr. 31 in meiner Zusammenstellung von Kuckuks-
Eiern meiner Sammlung (1871, p. 227) eingeschaltete Ei aus dem
Neste der Phyllopneuste sibilatrix erhielt ich aus Dessau, als dieser
Bericht schon im Druck war. Daraus erklärt sich, dass die Auf-
führung dieses Eies im Verzeichniss mit dem auf Seite 225 Ge-
sagten nicht im Einklange steht. Es kommen also, wie dieser
eine Fall beweist, auch in anderen Nestern als in denen der Auti-
46 Dr. E. Rey:
eilla phoenicurus etc. blaue Kuckuks-Eier vor, doch scheint dies nur |
selten und nur dann vorzukommen, wenn das betreffende Kuckuks-
weibchen durch äussere Umstände verhindert wurde, sein Ei in
das Nest dieses Vogels zu legen.
In Betreff dieses interessanten Fundes theilte mir der Samm-
ler, der ein eben so guter Kenner als geübter und treuer Beob-
achter unserer Vogelwelt ist, folgende näheren Umstände über die
Auffindung dieses Eies mit, die mir interessant genug erscheinen,
um sie hier wiederzugeben. Ich lasse aber meinen Gewährsmann
selbst sprechen:
„Die blauen Kuckuks-Eier, welche ich bis jetzt gefunden habe, |
stammen alle nur aus 3 verschiedenen Stellen unserer Heide. Es
scheint also, dass die Weibchen bestimmte Reviere inne halten.
Am 27. Mai dieses Jahres besuchte ich eine dieser Stellen, wo ich
schon öfter, wie zum Beispiel in den drei Vorjahren, blaue Kuckuks-
Eier, um diese Zeit, in den in Holzklaftern stehenden Nestern des
Baumrothsehwänzehen, gefunden hatte. Die Holzklaftern standen
hier am Rande einer Lichtung, von der aus man eine grössere
Reihe derselben übersehen konnte. Als ich diese Lichtung eben
erreicht hatte, sah ieh einen Kuckuk, wie mir schien, zwischen den
Scheiten einer Klafter hervorkommen und abfliegen, und ich
musste richtig gesehen haben, denn in der Höhle, in welcher der
Kuckuk aus der Klafter abgeflogen zu sein schien, stand das fer-
tige, aber noch leere Nest der Ruticila phoenicurus. Ich hatte mich
nun überzeugt, dass dieser Kuckuk noch nicht gelegt, sondern erst
Nester gesucht habe, und war meiner Sache ziemlich gewiss, mor-
gen oder spätestens übermorgen hier wieder ein blaues Kuckuks-Ei.
zu finden. Am folgenden Tage ging ich zwischen 5 und 6 Uhr‘
Abends wieder zu jener Stelle, aber — o Schrecken — die Holz--
klafter war nebst drei anderen abgefahren worden! -— Durch diese
I
Enttäuschung einigermassen verstimmt, hatte ich schon den Heim--
weg angetreten, als ich plötzlich einen Kuckuk gewahrte, der, dicht:
über dem Boden hinfliegend, gerade auf die Unglücksstätte zu--
steuerte. Schnell verbarg ich mich hinter einer Klafter und lugte'
vorsichtig nach dem Vogel aus, der jedoch, ehe ich einen passen--
den Platz für mich hatte finden können, sich bereits auf die nächste:
stehen gebliebene Klafter gesetzt hatte, um bald darauf an der‘
Vorderseite derselben herabzufliegen, wo er sich an die Scheite an-
hing und zwischen denselben verschwand. Nach kurzer Zeit er--
schien der Vogel jedoch wieder und schlüpfte in einen andern
Beobachtung über einen Kuckuk. 47
daneben befindlichen Zwischenraum. Ich glaubte nun sicher, dass
mir gestern, obgleich ich alle Klaftern untersucht hatte, doch ein
Nest entgangen wäre, in welches der Kuckuk jetzt sein Ei gelegt
habe, nachdem er seine erste Wahl hatte aufgeben müssen. Aber
auch hier verweilte er nur kurze Zeit, und flog bald darauf nach
einem kleinen, trockenen Graben, der an einer Seite der Lichtung
entlang führte, zur Erde und verschwand hier meinen Blicken. —
Etwa eine viertel Stunde hatte ich noch in meinem Verstecke ver-
weilt, ohne etwas von dem Kuckuk bemerkt zu haben, als ich mich
aufmachte, um die Klafter, in die er hineingeschlüpft, zu unter-
suchen. Aber obgleich ich dieselbe gänzlich umpackte, war doch
kein Nest, und mithin auch kein Kuckuks-Ei darin zu finden. Nun
blieb mir noch die Untersuchung des Grabens übrig, und hier sollte
ich glücklicher sein, denn nach kurzem Suchen fand ich das Nest
der Phyllopneuste sibilatrie mit 5 kalt anzufühlenden Eiern dieses
Vögelchens, und einem deutlich warmen, schön blaugrünen
Kuckuks-Ei.“
Schliesslich möchte ich zu meiner Zusammenstellung „Ueber
Kuckuks-Eier“ noch erwähnen, dass die daselbst zuletzt aufgeführ-
ten, untereinander völlig übereiustimmenden drei Eier von Hintz in
Pommern stammen, in dessen Tagebüchern sich das Nähere über
ihre Provenienz finden müsste.
Vogelleben auf Hiddens-Oee.
Von
Gustav Kessler.
- Fast 20 Kilometer lang und auf vielen Stellen nur 200 Meter
breit streckt sich die Insel Hiddens-Oee als ein Wellenbrecher für
Rügen vor dessen westlicher Küste hin. Der mit dem Dampfer
von Stralsund nach Stubbenkammer eilende Tourist würdigt das
'baumlose Eiland keines Blickes; sein Handbuch warnt ihn sogar,
sehr mit Unrecht, das unwirthliche Land zu betreten; denn der
bergige Norden, der sich 100 Meter hoch aus der Ostsee steil und
schroff erhebt, gewährt bei klarem Wetter eine herrliche Aussicht
bis nach Moen hin, und auch genügende Bewirthung würden an-
spruchslose Reisende dort finden. Desto mehr lockt die Insel aber
ein anderes Völkehen, die gefiederten Touristen. Sie finden auf
ihren jährlichen Umzügen auf Hiddens-Oee stets zusagende Rast-
plätze, die reichlich benutzt werden; manchen erscheint die Insel
a angenehm genug, um daselbst ihre häusliche Einriehtung zu
48 Gustav Kessler:
treffen. Aber selten wird man auch auf einer so kleinen Strecke
für so viele Vogelarten eine angemessene Loealität finden, wie auf
der „Hütten-Insel“. An den bergigen, von fruchtbarem mergelhal-
tigen Diluvialthone gebildeten Inseltheil schliesst sich lang, schmal
und flach das niedrige Inselland an. Nur wenige Punkte erheben
sich 12 Meter über den Meeresspiegel. Der Boden ist am Aussen-
strande Dünensand, bald mehr bald weniger mit Strandgräsern
bewachsen, oft ganz kahl. Das Land hinter den Dünen flache, oft
sumpfige Torfhaide. Der Aussenstrand sandig und oft steinig, der
Binnenstrand, der Insel Rügen zugekehrt, sehr buchtig, sumpfig
und mit Sehilf und Binsen bewachsen. Vor dem Binnenstrande
weite flache, sandige Untiefen, die bei niedrigem Wasserstande ganz
trocken liegen. Das Binnenwasser nur wenig bewegt, so dass
schon bei 1 Meter Tiefe die Wasserpflanzen ungestört durch Wel-
lenschlag wachsen können, auch das Wasser am westlichen Aussen-
strande ohne übermässige Bewegung, die auch hier bei 2 Meter
Tiefe den Wasserpflanzen schon zu wurzeln erlaubt. Dazu mässige
Strömungen, die, mit dem Winde ihre Richtung ändernd, die Insel
von allen Seiten umspülen.
800 Einwohner, arme genügsame Fischer meistentheils, fristen
auf der Insel ein kümmerliches Dasein mit wenigen elenden Kühen
und einigen hundert Schafen. Da gehört das Terrain ganz den
Vögeln.
Noch ist das Eis nicht verschwunden, noch sind die letzten
Wintergäste nicht abgereist, da gaukelt schon der Kiebitz über die
noch beschneite Fläche. Er ist der erste der Vögel, die hier ihre
Brutstätte suchen. Bald kommen auch die anderen Brutvögel.
Austernfischer, Säbelschnäbler, Alpenstrandläufer, Rothschenkel,
Steinwälzer, Ufersanderling, Flussregenpfeifer, Seeregenpfeifer,
Kampfläufer, Brandente, Pfeifente, Spiessente, Stockente, Krickente,
der kleine und grosse Säger, der kleine Lappentaucher, die Sturm-
möwe, die Silbermöwe, die Flussmeerschwalbe, die kleine Meer-'
sehwalbe sind von mir nistend beobachtet, ohne die Vögel anderer
Ordnungen zu rechnen.
Ausser diesen hier nistenden Vögeln finden sich in den Früh-
lingstagen noch Storch, Reiher, wilde Gänse, Singschwäne, Krani-
che, bogenschnäbliger Strandläufer in Schaaren und andere Vögel
als zeitweilige Gäste ein, die wir besser bei der Herbstwanderung
betrachten.
Die Jagd um diese Zeit ist nicht lohnend, die Vögel sind‘
|
|
Vogelleben auf Hiddens-Oee. 49
scheu und vorsichtig. Kiebitz, Austernfischer, Regenpfeifer und
Möven sehr achtsame Warner. Das flache Land gestattet nur auf
‚wenigen Stellen ein sehr beschwerliches Anschleichen. Besonders
gut versteht es der Austernfischer mit lautem Geschrei den seinem
Brutplatze sich nähernden Jäger zu umkreisen, ohne in Schuss-
weite zu kommen. Der Kiebitz ist hitziger und unvorsichtiger.,
Ende Mai erscheinen für kurze Zeit grosse Schaaren Grau-
gäuse, um bald wieder zu verschwinden. Sie begeben sich auf die
hohe See, um dort ihre Mauser durchzumachen. Bald treibt der
westliche Wind grosse Mengen Federn an das Land und verräth
dem Fischer die Anwesenheit der Vögel. Wenn nun in, den ersten
Tagen des Juni ein heftiger Westwind mehrere Tage lang weht
und grosse Massen Seegras mit Federn untermischt an den Strand
getrieben werden, regt sich in den Fischern die Jagdlust.
Noch weht der Wind umgestüm, aber einige Anzeichen lassen
vermuthen, dass er morgen sich legen wird. Es ist Zeit, sich zur
Jagd zu rüsten. Kleine Boote werden über das Land geschoben
und am Aussenstrande bereit gelegt. Am Morgen ist der Wind
wirklich still geworden, er weht nordöstlich oder nördlich nur leicht.
Zehn und mehr Boote entfalten ihre roth oder braun gestrichenen
Segel und tanzen auf der noch bewegten See lustig westwärts,
eine lange Linie bildend. Schon ist das Land aus Sicht, da dreht
plötzlich eins der vordersten Boote „bei Wind“, die anderen folgen
schnell, und wenn die Landratte ihr gutes Seefernrohr gebrauchen
will, wird sie voraus eine Reihe schwarzer Punkte auf den Wellen
bald erscheinen, bald verschwinden sehen. Es ist eine Schaar
Gänse. Sie haben jetzt ihre Schwungfedern verloren und sind da-
her unfähig zu fliehen. Der Sturm hat sie gezwungen, sich dem
Lande mehr zu nahen, als es ihnen lieb ist. Sie sind auch schon
auf dem Wege, wieder die hohe See zu suchen, wo die Strömungen
ihnen Nahrung genug zuführen. Es gilt jetzt, ihnen Wind und See
abgewinnen, und sie langsam auf die Insel zu, oder noch lieber
nach den flachen Sandflächen des „Bock“ zu treiben. Im weiten
Bogen werden sie umsegelt. Sie beginnen die Gefahr zu bemer-
ken, schaaren sich zu einem diehten Klumpen, das Fernrohr zeigt,
wie sie mit langen Hälsen sichernd umherschauen. Jetzt wendet
die ganze Schaar um und schwimmt langsam und widerwillig, oft
anhaltend und sich umschauend, dem Lande zu. Die Boote haben
ihre Geschwindigkeit nach Möglichkeit gemässigt. Wenn sie sich
zu schnell den Gänsen nähern würden, möchten diese sich nach
Cab. Journ. f. Ornith, XXI. Jahrg. No, 121. Januar 1873. 4
En nn
50 Gustav Kessler: Vogelleben auf Hiddens-Oee.
allen Seiten hin zerstreuen und den Jägern leicht entgehen; denn
die Boote sind sehr weit von einander entfernt. Durch geschickte |
Manöver bringt man die Gänse in die gewünschte Riehtung, sie |
nähern sich mehr und mehr dem Lande. Der Zwischenraum zwi-
schen den Booten verkleinert sich. Schon ist das Land dicht bei.
Die Gänse werden sehr unrubig, halten still, wie um Berathungen
zu pflegen, schwimmen hin und her, drängen sich dicht an einander
und kommen doch dem Lande immer näher. Die Segel von den
Booten sind ganz verschwunden. Die Fischer haben sich aller hin-
derlicher Kleidung entledigt und greifen jetzt zu den Rudern. An-
fangs leise und vorsichtig, dann reissend schnell nähert man sich
den Gänsen. Die geängstigten Vogel schlagen das Wasser mit den
federlosen Flügeln und stürzen dem Lande zu oder tauchen unter.
Die Anker der Boote beissen in den Grund, und die Fischer sprin-
gen in das aufschäumende Wasser, das ihnen noch bis zur Hüfte
reicht. Jetzt mischt sich das Jauchzen, Fluchen, Lachen und Ru-
fen von 50 bis 60 Menschen mit dem Angstschrei der gefangenen
Vögel und dem Rauschen des Wassers. Man hat keine Zeit, die
Vögel erst zu binden oder zu tödten, nur greifen und festhalten ist
die Losung. Da sind komische Scenen nicht selten, hier steht ein
Fischer fest und regungslos, nur unartikulirte Töne ausstossend.
Er hat unter dem linken Arm 2 Gänse mit den Hälsen fest ge-
klemmt, die furchtbar sich zu befreien streben, eine Gans hält er
mit den Zähnen fest, und auch jede Hand hat eine gepackt. Da ist
ihm unter Wasser noch eine zwischen die Knie gekommen, die er
fest hält. — Dort stürzt ein Ungeschickter, der schon 2 Vogel un-
ter dem Arme hat, indem er nach einem dritten greift, in’s Wasser,
und seine Beute eilt schreiend davon. Während er sich die Augen
wischt, ist die Jagd vorbei. Das Ganze hat nur 2-3 Mi-
nuten gewährt. Ein Theil der Vögel hat das Land gewonnen und
eilt mit ausgebreiteten Flügeln windschnell dem Binnenstrande zu, ein
ein Theil hat sich in den Dünen so zu verbergen gewusst, dass er nur
schwer oder gar nicht zu finden ist. Der grössere Theil hat die See
durch die Feinde hindurch gewonnen und ist schon dem Gesichte ent-
schwunden. 100—150 gefangene Vögel sind die Beute der Fischer
seworden. Sie werden in Stralsund für 20 Sgr. bis 1 Thlr. pro Stück
lebend verkauft. Wenn man sie noch 4 Wochen mit Hafer füttert,
geben sie einen sehr guten Braten. |
(Schluss folgt )
EEE!
Deutsche ornith. Gesellsch.: Protok. d. XLVIIL Mon.-Sitz. 51
Deutsche nruithnlngische Gexellschntt zu Berlin.
Protokoll der XLVI. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 7. Oct. 1872, Abends
7 Uhr, im Sitzungs-Local „Schlossbrauerei“, Unter
den Linden Nr. ®.
Mit der Sitzung als Vorversammlung wird die
Fünfte Jahresversammlung
eröffnet.
Anwesend aus Berlin die Herren: v. Gizycki, Gola,
Schalow, Cabanis, Brehm, d’Alton, Sy, Voitus, Falken-
stein, Russ, Bodinus, Stoltz, Bolle und Bar. v. Arnim.
Von auswärtigen Mitgliedern die Herren: Ludwig Holtz aus
Barth in Pommern, A. v. Homeyer aus Schweidnitz, v. Zitt-
witz aus Görlitz, Graf Roedern aus Breslau, v. Schlechten-
dal aus Merseburg, Dohrn aus Stettin, G. Radde aus Tiflis,
Sehumann aus Crimmitschau, Graf v. Berlepsch von Schloss
Berlepsch in Hessen, Stader aus Moskau, Henrici aus Frank--
furt a. O. und F. Schneider aus Wittstock.
Als Gäste die Herren: Mulert, Thiele, Grunack, Ge-
ricke, Faelliger und Wagenführ.
Vorsitzender: Herr v. Zittwitz. Protokollf.: Herr Fal-
kenstein.
Herr Golz begrüsst als zeitiger Vorsitzender der Gesellschaft
die Versammlung, insbesondere die auswärtigen Mitelieder und an-
wesenden Gäste. Auf seinen Antrag werden die Herren Oberst
v. Zittwitz zum Präsidenten und Hauptmann A. v. Homeyer
zum Vice-Präsidenten durch Acclamation erwählt. Herr v. Zitt-
witz übernimmt den Vorsitz und fordert den geschäftsführenden
Secretär auf, das entworfene Programm mitzutheilen. Letzteres
wird für die Versammlungs-Tage in folgender Fassung vorge-
schlagen und angenommen:
L, Tag. 8. October, früh 9 Uhr Versammlung im Aquarium und
Besichtigung desselben unter Brehm’s Leitung.
11 Uhr Frühstück im Restaurant „Schlossbrauerei“.
121), Uhr Sitzung und Vorträge im Bureau des Aquariums.
5 Uhr Mittagsessen. Abends gemeinschaftlicher Besuch des
Vietoria-Theaters.
ll. Tag. 9. October, früh 10 Uhr Versammlung im zoologi-
schen Garten und Besichtigung desselben unter Führung des Di-
rektors Bodinus.
4*
52 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
31), Uhr Festessen daselbst.
Abends Sitzung im Sitzungs-Local.
II. Tag. 10. October, früh 9 Uhr Versammlung im zoologi-
schen Museum. Besichtigung desselben und Erläuterung specieller
Fragen vor den Schränken. Darauf Sitzung mit Vorträgen eben-
daselbst und zum Schluss der Jahresversammlung gemeinsames
Frühstück.
Darauf werden Vorträge angemeldet und der Geschäftsführer
bringt Zuschriften auswärtiger Mitglieder, welche verhindert sind,
an der General-Versammlung Theil zu nehmen, zur Kenntniss der
Gesellschaft, nämlich von den Herren: v. Heuglin, Alex. Nau-
mann, Joh. v. Fischer, Fiedler, Nehrkorn, v. Tschusi
E. v. Homeyer und Reichenow, welcher Letztere seine un
seiner beiden Gefährten glückliche Ankunft in Afrika, sowie den
demnächstigen Aufbruch nach dem Innern meldet und die bis-
herigen Erlebnisse kurz schildert.
Der grösste Theil des Abends wurde mit Erzählungen und
wechselseitigen Mittheilungen von Beobachtungen verbracht.
A. v. Homeyer giebt einzelne Notizen über das Vorkommen
von Muscicapa parva in den Buchenbeständen Schlesiens und ver-
spricht Genaueres darüber mitzutheilen.
Herr Radde gedenkt in lebhafter Erzählung seiner Reisen,
Forschungen und Jagden in den weiten Steppen der Mongolei,
diesem Paradiese der Zugvögel. Er schildert sein erstes Begegnen
der herrlich weiss und blau gefärbten Calliope cyane Pall., die im
europäischen Russland nicht auftritt, sondern erst bedeutend weiter
nach Osten bei Irkutsk am Jenisei gefunden wird. Dort an den
kleinen Tümpeln, die inselartig mit den Kaupen hoher Wiesen-
gräser besetzt sind, lebt sie versteckt am Boden und bringt durch
ihren angenehmen Gesang, der auch in den hellen stillen Mitter-
nachtsstunden ertönt, Leben und Klang in die öde Weite.
Pyrrhula caucasica konnte er selbst nie erlegen, sondern er-
hielt solche stets aus der Gegend von Wladiscaskawsk, wo sie in
der Nähe der Poststrassen vorkommen und sich häufig auf den
Getreidemandeln aufhalten. Dann spricht er über die Brutplätze
von Syrrhaptes paradoxus im Anschluss an jene Beobachtungen, die
er über diesen Gegenstand in seinem Werke: „Reisen im Süden
von Ost-Sibirien“ niedergelegt habe.
Hieran anknüpfend schildert A. v. Homeyer den Reichthum
an Vögeln während der Zugzeit auf Mallorca.
n
Protokoll der XLVII. Monats-Sitzung. 53
Herr Radde gedenkt dann eingehender der Vögel der Um-
gegend seines Wohnorts Tiflis, z. B. des dort nicht seltenen G@y-
paetos barbatus, von dem er seit mehreren Jahren ein Exemplar in
Gefangenschaft halte, dessen Verträglichkeit gegen seine Mit-
gefangenen rühmend hervorzuheben sei. Die Identität desselben
mit den Lämmergeiern Central-Europa’s habe bereits Brandt nach-
gewiesen; er könne die Beobachtungen, die Scheitlin, Schinz,
Brehm, A. v. Homeyer und Andere über diesen Gegenstand ge-
macht hätten, nur bestätigen.
Von den beiden europäischen Geierarten tritt nach den Noti-
zen des Herrn Radde Gyps fulvus in der Nähe von Tiflis viel
häufiger auf, als Vultur cinereus; gerade also das umgekehrte Ver-
hältniss als in der Umgegend Madrids nach den Beobachtungen
R. Brehm’s. In den dichtesten Hochwäldern der Gebirge erscheint
neben Agurla fulva auch imperialis verhältnissmässig nicht gerade
selten, doch nimmt letztgenannter in seinem Alter nie jene un-
gleichmässige, dunkelbraune Farbe an, die man gewöhnlich dem-
selben als Alterskleid zuschreibt. Herr Radde hielt mehrere Jahre
ein Exemplar in der Gefangenschaft, welches sich nicht im min-
desten änderte und vollständig denjenigen glich, welche wir aus
Indien und der Mongolei erhalten. Francolinus vulgaris komme
bei Tiflis nieht vor und sei wohl überhaupt jetzt von der Liste der
europäischen Vögel zu streichen. — Sodann wird des zweimaligen
Vorkommens von Falcinellus igneus, jenes Bewohners Süd-Europa’s,
in Nord-Deutschland Erwähnung gethan. Herr Dohrn nennt ein
bei Swinemünde in diesem Jahr erlegtes Exemplar, Herr A. v. Ho-
meyer ein bei Elbing geschossenes.
Herr Cabanis legt einige soeben eingegangene Schriften vor
und bespricht dieselben in empfehlender Weise. Darunter Gie-
bel’s Thesaurus Ornithologiae, 2. Halbband; v. Heuglin, Or-
nithologie Nordost-Afrika’s, II. Bd. 4. Lieferung; Victor v.
Tschusi’s Broschüre: Sehützet und heget die Vögel! — Im
Hinblicke auf die sich stark mehrende Literatur über den Vogel-
schutz, geht Herr Cabanis auf die Frage des Vogelschutzes im
Allgemeinen über und verweist auf seine in einer frühern Sitzung
gemachten Bemerkungen (Journ. 1871, S. 235), welche der Ein-
seitigkeit in Behandlung der Frage zu steuern beabsichtigt hät-
ten. Eine allseitige rationelle Beleuchtung der wichtigen Frage
sei gerade für die ornithologische Gesellschaft geboten und den
Mitgliedern dringend zu empfehlen.
54 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Nach lebhafter Diskussion, an welcher sich u. A. besonders die
Herren A. v. Homeyer, Brehm und Golz betheiligen, wird der
Beschluss gefasst, in Anerkennung des bisher geleisteten Guten
und gegenüber dem gehaltlosen gefühlsüberströmenden Gerede der
Laien und der auf den Geschmack des Publikums berechneten
Schreiberei der Halbwisser ein nach allen Seiten hin wissenschaft-
lich beleuchtetes Werk in diesem Sinne von Gesellschaftswegen
erscheinen zu lassen. Zu diesem Zweck möge jedes der sich ‘hierzu
berufen fühlenden Mitglieder seine Ansichten und Beobachtungen
dem Secretair schriftlich einreichen und solle Herr Brehm dann
die Redaction des Ganzen übernehmen. Indessen wird, zur An-
sammlung des Materials, jede, auch die kleinste diesen Gegenstand
berührende Notiz mit Dank entgegen genommen und sofort im
Journale als Vorläufer abgedruckt werden.
Nach kurzem Hinweis auf die in Aussicht genommene Be-
schäftigung der folgenden Tage schliesst der Präsident die Vor-
versammlung.
Fünfte Jahresversammlung.
I. Tag. Dienstag, den 8. October, Morgens 9 Uhr.
Mit lobenswerther Pünktlichkeit versammeln sich die fremden
und einheimischen Mitglieder nebst Gästen im Bureau des Aqua-
riums, bewundern die hier ausgestellten ausgewählten Sänger, er-
freuen sich an der in einem grossen Gebauer vereinigten ebenso
zahlreichen als verschiedenartigen Meisengruppe, bedauern einen
entschlafenen Mauerläufer und erwerben die eine oder andere Spott-
drossel, das neue Eigenthum rasch mit dem Besitzernamen stem-
pelnd und neidisch oder triumphirend auf den hin und wieder er-
tönenden Gesang lauschend. Nachdem sich Mann für Mann ein-
gefunden, führen Brehm und der Futtermeister Seidel mit Mehl-
würmerkisten, Mäusen und todten Vögeln schwer beladen, den an-
sehnlichen Zug in ihr Heiligthum mit siegesgewissen Mienen ein
und befehlen das erste Halt bei dem neu angekommenen Choloepus
didactylus aus Südamerika, dem Faulthier par excellence, wie Alle
sich zu überzeugen Gelegenheit hatten. Dem hineingestiegenen
Wärter gelang es jedoch, nachdem es dem Stroh entwickelt war,
ihm einige dehnende, reckende Bewegungen abzulocken und es
einige Sprossen der hingestellten Leiter emporklimmen zu lassen,
von wo es den Kopf mit recht munter gewordenen Augen ver-
langend nach hinten zurück bog und die iu das Maui gesteckten
Protokoll) der V. Jahresversammlung. 55
Birnen mit sichtlichem Wohlbehagen in den Allerhalter „Magen“
hinabwürgte.
Die zweite Station wurde bei den Riesenfischern gemacht, die
mit der erhaltenen Maus oder dem Vogel quer im Schnabel auf
einen nahen Ast flogen und ein schallendes Loblied in die Luft
schmetterten. Spasshaft war es, wie sie sich durchaus nicht daran
gewöhnen konnten, dass der gereichte Vogel schon todt war, son-
dern ihm durch Anschlagen an Stein und Wand den allerletzten
Lebensfunken noch auszublasen sich bemühten.
Nun ging es zu den grossen Mittelfluggebauern, in welche
Brehm mit einem grossen Napf Mehlwürmer in der Hand hin-
einstieg und sofort von allen Seiten umflogen wurde, da sich gross
und klein ungescheut dieselben heraushoiten, ja mehrfach, beson-
ders eine Blaurake, so dreist waren, dass sie sich mit der Hand
fangen und weit in den Raum hineinschleudern liessen, um sofort
wieder da zu sein. Besonders machte Brehm auf die hier ge-
zogenen Jungen von Zamprocolius aufmerksam und auf die 7 früher
erwähnten Arten der Glanzdrosseln. Ebenso erregte der gewunden
struppige, säulenartige Nestbau von Textor alecto gerechtes Er-
‘staunen. Von anderen Seltenheiten sei noch der chinesische Spott-
vogel Zeucodiophron sinense, der orientalische Gimpel und Parus bo-
realss erwähnt. — Besondere Heiterkeit erweckte der prächtig
muntere Chimpanse, der, zuerst über das ilın so gelehrt verständniss-
innis anblickende Publikum erstaunt, sich doch ahnungslos von A.
v. Homeyer und Brehm nach den Schlangenkäfigen an beiden
Händen führen liess. Einmal beim Riesenschwalm emporgehoben
und durch das allerdings nicht Zutrauen erweckende aufgesperrte
Froschmaul erschreckt, entzog er zwar mit einem Laute des Un-
willens Herrn v. Homeyer die Rechte, gab sie ihm indess nach
‚kurzer Zeit, da es ihm doch bequemer schien, freiwillig wieder, bis
er oben durch eine in den Weg geworfene Blindschleiche tödtlich
betroffen, an allen Gliedern zitternd, mit Windeseile den Rückweg
antrat und durch die allgemeine Heiterkeit beleidigt von einer dun-
keln Ecke seines Käfigs verächtlich auf die ausgearteten Abkom-
men der „beiderseitigen Stammeltern“ herabsah. Dann wurden die
neuen Alpenmauerläufer, das brütende Spottdrosselpaar und die
Flötenvögel betrachtet und der Umzug durch den unteren Theil
des eigentlichen Aquariums gehalten, indem bei jedem einzelnen
Behälter gefüttert wurde. In der befriedigtsten und erfreulichsten
Stimmung begab man sich nun nach der Schlossbrauerei zum Früh-
a N U nu u) DEU U ee
56 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
stück, das trotz perlenden und schäumenden Weins, trotz aller
Leckerbissen, trotz Lust und Witz, sprudelnder Reden und Gegen-
reden die Gesellschaft nur bis '/;,1 Uhr zu halten vermochte, weil
man begierig war, sich zur Abhaltung der Vorträge in das Bureau
des Aquariums zu begeben. Grosse Anerkennung erweckte ein
mit Meisterhand ausgeführtes Tableau einer Colibrigruppe auf einem
Blumenstrausse, welche Herr v. Gizycki gemalt und zur Beur-
theilung ausgestellt hatte. Herrn v. Gizyceki ist es gelungen,
durch ein eigenthümliches Verfahren den Metallschimmer der Far-
ben mit grosser Naturwahrheit wieder zu geben. Hierauf folgte ein
Vortrag des Herrn Al. v. Homeyer „über einige Vögel Schle-
siens“ und über „einige Vögel des Salzbrunner Hochwaldes“.
(Wird besonders abgedruckt.)
Herr Holtz hält einen Vortrag über „Brutvögel Süd-Russ-
lands“ und legt die bezüglichen Vogelbälge und Gelege von Eiern
vor. (Wird besonders abgedruckt.)
Hierauf hält Herr Brehm, unter Vorlegung einer Sendung
spanischer Raubvögel seines Bruders Reinh. Brehm, den fol-
genden Vortrag, welcher in der stenographischen Fassung wieder-
gegeben ist: „Meine Herren, ich habe zunächst bezüglich der An-
schauungen des Herrn Holtz über die Zwergadler einige Be-
merkungen zu machen. Wir haben, wie Sie wissen, erst gestern
das letzte Heft des Journals für Ornithologie bekommen, und ich
habe dasselbe heute nur durchfliegen können. Es ist mir also nicht
möglich gewesen, das Material so einzusehen, als ich wohl hätte
wünschen mögen. Indessen glaube ich doch schon jetzt einige
thatsächliche Beriehtigungen zu von Herrn Holtz bestimmt aus-
gesprochenen Anschauungen oder wenigstens Meinungen geben zu
können. Ich muss zu dem Ende einigermassen weit ausholen und
auf die Geschichte von Agwla minuta zurückkommen. A. minuta
meines Vaters ist in den Beiträgen zur Vogelkunde im ersten Bande
welcher 1820 erschien, auf Seite 68 ff. beschrieben worden, und
zwar begründet sich die dort sogenannte Art allerdings auf ein
altes Männchen. Unrichtig jedoch ist es, wenn Herr Holtz glaubt,
dass die gewöhnlich beschriebene Form des gestiefelten Adlers
nichts anderes wäre, als das Weibchen des Zwergadlers. Letzteren
kenne ich von Afrika her ziemlich genau; dass ich mit ihm zu-
sammengekommen bin, mag Ihnen daraus hervorgehen, dass ich
an einem einzigen Nachmittag neun Stück dieses Adlers erlegt habe.
Ich habe den Vogel beobachtet von Mittel-Egypten an bis in die
Protokoll der V. Jahresversammlung. 57
Urwaldungen des Ost-Sudan hinauf und meine Beobachtungen
unter anderen auch im Illustrirten Thierleben Band II. S. 456 fi.
niedergelegt, Beobachtungen, welche sich, wie es meine Art ist,
wesentlich auf das Leben der Vögel beziehen. Da es nun für mich
von besonderer Wichtigkeit war, meinem Vater zu Gefallen, immer
Paare zu erlegen, so habe ich mir gerade die grösste Mühe in
dieser Hinsicht gegeben und deswegen auch mehrere gepaarte
Paare erhalten. Auch habe ich im Innern Afrika’s auf dem Zuge
bemerken können, dass dieser Vogel paarweise zusammengeht und
während des ganzen Winterlebens zusammenhält. Da ist nun hier
durch Erlegung gepaarter Paare der positive Beweis geliefert wor-
den, dass beide Geschlechter kaum zu unterscheiden sind, und
zwar im alten Kleide sowohl als im Jugendkleide. Ich habe von
meinem Brnder Aguila pennata erhalten, ohne Angabe des Ge-
schlechtes, nehme aber keinen Anstand, mit der bestimmtesten
Sicherheit zu behaupten, dass dieses hier das Männchen ist und
dieses hier das Weibchen. Das Männchen pflegt in der Regel
schärfere und breitere Schaftstriche zu haben, als das Weibchen;
jedoch ist dies ein Unterschied, welchen ich keineswegs als unfehl-
bar hingestellt haben will. Jedenfalls dürfen Sie sich darauf ver-
lassen, dass die Regel ist, zwei derartige Vögel, wie ich sie hier
vorzeige, vereinigt zu in Paare also, nn mit einander wan-
dern und mit einander brüten.
„Was nun den jungen Vogel anbelangt, so habe ich zu mei-
nem Bedauern in der letzterhaltenen Sendung keinen derartigen
gefunden. Der junge Vogel unterscheidet sich von dem alten be-
sonders dadurch, dass die Schaftstriche noch nicht so scharf aus-
geprägt, sondern mehr verschwommen sind, auch auf dem untern
Theile des Flügels ein bräunlich röthlicher Ton zum Vorschein
kommt. Ich darf mit Bestimmtheit behaupten, dass dies richtig
ist, was ich Ihnen sage, weil es nicht auf einfache, sondern auf
vielfache Beobachtungen beruht, welche von mir in Afrika und
gleichlautend von meinem Bruder in Spanien angestellt worden sind.
„Was nun den negativen Beweis anbelangt, so findet sich der-
selbe im Journal für Ornithologie, Band III. Seite 202, in einem
Aufsatz meines Vaters: „Die Mauser der jungen Raubvögel und
der Uebergang ihres Jugendkleides in das ausgefärbte.“ Wenn
ich nun Herrn Holtz bier widersprechen muss, dass A. minuta das
Männchen von A. pennata sei, so glaube ich ihm doch nach meinen
jetzigen Erfahrungen insofern beistimmen zu dürfen, dass A. mi-
58 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
nuta und pennata Spielarten einer und derselben Art, aber nicht
zwei verschiedene Arten sind. Ich lege also besonderes Gewicht
darauf, dass nicht die Geschlechter sich unterscheiden, sondern
dass in beiden Geschlechtern von der einen wie von der andern
Art Spielarten vorkommen, und dass sich die Thiere mit einander
paaren, es also auch sehr möglich erscheint, dass ein lichter Vogel
sich mit einem dunklen Weibchen, und umgekehrt paart u. s. w.
„Nun noch einige Bemerkungen zur Lebensgeschichte. Herr
Holtz sagt, dass der Flug des Zwergadlers ihn erinnert habe an
den des Flussadlers. Darin kann ich ihm nun auch durchaus
nicht beistimmen. Alle die Herren, welche letzteren in Freiheit
gesehen haben, werden mir in sofern Recht geben müssen, dass
Pandion sich von sämmtlichen mir bekannten Adlern sofort durch
das ganz eigenthümliche Bild unterscheidet, welches er im Fluge
darstellt. Die eigenthümlich spitzen Flügel und der kurze Schwanz
treten besonders hervor. Das verkleinerte Bild der grossen Adler,
insbesondere des Steinadlers verkörpert sich wieder in der A. pen-
nata, wenn sie fliegt. Verwechseln kann man auf den ersten Augen-
blick die pennata und zwar in der Ferne mit dem schwarzbraunen
Milan, jedoch dauert das nie länger als ein paar Sekunden; dann
tritt das Bild des Adlers so klar und vollständig vor das Auge,
dass an ein Verkennen gar nicht mehr gedacht werden kann. Von
dem grösseren Verwandten, dem er sonst durchaus ähnelt, unter-
scheidet sich dieser Vogel meines Dafürhaltens nur durch zwei
Eigenthümlichkeiten: erstens durch die grössere Gewandtheit, die
sich bei jeder Bewegung ausspricht, und zweitens durch die ge-
ringere Vorsicht. Ich habe in meinem „Thierleben“ in Kürze diese
Gewandtheit geschildert, und erinnere diejenigen Herren, welche in
der kürzlich abgehaltenen ausserordentlichen Sitzung zugegen
waren, die wir gelegentlich der Anwesenheit meines Bruders hier
hielten, an die Beschreibung, welche dieser nach vielfachen Beob-
achtungen von dem Horst des Zwergadlers gegeben hat, bemerke
auch gleich, dass ich meinen Bruder nach diesem Artikel des Herrn
Holtz auffordern werde, seine Beobachtungen des Weiteren und
Breiteren niederzulegen. Mein Bruder bemerkt noch Folgendes:
der Horst steht regelmässig auf einem Queraste weit ab vom Stamm,
ist keineswegs immer ein alter, vorgefurdener, sondern sehr häu-
fig auch ein frisch erbauter. Derselbe ist regelmässig geschickt
mit grünen Laubzweigen umgeben, wie dies bei verschiedenen Raub-
vögeln beobachtet worden ist. Das Weibchen, welches brütet, wird
' Protokoll der V. Jahresversammlung. 59
vom Männchen gefüttert, und zwar erscheint dasselbe hoch in der
Luft, ruft durch einen sehr zärtlichen Laut das Weibchen und schiesst
pfeilschnell von oben nach unten, so dass der Jäger kaum mit den
_ Augen, geschweige mit dem Gewehr folgen kann.
| „Betreffs der Nahrung habe ich noch einen Zusatz zu dem von
Herrn Holtz gegebenen zu machen. Nicht blos Mäuse und an-
dere kleine Säugethiere oder aber Vögel im weiteren Sinne bilden
die Nahrung, sondern in Spanien vorzugsweise Eidechsen, und das
halte ich immerhin für interessant genug, um in das Protokoll auf-
genommen zu werden. Dort ist es hauptsächlich die Zacerta ocel-
Jata, welche das gewöhnliche Jagdwild des Zwergadlers bildet. In
Aegypten, wo diese Eidechse nicht vorkommt, hält er sich dagegen
vorzugsweise an fliegendes Wild. Unter anderem habe ich Theile
von Turteltauben in seinem Kropfe gefunden, ein Beweis, dass die-
ser Vogel durch Gewandtheit und Schnelligkeit sich vor den mei-
sten Verwandten gleicher Grösse ausserordentlich auszeichnet: denn
zum Fangen einer Turteltaube, namentlich zu der kleinen Turtel-
taube Aegyptens, gehört ein sehr gewandter Raubvogel. Ueber das
Brutgeschäft hat übrigens Wodzyeki und auch Lazar nach mir
gemachten brieflichen Mittheilungen äusserst interessante Beobach-
tungen gemacht.“
Herr Holtz: „Ich wollte bloss noch einige Bemerkungen
machen. Ich habe vom Fluge der Ag. pennata nur blos ge-
sprochen am Horst, denn nur am Horst, wenn die Eier ausgenom-
men wurden, habe ich ihn beobachtet. Dann ist der Flug gerade
dem des Pandion ähnlich. Ferner muss ich wegen des Baues
auf Nebenzweigen bemerken, dass der Horst hier in Russland ge-
rade in der Gabelstellung seinen Schwerpunkt findet. Dann aber
muss ich behaupten: man kann, meines Erachtens, nur danı von
gepaarten Paaren sprechen, wenn man sie beim Horst erlegt, sonst
nicht.“
Herr Brehm: „Ich glaube nicht, dass letztere Bemerkung
richtig‘ ist. Ein gepaartes Paar ist offenbar dasjenige, welches sich
treu zusammenhält und gemeinschaftlich wandert. Dass ein Paar
Zwergadler, welches in den weiten Urwäldern des inneren Afrika’s
tagelang zusammen beobachtet wird, ein gepaartes Paar sein muss,
wenn man beim Erlegen findet, dass es Männchen und Weibehen
sei, unterliegt für mich gar keinem Zweifel. Denn alle grossen
Raubvögel, ohne jegliche Ausnahme, sind nach ganz bestimmten
Beobachtungen gepaart für's ganze Leben, so lange nicht irgend
60 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
ein Unglück dazwischen kommt. Ein solches Unglück ist vielleicht |
auch einmal in sofern möglich, als der rechtmässige Gatte von
einem Eindringlinge in die Flucht geschlagen und dem Weibchen
abwendig gemacht wird; im Uebrigen aber gehen meine Beobach-
tungen ganz entschieden dahin, dass die grösseren Raubvögel, ins-
besondere die Adler, einmal gepaart, sich nicht wieder verlassen.
Hier schwebt vor meinem geistigen Auge die ägyptische Land-
schaft, in welcher ich diese Anzahl von neun Exemplaren an einem
Nachmittage schoss. Das war ganz offenbar eine Zuggesellschaft,
d. h. eine Gesellschaft von Paaren, welche mit einander den wei-
ten Weg nach Süden hin antraten, welche gemeinschaftlich reisten.
In dieser Zuggesellschaft aber konnten Sie eben so gut wie unter
anderen Verhältnissen die zusammengehörigen Paare unterschei-
den. Auf diesem Stamme sass Männchen und Weibchen, auf einem
andern, dreissig, fünfzig, hundert Schritte weiter, ein zweites Paar,
unmittelbar einer der Gatten neben dem andern. Erhob sich das
Weibchen, so folgte das Männchen und umgekehrt. Und wenn die
ganze Gesellschaft kreiste, die zwei blieben bei einander. Wenn
nun ein solcher Zug auf der Reise zusammenhält, mitten im Win-
ter zusammen getroffen wird, im Frühjahr paarweise zurückkehrt,
mit einem Worte, immer Männchen und Weibchen zusammen sich
kommene Zusammengehörigkeit stattfinden soll. Ich halte den
Ausdruck ein gepaartes Paar für vollkommen begründet, wenn ich
Fälle erlebt habe. Wenn Sie den Horst durchaus als massgebend
ansehen wollen, so kann ich Ihnen sagen, dass meines Bruders
j
finden, so sehe ich nicht ein, warum noch erst am Horste voll- |
|
unter solchen Umständen, wie es von mir geschehen, Karen
|
Beobachtungen mit den meinigen ganz übereinstimmend sind. Das-
selbe habe ich in Afrika, dasselbe hat mein Bruder in Spanien
beobachtet, und dieses Paar hier ist ganz sicher das gepaarte
Paar, da er die beiden am Horste erlegt hatte. Also damit würde
der Beweis geliefert sein, dass zwei gleichgefärbte oder sehr ähn-
lich gefärbte Vögel mit einander sich paaren, und dass Agua mi-
nuta nicht das Männchen vom A. pennata sei.
„Ich möchte mir noch erlauben, Ihre Aufmerksamkeit auf eine |
sehr hübsche Suite von Kaiseradlern, Aguila imperialis, zu lenken.
Mein Bruder glaubt, es wären die A. Adalberti; es ist aber ganz
entschieden der Kaiseradler.*) Das Hübsche bei der Geschichte ist
*) Unsere in diesem Journal, Jahrg. 1872, S. 397, ausgesprochene An-
sicht ist hierdurch bestätigt. Der Herausgeber.
3
|
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Protokoll der V. Jahresversammlung. 6l
blos die Suite: es fehlen hier wirklich nur zwei Mittelglieder, dann
haben Sie den Vogel in seinem ganzen Lebenslaufe vom ersten
Ausfluge bis zum Brutvogel.
„Sodann lege ich Ihnen einen spanischen Steinadler vor und
bei der Gelegenheit erlaube ich mir, Ihnen zu dem Steinadler, wel-
cher hier oben steht, eine Bemerkung zu machen. Ich bin näm-
lich der Meinung, dass Herr Holtz nicht den Steinadler vor sich
gehabt hat, sondern den Goldadler. Ich möchte ferner die Mei-
nung, also nur eine nicht auf bestimmte Beobachtungen gegrün-
dete Ansicht aussprechen, dass derjenige Vogel, welcher in unse-
ren Tiefebenen und also auch in Russland in grossen Waldungen
lebt und auf Bäumen horstet, immer der Goldadler, nicht aber der
Steinadler sei. Den Steinadler habe ich beobachtet, resp. erhalten
von Lappland ab bis zur Sierra Nevada, also durch ganz Europa,
immer und unter allen Umständen aber aus felsigen Gegenden,
seinem Namen entsprechend. Dagegen erhielt ich den Goldadler
häufiger als den Steinadler und zwar aus den Waldungen der Tief-
ebene. Dies bringt mich auf den Gedanken, welcher ja möglicher
Weise ganz falsch sein kann, dass der Goldadler die Art ist, wel-
che den Steinadler in der Tiefebene, namentlich in den grossen
Waldungen vertritt. Auf den Unterschied beider brauche ich ja
selbstverständlich nicht einzugehen, derselbe ist so in die Augen
fallend und so klar, dass, wer ihn einmal gesehen, niemals mehr
daran zweifeln kann. Während der Steinadler unter allen Um-
ständen kürzere Flügel hat als der Schwanz lang ist, sind sie beim
Goldadler mindestens eben so lang, resp. noch länger.“
Nach den Vorträgen fand man sich nach einem Spaziergange
im Thiergarten wieder zum Diner zusammen und der Besuch einer
Vorstellung im Vietoriatheater machte den „officiellen“ Beschluss
des ersten Tages. Ein Theil der Gesellschaft nahm jedoch auch
noch die letzten Stunden des Abends zu einer traulichen Vereini-
gung im Restaurant der „Schlossbrauerei“ wahr.
I. Tag. Mittwoch, den 9. October 1872, früh 10 Uhr.
Vom Himmel begünstigt traten die Mitglieder einzeln oder in
Gruppen ihre Reise um 9 Uhr von Berlin nach dem zoologischen
Garten an, wo ıman eine Stunde später den Rundgang unter Füh-
rung des Directors Dr. Bodinus antrat. Es würde zu viel Platz
nehmen, alle neue Schöpfungen zum Theil grossartiger Natur, so-
wohl was die eigentlichen Baulichkeiten, als was die Terrainver-
hältnisse, das Aufschütten von Hügeln, das Ausgraben von Teichen
62 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
betrifft, eingehend zu schildern, so erwähnen wir nur, dass neben
dem fertigen fast schon bei dem vielen Neuen veralteten Antilopen-
hause, neben dem in ungeheuren Dimensionen erstandenen Flug-
hause, das im Entstehen begriffene Haus für Hunderacen die all- 3
gemeinste Aufmerksamkeit und Billigung wach riefen.
Was den reichhaltigen in Bezug auf Seltenheit der Arten viel- \
leicht einzig dastehenden Inhalt anlangt, so können auch bier nur
wenige Notizen Platz finden.
Zuerst fesselte der Haubenadler Spizaötos cirrhatus aus Java,
der seit dem vorigen Jahr sich prächtig herausgemustert hatte, so-
dann ein Ohrengeier aus Abyssinien. Beim Vorübergehen wurde
des Seeadlers albieila als ganz besonders zänkisch gedacht. Be-
züglich der Nahrung hob Herr Bodinus hervor, dass alle grossen
geierartigen Vögel nicht nur mit festem Fleisch gefüttert werden
dürften, sondern auch mit intestinis; ebenso müssten die Eulen be-
sonders viel Haare und Federn mit bekommen.
Bei Falco islandieus war man vor Kurzem zu der traurigen '
Ueberzeugung gekommen, dass das Männchen vom Weibchen ver-
speist worden sei. Besonderes Interesse erresten der Astur albus |
s. Novae-Hollandiae; ein geschöpfter Cariama, Dicholophus eristatus |
und Phasianus (Thaumalea) Amherstiae.e So kam man in die Nähe
des seit der vorigen Jahresversammlung berühmten Talegalla-Paars
und mancher Oologe spähte schon sehnsüchtig nach dem noch nicht
sichtbaren Haufen aus, als Kehrt befohlen wurde, um dem harren-
den Photographen und der Mode den nothwendigen und meist gern
gebrachten Tribut allgemeiner Versammlungen nicht vorzuenthal-
ten. Nach mehrmaligen Versuchen erklärte sich der Herr der Si-
tuation endlich mit dem Resultat zufrieden, die Photographie der
Gruppe war gelungen und von Neuem wurde der Garten durch-
messen, um das Werk des Tallegalla-Hahns zu prüfen. Die Arbei-
ter standen des Winks gewärtig bereit, die vorgenommene Mes-
sung ergab die gleichen Dimensionen, wie die des Vorjahrs, mit
immer gespannteren Mienen folgten die rund herum postirten Mit-
glieder dem Vordringen der Spaten und Hacken, bis endlich auch
die Mitte und somit der ganze Haufen durchsucht war und alle
mit einem parturiunt montes... sich enttäuscht dem materiellen
Genuss zuwenden durften. Hier wenigstens konnte man sicher
sein, die Schüsseln und Flaschen voll zu finden, und wenn auch
keine Eierschalen für die Sammlung, so doch die heiterste Erinne-
rung eines herrlich verlebten Tages mit heim zu nehmen. So ge-
ee EREFDN DE
Mein rm een, m 0
Protokoll der V. Jahresversammlung. 63
schah es auch, weder die Küche, noch die Stimmung, die durch
zahlreiche launige Toaste noch gehoben wurde, liess bis zum Ende
irgend etwas zu wünschen übrig. Man begab sich um 7 Uhr Abends
nach Berlin in das übliche Sitzungs-Local zurück, woselbst ein
Vortrag des Herrn Radde über seine Reisen in Nord-Asien und
dessen schwungvolle Sehilderungen des Kaukasus die Anwesenden
bis zur späten Stunde fesselten. Leider hat sich nachträglich ge-
zeigt, dass die Feder des Stenographen der fortreissenden Rede-
gabe des Vortragenden nicht Stand zu halten vermochte. Nur
die schätzenswerthen Mittheilungen über Oreotetrax s. Megaloperdix
caspia konnten, durch freundliche Beihülfe, im Drucke wiedergegeben
_ werden, wie weiter vorn geschehen ist.
II. Tag. Donnerstag, den 10.October, Morgens 9 Uhr.
Dieser Tag vereinigt die Gesellschaft nach 9 Uhr im zoologi-
schen Museum. Bei Durchsicht der ornithologischen Sammlung
werden verschiedene Fragen vor den Schränken erledigt und die
von Theilnehmern mitgebrachten Gegenstände bestimmt. Hierauf
folgen die Vorträge.
Im Anschlusse an den gestrigen Vortrag des Herrn Radde
zeigt Herr Cabanis zunächst den Oreotetrax (Megaloperdix) caspia
vor. Vogelund Ei dieser beliebten Seltenheit verdankt das Ber-
liner Museum einem Polen, welcher im Kaukasus Musse zu eifri-
gem Sammeln fand. Der stattliche Vogel hat das Schicksal ge-
habt,. mehrere regelwidrig gebildete Gattungsnaimen ( Tetraogallus,
Megaloperdix, Chourtka,) zu erhalten. Herr Cabanis hat an Stelle
derselben in Ersch u. Gruber’s Eneyclop. III. Seet. Vol. XXIL., p.
144, (1848,) den Namen Oreotetrax vorgeschlagen, und die Gattung
im Verein mit einigen anderen asiatischen als eigene Gruppe Oreo-
tetraginae, Gebirgshühner, zusammengefasst, als Annäherung
am die eigentlichen Perdiemae. Als viel grössere Seltenheit legt
Herr Cabanis sodann mehrere Eier, von 2 Gelegen, des Podoces
“Panderi vor. Den Vogel besitzt das Berliner Museum schon lange
Jahre durch Eversmann. Die Eier sammelte Herr Fedtschenko auf
seiner Reise in Turkestau, Der Vogel wurde in der Steppe auf
niedrigen Bäumen nistend gefunden, die Nester standen etwa
mannshoch von der Erde. Das Geschrei des Podoces ist auffallend
laut und Garrulaw-artig. |
Die Eier von Oreotetrax caspia (caucasica Pall.) und Podoces
Panderi werden im Journal abgebildet werden. (Tab. III. Fig. 36
u. Fig. 37. 38.)
4 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
re
Hierauf berichtet Herr Cabanis über die ornithologischen
Entdeckungen des Herrn Constantin Jelski, auswärtigem Mit-
gliede der Gesellschaft, und legt eine Auswahl interessanter, von
Herrn Jelski im westlichen Peru gesammelter Vögel vor. Die
neuen Arten werden charakterisirt wie folgt:
Hylophilus flaviventris n. sp. — In der Färbung dem
H. thoracicus von allen Arten am nächsten stehend, mit längeren
Flügeln und kürzerem Schwanze. Oberseite grün. Kehle grau-
weisslich. Unterseite von der Brust ab grünlichgelb. Haube und
Nacken sind braungrau. Das Grün des Rückens hat einen roth-
bräunlichen Anflug. Zügel grau. Augenring weisslich. Bauch-
mitte und untere Flügeldecken gelb, untere Schwanzdecken lebhaf-
ter gelb. Innenrand der Schwingen weisslich. Schnabel hellbraun,
Unterkiefer heller. Füsse dunkelgrau. Ganze Länge etwa 43],'';
Schnabel v. d. Stirn: 15 Mm., vom Mundw. 13 Mm.; Flügel: 65
Mm.; Schwanz: 48 Mm.; Lauf: 16 Mm. — Hab. Monterico.
Dacnis modesta n. sp. — Oberseite ziemlich hell oliven-
grün, am lebhaftesten in der Bürzelgegend, am Kopfe hingegen
matt graulich-meergrün angeflogen. Kinn und Kehle weissgrau.
Bauchmitte weisslich fahlgelb. Brust und Seiten des Bauchs grün-
lich. Oberschnabel schwärzlich, Unterschnabel und Füsse hornfar-
ben. Ganze Länge etwa 4°/,'; Schnabel v. d. Stirn: il Mm.;
Flügel: 58 Mm.; Schwanz (v. d. Bürzeldrüse ab): 43 Mm.; Lauf:
14 Mm. — Hab. Monterico. Bisher nur das eine 2 bekannt. Das
Gefieder ist ohne seidenartigen Glanz, die Art gehört daher zu den
abweichenden Formen, wie D. plumbea, mit welcher Art unser
Vogel auch nach dem geraderen Schnabel und sonstiger Bildung
eine annähernde Uebereinstimmung zeigt. —
Conirostrum cinerewm Orb. Lafr. — Ein bei Lima ge-
sammeltes und als & bezeichnetes Exemplar stimmt mit d’Orbigny’s
Abbildung und Beschreibung, nur ist die Haube nicht schwarz,
sondern grau, wie die übrige Oberseite, und der weisse Supereiliar-
streif erstreckt sich nicht bis zum Nacken, sondern nur bis etwas
hinter’s Auge. Es ist anzunehmen, dass d’Orbigny ein älteres, aus-
gefärbtes Männchen dargestellt hat.*) Keineswegs aber ist, wie
von Cassin geschehen, diese Art mit ©. Fraseri Selat. zu identifici-
ren. Wer Gelegenheit hat, beide Arten zu vergleichen, muss die-
*) Inzwischen erhielt das Berliner Museum ein Exemplar mit schwärz-
lichem Scheitel, welches gänzlich mit d’Orbigny’s Abbildung stimmt
und die vorstehende Annahme vollständig bestätigt.
Protokoll der V. Jahresversammlung. 65
selben als specifisch verschieden erkennen. C. Fraseri ist auch
etwas grösser. —
Hypocnemis subflava n. sp. — Entschiedene Abart der
H. Cantator (Bodd.). Im Uebrigen fast gleich, aber dadurch ver-
schieden, dass die Grundfarbe der Unterseite nebst Wangen nicht
weiss, sondern gelb ist. Das Rostroth der Bauchseiten, welches
Cantator lebhaft ziert, ist bei sudflava nur an den Weichen und
dem After und nur schwach, mehr rostgelblich vertreten. Auf der
Oberseite, an den Flügeln, dem Bürzel und dem Schwanze fehlt
der roströtnliche Anflug gänzlich. Während die weisse Zeich-
nung der Kopfstreifen und der Spitzen der Flügeldecken bei bei-
den Arten gleich ist, ist der verdeckte Rückenfleck bei subflava
nicht rein weiss, sondern in’s Gelbliche ziehend. — Monterico.
I
Thamnistes rufescens n. sp. — Schnabel schwächer als
bei Th. anabatinus, die übrigen Körperverhältnisse ähnlich wie bei
dieser Art. Oberseite bräunlich olivenfarben, auf dem Kopfe in’s
Olivengraue ziehend. Die Federn der Haube und des Rückens mit
lichten Schäften. Ein breiter Superciliarstreif, die Wangen und
die Unterseite sind röthlich rostgelb, am lebhaftesten an der Kehle
und den unteren Flügeldecken, am Bauche dagegen schwach oli-
venfarben angeflogen. Flügeldecken, äusserer und innerer Rand
der Schwingen und der ganze Schwanz rostroth. Oberkiefer
schwärzlich, Unterkiefer hell hornfarben, Füsse graubraun. Das
Männchen unterscheidet sich vom Weibchen, indem es den Fa-
milieneharakter der Zriodoridae, die versteckte absonderliche Rücken-
färbung trägt. Die Federn des Rückens sind zum grössten Theile
lebhaft hell rostroth gefärbt, welche Färbung jedoch meistens durch
das olivenfarbene Enddrittel der Federn verdeckt wird. Ganze
Länge etwa 6°; Schnabel v. d. Stirn: 18 Mm., vom Mundwinkel:
22 Mm.; Flügel: 70 Mm.; Schwanz: 65 Mm.; Lauf: 19 Mm. —
Hab. Monterico. &. 2. —
Lochmias obscurata n. sp. — Abart der bis jetzt einzigen
Species, Z. nematura aus Brasilien. Kaum grösser, in der Fär-
bung überall dunkler, die weissen Flecke der Unterseite kleiner
und weniger verbreitet, da sie von unterhalb der Brust an den
Bauchseiten gänzlich fehlen und nur längs der Bauchmitte durch
einige Reihen weisser, schmaler Schaftstreifen vertreten sind. Die
Flügel sind schwärzlich. Die Schwanzdecken rein schwarz. Die
Grundfarbe der Kehle zeigt gleichfalls eine schwärzliche Bei-
Cab, Journ. f. Omith. XXI. Jahrg. No. 121. Januar 1873. 5
66 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
mischung, welche sich längs der Bauchmitte nach dem After hin
fortsetzt und so die Mittellinie des Bauchs sowie den After schwärz-
lich erscheinen lässt, während diese Theile bei Z. nematura ge-
rade überwiegend weiss gefärbt sind. Oberschnabel und Füsse
schwarz. Hab. Monterico. 2 et juv. —
Philydor subflavescens n. sp. — Oberseite olivengrün.
Die Federn des Kopfes und Nackens mit feinen hellen Schaft-
strichen. Nur der Schwanz, nicht dessen Decken, rostroth. Der
Superciliarstreif und die ganze Unterseite sind matt hellgelb. Das
Gelb ist an der Kehle am reinsten, sonst aber mit Olivengrau un-
termischt, besonders an den Weichen und dem After vorherrschend
schmutzig olivengrau. Das Gelb der unteren Flügeldecken und der
Innenränder der Schwingen zieht in's Rostgelbe. Beim jungen
Vogel sind der Superciliarstreif und die Untermischung der Ohr-
gegend nicht hellgelb, sondern rostgelb. Der verhältnissmässig
kurze Schnabel ist hellbraun, Mitte des Unterkiefers gelb. Ganze
Länge etwa 6°/4°; Schnabel v. d. Stirn: 16 Mm., vom Mundw.: 22
Mm.; Flügel: 98 Mm.; Schwanz: 85 Mm.; Lauf 20 Mm. — Hab.
Monterico. — Die Art ist charakterisirt durch den Mangel der
rostfarbenen Beimischung des kleinen Gefieders, welche bei
allen anderen Arten mehr oder weniger auftritt.
Ipoborus (Automolus) stictoptilus n. sp. — Hat in
Bezug auf Färbung und Schaftstrichelung ein .Dendrocolaptes-
artiges Aussehen. Etwas grösser als montanus Tschudi und gleicht
diesem in der Grundfarbe der Ober- und Unterseite sowie in dem
rostrothen Schwanze, hat aber einen viel längeren, seitlich mehr
zusammengedrückten Schnabel und die unteren Flügeldecken
sowie die inneren Ränder der Schwingen sind lebhaft hell
roströthlich. Haube und Kopfseiten schwärzlich, jede Feder
mit hellem Schaftstriche. Die Rückenfedern sind gleichfalls sämmt-
lich mit hellen Schaftstrichen und dunkelbraunen Rändern ver-
sehen. Die Aussenfahne der Schwingen sowie die Flügeldecken
sind röthlich olivenbraun angeflogen. Die oberen Schwanzdecken
ziehen in’s Braunrothe. Die Unterseite erscheint abwechselnd hell
gelblich braun und dunkel olivenbraun gestreift, welche Zeichnung
unterhalb der Brust zu verlöschen beginnt. Die Seiten des Bauchs
und der After sind daher einfarbig röthlich olivenbraun. Schnabel
und Füsse bräunlich. Ganze Länge etwa 7°; Schnabel von der
Stirn: 23 Mm., vom Mundwinkel: 26 Mm.; Flügel: 81 Mm.;
Schwanz: 68 Mm.; Lauf: 20 Mm. — Hab. Monterico. —
Protokoll der V. Jahresversammlung. 67
Sclerurus olivascens n. sp. — Dem brasilischen Sc. Um-
bretta in der Grösse nahe stehend, mit etwas längeren Elügeln (94
Mm.). In der Färbung verschieden durch den Mangel des braun-
rothen Bürzels, welcher mit der übrigen Oberseite gleichgefärbt ist.
Dem ganzen Gefieder fehlt der roströthliche Anflug, welcher durch
einen bräunlich olivenfarbenen ersetzt wird. Kehle weisslich un-
termischt. Hab. Monterico. 2. — Das Männchen noch unbekannt.
Die weissliche Kehle charakterisirt bei allen Arten das weibliche
Geschlecht. Beim brasilischen 8. Umbreita hat das Männchen eine
rostrothe Kehle. sc. ruficollis Sws., den Gray zu 8. mexicanus
zieht, ist das Männchen zu $. Umbretta. Dagegen ist der äusserst
ähnlich gefärbte mexicanus als das Männchen einer etwas kleineren
Abart zu betrachten. —
Euscarthmus rufigularis n. sp. — Erinnert an E. gu-
laris (ruficollis Licht.), ist aber ein stärkerer Vogel, mit grösserem,
breiterem Schnabel und durchweg weniger lebhaft gefärbt. Ober-
schnabel schwarz, Unterkiefer weissgelb, an den Seitenrändern
etwas bräunlich. Oberseite grün. Das Grau der Haube heller,
olivenfarben angeflogen. Kehle bräunlich rostgelb, mehr oder we-
niger, besonders seitlich, mit Grau untermischt, welche Farbe auch
an der Brust und den Seiten des weissen Bauches mehr oder we-
niger auftritt. Weichen und untere Schwanzdecken grünlich gelb.
Kein rostgelber Superciliarstreif, sondern nur um’s Auge herum
ebenso wie an der Kehle gefärbt. Die Flügeldecken sind ohne
helle Spitzenflecke, der Flügel erscheint daher einfach, ohne Bin-
den. Flügelrand und untere Flügeldecken hellgelb. Ganze Länge:
41,‘''; Schnabel v. d. Stirn: 14 Mm., vom Mundw.: 17 Mm.;
Flügel 51—53 Mm.; Schwanz: 45—55 Mm.; Lauf: 17 Mm. —
Hab. Monterico. 2. 2.
Phyllomyias cinereicapilla n. sp. — Der brasilischen
griseicapilla Sel. ähnlich, aber etwas kleiner und von derselben gut
unterschieden: Haube nicht braungrau, sondern dunkel aschgrau,
im frischen Gefieder etwas olivengrün angeflogen; nur die Zügel-
gegend weissgrau, der Superciliarstreif über und hinter dem Auge
fehlt. Oberseite weniger lebhaft grün, die helle Flügelzeichnung
matter, weisslicher. Unterkiefer röthlichgrau. Nur Kinn und Kehle
weisslich grau, die Brust dunkler angeflogen, in’s Olivengraue
ziehend. Bauchmitte und After nicht weiss, sondern hellgelb. Ganze
Länge etwa 41‘; Schnabel v. d. Stirn: 8 Mm., vom Mundw.: 12
5®
68 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Mm.; Flügel: 53 Mm.; Schwanz: 45 Mm.; Lauf: 15 Mm. — Hab.
Monterico. 9. —
Capsiempis orbitalis n. sp. — Oberseite grün; Unterseite
gelb, grünlich untermischt. Oberschnabel schwarz, Unterkiefer
weissgelb. Haube dunkel aschgrau, die Federn der Vorderstirn
nicht grau, sondern hell, weisslich gelbgrün untermischt, die Wan-
gen auf gelbgrüner Grundfarbe dunkel olivengrün untermischt. Um
das Auge ein milchweisser Federkranz und hinter demselben ein
kurzer, verloschener, weisslicher Streif. Die Spitzen der Flügel-
decken, welche weisslich gelbgrün gefärbt sind, bilden zwei mar-
kirte Flügelbinden. Die Aussenfahne der letzten, dem Rücken zu-
nächst befindlichen Schwinge ist gleich den Spitzen der Flügel-
decken gefärbt, ebenso das Enddrittel der Aussenfahne der vor-
letzten Schwinge. Füsse bleifarben. Ganze Länge über 4°; Schna-
bel v. d. Stirn: 11 Mm., vom Mundw.: 14 Mm.; Flügel: 55 Mm.;
Schwanz: 43 Mm.; Lauf: 15 Mm. — Hab. Monterico. &. —
Hadrostomus audaz n. sp. — Abart des brasilischen 4.
atricapillus (s. validus), etwas grösser als dieser und in der Fär-
bung gleichsam ein Mittelglied zwischen 4. homochrous von Ecua-
dor und atricapdlus darstellend.
Das Männchen ist, mit letzterem verglichen, auf der Oberseite
schwärzlicher, jedoch nicht so entschieden schwarz als Aomochrous.
Der Unterseite und den unteren Flügeldecken fehlt die entschie-
dene fahl gelbliche Beimischung, die Färbung ist mehr in’s schmutzig
Graue ziehend, jedoch viel lichter und weniger rein als bei Ao-
mochrous.
Das Weibehen stimmt in der vorherrschend rostrothen Fär-
bung des Gesammtgefieders mit dem von atricapilla überein, die
Haube ist aber nicht bräunlich grau, sondern dunkel, schwärzlich
schiefergrau. Das so gefärbte Exemplar ist zwar von Herrn Jelski
als & bezeichnet, es fehlt ihm jedoch nieht blos die charakteristisch
verkürzte Schwinge, (welche die jungen Männchen im Weibchen-
kleide erst bei der Mauser erhalten,) sondern auch das ganze Ge-
fieder lässt nichts vom Jugendkleide erkennen. — Hab. Monterico, —
Den Schluss der Sitzung bildet ein Vortrag des Herrn Grafen
v. Berlepsch über die Pitpits, ‚Dacnidinae.
Herr Graf von Berlepsch, der sich schon seit längerer Zeit
eingehend mit einer Monographie der amerikanischen Familie Coe-
rebidae beschäftigt hat, legte das von ihm zu diesem Zwecke ge-
sammelte reiche Material von Bälgen aus dieser Familie vor. Der-
Protokoll der V. Jahresversammlung. 69
selbe sprach dann im Allgemeinen über die Coerebidae, und erläu-
terte schliesslich besonders das Genus Dacnis, dem er 12 Species
vindicirt, nämlich:
GENUS DACNIS Cu.
Subgenus Oyanodacnis Cass.
l. D. cyanomelas (Gmel.). — Hab. Oestliches Südamerika,
südlich bis Blumenau in St. Catharina.
b. ultramarina. — Westliches Südamerika (Bogota, süd-
lich bis Peru?) und Central-Amerika, nördlich bis Nicaragua.
2. D. coerebicolor Selat. — Hab. Neu-Granada (Bogota,
Bucaramanga).
3. .D. nigripes Pelzeln. — Hab. Südost Brasilien (Neu-
Freiburg, Lagoa Santa, Blumenau).
4. D.venusta Lawr. — Hab. Panama, Veragua, Costa Rica.
Subgenus Polidacnis Cass.
5. D. angelica De Filippi. — Hab. Bogota, Ecuador, Peru,
Bolivia, nördliches und westliches Brasilien.
b. melanotis Strickl. — Brit. Guiana, Cayenne.
6. D.egregia Sclat. — Hab. Bogota.
?b. aequatorialis. — Westliches Ecuador.
1. D. flaviventris (Lafr. et D’Orb.). — Hab. Peru, Boli-
via, nordwestliches Brasilien.
Subgenus Hudacnes Cass.
8 D. pulcherrima Sclat. — Hab. Bogota. BT
Subgenus Polidacnis Cass.
9. D. bicolor (Vieill.). — Hab. Ganzes Südamerika, süd-
lich bis Rio de Janeiro.
10. D. speciosa (Wied.). — Hab. Brasilien, Paraguay.
?b. analis (Lafr. et D’Orb.). — Bolivia, Brit. Guiana,
Cayenne.
11. D. leucogenys Lafr. — Hab. Neu-Granada (Bogota,
Aguachica), Venezuela.
Subgenus Zemidacnis Sclat.
12. D. albiventris (Selat.). — Hab. Bogota, nördliches Peru.
Graf v. Berlepsch hofft bald seine monographischen Arbei-
ten über die (Coerebidae im Journal veröffentlichen zu können. Er
hat das einschlagende literarische Material schon vollständig zu-
sammengetragen, und fehlt es ihm nur ncch an einer genügenden
Anzahl von Exemplaren zur Vergleichung. Deshalb stellt er an
alle Ornithologen und an die Naturalienhändler hiermit die Bitte,
70 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
ihn mit Vogelbälgen aus dieser Familie zu versehen, sei es zur
Ansicht, zum Tausch oder Kauf. Das Genus Dacnis gedenkt Herr
Graf v. Berlepsch zuerst im Journal abzuhandeln, und wären
ihm deshalb jetzt Daenis-Bälge am meisten erwünscht. Es fehlten
ihm besonders noch folgende Ergänzungsstücke:
Dacnis cyanomelas aus Trinidad und Venezuela; ultramarina
aus Central-Amerika, Ecuador, Peru. — Dacnis nigripes — Daenis
venusta Q — Dacnis angelica aus Westbrasilien, melanotis — Daenis
egregia aus Ecuador. — Dacnis flaviventris — Dacnis pulcherrima —
Daenis bicolor — D. speciosa — D. leucogenys — D. albiventris. —
Gegen: 1 Uhr wurde die letzte Sitzung der fünften Jah-
resversammlung geschlossen, um für diesmal ein letztes ge-
meinschaftliches Frühstück einzunehmen. Hierauf trennten sich
die Versammelten mit herzlichem Lebewohl und dem lebhaften
Wunsche: Auf Wiedersehen am 6. October 1873! —
J. v. Zittwitz. A. v. Homeyer. Falkenstein.
Cabanis, Seecr.
Protokoll der XLVIII. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 4. Nov. 1872, Abends
7:1, Uhr, im Sitzungs-Local „Schlossbrauerei“, Unter
den Linden No. 8.
Anwesend die Herren: v. Gizyeki, Cabanis, Schalow,
Grunack,d’Alton, Falkenstein, Brehm, Gericke, Thiele,
Faelliger, Golz, Bau, Michel und O. Hermes.
Als Gäste: Herr Justizrath Eriehsen aus Kopenhagen und
Herr Faelliger jun.
Vorsitzender: Herr Golz. Protokollf.: Herr Falkenstein.
Vor Beginn der Sitzung werden zwei Blätter der bei Gelegen-
heit der Jahresversammlung erfolgten photographischen Abnahme
der Gesellschaft zur Ansicht ausgelegt und diese wird von den
Meisten als ziemlich gelungen bezeichnet. Nachdem dann Herr
Brehm die Sitzung eröffnet , theilt er zunächst mit, dass die Ge-
sellschaft in dem heutigen Gaste Erichsen, Director des zoologi-
schen Gartens in Kopenhagen, ein neues Mitglied zu begrüssen
habe, und spricht zugleich die Hoffnung aus, dass das sicher zu er-
wartende Gedeihen und rasche Emporblühen jener Anstalt der gan-
zen Wissenschaft in sofern zum Segen gereichen werde, als es nun
leichter als bisher gelingen dürfte, die Bewohner des hohen Nordens
in unseren Thiergärten heimisch und zahlreicher vertreten zu sehen,
en u
Protokoll der XLVII. Monats-Sitzung. 71
Hierauf stellt der Secretär die Herren Gericke, Thiele,
Grunak und Faelliger, welche bereits die letzte Jahresver-
sammlung als Gäste besucht hatten, als neu eingetretene Mit-
glieder vor.
Nachdem der Vorsitz an Herrn Golz, der unterdessen er-
schienen, übergeben ist, nimmt Herr Brehm das Wort, um einige
kurze Bemerkungen über ein ganz kleines, oft verherrlichtes Vögel-
chen, das nicht in Deutschland, sondern in den Tropenwaldungen
Süd-Amerika’s gefunden werde, nämlich den Organisten, zu machen.
Die Organisten bilden nach Cabanis eine Abtheilung der Tangaren
und stehen zwischen Finken und Singvögeln, ein Theil nähert sich
mehr den ersteren, ein anderer, darunter Puphone, mehr den letz-
teren. Anatomisch bemerkenswerth an ihnen ist, dass der Magen
‚nur eine Erweiterung der Speiseröhre bildet. Ueber das Freileben
wissen wir im Ganzen wenig, es sind im wesentlichen Frucht- und
Insektenfresser, die im Walde ein munteres Leben führen und, da
es ziemlich arge Fresser sind, wohl hin und wieder den edlen
Obstsorten schaden mögen. Die Gefangenen fressen beispielsweise
täglich das Doppelte bis Dreifache ihres Gewichts an Obst, daneben
Gesäme und Insekten. Das Interessanteste, weil es ihm von Eini-
gen in überschwänglicher Weise zugeschrieben, von Anderen da-
segen gänzlich abgesprochen wurde, blieb sein Gesang. Der erste
Beobachter, Waterton, undnach ihm Schomburgk haben eine
begeisterte Schilderung davon gegeben: man bleibe, wenn man
durch den düstern Urwald gehe, wie gebannt stehen, wenn durch
das Sausen des Windes, das Knarren und Aechzen der Bäume,
das Kreischen der Papageien auf einmal von den höchsten Gipfeln
eine glockenreine helle Melodie, Zauberklängen vergleichbar, ertöne.
Dagegen behauptete nun die andere Partei, dass die Kuphone vio-
lacea dieser vorzügliche, ganz eigenthümliche Sänger gar nicht sei,
wenn man ihr auch Töne und eine Art von Gesang nicht ab-
sprechen könne; der beschriebene Gesang sei aus einer ganz an-
dern, ungesehenen Kehle gekommen, aus der eines Zaunkönigs,
nämlich Oyphorhinus cantans.
Dieser Meinung, dass Euphone gar kein Sänger sei, habe auch
er sich, so leid es ihm um den Ruhm des Thierchens gethan habe,
anschliessen müssen, weil von den im Aquarium vorhandenen Exem-
plaren auch nicht einmal eins gesungen habe. Vor zwei Monaten
habe er indess eine andere Art, nicht violacea, sondern E. elegan-
tissima, erhalten und habe nun zu seiner Ueberraschung gehört, dass
12 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
er zwar keine Glockenlaute, aber doch einen recht hübschen, reich-
haltigen Gesang von sich gäbe und nebenbei ein sehr fleissiger
Sänger sei. Wenn man wolle, liesse sich der Gesang von Ayphan-
tornis melanocephala am besten damit vergleichen. Die Lieder be-
ständen aus einer Anzahl abgebrochener Töne, welche durch Knar-
ren und Spinnen mit einander verbunden würden, woraus ein zu-
sammenhängendes, an und für sich nicht unangenehmasi aber doch
sehr eigenartiges Ganze werde.
Hierauf erzählt Herr Faelliger, wie er bei seinen Jagd-
streifzügen in der Gegend von Grossbeeren stets an derselben Stelle
von seiner Hütte aus eine grosse Zahl, wohl an 30 Exemplare, von
Tetrao tetrix beobachtet habe, Die Hähne hätten allerdings um
die Balzplätze gekämpft, seien aber dann auf den eroberten, ge-
wöhnlich mit Rasen überkleideten Maulwurfshügeln (Kaupen) ruhig
stehen geblieben, selbst wenn dann eine Henne aus dem Graben
gekommen, an diesen und jenen musternd herangetreten und dann
mit dem Erwählten zur Begattung nach dem Graben abgezogen
sei. Während des Balzens habe er sogar dreimal schiessen kön-
nen, ohne dass der Vogel fortgeflogen sei. Auf Bäumen habe er
sie nie balzen sehen, was auch Brehm bestätigt, aber angiebt, dies
in Christiania auf den Dächern und dann noch weiter unter dem
66. und 67.° nördl. Br. im Juli um 12 Uhr Nachts beobachtet zu
haben.
Schliesslich legt Herr Cabanis einen neuen südamerikanischen
Kuckuk vor, den er zu Ehren Carl Euler’s aus Rio Janeiro Coc-
cygus Euleri genannt hat. Die Gattung Coccygus, von der nach
Dr. Sclater’s monographischer Arbeit (in Proc. Zool. Soc. London,
1870, p. 165—169,) in Amerika 8 Arten vorkommen, unterscheiden
sich von Cuculus bekanntlich dadurch, dass sie zwar selbst brüten,
ihre Eier aber in Zwischenräumen legen, so dass erwachsene Junge,
ganz kleine und Eier in demselben Nest zu gleicher Zeit vorkämen.
Auch bei ihnen seien behaarte Raupen die Hauptnahrung. Herr
Cabanis fand bei den von ihm in Nordamerika erlegten Arten
(O. erythrophthalmus und americanus) den Magen gross, hervortretend
und hart anzufühlen. Bei der Section zeigten sich die Innenwände
gleichsam behaart wie beim europäischen Kuekuk. Die neue Art,
Coccygus Euleri n. sp.
anlangend, bemerkt Herr Cabanis, dass der Vogel aus einer
Sammlung stamme, welche Herr Carl Euler in der Umgegend von
Cantagallo machte und dem Berliner Museum in liberalster Weise
Protokoll der XLVIII. und XLIX. Monats-Sitzung. 73
zur Verfügung stellte. Der Vogel kommt dem nordamerikanischen
C. americanus am nächsten und möchte als dessen vicarirende
Form in Brasilien betrachtet werden. Nicht nur der Schnabel ist
so gefärbt wie der des C. americanus, sondern auch das ganze
übrige Gefieder. ist fast zum Verwechseln ähnlich. Nur ist der
brasilianische Vogel in allen Dimensionen merklich kleiner und gut
unterschieden durch den gänzlichen Mangel jeder rothbraunen Fär-
bung der Schwingen.
Golz. Falkenstein. Cabanis, Seecr.
Protokoll der XLIX. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 2. Dec. 1872, Abends
7 Uhr, im Same Local „Schlossbrauerei“ Unter
den Linden No. 8.
Anwesend die Herren: Cabanis, Grunack, Thiele, Scha-
low, d’Alton, Voitus, Falkenstein, Bau, Golz, Hermes,
Sy, Brehm und Bolle.
Vorsitzender: Herr Golz. Protokollf.: Herr Falkenstein.
Bei Beginn der Sitzung macht der geschäftsführende Secretär
die Mittheilung, dass der Pastor Theobald sowie die Herren
Fischer und Benzon aus Kopenhagen ihren Beitritt zur Ge-
sellschaft schriftlich angemeldet hätten. Auf einstimmigen Be-
schluss soll ihnen erwiedert werden, dass derselbe mit grossem
‚ Vergnügen begrüsst worden sei.
Herr Thiele zeigt ein Nest von Motacilla alba vor, das am
26. November d. J. in einer Holzklafter gefunden wurde. In diesem
Neste befinden sich 5 Eier und zwar 2 von Motacilla alba und 3
von Cueulus canorus. Letztere sind den ersteren wenig ähnlich in
der Färbung, sondern zeigen die gewöhnliche der Kuckuks-Eier.
(Wird besonders abgedruckt werden.)
Herr Falkenstein theilt mit, wie er vor Kurzem aus sehr
glaubwürdigem Munde bezüglich der Athmung grösserer Vögel ge-
hört habe, dass die Zahl der Athemzüge dieser in der Minute
ausserordentlich gering sei, z. B. beim Emu, Casuar und Strauss
2—3, bei Corvus corax 5. Er fragt an, ob einem der Mitglieder
hierüber Näheres bekannt sei, und erbietet sich sodann, so weit es
ihm möglich, Beobachtungen in dieser Richtung anzustellen und
über das Resultat in der nächsten Sitzung zu berichten.
Der Secretär theilt mit, dass ihm vor etwa 14 Tagen durch
Herrn A. Kuwert in Ostpreussen ein Colymbus. septentrionalis, wel-
74 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
cher durch den Sturm Mitte Novembers nach Litthauen verschlagen
wurde, lebend zugesendet worden sei. Leider sei der Vogel, trotz
sorgfältig angewandter Vorsichtsmassregeln, auf dem Transport
gestorben. Es bleibe dahin gestellt, ob in Folge zweitägiger Ver-
spätung durch mangelhafte Adresse*), oder ob auch ohne diesen
Umstand durch den nothgedrungenen gänzlichen Mangel an Was-
ser. Von den 12 dem Vogel im Korbe beigegebenen Karauschen
fanden sich 11 unversehrt vor. Durch den Tod des Colymbus
wurde die Absicht, ihn dem Publikum im Aquarium oder zoologi-
schen Garten vorzuführen, vereitelt, doch sei wenigstens seine Hülle
in der Sammlung eines Mitgliedes der Gesellschaft verwerthet
worden. Nach brieflicher Mittheilung des Herrn Kuwert hatte
der Vogel in einem Wasserbottiche fröhliche Karauschenjagd ver-
anstaltet und sein Behagen öfters dureh „Körr“ ausgedrückt.
Herr Brehm bemerkt hierzu, dass dieser Colymbus in den
Thiergärten an der Küste nicht selten angetroffen werde, dass sich
indess alle selbst im Freien und bei reichlicher Fischnahrung
schlecht hielten. Uebrigens nähme kein einziger auf dem Lande,
wo sie sich völlig fremd fühlten, die aufrechte Stellung- an, die
stets in den Museen beliebt würde, sie schöben sich im Gegentheil
kriechend auf der Brust fort.
Herr Bolle berichtet von einem andern Gast, dessen Vor-
kommen Dr. Russ in einer kleinen Schrift für unmöglich erklärt
habe, der sich aber trotzdem Freitag den 15. November bei ihm
in Scharfenberg eingefunden habe, nämlich Haliaötus albieilla, wor-
über der weisse Schwanz keinen Zweifel lasse. Jedenfalls sei auch
er vom Sturme verschlagen worden. Man habe ihn mit einer
Schrotladung begrüsst, doch, das Stieben einiger Federn abgerech-
net, ohne Erfolg. Er habe sich darauf erhoben und sei langsam
abzezogen. Uebrigens sei albieilla sicher vor Zeiten in der Mark
heimisch gewesen, und mehrere hier geschossene Exemplare des
Berliner Museums bewiesen zur Genüge, dass er durchaus nicht so
ganz selten vorkäme.
Herr Schalow giebt dazu noch die Notiz, dass vor 15 Jah-
ren ebenfalls in Scharfenberg ein Haliaötus albieilla vom Lehrer
Kirchner geschossen worden sei.
Herr Bolle theilt mit, wie er noch in voriger Woche ansehn-
eines jeden Journal-IHeftes vermerkt, findet aber öfters nicht die für den
umfangreichen Postverkehr Berlins gebotene Beachtung.
a
Protokoll der XLIX. Monats-Sitzung. 75
liche Mengen Erdheuschrecken durch 4 grosse Würger an Dornen
gespiesst in seinem Garten gefunden habe.
Hieran schliesst Herr Cabanis einen längeren Vortrag über
die grauen, mit Zanius excubitor verwandten oder bisher verwech-
selten Würger, dessen Resultat die Bereicherung der europäischen
Ornis mit zwei für dieselbe neuen Arten ist. — In dem vorzüg-
lichen Werke „The Birds of Europe“ von Sharpe und Dresser, wel-
ches jetzt mit der 12. Lieferung einen ersten Band abschliesst und
welches als die neueste und beste Bearbeitung der Ornis von
Europa, oder besser der ganzen westlichen paläarktischen Zone, für
jeden Ornithologen unentbehrlich ist, sind auch die grauen Würger
nach reichlichem Material in vortreftliceher Weise bearbeitet worden.
Bei Durchsicht der betreffenden Artikel fand sich, dass im Ber-
liner Museum, in welchem seit Jahren auf die schwierigen Formen
der grauen Würger ein lebhaftes Augenmerk gerichtet war, gerade
da, wo den Verfassern der Birds of Europe das Material versagte,
eine genügende Suite zusammengebracht war, um der europäischen
Ornis noch 2 für dieselbe neue Arten mit Sicherheit zuzuführen.
Es sind dies die folgenden:
Lanius major Pall. Das Berliner Museum besitzt sowohl
alte als junge Vögel dieser Art, von Dr. Dybowski in Sibirien ge-
sammelt, und ein ganz altes, im März an der Wolga erlegtes Männ-
chen, mit rein weisser Unterseite, ganz ohne Querwellen. Es ist
dies das erste sicher eonstatirte Factum des Vorkommens dieser
Art in Europa. Der Vogel hat mit ZLamius ezcubitor nichts zu
schaffen, sondern ist von diesem durchaus verschieden durch den
einfacher weissen Spiegel, welcher nur auf den Handschwingen sich
zeigt. Dagegen ist Z. major mit dem nordamerikanischen Z. bo-
realis Vieill. innigst verwandt.
Lanius Homeyeri n. sp. — Das Berliner Museum besitzt
mehrere Männchen und Weibchen von der Wolga, sowie ein Exemplar
aus der Krim. Die Grenzen des Zanius excubitor, sowohl in Bezug
auf geographische Verbreitung wie auf Färbung, sind bisher zu weit
gesteckt worden. Alles, was einen doppelten Spiegel, an den Hand-
schwingen und an den Armschwingen, hatte und noch einiges an-
dere, wurde für excubitor genommen, und zeigte sich statt des grauen
ein weisser Bürzel, so galt dies als Kennzeichen eines besonders
alten Vogels. Z. exeubitor wird aber eigentlich als central-euro-
päische Form zu betrachten sein, welche im Südwesten durch me-
ridionalis und im Südosten durch Z. Homeyeri ersetzt wird. Letz-
terer ist ein intimer Verwandter des excubitor und als dessen vica-
riirende Form im Osten Europa’s und im centralen Asien zu be-
trachten. Er unterscheidet sich durch viel grössere Ausdehnung
der 2 weissen Spiegel am Flügel, hat mehr Weiss am Schwanz,
Vorderstirn und Superciliarstreifen weiss und einen mehr oder
weniger rein weissen oder weisslichen Bürzel. Auch die Eier,
2 Stück, gleichfalls von der Wolga stammend, sind wesentlich ver-
schieden. Sie zeigen violettgrau durchscheinende und hellbraune
76 Deutsche ornithologiscehe Gesellschaft:
lebhafte Flecke auf nicht grünlicher, sondern in’s weisslich Ocker-
gelbe ziehender Grundfarbe. Sie haben eher eine annähernde Aehn-
lichkeit zu gewissen Färbungen der stark variirenden Eier des Z.
eollurio, nicht aber zu excubitor. Ihre Maasse sind 26—18,5 gegen
die von exzeubitor: 28; 28,5—19; 19,5.
Ein wahrscheinlich jüngeres Männchen dieser Art in der Hei-
ne’schen Sammlung hat den Bürzel zwar noch heller als den Rücken,
aber doch überwiegend in’s Graue ziehend gefärbt. Es verschlägt
dies nichts für den richtigen Blick bei Unterscheidung der Arten;
„Uebergänge“ von einer Art zur andern giebt es, beiläufig be-
merkt, in der Natur nicht, es wären denn Bastarde! Die Ju-
send- und Uebergangskleider der neuen Art sind noch nicht bekannt.
Bei dem regen Aufschwunge, dessen sich die Förderung der
europäischen Ornithologie gegenwärtig erfreut, wird die Entdeckung
eines für Europa neuen Brutvogels bald mehr und mehr zur
Unmöglichkeit werden. Um so gebotener erschien es, den Namen
zweier bewährten Ornithologen, Eugen und Alexanderv. Ho-
meyer, welche sich besonders um die rationelle Förderung der
europäischen Ornis in hervorragender Weise verdient gemacht
haben, zum bleibenden Andenken an eine europäische Vogelart zu
knüpfen. Nahe verwandt mit Z. Homeyeri ist
Lanius sphenocereus n.sp. — Das Berliner Museum besitzt
ein schönes altes Männchen dieser Art, bis jetzt Unicum. Es wurde
durch den Naturalienbandel, angeblich von Canton (China) erwor- -
ben. Der Vogel zeigt dieselben Charaktere, die grosse Ausdehnung
des Weiss an Flügeln, Schwanz u. s. w., nur noch in grösserem
Maasse als bei Z. Homeyeri. Die 3 äusseren Steuerfedern jeder-
seits sind rein weiss, die 4. fast ganz ebenso. Die äusserste Steuer-
feder hat auch einen rein weissen Schaft, während der Schaft in
der Mitte der 2.—4. Steuerfeder schwarz ist, also auf schwarze
Färbung im Jugendkleide schliessen lässt. Die beiden mittelsten,
schwarzen Steuerfedern haben noch einen merklichen weissen
Spitzensaum, während das Schwarz dieser Federn nach der Schwanz-
wurzel hin weiter hinaufsteigt als bei Zomeyeri. Die jüngeren
Vögel werden natürlich die hohe Ausfärbung in geringerem Maasse
zeigen. Wollte man den Vogel nur als östliche Abart des ewcubitor
oder Homeyeri betrachten, so unterscheidet er sich doch wesentlich
durch einen enorm langen, auffallend stark stufigen Schwanz, und
hat trotz der hohen Ausfärbung den Bürzel und die oberen Schwanz-
decken grau, wie der Rücken gefärbt. Die ganze Länge des
Schwanzes beträgt 150 Mm., also 5°/, Zoll. Der Schwanz ist mit-
hin über 1 Zoll länger als der von Homeyeri. Die äusserste Steuer-
feder ist etwa 58 Mm. kürzer als die beiden mittelsten, welche alle
übrigen um 10 Mm. überragen. Der Abstand zwischen der äusser-
sten Steuerfeder und der zweitäusseren beträgt 20 Mm., die fol-
genden sind um je 10 Mm. länger.
Hierauf giebt Herr Cabanis eine kritische Beleuchtung der
auf die vorstehenden Arten bezüglichen Stellen früherer Werke.
Protokoll der XLIX. Monats-Sitzung. "
Pallas (Zoogr. Rosso-Asiat. I., p. 401,) beschreibt den alten
Vogel von ZL. major durchaus kenntlich. Die äusserste Steuerfeder
fast ganz weiss. Unterseite fein grau quergewellt. Der Satz „tec-
trieibus caudae cinereo undulatae“ deutet auf einen jüngeren Vogel
hin. Ein weisser Spiegel an den Handschwingen. Wenn Pallas
sagt „Secundariae 10. ad 18. sensim nigriores vix summo apice
alba“, so darf doch daraus nicht gefolgert werden, dass die Arm-
schwingen einen allmählich kleiner werdenden weissen Spiegel hät-
ten. Ebenso die Angaben „Plumae supra naves albidae , setulis
nigris“ und dass der Schnabel vom Mundwinkel gemessen um eine
Linie kürzer sei als der Lauf, sind Dinge, auf welche, als neben-
sächlich, kein entscheidender Werth hätte gelegt werden sollen, wie
dies bei Blasius undL.Brehm geschehen, woraus sich ergiebt,
dass Beide den Vogel nicht aus Autopsie gekannt haben, sondern
nur auf Pallas’ Autorität fussen. In Betreff der geographischen
Verbreitung sagt Pallas ‚in Rossia boreali, omnique Sibiriae fre-
quens, circa Jeniseam et Lenam copiose oceurrit.“
Blasius (Wirbelth. 1340, S. 193 und LX.,) giebt eine aus
Pallas’ Text wörtlich übersetzte Diagnose und sagt mithin auch
„im nördlichen Russland und Sibirien häufig“. 22 Jahre später,
- in der List of Birds of Europe, 1862, p. 7, wird die Art vollstän-
dig negirt. Es ist dies gerade deshalb auffällig, weil Blasius seit
Naumann’s Tode die exclusive Führerschaft der specifisch deutsch-
europäischen Ornithologen angetreten hat und es daher sein eigent-
licher Beruf war, in diesem begrenzten ornithologischen Kreise Po-
sitives zu fördern. Möchten seine Jünger, aus diesem wie aus an-
deren Fällen, wenigstens jetzt der Einsicht nicht ferner sich ver-
schliessen, dass ein negistischer Standpunkt kein die Ornithologie
fördernder sein könne.
Eversmann (Bulletin de la Soc. imper. des Naturalistes de
Moscou, Tom. XXVI. Sec. Part. 1853, p. 498,) beschreibt einen
Lanius mollis und giebt folgende Diagnose: „Z. superne cinereo-
vinaceus, subtus albidus (fuscescente undulatus,) crisso hypochon-
driisque vinaceis; fascia oculari nigra; remigibus nigris: 4t —9ma
basi albis; rectrieibus nigris, apice albis“. Es ist dies ein junger
Vogel im Uebergangskleide, wodurch die auf den alten Vogel wenig
passende Diagnose erklärlich ist, ebenso wie dass Eversmann nicht er-
kannte, dass er einen jungen Z. major Pall. vor sich habe. Evers-
mann erhielt das Exemplar (ohne Angabe der Jahreszeit) aus dem
südlichen Altai, nicht weit von der chinesischen Grenze an der Tschuja.
L. Brehm (Vogelfang, 1855, S. 82,) erkannte die nahen Be-
ziehungen des /. major zum L. borealis, indem er beide identi-
fieirt; er kannte aber den major, wie schon nachgewiesen wurde, aus
Autopsie nicht, geschweige denn ein nach Europa verirrtes Exemplar.
Radde (Reise II., 1863, S. 274,) sagt wörtlich: „Mit Gloger
und Schlegel vereinige ich den Z. major mit 1. exeubitor ...“ Da-
selbst nennt er den major den russischen und asiatischene Radde
giebt ferner eine umständliche vergleichende Tabelle der Unter-
78 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
schiede beider Arten, aber leider, in bewunderungswürdiger Or-
thodoxie, nicht nach seinen Exemplaren, sondern wörtlich nach der
von Blasius, der den Vogel selber nicht kannte, zusammengestell-
ten Diagnose. Seite 275 wird von einem alten, bei Petersburg er-
legten Männchen gesprochen und unter No. 3 der Tabelle wird
der Hauptcharakter des major ganz treflend gegeben: „Nur die
2.- 9. Schwiuge eine breite weisse Basis, wodurch eine Spiegel-
binde über die grossen Schwingen gebildet wird, die mit der 10.
begrenzt ist.“ Seite 276 heisst es aber wieder: „Der (weissen) Fär-
bung des Bürzels u. s. w. darf ich ebenfalls nicht die Bedeutung
‚specifischer Kennzeichen beilegen; denn bei einem alten Männchen
(leider ist nicht gesagt, ob es das bereits oben erwähnte Exem-
plar ist,) aus der St. Petersburger Umgegend sind Bürzel und
obere Schwanzdecken einfarbig grau.“ Wir sehen, Freund Radde
hatte ein reiches Material, seine Tafel ist gut besetzt, aber Alles
ist zu einem Ragoüt fin verarbeitet, aus dem kein Ornitholog die
verschiedenen Species herausschmecken kann. Und gerade die
europäisch-russischen Landstriche sind es, in welchen für die drei
Arten, L. major, excubitor und Homeyeri, die End- oder Anfangs-
punkte ihrer geographischen Verbreitung sicherlich zu suchen sind.
Die präcise Auseinanderhaltung der dortigen Vorkommnisse ist
dringend geboten.
Baird (Review of American Birds, p. 449,) giebt genaue
und ausführliche Beschreibungen des Zanius borealis in allen Alters-
zuständen. Vergleicht man die Exemplare von major mit
diesen Beschreibungen, so stimmen dieselben in Bezug auf Grösse,
Schwingenverhältniss und Färbung ziemlich gut auf die betrefien-
den Alterszustände von major und bekunden, dass major Pall. nur
als die nordasiatische Abart (gleichsam Fortsetzung) des boreal-
amerikanischen Z. borealis betrachtet werden kann.
Nach Vergleichung des vorhandenen Materials hält Herr Ca-
banis dafür, dass beide Arten einstweilen nicht unbedingt identi-
fieirt werden können, und hebt die Hauptunterschiede des Z. major
hervor. Hauptsächlich ist es die grössere Ausbreitung der weissen
Abzeichen. Der weisse Spiegel der Handschwingen ist entschieden
grösser und umfangreicher; die weissen Spitzen der Armschwingen
sind breiter; die weisse Schwanzzeichnung ist weiter ausgedehnt.
Die äusserste Steuerieder, wie schon Pallas bemerkt, ist fast ganz
weiss, nur im obersten Drittel der Innenfahne längs des fast ganz
weissen Schaftes befindet sich mehr oder weniger Schwarz. Die
Aussenfahne der äussersten Steuerfeder ist in allen Altersstufen
rein weiss. Die zweitäussere Steuerfeder zeigt noch so viel Weiss
als die äusserste bei borealis, und 'so fort, so dass die 5. etwa noch
so viel Weiss an der Spitze hat als die 4. bei borealis. Auch die
beiden mittelsten Steuerfedern haben in der Regel noch etwas
Weiss an der Spitze, während dies bei borealis nicht mehr der
Fall ist. „Schulterfittig und Bürzel sind gleichfalls weisslicher als
bei borealıs.
Protokoll der XLIX. Monats-Sitzung. 79
Dresser und Sharpe haben in ihrem vorzüglichen Werke,
Birds of Europe, Part. H., im Texte von Z. excubitor sich auch
eingehend mit der Deutung des Lanius major Pall. beschäftigt,
konnten aber wegen Mangels an Material nicht in’s Reine kommen.
Während sie zuerst, nach dem Vorgange des alten Brehm, die An-
sicht hegten, dass Z. major mit borealis zu identificiren sei, kom-
men sie schliesslich zu dem Resultate, dass major eine zwischen
borealis und ezcubitor stehende Art sei und zwar mit doppelter Flügel-
binde, wie bei eweubitor. Dies merkwürdige Resultat ist basirt auf
einem von Dr. Dybowski am Baikalsee gesammelten, durch Ver-
reaux in den Handel gebrachten Exemplare, welches dem Vortra-
genden leider unbekannt geblieben ist. Die von Dresser und Sharpe
gegebene Beschreibung zeigt, dass es ein unfertiger Vogel ist, der,
da bekanntlich die Färbung des gesammten kleinen Gefieders der
jungen Würger bei vielen Arten sehr ähnlich , gleichsam generell
ist, auch dem jungen major ziemlich ähnlich sein könnte. Aber
es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Armschwingen
an der Basis äusserlich weiss seien und eine sehr ent-
schiedene doppelte Flügelbinde darstellten. Hierdurch ist
entschieden dargethan, dass das in Rede stehende Individuum zu
L. major Pall. nicht gehören kann, sondern in nächster Beziehung
zu L. excubitor steht. — Alle von Dr. Dybowski am Baikalsee ge-
sammelten Exemplare, welche der Vortragende zu untersuchen
die Gelegenheit hatte, haben an der Basis der Armschwingen kein
Weiss, sind mithin echte Z. major Pall. Das in Rede stehende
Individuum wird sicherlich der noch unbekannte junge Vogel des
Lanius Homeyeri und mithin das Vorkommen dieser Art auch am
Baikalsee constatirt sein.
Schliesslich berichtet Herr Cabanis über eine Sammlung
von Vögeln, welche Herr Fedtschenko in Turkestan gemacht
und demselben zur Bestimmung übergeben habe. — Es werden
zwei alte Männchen von Lanius Homeyeri vorgelegt; das eine in
Turkestan, das andere bei Kuldja im chinesischen Gebiete gesam-
melt. Hierdurch ist das Vorkommen dieses Vogels für Central-
Asien erwiesen.
Nicht minder interessant ist das Vorkommen zweier Arten
von Nachtigallen in Turkestan. Während der dortige Sprosser
von dem unsrigen (Luscinia major Br., philomela Bechst.,) wesent-
lich nicht abweicht, fällt die dortige Nachtigall sofort durch ihre
bedeutendere Grösse und auch im Colorit, als von der unsrigen
(Z. vera Sundev.) wesentlich abweichend in die Augen. Sie ist als
eine gute neue Art zu betrachten, welche nach der Ansicht ‚des
Vortragenden nicht besser, als mit dem Namen
Buscina Gola
belegt werden könne, zu Ehren des Vorsitzenden der ornithologi-
schen Gesellschaft, Herrn G olz, des anerkannt erfahrensten Ken-
ners und Züchters der besten und vorzüglichsten Sänger. ZL. Gol-
zu hat eine Flügellänge von 96 Mm. und eine Schwanzlänge von
80 Deutscheorn.Gesellsch.: Protok. d. XLIX. Monats-Sitzung.
85 Mm. Die erste, abortive Handschwinge ragt etwas über die
Handdecken hinaus, die 2. Schwinge etwas kürzer als die 5., die
3. merklich länger als die 4. Es ist also dasselbe Verhältniss wie
bei unserer Nachtigall, nur ist der Abstand zwischen den Schwin-
gen ein etwas anderer, namentlich ist der Abstand der 2. Schwinge
von der 3. bei @olzü grösser, mithin die 2. Schwinge verhältniss-
mässig kürzer als bei unserer Nachtigall. Die Färbung des Ober-
kopfes stimmt mehr mit der rothbraunen Schwanzfärbung überein
als mit der Färbung der sonstigen Oberseite. Dagegen fehlen den
Schwingen die rothbraunen Aussenränder unserer Nachtigall, den-
noch erscheint der Flügel nicht so einfarbig wie bei Z. vera, da
sämmtliche Flügeldecken mit helleren fahlen Säumen versehen
sind. Der Gesammteindruck des Vogels ist ein wesentlich ver-
schiedener. —
Herr Brehm erzählt, dass, als er neulich von den 7 Arten
Glanzdrosseln des Berliner Aquarium einen Lamprocolius chloropte-
rus in’s zoologische Museum geschickt habe, daselbst gefunden
wurde wie von ihm selbst früher schon von den oberen Nilländern
zwei Exemplare eingesandt worden seien. Dies sei deshalb wichtig,
weil man bisher angenommen habe, chloropterus komme nur in
West-Afrika vor. Er führe noch an, dass die im Aquarium gezo-
senen Jungen sich diesmal wieder ohne Mauser verfärbten.
Schliesslich erwähnt Herr Cabanis, dass ihm kürzlich von
der Wolga bei Sarepta als neuer Fund zur Bestimmung ein Vogel
veschickt worden sei, der sich als Vanellus (Chettusia) leueurus
herausgestellt habe. Dieser komme in Aegypten sehr häufig vor,
sei aber eigentlich in Central-Asien, in Buchara und am Aral-See
zu Hause, "weshalb er auch von Eversmann aralensis (Bulletin de
Moscou, 1853, p. 497,) genannt worden sei. Das Vorkommen in
Europa sei zu den wenigen (Südfrankreich und Malta) ein weiteres
Factum. Männchen und Weibchen wurden im Monat Juni am
Wasser erlegt.
Weiter darauf eingehend, giebt Herr Brehm an, wie er diesen
Vogel allerdings häufig in Aegypten getroffen habe. Er lebe selbst
im Winter paarweise, und auch in grösseren Flügen noch stets ge-
sondert. Man fände ihn auf den Landseen, und zwar nicht auf den
angrenzenden Flächen, sondern mehr in der Mitte, wo wucherndes
Riedgras einen Sumpf habe entstehen lassen. Der Flug habe nicht
das Flatternde, Gaukelnde unseres Kiebitzes. Da er ihn noch im
Mai dort gefunden habe, sei anzunehmen, dass er auch daselbst
brüte. Tiefer im Innern komme er wohl seltener vor. Als seine
eigentliche Herberge sei Unter-Aegypten zu betrachten, wo er ihn
bis zu 12 an einem Tage angetroffen habe.
Nachdem noch von Herrn Bolle der Gesellschaft ein Gruss
von Herrn Radde übermittelt worden ist, wird die Sitzung ge-
schlossen.
Golz. Falkenstein. Cabanis, Seer.
Druck von G, Pätz in Naumburg As
JOURNAL
für
ÖORNITHOLOGIE.
Einundzwanzigster Jahrgang.
Bericht
über die ornithologischen Untersuchungen des Dr. Dybowski
in Ost-Sibirien.
Von
L. Taczanowski.
(Schluss; siehe Jahrg. 1872, Seite 433 — 454.)
Hierzu Taf. I.— HL *)
121. Motaeilla paradoxa Schrenck. „Kommt hier zur
Brutzeit sehr häufig an. — Erscheint Mitte April. Nistet ent-
weder auf der Erde, oder in alten Schwalbennestern, oder unter
Strohdächern, in öden Gebäuden, oft auch in alten aus Birken-
rinde gemachten und dort verlassenen Geschiren. Anfang Juni
legt das Weibchen 5—7, denen der europäischen Bachstelze ähn-
liche Eier, welche ebenfalls ähnliche Veränderungen darbieten. —
Das Maass der Eier dreier Gelege ist:
21,2—15 Mm. 20,6—14,5 Mm. 20—15 Mm!
21,615 120,2—14,3 \os-15,
1. 191--15,3 2. 91 14,8 3. \19-14,8
1—14,8 [91145 | 19145
\
„Das Weibchen sitzt fleissig auf dem Neste. Wenn die Jungen
das Nest verlassen haben, so legt das Weibchen zuweilen darin
zum zweiten Male Eier. Im Herbste verweilen sie bis October. —
Die Lebensart und der Gesang gleichen ziemlich der europäischen
Bachstelze. In der Gegend von Darasun gleichfalls sehr häufig.“ —
Nach der Versicherung des Dr. Dybowski brütet nur diese Form
in der Gegend von Kultuk und Darasun, da alle anderen Formen
nur im Durchzuge erscheinen. Aus einigen grauen von H. Swinhoe
aus China beschriebenen Bachstelzen sind zwei von Dr. Dybowski
*) Die fehlenden Tafeln werden im nächsten Hefte nachgeliefert.
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 122. März 1873. 6
82 L. Taczanowski:
und Godlewski aus Kultuk zugeschickt worden mit folgenden Be-
merkungen, die ich wörtlich anführe:
122. Motacilla baicalensis Swinh. Proc. Zool. Soe. 1871,
p. 363. — „Nistet hier niemals. Nach unseren Beobachtungen sind
nur die Alten beider Geschlechter schwarz am Oberkopfe, die
Jungen aschgrau. In der Sammlnng der Tschukotskischen Expedi-
tion befinden sich nur etliche Exemplare dieser Art, welche nörd-
lich von Jakutsk getroffen waren. Beim Baikal erscheint sie gleich-
zeitig mit der M. ocularıs.“ --
123. Motacilla ocularis Swinh. Ibis 1863, p. 74. —
„Ist bei Kultuk nur im Durchzuge und nistet hier niemals. In der
aus der Tschukotskischen Expedition gebrachten Sammlung waren
nur solche Bachstelzen und es gab keine typische paradoxa. Hier
kommt sie etwas später als die paradoxa, namentlich gegen die Hälfte
April und verbleibt bis zum 10. Mai. Im Herbste findet man sie
selten, vielleicht aus dem Grunde, weil man in der Herbstkleidung
das charakteristische schwarze Streifehen am Auge nicht gut von
Ferne sehen kann.“
124. Pallenura sulphurea (Bechst.). Motacilla melanope
Pall. „Diesen Vogel trifft man hier häufig. Er kommt in der
ersten Hälfte des Mai und nistet nahe an Bergflüsschen, wo wir
ihn bis 6000 Fuss über der Meeresoberfläche sahen. Die in der
Gegend von Kultuk gefundenen Nester waren am Felsen bei einem
Flüsschen oder im Uferabhange angelegt. Es waren 3—4 Eier
darin. Gegen Ende August ziehen sie fort.“
125. Budytes eitreola (Pall.). „Kommt hier zur Brutzeit
und dann sehr häufig an. Erscheint in ungeheuren Schaaren in
der zweiten Hälfte des April. Nistet auf der Erde an sumpfigen
Orten und versteckt sein Nest unter Bedeckung trockenen Grases,
oder unter niedrigen Büschen, oder im Moose am Torfboden; in
jedem Falle verbergen sie es sehr sorgfältig. Als Material dazu
dient Wiesenmoos, vermengt mit Halmen trockenen Grases. Das
Innere polstern sie mit Moosfruchtstielen, Federn und Haaren. Der
ganze Bau des Nestes ist stark und regelmässig, Das Maass ist
folgendes: der äussere Durchmesser 110, die Höhe 55, der innere
Durchmesser 65, die Tiefe 355 Mm.
„In der Hälfte Juni legt das Weibchen 5, selten 6 Eier, auf
welchem es mit Hülfe des Männchens sitzt. — Wenn das Eine auf
dem Neste sitzt, beobachtet das Andere fleissig rings herum und
warnt das auf den Eiern Sitzende, wenn Gefahr droht; dieses macht
Bericht über die ornithol. Untersuchungen desDr. Dybowski. 83
sich dann zeitig zu Fuss fort und indem sie beide fliegen, trachten
sie den Feind von dem Neste abzuführen. Ist die Gefahr ver-
schwunden, so kehren sie nicht so bald zu ihrem Neste zurück und
selbst dann nur mit grosser Vorsicht; aus dieser Ursache ist
das Nest sehr schwer zu finden, aın besten sucht man es während
eines kleinen Regens, da das Weibchen dann nicht gern die Eier
verlässt und beinahe unter den Füssen auffliest. Wenn sie die
Jungen, die sich bedeutend von den Alten unterscheiden, erzogen
haben, verlassen sie sogleich den Ort. Einzelne Individuen hielten
sich bis zum 24. August auf.“
Die Eier sind weissgelb mit kleinen rostfarbigen sehr blassen
Fleckchen undeutlich auf der ganzen Oberfläche gleichförmig zer-
streut, so wie die Eier anderer Bachstelzen oder Pieper, doch so
unbedeutend, dass sie nur die gelbliche Farbe des Grundes ver-
stärken. Auf einigen sind diese Fleckchen sogar durch die Lupe
kaum sichtbar, auf anderen können sie mit blossen Augen bemerkt,
werden. Der Glanz ist ziemlich stark. In jedem Gelege ist die
Farbe einerlei. — Maass der Eier von zwei Gelegen:
1. -< 19,2—14
; : 19,3— 14,5
Der Vogel ist im ersten Kleide den Jungen von Budytes flava
ähnlich, unterscheidet sich aber durch dunklere Farbe der Obertheile,
ohne den grünlichen Anstrich. Die Schwingen und Steuerfedern
sind schwärzer; die Säume der Schwingen sind rostlich weiss. Die
Farbe der unteren Theile ist schmutziggelb ohne Spur des gelb-
srünlichen Schattens, welcher dem europäischen oben erwähnten
Vogel eigen ist; die vorderen Flügeldeckfedern sind bläulich
aschgrau. —
126. Budytes flava (L.)? „Nur ein Exemplar sahen wir
in Kultuk. In der Gegend von Ingoda und dem Ononfluss findet man
sie häufig. Wir glauben, Homeyer habe Recht, wenn er die gelbe
Bachstelze Ost-Sibiriens für die Art, welche Krynicki unter dem
Namen Motacilla Kaleniczenküi beschrieben, hält.“
127. Corydalla Richardi (Vieill.). „Brütet nicht in der
Gegend von Kultuk und man sieht sie nur während des Durch-
zuges, aber schon in anliegenden Gegenden sahen wir sie den gan-
zen Sommer hindurch, denn sie halten sich gern auf Steppen und
GE
54 L. Taczanowski:
weiten Wiesen auf. — Auf Steppen in der Gegend von Kosogolsee
fanden wir sie ziemlich häufig in der Höhe von beinahe 5000 Fuss
über der Meeresoberfläche. In der Gegend von Darasun sind sie
gewöhnlich. Sie kommen im Frühjahr im Anfange Mai oder etwas
später, nisten in offenen Orten auf der Erde, auf Wiesen und Hai-
den, indem sie ihr Nest in den von Pferden oder Vieh gemachten
Vertiefungen bauen. In der ersten Hälfte des Juni legt das Weib-
chen 4—6 Eier, in der zweiten Hälfte des Juli kommt das zweite
Gelege. Das Männchen warnt in der Entfernung vor Gefahr,
worauf das Weibchen zu Fuss sich entfernt und indem sie beide in
der Luft schweben, suchen sie den Feind durch unangenehmes Ge-
schrei abzuführen. Wenn sie ihn in ziemlich grosse Entfernung
begleitet haben, kehren sie plötzlich um, das Weibchen setzt sich
auf die Erde und kehrt zu Fuss zu ihrem Nest zurück. Aus dieser
Ursache ist das Nest nicht leicht zu finden. In den Nestern dieses
Vogels fanden wir häufig Eier des Kuckuks (C. canorus?). — Im
Herbste verweilen sie bis zum 29. September.“
Die aus der Gegend von Darasun uns geschickten Eier sind
den dunklen und kleingefleckten Eiern der grauen Bachstelze ähn-
lich. Der Grund derselben pflegt entweder blassrosen- oder blass-
olivenfarbig zu sein, gefleckt mit einer Menge kleiner Striche von
verschiedener Gestalt und Länge mannigfaltig unter einander ver-
mengt und durchkreuzt, so dass die ganze Oberfläche ziemlich dun-
kel erscheint. Auf den Eiern mit rosenfarbigem Grunde ist die
violettgraue und bräunliche Fleckung, auf dem olivenfarbigen Grunde
auch olivenfarbig. — Der Glanz ist stark. — Das Maass der Eier
von zwei Gelegen:
20,8—15,3 Mm.
22,3—16 Mm. 20,8— 15,4
1, 133-162 0, 1 208-—- 15,8
23—17,2 20,6—16,4
22,8—17 20,4—16
20— 16,5
128. Pipastes agilis (Sykes). „Erscheint gewöhnlich wäh-
rend des Durchzuges, kommt zu Anfang Mai. Während der Brüte-
zeit hält er sich am Abhange der Berge, welche Thäler unmittel-
bar umgeben. Nistet in nicht diehten Wäldern, gewöhnlich am
Rande und nie in der Tiefe. Legt das Nest auf der Erde unter
einem Büschel Gras oder unter einem Stücke liegender Baumrinde
an. In der ersten Hälfte des Juni legt das Weibchen 4—5 Eier,
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 85
auf denen es fleissig sitzt. — Das Männchen sitzt in gewisser Ent-
fernung vom Neste auf dem Gipfel eines dürren Baumes und singt
schön und melodisch. — Im Herbste verbleiben sie bis zum
20. October.
„Während unserer Reise auf Kosogol trafen wir Junge dieser
Art auf Munko-Sardyk, 5000 Fuss über der Meeresoberfläche. — In
die Nester dieses Vogels legt oft Cuculus optatus? seine Eier.“
Das in einem Neste gefundene Ei eines Kuckuks ist fast so
gefleckt wie die eines europäischen Baumpiepers mit kleinen Streif-
chen. Der Grund ist graurosenfarbig bedeckt, mit einer Menge
kleiner Fleckehen von violettgrauer und blassbräunlicher Farbe.
Die Eier des P. agilis sind ganz ähnlich denen des P. arboreus
mit grosser Fleckung, denn bei zwanzig Gelegen, die ich zur Hand
hatte, war kein einziges kleingeflecktes (lerchenartiges) Fi, wäh-
rend im Gegentheile beim europäischen Vogel fast immer bei der
Hälfte der Gelege kleingefleckte vorkommen. Die Varietäten des
Colorits sind so verschieden, wie bei dem P. arboreus, doch immer
in den Grenzen der dickgefleckten Eier, und jedes Gelege hat glei-
chen Grund und gleiche Fleckchen, das heisst, es ist mehr oder
weniger gleichartig. — Maass der Eier von 4 Gelegen:
21,2—14,2 Mm. 20 15,2 Mm. 19-15 Mm.
2. a 3. 119-154
20— 14,4 20—14,8 Kr
20,4-—14,8 20 —15
20,2—15 Mm.
\20—15
4. < 19,516
I
129. Anthus spinoletta (L.). „Ist in den Frühlingsdurch-
zügen der gewöhnlichste unter allen Piepern, kommt in der zwei-
ten Hälfte des April in ungeheuren Schaaren an, und verweilt auf
nassen, mit kleinen Sträuchern bewachsenen Wiesen. Zur Brut-
zeit entfernen sie sich in die Gebirge, wo wir sie häufig an felsigen
Orten antrafen. — Hälfte Juli fliegen die Erwachsenen fast ganz
gleich mit den Eltern. Im Herbste verweilen sie bis Ende Sep-
tember. Eben so gewöhnlich sind sie in den Gegenden von Kul-
tuk, wie von Darasun 'zu finden.“
130. Anthus japonicus Temm. et Schl. „Ist selten und
nur in Frühlingsdurchzügen in der zweiten Hälfte des Mai anzutreffen.
Ein Exemplar erhielten wir aus Darasun und zwei aus Kultuk.“
86 L. Taezanowski:
131. Calandrella brachydactyla (Leisl.) „In den Ge-
genden von Kultuk im Durchzuge und sehr selten, erscheint im An-
fange Mai; im Herbste ist er gar nicht zu sehen. Eben so selten
in den Gegenden von Darasun.“
-- 132. Alauda arvensis L. „Kommt in die Gegenden von
Kultuk im Durchzuge in den letzten Tagen des März, und ver-
bleibt bis Mitte April. Erscheint im Herbste im September und
verbleibt bis zum 20. October. Nistet unweit Irkuts und des Au-
gara-Flusses. In den Gegenden von Darasun ganz gewöhnlich, wo
das Weibchen auch brütet.“ —
133. Otocorys alpestris (L.). „Im Frühjahr im Durchzuge
vom 9. bis 30. Mai, im Herbste erscheinen sie häufiger und der
Durchzug dauert vom 6. September bis zum 10. October.“
134. Otocorys albigula (Brandt). „In Kultuk gar nicht
zu sehen. Im Herbste sahen wir sie auf den Steppen in der Nähe
des Sees Kosogol, wo sie auch einheimisch ist und auch brütet. In
der Gegend von Darasun auch nicht selten und auf den umliegen-
den Steppen nistend.“
135. Plectrophanes nivalis (L.).. „Kommt auf den Win-
ter; ziemlich häufig im Herbstdurchzuge, aber selten im Winter,
erscheint Mitte October, zieht Anfangs April ab.“
+136. Plectrophanes lapponicus (L.). „Nur in Durch-
zügen sichtbar, dagegen im Herbste sehr häufig. Die Frühlings-
durchzüge fangen in der zweiten Hälfte April, die Herbstdurchzüge
in der ersten Hälfte September an.“
137. Emberiza leucocephala S. G. Gm. Emberiza pi-
thyornus Pall. „In Frübjahrsdurchzügen sehr häufig. Sie kommt
als die erste unter den Ammern im Frühlinge. 1868 sahen wir sie
zum ersten Mal den 3. April. Nach der Ankunft hält sie sich ge-
sellig auf den mit vereinzelten Wäldern bewachsenen Bergabhängen
auf, wo sie auf der Erde Nahrung sucht, oder auch auf besäten
Feldern. Niemals sahen wir sie auf Steppen. In ihren Sitten hat
sie die grösste Aehnlichkeit mit unserer Goldammer, doch zieht
sie auf den Winter gänzlich ab.
„Nistet am Rande der Wälder und Gebüsche, immer an
offenen Orten. Das Nest baut sie auf der Erde in einer kleinen
Vertiefung unter einem Baumstamme, Strauche, einem auf der Erde
liegenden Aste oder auch unter einem Rindenstücke. — Von Aussen
ist es aus dicken verdorrten Kräutern, im Inneren glatt, mit feinen
zarten Gräsern und mit etwas Rosshaaren ausgestopft. Die Aus-
Bericht über die ornithol. Untersuchuigen des Dr. Dybowski. 87
messung des äusseren Durchmessers 130 Mm., die Höhe 50, der
innere Durchmesser 60, die Tiefe 30 Mm. —
„Ende Mai legt das Weibchen 4—6 Eier, mit einem blass-
rosigem, violett oder grünlichem, in jedem Gelege gleichförmigen
Grunde, auf der ganzen Oberfläche mit zahlreichen braunen Schnör-
keln und Streifen mehr oder weniger kurzen und dunklen, mit
blassen vermischten Fleckehen. Diese Eier haben die grösste Aehn-
lichkeit mit denen der Goldammer, doch sind sie mehr bunt. Man
findet wohl weniger gefleckte Exemplare, andere mit kleinen
Striehen und bleichen Fleckchen fast ganz ohne dunkle Schnörkel.
Die Maasse der Eier von verschiedenen Gelegen: 23—16; 22,5—
16; 21,5— 16,5; 21,5— 15,5; 20,5—16,5 Mm. — Die grösste Dicke
fällt meistens auf !/, Länge. —
Das Weibchen sitzt allein auf den Eiern, und das Männchen
sitzt in der Nähe auf einem dürren Aste und singt sehr ähnlich
der Goldammer, nur ist die Stimme mehr rauh. Das Weibehen
sitzt fleissig und fliegt beinahe unter den Füssen aus, flattert mit
den Flügeln, als wenn es verwundet wäre, um dadurch den Feind
vom Neste abzuführen. Wenn die Jungen das Nest verlassen, über-
lässt sie das Weibchen der Pflege des Vaters, und baut allein ein
neues Nest, wo es Mitte Juli auf dem zweiten Gelege sitzt.
„Die Herbstdurchzüge dauern beinahe bis zum Ende Septem-
ber. Während dieser Zeit halten sie sich in kleinen Schaaren und
suchen ihre Nahrung besonders auf Hafer- und Buchweizenstoppel-
feldern. — Einzelne Individuen sah man sogar am 18. October.“
138. Emberiza cioides Brandt. — KEmberiza cia Pall.
„Diese Art ist hier einheimisch, hält sich auf Abhängen der beson-
ders gegen Süden ausgestellten Gebirge auf, die selten mit Bäumen
bewachsen sind. (Solnopioki.) Ziemlich häufig in der Gegend von
Kultuk, häufiger in der Nähe des Flusses Onon und sehr selten bei
Darasun.
„Fängt zu brüten in der zweiten Hälfte des Mai an, baut das
Nest in einer Vertiefung unter einem Strauche, am häufigsten eines
wilden Aprikosenbaumes, nahe den Gipfel eines Berges sorgfältig
versteckt. Das Nest ist kleiner als das der vorigen Art, ganz aus
dürren, immer und immer dünneren und feineren verdorrten Grä-
sern gebaut, inwendig mit Ross- und Viehhaaren, doch nicht dick
ausgepolstert. Ein dauerhaftes, doch nicht dichtes Gewebe. Aus-
messung: der äussere Durchmesser 115, Höhe 45, der innere Durch-
messer 65, die Tiefe 25 Mm.
88 L. Taczanowski:
„Die gewöhnlichsten Gelege bestehen aus 4, selten 5 Eiern,
welche den Eiern der E. eia ähnlich und die schönsten in diesem
Lande sind. Der Grund ist weisslich mit violettfarbigem Anstrich,
geziert am dickeren Ende mit einem schönen Kranz, welcher aus
langen, zarten, dunkelbraunen, auf verschiedene Art durchwebten
und durchkreuzten Schnörkeln besteht. Der Rest der Oberfläche
ist entweder rein, oder enthält etliche kleine, wenig bemerkbare
Schnörkel. Einige von diesen Schnörkeln verbreitern sich an man-
chen Stellen in dicke dunkle Flecke. Einige Exemplare giebt es,
die den Eiern der E. hortulana in der Fleckung ähnlich sind, eben so
mit dicken Flecken und sehr kurzen, an der Oberfläche zerstreuten
Schnörkeln bezeichnet, ohne einen regelmässigen Kranz. In
jedem Falle finden sich etliche aschgraue, wenig deutliche
Flecke und Schnörkel vor. Maass der Eier von verschiedenen Ge-
legen: 22—15,5; 22—16; 21—15,5; 20—15,5; 20—16; 19—
16,5. —
„Um Mitte Juni fanden wir frisch ausgebrütete Junge, oder
stark bebrütete Eier. Der Gesang des Männchens ist sehr melo-
disch, doch oft unterbrochen, so wie der anderer Ammern; singt
immer auf einem Aste, in der Nähe des Nestes sitzend; bei
der Annäherung des Menschen warnt er durch ein Angst-
geschrei, worauf das Weibchen zu Fuss sich entfernt und erst
in einiger Entfernung vom Neste sich auf den Flügeln erhebt. —
Dieser Umstand, verbunden mit der Unbequemlichkeit, auf steilen
Bergabhängen zu klettern, wo sie nisten, erschwert die Auffindung
derselben.“
139. Emberiza Giglioli Swinh. „Das erste Mal sahen
wir sie in Kultuk, ein Exemplar war 6. October 1870 geschossen,
im December 1871 waren 7 Exemplare erlegt. Sie halten sich mit
E. eioides zugleich auf den gegen Süden gekehrten Bergabhängen
und sind nicht so selten, wie wir von Anfang an meinten. Ob sie
hier nisten, wissen wir nicht.“ '
Diese Art ist ähnlich, jedoch vortreftlich von der europäischen
E. eia L. unterschieden, denn die Farbe der Augenbrauen, der
Seiten des Kopfes, des Halses und der Vorderbrust ist bei ihm
einförmig blauaschgrau, doch dunkler, wie bei dem europäischen
Vogel. — Diese Farbe verbreitet sich weiter auf die Brust und auf
die Halsseiten. Anstatt der schwärzlichen Streifen am Oberkopfe
eben solche braunröthliche, ebenso einen Streifen um das Auge und
auf dem Unterkiefer, ebenso findet sich ein Querstreif hinter dem
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 89
Ohre, doch wegen seiner Farbe und seines umgebenden Grundes
scheint er weniger deutlich zu sein. Uebrigens alles wie beim
europäischen Vogel.
140. Emberiza spodocephala Pall. „Diese Art ist hier
sehr häufig, nicht selten in der Gegend von Kultuk, sehr zahl-
reich in Piotrowsk, seltener in der Gegend von Darasun und am
Ononflusse. Kommt Ende Mai an, hält sich auf mit Sträuchern
bewachsenen Wiesen in der Nähe der Flüsse und Bäche auf. Baut
das Nest auf Weiden-, Birken-, Johannisbeeren-, Spirea-Sträuchern
etc. !/; Meter von der Erde hoch, oder ganz auf der Erde, zuwei-
- len auf Aesten junger Birken. Die an kleinen Aesten gebauten
sind sorgfältiger gebaut, als jene auf der Erde. Sie sind aus
trockenen, zarten, elastischen Kräutern und Gras gebaut, inwendig
reich mit dicken Schichten von Ross- und langen Viehhaaren aus-
gepolstert. Das Gewebe nicht ganz dicht, doch dauerhaft genug.
Der Durchmesser 90, Höhe 50, der Durchmesser des Innern 55,
Tiefe 35 Mm.
„Mitte Juni lest das Weibchen 4—6 Eier, diese sind mehr
denen der Sperlinge und Plectrophanen als denen der anderen eigent-
lichen Ammern ähnlich. Ihr Grund ist weiss mit grünlichem, röth-
lichem oder graulichem Anstrich, im grossen Theile mit unregel-
mässigen bräunlichen oder braunröthlichen ziemlich dunklen und
hellgrau violetten Flecken bedeckt. Diese Flecken sind weniger an
der Oberfläche als an manchen Stellen dichter angebracht, so dass
sie beinahe ganz das Ende oder einen andern Theil der Oberfläche
bedecken; doch auf einigen seltenen Exemplaren lassen sich ein
oder etliche zarte, weniger lange, gleichsam zusammengemachte
Schnörkel bemerken, wie man es auch ausnahmsweise auf den
Eiern der gelben Bachstelze, des Wiesenpiepers trifft. Die Schale
zarter als bei allen mir bekannten Eiern der Ammern. Das Maass
der Eier von verschiedenen Gelegen: 19,5—15; 19—15; 19—14,5;
17,5—14,5 Mm. — Die grösste Dicke gewöhnlich in der Mitte und
selten bei 1/;. —
„Das Weibchen sitzt fleissig auf den Eiern, und bei Annäherung
des Feindes fallen ihn beide hartnäckig an. Das Männchen sitzt
auch auf den Eiern. Früh und Abends singt das Männchen mit
ziemlich melodischer Stimme ein kurzes Lied. Sie ziehen Mitte
September fort.“ —
141. Emberiza rustica Pall.e. — „Diese Ammer ist ganz
gewöhnlich in Frühlingsdurchzügen, erscheint Mitte April und ver-
90 L. Taezanowskiı:
weilt bis zur ersten Hälfte des Mai, im Herbste kommt sie im Sep-
tember und bleibt bis zum 23. October.“
142. Emberiza pusilla Pall.e — „Während der Durch-
züge ziemlich häufig, erscheint Anfangs Mai. Im Sommer trafen
wir sie auf ziemlich bedeutenden Berganhöhen an, jedoch noch in
den Regionen der Lärchenwälder, dort müssen sie auch nisten. Im
Herbste kommen sie im Anfange des Septembers in den Thälern
an und verbleiben beinahe bis zum Ende dieses Monats, aber ein-
zelne Exemplare sahen wir bis 23. October.“
143. Schoenicola arundinacea Bp. — „Erscheint hier
nur während des Durchzuges, doch nicht selten. Kommt Mitte
April an und verbleibt bis zu den ersten Tagen des Mai; im Herbst
kommt sie in der zweiten Hälfte Septembers an und verbleibt bis zu
den ersten Tagen des October.“
144. Schoenicola PallasiiCab. - „Während der Durch-
züge sind sie häufiger als die vorigen; kommen Mitte April an
und bleiben bis zu den ersten Tagen des Mai. Im Sommer sahen
wir Exemplare dieser Art in den Chamardaban-Gebirgen an der
Grenze der Wälder bei den Quellen des Bystraiaflusses; sie müssen
dort auch nisten. — Im Herbste kommen sie um die Hälfte des
Octobers und bleiben bis zum Ende dieses Monats.“
145. Euspiza aureola (Pall.).. — „Diese Art ist sowohl
zur Durchzugs- wie zur Brütezeit unter den Ammern die gewöhn-
lichste. Kommt um die Mitte Mai, nistet überall in den Thälern
und verbreitet sich bis an die Grenzen der Wälder, wo sie jedoch
seltener ist als in den Thälern. — In Steppen ist sie überall, wenn
es nur Sträucher oder grösseres Unkraut giebt. —
„Das Nest bauen sie auf der Erde im Grase auf trockenen
Wiesen, oder auf Sträuchern 1 Meter über der Erde hoch. Mitte
Juni legt das Weibchen 4—5, selten 6 Eier. Am Sitzen nimmt
auch das Männchen Theil. — Dieses letztere wiederholt uner-
müdet sein monotones, mit melodischer Stimme gesungenes Lied.
Das Weibchen brütet hart, fliegt unter den Füssen auf, flattert an
der Erde fort, um den Feind abzuführen. Die Jungen, wiewohl
zum Fluge nicht fähig, verlassen das Nest und verstecken sich im
Grase. Bei den Kindern fallen die Eltern den Feind hartnäckig
an. Sie ziehen gegen Ende September oder Anfang October fort.“
146. Euspiza rutila (Pall.). — „Nicht selten, aber weil sie
nach ihrer Erscheinung gleich in wenig bewohnte Orte wegfliegen,
scheinen sie schr selten zu sein. Sie kommen in der Mitte des
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 91
Mai an und bewohnen die mit Lärchenbäumen bewachsenen Berge.
Sie bauen ihr Nest in unzugänglichen, mit dichten Sträuchern des
wilden Rosmarin (Zedum palustre) und liegenden Bäumen bedeck-
ten Orten. — Sie bauen auf der Erde und so sorgfältig versteckt,
dass man es nur zufällig finden kann. In Gelegen fanden wir
5 Eier. Das Nest ist gemacht aus Haimen und trockenem Grase
mit etwas Rosshaaren, inwendig mit dünnen und ziemlich leichten
Wänden. Das Maass: der äussere Durchmesser 90, Höhe 40, der
innere Durchmesser 70, Tiefe 25 Mm.
„Die Eier sind kurz, dick, mit bedeutend schmälerer Spitze.
Ihr Grund ist blassgelb rostfarben, mit zahlreichen braunrotkfarbe-
nen, nicht viel dunkleren als der Grund, unregelmässig auf der
Oberfläche zerstreuten Flecken, gleichsam wie die der Lerchen und
Bachstelzen, neben dem giebt es noch etliche gekrümmte Streif-
chen oder bräunliche, sehr dunkle, aber kurze und wenig deutliche
Schnörkel. Das Maass: 18,5 -14; 18-14; 17,5—14 Mm. Die
grösste Dicke beinahe in der Mitte.
„Während das Weibchen brütet, singt das Männchen auf dem
Aste eines nicht hohen Baumes. — Von der Zeit ihres Fortzuges
kann man nichts Bestimmtes sagen.“
147. Passer montanus (L.). — „Ist überall zu finden,
hält sich sowohl im Winter als auch im Sommer nahe den Dörfern
oder in ihrer Umgegend.“
148. Passer domesticus (L.). — „Ist viel seltener als der
vorige, besonders in Dörfern, in der Stadt Irkutsk aber so häufig
wie der vorige. In Kultuk sehr selten.“
149. Fringilla montifringilla (L.). — „Ist im Frühlinge
und Herbste sehr häufig, verbleibt zur Brütezeit in sehr geringer
Anzahl. Im Sommer hält er sich in feuchten, dieht mit Wald be-
wachsenen Thälern auf. Die Frühlingsdurchzüge fangen in der
ersten Hälfte Mai, die Herbstzüge aber in der ersten Hälfte Sep-
tember an und dauern bis zur Hälfte October. Wir fanden kein
Nest.“
150. Leucostiete arctoa (Pall.).. — „Nistet auf Felsen-
gebirgen ausserhalb der Waldgrenzen. In der Mitte Juli’s sind die
Jungen schon im Fluge. In dem ersten Kleide sind sie dem Weib-
chen ähnlich mit eben so weisslichen Flügeln. Im Winter sind sie
nicht anzutrefien.‘“
151. Leucosticte Giglioli Salvadori. — „Kommt im Win-
ter an und hält sich in dieser Jahreszeit auf Abhängen der Felsen-
99 L. Taezanowski:
gebirge auf, welche gegen Süden zugekehrt sind. Während eines
Schneegestöbers und auch am Tage, wenn der Schnee am Morgen
gefallen ist, kommen sie schaarenweise in die Dörfer und suchen
Nahrung auf den Tennen (welche man hier unter offenem Himmel
einrichtet, indem man sie mit kaltem Wasser begiesst). An frostigen
und hellen Tagen trafen wir sie niemals in der Nähe der Dörfer
an. In der Mitte März fliegen sie weg.
„Ein im Käfige gehaltenes Exemplar war so zahm geworden,
dass es mit einer stillen, aber sehr angenehmen Stimme sang,
welche etwas an den in der Ferne gehörten Lerchengesang erin-
nerte, wobei es das dem Spatzen ähnliche Zwitschern wiederholte,
Dieser Vogel lebte bis zum Juni und starb in einer Art von Con-
vulsionen.“
152. Leueostiete brunneinucha Brandt. — „Ein einziges
Exemplar eines Weibchens dieser Art wurde im Winter in der
Schaar der oben genannten Art der Vögel geschossen.“
153. + Acanthis linaria (L.). — „Kommt im Winter unge-
fähr den 20. October an, ist in dieser Jahreszeit gewöhnlich und zieht
etwa den 20. März weg. Das Nest mit Eiern fand man in den
Daurischen Gebirgen.“
154.+ Acanthis canescens Bp. — „Kommt hier gleichzeitig
mit den vorigen an und zieht gleichzeitig mit ihnen weg.“ —
155. Carduelis orientalis Ewersm. — „Vier Exemplare
dieser Art erschienen in Kultuk am 14. October 1870 und diese
wurden geschossen; mehr traf man deren nicht an.“
156. Coceothraustes vulgaris Ray. — „Diese Art ist
hier selten, zur Sommerszeit bemerkte man sie in einer sehr ge-
ringen Anzahl in den mit Vogelpflaumen bewachsenen Sträuchern;
sie muss wahrscheinlich hier auch in der Nähe nisten.“
157. Corythus enueleator (L.). — „Kommt im Winter
und ist ziemlich gewöhnlich; nistet in einer kleinen Anzahl auf den
Chamardabanbergen, wo wir sie in der Sommerszeit sahen. Es
waren etliche Alte mit ganz erwachsenen Jungen.“
An den sibirischen Männchen ist die rothe und an den Weib-
chen die gelbe Farbe weit lebhafter als an den europäischen Vögeln.
158. Carpodacus roseus (Pall.). — „Dieser Vogel ist hier
ziemlich gemein; zur Sommerszeit sieht man ihn weder in Kul-
tuk, noch in der Darasungegend; er überwintert in einer sehr ge-
ringen Zahl. Im Frühjahre kommt er in grossen Schaaren Ende
März, der Durchzug dauert bis zur Hälfte April; einzelne Exem-
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 93
pläre verweilen bis zur Hälfte des Mai. Im Herbste erscheint er
vom 25. September an, und bis zum 4. October dauert der Durch-
‚zug. — Nach Angabe des Herrn Czekanowski nisten sie in den am
Angarafluss unweit des Dorfes Paduna gelegenen Thälern.“
159. Carpodacus erythrinus (Pall.). — „Hier gewöhn-
lich, kommt immer in der zweiten Hälfte des Mai an; wir glauben
daher, dass die Beobachtungen der Herren Middendorff und Radde
fehlerhaft sind, und wahrscheinlich haben diese beiden Gelehrten
den C. roseus für erythrinus genommen, denn anders kann dieser
Irrthum nicht erklärt werden. In den Thälern verbreitet er sich
bis an die Waldgrenzen, nistet gewöhnlich auf den Sträuchern der
Betula nana, 1‘, —2 Meter hoch.*) — Das Weibchen legt in der
Mitte Juni 4—5 Eier. Auf den sich nahenden Menschen fallen
beide heftig ein. Sie ziehen früher als der vorige Vogel weg.“
160. Uragus sibirieus (Pall.). — „Diese Art gehört zu
den einheimischen, in der Gegend von Kultuk ziemlich selten, in
Daurien sehr gewöhnlich. Den Winter durch verweilt er auf den
gegen Süden zugekehrten Bergabhängen, im Sommer zieht er in
die Thäler hinab und hält sich meistentheils in den an Flüssen und
Bächen gelegenen Gebüschen oder in Oertlichkeiten auf, welche hier
allgemein „Kolki“ genannt werden, das sind dichte Haine von Bäu-
men und Sträuchern, welche die an Anhöhen und Rändern der
Steppen gelegenen Quellen umgeben. — Niemals trifft man sie in
der Tiefe der Wälder. In der Hälfte des Juni, wenn die Bäume
dicht belaubt sind, beginnen sie ihre Nester auf Zwergbirken, selte-
ner auf Weiden oder jungen Lärehenbäumen zu bauen, in der Höhe
von 1, —2 Meter. Nur einmal sahen wir sie auf einem alten
Lärchenbaume.
„Das Nest bauen sie immer so nahe als möglich an den Haupt-
stamm, Es ist so fleissig und künstlich gebaut, dass man sich
wundern muss, wie ein Vogel mit einem so dicken und kurzen
Schnabel ein so künstliches Gewebe machen kann. Die Gestalt und
das ganze Aeussere ist in gewisser Entfernung dem Neste einer
Sylvia hypolais ähnlich, zumal da es eben so weisslich ist. Es ist
aus Halmen verschiedener dürren, mehr oder weniger an der Sonne
ausgebleichten, mit einer grossen Menge von Nessel-, Weiden-
u.s. w. Fasern durchwebten Kräutern gebaut. Manchmal gebraucht
der Vogel eine bedeutende Menge von Kaunenkraut; oft überwiegen
*) In der Gegend von Warschau nistet er gewöhnlich auf den Sträu-
ehern der Dornen, Erlen und im Hopfen.
94 L. Taczanowsk::
die Pflanzenfasern das andere Material. Das Innere ist reichlich
mit feinem und zartem, mit Hasen-, Reh- und Rosshaaren und der-
gleichen mehr vermengtem Grase ausgepolstert; manchmal auch
init einer gewissen Anzahl von Vogelfedern und Flaum, deren Ober-
fläche vollkommen der allgemeinen Oberfläche des Innern ange-
passt ist. Die Wände des Nestes sind ziemlich diek, dicht und
vollkommen am Rande ansgeglättet Die Gestalt ist mehr oder
weniger kegelförmig, ziemlich hoch, deren Spitze den ganzen Raum
zwischen den Aesten, wo es angebracht ist, ausfüllt; die Aeste aber
sind nicht mit dem Gewebe umstrickt; es giebt auch Nester, welche
gewöhnliche halbkugelige Gestalt haben. Das Maass der beiden
ähnlichen Varietäten ist folgendes:
„1) Die Höhe 110 Mm.; der äussere Durchmesser 90; der in-
nere Durchmesser 55; die Tiefe 43. —
„2) Die Höhe 75 Mm.; der äussere Durchmesser 86; der in-
nere Durchmesser 56; die Tiefe 43. —
„Das gewöhnliche Gelege besteht aus 4, selten aus 3 oder 5
Eiern. — Die Eier sind sehr denen des €. erythrinus ähnlich, doch
etwas kleiner, die blaugrünliche Grundfarbe ist stärker und gewöhn-
lich die Punkte und Fleckchen dicker und schwärzer. Diese Flecken
sind ebenso am dickeren Ende angebracht, an der übrigen Ober-
fläche nicht zahlreich oder gar nicht zu sehen. Sie sind überhaupt
unregelmässig und oft mit verschieden gestalteten, doch immer kur-
zen Striehen versehen. Die grössten Fleckehen sind den Gummi-
tintefleckchen ähnlich. — Das Maass der Eier von verschiedenem
Gelege: 19,2—13,5; 19—13,4; 19—15,2; 19—13; 13,4—13,4; 18.
—14; 19,2—14,5.
„Man kann dem Vogel niemals auf dem Neste beikommen, denn
er verlässt es gleich, wenn sich der Mensch durch Gebüsche ihm
nähert, und entfernt sich weit, von wo er sein Pfeifen hören lässt. °
Wenn man länger beim Nest verbleibt, erscheint der Vogel dann
und wann etliche Schritte weit, pfeift etliche Mal und entfernt sich
sogleich, doch fällt er den Feind niemals an. Der Gesang des
Männchens ist leise, doch angenehm.
„Wir haben uns etliche Mal überzeugt, dass dieser Vogel die
Kuckukseier nicht annehmen will, sondern er zerstört sogleich sein
Nest und nimmt die Materialien davon zum Baue eines andern.
Wir trafen daher blaue, schwarzgefleckte, sichtbar für diese Vögel
vorbereitete Kuckukseier in dem Neste des Phyllopneuste fuscatus,
der sie ausbrütet, obwohl sie mit den seinigen keine Aehnlichkeit
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr.Dybowski. 95
haben. Wenn der Uragus seine Eier verloren hat, verlässt er so-
gleich die Gegend und fängt den Bau eines neuen Nestes an.
„Obwohl der Vogel den Winter im Lande zubringt, so verlässt
er doch manche Gegenden in dieser Jahreszeit, z. B. die nahe an
Darasun liegenden Gegenden, wo er sich im October entfernt und
dort im Winter sehr selten anzutreffen ist.“
161. Uragus sanguinolentus Temm. et Schl. — „Eine -
sehr seltene Form; nur ein einziges Paar wurde in der Gegend
‘ von Kultuk geschossen und nur ein Männchen in Darasun.“
162. Pyrrhula eoccinea Selys. „Einheimisch in hiesigen
Gegenden, im Winter und Frühjahre zahlreicher als im Sommer.
Während der Brutzeit verbleibt nur eine kleine Zahl. Nistet in
den hoch in die Berge sich ziehenden Thälern, die mit rothen Tan-
‚nen und sibirischen weissen Tannen bewachsen sind. Legt 5 Eier.“
+163. Pyrrhula eineracea Cab.? — „Seltener als die vorige
Art, etliche Exemplare bekamen wir aus Darasun und Kultuk.“
‘(Siehe Journ. f. Ornith. 1871, p. 318. und 1872, p. 316.)
+164. Pyrrhula Cassini Baird. — „Kommt hier nur zum
Winter, ist ziemlich selten; hält sich auf den gegen Süden gekehr-
ten Bergabhängen auf; nährt sich mit Grassamen, den er auf der
Erde aufsucht, denn auf diesen Orten hält sich der Schnee nicht.
Kommt Ende October an, zieht Anfang April fort.“ (Siehe dieses
Journ. 1871, p. 318. und 1872, p. 315.)
165. Zozia curvirostra L. — „In der Gegend von Kultuk
selten, häufiger in Darasun. Im Sommer hält er sich auf den
Gipfeln der mit Zirbelbäumen bewachsenen Berge auf, wo er wahr-
scheinlieh auch nistet, im Winter fliegt er herunter und bewohnt
die Lärchenbaumwälder.“
166. Loxwia bifasciata Selys. — „In der Gegend von Kul-
tuk sehr selten, häufiger in Darasun. Hält sich auf Bergen in den
Regionen der Lärchenbaumwälder auf, wo er auch nistet. In Ir-
kutsk fangen ihn die Vogelsteller und halten ihn in Käfigen. —
Man sagt, dass er geschwind zahm wird und ziemlich leidlich singt.“
167. Cuculus indieus Cab. — „Weit häufiger als der fol-
gende Kuckuk, fängt an in der zweiten Hälfte des Mai zu locken.
Die von Weitem gehörte Stimme ist den stumpf ausgesprochenen
Silben bum-bum ähnlich, in der Nähe aber klingt es wie ku-kum,
die erste kurz, die zweite mit Accent, beide stumpf, gedrückt.
Lockt bis Ende Juni. Legt seine Eier gewöhnlich in die Nester
des Anthus agilis.“
96 L. Taczanowski:
Ausser den von Dr. Cabanis*) beim europäischen Kuckuk an-
gezeigten Unterscheidungszeichen giebt es noch, wie es scheint,
sichere Unterschiede in der Farbe, nämlich die aschgraue Farbe
auf den oberen Theilen des Körpers ist heller, mehr in’s Bläuliche
fallend, der Bauch ist mehr oder weniger mit einer rostigen Schat-
tirung überzogen, beinahe so wie auf den Unterschwanzdeckfedern
beim europäischen Vogel; diese letzteren aber sind bei sibirischen
Exemplaren des C. indicus weit stärker rostig, aber solehe Schat-
tirung überwiegt an den unteren Flügeldecken. Eine unter den
Weibchen, dem rostigen Weibchen des europäischen (C. rufus Bechst.)
ganz ähnlich, gehört aber ohne Zweifel zu dieser Abart; es ist
kleiner als das Männchen und hat eben so rostige Unterdeckflügel
und eine mehr rostige untere Schwanzdecke. Bürzel und obere
Decke des Schwanzes mit schwarzbraunen breiten Querstreifen ge-
zeichnet. Es ist ein wenigstens zwei Jahre altes Exemplar, denn
er hat eine Mischung von zweijährigen Federn an sich, woraus man
sieht, dass es auch ferner die rostige Bekleidung behalten würde.
Die Jungen zeigen ebenso wie die europäische Form in der ersten
Befiederung viele Veränderungen der Farbe.
168. Cuculus canorinus (Cab. (C. canoroides Müll.) —
„Weit seltener als der vorige, seine Stimme lässt sich hier ohne
Vergleich seltener hören. Fängt Mitte Mai an zu rufen. Legt
seine Eier gewöhnlich in das Nest des Phyllopneuste fuscatus und
des Anthus Richardü.“ (Siehe Journ. f. Ornith. 1872, p. 235.)
169. Iynz torguilla L. — „Selten, erscheint gegen die
Mitte des April, im Sommer sah man ihn in Thälern.“
Ein männliches Exemplar aus Darasun hat die Grundfarbe des
ganzen Unterkörpers rostgelblich, bei allen anderen Exemplaren
ist der Bauch weisslich wie bei den europäischen Vögeln.
170. Geeinus canus (Gm.). — „Gehört zu den hier be-
ständig wohnenden Vögeln, im Herbste und Frühlinge häufiger als
im Sommer, im Winter hält er sich in der Nähe der Dörfer auf,
kommt sogar zu den Wohnhäusern, und wir sahen, wie er Zirbel-
nüsse, die unter dem Strohdache aufbewahrt waren, davontrug.
Indem ich von Zirbelnüssen spreche, muss ich erwähnen, dass sie
hier zur Nahrung vieler Thiere dienen, so zum Beispiel unter
Hausvögeln essen sie: Hühner, Gänse, Tauben, Truthähne; unter
wilden Vögeln: Sperlinge, Meisen, Kleiber, Grauspechte, Tannen-
häher, Eichelhäher, Kreuzschnäbel, Fichtengimpel etc.; unter Säuge-
*) Museum Heineanum IV, p. 35,
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 97
thieren: Hunde, Schweine, Kühe, der Zobel, Fuchs, Bär, Dachs, si-
birische Iltis, die Mäuse, Aypudaeus-Arten, das Eichhorn und
Tamias.“
Dieser Specht zeichnet sich durch eine mehr aschgraue Farbe
als bei europäischen Vögeln aus; es giebt überwiegend aschgraue
Individuen, mit sehr geringem Anstriche von grüner Farbe, doch
sind auch fast eben so grüne dabei, wie die europäischen Exemplare.
171. Dryopicus martius (L.). — „Ist hier einheimisch
und ziemlich häufig; nistet in Lärchenbäumen; Ende April fängt er
zu brüten an.“
172. Picus leuconotus Bechst. — „Gehört zu den ein-
heimischen, doch seltenen Bewohnern; überhaupt ist er weisser als
die europäischen Vögel.“
173. Picus major L. — Ist hier einheimisch, ziemlich ge-
wöhnlich. — Die Jungen verlassen Ende Juni ihr Nest.“
174. Picus kamtschatkensis Malh. — ‚Ist hier zu Hause;
überhaupt mehr weiss als die europäische Form, doch man findet
auch dunklere Exemplare, aber sie kommen niemals zur gänzlichen
Aehnlichkeit mit jenen.“
175. Picoides crissoleucus Brandt. — „Ist hier einhei-
misch und ziemlich häufig, im Winter hält er sich in ausgebrann-
ten Lärchenwäldern auf.“ — Ebenso wie bei der vorigen Art ist
die Farbe nicht gleichfarbig, doch trifft man nie so dunkle Indi-
viduen wie bei der europäischen Form.
176. Columba rupestris Bp. — „Sie ist hier in einem
halbhäuslichen Zustande, nistet unter Dachecken, in Ritzen und in
Felsenspalten. Brütet mehrere Mal in einem Jahre. Die Männchen
jagen das ganze Jahr den Weibehen nach, Die letzteren fangen
schon im Februar zu nisten an und hören im September auf. Die
Stimme des Männchens ist etwas anders als die der europäischen
Taube, der Flug schneller, so dass sogar der Sperber sie nicht er-
reichen kann. Die grösste Verwüstung richten unter ihnen in Dör-
fern die Katzen und in Felsen die grossen Uhu (.Bubo sibiricus) an.“
177. Turtur rupicola (Pall.). — „Ist hier gewöhnlich;
kommt in der ersten Hälfte des Mai an. Nistet in dichten Ge-
büschen in der Nähe der Bäche und Flüsse, oft auf dem Stamme
eines gesenkten Baumes, wenn derselbe mit dichten Aesten be-
wachsen ist, in einer Höhe von 11/,—2 Meter. Baut das. Nest aus
trockenen Birken- oder Lärchenbaumzweigen, ganz platt und so
lose, dass die Eier von unten sichtbar sind. Das erste Mal legt
Cab. Journ. f£. Ornith, XXI. Jahrg. No. 122. März 1878. T
98 L. Taczanowski:
das Weibchen die Eier im Mai, das zweite Mal Ende Juni. Sitzt
auf dem Neste hart, doch einmal verscheucht, fliegt es weit und
kehrt nicht so bald zurück. Im Herbste ziehen sie in der ersten
Hälfte des October fort, einzelne Exemplare bleiben bis zum Ende
dieses Monats und in Steppengegenden den ganzen Winter durch.“
Das Maass der Eier dreier Gelege:
1 er Mm. 9 er Mm. 3 Des —25 Mm,
"137,7—-26 "132 —24 "132—25
178. Tetrao tetrix L. — „In den Gegenden von Kultuk
sehr selten, in den Baikalgebirgen niemals anzutreffen. Es scheint,
als ob er Seegegenden und überhaupt grössere Gewässer und die
unter ihrem Einflusse befindlichen Oertlichkeiten meiden wollte.“
179. Tetrao urogallus L. — „Ist hier überall zu finden,
besonders treffen wir ihn häufig in den Alpenwäldern.“
180. Tetrao urogalloides Midd. — „In den Kultukgegen-
den nicht anzutreffen, doch in den Gebirgen nicht selten. Die Bu-
riaten nennen ihn „Mongol-choir‘‘ und unterscheiden ihn nach der
Farbe des Schnabels wohl vom gewöhnlichen Auerhahne. Die
Russen nennen ihn „Gluchar-mungat“.
„In Daurien gewöhnlich, nistet dort in trockenen, mit Birken
und Lärchenbäumen bewachsenen Thälern. — Das Nest baut er
meistens unter einem gefallenen Baume im dichten Grase; legt
5—8 Eier.“ — Sie scheinen länger und schlanker zu sein als die
des gewöhnlichen Auerhahnes, in der Zeichnung aber bieten sie
keinen Unterschied dar. Das Maass: 62,5—40; 61,6—40,1; 60,5
—40; 59—40 Mm.
181. Bonasia betulina Bp. — „Ist hier überall anzutreffen.“
182. Zagopus mutus Leach. — „Bewohnt die Gebirgsan-
höhen ausser der Waldgrenze. In der Mitte Juli waren zwei Weib-
chen geschossen, von denen jedes nur ein Junges hatte. Eins da-
von war kurz vorher ausgebrütet, das andere zählte beinahe 10
Tage. In den Tunkischen Gebirgen ohne Vergleich häufiger als
in den Baikalischen Bergen. Während unserer Reise nach Koso-
golsee sahen wir ausser den Waldgrenzen ganze Schaaren dieser
Art.“
183. Lagopus albus Steph. (Tetrao saliceti Temm.). — „In
den Gegenden von Darasun nicht selten.“
184. Megaloperdiz altaica Gebl.? — „Ein grosses Reb-
huhn ist allen buriatskischen Jägern, welche die Anhöhen der Ir-
kutthäler bewohnen, unter dem Namen „Hoilak“ bekannt; nach
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 99
ihrer Beschreibung scheint es Megaloperdix altaica zu sein und
nicht selten in Alpenregionen der Tunkischen Berge anzu-
treffen.“
185. Perdixz barbata Verr. et D. Murs. — „Eine hier die
Bergabhänge dauerhaft bewohnende Art, hält sich gewöhnlich in
der Nähe von Ackerfeldern auf den Abhängen waldloser gegen
Süden zugekehrter Berge auf. Baut ebenso wie unser graues Reb-
huhn sein Nest, doch immer in einem Strauche. Das Gelege be-
steht aus 20-—-22 Eiern$ die sich von den Eiern des europäischen
Rebhuhnes gar nicht unterscheiden und ähnliche Veränderungen
der Färbung vorstellen. Das Maass der Eier verschiedener Ge-
lege: 36—27; 36—25; 35—27; 54—25; 33—26; 33—25,5; 32,5
26; 32,5—27; 32— 21. —
„Gewöhnlich verlässt das Weibchen, gewarnt vom Männchen,
das Nest, wenn sich der Mensch etliche Schritte nähert.
„Die Jungen gleich nach ihrer Ausbrütung und selbst in er-
ster Bekleidung unterscheiden sich gar nicht von der europäischen
Art, führen auch ebenso Familienleben in der Winterszeit.“
#18. Coturni® dactylisonans Mey. — „Ist hier selten,
man sah sie nur im Durchzuge; am 27. September wurde ein Exem-
plar geschossen. Nach der Aussage der Bewohner soll sie hier
zuweilen nisten; in den Thälern von Irkut soli sie öfters anzu-
treffen sein.“
187. Coturniz muta Pall. — „Ist gewöhnlich in den mit
Gewächsen bedeckten Steppen und auf den Anhöhen von Daurien.
Einige wenige Exemplare bringen hier den Winter zu. Nistet im
Grase oder im Gebüsche. Das Gelege besteht gewöhnlich aus 10
Eiern, die denen der vorigen Art ähnlich sind. Das Maass der
Eier von den verschiedenen Gelegen: 32-23; 31,3— 25,5; 31,3—
24; 31—24; 31-25; 29,8—22,8; 28,5—24; 27—22 Mm.
„Das Männchen hilft beim Sitzen. 1368 hörte man am 1. Juni das
- erste Anlocken.“
188. Otis tarda L. — „In Daurien gewöhnlich, manchmal
- trifit man sie in den Thälern von Irkut, in den Gegenden von Kul-
tuk kommen sie gar nicht vor.
„Man findet oft so schöne Exemplare, wie man sie in Europa
nie trifft; der Vorderhals ist mit mehr oder weniger langen, schma-
len Federn bedeckt, die eine sehr reiche Mähne bilden; der Schnurr-
bart ist viel reicher und ganz weiss; die rostigen Streifen des Ober-
körpers zarter als auf dem europäischen Vogel. Die jüngeren
N.
100 L. Taczanowski:
Männchen haben auch einen ganz reinweissen Schnurrbart und von
eben dieser Farbe den Vorderhals, jedoch ohne Mähne. —
„Sie kommen Anfang März an und nisten gewöhnlich im Juni,
doch fanden wir 1868 ein frisches Gelege Mitte Juli. Sie nisten
in unfruchtbaren Steppen oder in kleinen Gebüschen. Sie vernach-
lässigen und verlassen sehr leicht ihr Nest, sobald sie nur bemer-
ken, dass es vom Menschen entdeckt ist.“
Das Maass dreier Gelege:
e 76,5—56 Mm.
Ve. -
2 [76,4—54
189. Grusleucogeranus Pall. — „Selten in Durchzügen.*
190. Grus viridirostris Vieill. (montignesia Bp.). — „War
in Darasun gesehen.“
191. @rus leucauchen Temm. (antigone Pall.). — „War in
Kultuk nicht gesehen, in der Gegend von Darasun nicht selten.
1868 erschienen sie am 20. April und am 3. Mai fanden wir schon ein
Ei, doch nicht alle nisten zu gleicher Zeit, denn wir fanden noch
Eier nach Ende Juni. Nistet in sumpfigen Orten auf Steppen; das
Nest baut er aus trockenem Heu auf einer Erhöhung etliche Zoll
über der Oberfläche eines Sumpfes; es ist mehr oder weniger dick,
platt, mit einer Vertiefung in der Mitte. Das Gelege besteht aus
l oder 2 Eiern, die denen der europäischen Kraniche ähnlich sind,
doch im Allgemeinen bedeutend grösser und bauchiger, die Schale
ist mehr rauh und weniger glänzend. Das Maass der Eier von
vier Gelegen:
87—64,2 Mm. „95,264 Mm. 96,4—62,2 Mm.
060 . :196,8—65,6 3.9762
N 98,3—67 Mm.
107-673
„Das Weibchen sitzt sehr vorsichtig auf dem Neste, verlässt
es, so bald es den Menschen sich nähern sieht, und vernachlässigt
es leicht gänzlich.“
192. Grus einerea Bechst. — „In Kultuk sehr gewöhnlich
im Durchzuge. Die Hauptschaaren ziehen hier Mitte April, kehren
im August zurück. In der Gegend von Darasun gewöhnlich und
brütet.“
193. Grus monacha Temm. — „Selten im Durchzuge; im
Frühlinge kommt er Mitte Mai an; Ende August kehrt er zurück.“
194. Anthropoides virgo (L.). — „In Kultuk während
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 101
der Durchzüge nicht selten, nistet im Thale von Irkut in der
Nähe vom Changinskischen Posten. Erscheint in der ersten Hälfte
Mai; beim nahenden Herbste ziehen sie von vor Mitte August bis
Mitte September fort; einzelne Exemplare sahen wir bis zum 25.
d. M. — In der Gegend von Darasun gewöhnlicher, sie brüten auch
dort. Sie nisten auf felsigen Flussufern; seltener auf nackten Ber-
gen. Das Nest baut er aus kleinen Steinen, die genau an einan-
der passen, die Oberfläche davon ist platt oder etwas in der Mitte
vertieft; manchmal wählt er sich einen etliche Zoll über den um-
gebenden Boden erhöheten Ort, und alle Ritzen und Oeffnungen
füllt er mit Steinen aus. Im Juni und bis Mitte Juli sahen wir
Eier. Das Maass von vier Gelegen: N Mm.
82,3—53,9
2 82—52 Mm. 3 80—55,5 Mm. A Ka Mm.
-184,4—51,5 -(86,4—56,3 (85,8—54
„Wiewohl er weniger furchtsam ist als andere Kraniche, so
lässt doch das Weibchen in dem Neste nicht bis auf Schuss-
weite den Menschen sich nähern.“
+195. Strepsilas interpres L. — „Nicht selten während
der Durchzüge in Kultuk und in den Gegenden von Darasun,
kommt während des Herbstzuges 20. Juli und verweilt bis zum
Anfange October.“
-+196. Vanellus eröstatus Mey. et Wolf. — „Ziemlich häu-
fig während der Durchzüge; kommt Mitte April zur Brutzeit, ver-
bleibt in geringer Anzahl in der Gegend von Kultuk; in Darasun
ist er weit zahlreicher. Sie bleiben bis Mitte August.“
41-197. Squatarola helvetica (L.). — „Ist nur im Durch-
zuge, nicht selten; im Frühlinge erscheint er Ende Mai, im Herbste
Mitte September und verbleibt bis Mitte October.“
+198. Eudromias morinellus (L.). — „Während des
Durchzuges sehr selten in Kultuk, nistet ziemlich häufig auf platten
Gipfeln der Chamardabangebirge ausser der Waldgrenze. Mitte
Juli fanden wir schon halberwachsene Junge, doch andere waren
kaum aus dem Eie gekommen. Im Herbste war ein Exemplar in
Kultuk am 20. September geschossen.“
199. Charadrius fulvus Gm. — „Ist nur im Durchzuge
ziemlich häufig, im Frühlinge kommt er Mitte Mai an, im Herbst
zieht er Ende August fort und bleibt bis Ende September, einzelne
Exemplare sah man Ende October.“
—200, Aegialites hiaticula (L.). — „Erscheinen nur wäh-
102 L. Taczanowski:
rend des Durchzuges und selten; im Frühjahre kommen sie Mitte
Mai.“
+201. Aegialites fluviatilis (Bechst.). — „Eine hier ge-
wöhnliche Art, kommt Anfang Mai. Nistet auf nahe an Seen ge-
legenen, mit Schaber bedeckten Ufern. lm Herbste verbleiben sie
bis Ende September.“
- 202. Totanus glottis (L.). — „Während der Durchzüge
ziemlich häufig, kommt Mitte Mai, verweilt auf der Rückkehr bis zur
Hälfte September.“
203. Totanus fuscus (L.). — „Während des Herbstzuges
gewöhnlich zwischen 15. August und 15. September; im Frühlinge
sehr selten.“
47-204. Totanus glareola (L.). — „Sehr häufig während des
Durchzuges, im Frühlinge zeigt er sich Anfang Mai, kehrt Mitte
August zurück.“
205. Totanus ochropus (L.). — „Zeigt sich fast nur im
Durchzuge, gewöhnlich kommt er Anfang Mai. Da man im Som-
mer einzelne Exemplare trifft, so kann man schliessen, dass sie hier
nisten. Im Herbstzuge erscheinen sie Mitte Juli in grösserer An-
zahl. Dieser Umstand lässt vielleicht schliessen, dass die einjähri-
gen Jungen später nach Norden ziehen, und da sie ihre Brutgegend
nicht erreicht haben, so verbleiben sie bis Herbst in den näheren
Gegenden.“
206. Aetitis pulverulentus (Müll.). (Totanus brevipes Cuv.
Trynga glareola Pall.). — „Nur im Durchzuge sichtbar, selten, er-
scheint im Frühling gegen Ende Mai, im Herbste Mitte September.“
207. Actitis hypoleucos (L.). — „Dieser Vogel ist hier
gewöhnlich, kommt Anfang Mai und nistet nahe den Flüsschen.
Wir fanden ein Nest mit nur zwei Eiern und liessen es unberührt
zur Ergänzung des Geleges; unterdessen fanden wir nach zwei
Tagen weder die Eier, noch die Vögel, denn sie verliessen das
Nest und übertrugen die Eier in ein nicht weit davon in der Eile
neuerbautes Nest. Ein ähnlicher Fall trug sich in Daurien mit
Grus leucauchen zu, welcher ein Ei an einen neuen Ort übertrug.“
208. Terekia cinerea (Gm.). — „Im Durchzuge ziemlich
häufig; im Frühlinge kommt er Ende Mai an, verweilt während
der Herbstzüge den ganzen August durch.“
+ 209. Calidris arenaria (L.). — „Zugvogel, ist häufig,
kommt nach Kultuk Mitte August und verbleibt bis Mitte September.“
-"210. Lobipes hyperboreus (L.). — „Ziemlich selten wäh-
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 103
rend der Durchzüge, bemerkbar in der ersten Hälfte des Sep-
tember.“
211. Tringa crassirosiris Temm. et Schl. — „In Kultuk
gar nicht siehtbar, in Daurien schossen wir etliche Exemplare
während des Durchzuges.“
+212. Tringa canutus L. — „Selten, nur ein Exemplar war
in Kultuk am 24. August 1870 geschossen.“
+ 215. Tringa alpina v. chinensis Swinh. (T. Schinzü
Brehm?). — „Im Durchzuge gewöhnlich, erscheint im Frühlinge
Ende Mai, kehrt im Herbste in den letzten Tagen des August zu-
rück und verweilt bis Mitte September.“
+ 214. Tringa damacensis Horst. (T. minuta Auct.). —
„Zugvogel, sehr gewöhnlich, kommt im Frühjahre in der letzteren
Hälfte des Mai, im Herbste Anfangs August.“
215. Tringa salina Pall. — „In der Gegend von Darasun
gewöhnlich, kommt im Frühlinge gegen Ende Mai an, kehrt gegen
Ende August zurück und verweilt bis Ende September. In der
Gegend von Kultuk nicht gesehen.“
#216. Tringa subminuta Midd. — „Ziemlich selten im
Durchzuge, kommt im Frühlinge in der letzteren Hälfte des Mai,
im Herbste Anfangs August und verbleibt bis Ende dieses Monats.“
« 217. Tringa Temminckii Leisl. — „Sehr gewöhnlich im
Durchzuge, kommt im Frühlinge in den letzten Tagen des Mai, im
Herbste erscheint er um Mitte Juli und verbleibt bis Anfang Sep-
tember.“
-+ 218. Tringa subarguata L.— „Sehr gewöhnlich, erscheint
im Frühlinge Mitte Mai, im Herbste Anfangs August und verbleibt
bis Ende September.“
219. Limicola plaiyrhyncha (Temm.). — „Sehr selten
bemerkbar, im Herbste nur im Monat August.“
220. Machetes pugnas (L.). — „In Kultuk ziemlich sel-
ten, bemerkbar in der ersten Hälfte September, in der Gegend von
Darasun häufiger.“
221. Numenius minutus Gould. (N. minor Temm.). —
„Gewöhnlich im Durchzuge, im August am häufigsten, zieht im
September weg.“
+222. Numenius phaeopus (L.).. — „Nur im Durchzuge,
ziemlich gewöhnlich im Herbste, er kommt im August an und ver-
weilt bis zum Anfang September.“
223. Numenius lineatus Cuv. (N. nasicus Tyz.). — „In
104 L. Taezanowskiı:
der Gegend von Kultuk im Durchzuge ziemlich gewöhnlich, im
Frühjahre erscheint er gegen Ende April, im August kehrt er zu-
rück und verweilt bis Mitte September. Brütet in der Gegend von
Darasun. Die Eier sind ganz denen des N. arguata ähnlich.“ —
Das Maass der Eier verschiedener Gelege: 66,5—50; 67—46; 67,8
—48; 70—47,5; 71,2—47,5. — (Siehe Journ. f. Orn. 1871, Seite 58.)
224. Numenius tahitiensis (Gm.). (N. australis Gould.) —
„In Durchzügen ziemlich häufig, kommt im Frühlinge Anfangs Mai
an, kehrt im Herbste Mitte August zurück und verweilt bis Ende
September. Einzelne Exemplare traf man Ende October.“
225. Limosa melanuroides Gould. — „Im Durchzuge in
Kultuk selten, kommt im Frühlinge Mitte Mai, im Herbste unbe-
merkbar. Ist gewöhnlich und brütet in der Gegend von Darasun.
Die Eier wie bei der europäischen ZL. melanura.“
226. Pseudoscolopa® semipalmata Jard. (Micropa-
lama Taczanowskii Verr.). — „Von uns gar nicht gesehen, aber vor
unserer Ankunft hierselbst war ein Exemplar vom Hrn. Moszynski
aus Tschita dem Warschauer Museum zugeschickt und das zweite
sahen wir in der Irkutskischen Sammlung.“
227. Scolopax rusticola L. — „In Frühlingsdurchzügen
gewöhnlich, verbleibt auf die Brutzeit in kleiner Anzahl; nistet in
Zirbelwäldern, welche die Baikalgebirge bedecken. Verbleibt im
Herbste bis Mitte September.“
228. Gallinago solitaria Hodgs. — „Seltener Vogel, doch
bewohnt er beständig hiesige Gegenden, im Winter hält er sich an
Bächen und ungefrorenen Quellen auf, im Sommer zieht er in die
Berge fort, und verweilt in Thälern fast an den Grenzen der Wäl-
der, wo wir sie im Sommer sahen, doch kein Nest bis jetzt fanden.“
229. Gallinago heterocerca Cab.*) (G. megala Swinh.
Ibis 1861, p. 343.) — „Gewöhnlich; kommt auf die Brütezeit und
erscheint Anfang Mai. — Nistet in feuchten Thälern, die bier und
da mit Wäldern und Sträuchern bewachsen sind. Baut sein Nest,
nachlässig aus trockenem Grase auf der Erde in einem Gras-
büschel. Ende Mai legt das Weibchen 4 Eier, welche denen der
#) Die hier abgehandelte Art ist heterocerca Cab. Deren Identität
mit megala Swinhoe erscheint uns durchaus nicht erwiesen, vielmehr ist
ziemlich sicher anzunehmen, dass Mr. Swinhoe die @. solitaria Hodgs. zu-
erst mit dem Namen megala belegte, Schlegel dagegen später unsere hete-
rocerca als megala deutete und dessen Nachfolger nunmehr diesen Irrthum
ohne Prüfung der Quellen bereitwilligst sich aneigneten. Vergl. Ibis 1864,
p- 370; 1865, p. 232. Der Herausgeber.
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 105
Doppelschnepfe ähnlich sind, nämlich den kurzen Varietäten, und
fast von gleicher Grösse; die Farbe ist auch mehr jener der Dop-
pelschnepfe als der Bekassine ähnlich. Der Grund pflegt entweder
weiss- oder graugelblich zu sein; dunkle Flecken meistentheils dick,
länglich. Das Maass der Eier von zwei Gelegen: 42—30; 42—
31,5 Mm.
„Während der Brutzeit macht das Männchen Luftevolutionen
mit einem sonderbaren Geräusch, welches etwa an das Geräusch der
Rakete erinnert, dann lässt es sich mit diesem Geräusche herunter,
und wenn es schon nahe der Erde ist, erhebt, es sich wieder mit
einer Stimme wie „tschiri-tschir-tschir, tschiri-tschir-tschir...“ Mit
solehen Evolutionen unterhielten uns die Männchen den ganzen
Juni, als wir in den Thälern unter Zelten wohnten. — Das Weib-
‚chen sitzt hart auf den Eiern; verscheucht, sucht es den Feind
vom Neste abzuführen, indem es mit den Flügeln auf die Erde
schlägt. Im Herbste verweilen sie bis Ende September, einzelne
Exemplare bis Mitte October.“
Die Flaumjungen haben eine ganz andere Färbung als die
Jungen von @. scolopacina, überhaupt sind sie heller. Ihr Grund
ist blassfalb mit schwarzer und braunrostlicher Fleckung auf dem
Oberleibe und ebenso angebracht wie bei obiger Art, aber deut-
licher sichtbar auf dem helleren Grunde. Sowie bei Flaumbekas-
sinen ist vorn ein schwarzer Fleck und zwei in der Hinterstirne,
am Oberkopfe schwärzliche Streifen, vor dem Auge ein schmaler
Strich, ein anderer über dem Auge, ein Fleck hinter dem Auge
und weiter hinter ein Streif, zwei ähnliche Streifehen an den Un-
terwangen, zwei grosse Flecken an der Untergurgel. Alle diese
sehwarzen Flecke und Streifen sind mit braunrostlicher Farbe um-
säumt, die Seiten der Wangen sind weisslich. Auf dem Nacken
schwarzbräunliche Flecken; längs des Rückens ein breiter, aus
schwarzen und braunrostlichen Flecken zusammengesetzter Streif;
auf den Seiten ein schmaler unterbrochener schwarzer Streif; auf
hellen zwischen ihnen liegenden Räumen weissliche Sprenkelung.
Die Oberseite des Arms und Vorderarms rostlichbraun; ein grosser
schwarzer Fleck auf der äusseren Seite des Schenkels. Der obere
Theil des Vorderhalses ist mehr rostlich als die weiteren Theile.
Die Füsse blass fleischfarbig.
230. Gallinago HorsfieldiGr. (stenura Kuhl.). — „Wäh-
rend des Durchzuges nicht selten, kommt im Frühjahre Anfangs
Mai, verbleibt im Herbste bis October,“
106 L. Taezanowski:
"231. Gallinago scolopacina Bp. „Gewöhnlich, erscheint
gegen Ende April, verbleibt im Herbste bis Ende September; nistet
in sehr geringer Anzahl beim Baikal auf sumpfigen offenen Wiesen.“
232. Ciconia nigra (L.).. — „Ruht hier auf Durchzügen
selten aus, erscheint im Herbste um Mitte September.“
233. Ardea cinerea L. — „Erscheint hier selten im Durch-
zuge, nistet im Thale des Irkutsflusses, zeigt sich im Frühlinge
den 27. Mai, verbleibt im Herbste bis zu den ersten Tagen des
September.“
234. Botaurus stellaris (L.). — „Selten während der
Durchzüge, kommt Mitte Mai an, nistet an Seen in der Gegend
von Gunka.“
255. Rallus indicus Blyth. — „Sehr selten, kommt um
die Brutzeit an. Die in Darasun gefundenen Eier sind ganz ähn-
lich denen des europäischen R. aquaticus.“ — Das Maass der Eier
eines Geleges: 37,2—26; 37,3— 27; 37,7— 26,2; 38—27; 38,2—27 Mm.
236. Porzana pygmaea (Naum.). — „Kommt auf die Brut-
zeit, nistet an Sümpfen zwischen mit Gras bewachsenen Seen.
Die Anfangs Juli gefundenen Eier waren ganz frisch.“
Die Eier zweier Gelege aus Darasun und eines aus Kultuk
sind kleiner als die der P. pusilla, mit einem gelblichen, etwas
dunkleren Grunde als jene, und die rostigen Flecken sind weniger
deutlich; in Folge dessen scheint die allgemeine Färbung mehr
gleichfarbig. Auf einigen befindet sich bei der Basis ein regel-
mässiger dunkler Kranz, welcher auf anderen fehlt. Auf einem
von den Eiern aus Kultuk ist ausnahmsweise die Färbung den
übrigen Eiern desselben Geleges ganz unähnlich; der Grund ist
ganz blass graugelblich, die Fleckung rostig, nicht ganz deutlich. —
Das Maass einzelner Eier dieser drei Gelege: 29,5—20,6; 28,7—
20,6; 29,3—22; 28,5 —21. —
Sie sind ganz verschieden von den auf der Figur Bädeker’s
vorgestellten Eiern, noch weniger stimmen sie mit seiner Beschrei-
bung überein, denn dort ist gesagt, dass diese Eier denen des
Rallus porzana mehr ähnlich sind, als den Eiern des R. pusillus;
da im Gegentheile eben diese den ersteren ganz unähnlich und
noch mehr von ihnen verschieden sind, als die anderen. Wiewohl
die Flecken auf den Eiern eines Geleges deutlicher sind, so sind sie
doch weit entfernt davon, den Flecken auf den Eiern des R. pusülus
zu gleichen.
Unter den von Dr. Dybowski aus Sibirien hergeschickten Eiern
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 107
ist eins von ganz unbekannter Herkunft; dieses gleicht in der Fär-
bung den Eiern des R. porzana, doch ist es kleiner als die Eier
des R. pygmaeus, welche authentisch sind.
237. Porzana erythrothoras Temm. et Schl. — „Das
auf dem Neste mit 3 Eiern in Darasun gefangene Weibchen gehört
unzweifelhaft zu der Art, welche Herr Maack auf seiner Reise
nach Amurland erhalten hat.“
Der ganze obere Theil dieses Weibchens ist olivenfarbig, mit
einem schwachen rostigen Anstrich schwarz und weiss gefleckt,
alle Federn dieses Körpertheiles sind in der Mitte schwarz mit oli-
venfarbigen Rändern, was auf dem Kopfe und Nacken kleine
Streifehen bildet, die sich gegen den hinteren Theil des Rückens
stufenweise vergrössern. Der Hinterkopf und die Halsseiten sind
mit weissen kleinen Flecken übersäet, auf dem Vorderrücken sind
ähnliche Flecken grösser und abgerundet, welche auf dem Hinter-
rücken und Flügeldecken durch Querstreifchen vertreten sind; diese
letzteren sind einfarbig ohne schwarze Flecken. Die Seiten des
Kopfes, der Hals, die Brust, der Hinterbauch ebenso wie die Unter-
schwanzdecken sind ölivenbräunlich, weit blasser als die Farbe des
Mantels, besonders auf dem Halse und der Brust, und alle diese
Theile sind wenig weiss quergestreift. Der Unterbart und die
Mitte des Bauches sind weiss, etwas rostlich marmorirt; die Un-
terflügeldecken weiss; die Schwingen braun olivenfarbig, auf den
Enden mit etlichen weissen Flecken versehen. Der Schnabel ist
braun olivenfarbig; die Füsse braun.
Die Länge des zusammengelegten Flügels . . . 75 Mm.
» ” „ Schwanzes . . . MESZ NE
” In „ Schnabels vom Mundwinkel ee,
” ” ” „ von den Nasenlöckern . 65 ,„
” " SM BArsust 1% an, END. An
“ „» der Mittelzehe mit ol ET. RE URS IANE,:
” & „ SElinterzehe®... 2%, RABEN SON,
Die Eier sind etwas kleiner als die des vorhergehenden Vo-
gels und in der Miniatur ähnlich den Eiern des Crex pratensis; sie
haben einen rosen-gelblichen, sehr blassen, mit Punkten und mit
sehr kleinen rostrothen sehr dunklen Flecken besäeten Grund, der
mit einem andern blassen aschgrauen vermengt ist; diese Fleckung
ist. ziemlich zahlreich bei der Basis, welche beinahe dieselbe Ge-
stalt wie das andere Ende hat. Das Maass: 28,5—20,4; 28—20
Mm. —
108 L. Taczanowski:
238. Gallinula chloropus (L.). — „Selten, brütend.“
239. Fulicaatra L. — „Exemplare aus Darasun.“
240. Podiceps suberistatus var. major. — „Exemplare
aus der Gegend von Darasun.“
+241. Podiceps cornutus (Gm.). — „In der Gegend von
Kultuk im Durchzuge selten, im Frühjahre bemerkbar.“
242. Colymbus aretieus L. — „Im Durchzuge ziemlich
gewöhnlich, im Frühjahre nicht bemerkbar, erscheint im Herbste
Mitte September und verweilt bis Ende October.“
243. Oygnopsis eygnoides (L.). — Ziemlich gewöhnlich,
kommt im Frühjahre gegen Mitte April, im Herbste Mitte Septem-
ber, in Daurien weit gewöhnlicher.“ — Das Maass der Eier von
zwei Gelegen: 83—56,2; 83—56,8; 85—57; 86--55,2 Mm.
244. Anser grandis Pall. — „In der Gegend von Darasun
häufiger als in Kultuk.“ — Das Maass der Eier verschiedener Ge-
lege: 76—56; 81—55,4; 81,4—57; 87—54,3; 89—58; 90-59; 92
—583 Mm.
245. Anser segetum var. serrirostris Gould. — „Er-
scheint im Frühlinge Mitte April, zieht Anfang October fort.“
246. Anser cinereus var. rubrirostris Hodgs. — „Kommt
gleichzeitig mit dem vorigen an.“
247. Anser albifrons (Gm.). — „Selten in Kultuk, in Ir-
kutsk ziemlich oft gesehen von Hrn. Zebrowski auf dem Ringplatze.
Die Zugzeit ist schwer anzugeben, da in der Gegend von Kultuk
die Gänseschaaren selten auszuruhen pflegen.“
248. Anser minutus Naum. — „Ebenso wie die vorige Art.“
249. Chen hyperboreus (L.). — „Im Durchzuge sehr sel-
ten in der Gegend von Kultuk. Auf dem Kosogolsee sahen wir sie
schaarenweise fliegen. Nach der Behauptung der Urianchen sollen
sie dort nisten. — Die Buriaten nennen sie „Sagan-galon“ (weisse
Gans).“
250. Bernicla ruficollis (Pall.). — „Ein einziges Exem-
plar geschossen bei Irkutsk ist Privat-Eigenthum.“
251. Cygnus musicus Bechst. — „Kommt in der zweiten
Hälfte April, kehrt Mitte October zurück.“
252. Cygnus minor Pall. — „Wandert zu der nämlichen
Zeit wie die vorige.“
1253. Casarca rutila (Pall.). — „Kommt auf die Brutzeit,
in der Gegend von Kultuk selten, in Daurien gewöhnlich. Kommt
im Frühjahre Anfangs April an. Nistet entweder in Baumlöchern,
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 109
oder in liegenden Holzstämmen, oder in Felsenritzen, oder in den
von Raubvögeln verlassenen Nestern. — Das Nest stopft sie mit
eigenem Flaum aus. Mitte Mai legt das Weibchen 8— 16 Eier,
Auf dem Neste sitzt sie ziemlich vorsichtig und fliegt vor dem an-
kommenden Menschen fort. Wenn die Jungen flugbar sind, ver-
lässt sie mit ihnen die Gegend.“
Unter den Eiern zweier Gelege aus Daurien, welche sich an
Grösse sehr unterscheiden, zeigen die äussersten Exemplare in
dieser Hinsicht folgendes Maass:
1) 70-49; 65—45 Mm.; 2) 71—50; 68—47,4 Mm. —
-+254. Anas bdoschas L. — „Häufig.“
255. Anas poecilorhyncha Gm. — „Drei Exemplare ge-
‘schossen in Darasun.“ — Die Jungen im Flaumkleide sind denen
.der A. boschas ganz ähnlich, unterscheiden sich aber hauptsächlich
durch die dunkle Farbe des Unterbauches und der Unterschwanz-
deckfedern, sowie durch einen dunklen kurzen 'Streif vor dem
- Mundwinkel; sie haben auch mehr rostige Schattirung an den Kopf-
seiten und Augenbrauen und eine kanariengelbe an dem Vorder-
halse; der Schnabel ist schwärzlich braun mit gelblichem Nagel.
+256. Dafila acuta (L.). — „Gewöhnlich im Durchzuge,
kommt im Frühjahre in der letzten Hälfte April; kehrt im Herbste
gegen Mitte October zurück.“
257. Querquedula falcata (Pall.).. — „Kommt in der
letzten Hälfte April in bedeutender Zahl, verbleibt die Brutzeit in
der Gegend von Kultuk in geringer Zahl, ist in der Gegend von
Darasun weit häufiger anzutreffen. Das Weibchen baut das Nest
in sumpfigen Gebüschen, indem es etwas trockene Blätter und Gras
sammelt und das Inwendige stark mit Flaum auspolstert. Anfang
Juni legt es Eier, sitzt hart auf dem Neste und fliegt unter den
Füssen auf. Verbleibt im Herbste bis zum 27. September.“
Die Eier sind weit kleiner als jene der A. boschas und in
der Färbung den Eiern der A. strepera ähnlich, doch ist die gelbe
Farbe etwas stärker. Das Maass: 57,6—38,8; 57—41,6; 55—41,5;
54—39; 53—39 Mm. —
258. Querguedula glocitans (Pall.).. — „Ziemlich häufig
‘im Durchzuge in Kultuk, kommt im Frühjahre gegen Mitte Mai,
'im Herbste nicht bemerkbar. In den Darasungegenden gewöhn-
licher und brütend.“
‚Die Eier’ sind etwas grösser als jene der A. querquedula, ihre
Farbe: ist blass graugrünlich, den Eiern der A. boschas sehr’ ähn-
110 L. Taezanowski:
lich. — Das Maass der Eier eines Geleges aus Darasun ist folgen-
des: 46—32,8; 46,2—32,5; 41,2—34; 47,4—34,2; 47,8—34,6; ee
— 34,2 Mm.
+259. Querquedula crecca (L.). — „Im Durchzuge sehr
gewöhnlich, nistet häufig; kommt in der zweiten Hälfte April und
bleibt bis Ende September.“
260. Pterocyanea querquedula (L.). — „Im Durchzuge
sehr häufig, nistet in beträchtlicher Zahl; kommt Anfang Mai und
bleibt bis Ende September.“
261. Chaulelasmus strepera (L.). — „Im Durchzuge
ziemlich selten, kommt Anfang Mai und bleibt bis Ende September.“
262. Rhynchaspis elypeata(L.). — „Während der Durch-
züge gewöhnlich ; kommt und geht gleichzeitig mit dem vorigen fort.“
263. Mareca penelope (L.). — „Im Durchzuge gewöhn-
lich, kommt im Frühjahre in den ersten Tagen des Mai, kehrt im
September zurück.“ 5
264. Aithyia ferina (L.). — „Während des Durchzuges
selten, waren nur im Frühlinge gesehen.“
"265. Fuligula marila (L.). — „In Darasun gesehen und
geschossen im Durchzuge, in Kultuk nicht bemerkt.“
266. Fuligula eristata (L.). — „Während des Durchzuges
gewöhnlich und verbleibt hier auf die Brutzeit; erscheint Mitte Mai
und bleibt bis zum 20. October.“
267. Glaueion clangula (L.). — „Während der Durchzüge
sehr gewöhnlich; kommt im Frühjahre Mitte April, im Herbste
bleiben einige Exemplare bis Ende November.“
-+268. Harelda histrionica (L.). — „Kommt auf die Brut-
zeit, nistet nahe an den Bergbächen und Flüsschen; kommt im
Mai und bleibt bis Ende September.“
269. Oedemia fusca (L.). — „Auf Durchzügen ziemlich
gewöhnlich; im Frühjahre gesehen im Mai.“
270. Mergus merganser L. — „Auf Durchzügen sehr
häufig, bleibt auf die Brutzeit in beträchtlicher Zahl. Nistet auf
der Erde im Grase, baut das Nest aus trockenem Grase, in der
Mitte mit Flaum ausgepolstert. Das Weibchen legt 94Eier und
sitzt hart auf dem Neste. Im Frühjahre kommen sie Mitte April
und bleiben bis zum Gefrieren des Baikals, was Ende December
vorkommt. Wenn sich der Baikal mit Eis überzieht, entfernen sie
sich nach dem Fluss Angara, welcher auf der Weite von 10 bis
12 Werst von seinem Ausflusse aus dem See nicht zufriert.“
Bericht über die ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 111
7271. Mergus serrator L. — „Gewöhnlich, kommt auf
die Brutzeit in der zweiten Hälfte des April; nistet in Löchern der
‚liegenden Bäume oder in Felsenritzen; bleibt im Herbst so lange
wie die vorige Art, und entfernt sich mit dieser zugleich nach
dem ungefrorenen Angarafluss.“
272. Mergellus albellus (L.). — „Gewöhnlich, kommt auf
die Brutzeit Mitte April; nistet in Löchern der morschen Bäume,
verbleibt, im Herbste bis zum December und zieht gleich wie die
anderen zum Angarafluss.“
4273. Sterna hirundo L. — „In Daurien und am Baikalsee.“
274. Sterna longipennis Nordm. (camischatica Pall.). —
„An denselben Orten wie die vorigen.“
+275. Hydrochelidon hybridus (Pall.. — „In Daurien
_ gewöhnlich.“
1276. Chroicocephalus minutus (Pall.). — „In den Ge-
genden von Darasun und Kultuk ziemlich selten.“
277. Chroicocephalus capisiratus (Temm.). — „Ge-
wöhnlicher als die vorige Art.“
-1278. Larus canus L. — „Erscheint gegen Ende April oder
Anfang Mai, die Jungen bleiben hier den Sommer hindurch, die
Alten ziehen gegen Norden und zeigen sich den Sommer hindurch
in der Gegend von Kultuk nicht. Im Herbste erscheinen sie wie-
der in ungeheuren Schaaren.“
Exemplare im Vergleich mit den europäischen, nämlich mit
denen aus Ostenda, aus Polen, aus dem Gouvernement Novogrod
und aus der Krim bieten hinsichtlich des Maasses und der Fär-
bung keinen Unterschied dar.
—+279. Larus borealis Brandt. — Glaucus borealis Bruch.
Journ. f. Ornith. 1853, p. 101. sp. 19 Tb. U. f. 19. — Laroides
borealis Bp. Consp. av. II. p. 219. sp. 6. — Larus argentatus var.
cachinnans Schrenck. Reis. im Amurl. I. II. p. 504. — „Erscheint
zur selben Zeit und ähnelt der vorigen im Betragen.“
4280. Phalacrocorax carbo (L.). — „Gewöhnlich, kommt
im Frühjahre gegen Ende Mai, nistet auf Felsenabhängen am Bai-
kal. In Daurien auch häufig.“
Im Warschauer zoologischen Museum befinden sich noch aus
angrenzenden ostsibirischen Gegenden folgende vom Dr. Dybowski
nicht angetrofiene Arten:
112 L. Taezanowskiı:
1. Ispida bengalensis (Gm.), ein vom Hrn. Moszynski aus
Gazimur in Daurien geschicktes Exemplar.
2. Anthus cervinus Pall., ein aus den Gegenden von
Tschita in Daurien von eben dem Hrn. Moszynski geliefertes
Exemplar.
3. Syrrhaptes paradozus (Pall.), ein Paar aus der
Kiachtagegend von Joseph Walecki. —
In den nördlichen Gegenden Ost-Sibiriens, nämlich nördlich
von Jakutsk, fand man in letzter Zeit folgende drei Arten ameri-
kanischer Vögel, welche vorher zur Fauna dieses Landes nicht ge-
zählt waren:
1. Turdus Aliciae Baird.
2. Macroramphus griseus (Gm.).
3. Grus canadensis (L.). — Das einzige mir bekannte,
aus jener Gegend herkommende Exemplar hat im Allgemeinen eine
hell aschgraue Färbung mit einem starken 'braunrostigen Anstrich
auf dem Rücken und Armfedern, welehe dort fast einen einfarbigen
Grund bilden. Die Flügeldecken und die Armschwingen sind eben-
falls stark gefärbt, doch nicht so gleichförmig, denn die Federn
an der Basis sind rein aschgrau und der Mittelraum der Enden
dunkler bräunlich; die Farbe des Bauches und der unteren Hälfte
des Halses ist schwächer. Die Gesichtsseiten und die Gurgel sind
weiss mit einem leichten falben Schatten; der mit Federn bedeckte
Theil des Oberkopfes und der obere Theil des Halses ist hell asch-
grau. — Die Schwingen erster Ordnung bräunlich schwarz; ihre
Schäfte etwas blässer und bei der Basis etwas weisslich ; die Steuer-
federn aschgrau. Der Vordertheil des Oberkopfes roth, kahl, dicht
mit länglichen schmalen Papillen und mit langen schwarzen Bor-
sten bestreut, die Zahl dieser letzteren scheint ganz der Zahl der
Papillen zu entsprechen. Der kahle Theil reicht hinter den Augen
bis nahe an den Hinterkopf, in der Mitte aber erscheint er tief
ausgeschnitten durch den befiederten Theil, weleher mit dem schar-
fen Winkel fast bis gerade an den hinteren Winkel des Auges
reicht, und lässt auf den Seiten des Oberkopfes breite, an den En-
den abgerundete Klappen zurück. — Das Maass:
Die Länge des zusammengelegten Flügels . . . 470 Mm.
Die Enden der Armschwingen reichen bis hinter die
Enden der Schwingen erster Ordnung . . . 20 „
Die Länge des Schwanzes . . . 2.2.2... 164 „
Nachtrag zu den ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 113
Die Länge des Schnabels vom Mundwinkel . . . 100 Mm.
ns n 5 Rn von den Nasenlöchern . 57 „
> 5 Mlaufesnest a ne ZI
un „» der nackten Theile des Schenkells . . 50 „
> © sder, Mittelzehen. 02... 20.....0. 2.02.2000
x "des Nasels.dieser Zehe . . . .. . 214,
Nachtrae.
Aus den von Herrn Godlewski im Frühlinge 1872 in der Ge-
gend von Akscha am Ononflusse südlich von Darasun gemachten
Untersuchungen, kommen noch folgende zwei Arten zu der Vogel-
fauna des südlichen Theils Ost-Sibiriens hinzu, welche von Herrn
Dybowski und Godlewski explorirt waren, und genau angenommen
zu der Fauna eines Theils des südwestlichen Daurien gehören, von
welcher Darasun als Mittelpunkt betrachtet werden kann.
281. Erythropus Raddei. (Erythropus vespertinus var.
amurensis Radde.) — Ein Weibchen dieser Art hat man am 5. Juni
in der Gegend von Akscha geschossen, zur Zeit als sie Eier legte,
doch konnte man ihr Nest nicht finden.
In der ganzen südlichen Gegend West-Sibiriens ist Erythropus
vespertinus häufig, und verbreitet sich in Ost-Sibirien bis an den
Baikalsee, wie das eine Exemplar eines alten Männchens, welches
vom Dr. Dybowski 1869 aus Ussola geschickt war, beweist. In
Transbaicalien vertritt ihn die asiatische Form, indem er seinen
Aufenthalt unweit der Apfelgebirge anfängt; in den Gegenden von
Akscha scheint er noch selten zu sein, im Amurlande aber weit
häufiger.
Dieses Weibchen ist dem Weibchen des europäischen Vogels
sanz unähnlich und unterscheidet sich von ihm mehr, als ‚die Männ-
chen unter einander. Sie hat den ganzen Obertheil des Kopfes
und den Nacken dunkel schiefergrau, fast gleichfarbig mit dem
Grunde des Rückens; die dunklen Querstreifen des Mantels sind
schmäler und weniger deutlich, ebenso die Streifen auf den Steuer-
federn, ja sogar die letzte ist nicht breiter als die vorige, die En-
den selbst sind nicht rostig, sondern aschgrau; der ganze Unterleib
blassfalb, dicht mit dieken schwärzlichen, an der Brust mit läng-
lichen, am Bauche mit herzförmigen Flecken besäet; der Unter-
bauch und die Hosen sind von blassrostiger Farbe, wie bei F. sub-
buteo. Die Unterflügeldecken sind gelblichweiss, schwärzlich gefleckt.
Auf der äusseren Fahne der Schwingen sind die hellen Flecken zahl-
Cab. Journ. £, Ornith. XXI. Jahrg. No. 122. März 1973. 8
114 L. Taezanowski:
reicher, schmäler, weniger vom dunklen Grunde abgegrenzt und
mit aschgrauer Farbe untermengt. (Auf der ersten Schwinge giebt
es 14 und beim europäischen Vogel 9—12 Flecken.) Auf dem
Ftiquett ist angemerkt: Nägel weiss, Wachshaut und Augenring
orangefarbig, Schnabel an der Basis ge!b, am Ende schwarz, Iris
bräunlich.
Die Totallänge‘, . %,. wen 2 22 2 Pe
Flugbreite. . . . 0,0
Länge des zusammengelegten Flüge en 0,
” „ Schwanzes . . > . . Aa n
Das Ende der en AR: ae dem Ende des
Schwanzes.
282. Corvus pastinator Gould. — Die Vögel und etliche
Gelege Eier aus der Akschagegend. Dieser Vogel ist kleiner
als die europäische Saatkrähe, mit einem geraden, kürzeren Schna-
bel, mit schmäleren und verhältnissmässig längeren Nägeln; der
purpurfarbige Glanz stärker.
Bei alten Vögeln ist nur die Basis des Oberkiefers nackt, das
Kinn ganz befiedert. Bei den einjährigen ist die Schnabelbasis
ebenso wie bei den europäischen Vögeln mit Federn bedeckt.
R 2 TS jur
Die Totallange 77%... 2 er. 25 ee 458 461 Mm.
Fluswene 7.0.3. Rn ee 908 926
Länge des Schwanzes . . . 176 170 175
» „ zusammengelegten Flügels 322 302 316
„ „ Schnabels von den Stirn-
federn - . 51 51 un
Länge des Bee von den Kock
Jochern HEHE ea Ba ar IR 33 35:
Tanoe'des’baufer. 27 el 51 5: %
„ des Mittelnagels .. ee. . 2 13 + Rs
= „Bmternmaseb4. 128% 21 17 21%,
Entfernung der Enden der Behwinden
vom Schwanzende . . . 18 20 15
Die Eier sind ganz denen des C. oe ähnlich, doch etwas
kleiner. Das Maass dreier Gelege:
36—26,2 Mm. 37,5—28,2 Mm.
36,4— 27,6 18-2: rn: Mm.
1. 37—26,5 2. 88— 28,8 8 205. pe 8
81,6—27,8 33—29 a
39,3— 28,8 40—28,2 Fe
WE ne.
Nachtrag zu den ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 115
Ein in der Gegend von Irkutsk am 1. September 1871 erlester
und jetzt im Warschauer Museum befindlicher Adler muss auch zu
der Zahl der Arten der omithologischen Fauna der ostsibirischen
Gegenden gezählt werden, welche Dr. Dybowski explorirt hat. Nach
Angabe des Dr. Cabanis unterliegt es keinem Zweifel, dass der-
selbe ist:
2383. Aguila fulvescens Gray. (Ill. Ind. Zool. I. tab. 16.
II. 27. 29.) — Vorliegendes Exemplar ist ein altes Männchen, wel-
ches durch seinen Habitus und Proportionen der Ag. elanga Pall.
ganz ähnlich ist und unterscheidet sich von demselben hauptsäch-
lich durch sein Colorit. Die Kleidung dieses Ende laufenden Som-
mers erlegten Exemplares ist ganz abgenutzt und ausgebleicht, wo-
bei die verschiedenen Körpertheile eine kleine Zahl frischer, grossen-
theils unausgewachsener Federn tragen. Die längsten Schwingen
erster Ordnung sind an beiden Flügeln frisch und noch nicht ganz
ausgewachsen, und eben aus dieser Ursache liefern sie keinen
sichern Beweis, ob verhältnissmässig ihre Länge eben solche oder
verschieden von den Proportionen der Ag. clanga ist, ja sogar an
beiden Flügeln ist in dieser Hinsicht keine vollkommene Gleichheit
zu erblicken. Aus der vermischten Kleidung kann man einen Be-
griff vom Colorit beider Kleidungen haben, in denen sich ziemlich
bedeutende Unterschiede herausstellen. In der alten Befiederur ;
ist der Kopf und der ganze Nacken von weiss-isabeller Farbe; der
Rücken und die Flügeldecken aber sind braun mit stark helleren
Randfedern, eben so wie man solche bei Ag. elanga und naevia in
der verblichenen Kleidung findet; die ganze Unterseite ist rostig,
heller am Halse und an der Brust, dunkler am Bauche, die Unter-
schwanzdecken sind von weisslich-isabeller Farbe; die Hosen sind
stark rostig; die Laufbedeckung schmutzigweiss mit dunkelbraunen,
sich deutlich vom Grunde abzeichnenden Schaften ; die Oberdeeken
des Schwanzes sind weiss; die Unterflügeldecken rostig, braun ge-
fleckt, die hinteren überwiegend braun. Die Schwingen dunkel-
braun; die Steuerfedern sind oben braun, mit einer aschgrauen
leichten Schattirung, von Unten aschbraun mit dunkelbraunen Quer-
streifen, an der Spitze der Feder zwei am deutlichsten hervortre-
tend, die nächst darauf folgenden Querstreifen aber auf beiden
äussersten Federn unsichtbar, mehr oder weniger deutlich auf den
anderen Steuerfedern. Die Wachshaut und die Zehen sind gelb;
der Schnabel hellhornfarbig mit einem leichten gelblichen Anstrich,
g#
116 L. Taczanowski:
am Ende schwärzlich; die Nägel bräunlich hornfarben mit schwar-
zen Enden. —
Die frischen Federn am Nacken und Kopfe sind rostig mit
schwärzlichen Schaften und bräunlichen Enden. Am Unterleibe
sind alle neuen Federn rostiger als die alten; auf dem Mantel
durchaus braun, ohne helle Ränder; die frischen Schwingen fast
schwarz. —
Die Länge des zusammengelegten Flügels . . . . 510 Mm.
> 2 ». SChwäalzes‘ ,.”. RR RER
> = „ Schnabels vom Mundwinkei . 7, WEB
PR 2; „ von den Nasenlöchern . . 28 „
5 Höhe des Schnabels an der Basis . . .... 25 „
„. Bänge ü6s Laufes 7. 7. MET
h5 „ der Mittelzehe .". „72 7.220200 er
Rn 7 GER NaRaleı ent, oo. WINE
Das Weibchen ist ährseheihloh Erüßkhr: es lässt sich also
vermuthen, dass diese Form bedeutend grösser ist, als die Ag. clanga;
der Lauf ist auch höher. —
Diese Form ist ähnlich der afrikanischen Ag. naevioides, doch
unterscheidet sie sich von ihm durch die dunkle Farbe des Man-
tels und durch kleinere Zahl der Querstreifchen auf dem Sehwanze. —
Ausserdem kommen neue Beobachtungen zu folgenden Arten:
Archibuteo aquilinus (Hodgs.). — Das auf dem Horste
am Ononflusse bei Akscha am 20. Mai 1872 geschossene Männchen
ist ganz dem bei Kultuk erlegten Weibchen ähnlich (s. Journ. £.
Ornith. 1872, p. 189 u. 347), doch ist er weit kleiner und die all-
gemeine Färbung in Folge der beträchtlich vorgerückten Jahreszeit
bedeutend verblichen. Die Ausmessung:
®-
Die "Totaläange . 7 HE PN
Flugbreite . . . 3,000
Länge des EhbahrhEH Beten Flügels . TIME
F SCHWARZES. 7, . NRRINTEGOFER
„ Schnabels vom Mundwinkel 0
” r > von den Nasenlöchen . . . 23 „
& Bauten RE
„ . der "Mittelzelle:. - Hm ER are Aura
ÜBER SNARUISA. HT EU ‚at 20
Die Schwingenspitzen raten ie fdas Schwanzende 40 Mm.
hervor. — Die Befiederung des Laufes ist noch karger als beim
obengenannten Weibchen, ja der Untertheil ist sogar fast ganz nackt,
Nachtrag zu den ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 117
Zwei Eier, auf welchen das Männchen sass, sind von der ge-
wöhnlichen Gestalt der Eier der Bussarden, eiförmig, ziemlich kurz
und bauchig, am schmäleren Ende gelind verengt; die Oberfläche
der Schaale glatt, mit einem sehr schwachen Glanze; die Schaale
selbst grünleuchtend. Die Grundfarbe gelblich weiss; auf einem
dieser Eier ist die dickere Hälfte der Oberfläche mit rostigbräun-
lichen, kleinen Fleckchen und verschiedenförmigen Streifchen ziem-
lich dicht gefleckt; auf dem schmäleren Ende aber sehr wenig ge-
zeichnet. Das andere im Gegentheile hat das schmale Ende selbst
dicht bestreut mit sehr kleinen Punkten, Fleckcehen, Streiichen und
langen dünnen Schnörkeln; weiterhin ist die Fleckung sehr selten
und die Basis fast ganz rein. Die Maasse dieser Eier: 60,4—47,4;
61,8—47,8 Mm. — Das im Jahre 1867 gefundene Nest in der Da-
‚rasungegend enthielt vier Junge.
Strigiceps melanoleucus (Gm.). — Die Eier aus Daurien
von Darusun- und Akschagegenden sind sehr denen des S. cine-
rascens ähnlich und von derselben Grösse. Die Grundfarbe weiss,
auf frischen mit leichtem grünlichen Anstriche, grösstentheils mit
rostigen, langen Strichen und sehr blassen Fleckchen gezeichnet.
Der Glanz ist schwächer als an den Eiern des 6£. cinerascens. Die
Schaale stark grünleuchtend. Die Maasse der Eier dreier Gelege:
40—32,8 Mm.
44—33,7 Mm. 45—35 Mm.
a) 2
ln 2. 452335 3. 46-35
De 45—34 4735
42,5 —35 2
Circus spilonotus Kaup. — Die Eier aus Daurien von
Akschagegenden sind den Eiern des C. rufus ähnlich, doch etwas
kleiner, aber bedeutend grösser als die des 8. cyaneus. Die Schaale
ist ganz der den Eiern von C. rufus ähnlich und sind dieselben
meistens ebenso am schmäleren Ende gespitzt. Die Farbe ist
weiss mit einem leichten grünlichen Anstriche. An einigen giebt
es keine Fleckehen, an anderen rostige sehr blasse Striche und
Fleckchen. Der Glanz ist sehr schwach; die Schaale grünlich
leuchtend. Die Maasse dreier Gelege:
47,2—39 Mm. 47,8—37,2 Mm. a M
1.147,5—39 2.118,38 a Be
48,8-—38 149,539 Be
Sazxicola saltatrix Menetr. — Die Eier aus der Akscha-
gegend sind den Eiern der 6. oenanthe ähnlich, doch bedeutend
grösser, in der Farbe weit blasser; sie sind weissbläulich mit sehr
118 ER Taczanowski:,
wenigen dunkelrostigen kleinen Pünktchen so bestreut, dass letztere
mit blossem Auge fast unsichtbar sind; diese Pünktchen haben sich
am dickeren Ende angesammelt, an der übrigen Oberfläche sind sie
aber sehr selten oder kommen gar nicht vor, ausserdem giebt es
an einigen blasse sehr unmerkliche Fleckungen und eins war fast
ganz ohne Spuren von Flecken. Die Schale ist zarter als die
der Eier der S. oenanthe, die Poren weniger bemerkbar, der Glanz
wie auf den oben angeführten Eiern. Das Maass der Eier dieses
Geleges: 22,1—16,6; 22,2—16,6; 23,1—17,2; 24—17; 24,8—16,8
Mm. —
H. Godlewski schreibt: „Obwohl dieser Vogel hier ziemlich
häufig ist, so ist doch das Sammeln der Eier nicht leicht, denn er
nistet in den senkrecht tiefgehenden Löchern der Ziesel. In die-
sem Frühlinge habe ich mehrere dieser Löcher mit grosser Mühe
ausgegraben und nur ein Nest mit stark bebrüteten Eiern gefunden,
da andere Neste erst gebaut wurden; es ist daher schwer zu er-
rathen, wenn die günstige Zeit zum Ausgraben ist.“
Pica leucoptera Gould. — Ein Eiergelege aus Akscha
zeichnet sich durch ungewöhnlich stark längliche Gestalt aus. Das
Maass dieser Eier ist: 39—22; 39—24; 40,1—23,2 Mm.
Cueulus canorinus (Müll.). — „Zwei Eier fand man bei Ak-
scha in einem Neste des Anthus Richardü; eins war im Grunde-
des Nestes so vergraben, dass man davon nur das Ende sah, und
dieses war ganz unbebrütet, das andere aber lag auf der Ober-
fläche unter den Eiern des Anthus, schon stark bebrütet, wie eben
auch die letzteren.“*) — Diese Eier sind denen des Anthus ähn-
lich, doch weit dicker gefleckt; ihr Grund ist grauweisslich, an
beiden fast gleich, dicht mit grossen, unregelmässigen, bräunlich-
röthlichen, blassen Flecken bestreut; an einem von diesen Eiern
sind die dunklen bräunlich-rostigen Flecken wenig zahlreich; an
dem anderen aber sind die dunklen Flecken rostig und eben so
zahlreich wie die blassen. Das Maass dieser zwei Eier: 24,418;
22,5—17,7 Mm.
Verzeichniss der abgebildeten Eier.
Fig. 1. Arundinax olivaceea . siehe Jahrg. 1872, Seite 353, No. 50.
„2. Locustella salicaria . . iR 5. 1802, 7 5,: BoaeE
„» 3. Dumeticola thoracica Er „. 192, „ODER
„ 4 et 5. Calamodyla certhiola, „ „0 1872, 0. L BB TEE
*) Herr A. Parvex fand auch bei Warschau zwei Kuckuks-Eier in einem
Neste der Calamoherpe arundinacea.
Nachtrag zu den ornithol. Untersuchungen des Dr. Dybowski. 119
Fig. 6. Phyllopneuste fuscata . siehe Jahrg. 1872, Seite 357, No. 56.
” Tet 3. Cuculus indicus . 3 > ala, 90, aloe
cn 9. Phyllopneuste coronata „ „ lalası,. 18594..,.60:
„» 10. Reguloides proregulus a ” 1802, 360, 4,262.
„ 11. Rukeilla aurorea .. „ er en a
„» 12. Larvivora cyane. . . D m 1en2, 0, 803, 08
„ 13. Calliope camtschatkensis „ ch 1872, Asa ll.
» 14. Cyanistes cyanus. 7 . 5, ” 1872, „ 42, „ 9.
Mel. Butalısı sibircca@n .... „ s 1872, „ 446, „ 105.
„ 16. Butalis latirostris . . 5 5 1872, ,„ 447, ,„ 106.
„ 17. Eurythrosierna leucura N " 1872, ,,,.448., 100.
„ 18 Zurythrosierna luteola a h 1872, ,„ 449, „ 108.
„ 19. Cyanopica eyana .. n ai 1ad2, 0 ao, 1122
„ 20. Budytes citreola Bach „ „» 180309 „ome2uınn 125.
„ 21. Corydalla Richardi . r 10,8 „nd 012%
„ 22. 23 et24. Pipastes agilis ii 5 1873,02 2,01.84,, 091.128:
»„ 25 et 26. Emberiza cioides u » Noleh cn ll, m Aller
me zi, Huspizazutla: . 0. eh 1843,.,.....09, 0,146.
„ 28. Uragus sibirieus.. .. „ BU TBIS 0 OBER GO:
„ 29. Sazxicola saltairin . . 5; » 1873, „ 117, Nachtrag.
our Mnurturirupieola 0, ET 190 NO. LAT.
„ 31. Gallinago heterocerca 5% ” 1813, 21042090223:
„ 32. Porzana pygmaea . . „ » 1819, 20....106, 2.296.
„ 33. FPorzana eryihrothorax n 5 1870, ., 100, 23%
34 et35. Archibuteo aquilinus „, „ »ıela, „116, Nachtrag,
Notizen aus der Vogelwelt Odessa’s.
Von
H. Goebel.
Am 14. Juni 1871 machte ich in Begleitung zweier Studenten
der Naturwissenschaft, meines Schwagers Toporoff und eines jungen
Lubenkoff, einen Ausflug auf das 25 Werst von Odessa am Leman
liegende Gut des Letztern, hauptsächlich um ED. und Glareola
torquata-Eier zu sammeln. —
Wir fuhren früh Morgens per Eisenbahn 20 Werst und be-
gaben uns von der Station zu Fuss auf die Wanderung. — Die
Vegetation war in Folge der häufigen Regengüsse eine üppige,
das Gras wuchs prachtvoll, und Blumen in seltener Mannigfaltig-
keit und Schönheit entzückten das Auge. Mein Schwager hatte in
kurzer Zeit seine riesige Botanisirkapsel gefüllt und zudem noch
beide Arme voll Blumen, war daher ganz zufrieden mit der Fahrt;
mich entzückte das vielfältige Concert der Feld-, Calander- und
kurzzehigen Lerchen, das wahrhaft wundervoll war. Alauda ca-
‘andra singt nur sitzend, während die beiden anderen, brachydactyla
120 H. Goebel:
als die häufigeren, ihr Lied in hoher Luft ertönen lassen. Nach
halbstündiger Wanderung erreichten wir sein hart am Leman lie-
gendes Gut, das, in einer Niederung liegend, einen für Cherson’sche
jegriffe recht grossen und schönen Park besitzt, da er weit und
breit fast das einzige, einigermassen dichte Gehölz ist, so erwar-
tete ich, aufrichtig gesagt, viel von ihm. Ueber ihm kreisten Mkl-
vus ater und zwei Hahaötus albieilla, Tinnuneulus alaudarius und häu-
figer noch vespertinus rüttelten über den Feldern, cenchris- war nur
in zwei Exemplaren vertreten. — In ungeheurer Menge beleben
den Park Saatkrähen und Dohlen, ihre flüggen Jungen fütternd,
während Corvus cornix nur in einem Paare gesehen wurde; Merops
apiaster sass in Menge auf den meist vertrockneten Bäumchen eines
verunglückten Versuchs, den Park zu vergrössern; Turteltauben
girrten; Vögel waren also wohl da, doch nicht die, auf die ich
gerechnet hatte, die Singvögel nämlich schienen im Park nicht
vorhanden zu sein. — Lanius minor war freilich da, sowie recht
viel Haus- und Baumsperlinge und einige Staare, sonst aber nichts.
Enaälich, nachdem das Gehölz fast durchstrichen war, tönt mir aus
einer Ecke fremder Vogelgesang entgegen; ich nähere mich vor-
sichtig und siehe da, der Sänger ist Sylvia orphea, die ich zum
ersten Mal lebend sah. — Sie musste Junge haben, da beide Vö-
gelchen mich, ängstlich rufend, umkreisten, das eine anfangs mit
einem Insekt im Schnabel. Beim Heraustreten aus dem Park
hatte ich den Leman vor mir. Das Ufer ist recht hoch, der hier
vorkommende Muschelsandstein, aus dem die Quadern zu den
Odessaer Häusern gesägt werden, krönt — zu Tage tretend —
ruinenartig den Abhang. Hier wimmelt es von Dohlen und Saxi-
cola leucomela, die in den Löchern und Spalten des Gesteins ihre
Nester haben. — Aus vielen Löchern guckten die jungen fast
flüggen Dohlen hervor, auch einige Coracias garrula hatten sich
hier häuslich niedergelassen, doch von Sazicola oenanthe war merk-
würdiger Weise keine Spur vorhanden, sie scheint mehr die lehmi-
gen Abhänge in der Nähe des Meeres zu lieben, wie z. B. bei
Otschakow, wo sie häufiger als der Sperling ist. — Am diesseitigen
Ufer des Leman tummelten sich kleine Gesellschaften Aegialites
cantianus, am jenseitigen stolzirten Aecurvirostra avocetta und Hi-
mantopus rufipes einher, viele Glareola torquata schwärmten umher,
inmitten des Lemans schwammen drei Vulpanser tadorna und jetzt
— ertönt ein Numenius-Ruf! — Brachvögel — Mitte Juni bei
Odessa —, das kam mir kurios vor. Aber wirklich sassen drei
Notizen aus der Vogelwelt Odessa’s. 121
Stück am diesseitigen Ufer, erhoben sich aber natürlich schon in
srosser Entfernung, als ich mich zu nähern versuchte. Ob tenw-
rostris®? Von Zeit zu Zeit sauste in staarenartigem Fluge eine dicht
geschlossene Schaar Pastor roseus über mich hin; alle Gesellschaf-
ten eine Richtung einhaltend. Man versicherte mich, dass sie jetzt
erst ihr Brutgeschäft beginnen würden, und dass sie fast jedes Jahr
mit ihren Brutplätzen wechselten, so dass man jedes Jahr sie von
Neuem entdecken müsste. — Ueber dem Lemian kreisten einzelne
Larus argentatus (leucophaeus?) und Sterna hirundo, über dem Ufer-
rohr schwebten ein paar Circus rufus und ein Sirigiceps spec.?
Auch einige Totanus stagnatilis wurden observirt. — Meine jungen
Begleiter waren im Park etwas zurückgeblieben, und als sie nach
etwa einer Stunde zu mir stiessen, zog sieh Lubenkoff’s Gesicht
sehr in die Länge; der Leman, der immer ganz flach sein soll, war
in Folge der häufigen, starken Regengüsse ausgetreten und hatte
eine Ausdehnung und Tiefe, wie er sie nur im Frühlinge zuweilen
zeigt. — Die Brutplätze der Glareola torquata und anderer Sumpf-
vögel waren theilweise überschwemmt und nur wenig Hoffnung
vorhanden, zu dem uns vom Gegenüber winkenden Gute zu ge-
langen. — Auf jener Seite sah man in den Lehmwänden die Röh-
ren der Merops apiaster; ich versuchte es, die Kleider über dem
Kopf haltend, den Leman zu durchwaten, doch bald ging mir das
Wasser bis an den Hals; schwimmend hinüber zu gelangen, wäre
eine Kleinigkeit gewesen, jedoch dann im Gewande Adam’s bei
stechender Sonnenhitze ornithologische Excursionen zu machen,
nicht ganz rathsam. Da der Leman fast zu jeder Jahreszeit nur
knietief ist, so finden sich auch keine Böte vor, daher an Hinüber-
kommen nicht zu denken war.
Nun, wenigstens Sax. leucomela-Nester wollte ich finden, ob-
gleich ich mit Bestimmtheit darauf rechnen konnte, keine Eier
mehr zu finden; daher begann denn die ziemlich schwierige Suche
zwischen dem bröckligen Gestein, und nach vieler Anstrengung fand
ich zwei Nester mit Jungen, in dem einen fand sich ein faules Ei
vor, das ich mitnahm. Dieses, ein Gelege von Alauda brachydac-
iyla von 5 Stück, und 1 faules Al. calandra-Ei bei recht grossen
Jungen, war meine ganze Ausbeute.
Die sich zahlreich am diesseitigen Ufer tummelnden Merops
waren alles Gäste von jenseits, es fanden sich trotz eifrigen Suchens
keine Röhren vor auch an Stellen, wo es möglich gewesen wäre,
sie anzulegen. — Die Sonne brannte unterdessen nach Herzenslust
123 H. Goebel:
uns auf den Buckel, und meine jungen Begleiter waren vollständig
erschöpft und fast verdurstet. (Das Lemanwasser ist salzig.) Daher
wurde denn zum Rückzuge geblasen. — Wir schlugen einen etwas
geraderen Weg zur Station ein, der uns zuerst durch einen ziem-
lich dürftigen, aber mit hohem dünnen Grase bewachsenen Wein-
garten führte. Meine Begleiter gingen auf einem etwas höher am
Bergabhang hinführenden Fusspfade, ich auf einem niedrigeren;
plötzlich stösst Lubenkoff einen Schreckensschrei aus und macht
einen mächtigen Seitensprung. -— Ich sehe, dass auf mich durch’s
hohe Gras, das hin und her wogt, etwas schnell zukommt, und ehe.
ich noch vermuthen kann, was es sein könnte, huscht schon mir
fast durch die Beine zwischendurch eine mächtige armdicke und
etwa 6’ lange Schlange. — Unwillkürlich springe auch ich zur
Seite, aber im nächsten Augenblick auch der Schlange nach, um
sie zu erbeuten; doch hemmen Weinranken und das Gras bald meine
Eile und das Abenteuer endet natürlich mit gegenseitigen Necke-
reien über die kunstgerechten Seiltänzersprünge, zu denen uns die
Schlange gezwungen hatte. — Aus dem Garten hinaustretend, führte
unser Weg über ein ziemlich ödes, mit kurzem Grase bewachsenes
Terrain, dessen Oberfläche vom Suslik ganz durchwühlt war. Auf
Schritt und Tritt hört man ihr Pfeifen und allaugenblicklich schlüpft
der eine oder andere in seine Röhre. — Hier fiel mir nun auch
ein Steinschmätzer auf, der mich an oenanthe erinnerte, und doch
es nicht zu sein schien. Ich glaube, es ist saltatrix, der in den
vom Suslik gegrabenen Röhren ganz schön nisten könnte. Die Vö-
gel waren sehr scheu, was oenanthe meist doch nicht ist, und liessen
mich nie auf so nahe heran, dass ich sie hätte genau besehen kön-
nen; das Habit glich in der Entfernung dem des oenanthe, doch
schienen die Vögel grösser zu sein. Doch ist das natürlich blos
Vermuthung, und habe ich möglicher Weise bei ganz gewöhnlichen
oenanthe an den südlichen Bruder gedacht. —
Einige Galerita cristata, Upupa epops, so wie einige Störche
sahen wir noch auf dem Rückwege, und ganz in Schweiss gebadet
langten wir auf der Station an, wo wir bis zur Ankunft des Bel-
taer Abendzuges, der uns nach Odessa zurückfahren sollte, zur Ab-
kühlung und Stillung des Durstes jeder ein Dutzend Glas Thee
mit Zuckerzubiss tranken, was das schönste Mittel ist, durch langen
Marsch in der Sonnenhitze erzeugten Durst zu stillen.
Gesehen wurden also im Laufe des Tages:
Notizen aus der Vogelwelt Odessa’s, 123
Hal, albicille. Sazxicola leucomela.
Falco tinnunculus. Sazxtcola spec. ?
„ cenchris. Turtur auritus.
„ rufipes. Upupa epops.
Milvus ater. Merops apiaster.
Circus rufus. Öoracias garrula.
Strigiceps Spec. ? Hirundo urbica.
Corvus cornix. b; rustica.
»„ Frugilegus. r riparia.
„ monedula. Öypselus apus.
Pica caudata. Aegialites cantianus.
Sturnus vulgaris. Numenius spec.?
Pastor roseus. Totanus stagnatils.
Passer domesticus. Glareola. torquata.
» montanus. Ciconia alba.
Alauda arvensis. Recurvirostra avocetta.
„ eristata. Himantopus rufipes.
„ calandra. Vulpanser tadorna.
„ brachydactyla. Larus argentatus (leucophaeus?)
Lanius minor. Sterna hirundo.
Sylvia orphea. | Coturniw dactylisonans.
Einige Tage nach unserer Excursion fuhr Lubenkoff per Post
auf der andern Seite des Lemans direct auf sein Gut und fand recht
viele Nester von Glareola torguata, Aeg. cantianus, Recurvirostra (2),
Al. calandra und brachydactyla, Falco rufipes, Merops. — Ich war
aber schon abgereist, so dass er einen Theil der Eier mir erst im
Winter einhändigen konnte. — Auf dieser zweiten Fahrt, die ich
Anfang Februar bei recht strenger Kälte machte, beobachtete ich
in der Umgegend von Odessa Tausende überwinternder Archxbuteo
lagopus. Als wir uns früh Morgens kurz vor Sonnenaufgang der
Stadt näherten, sassen die Vögel zu 5—10 auf den überall in der
Steppe umherstehenden langen Heukupitzen, allmählig erhob sich
einer nach dem andern und begann die schneelose Steppe abzuflie-
gen. — Auch ein Strigiceps eyaneus flog dicht am Wagen vorbei. —
In Menge überwintern Alauda calandra und brachydactyla, weniger
arvensis. Unter Schaaren Calanderlerchen wurde auch eine tatarıca
geschossen, die Herr Widholm prächtig für mich präparirte und
ausstopfte. — Von Drosseln war 7. pdlaris recht gemein und unter
Schaaren dieser Art wurde auch ein Siurnus vulgaris geschossen.
Grünlinge, Dompfaffen fand man in Menge auf dem Markte, so wie
134 H. Goebel:
Alauda alpestris und: Pleetrophanes nivalis. Tinnunculus alaudarius,
Nisus communis und Falco peregrinus sah ich inmitten. der Stadt,
von Wasservögeln war nichts zu finden, das Meer war, so weit das
Auge reichte, mit Eis bedeckt. — Nur ein Paar Zarus flogen über
dem Heumarkte hin und her, als wären sie am Meeresstrande. —
Da ich gerade von der Odessaer Vogelwelt spreche, will ich
eines komischen Vorfalls erwähnen, der vor 2 Jahren. in Odessa
passirte. Eines schönen Tages Nachmittags um etwa 4 Uhr er-
scheint ein grosser, schwarzer Vogel und setzt sich auf das Kreuz
der höchsten Odessaer Kırche. — Dieser Besuch wiederholte sich
regelmässig, so dass schliesslich das Volk aufmerksam wurde. Nun-
erwartete die Ankunft des Wundervogels eine jeden Tag grösser
werdende Menschenmenge, 'die mit einem Gemisch von Neugierde
und Grauen zu ihm hinaufschaute; es hatte sich nämlich die Ver-
muthung verbreitet, dass das kein gewöhnlicher Vogel, aber der
(Geist eines vor Kurzem gestorbenen, in irgend welcher Beziehung
zu dieser Kirche stehenden Kaufmanns sei. — Allmählich gelangte
denn auch das Gerücht an die Universität, und es wurde viel hin
und her discutirt, was es sein könnte, man dachte an den Fregatt-
vogel, da ein vorübergehender Student den Vogel, der in der Höhe
wie eine kleine Taube erschien, dafür angesprochen hatte; kurz
und gut, eines schönen Tages marschirt Freund Widholm mit den
Studenten der Naturwissenschaft in corpore, bewaffnet mit einem
guten Doppelglase, zur Kirche. Das Publikum, das sich einbildet,
die Herren wollen den heiligen Vogel schiessen, beginnt zu murren,
und nur mit Mühe lässt es sich überzeugen, dass das Fernrohr
kein tückischer Hinterlader sei. Widholm kommt der Vogel etwas
gewöhnlich, kormoranmässig vor, er sagt aber kein Wort, voller
Erwartung wird das Glas an’s Auge gesetzt und — ein Carbo cor-
moranus sitzt, in träger Ruhe verdauend, vor dem Beobachter, —
Mehre Wochen kam er noch regelmässig zur selben Stunde wieder,
dann blieb er aus; das Interesse des Publikums, als es erst erfah-
ren hatte, dass es ein allgemein bekannter, verachteter Baklan sei,
schwand sehr bald, es war ja klar, dass es kein Geistervogel sein
könne, indem eine fromme Seele doch unmöglich solch’ lumpigen
Vogel zur Behausung sich wählen könne. — So hat mir die Ge-
schichte Freund Widholm erzählt, in wie weit die Geistergeschichte
wahr ist, kann ich natürlich nicht bezeugen; das Erscheinen des
Vogels war in allen Zeitungen Odessas verzeichnet, —
Uman, 5./17. November 1872.
Ueber Aquila pennata und minuta. 125
Noch einige Worte über Aguila pennata und minuta.
Von H. Goebel.
Der von mir erwartete Aufsatz von Freund Holtz ist in meine
Hände gelangt und ich will einige Worte hinzufügen. Ein beson-
deres Verhängniss wollte es, dass Holtz fast nur Paare zu Augen
kamen, von denen das 3 schwarz, das 2 weiss oder braun war, und
er bei mehren Horsten nur das 2 sah, daher er denn auch so be-
stimmt die Existenz der minuta verneint. Wie ich schon in meinem
früheren Aufsatz bemerkte, habe ich in diesem Jahre besondere
Aufmerksamkeit auf die Färbung der Paare gelegt, den Horstbaum
nie früher verlassen, bevor ich nicht beide Vögel zusammen ge-
sehen hatte, und so mehrere weisse Paare gefunden. Schon mein
‚Irrthum in Bezug auf den Pandion beruhte ja darauf, dass beide
Vögel des Paares weiss erschienen; wäre einer von ihnen schwarz
gewesen, hätte mir ja der Irrthum nicht passiren können. Im Jahre
vorher hatte ich ja ganz richtig ein auf dem Horste sitzendes brau-
nes 2 als A. pennata bestimmt, nach einigen ganz ungenügenden
‘ Notizen, die über diesen Vogel mir damals zur Hand waren. Lei-
der war er damals stumm abgeflogen und im dichten: Blättergewirr
mir so schnell entschwunden, dass ich den fliegenden Vogel, der
‘wohl weisslich erschienen wäre, nicht genau sehen konnte, daher
ich späterhin die fliegenden, weisslichen Vögel für Pandion hielt,
da ‘mir der Schrei ähnlich klang. — Zudem legt Holtz zu wenig
Gewicht auf seine beim ersten Horst im Staromysky-Wald gemach-
ten Beobachtungen, wo er. den, wie er annehmen musste, zugehö-
rigen Vogel, der den Horst umkreiste, als ziemlich weiss erschei-
‚nend beschreibt. —
Das Paar in demselben Walde war: wieder weiss, wahrschein-
lich war das & dasselbe, dem im vorigen Jahre das 2 getödtet
worden ‘war. Zudem beobachtete Hr. Dr. Krüper in Macedonien so-
‘gar nur. weisse Adler, daher doch unmöglich alle weissen Thiere
Weibchen sein können.
Die Arteneinheit der beiden Vogelarten dadurch zu beweisen,
dass die weissen Vögel die Weibchen, die schwarzen die Männchen
'seien, geht durchaus nicht an, sie kann nur dadurch erklärt ‚wer-
-den, dass der Vogel die Eigenthümlichkeit besitzt, schwarze und
weisse Männchen zu haben, was eben nur in Thiergärten nachge-
‘wiesen werden kann; bis dahin wird man wohl sehr gut thun, die
‚beiden Arten oder, wenn man will, Varietäten streng auseinander
zu halten, —
126 H. Goebel:
Die Aehnlichkeit der ?2 beweist noch nichts, die trifft man bei
nahen Verwandten gar nicht selten an; dass die Lebensweise und
der Ruf gleich sind, ist eigentlich bei Licht besehen ganz natürlich,
und je mehr ich über die Vögel nachdenke, meine diesjährigen
Beobachtungen durchgehe, an Dr. Krüper’s Beobachtungen denke,
komme ich zu dem Resultat, dass es wohl 2 gute Arten sind und
ich einfach das Glück habe, in einer Gegend zu leben, wo beide
vorkommen, während in Macedonien nur pennata (Brehm), in Ga-
lizien wahrscheinlich nur minuta (Brehm) vorkommt, und dass
Graf Wodzicky, der Anfangs 2 Arten annahm, dann aber widerrief,
ganz Recht haben möge, aber eben nur in Bezug auf Galizien.
Freund Holtz wird mir wohl nicht übel nehmen, dass ich ihm
entgegentrete; wird wohl selbst nach dem Lesen von Dr. Krüper’s
Aufsatz stutzig geworden sein und nun mehr Gewicht auf seine
beim ersten Horst gemachten Beobachtungen legen.
Nach Holtz’s Aufsatz kann man aber auch vermuthen, dass
bei mir minuta häufiger als pennata vorkäme, das scheint mir nicht,
sie scheinen nur in ziemlich gleicher Anzahl anzutrefien zu sein, eher °
sogar pennata als der häufigere; mir scheint es nur, als ob minuta
mehr an den Eiern hängt, indem bei den minuta-Horsten der ab-
wesende Vogel sehr bald erschien, oder schon gleich Anfangs in
der Nähe war, während pennata mich oft sehr lange warten liess.
In den beiden Wäldern, in denen wir im vorigen Jahre 5 Horste
fanden, waren in diesem nur 3 besetzt, und zwar der eine von einem
Paare, dessen Horst wir im vorigen Jahre wohl nicht gefunden
hatten. — In der Nähe des vorjährigen Horstes No. VI. befand
sich meine No. 245, 2 braun, & schwarz. (Horst VI. war von 4.
albieilla wieder ausgebaut und enthielt am 26. März 3 frische Eier,
und am 27. April 4 frische des Falco lanarius.) Das zweite Paar
— N0.247 — hatte etwa 500 Schritt vom vorjährigen Horst No. V.
einen alten Milvus-Horst bezogen, der Horst V. war von Astur pa-
lumbarius bezogen, dem ich zweimal, am 18. April 3, am 8. Mai
2 frische Eier entnahm. Das & war weiss, das 2 braun. —
Im Sepnet-Walde (Kamenetschje), in dem wir 2 Paar der mi-
nuta fanden, wurde der Waldtheil, in dem sie nebst vielen anderen
Raubvögeln horsteten, im Winter 71—72 und Frühlinge 72 abge-
holzt, es war leider der Jahresschlag 71—72. Nur einige Paar
Buteo und Milvus hausten in der Nähe und ganz weit entfernt von
seiner Gegend, in der Nähe des Försterhauses fand ich einen Horst,
dessen & aber weiss war. — Meine übrigen diesjährigen Eier sind
Ueber Aquila pennata und minuta. 127
in Wäldern gefunden, aus denen Holtz keine Eier besitzt, und will
ich gleich ein Versehen berichtigen, das sich in meinen ersten
Aufsatz eingeschlichen hat und das ich eben entdeckte. Das zum
Horst No. 5378 zugehörige &< war schwarz, nicht weiss. — Ich hatte
Anfang April in demselben Walde ein weisses Paar beobachtet, und
die Notizen verwechselt. —
Entsprechend den Schlussfolgerungen Holtzens mache ich, sei-
nen Punkten folgend, meine Schlusssätze:
1) Eine A. minuta (Brehm) besteht sehr wahrscheinlich als
eigene Species, es sei denn, dass die A. pennata Gm. die Eigenthüm-
lichkeit besitzt, schwarze und weisse Männchen zu haben. — Das
kann aber nur genau in Thiergärten nachgewiesen werden.*) — Bis
_ dahin sind die Arten streng auseinander zu halten.
2) A. pennata (Brehm) zeigt in seinen Geschlechtern ähnliche
Färbung, die 92 variiren an der Unterseite von hell rostgelbbräun-
lieh bis zum ziemlich dunkeln rostbräunlich. — Im Fluge erschei-
nen erstere weiss, letztere bräunlichweiss. — A. minuta (Brehm) hat
schwarzbraune Männchen und dem pennata ähnliche 2. —
Mit allen anderen 10 Punkten stimme ich vollständig überein.
Um Missverständnisse zu vermeiden, will ich noch hinzufügen, dass
ich schwarz nenne die Vögel, die Holtz mit braun bezeichnet, also
die Männchen der minuta (Brehm); braun nenne ich die dunkleren
Weibchen, dem 2 No.2 Holtzens entsprechend. Weiss endlich nenne
ich die sehr hellen Vögel, die & der pennata (Brehm) und den 9?
dem Exemplare No. 1 bei Holtz entsprechend.
Vergleichende Gewichtstabelle der Aquila pennata- und minuta-Eier
mit den gleich grossen Astur palumbarius-Eiern.
Aqua pennata und minuta Astur palumbarius
Länge Breite Gewicht Länge Breite Gewicht
Mm. Mm. Dr. Gr. Mm. Mm. Dr. Gr.
a ea bb ad — 1a
33. a a a
Sa ee |
585 — 45 — 1 3% B
‘ _ _ _ 37
er a ln,
58 1:46 .— 1:28
85 —- 48 — 1 27 2
uni] 3217 Dnlennee u
*) Wie aber sollen sie in die Thiergärten kommen, wenn überall statt der
Jungen die Eier ausgehoben werden? Die helle und die dunkle Färbung
dürfte in der Hauptsache auf Farbenwechsel nach Altersverschiedenheit ein
und derselben Art beruhen, Der Herausgeber.
128 H. Goebel:
Agua ‚pennata und minuta Astur palumbarius
Länge Breite Gewicht Länge Breite Gewicht
Mm. Mm. Dr. «Gr. Mm. Mm. Dr. Gr.
595 - 6 -— 15 — 0 —-— 4 — 14
6 — 4 — 118
5 465 — 1 2l
565 465 1 21
a a: bs -— 464 — 12
6b — 6 — 15
6. m 1 527
56. ride 1
TER A| er 06"
77 - Mb —- 13 — II" - 5 — 13
Ho —- Mb —- 113 — 9517 85° —- 35 — 1 38
5 —- 4 _-— 12-5 - 5. - 15
BB. end il 14. — ,53,5 —. 48 zz
2.8 —- 112 - 2 — 42 — 120
Wie man aus dieser vergleichenden Tabelle sieht, ist. der Ge-
wichtsunterschied zwischen A. pennata- und Astur palumbarius-Eiern
meist ein bedeutender. Der geringste Unterschied ist 5 Gran, der
grösste .17, der mittlere Unterschied ist fast 11 Gran. —
Ich habe freilich nur 22 Ag. pennata-Eier benutzen können, da
die übrigen theils nicht mehr in meinem Besitz waren, theils nicht
benutzt werden konnten, da sie nicht rein genug ausgespült waren
oder sehr grosse Löcher hatten. — Von Astur palumbarius sind 39
Eier bei. der Vergleichung, benutzt worden, und habe ich nur die
am geringsten wiegenden angeführt; es kommen aber auch bei glei-
chen Maassen ‚viel schwerere Eier vor. —
Uman, 1.12. November 1872.
Zusätze und Berichtigungen
zu dem Aufsatze über. die im Umanschen Kreise 1867 — 69
und 1870 beobachteten Vögel nach Beobachtungen in den
Jahren 1871 und 1872.
(Siehe Journ. 1871, Seite 295 — 300.)
Von
H. Goebel.
[8.] Passer domesticus. — 1871 am 17. Mai ein schönes
Gelege einem alten Elsternest entnommen; 6 Eier, darunter 3
Spureier,
Vögel im Umanschen Kreise. IER)
a b C d e f
Länge 215 — 231 — 202 —13 — 15 — 13Mm.
Breite 15 —- 5 — 5 —-2 - 3 — 1
Gewicht 2, — 1% — 2% —-— 1 - 1, — 1a.
205. Centrophanes lapponicus. — Am 9. Februar 1372
eine Schaar von 15 Stück und ausserdem noch 3 Stück unter
Plectrophanes nivalıs auf der Landstrasse beobachtet. — Letztere
sowie Phileremos alpestris waren im Januar (Ende) und Februar
sehr gemein; auch beobachtete ich während starken Frostes am 9.
Februar eine Al. arvensıis.
23.] Corax nobilis. — Ein schönes Gelege am 26. März
1872 ausgehoben von 6 Stück.
a b C d e ü
L. 25 - 2 — 4 — 45— 455 — 45Mm.
Ber 29 —- 3:5 - 3 — 3 — 33 — 31,5
Gew. 21 — 2, — 2 — 27 — 31h — 23 Gr.
2 Eier, d und f, sind ganz hell, und am stumpfen Ende so
fein, rauhkörnig, wie mit Sand bestreut. a ist kein Spurei, es war
bebrütet.
[30.] Falco lanarius. — Am 5. Mai 1871 zusammen mit
Freund Holtz ein selten starkes Gelege von 6 Stück ziemlich stark
bebrüteter Eier gefunden.
a b c d e f
Danger ua —ı 55 ı — 156 — 56.4: — 525 — 54.Mm.
Breite 35 — 835 383 — 3 — 4 8
a “ Gr. Dr. Gri Dr: Gr: Di. Gr... Dr.\Gr. "Dr Gr
11-1 111.10 =1.42-2710 —: 17%12
Am 17. April dieses Jahres ein schönes Gelege von violetter
Färbung gefunden, in dem das eine Ei eine ganz abnorme Grösse
zeigt, ohne Doppelei zu sein.
a b € d
1: 5 — 62 — 535 — 54,5 Mm.
Br. 45 e_ 48 — 445 — 44,5
Gew. 1Dr.24Gr. — 1Dr.49Gr. — 1Dr.256Gr. — 1Dr.13 Gr.
[37.] Astur palumbarius. — Auch von diesem Vogel fand
ich ein ziemlich abnormes Gelege am 1. Mai 1872 von 4 ziemlich
frischen Eiern. — Das grösste Ei des Geleges ist sehr gross ge-
fleckt, dunkelbraun, die übrigen weniger.
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 122. März 1973. 9
130 H. Goebel:
a b 6 d
Li 60 — ga — ...615 0: ee
Br. 48,5 — 47,5 — 47 _ 47,5
Gew. 1Dr.43Gr. — 1Dr.44Gr. — 1Dr. 38Gr. — 1Dr. 36 Gr.
Nisus brevipes? — 2 Gelege Nisus-Eier wurden mir in
diesem Jahre gebracht, die ganz abweichend von allen Nisus com-
munis-Biern, die ich selbst habe oder sah, sind. — Die
Zeichnung besteht nicht in Flecken, sondern mehr oder weniger
in Wolken, die das ganze Ei ziemlich gleichmässig überdecken,
einige so stark, dass die Grundfarbe ganz bedeckt ist; ich ver-
muthe daher, dass die Eier dem drevipes angehören, wenigstens will
mir die Beschreibung von drevipes-Biern im Journ. für Orn. 1864,
pag. 464 auf meine Eier passen; das Gewicht freilich stimmt nicht.
Gelege a: 5 Eier, frisch, 25. Mai.
a b C d e
PR: 4,5 — 415 — 2 — 415 — 42 Mm.
Br. „u 31%. —2 32.07. .3250—- 82 won
Gew. 0 0 —- 30 °—-30 — 29 — 30 Gr.
Gelege b: 4 Eier, frisch, 15. Juni.
a b c d
L. 44 °— 40 — 39 — 39 Mm.
Br. 255 -— 3 — 2 — 3
Gew. — — 350 — 30 — 30 Gr.
[39.] Aguila fulva hat als Brutvogel meinen Kreis, wie es
scheint, verlassen; nur noch im Winter sah ich ihn zuweilen.
[42.] Aquila pennata und minuta, — Siehe Holtz’s Auf-
satz Journ. f. Orn. 1872, pag. 286 und meinen eben erst jetzt er-
schienenen. — (Siehe pag. 125— 128.)
[44.] Pandion haliaetus. — Ist aus der Liste der Brut-
vögel zu streichen. Der von mir am 15. Mai 1869 gefundene Horst
gehörte der Ag. pennata (Brehm) an, die mir damals unbekannt
war, daher ich, verleitet durch den entfernt ähnlichen Schrei und
die Färbung der Unterseite, indem es mir damals leider nicht ge-
lang, einen der Vögel zu schiessen, die Ag. pennata für Pandion
hielt. Die Zeichnung des Eies liess sich ganz abwaschen, es blie-
ben nur gelbe Schalenflecke zurück.
206. Circaetus brachydactylus. — 5 Gelege, & 1 Ei,
1871 in 3 weit von einander entfernten Forsten gefunden; 2 Ge-
jege von demselben Paare 1872. Der Fundtag der Eier war fol-
gender:
a en VE
Vögel im Umäanschen Kreise. 131
1871: a 29. April; b 4. Mai; ce 1. Mai.
1872: a 18. April; b 15. Mai (2. Brut).
Der brütende Vogel des Horstes b/1871 soll, wie mir der För-
ster Andrejew erzählte, so fest auf dem Ei gesessen haben, dass
er ihn mit der Hand fing. — c/1871 und die diesjährigen sind
wohl von demselben Paar. Das am 18. April 1872 gefundene Ei
lag in demselben Horste, aus dem am 29. April 1871 das Ei ge-
nommen wurde. —-
Die zweite Brut wurde in einem andern Horst gemacht. —
Ueber die Zugverhältnisse kann ich nichts Bestimmtes sagen
da ich die Vögel nur beim Horste beobachtete, — Zuletzt sah ich
einen Schlangenbussard in diesem Jahre am 16. September.
Maasse und Gewichte der 4 in meiner Sammlung befindlichen
‚Circaetus-Eier (b/1871 hat Holtz mitgenommen):
1871 a C 1812 a b
L. 18 — 71Mm. 73,5 — 73Mm.
Br. Ba on De 59
Gew. 3Dr.11Gr.— 2Dr.58Gr. 2 Dr. 54 Gr. — 2Dr.41 Gr.
[45.] Milvus ater. — Gelege von 5 Eiern am 8. Mai 1872.
a b C Erd e
L. ao 5050 nn —e 5 5 Mm.
Br. 55 — 3 — 4 — 445 — 445
en Ir Gr. Dr. Gr. Dr. Gr. Dr: Gr Dr. Gr.
| Bar25— #28 — 122 2 3]
207. Gyps fulvus. — Am 26. April 1871 wurden von Holtz
auf der Stadtweide 3 Stück beobachtet; also ist sein Vorkommen in
unserm Kreise, über das ich seiner Zeit eine brieflicehe Notiz an Dr.
Cabanis sandte, verbürgt. —
[76.]|] Protincola rubetra. — 1 Gelege von 5 schwer be-
brüteten Eiern am 25. Mai 1872 gefunden. —
a b C
- Länge 175 — 175 — 175 Mm.
Breite 4 ° — 14 _— 14
[92.] Phyllopneuste rufa. — Ist Brutvogel unseres Krei-
ses. Am 28.Mai 1871 erhielt ich ein Gelege von 5 frischen Eiern.
a b C d e
Länge 15 — 55 — 15 — 15 — 15 Mm
Breite 2 — 15 — 2 —- 2 — 2
Gewieht: durchschnittlich 1 Gran.
9%
133 H. Goebel:
208. Locustella naevia. Alle 3 Schwirle kom-
[201.] Locustella fluviatilis. < men vor; ich habe sie in-
209. Locustella luseinioides.(diesem Jahr, in dem ich
viele Ausflüge auf die Rohrteiche und Sümpfe machte, häufig be-
obachtet. Z. naevia scheint mir der seltenste, Zuscinioides der häu-
figste Schwirl zu sein; /luviatiis ist am wenigsten scheu. Mehr-
mals hatte ich das Vergnügen, alle drei zu gleicher Zeit zu hören.
Am leichtesten ist zu erkennen Zuscinioides durch einen kurzen,
etwa „tiki, tiki“ lautenden Vorschlag, darauf ein wenig Secunden
anhaltendes kurz abgebrochenes Schwirren. Auch das Schwirren
der Auviatilis und naevia kann man ganz gut unterscheiden, wenn
man einmal erst das Schwirren gehört und den betreffenden Vogel
zu Gesicht bekommen hat. Herr Arlt bezeichnet das Schwirren
Journ. f. Orn. 1871, pag. 27 sehr richtig. —
L. lusceinioides lebt hier ausschliesslich im Schilfrohr; auf nassen
Sümpfen zuweilen, gewöhnlich aber im Rohre der schwimmenden
Inseln, die auf den grösseren Teichen und Seen so häufig sind;
noch gegen Ende Juli liess er sein Schwirren fleissig ertönen. Z.
uviatilis fand ich an mehr trockenen Stellen, auf mit Weiden be-
wachsenen Wiesen, naevia an oft schon ziemlich nassen Stellen,
wo Salix-Arten und Rohr gemischt den Bestand bilden, dicht mit
Schlingpflanzen durchwebt. — Die Nester habe ich noch leider
von keinem der 5 entdecken können. :
[144] Machetes pugnaz. -— Scheint Brutvogel zu sein;
wenigstens sahen Holtz und ich auf einer Bootpartie auf dem So-
kolowsee am 26. Mai 1871 eine ziemlich grosse Schaar Männchen
mit voller Halskrause, mit einigen Weibchen untermischt, umher-
schwärmen. —
[160.] Ardetta minor. — 4 Gelege in diesem Jahr gefun-
den; am1.Juniad, am 10. & 7, am20. a5, am 22. & 4 frische Eier.
Summa 21 Eier. 9 grünliche, 12 weisse.
D. Max. Min.
Länge 35,8 — 539 — 34,5 Mm.
Brete 61 — 75 — 24
Gewicht 114%, — 13, — 10, Gr.
Die weissen Eier sind die schwersten. —
210. Hydrochelidon leucopareja. — Auf dem Zeber-
manowkasee, den ich bisher nie besuchte, in Menge beobachtet. Am
15. Juli dieses Jahres waren einige Junge noch nicht ganz flügge.
Von den schwarzen Meerschwalben ist also gemein in unserm
EL an
Vögel im Umanschen Kreise. 133
Kreise an geeigneten Stellen nigra und leucopareja ; leucoptera kommt
nur in einzelnen Paaren vor. So auf dem Zebermanowkasee unter
Hunderten von Paaren leucopareja nur 2 Paar leucoptera. Auf dem Se-
kolmsee findet dasselbe Verhältniss der leucopareja zur nigra statt.
Es kommen also als neu beobachtet hinzu:
Brütende Zugvögel:
Locustella naevia. Hiydrochelidon leucopareja.
Locustella luscinioides. Oircaetus brachydactylus.
Durchzugvögel oder zufällig beobachtete:
Gyps fulvus.
Wintergäste:
Flectrophanes lapponiecus.
| Zu streichen aus der Liste der Brutvögel: Pandion haliaetus ;
nur auf dem Zuge kommt er vor. —
Aus der Rubrik e in die Rubrik b überzuführen: Phyllopneuste
rufa und Machetes pugnax?
So stellt sich denn Folgendes heraus:
Sicher beobachtet ist das Vorkommen von 210 Arten; davon
sind bis hierzu anzusehen:
als Standvöogels..,: 2... en. Al
b) als brütende Zugvögel . . . 117
@als-durehreisende . . . .». 40
dralsıWwintereäste . -..........12
ae:
Uman, 10./22. November 1872.
Ueber Brutvögel Süd-Russlands,
insbesondere des im Gouvernement Kiew belegenen Kreises Uman.
Von |
Ludwig Holtz.
Wenn ich mir erlauben will, einige Mittheilungen über Brut-
vögel Süd-Russlands zu machen, und zwar insbesondere über im
Kreise Uman während der Monate April, Mai, Juni des Jahres
1871 beobachtete Brutvögel, so kann ich nicht umhin, die Be-
fürchtung zu hegen, dass für diejenigen Ornithologen, welche in
Asien, Afrika, Amerika und Australien theils selbst die Vogelwelt
belauscht, theils sich vornehmlich mit der Ornis dieser Welttheile
beschäftigt haben, diese meine Mittheilungen von geringem In-
teresse sein mögen, da sich dieselben nur auf die Grenzen Europa’s
beschränken,
134 Ludwig Holtz:
Beiträge zur Vogelwelt Süd-Russlands haben nun im ‚Journal
für Ornithologie“ in den Fünfziger Jahren Dr. Radde und neuer-
dings Forstmeister Goebel zu Uman gegeben, und zwar der Letzte
sehr speciell für das in Rede stehende Gebiet.
Ich beabsichtige nun nicht, alle von mir dort beobachteten
Brutvögel vorzuführen, sondern nur einen Theil derselben.
Vorweg will ich aber, zur Einführung in den Charakter des
Landes, eine kurze Schilderung der Boden- und klimatischen Ver-
hältnisse geben.
Süd-Russland ist, wenigstens was die Gouvernements Volhy-
nien, Podolien, Kiew und Cherson betrifft, von welchen ich Theile
derselben durchreist habe, als ein nach Süden geneigtes Flachland
zu bezeichnen.
Freilich ist es ein sehr coupirtes Flachland, denn Thäler und
Bergrücken wechseln oft mit einander ab; ziemlich tiefe, hin und
wieder schmale, aber auch oit sehr breite Einschnitte durchsetzen
das Land, welche von theils langsam fliessenden , theils ziemlich
reissenden Gewässern durchströmt werden.
Die Seiten derselben sind entweder steil, von Lehm oder zu
Tage tretenden Granitmassen gebildet, oder sie senken sich lang-
sam hinab, hier und da bewachsen mit Buschwerk und Gestrüpp.
Die ersteren bieten den Steinschmätzern, die anderen den
Sylvia- und Lanius-Arten passende Niststellen.
Vielfach zeigen sich auch tiefe Erdrisse, durch plötzliche Re-
gengüsse gebildet, welche in diese Einschnitte münden und bei den
Einmündungen, bei entsprechender Breite, oft 20 und mehr Fuss
tief sind.
Die ziemlich steilen Lehmwände derselben suchen sich die
Bienenfresser zu Niststätten aus.
Die Bäche und Flüsse sind an unzähligen Stellen durch Müh-
lendämme eingedeicht, wodurch viele Seen und Sümpfe gebildet
werden, welche oft sehr beträchtliche Flächen einnehmen, die den
Schwimmvögeln und Watern passende Niststätten darbieten, wäh-
rend den Rohrsängern wieder durch die, diesen angrenzenden, oft
weiten, von Riedgräsern und Rohr bewachsenen Flächen solche
geboten werden.
Der grösste Theil des Landes besteht aus Kornfeldern und
Steppen, prächtigen Tummelplätzen für die Scharrer, inzwischen
welchen die Wälder liegen, die zuweilen freilich ziemliche Dimen-
Ueber Brutvögel Süd-Russlands. 135
sionen annehmen, meistens aber nicht sehr umfangreich sind und
den Raubvögeln die schönsten Niststätten gewähren.
Nur 25 Meilen vor Odessa beginnt das Land ebener und
flacher zu werden, die Wälder hören auf, und nur hin und wieder
sieht man bei den Ansiedelungen Gärten mit Baumanlagen oder
einzelne, in der Ebene sich befindende Bäume.
Den oben zuerst erwähnten Charakter trägt nun auch der
Kreis Uman.
In den Wäldern bildet Carpinus — die Hainbuche — den Haupt-
repräsentanten. Mit derselben zusammen wachsen die drei Ahorn-
arten: Acer campestre, platanus und platanoides, die drei Rüster-
arten: Ulmus campestris, efusa und suberosa, die Linde, Tiia,
seltener die Eiche, Quercu. Die Birke, Betula alba, geht
nur bis 7 Meilen nordöstlich von Uman herab, die Kiefer, Pinus
silvestris, beginnt erst 21 Meilen nördlich von da.
Die Wälder werden als Hoch-, Mittel- und Niederwald bewirth-
schaftet; doch finden sich in allen Wäldern genug überständige
faule Bäume, welche den Höhlenbrütern passende Brutstellen ge-
währen.
Hin und wieder ist viel Unterholz, als Weissdorn,, Cratae-
gus, Hasel, Corylus, Schneeballen, Viburnum, Pfaffenhütchen,
Evonymus, Rosaceen und andere Sträucher.
Der Baum-, Strauch- und Pflanzenwuchs sucht an Ueppigkeit
seinesgleichen.
Eigenthümlich und erwähnenswerth, weil von grossem Nutzen
für die dortige Vogelwelt — sind die vielen, inmitten der Wälder
liegenden, verwilderten Obstgärten, die letzten Zeichen früherer
polnischer Wohnstätten, deren Bewohner dieselben auf Befehl des
Kaisers, nachdem das Land unter russische Herrschaft gekommen
war, mit geschlossenen Dörfern vertauschen mussten.
Im Schutze der Wälder liegend, die Bäume mit Lichenen viel-
fach bewachsen, bieten sie die schönsten Nistplätze den Drosseln,
Kernbeissern, Meisen, Spechtmeisen und Spechten, den Buchfinken,
Turteltauben und anderen.
Die klimatischen Verhältnisse anbelangend, so herrscht dort
während der grössten Zeit des Jahres ein gemässigtes Klima; milde
Winter sind gewöhnlich, die Monate Juli und August meistens
sehr warm.
Die letzten Nachtfröste fanden im Jahre 1871 in den Nächten
vom 14. auf den 17. April statt.
136 Ludwig Holtz:
Die Stadt Uman selbst liest auf der Grenze des 49. und 50.
Breitengrades, mit Stuttgart und Paris unter gleicher Breite, und
unter dem 48° östlicher Länge von Ferro, mit Petersburg unter
gleichem Längengrade, circa 60 Meilen südlich und 150 Meilen öst-
lich von Berlin.
Nun, diese coupirten Terrainverhältnisse, die üppigen Felder,
Steppen und Wälder, die weitflächigen Seen und Moräste, die reiche
Nahrung, welche den Watern und Schwimmvögeln direet, den In-
sektenfressern indirect durch die Sümpfe geboten wird, den Körner-
fressern durch den reichen Kornbau und den Saamen anderer
Pflanzen, den Raubvögeln durch die vielen vierfüssigen Nager ge-
spendet wird, lassen eine reiche Ornis voraussetzen, welche sich
auch wirklich dort vorfindet.
Gehen wir nun zu dem speciellen Theile über und betrachten:
ll RAPACES.
1. Aguila fulva Meyer et Wolf.
Der Steinadler soll nach Goebel im Gebiete vorkommen, ist im
Jahre 1871 nicht beobachtet worden. Wohl nur selten.
2. Aquila imperialis Bechst.
Der Kaiseradler kommt nach Goebel daselbst vor, der dort
mehrere Gelege bekommen hat.
Ich habe ihn nur einmal in einem angrenzenden Kreise, über
einem Sumpfe fortschwebend, erblickt.
Sein Flug gleicht dem der Ag. naeria. — Wohl nur selten.
3. Agquila naevia Briss.
Der Schreiadler ist kein seltener Brutvogel. — Dem einen
Horste wurde am 28. April ein Ei entnommen, nachdem nach dem
abfliegenden Vogel geschossen war; am 10. Mai wurde der Horst-
platz nochmals besucht, das abstiebende © geschossen und ein
zweites Ei entnommen.
Der Adler hatte also den Horst nicht verlassen; das letzte Ei
war das kleinere.
Im Vergleich mit den pommerschen Eiern ergeben Form und
Farbe keine Unterschiede, jedoch sind die russischen — Längen-
durchschnitt 63 Mm. und Breitendurchschnitt 5l Mm. — etwas
grösser als die pommerschen — 61 und 50 Mm.
Zur Nahrung dienen demselben Mäuse und Reptilien. *)
clanga und orientalis wäre schon der geographischen Verbreitung wegen
sehr erwünscht. Der Herausgeber.
Ueber Brutvögel Süd-Russlands. 157
4. Aguila pennata Gmel.
Ich habe das Glück gehabt, den gestiefelten Adler vielfach
beobachten zu können, und meine Beobachtungen darüber im Jour-
nal niedergelegt.
Dieser Adler bewohnt in Süd-Russland sowohl die Hoch- als
Mittelwälder.
Zum Brüten bedient er sich gewöhnlich alter Horste, welche
auf Waldsäumen benachbarter Bäume stehen.
So habe ich ihn im Besitze eines alten HAaliaetus albicilla-,
eines Corvus coraw- und, wie ich vermuthe, eines Agwla naevia-
Horstes angetroffen, während die anderen Buteo- und Melvus ater-
Horste zu sein schienen.
Ausfütterung des Horstes: zuweilen trockenes Laub,
- gewöhnlich die Blätter von Viscum album, Mistel, welche in dor-
tiger Gegend vielfach auf den Waldbäumen schmarotzt.
Legezeit: Ende April und Anfang Mai.
Normalzahl: 2 Eier.
Farbe: fast ganz weiss, zuweilen mit wenigen punktförmigen
violetten Flecken.
Der Adler ist nicht scheu und sitzt sehr fest auf den Eiern;
kommt, aufgescheucht, während der Ausnahme der Eier, öfters sehr
besorgt heran, setzt sich hin und wieder in die Gipfel benachbar-
ter Bäume und vergisst oft dann die Sicherheit.
Sein Flug ist dann unruhig und gleicht dem des Pandion, auch
sein Schrei gleicht demselben, nur dass er leiser klingt.
In der Nähe seines Horstes leidet er keinen andern Raub-
vogel, und ich habe ihn oft mit dem Falco laniarius und Müvus ater
im Kampfe gesehen.
Nach meinem Dafürhalten hat bis dahin das dunkle 3 der
Aquila pennata den Namen Aguia minuta Brehm geführt. — Zur
Begründung meiner Behauptung verweise ich auf meine speciellen
Mittheilungen über Ag. pennata — J. f. O. Jahrg. 1872, 8.286 u. f.
Die Nahrung des Adlers besteht aus Mäusen und Vögeln.
Er ist im Gebiete kein seltener Brutvogel.
5. Haliaetius albicilla Bonap.
Ich habe am 18. April ein Ei aus dem Horste des weiss-
schwänzigen Seeadlers erhalten, aus welchem am 22. März 3 Eier
desselben Adlers genommen waren. Es war allen Vermuthungen
nach dasselbe Paar, — Unter dem Horste lagen die Reste eines
getödteten, halbzerrissenen Falco lamiarius-?,
138 Ludwig Holtz:
Im Vergleich mit pommerschen und gothländer Eiern sind
die pommerschen die grössten — 73 und 57 Mm. —, nächstdem
die russischen — 70 und 57 Mm. — und endlich die gothländer
— 67 und 53 Mm. — die kleinsten.
Der Adler scheint dort kein seltener Brutvogel zu sein.
6. Pandion Haliaetus Quv.
Ich habe den Fischadler im Gebiete nicht beobachtet; doch
wird er gewiss als Zugvogel dasselbe durchstreichen.
7. Circaötus gallicus Vieillot.
Der Schlangenadler scheint im Gebiete gerade kein seltener
Brutvogel zu sein, da während meiner Anwesenheit daselbst 3 Ge-
lege gefunden wurden.
Der Horstbaum des einen Paares befand sich in 'einem, mit
vielem Unterholze bewachsenen, gemischten Mittelwalde und war
eine Eiche. Der Horststand in 40 Fuss Höhe und schien ein
schlechter Buteo Horst zu sein.
8. Buteo communis Boie.
Der gemeine Bussard ist ein häufiger Brutvogel, indess doch
nicht so häufig wie in Pommern. Auch die helle Varietät kommt
vor. — Zur Ausfütterung seines Horstes bedient er sich zuweilen
des Lindenbastes und der Lindenzweige, jedoch meistens der grü-
nen Zweige der Mistel, anstatt der grünen Kiefern- und Epheu-
zweige, mit welchen er in Pommern seinen Horst zu belegen pflegt.
Hinsichtlich des Vergleiches der Grössenverhältnisse sind die
pommerschen Eier — 55 und 41Mm. —- grösser als die russischen
— 53 und 43 Mm.
Erwähnen will ich hier noch eines bei einem belegten Horste
geschossenen Paares, dessen Grössenverhältnisse sehr abweichend
von den normalen sind.
Das 2 sass auf dem Horste, wurde durch Klopfen vom Baume
gescheucht und geschossen. Als das 9, welches in einiger Entfer-
nung gefallen, gefunden war, wurde kurze Zeit nachher auch das
& auf dem Horste brütend angetroffen und erlegt.
Während nun das kleinste meiner pommerschen $, von der
Schnabel- bis zur Schwanzspitze gemessen, eine Länge von 520
Mm. hat, zeigt das russische $ nur 500,Mm., und während ein
pommersches & 510 Mm. hat, zeigt das russische & nur 465 Mm.
Auch die beiden im Horste angetroifenen Eier haben nur eine
Länge von 54 und 53 Mm. und eine Breite von je 40 Mm.*)
*) Die vorgelegten Exemplare erinnerten zwar an Buteo tachardus (8.
Ueber Brutvöge! Süd-Russlands. 139
9. Astur palumbarius Bechst.
Der Taubenhabicht ist ein häufiger Brutvogel, der seinen Horst
‚gerne inmitten der Wälder aufstellt.
Die Eier in den Gelegen differiren sehr in Grösse und Form.
Hinsichtlich der Farbe ist auch bei denselben die weisse und
blaue Grundfarbe vertreten. i
Im Vergleich mit den pommerschen und gothländischen Eiern
sind die gothländischen — 59 und 46 Mm. — die grössten, wel-
chen die pommerschen — 56 und 44 Mm. — folgen, worauf end-
lich die russischen — 55 und 44 Mm. — kommen.
Die russischen Eier sind indess mit mehr gelblichen und öli-
gen Flecken versehen, als die übrigen.
10. Falco laniarius (L.) Pallas.
Der Würgfalke ist kein seltener Brutvogel des Gebietes.
Horstplatz: den Feldern benachbarte Waldsäume der mit
Unterholz gut bestandenen gemischten Mittelwälder.
Horststandshöhe: circa 50 Fuss.
Horstbaumaterial zum Rohbau: Aeste und Zweige;
zur Ausfütterung: entweder nur feines Reisig oder etwas Laub
und Blätter der Mistel.
Legezeit: Mitte April.
Normalzahl: 5 Eier, auch oft nur 4, zuweilen 6.
Eiermaasse: von 17 Eiern aus 5 Gelegen:
Länge: Durchschn. 535 Mm., Min. 51 Mm., Max. 56 Mm.
Breite: h 4 „ „OS AON,, AD,
Die Eier differiren sehr in Grösse, Form und Färbung, sogar
in einem und demseiben Gelege. Die Eier zeigen verschiedene
Brutstadien. -- Der Vogel sitzt sehr fest auf den Eiern, entfernt
sich gewöhnlich erst, wenn der Steiger den Baum besteigt, hält oft
so lange aus, bis der Steiger nahe am Horste, und umkreist dann
sehr unruhig den Horstplatz, sich immer in gehöriger Entfernung
haltend. — Im Fluge gleicht er dann ganz dem Falco peregrinus.
Vor dem Brutgeschäft ist der Würgfalke ein ganz anderer, als
während desselben. Ich habe ihn oft dann, ganz ruhig auf dem
desertorum), welchen wir zuerst als Brutvogel aus der Gegend von Sarepta
in die europäische Ornis eingeführt haben (vergl. Journ. 1855, S. 94), und
welcher von Herrn Kammerherrn v. Krieger bereits dreimal in Thürin-
gen erlegt worden ist — sind aber nur als eine kleinere, von B. communis
nicht specifisch verschiedene Rasse zu betrachten. Sie glichen vollständig
den im Journal Jahrg. 1871, S. 154 besprochenen Exemplaren.
Der Herausgeber,
140 Ludwig Holtz:
Horstrande oder einem benachbarten Zweige sitzend, sein Gefieder
putzen sehen, ohne dass er die geringste Scheuheit zeigte.
11. Falco peregrinus Gmel.
Nach Goebel’s Mittheilungen soll der Wanderfalke auch im
(Gebiete vorkommen; ich habe denselben dort nicht beobachtet.
12. Cerchneis tinnuncula Boie.
Der Thurmfalke ist im Gebiete ein sehr häufiger Brutvogel. —
Er bedient sich der Horste von Corvus corax und Corvus cornix ;
legt aber meistens seine Brutstellen in hohlen Bäumen an.
Legezeit: das letzte Drittel des April.
Seine Nahrung besteht aus Mäusen, Käfern und Eidechsen, be-
sonders der Zacerta viridis, welche dort sehr häufig vorkommt.
Im Vergleich mit den pommerschen Eiern sind diese — 38
und 532 Mm. — grösser als die russischen — 37 und 31 Mm.
13. Cerchneis vespertina Boie.,
Von dem Rothfussfalken habe ich nur einen Horst gefunden.
Horstplatz: entfernt stehende, sehr alte Eichen mit hin und
wieder dazwischen wachsendem Gebüsch und dazwischen liegenden
Kornfeldern. — Horstbaum: Eiche.
Horststand: Zweigstellung auf jungen Zweigen, dem Stamme
angelehnt. — Horststandshöhe: 30 Fuss.
Horstbaumaterial zum Rohbau: Zweige; zur Ausfüt-
terung: Lindenbast.
Legezeit: Mitte Juni.
Die Eier zeigen verschiedene Brutstadien.
Eiermaasse von 3 Eiern eines Geleges:
Länge: Durchschn. 36 Mm., Min. 36 Mm., Max. 37 Mm.
Breite: Durchschn. = Min. = Max. 25 Mm.
Der Falke sass sehr fest und musste durch Klopfen am Horst-
baum vom Horste getrieben werden; während der Ausnahme flogen
dann beide Vögel sehr unruhig oberhalb des Horstplatzes, sich hin
und wieder auf Zweige fernstehender Bäume niederlassend.
Zur Nahrung dienen dem Falken Käfer und Grillen.
14. Milvus regalis Briss.
Die rothe Gabelweihe habe ich dort in keinem Exemplare |
beobachtet.
15. Milvus niger Briss.
Die schwarzbraune Gabelweihe ist der gemeinste Brutvogel
unter den Raubvögeln,
Horstplatz: freie Schläge oder den Feldern benachbarte
ne a u >
Ueber Brutvögel Süd-Russlands: 141
Holzungen. — Horststand: theils Gabel-, theils Zweigstellung.
— Horststandshöhe: circa 50 Fuss.
Horstbaumaterial zur Ausfütterung: Heede, Wolle,
Haare, Pferdeschmutz und dergleichen Materialien.
Legezeit: zweite Hälfte des April.
Normalzahl: 2 Eier, doch auch zuweilen 3.
Eiermaasse von 41 Eiern und 21 Gelegen:
Länge: Durchschn. 55 Mm., Min. 43 Mm., Max. 56 Mm.
Breite: 3 A RO a
Im Vergleich mit den pommerschen Eiern sind diese — 55
und 43 Mm. — grösser, wie die russischen. — Ihre Nahrung be-
steht aus Vögeln, Mäusen und Maikäfer-Larven.
16. Syrnium aluco Quv.
Der grosse Waldkauz ist kein seltener Brutvogel.
Hinsichtlich des Kleides will ich hier erwähnen, dass 2 er-
legte Vögel in ihrer Färbung den asiatischen näher stehen, als den
europäischen.)
ll. PASSERES.
Unter den Sperlingsvögeln will ich anführen:
17. Merula vulgaris Bonap.
Die Schwanzamsel ist ein sehr häufiger Brutvogel.
Während dieselbe in Pommern ihr Nest meist auf den Wasser-
reisern der Eichen in Höhe von 5 vis 6 Fuss und höher erbaut,
auf Gothland sich des Waldbodens zwischen Wurzeln umgestürzter
Bäume und der mit Haidekraut bewachsenen Kaupen als Basis
für ihren Bau bedient, benutzt sie hier dazu gerne die in Höhe von
eirca 3 bis 4 Fuss in starken Bäumen von Bienenjägern einge-
hauenen Löcher; auch Löcher von halbausgefaulten Stämmen, und
habe ich gleichfalls ihr Nest schon in einer Grabenborte eingebaut
gefunden. |
Form, Grösse und Färbungen zeigen in den Gelegen grosse
Differenzen. — Verglichen mit den pommerschen und gothländischen
Eiern sind diese — 30 und 22 Mm. — die grössten, jene — 28
und 21 Mm, — den russischen gleichstehend.
=) Die Exemplare waren in der That viel lichter und abweichend ge-
zeichnet. Dergleichen östliche (asiatische) Exemplare fehlen indess noch
dem hiesigen Museum, um Näheres feststellen zu können. Ein Exemplar
aus Syrien stimmt dagegen fast durchweg mit deutschen Individuen über-
ein. Es bestätigt sich hier wiederum die bereits mehrfach gemachte Be-
obachtung, dass gewissermassen eine Abblassung, ein Lichterwerden der
Färbung bei östlicher vorkommenden Individuen auftritt. Der Herausg:
142 Ludwig Holtz:
18. Turdus musicus L.
Die Singdrossel ist kein so häufiger Brutvogel, wie die Schwarz-
amsel. — Hinsichtlich der Grössenverhältnisse der Eier sind die
russischen — 25 und 19 Mm. — die kleinsten, die pommerschen
— 26 und 20 Mm. — den gothländischen gleich.
Bezüglich der Fleckenzeichnung sind die russischen meist fei-
ner punktirt, wie die übrigen.
19. Turdus viscivorus L.
Am 30. April schoss ich ein ? der Misteldrossel; ich habe die-
selbe sonst weiter nicht beobachtet. — Aus dem späten Aufenthalt
derselben möchte man schliessen können, dass dieselbe dort als
Brutvogel sich aufgehalten.
20. Muscicapa parva Bechstein.
Der kleine Fliegenfänger ist ein sehr häufiger Brutvogel.
Horstplatz: mit vielem Unterholze bewachsene Mittelwälder.
Horststand: gewöhnlich in einem Astloche, seitwärts ein-
gebaut. — Horststandshöhe: 8 bis 10 Fuss.
Nestbaumaterial zur Unterlage: Moos — Hypnum;
zur Ausfütterung: wenige Haare.
Legezeit: erstes Drittel des Juni.
Normalzahl: 6, zuweilen 5, auch 7 Eier.
Eiermaasse von 33 Eiern aus 7 Gelegen:
Länge: Durchschn. 16 Mm., Min. 15 Mm., Max. 17 Mm.
Breite: ” I2 2, Ws 35 Abe
21. Muscicapa albicollis Temm.
Den Halsbandfiiegenfänger, den Goebel als „nicht seltenen
Brutvogel“ angiebt, habe ich nicht beobachtet.
22. Lanius minor L.
Der schwarzstirnige Würger ist ein nicht seltener Brutvogel,
der bezüglich Wahl seiner Nistplätze, Aufstellung seines Nestes und
Bau desselben im Gebiete ganz dieselben Gewohnheiten zeigt, wie
in Pommern.
Als Nistmaterial verwendet er aber dort fast ausschliesslich
eine Art Beifuss (Artemisia), weicher ihm wahrscheinlich seiner
weichen wolligen Blätter wegen zusagt.
23. Lanius eollurio L.
Der rothrückige Würger ist ein sehr häufiger Brutvogel, der
hinsichtlich Wahl seiner Nistplätze, Aufstellung und Bau seines
Nestes von den pommerschen Brutvögeln nicht abweicht.
Hinsichtlich der bekannten verschiedenen Färbungen der Eier
Ueber Brutvögel Süd-Russlands. 143
erwähne ich, dass beide ziemlich gleichmässig vertreten sind, nach
der Behauptung des Herrn v. Tschusi jüngere und ältere Weib-
‚ chen sich in ziemlich gleicher Anzahl an dem Brutgeschäft be-
theiligen.
Von den Ammern will ich noch erwähnen:
24. Emberiza citrinella L.
Die Goldammer ist ein sehr häufiger Brutvogel.
Hinsichtlich der Färbung der Eier sind auch dort, wie hier,
die beiden bekannten Grundfarben vertreten.
25. Emberiza hortulana Lin.
Die Gartenammer ist ein sehr häufiger Brutvogel des Gebietes,
welche sich gern an den Säumen der Wälder und im kleinen Ge-
strüpp auf den Steppen aufhält, und theils auf ebener Erde, inmit-
ten von Pflanzen, theils in Grabenborten ihr Nest aufstellt.
Das Nest gleicht im Bau der cifrinella, besteht aus Grashalmen
und ist mit Pferdehaaren stark ausgefüttert.
Legezeit: Ende Mai.
Normalzahl: 5 Eier, auch 6 zuweilen.
Eiermaasse von 23 Eiern aus 6 Gelegen:
Länge: Durchschn. 20 Mm., Min. 19 Mm., Max. 21 Mm.
‚ Breite: „ Io 5 ” 15 , „ 16 „
Die Ammer hält sich gerne auf der Erde und im Gebüsch auf,
doch sieht man sie auch oft in den höchsten Gipfeln der Bäume,
aus welchen sie ihr melancholisch klingendes „eir - eir-eir -lui“ er-
tönen lässt. — In den Gelegen sind verschiedene Formen und
Färbungen vertreten.
26. Sitta europaea L.
Der gemeine Kleiber ist häufiger Brutvogel. — Im Betragen
der russischen, pommerschen und gothländischen Vögel weiss ich
keine Unterschiede.
Hinsichtlich der Eier sind die russischen etwas grösser als die
gothländischen, diese aber etwas mehr gerleckt. — Was die Klei-
der anbelangt und die Grösse, so möchte ich den russischen Klei-
ber, der etwas grösser als der gothländische, dagegen nicht so
gross als der pommersche ist, weniger rostgelben Unterkörper als
der pommersche hat, obgleich auch viele Uebergänge stattfinden,
als die wahre Sitta europaea L. bezeichnen.
"27. Coracias garrulal,
Die blaue Rake ist gleichfalls ein sehr häufiger Brutvogel, der
144 Ludwig Holtz: Ueber Brutvögel Süd-Russlands.
in Gemeinschaft mit Cerchneis tinnuneula und Corvus monedula sich
der Löcher in alten, überständigen Bäumen zum Horsten bedient.
28. Corvus corniz L.
Die gemeine Krähe ist häufiger Brutvogel, der zuweilen sogar
auf den Strohfeimen, die oft von einem Jahr in’s andere überstehen,
sein Nest baut.
29. Corvus monedula L.
Die Dohle ist gleichfalls ein sehr häufiger Brutvogel, welcher
dort vielfach gesellschaftlich in hohlen Bäumen nistet, und dessen
Horst zuweilen in 4 und mehr Fuss Tiefe steht.
Hinsichtlich der Eier sind auch bei den russischen zwei Grund-
farben vertreten. Die russischen — 35 und 25 Mm. —- sind etwas
grösser als die pommerschen — 34 und 35 Mm.
30. Piea varia Gessner.
Die Elster ist eben so häufiger Brutvogel wie die vorigen.
Sie stellt in den inmitten der Wälder liegenden Gärten, in
den mit Weiden bewachsenen Einschnitten, und häufig in den mit
Gestrüpp bewachsenen Waldpartien ihren Horst in Höhe von 5
bis 6 Fuss auf.
Bei den Eiern finden sich auch zwei Grundfarben und sind
die russischen — 53 und 25 Mm. — grösser als die pommerschen
— 32 und 22 Mm.
IV. GRALLATORES.
öl. Ardea cinerea L.
Den grauen Reiher habe ich nur in einer kleinen Colonie von
vielleicht 10 Horsten angetroffen.
Ich schoss von dem einen Horste das &, welches das Brut-
geschäft besorgte.
32. Grus virgo (Lin.).
Der Jungfernkranich ist nur sehr spärlich als Brutvogel ver-
treten.
Ich habe auf zwei grossen Steppenflächen nur je 1 Paar ange-
troffen und nur von einem Paar 1 Gelege von 2 Eiern erhalten,
Die Kraniche sind sehr scheu und lassen sich nicht recht nahe
kommen; doch habe ich durch mein Ocular gleichfalls die tanzen-
den Bewegungen bemerkt, von welchen, wenn ich nicht irre, Dr.
Brehm irgendwo berichtet. —
Indem ich hiermit schliesse, will ich noch hervorheben, dass
man wohl annehmen kann, dass für Süd-Russland die Brutzeit we-
nigstens 8 Tage früher beginnt, als in Pommern.
A.v.Homeyer: Ueber das Vorkommen einiger Vögel Schlesiens. 145
Bemerkungen
über das Vorkommen einiger Vögel Schlesiens.
Freier Vortrag vor den deutschen Ornithologen in Berlin 1872.
Von
Hauptmann Alexander v. Homeyer.
1. .Zurdus pilaris.
Betreffs der Wachholderdrossel habe ich meine 1861—64 ge-
machten und im Journal publieirten Beobachtungen vervollständigt
und kann ich nur mittheilen, dass dieselben durchweg correct sind.
Die Wachholderdrossel lebt als Brutvogei gewöhnlich in Colonien
von 20—30 Paaren, während das Nisten eines einzelnen Paares als
Seltenheit zu betrachten ist. Als Brutstätten wählen sie gern Feld-
-hölzer oder bei grossen Waldungen die Waldränder, namentlich
wenn solche an Wiesen stossen. Nadelwald ist ihnen so lieb, wie
Laubwald. Mit besonderer Vorliebe suchen sie lichte Waldungen
auf, in denen es offene Plätze und Wiesen giebt, um hier ihrer
Nahrung in aller Stille nachzugehen. Sind die Jungen ausgeflogen,
so werden gern Ausflüge auf die benachbarten Aecker gemacht,
und sieht man namentlich im Juli und August daselbst derartige
Flüge. Ende September verlassen uns die Brutdrosseln, um dem
Süden sich zuzuwenden. Im October und November sieht Schle-
sien nur selten Wachholderdrosseln, eben weil die Brutdrosseln
fortgezogen sind. Die Drosseln, welche sich Ende November oder
December einstellen, sind nordische Drosseln, welche während die-
ser kalten Jahreszeit von Wachholderbeeren und Ebereschen dürftig
ihr Dasein fristen. Die deutschen Brutvögel gehen sehr weit süd-
lich; dieselben werden fast allwinterlich, wenngleich auch nur ein-
zeln oder in kleinen Flügen, in Spanien und Nord-Afrika beobachtet.
2. Lusciola cyanecula.
Das Blaukehlchen var. leucosterna ist als Brutvogel in Nieder-
schlesien, namentlich an der Oder, eine sehr häufige Erscheinung,
so namentlich bei Breslau und Glogau. Mich überraschte ein
singender Vogel an dem kleinen Mühlteich des Bades Salzbrunn,
also im Gebirge. Ich notirte den Fall als Curiosum der Verbrei-
tung in mein Notizbuch, hatte aber bald das Glück, die Notiz wie-
der ausstreichen zu können. Wir hatten es hier nicht mit einem
freien Brutvogel, sondern mit einem dem Käfige entflohenen zu thun.
3. Philomela major.
Ich habe den Sprosser in Schlesien als freien Vogel nirgends
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 122. März 1873, 10
146 A. v. Homeyer.
beobachtet. Alle Vögel, welche bei Glogau, Breslau, Oels, Schweid-
nitz, Frankenstein, Görlitz u. s. w. sangen, waren echte Nachtigal-
len (luseinia). — Ein alter Vogelfänger aus Sohland bei Reichen-
bach in der Lausitz wollte einige Sprosser in den Sumpfwaldungen
des Rothsteingebirges bei Löbau in Sachsen auf dem Zuge gefangen
haben, was ich jedoch nicht verbürgen kann.
4. Oalamoherpe turdoides.
Bei Glogau nistete der Drosselrohrsänger an einem stark mit
Rohr bewachsenen Wiesengraben ziemlich zahlreich, während das
Wasser fast gänzlich fehlte und die vorbeifliessende Oder wohl
800—1000 Schritt entfernt war.
5. Calamoherpe fluviatilis.
Der Lehrer Arlt hat uns ja im Journal über den Flussrohr-
sänger hübsch berichtet; auch ich habe diesen interessanten Vogel
in der Strachate bei Breslau im Frühling 1871 vielfach beobachtet.
Das Thierchen verräth sich sofort durch seinen Schwirrgesang. Es
giebt Leute, welche die Gesänge unsers Vogels mit denen des Heu-
schreckensängers (C. locustella) verwechseln wollen. Dies kann nür
auf Unkenntniss beruhen. Eine Aehnlichkeit besteht nur darin,
dass beides Schwirrgesänge sind; C. locustella schwirrt aber einsil-
big „irrrr“, während /luwatilis zweisilbig schwirrt. Der Gesang
unsers Vogels kennzeichnet sich durch die Silben „settersetter-
setter“ u. s. w., welche in langer Leier wiederholt werden. Be-
ginnt unser Vogel, so ist der Anfang seiner Setterlaute allenfalls -
zu verwechseln mit den Anfangsstrophen des Goldammerliedchens
(Emberiza eitrinella), jedoch auch nur bei einigen abweichenden
Gesängen (seitens des Goldammers). — Der Vogel sitzt beim
Singen gern mit ballförmiger Körpergestalt, etwas aufgerichtetem
Halse, stark aufgeblähter Kehle und hängendem Schwanze in ziem-
lich nachlässiger und anscheinend träger Haltung, während locu-
stella beim Singen gewöhnlich die Rohrsängerschlankheit niemals
verleugnet. Während der Brutzeit singt unser Vogel sehr fleissig
und ist er hierbei selbst von ungünstiger Witterung wenig abhängig.
— Der Vogel liebt beim Singen denselben Platz einzunehmen; er
singt nicht allein gern im selben Strauch, sondern mit Vorliebe
immer auf demselben Zweige. Hierbei sitzt er vornehmlich 5—7
Fuss hoch; nur ausnahmsweise geht er in einen andern Baum bis
zu }5 Fuss hoch. Stört man den Vogel beim Singen, so fliegt er
nur ungern fort; er lässt sich den Menschen wohl bis auf 4 Schritt |
nahe kommen, dann erst klettert er eiligst im Strauch nach unten,
_ Üeber das Vorkommen einiger Vögel Schlesiens. 147
versteckt sich gerne hier und fliegt nur ungern, wenn aber, dann
niedrig fort.
Eines Abends (Ende Mai), es war schon ganz dunkel, schwirrte
ein Vogel dicht neben dem Wege in einem Ahornstrauche Der
Gesang war ausserordentlich heftig und laut. Ich näherte mich
dem Strauch und gelang es mir, bis auf nicht weiter als 3 Schritt
heranzukommen. Da ich gerade von einer entomologischen Excur-
sion zurückkehrte, schlug ich mit dem Schmetterlingsnetz nach dem
Vogel und hätte denselben auch sicher bekommen, wenn sich nicht
Zweige dem Netz hindernd in den Weg gestellt hätten.
Aehnlich wie der Heuschreckensänger hat auch unser Vogel
ausser dem Schwirrgesang andere Laute, welche namentlich zum
Vorschein kommen, wenn das Männchen das Weibchen in toller
_ Liebeslust dicht über dem Boden hin verfolgt, oder wenn Männ-
chen im wilder Eifersucht mit einander um den Besitz des Weib-
chens zanken. Diese Töne sind kurz abgestossen und kennzeich-
nen sich durch die Silben „et, it, ut“ u. s. w.
6. Alcedo ispida.
Ich fand wiederholt die Niströhre des Eisvogels weit ab vom
Wasser.
7. Picus tridactylus.
Gloger schreibt vom dreizehigen Specht: „in unsern Gebirgen
-gar nicht selten“. Ich kenne den Schrei unsrer gewöhnlichen be-
kannten Spechte genau; nur einmal ist mir ein abweichender
Spechtruf im goldenen Waldmühlenthal bei Schweidnitz vorgekom-
men. Ich habe den Vogel während zweier Jahre wiederholt beob-
achtet. Es ist ein Buntspecht, ob es aber Zridactylus oder leucono-
Zus ist, wage ich nicht anzugeben; einer von beiden ist es aber
ganz gewiss.
8. Crez pratensis.
Der Frühling 1872 war in Schlesien sehr nass; diese Nässe
machte sich namentlich in der Frucht des den Bergen vorgelager-
ten Niederlandes sehr fühlbar. Der Wachtelkönig, der sonst im
Fruchtlande eine gewöhnliche Bruterscheinung ist, ging in diesem
Frühjahre in die Vorberge und rief sein „schnarrdart“ vielfach hoch
oben auf den Waldwiesen des Waldenburger Gebiets.
9, Dafila acuta.
Gloger vermuthet die Spiessente als Brutvogel Schlesiens; ich
kann mit Bestimmtheit sagen, dass D. acuta auf der Möveninsel
10*
148 Victor Ritter v. Tsehusi-Schmidhofen:
des Kunitzer Sees bei Liegnitz im Jahre 1867 in mehreren be
brütete.
10. Otis tetram.
Am 7. Januar 1873 wurde ein schönes Zwergtrappenweibchen
bei Goschütz in Schlesien auf einer Feldtreibjagd geschossen.
Durch Vermittelung des Herrn Lieutenant v. Prittwitz erhielt ich
das schöne Exemplar vom Herrn Oberförster Müller und verehrte
ich das Präparat dem zoologischen Museum der mir so lieb ge-
wordenen naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Görlitz.
11. Cinelus aquaticus.
Früher an allen schlesischen Gebirgsbächen eine ganz häufige
Erscheinung, ist der Wasserschmätzer jetzt fast eine Seltenheit.
Die vielen Fabriken, welche das klare Gebirgswasser trübe färben,
haben unsern Vogel mehr oder minder verdrängt.
12. Emberiza hortulana.
In Niederschlesien bei Glogau und ein paar Meilen davon bei
Fraustadt in Posen ist der Ortolan sehr häufig. In der Schweid-
nitzer Gegend traf ich ihn meines Wissens nicht an, wohl aber ein
Pärchen als Brutvogel auf den Bleichen von Polsnitz, unweit des
Fürstensteiner Grundes, also in einer bergigen Gegend, was als
interessanter Ausnahmefall betrachtet werden kann.
13. Anthus campestris.
Bei Schweidnitz nur in einem Pärchen auf dem Mühlberg
Kreisaus, dem Gute des Generalfeldmarschalls Graf Moltke beob-
achtet.
14. Emberiza schoeniclus.
In diesem Jahre (1872—73) überwinterte ein Rohrammer-
männchen auf dem Schweidnitzer Scheibenstande.
15. Athene noctua.
Gloger schreibt vom Steinkauz: „Nicht eigentlich häufig, aller-
dings auch nicht selten.“ Ich traf den Steinkauz in Schlesien und
Posen fast überall häufig an.
Ornithologische Mittheilungen aus Oesterreich.
(1872.)
Von
Victor Ritter v. Tschusi-Schmidhofen.
I. Ulula uralensis K. u. Bl.
Ein Paar dieser Eule wurde im April bei Sumjätz in sa
Ungarn beobachtet und das Männchen erlegt.
Örnithologische Mittheilungen aus Oesterreich. 149
I. Surnia ulula Bp.
In einem Thale des Königsberges — Sumjätzka Dolina — in
Ober-Ungarn hat man, nach einer Mittheilung des herzog]. koburg-
schen Eisenwerksverwalters Schablik, ein Exemplar im März ge-
schossen.
III. Caryocatactes guttatus Nills.
Der heurige Frühling war für die Auffindung der Nester des
Tannenhehers sehr günstig. Dr. Füster in Eibiswald bekam zwei
Gelege und Pfarrer Hanf ein Nest mit vier Eiern vom Jakobsberg
bei Mariahof. Dasselbe stand gegen 30 Fuss hoch auf einer jungen,
dichten Fichte, unfern der Alpenregion und wurde am 29. März
ausgehoben. Der mit den Baustoffen ab und zu fliegende Vogel
hatte bereits im Anfang des Monats zur Entdeckung desselben
geführt.
IV. Pyrrhocoraz alpinus Vieill.
Ein Flug von 20—25 Alpendohlen, oder „Schneedachen“, wie
sie von den Gebirgsbewohnern genannt werden, hielt sich seit dem
20. Decbr. durch einige Zeit auf dem Kapuziner- und dem Mönchs-
berge auf und liessen sich öfters auf den Thürmen der Festung
nieder. In sehr strengen Wintern sollen sie nicht selten auf den
Strassen von Salzburg zu sehen sein.
V. Lanius eollurio L.
Ein heuriger Vogel stürzte sich vor meinen Augen aus dem
Gebüsche in’s Gras und flog, nachdem er dort einige Zeit verweilt
hatte, mit einer Maus davon. Ich eilte ihm sofort nach, und da er
mit einem anderen um seine Beute stritt, so hatte er mein Kom-
men nicht gleich bemerkt und liess, wie er mich gewahrte, die
Maus fallen. Es war ein noch junges Exemplar von Mus muscu-
lus, dem er den Kopf zerbissen hatte.
VI Loxsia eurvirostra L.
Der Fichtenkreuzschnabel war heuer sehr häufig um Maria-
hof, da es ein sehr gutes Samenjahr gab, und brütete dort in vielen
Paaren. Bereits Ende December 1871 fand Pfarrer Hanf einzelne
Nester vollendet und am 19. Januar waren schon in einem Neste
halbflügge Junge. Den 21. und 25. wurden wieder zwei Nester
mit je vier Jungen aufgefunden und aus einem derselben flogen die
Jungen bei Besteigung des Baumes ab. Den 26. fand man ein
Nest mit drei wenig bebrüteten Eiern nur 12 Fuss hoch auf einer
Fichte; ein anderes, an demselben Tage gefundenes, stand gegen
10 Klaftern hoch, an den Stamm angebaut, nahe der Baumspitze.
150 E. F.v. Homeyer: Zur Synonymie von Turdus Hodgson:.
Von den acht Jungen, die Pfarrer Hanf aufzog, war nur einer
ein „Rechtsschnabel“.
VI. Fringilla linaria L.
In der Nähe des Rossfeldes, unfern von Hallein, hörte ich am
5. Mai, von der Hahnenbalz zurückkehrend, in einem über 3000
Fuss hochgelegenen alten Lärchenbestande mehrmals den Leinzei-
' sig, ohne ihn jedoch zu Gesicht zu bekommen. Vom 24. October
angefangen erschienen sie öfters paarweise in meinem Garten, und
ich vermuthe, dass es im Lande ausgebrütete Vögel sind.
VIII Phyllopneuste montana Br.
Der weissbäuchige Laubvogel zeigte sich den 26. und 31.
August am Zuge in meinem Garten. Pfarrer Hanf bekam heuer
ein Nest dieses Vogels mit 4 Nesteiern und einem Kuckuksei. Das-
selbe ist, entgegen jener Theorie, die dem Kuckuk die Fähigkeit
zugesteht, seinen Eiern die Färbung und Zeichnung der Nesteier zu
geben, reinweiss ohne Zeichnung.
IX. Himantopus rufipes Bechst.
Den 24. April erlegte Pfarrer Hanf zwei Weibchen auf einen
Schuss am Surtteiche.
Zur Synonymie von Turdus Hodgsoni.
In dem vortrefilichen Werke von Sharpe und Dresser „The
Birds of Europe“ wird in der 6. Lieferung zu Turdus visciworus
auch Turdus Hodgsoni v. Homeyer, Rhea II. p. 190, gezogen.
Dies ist ein Irrthum, denn 7. Hodgsoni unterscheidet sich so
wesentlich von 7. viscivorus, dass er damit nicht vereinigt werden
kann.
Es ist zwar richtig, dass T. viseivorus auch in Indien vor-
kommt und dem europäischen ganz ähnlich ist, allein dies ist nicht
mein 7. Hodgsoni, wie man sich leicht überzeugen kann, wenn
man die Beschreibung vergleicht. Schon die Unterseite des Flü-
gels ist nicht wie bei T. visciworus einfarbig weiss, sondern wie
bei Zurdus varius mit schwarzem Gemische.
Das einzige Exemplar des Berliner Museums stammte von
Hodgson und war von diesem, als 7. viscworus bestimmt, dem Ber-
liner Museum nebst vielen andern Typen übermacht worden.*)
Warbelow, den 13. Februar 1873.
E. F. v. Homeyer.
u Siehe dies Journal, Jahrg. 1860, S. 1853. Der Herausg.
—
M. Th. v. Heuglin: Ueber Turtur isabellimıs Cab. Bonap. 151
Ueber Turtur isabellinus Cab. Bonap.
Von
M, Th. v. Heuglin.
In den Comptes rendus der Akademie der Wissenschäften zu
Paris, Bd.43, p. 942, hat Bonaparte eine neue Taube aus Egypten
und Nubien unter der Benennung Turtur «sabellinus bekannt ge-
macht, deren in dem ein Jahr später erschienenen 2. Band des
Conspectus generum avium nicht Erwähnung geschieht.
Die Originaltypen von Turtur isabellinus befinden sich im könig-
lichen zoologischen Museum zu Berlin. Sie wurden dem Prinzen
Bonaparte mitgetheilt, eben so wie ich der freundschaftlichen Theil-
nahme von Herrn Dr. Cabanis die Gelegenheit, dieselben unter-
suchen zu können verdanke.
Ich erkannte in dem Vogel auf den ersten Blick eine Art,
welche in ihrer Heimath eine sehr gewöhnliche Erscheinung ist, die
jedoch von mir an Ort und Stelle niemals mit dem nahe ver-
wandten Turtur auritus verglichen werden konnte, und Bälge der-
selben lagen mir bei Bearbeitung der Tauben Nordost-Afrika’s
nicht mehr vor.
Nachstehend gebe ich kurz die unterscheidenden Merkmale
dieser Form, welche sicherlich als gute Art anzusprechen ist.
Turtur isabellinus, Cab. in Mus. Berol. — Bp. Compt. rend.
1856, II. p. 942. — Bp. Ieon. Pig. t. 102. — Gray, Handlist I. p.
238, No. 9322. — Turtur turturoides, Pr. Württemb. Icon. ined. t.
67. — 2? Peristera rufidorsalis, Brehm Vogelf. p. 257. — Turtur Shar-
pei, Shelley, Ibis 1870, p. 447. — Shelley, Ibis 1871, p. 143. — Heugl.
Orn. N.O.Afr. I. 2, p. 851. — Shelley, Birds of Eg. p. 216, pl. _
XU. X. — Turtur isabellinus, Shelley, Birds of Eg. p. 216. — Tur-
tur auritus, Brehm, Cab. Journ. Extrah. 1853, p. 100 u. 101 (partim).
Similis Turturi aurito, differt: statura minore, tergaeo pallidius
cinnamomeo-fulvo; capite supero, cervice et interscapulio cervino-
fulvis; scapularium et alae teetricum maculis atris minoribus; rec-
tricum lateralium apice albo majore. — Long. tot. circa 11‘; rostr.
3.4, NW; al. vix ‚6°; seaud. 4/4; tars. vix 8.
Auch der Hinterrücken, die obern Schwanzdecken, die + mitt-
leren Steuerfedern auffallend zimmtfahl, ebenso ein breiter, ver-
waschener Rand auf der weissen Spitze der Aussenfahne der 4. und
5. Steuerfeder. Der Schwanz scheint etwas mehr gestuft als bei
Turtur auritus und der weisse Fleck der äussersten Steuerfeder er-
reicht auf der Innenfahne eine Länge von 17 3°,
152 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Die Exemplare des Berliner Museums stammen von der Ge-
gend von Saqarah, aus Ober-Egypten und von der Insel. Argo bei
Dongolah. }
Scheint über die meisten Theile Nordost-Afrika’s verbreitet und
ist in Egypten Zugvogel, der jedoch im Februar schon wieder da-
selbst eintrifit.
Bewohnt die Gestade des Nil und das ganze Culturland bis
zur Grenze der Wüste, eben so die Umgebung verlassener Woh-
nungen, muhamedanische Friedhöfe, Brunnengewölbe, Alleen, Gär-
ten, Palmpflanzungen und Buschwald von Tamarix, Akazien u. dgl.
Die Brutzeit fällt nach Shelley in den April.
Deutsche arnithalogische @rarllschnft zu Berlin.
Protokoll der L. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 6. Jan. 1873, Abends
7 Uhr, im Sitzungs-Local „Schlossbrauerei“, Unter
den Linden Nr. 8.
Anwesend die Herren: Hermes, Thiele, Falkenstein,
Grunack, d’Alton, Cabanis, Schalow, Golz, Bau, v.
Gizyeki und Kricheldorff.
Als Gast: Baron v. Fransecki.
Vorsitzender: Herr Golz. Protokollf.: Herr Falken-
stein.
Das Protokoll der letzten Sitzung wird verlesen und ange-
nommen.
Der Secretär theilt geschäftlich mit, dass die Gesellschaft
mit über 150 Mitgliedern in das neue Jahr eintrete, und dass nur
5, darunter die Herren Voitus, Ribbentrop und v. Löwis ihren Aus-
tritt statutenmässig angezeigt hätten. Die Jahresbeiträge sind noch
nieht vollständig eingegangen; nachdem dies geschehen, soll ein
neues Mitglieder- Verzeichniss gedruckt werden. Die Monats-
Sitzungen finden an jedem ersten Montage (falls dieser ein Feier-
tag ist, am darauffolgenden Montag) des Monats statt, mit: Aus-
nahme der Sommerferien im Juli und August.
Hierauf wird von Herrn Falkenstein der Antrag einge-
bracht, dass die in Berlin und näherer Umgebung ansässigen Mit-
glieder von jeder Sitzung vorher durch Postkarte, welche nur die
Worte enthalte: „Montag, den N. N., Sitzung der ornithologischen
Gesellschaft im Sitzungs-Local“ zu avertiren seien und dahin moti-
Protokoll der L. Monats-Sitzung. 153
virt, dass dieser in allen grösseren Gesellschaften übliche Modus
einmal im Interesse der einzelnen Mitglieder, welche häufig nur
‚durch Vergessliehkeit am Erscheinen gehindert würden, sodann aber
auch im Interesse der Gesellschaft liege. Denn einmal müsste bei
regerer Theilnahme durch die vermehrten Anknüpfungspunkte sich
nothwendig der Besprechung ein reicheres Feld bieten und zwei-
tens würde dureh zahlreicheres Erscheinen, was nicht zu unter-
schätz@n sei, derselben das Sitzungs-Local gesichert bleiben. Der
Antrag wird hierauf einstimmig angenommen.
Der Vorsitzende legt einen längeren Bericht vom Dr. Rei-
chenow vor, aus Acera von der Goldküste datirt. Derselbe wird
besonders abgedruckt werden.
Es wird hierbei hervorgehoben, wie die Gesellschaft mit freu-
diger Genugthuung ihr Mitglied nennen dürfe und ihm als erstes
flügges Junge, dass dem Neste der Schlossbrauerei entflogen sei,
um dem mächtigen inneren Zuge nach jenen wenig erforschten
Landen, von denen die alten bewährten Meister oft so schön zu
singen verstanden, zu folgen, ein reiches Gelingen und eine glück-
liche Rückkehr zum alten Mutterneste gewünscht werden müsse.
Herr Cabanis berichtet über 2 neue Finken-Arten, welche
aus der Bullock’schen Sammlung stammen und vor langen Jahren
bei deren öffentlicher Versteigerung in London für das Berliner
Museum erworben wurden. Beide Arten sind von der ornithologisch
noch wenig bekannten Insel Tristan d’Acunha, westlich vom Cap
der guten Hoffnung und ziemlich halbweges zwischen diesem und
etwa der Mündung des La Plata gelegen. Dieser geographischen
Lage entsprechen die beiden Finken-Arten, indem sie das interes-
sante Factum liefern, dass die eine Form rein afrikanisch, die an-
dere anscheinend südamerikanisch ist.
Crithagra insularis n. sp.
Der Vogel bekundet den afrikanischen Charakter und ist als klei-
nere Abart der südafrikanischen butyracea Lin. — flaviventris Gm.
zu betrachten. In Färbung und Zeiehnung wesentlich mit letzterer
übereinstimmend, unterscheidet sie sich bei durcliweg etwas ge-
ringeren Maassen, durch die kräftigeren Füsse mit grösseren Zehen,
Das einzige Exemplar bietet keinen siehern Anhalt für Beurthei-
lung der normalen Färbung, da es sich in einem abgeblichenen
oder Uebergangskleide befindet. Die vorherrschend in’s Graue
ziehende Oberseite ist mit frischen grünen Federn untermischt und
die weisslich gelbe Färbung der Kopfzeichnung und der ganzen
154 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Unterseite ist mit frischen lebhaft gelben Federn unregelmässig
versehen.
Nesospiza Acunhae nov. gen. et spec.
Nach Grösse und der stumpfen grünlichen und gelblichen Fär-
bung mag der Vogel, bei oberflächlicher Betrachtung, wohl einige
Aehnlichkeit mit dem Winterkleide gewisser Hyphantornis-Arten (z. B.
capensis) haben und wurde daher von Lichtenstein zu diesen ge-
stellt. Aber der Mangel der 1. kurzen Handschwinge zeigt sofort,
dass der Vogel nicht zu den Ploceidae, sondern zu den Aringilidae
gehört. Weiter passt dieselbe zu keiner afrikanischen Finken-
Gattung, besser dürfte sie aber zu den mit Phrygilus verwandten
Formen der südlichen Landstriche Süd-Amerika’s in Beziehung ge-
bracht werden.
Grösse, Schnabelform und die Fussbildung mit stark entwickel-
ten Zehen, stimmen am besten zur Gattung Melanodera. Der
Schnabel hat etwa dieselbe Form und Länge, erscheint aber seit-
lich mehr zusammengedrückt, daher etwas schmäler. Die Flügel
dagegen sind im Vergleiche beträchtlich kürzer und keineswegs
zugespitzt; die 1. Schwinge ist gleich der 5., die 2., 3. und 4. sind
etwas länger und unter sich ziemlich gleich lang. Der Vogel, als
Inselform, bedarf eines kräftigen, langen und spitzen Flügels nicht,
da er nicht wandert wie die südlicheren Sycalis-Formen und Mela-
nodera. Das loosere Gefieder, die sehr mittelmässigen Flügel und
die ziemlich stark entwickelten Zehen lassen auf eine vorherr-
schende Lebensweise nicht auf Bäumen, sondern in dichterem' Ge-
büsch und an der Erde schliessen.
Die Färbung der Oberseite von Nesospiza Acunhae ist grün.
Da die Mitte der Federn graubraun ist, so erhält die Oberseite eine
getrübte Mischung, ohne gerade dunkel gestrichelt genannt werden
zu können. Zügel fahl, weisslich. Ein schwacher Supereciliarstreif
und ein breiterer Maxillarstreif lebhaft, gelb. Schwingen und
Steuerfedern gelbgrün gerandet. Die beiden äussersten Steuer-
federn an der Innenfahne hellscheinig. Unterseite gelb, trüb un-
termischt, die Weichen in’s Olivengrüne ziehend. Füsse hellbraun,
die Nägel dunkelbraun. Ganze Länge etwa 6°/, Zoll; Schnabel v.
d. Stirn 15 Mm.; Flügel 34 Mm.; Schwanz 73 Mm.; Lauf 23 Mm.;
Mittelzehe 18 Mm., deren Nagel 7 Mm.; Hinterzehe 12 Mm., deren
Nagel 9 Mm. —
Herr Falkenstein hält sodann seinen Vortrag „über die
Atmung der Vögel“ in Anlehnung an das Buch des französischen
Protokoll der LI. Monats-Sitzung. 155
Psychologen P. Bert, Lecons sur la physiologie comparee de la
'respiration des animaux. Paris 1870.
Er bespricht zuerst den Athmungsapparat anatomisch, sowohl
bezüglich der Lage als der compliceirten Zusammensetzung, geht
sodann auf die Functionirung desselben näher ein, berührt den
Chemismus und kommt zuletzt auf den Rhythmus der Athembewe-
sungen. Als interessantes Resultat fremder und eigener Beobach-
tungen dürfe das Gesetz angesehen werden, dass der Rhythmus im
umgekehrten Verhältniss zur Körpergrösse stehe, dass also die
Vögel je kleiner sie werden, um so zahlreichere Athembewegungen
machten. Dies Gesetz sei so constant, dass man bei einiger Uebung
aus der Grösse des Thiers einen ungefähren Schluss auf die Zahl
derselben machen könne. — Es sei dies übrigens die gleiche Er-
scheinung, welche sich auch bei allen übrigen Thierklassen wieder-
hole und müsse noch darauf hingewiesen werden, dass die Puls-
zahl nicht in gleichem Verhältniss wachse.
Der Vortrag soll in extenso abgedruckt werden.
Golz. Falkenstein. Cabanis, Seer.
Protokoll der LI. Monats-Sitzune.
Verhandelt Berlin, Montag den 3. Febr. 1873, Abends
7 Uhr, im Sitzungs-Local „Schlossbrauerei“ Unter
den Linden No. ®.
Anwesend die Herren: Cabanis, d’Alton,Poll,Grunack,
Falkenstein, Brehm, Bau, v. Gizyceki, Schalow, Thiele
und Sy.
Vorsitzender: Herr Brehm. Protokollf.: Herr Falken-
‚stein.
Der Vorsitzende, Herr Brehm nimmt das Wort, um der Ge-
sellschaft zur Beurtheilung einen Plan zu unterbreiten, dessen Aus-
. führung ihn neuerdings wieder sehr beschäftigt habe.
Alle Ornithologen von Fach seien sich längst darüber klar,
dass es an einem Buch über allgemeine Ornithologie fehle. Man
fange zwar allerwärts an, zusammenzutragen, wie die Vögel Euro-
pa’s von Dresser, Nord-Amerika’s von Baird, Californiens von Coo-
per, Brasiliens von Burmeister u. a. m. zeigten, aber gerade diese
zerstreuten Arbeiten bewiesen um so schlagender die Nothwendig-
keit eines ungetheilten Ganzen. Er sei nun zu der Meinung ge-
kommen, dass es wohl diesen oder jenen tüchtigen Ornithologen
geben würde, welcher dieser Arbeit seine Lebenskraft zu widmen
156 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
geneigt sei, wenn ihm dafür ein bestimmtes jährliches Honorar sti-
pulirt werde, das hoch genug sei (etwa 1000—1200 Thaler), ihn
allein dieser Arbeit leben lassen zu können. Er halte es für nicht
so schwer, die hierzu nothwendige Summe aufzutreiben, da sicher
andere Gesellschaften und Akademien ihre Beisteuer nicht versagen
würden, nur wünsche er, dass die Initiative hierzu von der Gesell-
schaft durch einen Aufruf zu freiwilligen Beiträgen ergriffen werde.
Das Programm müsse natürlich vorher entworfen sein, auch müsse
der betreffende Arbeiter die nothwendige Garantie für das Werk
bieten.
Die weitere Besprechung über diesen Gegenstand wird auf die
nächste Sitzung vertagt.
Hierauf legt Herr Grunack ein Gelege von Pernis apivorus
vor, das aus 3 Eiern besteht, die in Form und Zeichnung beträcht-
lich von einander abweichen. Er bemerkt dazu: Wie schnell mit-
unter, selbst während der Brutperiode sich das einem Pärchen ent-
zogene Männchen ersetze und dadurch den Beweis giebt, dass im
Allgemeinen mehr Männchen als Weibchen in der avifauna vorhan-
den sind, beweist dies Gelege. In dem Grünauer Forst bei Rathe-
now aufgefunden, befand es sich in einem Horst auf einer schwachen
Eiche, welche schon mehrere Jahre zum Brutplatze ausersehen
war. Bei meiner ersten Anwesenheit Anfangs Mai 1372 wurde der
eine der Vögel am Horste beobachtet, am 22. befand sich das
kleinere der drei vorliegenden stark bluthroth gefleckte Ei von
ziemlich runder und kleiner Form darin. Am 2. Juni fand ich
den Vogel brütend auf demselben. Nachdem derselbe beim Ab-
streichen getödtet war, wurde er als ausgefärbtes altes 4 erkannt,
hatte eine sehr helle Zeichnung und konnte in jeder Hinsicht ein
Prachtexemplar genannt werden. Als ich einige Tage später den
Horst revidirte, fand ich das 2 brütend auf demselben und be-
merkte ein zweites Exemplar des Wespenbussards, das bei meiner
Annäherung den Horst umflog. Durch diese Beobachtung veran-
lasst, gewährte ich dem Pärchen Ruhe und fand bei meinem Be-
suche am 12. Juni, dass der Vogel sehr fest brütend sass. Ich
erstieg den Horst und fand ausser dem ersterwähnten Ei noch
zwei von ziemlich länglicher Form und von heller, gleichmässiger
Farbe, der der Eier von Falco peregrinus ähnlich. — Hierdurch
scheint mir einmal bewiesen, dass beim Wespenbussard sowohl
Männchen als Weibchen sich am Brutgeschäft betheiligt, und zwei-
tens, dass letzteres in Annahme eines neuen Gemahls, bei Abhan-
Protokoll der ausserordentlichen Sitzung. 15%
denkommen des ersten, besonders in der Brutzeit nicht zu wähle-
risch ist.
Herr Brehm zeigt der Gesellschaft noch an, dass Dr. Finsch
aus Bremen in dieser Woche hier ankommen werde. Es wird eine
ausserordentliche Sitzung auf Montag den 10. hj. zur gewöhnlichen
Zeit anberaumt.
Brehm. Falkenstein. Cabanis, Seecr.
Protokoll der ausserordentlichen Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 10.Febr.1573, Abends
7 Uhr, im Sitzungs-Local.
Anwesend die Herren: Brehm, Cabanis, Thiele, Krichel-
dorff, Falkenstein, Schalow, Golz, Grunack, Wagen-
führ, Bolle, OÖ. Hermes und Poll.
Von auswärtigen Mitgliedern: Dr. Finsch.
Vorsitzender: Herr Golz. Protokollf.: Herr Falken-
stein.
Herr Cabanis spricht über 2 neue Vogelarten des Berliner
Museums, welche zu den Gattungen Gerygone und Myiobius ge-
hören.
Das Genus Gerygone, ursprünglich von Gould für kleine syl-
vienartige Vögel Australiens gebildet, enthält noch heterogene, der
kritischen Sichtung bedürftige Elemente. Mehrere im Malayischen
- Archipel und bis zu den Philippinen vorkommende Arten scheinen
eher kleine Diminutivformen der Pachycephalinen (etwa in die Nähe
von HAyloiorpe oder Mwyiolestes) zu. sein. Zu diesen gehört die
neue Art
Gerygone flaveola n. sp.
Dieselbe wurde in Süd-Celebes (Makassar, dat. October 1871)
von Herrn Dr. A. B. Meyer entdeckt. Sie stimmt nicht nur in der
Form vollständig, sondern auch in der Färbung sehr nahe mit @.
sulphurea Wall. von Solor überein. Die Hauptunterschiede sind
folgende: @. laveola ist in allen Dimensionen grösser. Die grau-
bräunliche oder olivengraue Oberseite ist dunkler, daher die dunkle
Querbinde vor der Schwanzspitze weniger markirt. Das Gelb der
Unterseite ist viel dunkler und lebhafter und erstreckt sich nicht
über die ganze Unterseite, sondern nur vom Kinn bis über die
Bauchmitte hinaus, wo es in Weiss übergeht. Aftergegend und un-
tere Schwanzdecken sind weiss. Ganze Länge etwa 4!/,''; Schna-
158 Deutsche ornith. Gesellsch.: Protok. d. aüsserord. Sitz.
bel v. Mundw. 13 Mm.; Flügel 55 Mm.; Schwanz 42 Mm.; Lauf
18 Mm. —
Bei näherer Bekanntschaft mit den Vögeln von Bolivien, Peru,
Neu-Granada und Equador stellt sich mehr und mehr heraus, dass
die mächtigen Gebirgsbildungen der Cordilleren in vielen Fällen
natürliche Grenzen bilden und anscheinend ein und dieselbe Vogel-
art als nach verschiedenen Richtungen hin modifieirt auftreten las-
sen. Mögen diese Abweichungen nun als Species oder bloss als
Abarten betrachtet werden, so viel stellt sich bei dem jetzigen
Standpunkte unserer Kenntniss als unbedingt erspriesslich heraus,
dass dieselben in unserem Systeme einen eigenen Namen haben
müssen.
Von dem Mwyiobius ornatus Lafr. von Neu-Granada hat Dr.
Scelater die peruanische Form M. phoenicurus mit Recht abgeson-
dert. Derselbe hat die weisse Stirn mit ornatus gemein, zeigt aber
einen ganz roströthlichen Schwanz, während letzterer bei ornatus
nur rostrothe Ränder hat. Ebenso muss der sehr ähnliche Vogel
von Equador von M. ornatus abgesondert werden, als
Myiobius stellatus n. Sp.
Merklich kleiner, und statt der vollständig weissen Stirn nur
jederseits an der Stirn vor dem Auge mit einem weissen Fleck
versehen. Ein Exemplar des Berliner Museums und ein zweites
der Heine’schen Sammlung, beide von Fraser in Equador gesam-
melt, stimmen vollständig überein und bekunden die Verschieden-
heit vom neu-granadischen ornatus.
Maasse: ala. . cauda.
Myiobius ornatus (Lafr.). . . 65 Mm. 46 Mm.
h Stellains 1.8. A Bar 3
Hierauf berichtet Herr Finsch in längerem Vortrage über
seinen Ausflug nach Nord-Amerika und stellt eine Mittheilung hier-
über für das Journal in Aussicht.
Golz. Falkenstein. Cabanis, Seer.
Nachrichten.
An die Redaction eingegangene Schriften.
(Siehe Jahrgang 1872, Seite 464.)
1076. C. G. Giebel. Thesaurus Ornithologiae. Repertorium der ge-
sammten ornithologischen Literatur und Nomenclator sämmtlicher
Gattungen und Arten der Vögel, nebst Synonymen und geograph.
Verbreitung. Zweiter Halbband. Leipzig 1872. — Vom Ver-
fasser.
1077.
1078.
1079.
1080.
1081.
1082.
1083.
1084.
1085.
1086.
1087.
1088.
Nachrichten: Eingegangene Schriften. 159
A. E. Brehm. Gefangene Vögel. Ein Hand- und Lehrbuch für
Liebhaber und Pfleger einheimischer und fremdländischer Käfigvögel.
Erster Theil: Die Stubenvögel, 7.—11. Lieferung. Schluss des er-
sten Bandes: Pfleger und Pfleglinge, Sittiche und Körnerfresser.
Mit 4 Tafeln. Leipzig und Heidelberg, 1872. Winters’che Verlags-
handlung. — Vom Verfasser.
The Ibis. A Quarterly Journal of Omithology. Edited by Os-
bert Salvin. Third Series. Vol. II. No. 8. October 1872, und
Vol. III. No. 9. January 1873. — Von der British Ornitholo-
gist’s Union.
Dr. G. Hartlaub. Bericht über die Leistungen in der 'Natur-
geschichte der Vögel während des Jahres 1371. (Extra-Abdr. aus
Wiegmann’s Archiv für die Naturgeschichte, XXXVIII. Jahrg.
2. Bd.) — Vom Verfasser.
M. Th. v. Heuglin. Ornithologie Nordost-Afrika's. Band II. 4.
Lieferung. Text pag. 1045—1i08. Cum Tabb. — 5. Lieferung. Text
pag. 1109—1172. Cum Tabb. — Vom Verfasser,
Dr. L. Buvry. Zeitschrift für Acelimatisation. Neue Folge. X. Jahrg.
1872. No. X.— XI. — Vom Aceiimatisations-Verein.
1. On the Carpal and Tarsal Bones of Birds. By Edward S. Morse,
of Salem, Massachusetts. — 2. On the Mechanism of Flexion and
Extension in Bird’s Wings. By Elliott Coues, of Fort Me Henry,
Maryland. [From A. A. A. S. Vol. XX.] — Von Mr. E. Coues.
Alfred Newton. Second Supplementary Report on the Extinet
Birds of the Mascarene Islands. [From the Report of the British
Association for the Advancanent of Science for 1872.] — Aretie
Auguries. [From the February Number of „Ocean Highways“. 1873.]
--- Vom Verfasser.
Der Zoologische Garten. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und
Zucht der Thiere. Herausgegeben von Dr. F.C. Nolt. XIN. Jahrg.
1872, No. 7—12, Juli— December. — Von der Zoolog. Gesell-
schaft.
P. L. Martin. Unsere Sänger in Feld und Wald. Eine kurze Be-
lehrung über den nothwendigen Schutz der Singvögel im Freien und
deren richtige Pflege in der Gefangenschaft. Stuttgart 1873. — Vom
Verfasser.
C. G@. Giebel. Ueber die Gattung Peltops Wogl. (Aus d. Zeitschr.
f. d. ges. Naturwissensch. 1873.) — Vom Verfasser.
Prof. Dr. K. Th. Liebe. Die der Umgebung von Gera angehören-
den Brutvögel. Rudolstadt, Druck der Hofbuchdruckerei, 1873. 4, —
Vom Verfasser.
Barboza du Bocage. Aves dus possessöes portuguezas d’Afriea
oceidental. Setima Lista. [Journ. de Sciene. mathematie., physie. e
natur. Num. XIV, Janeiro de 1873.] Vom Verfasser, —
160 Nachrichten: Stellengesuch. — Verlags-Anzeige.
1089. Dr. C. Stölker. Omithologische Beobachtungen. (II. Reihenfolge.)
[Separatabdr. a. d. Verh. d. St. Gallischen naturw. Gesellsch. 1871
—72.] St. Gallen 1873. — Vom Verfasser.
1090. Georgv. Frauenfeld. Zoologische Miscellen. XVH. 3, Der Vogel-
schutz in seiner richtigen und nothwendigen Begrenzung. 4. Notiz
über 2 Vogelvarietäten aus Siebenbürgen. [Aus den Verh. d. k. k.
zool.-botan. Ges. zu Wien, Jahrg. 1873, besonders abgedruckt.) —
Vom Verfasser.
Präparator - Stellengesuch.
Der Unterzeichnete sucht eine Stelle als Präparator, womög-
lich an einem Museum, und wird Herr Conservator Schneider
am hiesigen Museum die Gefälligkeit haben, Auskunft über dessen
Fertigkeiten und Kenntnisse zu ertheilen.
Basel (Schweiz), 1873,
Joh. Grimm, Präparator.
Verlags-Anzeige.
Verlag von J. van Baalen & Söhne (van Hengel & Eeltjes)
in Rotterdam:
Die Papageien
monographisch bearbeitet
von
Dr. Otto Finsch.
Conservator der Sammlungen der Gesellschaft „Museum“ zu Bremen, Mitglied der
kaiserlich leopoldin.-karolin. Akademie der Naturforscher, correspondirendes Mit-
glied der Zoological Society zu London etc.
Mit einer Karte, sechs nach der Natur lithographirten Tafeln, wo-
von fünf colorirt, und Uebersichts-Tabellen zur geographischen
Verbreitung.
2 Bände (zusammen 1555 S.).
Preis 14:/,;, Thlr.
Auf dieses ausgezeichnete Werk erlauben wir uns die Herren Zoologen
sowie alle Freunde der Ornithologie aufmerksam zu machen. Man sehe
hierüber „Westininster Rev.* No. LXIV 8.556 und „The Ibis“ 1868 $. 112.
Druck von G. Pätz in Naumburg %/.
I
- JOURNAL
für
ORNITEHOLOGIR.
Einundzwanzigster Jahrgang.
Die drei Schwirrvögel.
Sylvia (Threnetria) locustella, fluviatilis et luscinioides.
7 Von
Ernst Schauer.
Diese drei Vögel, bekannt unter dem Namen Sylvia, Salicaria,
Calamodyta ete. sind es, die ich einer näheren Würdigung der or-
nithologischen Welt zuzuführen versuche. Das, was man bereits
von ihnen gesagt hat, ist im Vergleich mit dem, was über andere
Vögel geschrieben wurde, wenig, aber das Wenige ist noch immer-
hin nicht genug beherziget worden; zwei von ihnen haben es ver-
standen, sich an ihren Aufenthaltsorten sowohl, als auch in den
Büchern recht versteckt zu halten; selten findet man in wissen-
schaftlichen Schriften, Verzeichnissen, selbst in Cabinetsschränken,
alle drei neben einander, trotz ihrer ‚auffallenden äusserst nahen
Verwandtschaft und der scharfen Grenze, die sie von anderen Vögeln
abschliesst, und sie als eine selbstständige Gruppe hinstellt; was
wohl zu der Vermuthung Anlass geben kann, dass man noch nicht
recht sicher ist, wo man sie hinthun soll, oder vielmehr sich nicht
getraut, ihnen einen bestimmten Platz anzuweisen; sieht man ihrer
zwei beisammen oder auch einmal alle drei, so will es mich immer
bedünken, als ob der Autor nicht Rechenschaft darüber geben wolle,
warum er sie zusammengestellt hat.
Der verehrte Dr. Thienemann war der erste, der sie nach ein-
ander folgen lässt; er erkannte sie nur zu gut, und es bleibt mir
ein Wunder, wie seine gewichtigen Worte, so wie auch das, was
Naumann über Auvatilis sagt, so wenig gewürdigt wurde. Sagt doch
Thienemann ausdrücklich: „Die drei nun folgenden Vögel bilden
eine nahe verwandte Gruppe, besonders hinsichtlich ihres Gesanges,
‘der durch ihr eigenthümliches Schwirren von allen bekannten
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 123. Mai 1873. li
162 Ernst Schauer:
Vogelstimmen abweicht; über Zuseinioides schreibt er: „Das Männ-
chen hält mit seinem Gesange bis tief in den Sommer hinein
aus... nach welchem ihn die Eingeborenen (in Holland) „de Snorr“
nennen...“*) — Weiter Thienemann: „bei keinem andern euro-
päischen Vogel findet sich ein ähnliches Nest.“ Zu diesem Satze
möchte ich, ohne anmassend sein zu wollen, bemerken, dass wenn
auch Zuscinioides aus ganzen ungetheilten Blättern der Arundo
phragmitis ihr Nest, auch die inneren Wände, macht, so bedienen
sich doch die beiden anderen nicht minder viel feineren Materials,
aber die Nester aller drei haben dieselbe Bauart, dieselbe auffal-
lende Tiefe. Dieser Nestbau, die Eier, wie verschieden sie auch
beim ersten oberflächlichen Anblick erscheinen, die Lebensweise,
das Betragen, der unbehülfliche Flug, dafür aber die ausgezeichnete
Fähigkeit, sich schnell niedrig im Grase fort zu bewegen,
worin ihnen nicht einmal $. caricet! gleich kommt, das fallrechte
Herabstürzen, wenn sie gestört wurden, die kurzen runden Flügel,
der lange, gesteigerte, gebänderte Schwanz, die dicken, langen,
obern wie untern Schwanzdeckfedern, ihr einmaliges Brüten, die im
Frühjahre schwarzgestrichelte Kehle des ersten, die gefleckte des
zweiten, die gewölkte des dritten, und vorzugsweise ihr Schwirren,
— Gesang kann man es nicht nennen, — verbrüdern sie auf das
innigste; sie stehen sich näher als unsere Pieper, Bachstelzen,
Grasmücken, Rohrsänger, Laubvögel unter einander, und ihr Ge-
sang ist mit keinem unsrer Vögel zu vergleichen, selbst wenn man
einwenden wollte, dass manchmal einige Tacte des Gesanges der
S. cariceti und phragmitis oder das „zrrr“ der Sprosser und Nach-
tigallen eine entfernte Aehnlichkeit andeuten, eine leise Erinnerung
aufkommen lassen.
Wer meine Aufzeichnungen gütigst weiter verfolgen, und sich
mit diesen drei wunderlichen Vögeln, so weit ich mit Freuden die
Hand dazu bieten kann, nur einigermassen vertraut machen wollte,
der wird niemals zugeben, dass sie künftighin getrennt von einan-
der aufgeführt werden.
Locustella werde ich nur oberflächlich berühren, denn sie ist
bekannt genug, und wohl jeder Ornitholog, der seine Studien nicht
im Zimmer machte, hat ihr Schwirren vernommen; wenigen aber
mag es vergönnt gewesen sein, die beiden anderen gehört zu haben.
*) Das ist recht treffend, recht bezeichnend. Schafarik sagt: „ein Ein-
zelner kann keine Namen erfinden, die Majestät der Volksstimme muss ihr
Siegel darauf drücken.“
Die drei Schwirrvögel. 163
Gar nicht selten habe ich das Glück gehabt, nicht nur zwei dieser
Arten zu gleicher Zeit zu hören, sondern ich weiss sogar einige
Stellen, da nämlich, wo sich Teiche in Sümpfe und Waldwiesen
verlaufen, wo ich alle drei dicht neben einander, öfters und lange
Zeit belauschen konnte; z. B. auf den beiden Teichen von Potur-
zyca und Horodellec, bei dem Städtehen Sokal am Bugflusse, und
ein solches Terzett kann ein ornithologisches Ohr, welches ja über-
haupt jeden Vogel an der Stimme erkennen soll, überaus entzücken.
Welchen Hochgenuss es auch gewähren mag, sich im weichen Sperr-
sitze des Parterres zu befinden und eine Oper anzuhören, so ist es
doch nicht minder ergötzlich, bis an die Kniee im Sumpfe versenkt
und mit verhaltenem Athem, dem Concerte dieser drei lieben Vögel
zuzuhören. In solchen Augenblicken wünsche ich alle meine ver-
'ehrten Correspondenten und Freunde, die ganze ornithologische
Welt mir zur Seite, um mit ihnen diesen Ohrenschmaus zu theilen.
Der Triller der Auwatilis ist stark, kräftig; Naumann sagt recht
treffend: „es klingt, als ob sich ein Stück Eisen an einem Schleif-
steine reibt.“ Hört man mehrere, oder viele auf einmal, und sind
Gegenstände in der Nähe, die den Ton zurückwerfen, z. B. Hoch-
wald, Holzklaftern, Heuschober, so macht es den Eindruck, als ob
Sensen gewetzt werden. Die Stimme der locustella ist schwächer,
feiner, spitziger und hat eine bei Weitem höhere Tonlage; aber
luscinioides giebt einen recht wohlklingenden, zarteren, sanfteren,
fast möchte ich sagen, Flötenton von sich, und soll ich einen an-
nähernden Vergleich stellen, so erinnere ich an den Triller des
Bufo viridis. — Hätten diese drei Vögel nichts weiter mit einander
semein als ihr Schwirren oder Trillern, es wäre Grund genug, sie
in eine Gruppe zu vereinigen.
Das wahre Heimathsland der Auviatilis scheint Galizien zu sein,
und findet sie sich auch oft in Weidengebüsch auf Waldwiesen in-
mitten der grössten ausgedehntesten Föhrenwaldungen, oder da,
wo Erlenbrüche in Wiesen oder Viehweiden ausgehen, und die
Büsche kleiner und zerstreuter werden, wo es für Sylvia nisoria
schon zu licht ist, oder auch auf saueren Wiesen, denen aber die
einzelnen Weidenbüsche nicht fehlen dürfen, oder an Bächen, be-
wachsenen Gräben, überhaupt an uncultivirten Orten, so bleibt
immer ihr wahrer Aufenthaltsort „die Buchenholzschläge“, und
in manchen Jahren sind sie so häufig an solchen Stellen, dass man
ihrer viele zu gleicher Zeit schnurren hört, und noch mehr hören
würde, wenn sie nicht von den Sprossern überschrieen würden, deren
11°
164 Ernst Schauer:
Gesang, wo sie massenhaft auftreten, gradezu unangenehmer wird,
als die Nähe eines Froschweihers. Hier sei nebenbei bemerkt, dass
diese Sprosser an solchen Orten ihre Nocturnen einstellen. Unge-
fähr eine Stunde nach Sonnenuntergang verstummen alle plötzlich,
als wäre das Zeichen dazu mit dem Tactstocke gegeben, und fangen
eben so vor Tage tutti wieder an. Wahrscheinlich ermüden sie sich
des Tages über durch gegenseitige Aneiferung so, dass sie er-
schöpft des Nachts des Schlafes bedürfen, während, wo sie einzeln
vorkommen, bei Tage sich nur nach Belieben anstrengen, und ihnen
noch Kräfte bleiben, sich auch des Nachts zu belustigen. Wenn
die Sprosser überhaupt aufhören zu schlagen, dann sind meine
drei Freunde mit ihrem Schwirren noch recht im Zuge, und das
dauert bis in die ersten Tage des Augusts hinein.
Die Kreidehügel des östlichen Galiziens, an denen die Föhre
ihre Grenzen findet, werden von der Buche besetzt, die da präch-
tige, finstre Wälder bildet, in welchen der liebenswürdige Roth-
brustfliegenfänger brütet, und in denen, wo sie ganz geschlossen
stehen, kein phanerogamisches Pflänzchen, von Unterholz gar nicht
zu reden, aufkommt. Diese dunkeln Buchenwälder stehen meist
auf einer dünnen Humusschicht, die gewöhnlich unmittelbar auf der
weissen Kreide liegt, welche in Schluchten, Rinnsalen, auf Hügel-
kuppen und an anderen Orten oft zu Tage tritt, sie bedecken ganze
Hügel- und Höhenzüge, während die Eiche, so wie auch gemischte
Wälder von Linden, Espen, Birken, Ahorn, einen tieferen mächti-
geren Untergrund vorziehen; und so liegen Eichen- und Buchen-
wälder oft wechselsweise neben einander und halten sammt ihren
Begleitern recht scharfe Grenzen ein.
Auf den Buchenholzschlägen wuchert über starken Wurzel-
stöcken, alten faulenden Stämmen, werthlos liegen gebliebenen
dünneren Baumästen, die das Fortschreiten sehr erschweren, die
üppigste Vegetation: hohe Gräser, Halbgräser, Doldengewächse,
Brom- und Himbeersträucher, vor allen aber das prächtige Epdo-
bium angustifolium, welches mit einer über fusslangen Blüthenkrone
über klafterhoch wird, und nicht selten im dichtgeschlossenen
Stande grosse Stellen bedeckt und manchmal den ganzen Holz-
schlag einnimmt. Steht diese Pflanze Mitte Juli in voller Blüthen-
pracht, so gewährt sie einen überraschenden, wunderlieblichen An-
blick; zwar nicht dem Forstmanne, der dieses Unkraut nieht son-
derlich liebt, obschon man die Bemerkung machen kann, dass die
Buchensamenpflänzchen unter seinem Schatten sehr wohl gedeihen,
Die drei Schwirrvögel. 165
wofür den besten Beweis die stehenden Wälder jeden Alters geben,
die ja alle unter gleichen Umständen aufgewachsen sind. Gleich
neben an aber auf Eichenholzschlägen kommt kein Zpilobium auf,
und vorherrschend erscheint da Climopodium vulgare, welches hin-
wiederum die Buchenwälder nicht berührt.
Diese Buchenholzschläge, auf welchen der üppigste, dichteste
Pflanzenwuchs Platz genommen hat, sind die bevorzugten Aufent-
haltsörter des sogenannten Flusssängers.
Der Vogel wurde meines Wissens, zu einer Zeit, wo in Gali-
zien noch Niemand Vögel sammelte, zuerst in Schlesien entdeckt,
und da er wilde und ruhige Orte aufsucht, so war es kein Wunder,
dass man ihn an den nicht culturfähigen Ufern eines Flusses fand,
und darum auch kein Wunder, dass man ihn in der Uebereilung
einen so unbezeichnenden Namen auferlegte. Man hat bis jetzt nur
von der Heimath entfernte Colonisten und Ansiedler beobachtet, die
in wenigen Exemplaren da gesehen wurden, wo sie als eine Sel-
tenheit auftraten, und nur ausnahmsweise brüteten, weil sie öfteren
Beunruhigungen ausgesetzt waren, für welche sie sich stets sehr
empfindlich zeigen, und nicht wie Grasmücken, Bachstelzen die
Nähe der Menschen aufsuchen, mit einem Worte, die dort beobach-
tet wurden, wo sie nicht zu Hause sind.
Am häufigsten ist hier im östlichen Galizien Awviatilis, und die
anderen beiden nicht so selten, als dass ich sie nicht nach Belieben
alle Tage hören und sehen könnte, in der Zeit wenn sie schwirren.
In den ersten Maitagen kommen luseinioides und locusiella an,
und zuletzt, erst Mitte Mai, luviatilis; alle drei verlangen, um sich
verstecken zu können, eine wenigstens etwas vorgerückte Vegeta-
tion; sie haben keine grosse Eile, da sie, wie man sicher anneh-
men kann, nur einmal brüten. Schwerer ist es zu sagen, wann sie
uns verlassen. Wenn sie auch mit ihrem Gesange länger anhalten
als andere Singvögel, so kommt doch auch ihre Zeit, wo sie schwei-
gen, und dann scheinen sie nicht mehr zu existiren, selbst da, wo
sie am häufigsten vorkommen; Auviatilis fliegt nicht mehr von einem
Busche zum andern, noch weniger setzt sie sich auf die unteren
Aeste eines Baumes, In früheren Jahren, wo ich ihr grössere
Aufmerksamkeit zuwendete, habe ich sie noch Anfangs September
bemerkt, wahrscheinlich geht sie früher weg als locustella, die ich
noch Ende September, eine am 4. October in Kraut-, Kartoffel-
und Heidenkornfeldern *) angetroffen habe; Zuscinioides habe ich nie
*) Man schreibt wohl richtiger Heidenkorn als Heide- oder Haiden-
166 Ernst Schauer:
anders gesehen als wenn sie schwirrte, darum auch kann ich nichts
über ihren Abzug sagen.
Zur Zugzeit, wenn der sogenannte Flusssänger ankommt, nimmt
er nicht sogleich seine Lieblingsstellen und Brüteplätze ein, er
schweift erst an Orten herum, wo man ihn nicht vermuthen und
suchen möchte; in kleinen Gärtchen in Stachelbeerbüschen, sogar
in trockenen aus Ruthen geflochtenen Zäunen, wie sie hier zu Lande
üblich und um alle Gehöfte gezogen sind, habe ich ihn gesehen
und, was noch sicherer ist, gehört. Ich erinnere mich, dass ich
vor Jahren, um Bälge zu präpariren, im Garten binnen einigen
Tagen zwanzig Stück erlegte; hatte ich sie gestern weggeschossen,
so waren heute schon andere wieder nachgerückt; versteht sich,
alle waren Männchen, die ihre Anwesenheit durch Schwirren ver-
riethen. Ihn mit der Flinte zu erlegen macht, bei einiger Vorsicht,
keine Schwierigkeiten, gedeckt durch Büsche kann man ihn an-
schleichen, und am besten zur Zeit, wenn er trillert; verstummt er,
so bleibt man ruhig stehen, und wenn er wieder anfängt, geht man
vorwärts, gerade wie beim Auerhahnsbalz. Anders verhält es sich
mit den Weibchen, deren Treiben so geheimnissvoll ist, dass sie
sich fast gar nicht bemerkbar machen, selbst beim Neste sind sie
nicht zu erwischen, welches ohnehin schwer aufzufinden ist, und
nicht aufgefunden werden kann, ohne starke Spuren zurückzulassen,
und für solehe Störungen sind sie empfindlicher als andere Vögel,
und verlassen den Platz; vergeblich habe ich Schlingen an die
Nester gelegt, und zwei oder drei Weibchen, die ich überhaupt er-
legte, habe ich nicht systematisch aufgesucht, sondern nur so zu-
fällig erbeutet, und erst erkannt, als ich sie in der Hand hatte,
auch mögen sie überhaupt in geringerer Anzahl als die Männchen
vertreten sein. Sieht man auch zufällig eins, so ist es verschwun-
den, bevor man schussfertig wird, denn es gönnt sich nie einen
Augenblick Ruhe. Ihr ganzes Wesen und Treiben ist, wie gesagt,
versteckt und geheimnissvoll. Geschickt und behend wissen sie
sich jeder Verfolgung zu entziehen. Auf abgemähten Stellen, wo
häufig neben einigen Büschen hohes Gras und Stauden stehen
bleiben, wo das Abmähen zu unbequem war, und es hier zu Lande
korn. weil es so viel bedeuten soll als; heidnisches Korn, frumentum sara-
cenicum; slavisch heisst es tartarka, tartarisches Korn, auch poganka, po-
hanka, von poganin, paganin, ein Heide. In einem Gesetze Kaiser Valen-
tinian’s 365 wird das Wort pagani gebraucht, als Dorfbewohner, die ihre
besondere Religion haben.
Die drei Schwirrvögel. 167
auf eine handvoll Heu nicht ankommt, in einem solchen Büschchen,
wenig mehr als eine Geviertklafter enthaltend, habe ich den Vogel
einmal mit Sicherheit gesehen, was immerhin ein seltener Fall
war, weil solche Oerter verlassen werden, und als ich nun Jagd
darauf machte, und gewiss zu sein glaubte, dass er mir nicht ent-
wischen könne, ohne ihn wenigstens noch einmal gesehen zu haben,
war er dennoch verschwunden, als ob ihn die Erde verschlungen
hätte. Vielleicht wäre an geeigneten Orten das Treibnetz anwend-
bar, und im Grase dicht an der Erde aufzustellen; freilich nicht
auf Buchenholzschlägen, weil da die Räume zu gross sind, und
weil man ‚da das Wild nicht sieht, und auch nicht wissen kann,
welchen Weg es nehmen wird.
Betrachten wir nun den Vogel, der seinen Brüteplatz bezogen,
' seinen Aufenthalt auf einer Wiese, in einigen unzusammenhängen-
den Weidenbüschen genommen hat, so sieht man das Männchen,
wiewohl äusserst selten und nur dann, wenn es sich ganz sicher
glaubt, und wie mir scheinen will, wenn es zu Neste trägt oder
die Jungen ätzt, freiwillig von einem Busche nach dem andern
fliegen, wenn die Entfernung nicht über ungefähr dreissig bis vier-
zig Schritte beträgt; dabei macht es sich dem ornithologischen
Auge, selbst wenn es das Ding zum ersten Male sieht, auf den er-
sten Blick bemerkbar, und lässt es nicht in Zweifel, dass es etwas
ganz Ungewöhnliches gesehen hat. Der Flug unsres sogenannten
Flusssängers ähnelt dem seiner beiden Verwandten, weicht aber
gewaltig von dem der Grasmücken, Rohrsänger u. s. w. ab.
Er durchfliegt die kurze Strecke mit gleichförmigen, tact-
mässigen, schnurrenden Flügelschlägen, wie eine grosse Sphinx, in
schnurgerader Linie, niemals im Bogen, noch weniger schnappt er
im Fluge nach Nahrung, er hat nur ein Ziel vor sich und lässt
sich nicht beirren, selbst wenn man ihm, wie es mir einmal ge-
schah, in den Weg tritt. Die Brust ist dabei gehoben, der lange
Schwanz mit den dieken, langen, oberen wie unteren Deckfedern
gesenkt, und das ist es, was ihn so leicht kenntlich macht. Nie-
mals sucht er sich, wird er beunruhigt, durch Fliegen zu retten;
nähert man sich ihm, wenn er, wie gewöhnlich, auf einem hervor-
ragenden, trockenen Zweige eines Weidenbusches sitzt, so stürzt er
wie todtgeschossen, oft ohne einen Flügel zu rühren, fallrecht
herab, verkriecht sich in das Gras und nichts vermag ihn zum
Herausfliegen zu zwingen; geschickt weiss er die dichtesten, ver-
worrensten Grasstellen zu gewinnen; der abgerichtete Hund zieht
168 Ernst Schauer:
ihm wohl nach, aber alles, was man davon hat, ist, dass man nun-
mehro weiss, welchen Weg er genommen.
In nächster Nähe, einmal sogar auf Armeslänge, liess. sich
unser sogenannte Flussrohrsänger bei dem Schwirren beobachten,
und obschon er vorsichtiger als die beiden anderen ist, so gestatten
es doch die Umstände, dass man ihn aus einem Busche, von einem
Baume herab, aus einer Gartenlaube belauschen kann, was mir bei
den anderen beiden nicht so geglückt ist. Beim eifrigen Schwirren
sträubt er die Kehlfedern auf, hebt den Kopf in die Höhe, so dass
der Oberschnabel fast gerade aufrecht steht, öfinet sehr weit den
Rachen und vibrirt metrisch zu den Noten seines.Tril-
lers mit der Zunge; nicht als ob die Zunge bald dem Ober-,
bald dem Unterschnabel zu bewegt würde, sondern die Bewegung
ist mehr von vorn nach hinten, und wird vielleicht durch Verkür-
zen und Verlängern der Luftröhre bewirkt; auch die Zungenbänder
müssen dabei stark in Anspruch genommen sein, denn die Zunge
mit sammt der ganzen Wurzel wird weit herausgeschoben, so dass
man meint, der Vogel halte etwas im Rachen; ich habe das einige
Male beobachtet. Das Schwirren wird als monoton und einförmig
beschrieben, und auch ich bequeme mich dazu, es so zu nennen,
ob schon jedes musikalische Gehör mir beipflichten wird, dass der
Triller aus zwei neben einander liegenden Tönen besteht, und die
nicht staccato abgespielt, sondern gezogen werden, und wovon der
eine tiefer und stärker, der andere höher und schwächer ist; und
da man während des Schwirrens keine Intervallen bemerkt, in
denen der Vogel Luft schöpfen könnte, so bin ich zu der Annahme
veranlasst, dass der eine der Töne beim Ausathmen, der andre
beim Einathmen hervorgebracht wird, denn anders könnte der Tre-
mulant nicht einige Minuten lang aushalten. *
[* Der Girlitz, die Lerche singen auch ohne Unterbrechung
lange Zeit in einem fort, aber man kann im Gesange Zwischen-
räume wahrnehmen, die Zeit zum Einathmen lassen, auch wird hier,
da beide während des Fliegens singen, durch das Auf- und Ab-
ziehen der grossen Brustmuskeln, ein unfreiwilliges Athmen be-
dingt. Die Feuerkröte bringt den Unkenruf auch durch Einziehen
der Luft hervor; die Kehle ist vor dem Rufe aufgeblasen und der
Kopf über Wasser; wird während des Rufes die Luft zurückge-
drängt, so fällt der Kopf und der Hintertheil hebt sich. Die Feuer-
kröte wäre demnach ein Bauchredner.]
Dabei .wendet er den Kopf mehr oder weniger bald. nach
Die drei Schwirrvögel. 169
rechts, bald nach links, und das macht, dass das Schwirren bald
etwas stärker, bald etwas schwächer erklingt. Niemals schwirrt
er, wenn er sich von einem Orte zum andern bewegt, sei es flie-
gend oder springend; will er seinen Platz wechseln, wenn er
schwirrt, und nur einen Sprung machen, so unterbricht er sich.
Fühlt er sich sicher, und ist gutes Wetter, so sitzt er beim Schwir-
ren stets auf einem hervorragenden trockenen Zweige eines Busches,
seltener auf den unteren oder mittleren Aesten eines Baumes, aber
niemals auf dessen Gipfel, wurde er aber gestört, so fängt er erst
inmitten eines Busches ganz ungesehen und versteckt wieder an
zu trillern, und zwar in ganz kurzen Strophen und langen Pausen,
springt aber gewöhnlich nach jedem Verse, bei jeder Pause auf
einen höheren Ast, was man an der Bewegung der Zweige sehr
leicht wahrnehmen kann, und so fort, bis er endlich sein Lieb-
lingsplätzchen wieder eingenommen hat. Solcher Plätzchen hat er
einige, an denen man ihn sodann alle Tage hören und sehen kann,
wenn er nicht in auffallender Weise gestört wurde. Ist er auf
seinem hohen Standpunkte wieder angekommen, und glaubt er sich
vollkommen sicher, dann erst fängt er an aus voller Brust nach
Herzenslust zu schwirren. Bei starkem Wind und leichtem Regen-
wetter hört man ihn auch, aber dann sitzt er tief unten und zeigt
sich nieht; so macht es auch Zuscinioides im höheren Grade, wäh-
rend man doch zuweilen die locustella auf einer Veratrum-Staude
oder auf einem Eselsdistelkopfe, bei starkem Winde, sich schaukeln
sieht und singen hört; sie ist überhaupt listiger und dreister, als
ihre beiden Verwandten.
Wenn andere Vögel zum Vergnügen, zur Lust singen, dabei
durch Büsche und Bäume schlüpfen, dazwischen Nahrung aufneh-
men, sich auch mitunter unter sich schlagen und wieder singen,
und mit leichtem Sinn sich ihres Lebens freuen, so hat das Leben
und der Gesang unserer drei Vögel einen düstern Anstrich, und ihr
Schwirren kommt mir vor, wie das Gebet eines Asketen, der von
der Aussenwelt in seiner ernsten Beschäftigung, die ihm als Lebens-
zweck gilt, nicht gestört sein will. Wie diese Leute, so sitzen auch
unsere Vögel an einer Stelle stundenlang, jammern, trillern, leiern,
klagen und weinen fast ohne Unterbrechung, wie die bezahlten
Frauen neben einem Verstorbenen, so lange er nicht begraben ist;
nach altslavischer Sitte, die sich an vielen Orten bei dem Land-
volke bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
Unsere Vögel, bevor sie schwirren, machen ganz besondere
170 Ernst Schauer:
Vorbereitungen dazu, was sie ebenfalls von allen andern Singvögeln
abschliesst und in ihre eignen Grenzen verweist. Wie die Rohr-
dommel, bevor sie brummt, erst den Schnabel in’s Wasser taucht,
und mit geräuschvollen, ächzenden, ängstlichen Tönen den Kehl-
sack voll Luft pumpt, und ohne weiter frische Luft einzuathmen,
die bekannten vier bis fünf Töne hören lässt, von welchen der letzte
gewöhnlich aus Erschöpfung sehr schwach oder kurz ist; oder die
Wachtel, wenn sie schlagen will, ebenfalls mit einem Präludium
beginnt, so lassen auch unsere Vögel ein eigenthümliches Gurgeln,
Glucksen, Murksen, oder wie ich es nennen soll, vernehmen, das
jedesmal dem Schwirren unmittelbar vorangeht; vor jeder Strophe,
nach jeder Pause, so oft sie gestört wurden oder sich selbst unter-
brochen hatten. Oft aber auch will ihr Gebet nicht recht in Gang
kommen, sie präpariren sich zum Gesange, räuspern und gurgeln,
man glaubt: nun wird’s los gehen! plötzlich aber halten sie inne,
und schwirren gar nicht, oder lassen nur einen Mordent oder Prall-
triller hören; und dies geschieht, wenn sie nicht ganz sicher sind
oder die Witterung ihnen nicht recht genehm ist, oder wahrschein-
lich auch, wenn der Magen noch zu voll ist. Die’ersten Noten
ihres Liedes, ihres Trauergesangs werden zwischen längeren Zeit-
räumen ausgestossen, als die des nun weiter fortlaufenden, ge-
messenen Trillers; es macht den Eindruck einer Rotationsmaschine,
die auch nur durch Acceleration die verlangte Geschwindigkeit
erreicht.
Die Geberden aller drei Vögel überhaupt, und besonders beim
Schwirren, sind sich recht ähnlich; wenn auch der eine in einem
Brombeerstrauche, der andere in einem Weidenbüschchen, der
dritte auf einem Rohrstengel sich bewegt.
Keiner von ihnen kommt nach Art anderer Vögel geflogen,
setzt sich an einen hervorragenden Platz und fängt sogleich zu
singen an; so leichtfertig fassen sie die Sache nicht auf, die eine
sehr ernste, pedantische Beschäftigung zu sein scheint; noch we-
niger singen sie flatternd. Wollen sie schwirren, so beginnen sie
mit kurzen Sätzen, versteckt, nahe am Erdboden, probiren, ver-
suchen erst, ob sie auch in der geeigneten Lage und Verfassung
sind, etwas leisten zu können, und gehen nun sprungweise in die
Höhe, auf die auserkorene, beliebte Stelle, und luscinioides bis auf
die umgebogene Blüthenrispe des vorjährigen Schilfhalms, so dass
beide Füsse endlich in gleicher Höhe sich befinden. Der Lockton
des Flusssängers ist ein kurzes undeutliches Knurren, und
Die drei Schwirrvögel. 171
hat eine entfernte Aehnlichkeit mit seinem Präludium zum
Schwirren.
Viele dieser Vögel (Auwviatiis) habe ich geschossen, und bei
allen den Magen nie angefüllt angetroffen; das Wenige, was er
enthielt, war fast immer beinahe schon ganz durch die Verdauung
umgewandelt und oft schwer zu erkennen. Käfer habe ich höchst
selten gefunden, gewöhnlich waren es Netzflügler und deren Lar-
ven, die sie gefressen hatten, auch Spinnen und kleine Zweiflügler.
„Plenus venter, non studet libenter‘“ scheint sich auch bei unsern
Vögeln zu bewähren. Alle, die ich untersuchte, hatte ich, mit zwei
oder drei Ausnahmen, während des Schwirrens erlegt, welches mich
zu ihnen führte; keiner hatte einen vollen Magen. Wenn man sie
vergeblich aufsucht und nicht schwirren hört, selbst da, wo sie
häufig sind, so darf man das eine Mal wohl annehmen, dass sie
nach der Mahlzeit sind, andrerseits aber ist nicht abzusprechen,
dass Witterungsverhältnisse und andere tellurische Einflüsse sich
geltend machen. Sie trillern schon sehr früh, zu allen Tages-
zeiten, auch bei grosser Hitze, bei leichtem warmen Regen, nach
Sonnenuntergang, auch wie locustella und luscinioides des Nachts.
Ueber die Mauser kann ich nichts mittheilen, nur dessen bin
ich gewiss, dass sie nicht mausern, so lange sie schwirren, und
wenn sie verstummen, bekommt man höchst selten ein Exemplar.
Vielleicht vermausern diese wunderlichen Vögel gar nicht bei uns?
Die wenigen Weibchen, die ich bekam, waren äusserlich von
den Männchen nicht zu unterscheiden; weiss man aber erst, dass
man ein Weibchen in der Hand hat, und vergleicht es mit vielen
Männchen, so glaubt man allerdings die Bemerkung machen zu
müssen, dass der grünlich olivenfarbige Anhauch düsterer und die
Kehlflecken minder scharf gezeichnet sind; ein Weibchen war sogar
um eine Linie länger und um zwei breiter, als alle Männchen.
Schwerlich wird man ohne Untersuchung mit dem Messer mit
Bestimmtheit sagen können, was Weibchen oder Männchen ist;
sind doch, wie zu erwarten, die Männchen unter sich nicht gleich.
‘Bei dem jungen Vogel sind die Kehlflecken noch nicht zu erken-
nen, und leicht wäre er zu verwechseln, wenn ihn nicht der ge-
steigerte Schwanz mit seinen dicken Deckfedern verrathen würde.
In den grossen Kieferwaldungen des Flachlandes finden sich häu-
fig weitgedehnte Wiesen, und auf den tiefsten, feuchten Stellen der-
selben gewöhnlich einzelne Weidenbüsche (Saliz cinerea); sie wächst
dürftig, die inneren Aeste sind verschlungen, knorrig und ohne Blätter.
172 Ernst Schauer:
An solehen Stellen wird man den sogenannten Flusssänger nicht ver-
gebens suchen, wenn er auch hier nicht so häufig als auf den
Buchenholzschlägen ist; aber eben solche Stellen sind am ge-
eignetsten, den Vogel zu beobachten, weil der Raum, in welchem
er sich bewegt, die wenigen Weidenbüsche, ein beschränkterer ist,
und die Sprosser und andere Singvögel hier keinen so grossen
Unfug treiben. — Glückselige Stunden habe ich diesem liebens-
würdigen Schnurrer zu verdanken, als hätte er mich entschädigen
wollen für all’ das Leid, was er mir in früheren Jahren zugefügt
hat. Oft war ich in den ersten Morgenstunden, auch wohl schon
mit aufgehender Sonne eines schönen, heitern, ruhigen Junitages
zur Stelle, wenn noch die Grashalmen voller Thautropfen hingen.
Der geneigte Leser wolle mich gütigst- auf einer solehen Ex-
cursion im Geiste begleiten, um zu seben, in welcher Gegend, in
welcher Gesellschaft unser kleiner Freund dort lebt. Wir haben
bereits Sandhügel, Erlenbrüche, Sümpfe umfahren, Kiefernbestände
jeden Alters in ihren mannigfachen, graugrünen Färbungen ge-
sehen; die Kiefernwurzeln haben unsern leichten Wagen, der Wa-
gen uns tüchtig zusammengerüttelt, und wir befinden uns nun an
einer Stelle, wo es recht urwäldlich aussieht, wo wir mit einem
Blicke alle Lebensstufen der Föhre, von dem zarten Samen-
pflänzchen bis zum ältesten Baume, der die rissige Borke abgelegt
hat und von oben bis unten mit dünner Schale bekleidet ist, über-
sehen können; noch mehr, — überlebte, hingefallene Stämme liegen
vor unsern Augen, auf denen bereits, dicht gedrängt, eine junge
Generation Platz genommen hat, die ihre Wurzeln bis in die Erde
schiekt, was zu den wunderlichen Bildungen Anlass giebt, die nach
der gänzlichen Auflösung des alten Stammes kaum zu begreifen
wären, wenn man den ganzen Verlauf nicht an vielen Exemplaren
verschiedenen Alters sehen würde. Daneben steht auch wohl eine
hohe Eiche, mit einem Schreiadlerhorste, eine alte Espe, von allen
Seiten durchlöchert, in welcher Spechte und Staare wohnen; uns
befremdet eine Gruppe Birken mit schwarzen Stämmen, sie sehen
nicht mehr aus, „als wäre dran das Mondlicht blieben hangen,“
man hat ihnen die weisse Rinde genommen, um Theer zu gewinnen;
wir bewundern kolossale Ameisenhaufen, die im Winter von den
Ebern auseinander geworfen werden zu einem weichen, warmen,
trockenen Bett, und verfolgen nun einen schmalen unscheinbaren
Fahrweg; in dem Geleise steht ein wenig Wasser, und an demselben
sitzen und flattern in grosser Anzahl die schönen Tagfalter, Zime-
EN u a
Die drei Schwirrvögel. 173
nitis populi, die unvermuthet ein Halsbandfliegenfänger aufscheucht
und ihnen das bischen Wasser zu einem Bade streitig macht. Mit
dem Wagen kommen wir nicht mehr fort, wir gehen zu Fusse, und
abwechselnd über Moos, durch Haidekraut, Heidel- und Preisel-
beeren. Die tiefsten, nassen, sumpfigen Stellen sind mit Porst,
Ledum palustre, bewachsen, der, wenn er in Blüthe steht, uns un-
willkürlich zu dem Ausrufe veranlasst: als ob Schnee gefallen wäre!
Weiterhin haben wir eine grosse Pfütze zu umgehen, da erhebt
sich plötzlich und pfeilgeschwind, mit hellster reinster Stimme ein
Vogel über die Gipfel der alten, dunklen Kiefern, da oben trifft
die Morgensonne seinen tadellos reinen, weissen Bauch, und wie
ein blitzendes Meteor ist er hinter den düsteren Baumkronen ver-
schwunden. Totanus ochropus, der in der Nähe auf einer bemoos-
ten, umgestürzten Föhre oder auf einem Baumstumpfe seine vier
Eier hat. Wir hören auch bei hellem lichten Tage eine streichende,
balzende Waldschnepfe, auch den Ruf des eine halbe Meile von uns
entfernten Kranichs, an seinem Brüteplatze, und beim ruhigen Wei-
terschreiten vernehmen wir nun auch ein leises, unsicheres, un-
deutliches Sausen durch den Wald, wir hören etwas und verstehen
es nicht, können uns nicht einmal Rechenschaft geben, von welcher
Richtung diese Stimme, die an allen den starken Föhrenstämmen
vielfach reflectirt, kommt, und wer dies zum ersten Male hört, wird
nicht glauben, dass es eines Vogels, eines sehr kleinen Vogels
Stimme ist, die Stimme unseres gesuchten, sogenannten Flusssängers,
die an einem ruhigen, stillen Morgen ein geübtes Gehör auf lau-
send Schritt weit vernimmt, was auch bereits Naumann bemerkt
hat. Aber noch eine uns Allen recht wohl bekannte Vogelstimme
setzt uns an diesem einsamen Orte in Erstaunen, kaum trauen wir
dem Ohr! wie kommen diese Thurmschwalben, die sich hoch über
uns belustigen, hierher in diese Einöde, wo viele Meilen weit und
breit kein Stein, kein Fels, kein Thurm zu finden ist? Sie haben
von einer überständigen, alten, thurmartigen Föhre Besitz genom-
men, und ziehen hier ganz gemüthlich ihre Jungen auf.
Schon sind wir der Waldwiese nahe, und gehen behutsam vor,
bis zu den letzten Bäumen; da zieht über die freie Grasfläche ein
Schatten dahin, wir blicken auf, und in den Lüften schwebt ein
prächtiger Adler, und plötzlich wendet er uns seine weisse Unter-
seite zu, als ob er sagen wollte: seht! ich bin der Natteradler!
und lässt auch wohl zur Bekräftigung dessen eine Natter, Viper
oder Eidechse fallen. Er hat in der Nähe auf einer alten Kiefer
n
174 Ernst Schauer:
seinen Horst, so gross und breit, dass die Hand das Ei nicht er-
reichen kann.*) r
Nun vernehmen wir auch deutlicher und deutlicher den Triller
unseres kleinen gesuchten Freundes, wir vermuthen ihn mit Recht
auf einem Weidenbusche, da sehen wir aber deren sechs, acht, zehn
und mehr, auf welchem mag wohl der kleine Schwätzer sitzen ?
Sitzt er hoch oben auf einer trockenen Spitze des Busches, so ist
er wohl bald gefunden, sitzt er aber auf einem Seitenzweige oder
gar noch mitten im Busche, so ist die Sache für uns um so er-
wünschter und interessanter, er wird uns nicht sogleich bemerken,
und wir können dennoch auf das genaueste das Plätzchen ermitteln,
wo der Schwätzer sitzt, wenn wir ihn auch nicht sehen. Wir tre-
ten einige Schritte hinter eine Führe, bewegen uns bald nach
rechts, bald nach links, suchen den Punkt, wo die Schallstrahlen
unser Gehör nicht mehr direct treffen, und wenn wir den Ton ge-
deckt, gedämpft vernehmen, so können wir sicher sein, dass Ohr,
Baum und Vogel in einer geraden Linie liegen, und so genau kann
man den Standpunkt des Vogels auffınden, dass man, ohne ihn zu
sehen, in den Busch, wenn er klein ist, schiessen und den Vogel
erlegen kann, und mancher hat auf diese Weise sein Leben ver-
loren; aber noch wollen wir unsern Freund am Leben lassen und
weiter beobachten.
Haben wir nun seinen Standpunkt ermittelt, so schleichen wir
uns auf Umwegen mit der grössten Vorsicht in-den ihm zunächst
gelegenen Busch, stellen uns so auf, dass wir gut gedeckt sind,
aber eine freie Aussicht haben. Nun schicken wir Jemand hin,
den Vogel in entgegengesetzter Richtung von uns zu beunruhigen :
bald wird er aufmerksam und hört auf zu schwirren, und fanden
wir ihn gleich Anfangs oben auf dem Busche sitzend, so fällt er
jetzt wie todtgeschossen herab, denn durch kein Mittel lässt er
sich zum Fliegen bewegen, wie es wohl zuweilen mit seiner Ver-
wandten, der locustella, gelingt, verlässt sodann den Busch, behend
seinen Weg durch das Gras nehmend, welchen die herabfallenden,
‚im Sonnenlichte glitzernden und blitzenden Thautropfen deutlich
bezeichnen. Ein geübtes Auge wird auch die bewegten Grashal-
men erkennen. Kommt der Vogel nun, wie gewünscht und erwar-
tet, in unsern Busch, und in welchem kein Gras wächst, gewöhn-
lich ein wenig Wasser steht, und immer recht durchsichtig ist,
*) Ein solches Ei, um es zu ergreifen, musste ich erst mit einem Haken
näher ziehen.
Die drei Schwirrvögel. 175
das heisst in seinem innern Raume, so sehen wir auch den Flücht-
ling sogleich zu unsern Füssen. Das Erste, was er zu thun hat,
ist, sein nasses Gefieder abzuschütteln, aber kaum hat er damit be-
gonnen, so bemerkt er auch sofort die ungebetenen, lästigen Gäste,
verschwindet plötzlich, eilt einem dritten Busche zu, und wenn wir
gewandt genug sind, so können wir weiterhin seine strahlende
Fahrstrasse verfolgen. Der unerwartete, ungebetene, aber immer-
hin artige Besuch hat diesmal unserm Schwätzer auch gar keinen
grossen Schreck verursacht, und da er überhaupt im nassen Grase
nicht gern weite Wanderungen unternimmt, so bleibt er jetzt im
nächsten Busche schon, und verhalten wir uns ruhig, so vernehmen
wir auch bald seine gurgelnden Vorbereitungen zum Schwirren,
auch einen kurzen Triller; am Busche erzittert ein Zweig, und so
geht es weiter, bis unser kleiner Freund endlich breit und bequem
auf einem trockenen hervorragenden Aestchen sitzt, und zu unsern
Vergnügen, auch zu dem seinigen, sein trauriges Lied ableiert.
Verehrte Damen, denen ich viel von meinen lieben drei Vögeln
erzählt, wünschten die Stimme des einen oder des andern zu hören,
und so führte ich die Gesellschaft in zwei Wagen auf einen Buchen-
holzschlag, Pieniaki fünftes Forstrevier, der in gerader, langer
Linie an den alten Buchenwald anstösst. Es war am 5. Juli d.J.
Abends 7 Uhr. Bald hörte ich auch einen sehr eifrigen Schwirrer,
einen wahren Virtuosen, aber näher und näher musste ich die
Damen führen, bis sie die Stimme auffassten. Mancherlei Bemer-
kungen wurden gemacht; die eine meinte ein fliessendes Wasser
zu hören, die andere, dass ein Wagen durch den Wald fahre, die
dritte glaubte, sie habe Ohrensausen bekommen, die vierte, mit
feinem musikalischen Gehör, erklärte: diese Stimme habe ich
längst gehört und für die einer Heuschrecke oder Grille gehalten;
recht vergnüglich war es anzusehen, dass eine jede der Damen den
Ton von einer andern Richtung aus zu vernehmen, den Vogel an
einer andern Stelle glaubte. Nun wurde ich aufgefordert, den
Schwätzer zu holen, und bald ging er, nun verstummt und entseelt und
noch im Tode bewundert, aus einer Hand in die andere, und als ich aus
meiner fast fertigen Handschrift einige hierher bezügliche Stellen vor-
las, wurden die Beobachtungen, die die Damen soeben selbst gemacht,
und bereits niedergeschrieben fanden, beiderseitig bestätigt. Ohne
den Schnepfenstrich abzuwarten, der jetzt schon vor Untergang der
Sonne beginnt und sehr lebhaft ist, und die Schnepfen häufiger noch
als im Frühjahre balzend ziehen, fuhren wir, nachdem wir noch
176 Ernst Schauer:
einige Schwirrer belauscht hatten, und ich einmal fünf oder sechs
zu gleicher Zeit hörte, ganz zufrieden gestellt nach Hause.
Des andern Tages zur selben Stunde war ich wieder auf_der-
selben Stelle, und obschon keine Aenderung in der Witterung ein-
getreten war, auch am nächsten Tage nicht erfolgte, so liess sich
dennoch heute kein Schwirrer hören. Keiner wollte mir einen Ab-
schiedsgruss auf meine Gebirgsreise mitgeben.
Ueber Zuscinioides sagt Thienemann, dass sie mit Parus biar-
micus gemeinschaftlichen Aufenthaltsort habe. Beide Vögel sind
hier zu Lande in genug starker Anzahl vertreten, und fehlen auf
keinem grossen Teiche, wo sie auch regelmässig brüten. Die Bart-
meise bleibt das ganze Jahr hindurch bei uns; im Winter kann
man sie, wenn man will, alle Tage sehen, und im Sommer alle
Tage wenigstens ihre angenehme Lockstimme hören, die der der
Schwanzmeise ganz ähnlich klingt*), nur, der Grösse des Vogels
angemessen, etwas stärker und tiefer ist. Sie bewohnt nur die
grössten, dichtesten, geschlossenen Schilfwälder, und ist der wahr-
haftigste Rohrvogel, wie kein anderer unserer einheimischen; nie
habe ich gesehen, dass sie sich auf irgend eine andere Pflanze ge-
setzt hätte, was wohl andere Rohrvögel thun, die sich übrigens
auch lieber am Saume des Schilfwaldes aufhalten als in der Mitte.
Hingegen der Nachtigallensänger, oder wie man ihn nennen soll,
wählt zu seinem Wohnorte einzelne kleine, gar nicht dicht ver-
wachsene Schilfgruppen aus, wo das Schilf spärlicher, dünner, dürf-
tiger steht, und wo dazwischen und daneben noch andere Pflanzen
wachsen, als da sind: BDutomus umbellatus, Oenanthe phellandrium,
Stratiotes aloides, Solanum dulcamara, Rumezx aquaticus, Seirpus la-
custris, Glyceria spectabilis, Typha latifolia und angustifolia. Aber
alle diese genannten Pflanzen, wenn er sich aufsetzen will, sucht
er zu vermeiden, zu umgehen, die letzteren zuma%& mögen ihm
nicht recht unter die Füsse passen, immer sucht er geschickt die
Halme des Rohrs, phragmitis, auf, springt gewandt von einem zum
andern, und belustigt sich manchmal, wie seine beiden Verwandten,
mit freiwilligem Fliegen, jedoch nur auf ganz kleine Entfernungen
und am liebsten über kleine freie Wasserflächen, erhebt sich aber
nie über die Höhe des Schilfes. (Bei seinen Wanderungen fliegt
er ohne Zweifel höher.) Die beste Zeit, ihn zu sehen und zu be-
) Beide Vögel bilden eine Gruppe, und sind, beiläufig gesagt, Keine
Meisen.
Die drei Schwirrvögel. 177
obachten, ist gleich bei seiner Ankunft, bevor die Pllanzen heran-
gewachsen sind. Der Zutritt zu ihm ist beschwerlich, selten kann
'man im leichten Kahne beikommen; wer aber nicht wasserscheu
ist und das Handwerk versteht die Wurzelgeflechte zu benutzen,
kann sich ihm zu Fusse nähern. Gewöhnlich hält er auf Schuss-
weite aus, denn er ist nicht so scheu wie die beiden andern. Ich
kann mich nicht rühmen, ein Nest mit Eiern oder Jungen entdeckt
zu haben, nur ein einziger junger Vogel fiel mir in die Hände,
der kaum fliegen konnte; er trug bereits alle Merkmale der alten,
und wie jung er auch war, die langen und dieken Schwanzdeck-
federn kennzeichnen ihn so gut, dass man sich nicht irren kann;
nur wenn ohne Schneefall das Eis trug, habe ich Nester gefunden,
sie standen zwischen hohen Glycerien einige Zoll über der Wasser-
‘fläche. Sie sind bekannt, so wie auch die Eier.
Meinen letzten Besuch habe ich diesen Vögeln am 30. Juni
d. J. gemacht; um 11 Uhr befand ich mich zur Stelle, auf dem
600 Morgen, & 1600 [ JKlaftern, grossen Teiche von Wertelka, un-
terhalb Zalosce gelegen, und daranstossenden, noch grösseren
Sumpfe, wo sie alle Jahre brüten. Ueber eine ganze Stunde hatte
ich gewartet, bis meine Musikanten das erste Lebenszeichen von
sich gaben; der Lockton ist schwer zu beschreiben, weil man ihn
immer im bewegten Schilfe nur undeutlich vernehmen kann, eine
vollkommene Windstille bietet nur die Nacht dar, also die Zeit,
wenn man nichts auf dem Teiche zu thun hat; es ist ein leises
Knurren, welches ich früher manchmal mit dem Lockton der Bart-
meise verwechselt habe; hat man es aber erst einige Male gehört,
so kann man es wieder erkennen, wenn man auch zu keinem recht
klaren Verständniss gekommen war, und hat man sich erst mit
allen Stimmen der Vögel, die auf dem Teiche sind, bekannt ge-
macht, so wird man bald unsern Vogel herausfinden. Er trillert
die Nächte hindurch sehr lebhaft.
Nach langem Warten fing endlich einer an ein wenig zu
schwirren, darauf mehrere, aber in ganz kurzen Sätzen mit langen
Pausen, bis ich wahrnehmen konnte, dass vier Männchen in meiner
Nähe waren. Kein einziger kam herauf und zeigte sich, und das
Schnurren wollte heute nicht in Gang kommen; der Wind war
etwas stark, und das junge Schilf bereits hoch. Von allen den
drei Tremulanten hat er die angenehmste, aber schwächste Stimme.
Vielleicht ist sie stärker, als man glaubt, und würde an einem
akustischen Orte zweifelsohne weiterhin zu vernehmen sein. Das
Cab Journ. f. Ormith. XXI. Jahrg. No. 123. Mai 1873. 12
178 Ernst Schauer:
kleinste Lüftchen bewegt das Rohr, welches immer noch jene ur-
alte Geschichte zu erzählen hat und fort erzählen wird; das Rau-
schen betäubt jedes Ohr, und wäre es auch so gut organisirt als
das, von welchem soeben das Schilf spricht. Der Wind wurde
heftiger, ich wartete noch bis 3 Uhr. |
Wenn ich auch aus vieljähriger Praxis das unheimliche Gefühl
überwunden habe, allein, entfernt von aller Hülfe auf solchem un-
sicheren Boden sich zu bewegen, so waren doch bereits Gewitter-
wolken herauf gezogen, es donnerte, und da es immerhin eine miss-
liche Sache ist, auf einem ungeheuren Teiche und Sumpfe als der
höchste und beste Elektricitätsleiter da zu stehen, übrigens noch
3 Meilen Weges vor mir lagen, so arbeitete ich mich wieder aus
dem Sumpfe heraus, und bot meinen lieben, kleinen Freunden für
dieses Jahr Lebewohl und eine glückliche Reise über das Meer.
So wie einzelne Menschen, ohne gerade eine Absicht dabei zu
haben, auf unser Leben beglückend oder vernichtend einwirken,
uns im Wege stehen, wenn wir sie umgehen wollen, und wenn wir
sie suchen, nicht finden können; die wir bald lieben, bald hassen,
bei deren Anblick wir aber stets in eine unheimliche Aufregung
versetzt werden, so in derselben Weise haben diese Vögel auf mich
Einfluss ausgeübt. Darum habe ich gezögert, die bereits vor
zwanzig Jahren niedergeschriebenen Notizen zu gegenwärtigem Auf-
satze auszuarbeiten und zu veröffentlichen. Vielleicht war es eine
falsche Scham, doch sie ist überwunden, und wenn ich dem ver-
ehrten Leser meine Jugendsünden bekenne, so mag er sie be-
lächeln, auch verzeihen, zumal wenn er selbst schuldbewusst ist.
Die Thorheit Anderer wirkt ja eben so belehrend, als grosse
Weisheit.
Als ich im Jahre 1845 nach Krakau berufen wurde, und bevor
ich von Dresden abreiste, machte ich dem verewigten Dr. Thiene-
mann einen Abschiedsbesuch. Im Weggehen sagte er mir noch:
„Wenn Sie einen Garten, einen Teich lange Zeit und gewissenhaft
beobachten, werden Sie mehr leisten, als wenn Sie im Fluge die
ganze Welt durchziehen. Sie werden ia Galizien die Sylvia fluvia-
tilis finden, wahrscheinlich auch Zuscinioides, und auf den Karpathen
das Nest des Caryocatactes‘“ Ich kam in Krakau an mit ein paar
Schulbüchern in der Tasche und Zawadzkis Fauna der gal.-buk.
Wirbelthiere, worauf ich damals viel hielt, Auviatikis wird nur flüch-
tig berührt und Zuscinioides gar nicht, sie war 1840, glaube ich,
Die drei Schwirrvögel. 179
noch nicht bekannt, obschon Herr Zawadzki beide genau hätte
kennen sollen. Von beiden Vögeln hatte ich nicht die geringsten
Begrifie, und auf der Universitätsbibliothek fand sich leider gar
nichts, was mich hätte belehren können. Ich wusste nur so viel,
dass der eine in Schlesien gesehen wurde, und das bestärkte meine
Hoffnung, ihn auch hier zu finden. Mit grossen Wasserstiefeln,
scharfgeladener Doppelflinte, gespannten Hähnen, ging ich nun oft
die Weichsel stromauf-, stromabwärts, und die Weichsel ist ja doch
auch ein Fluss, es wäre ja lächerlich, wenn ich hier den Fluss-
sänger nicht finden sollte! Und manches Opfer ist gefallen, was
ich nicht deutlich erkannte , wurde todt geschossen, und nicht be-
währte sich: nomina omina! Und luscinioides? Giebt es wohl einen
‚gelegeneren Ort darnach zu suchen, als gerade hier, wo philomela
überaus häufig und luscinia gemein ist? Freilich, dachte ich mir,
ist es für einen Anfänger schon eine schwere Sache, philomela von
luscinia zu unterscheiden, welche ungeheueren Schwierigkeiten wird
es erst machen, /uscinioides neben luscinia zu erkennen? denn diese
müssen sich ohne Zweifel noch ähnlicher sein, und hörte ich einen
Sprosser oder eine Nachtigall, die nicht ganz ton- und tactfest
waren, oder deren Aufenthaltsort mir verdächtig vorkam, sie hatten
ohne Gnade das Leben verwirkt, und wurden auf das sorgfältigste
untersucht und verglichen, doch Zuscinioödes sah ich nicht unter
ihnen. Aber all’ das unschuldig verspritzte Blut giesse ich auf die
Häupter ihrer Pathen.
Das unglückliche Jahr 1846 kam heran, anderes Blut wurde
vergossen, und machte meinen ornithologischen Excursionen ein
Ende. Unter Androhung der Todesstrafe mussten alle Watien ab-
gegeben werden; kaum wagte man sich vor das Thor, um Pflan-
zen und Insekten zu sammeln, und so verlief ich mich Anfangs Juni
bis in den Buchenwald von Bielanie, nächst Krakau, auf einem
Höhenrücken gelegen, und kam auf den Holzschlag. Plötzlich
schlug eine unbekannte Stimme an mein Ohr. Das war keine
Heuschrecke, keine Grille, auch nicht $. locustella, die ich schon als
Kind sehr genau kannte*, und die ich nirgends so häufig als bei
[* Ich war noch ein kleiner Junge als P. Brehm bei P. Thiene-
mann zum Besuche war. P. Th. hatte seinem Gaste zwei ganz
merkwürdige Sachen zu zeigen, und so machten beide Herren einen
Spaziergang, und P. Th., wie er es oft that, nahm mich mit, und
diesmal war ich sehr nothwendig, weil ich mit meiner kleinen Hand
in das Nest einer Museicapa luctuosa greifen solle. Wie viel Eier
12*
180 Ernst Schauer:
sind darin? Fünf! Zeige eins! So, nun lege es recht vorsichtig
wieder zurück, damit den armen Thierchen kein Unrecht geschieht;
es wäre grausam u. s. w. Kindische Neugierde trieb mich des an-
dern Tages wieder zum Neste, aber ich fand es leer. Als ich
einige Stunden später meinem verehrten Lehrer die Trauerpost
überbringen wollte, und den kleinen Bröder in der Hand, die Treppe
hinaufstolperte, während ich noch einmal die Präpositionen. über-
bliekte, welche den Accusativ regieren, die ich auswendig zu ler-
nen hatte, bemerkte ich auch sogleich, als ich in seine Studirstube
eintrat, mit der eigenthümlichen, scharfen Beobachtungsgabe der
Kinder, die fünf Eier schlecht verdeckt, im Fenster liegen. Das
schloss mir den Mund, denn soviel konnte ich doch schon begrei-
fen, dass mir gestern die beiden Gottesmänner. Moral predigten,
um selbst sündigen zu können. Die zweite Merkwürdigkeit war
auf der Wiese eine $. locustella; lange hörten wir zu wie sie
schwirrte, und vergebens wurde nach dem Neste gesucht. „Merke
Dir das, Kleiner, wie dieser Vogel singt; er heisst Sylvia locustella,
Du ‚weisst doch wohl, was dieser Name bedeutet ?“]
. Krakau gefunden habe. An den Eisenbahndämmen, in den Kohl-
gärten der Vorstädte, hört man sie schwirren, sogar mit Unkraut
verwachsene Kornfelder sind ihr als Wohnplätzchen genehm, und
von hier aus geht sie noch ziemlich weit in die Thäler der Kar-
pathen; auch in Podolien und nördlichen Bessarabien habe ich sie
gesehen. Mit der gespanntesten Aufmerksamkeit und äussersten
Vorsicht entdeckte ich auch alsbald, dass der Urheber ein kleiner
Vogel war, der auf einem klafterhohen Busche sass, steif und
ruhig, und nur zu Zeiten den Kopf ein wenig nach rechts oder
links wendete; über eine Stunde hörte ich zu, ohne ihn zu stören;
einige Male verschwand er, ohne weg zu fliegen, schwirrte an einem
anderen Orte, und kam auch wieder zurück auf den ersten Platz.
Eine neue Entdeckung! Ein neuer Vogel! versteht sich! Auf
dem Wege nach Hause machte ich Mordpläne. Die Studenten hat- -
ten, als am 3. März die Russen einrückten, unter die Treppen und
an andere versteckte Orte im Universitätsgebäude einige Waffen
geworfen, man sah damals so etwas, und drückte die Augen zu.
Ich suchte und fand eine schwere, grosse Reiterpistole, die ich
Abends noch in Stand setzte, und so einrichtete, dass sie sich
leicht abdrücken liess. Am andern Morgen, das Faustrohr unter
die Kleider verstekt, und um der Thorwache meine Mordgedanken
zu verbergen, die Botanisirbüchse umgehangen, ging ich zwar un-
Die drei Schwirrvögel. 181
angefochten, aber klopfenden Herzens zum Thore hinaus, und man
fragte nicht einmal nach dem Passirscheine. Auf dem Holzschlage
angekommen, hörte ich auch sobald meinen ganz neu entdeckten
Vogel, suchte ihm nun näher zu kommen als gestern, kroch vor-
sichtig auf Händen und Füssen im Gestrüpp und hohem Grase
fort, bis auf Schussweite, die ich auf 25 Schritte festsetzte, nahm
das Opfer auf’s Korn und drückte ab. Das Mordinstrument, wel-
ches ich nach dem Schusse weit in das hohe Gras schleuderte, wo
es wahrscheinlich noch liegt, hatte leider meine Anforderungen
bei Weitem übertroffen, und den Vogel übel zugerichtet, so dass ich
nur einen schlechten Balg machen konnte. So viel sah, ich, es
war keine Grasmücke, kein Laubvogel, kein Rohrsänger, kein der
Nachtigall ähnlicher Vogel, und Auviatilis konnte es auch nicht sein,
ich hatte ihn ja mitten im grossen Walde geschossen. Nach dem
Grundsatze der Naturaliensammler, wo man ein Exemplar findet,
auch das zweite zu suchen, ging ich noch oft auf den Holzschlag
und in die Wälder, auch die folgenden vier Jahre, ohne etwas zu
finden. Der Balg blieb im Kasten liegen; eine gewisse Vorsicht
und Unsicherheit, Mangel an neuen Werken, liessen mich darüber
schweigen. Soweit kann es kommen, wenn das Kind nicht bei dem
rechten Namen genannt wird. Die Hoffnung aber, noch mehr
Exemplare meines neu entdeckten Vogels, so wie auch die $. Auvie-
iılıs aufzufinden, gab ich nicht auf. Vom Jahre 1862—67 habe ich
den Vogel alljährlich bei Krakau gesehen, 2, 3 Exemplare.
Noch trauriger erging es mir mit luscinioides. Als ich im
Jahre 1851 im nordöstlichen Galizien sammelte, und mich am 21.
Mai im Schilfe auf dem grossen Teiche von Horodellec befand,
hörte ich wieder eine mir ganz unbekannte Stimme; es kann,
meinte ich im ersten Augenblicke, ein Bufo sein; neugierig schob
ich den Kahn näher, als nicht weit von mir etwas wie ein Vogel
von der Blüthenrispe eines vorjährigen Schilfstengels herabfiel, und
der Triller verstummte; ich blieb betroffen stehen und wartete, was
sich weiter ereignen würde. Bald bewegte sich ein Rohrhalm, ich
hörte ein leises Gurgeln und gleich darauf einen kurzen Triller,
und wieder bewegte sich derselbe Halm, und wieder hörte ich den
Triller, sah nun auch den Vogel, und als ich mich vollkommen
überzeugte, dass es seine Stimme war, beobachtete ich ihn, wie ich
es wohl heute thun würde, nicht weiter, sondern schoss ihn todt.
Ganz gewiss eine neue Entdeckung, ich hatte etwas Unbekanntes
in der Hand, ein liebes Vögelchen mit ganz kurzem abgestutztem
182 Ernst Schauer:
Schwänzchen. Voller Glück und Freude fuhr ich sogleich nach
Hause durch den grossen Wald; im Weidenbusche auf der Wald-
wiese hörte ich eine Stimme, ganz und gar der gleich, welche ich
im Walde von Bielani gehört hatte, und erlegte auch diesen Vogel.
Zwei neue, unbekannte Vögel auf einmal in der Tasche! Zu viel
des Glückes! Zu Hause angekommen, fiel ich sogleich über die
vollständige ornithologische Bibliothek des Herrn Grafen Dziedu-
szycki her, um meinen Fund zu bestimmen. Vergebens, denn jlu-
viatilis und luseinioides wurden selbstverständlich überschlagen. Ich
hatte vor Freuden eine schlaflose Nacht, und benachrichtigte so-
gleich in einem ausführlichen Schreiben Hrn. D. von meinen glück-
lichen Entdeckungen. Nach dem Grundsatze, wo man ein Exem-
plar findet, auch nach dem zweiten zu suchen, fand mich am fol-
genden Tage die aufgehende Sonne schon im Kahne auf dem Tei-
che mit offenen Ohren, und richtig hörte ich dieselbe Stimme von
gestern wieder. Lange Zeit belauschte ich den Tremulanten, und
schoss ihn endlich vom höchsten Schilfhalme herab. Wieder etwas
Anderes hatte ich in den Händen; einen Vogel mit langem dicken
Kometenschwanze, in allem Uebrigen aber dem von gestern gleich.
Alsbald wurde mir auch klar, dass der gestrige einen noch nicht
ausgewachsenen Schwanz hat, vielleicht hatte ihn ein Hecht aus-
gerissen, der nach den Vögeln schnappt, junge Blässenhühner,
wenn man sie über eine Wasserfläche treibt, und sogar junge Ster-
nen vom Neste nimmt. Als ich meinen Vogel von gestern aus dem
Eiskeller holte, und die Schwanzdeckfedern aufhob, fand ich einen
halbausgewachsenen Schwanz, was ich freilich gestern schon hätte
sehen sollen. Derselbe Vogel steht ausgestopft heute noch in der
Sammlung. Während des Ausstopfens, wo die Finger mehr be-
schäftigt sind als-der Geist, und Zeit ist, an etwas anderes zu
denken, kamen mir auch wieder jene zwei Vögel in den Sinn, nach
denen ich so lange Jahre gesucht hatte, und nach beendigter Ar-
beit, als die Bücher noch alle aufgeschlagen auf dem Tische lagen,
dachte ich, ich werde ein wenig nachlesen, mich mit den zwei
Vögeln näher bekannt machen, um mir das Auffinden derselben zu
erleichtern, und fing an in Naumann zu lesen, über Auwviatilis :
„schwirrt oft eine Minute lang, bläst beim Singen die Kehle auf
und bewegt den etwas geöffneten Schnabel...“ Da fielen mir die
Schuppen von den Augen. In anderen Werken, mit denen ich erst
kürzlich in Berührung gekommen war, las ich nun auch über Zusei-
nioides nach. Mir brannte der Kopf, so beschämt bin ich noch nie
Die drei Schwirrvögel. 183
vor mir gestanden; was ich Jahre lang gesucht, lag unerkannt auf
dem Tische; das Glück, neue Vögel entdeckt zu haben, war ver-
nichtet; die Freude, dass ich endlich doch nach vielen mühseligen
Herumsuchen die zwei Vögel aufgefunden hatte, konnte Scham und
Schmerz nicht aufwiegen, und so oft ich später einen derselben sah
oder hörte, und das geschah sehr oft, wurden immer die unange-
nehmsten Erinnerungen hervorgerufen. Niemanden habe ich etwas
davon gesagt, Kummer und Gram zwanzig Jahre lang getragen,
heute aber kann ich recht herzlich über meine Jugendsünden
lachen.
Zu beiden Vögeln, oder vielmehr zu allen dreien, machte ich
ein besonderes Notizbuch, aber anstatt /luviatilis, Flusssänger,
schrieb ich: gryllina, Grillensänger, und anstatt Zuscinioides, Nach-
tigallensänger, schrieb ich: Acheta, Heimchensänger, und locustella
blieb selbstverständlich: Zocustella, Heuschreckensänger. Da aber
der Heimchensänger (Acheta) niemals irgend einen Busch berührt,
so kann er füglich nicht Salicaria genannt werden; der Heu-
schrecken- und Grillensänger hingegen kommen nie an das Schilf,
und Namen wie Calamoherpe, Calamodyta, Calamodus etc. geben
ihnen keine wahre Bezeichnung, und gehören ja bereits anderen
Vögeln an, die mit meinen drei wunderlichen Tremulanten in kei-
ner Beziehung und Verwandtschaft stehen; darum nannte ich diese
drei Schwirrer, um einem jeden einzelnen und der ganzen Gruppe
gerecht zu werden: Threnetria. —
Pieniaki bei Brody, im October 1871.
Gefangene Vögel. Ein Hand- und Lehrbuch für Lieb-
haber und Pfleger einheimischer und fremder Käfig-
vögel von E.A. Brehm. In Verbindung mit Baldamus,
Bodinus, Bolle, Cabanis, Cronau, Fiedler, Finsch,
v. Freyberg, Girtanner, v. Gizycki, Herklotz, A. v.
Homeyer, Köppen, Liebe, A. u. C. Müller, Rey, Schle-
gel, Schmidt, Stölker u.a. m. Leipzig u. Heidelberg.
C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1872.
Das Journal wird nicht länger zögern wollen, seinen Lesern
über eine der bedeutendsten Erscheinungen der ornithologischen
Litteratur unserer Tage wenigstens einige Winke zu geben. Alfred
Brehm’s neuestes Werk „Gefangene Vögel“ liegt uns seit Kurzem,
seiner ersten Hälfte nach, vollendet vor: es ist, so weit es erschie-
nen, in den Händen vieler, sicher indess noch nicht aller Vogel-
184 Carl Bolle:
freunde, und im Interesse letzterer, insbesondere der dem deutschen
Büchermarkt ferner wohnenden unter ihnen, halten wir es für eine
gern erfüllte Pflicht, dasselbe hier in rühmende Erwähnung zu
bringen und auf seinen überaus reichen Inhalt hinzuweisen. Mehr
als alle bisher publieirten Handbücher erscheint es sowohl für un-
terhaltende und bildende Lektüre, als auch für den täglichen Ge-
brauch, insbesondere für das Nachschlagen, geeignet. Man darf
dasselbe mit Recht nicht nur als ein angenehmes, sondern auch als
ein im besten Sinne des Worts praktisches Werk bezeichnen. Der
Verfasser hat es nicht verschmäht, von den erhabenen Gipfeln der
Naturforschung, die der Wohnsitz seines Genius sind, herabzustei-
gen, um zu Nutz und Frommen des Publikums Klarheit und Be-
lehrung bis in die entlegensten Regionen der Vogelliebhaberei, der
Vogelkenntniss, der Vogelpflege zu verbreiten. Er hat dabei stets
die greifbaren Bedürfnisse, auch des am wenigsten prätendirenden
unter den Dilettanten vor Augen gehabt und der Berücksichtigung
desselben mit fast väterlicher Sorgfalt genügt. Man wird mit Fug
behaupten können, dass er sich durch diese Schrift volles Recht
auf eine Dankbarkeit erworben habe, derjenigen nicht ungleich,
welche die weit bescheideneren Ansprüche vergangener Generationen
einem Bechstein entgegenbrachten und lange Zeit hindurch in treuer
Erinnrung bewahrt haben.
Abgesehen von der Rundschau über die ausserordentlich zahl-
reichen Vogelarten, welche der rege Verkehr der Neuzeit uns
lebend zur Verfügung stellt, abgesehen von ihrer genauen, die Be-
stimmung jeder einzelnen mit Leichtigkeit ermöglichenden Charak-
terisirung, entwickelt der Verfasser in einer Reihe der anmuthig-
sten und ansprechendsten Kapitel seine Ansichten über Dinge, die
theils psychischer, theils mehr objektiver Natur, immer geeignet
sind, die gespannteste Aufmerksamkeit des Vogelwirths zu fesseln.
Einige derselben tragen Licht in Gebiete, welche sich bisher fast
ganz der litterarischen Betrachtung entzogen; so insbesondere das-
jenige, welches den Vogelhandel, namentlich den überseeischen,
zum Gegenstand hat.
Dem Verfasser wie dem Buche kann es nur zum Vorzug ge-
reichen, dass man in letzterem die Beobachtungen vieler anderer
deutscher Ornithologen neben denen von Brehm selbst niedergelegt
und aufbewahrt finden wird. Manche derselben wären ohne An-
regung von Seiten eines so hochstehenden Schriftstellers bestimmt
ungedruckt geblieben.
Ueber A. E. Brehm’s „Gefangene Vögel“. 185
Der systematischen Aufzählung nach umfasst der erste Band,
mit den Papageien beginnend, den überwiegend grösseren Theil
der Sing- und eigentlichen Stubenvögel, Körner- sowohl wie
Weichfresser, bis zu den Lerchen. Die Exoten, in einer staunen-
erregenden Phalanx vor uns aufmarschirt, nehmen unsere Aufmerk-
samkeit hier vorwiegend in Anspruch und werden, sie, die bisher
unbekannteren, auf eine so sachkundige Weise in Betreff ihrer
äusseren Erscheinung, ihrer Sitten, ihrer Pflege dargestellt, dass
hieraus insbesondere die unvergleichlich grosse sachliche Befähigung
und die überströmend reiche Erfahrung des Autors hervorleuchtet.
Der zweite Band, mit dem das in Lieferungen erscheinende
Werk abschliesst, soll hauptsächlich den Hof- und Parkvögeln ge-
widmet sein und, nach den Absichten des Verfassers, in kürzester
Zeit seine Vollendung finden.
Dem sinnigen Freunde der Vogelkunde giebt dies Werk man-
nigfachen Stoff zum Nachdenken. Auch hinsichtlich dieses Zwei-
ges menschlicher Betrachtungsweise und menschlicher Thätigkeit
erbliekt ein philosophisches Auge das treue Spiegelbild unserer in
rastloser Arbeit vorwärts stürmenden Epoche, sich kundgebend in
der Erschliessung bisher ungeahnter Bahnen, in der Ueberfluthung
_ mit Neuem, aber auch in unerbittlicher Ausbeutung zu den Zwecken
des Prunks und der Modesucht. Was bescheidene Liebhaberei ge-
wesen, was dem Herzen näher gestanden hatte, als dem Verstande,
ist jetzt hinausgetreten an die Oeffentlichkeit und strebt, nicht
ganz erfolglos, sicher jedoch erstaunt über seine eigene Wichtig-
keit, nach dem Ruhme volkswirthschaftlicher Bedeutsamkeit. Das
verschwiegene Lieben und Hegen entwickelte sich gleichsam von
selbst zur- rationell betriebenen Wissenschaft. Referent gehört zu
denjenigen, welchem die Tausende fremdländischer Stubenvögel, die
zu hohen Preisen doch immer nur für die Börse des Reichen er-
schwinglich sind, kaum Ersatz gewähren für die verlorenen Ge-
nüsse unseres glücklich auf das Niveau des Meerschweins und des
Salamanders herabgedrückten Berliner Vogelmarkts. Er kann über
den Wellensittichen, über den kalifornischen Wachteln den Stieg-
litz und das Blaukehlchen seiner Jugendtage nicht vergessen. Wie
dem aber auch sein möge, er ist doch froh, dass ihm wenigstens
noch erlaubt ist, in der frischen Märzluft die Kraniche über die
Bläue eines fichtenumsäumten märkischen Sees hinziehen zu sehen
oder etwas später im Frühling im eigenen Garten die thaufrischen
Stechpalm- und Wachholderzweige um das Nest einer Grasmücke
186 E. F. v. Homeyer:
herum auseinander zu biegen. Er ist nicht weniger erfreut, als
Vermittler zwischen der Vogelwelt des weiten Universums und des
Jahrhunderts, in dem wir nun einmal leben, mit der bescheidenen
Persönlichkeit des einfachen Lesers einen Brehm begrüssen und
hin und wieder in so guten Büchern blättern zu dürfen, wie dessen
„Gefangene Vögel“ eins derselben sind,
Scharfenberg bei Berlin, im März 1873. ı
Carl Bolle.
Monographische Beiträge
über einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae).
Von
E. F. v. Homeyer.
Wenige Vogelarten sind so wenig constant in ihrer Form und
Farbe, als die Lerchen, namentlich einige Gruppen derselben. Der
Gedanke liegt nahe, dass die Natur hier noch eine besondere Thä-
tigkeit entwickelt und noch heute beschäftigt ist, weitere Arten
auszubilden. Auf solehe Weise entständen unter unseren Augen,
ohne dass wir es zu verfolgen vermöchten, hier, wie in manchen
anderen Gruppen fortwährend neue Arten, während andere Arten,
andere Gruppen dahinschwinden, da sie in der heutigen Welt ihre
Lebensbedingungen nicht mehr finden.
Für diejenigen, welche geneigt sind, soviel als irgend möglich
zusammenzuwerfen, möchte eine solche Ansicht noch mehr zur Ar-
tenvereinigung anspornen, aber wer tiefer in die Natur einzudringen
trachtet, der muss sich eben veranlasst finden, das augenblicklich
Vorhandene genau festzustellen und es einer späteren Zeit über-
lassen, die dann hervortretenden Unterschiede zu vermerken.
Die Gruppe der Haubenlerehen bietet ganz besondere Schwie-
rigkeiten und ich habe mich deshalb bemüht, so viel Material zu
untersuchen, als irgend möglich. Seit langer Zeit habe ich aus
verschiedenen Gegenden Lerchen gesammelt und dergleichen in
Sammlungen untersucht, bin auch bei dieser Arbeit von verschie-
denen Seiten auf die freundlichste Weise unterstützt, wofür ich
Herrn Oberamtmann Heine auf St. Burkhardi, Herrn Professor
Dr. Peters zu Berlin, Herrn Dr. Taczanowski in Warschau, sowie
Herrn Dr. Cabanis mich zu besonderem Danke verpflichtet fühle.
Nachstehend gebe ich nun das vorläufige Resultat meiner Un-
tersuchungen. Es beansprucht keine Vollständigkeit, aber es lässt
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 187
mich hoffen, dass es ein Beitrag zur endlichen Berichtigung dieser
Gruppe sein wird.
GEN. HIERAPTERHINA Des Murs.
1. H. Clot-Bekii Heugl. Falkenlerche.
Ornit. ©. A. p. 673. — Melanocorypha Clot-Bey Bp. Consp. 1.
p. 242. — lIerapterhina Cavaignacü, O. Des Murs, Rev. Z. 1851,
p. 25. pl. I. — Ramphocoris Olot-Bey, Bp. — Tristr. Ibis 1859, p.
424. — A. v. Homeyer, Cab. J. 1863, p. 268, 269. — Hierapterina
Clot-Bekii Heugl. ©. J. 1868, p. 220. — Ramphocoris Clot-Bey Bp.
Taezanowski C. J. 1870, p. 41. — Loche Cat. p. 84, 1858. —
Diese Art, die in den Sammlungen noch selten ist, unterschei-
det sich durch ihren riesigen, fast papageiartigen Schnabel auf-
fallend von allen anderen Lerchen. Sie lebt auf den Hochebenen
der Wüste. (St. Burkhardi und Warschau.) —
Anmerkung. Das Original im Leydener Museum kam aus
Aegypten, jedoch ist die Falkenlerche in der Nähe des Nils von
Heuglin und Brehm nicht gefunden.
GEN. MELANOCORYPHA Boje.
(Alauda L. — Calandra Less. — Londra Syk. — Saxtlauda Less.
— (Corydon Gl.)
2, M. calandra (Boje) Linn. Kalanderlerche.
Alauda calandra L. (nec Bonelli). — P. Z.R. I. p. 517. —
Alauda collaris Müller S. N. Supp. p. 137. — M. calandra Bj. Isis
1828, p. 322. — M. calandra, albigularis, subcalandra et semitor-
quata C. L. Brehm Naum. 1856, p. 374. — M. semitorquata Blasius
Naum. 1856, p. 469. — M. calandra C. L. Br. Vogelfang, p. 120.
— M. calandra Heuglin C. J. 1868, p. 221. — id. O. O. A. p. 674. —
M. calandra Sharpe and Dresser, Birds of Europe P. V. et Pl. —
Brehm Isis 1845, p. 343.
Nach Untersuchung von Exemplaren von der Wolga, Südruss-
land, Kleinasien, Griechenland, Dalmatien, Toscana, Spanien, Por-
tugal, Algier und Aegypten stellt sich fast überall eine bedeutende
Veränderlichkeit in der Grösse und theilweise in der Färbung
heraus. Diejenigen aus Portugal ziehen ein wenig in’s Rostfarbene,
die aus Toscana zeigen den schwarzen Fleck am Halse am gröss-
ten, die aus Kleinasien sind am lichtesten, von der Wolga am ein-
farbigsten dunkelgrau, wie schon C. L. Brehm dies in seinem Vo-
gelfang erwähnt. Blasius war jedoch im Irrthum, wenn er Brehm’s
M. semitorguata für eine junge Mohrenlerche hielt. Dahin passt
Brehm’s Beschreibung nicht. Blasius hat dies auch gefühlt, indem
188 E. F. v. Homeyer:
er die Veränderlichkeit der Schwanzzeichnung bei der Mohren-
lerche hervorhebt, aber so wie Brehm dieselbe bezeichnet, hat sie
die Mohrenlerche nie.
Um ein Beispiel der so ausserordentlich abweichenden Maasse
der Kalanderlerchen in derselben Gegend zu geben, führe ich die
Flügellänge (Ulna) einiger derselben an.
Itaflien - u... zNHNYIS und
Kleinasien; ..' 4".11'%und44324#)
Es kommen daher in ein und derselben Gegend und gröss-
tentheils unabhängig vom Geschlecht, wenn auch die Weibchen
stets kleiner sind, bedeutende Grössenunterschiede vor. Beständi-
ger sind die Abweichungen in der Färbung, und bei einiger Uebung
lässt sich mit ziemlicher Sicherheit das Vaterland einer Kalander-
lerche bestimmen.
Eine besondere Besprechung verdient auch eine Kalander-
lerche aus Algier. Dieselbe ist gross (Ulna 4’ 9°“, Cauda 2 5‘)
und hat sämmtliche Steuerfedern, mit Ausnahme der beiden mittel-
sten, sehr breit gelblichweiss gesäumt. Wie die folgende, jedoch
mit weissen Spitzen der Mittelschwingen.
Noch eigeuthümlicher ist eine Lerche meiner Sammlung, deren
Vaterland ich nicht genau angeben kann, die vermuthlich aus dem
östlichen Russland stammt. Sie ist so gross wie die algierische,
mit rein weisser Kehle und Augenstreif, und einem fast zusam-
menhängenden, schwarzen Bande über der Brust. Die
Spitzen der Steuerfedern sind ähnlich, wie bei der algierischen
stark gezeichnet. Dieser Vogel befindet sich schon eirea 30 Jahre
in meiner Sammlung und ist mir später ein ähnlicher nieht wieder
vorgekommen.
An Melanocorypha semitorguata Brehm ?
3. Melanocorypha bimaculata. Röthliche Kalander-
lerche.
M£net. C. p. 37, 1832. — M.calandra Rüpp. S. U. p. 78, 1845.
— M. torquata Blyth 1847. — M. alboterminata Cab. Mus. H. 1. p.
124, 1850. — Heuglin Cab. J. 1868, p. 221. — idem N. O. A. p.
675. — M. rufesceens C. L. Brehm Naum. 1856, p. 375. — A.
Brehm C. J. 1857, p. 82. — Blasius Naum. 1356, p. 469. — C.L.
Brehm Vogelfang 1855, p. 120. — Alauda calandra E. F. v. Ho-
meyer C. J. 1869, p. 51. — ib. v.Middendorff Reise II. II. p. 132.
*) Ueberall alt Pariser Maass.
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 189
— Melanocorypha bimaculata Sharpe and Dresser B. of E. VII
and Pl.
. Die M. torguata führe ich nach den genauen und in ihrer
Gründliehkeit bekannten Untersuchungen von Sharpe und Dresser
an. Das Original-Exemplar von M. alboterminata war mir durch
die Güte des Herrn Oberamtmann Heine zur Hand; M. rufescens
Brehm und A. calandra v. Middendorff habe ich nach den ausrei-
chenden Beschreibungen feststellen können. Immer musste ich hier
und wiederholt bei dieser Arbeit das lebhafteste Bedauern empfin-
den, dass die unschätzbare Sammlung von C. L. Brehm noch fort-
während für wissenschaftliche Arbeiten nicht zu benutzen ist, da
dieselbe in Kisten verpackt steht, weil sich kein Käufer findet.
Kein deutscher Staat hat es bisher über sich gewinnen können,
diese Sammlung, die in vieler Beziehung einen so grossen Werth
hat, zu erwerben. Es wäre traurig, wenn sie der Sammlung des
Prinzen von Wied folgte und in’s Ausland ginge.
4. Melanocorypha tatarica P. Mohrenlerche,
Alauda tatarıca Pallas It. 1773. — Melanocorypha tartarica Bj.
Isis 1828, p. 322. — Alauda yeltonensis Forst. 1767? — A. muta-
bilis Gm. I. II. p. 796 (Winter). — A. tatarica Gm. I. IL. p. 79,
1788. — Sazxilauda tartarıca Lesson 1337. — Melanocorypha yelto-
nensis Sharpe and Dresser B. of E. IV. 1871.
Es könnte zweifelhaft erscheinen, ob der Name von Pallas die
unbedingte Priorität hat, oder ob es gerathen wäre, dem Beispiele
von Sharpe und Dresser in ihrem eben jetzt erscheinenden vorzüg-
lichen Werke zu folgen und den jetzt seit hundert Jahren bestan-
denen Namen zu verwerfen. Nach unserem Prineip darf ein all-
gemein eingeführter Name nicht verworfen werden, wenn nicht un-
abweisbare Gründe dies erheischen. Dies ist er durchaus nicht
der Fall und es liegt kein Grund vor, den alten sichern Namen zu
ändern, um ihn mit einem unsichern zu vertauschen.
Bewohnerin der Steppen Mittelasiens, scheint ihre Zugrichtung
fast ausschliesslich westlich, mit einer leichten südlichen Richtung
zu gehen. Die Süd- und Südostgegenden Russlands sehen sie jeden
"Winter:in Menge und sogar in der Nachbarschaft von Brüssel sol-
len 4—5 Stück im März 1850 erlest sein. Für Deutschland scheint
kein sicherer Nachweis ihres Vorkommens vorzuliegen.
Anmerkung. Wenn auch abweichend in der Farbe, steht
die Mohrenlerche doch in Gestalt und Lebensweise der Kalander-
190 E. F. v. Homeyer:
lerche so nahe, dass sie von dieser Gruppe nicht getrennt wer-
den kann.
Die nachfolgenden beiden Lerchen passen in keine der bisher
aufgestellten Gattungen. Alauda mongolica Pallas gehört nicht zu
Melanocorypha, da sie einen ganz anderen Flügelbau hat und auch
die vorherrschende Rostfarbe trennt sie davon. Alauda leucoptera Pal-
las gehört ebensowenig zu Calandritis, aus denselben Gründen. . Beide
passen in allen Dingen ausgezeichnet zu einander, mit dem ein-
zigen Unterschied, dass A. mongolica eine sehr kleine erste Schwinge
hat, die bei A. leucoptera fehlt, während sonst der Flügelbau ganz
übereinstimmt, auch Färbung und Lebensweise sie vereinigen und
weit ab von allen anderen Lerchen stellen. Für jede dieser Ler-
chen eine eigene Gattung zu bilden, scheint mir nicht zweckmässig,
ebensowenig die eine hier, die andere da unterzubringen, in eine
Gruppe, wohin sie nicht gehören, einzig und allein wegen der vor-
handenen oder fehlenden ersten Schwinge. Ich verkenne aller-
dings nicht die grosse Wichtigkeit der ersten Schwinge bei sehr
vielen Vögeln, aber ich vermag sie auch nicht für das allein be-
stimmende Princip zu halten, ohne Rücksicht auf so viele andere
Dinge. Ich vereinige daher die beiden Lerchen in eine Gruppe
und benenne sie zu Ehren ihres Entdeckers:
GEN. PALLASIA Nobis.
Langflügelige Lerchen, deren Hinterflügel meist zurück tritt,
vorherrschende Farbe: Weiss und Rostroth.
5. Pallasia mongolica Nobis.
Alauda mongolica Pallas Z. R. A. Tab. 33. fig. 1. p. 516. —
Alauda sibirica Waterh. Proc. Z. S. 1839, p. 60. — Melanocorypha
mongolica Gr, —. Alauda mongolica Radde Reise p. 146.
Bewohnerin der östlichen Steppen Mittelasiens, scheint sie
nicht oder sehr wenig westlich zu wandern, vielmehr zum Winter
südlich zu gehen, jedoch ihre Wanderungen nicht sehr weit aus-
zudehnen.
6. Pallasia leucoptera (Pallas) Nobis.
Alauda leucoptera P. Iter 1773. — Alauda sibirica Gm. 8. N.
1788. I. p. 799. — Phieremos sibiriea K. et B. 1340. — Calan-
drella sibirica Brand in Bp. C. I. p. 245. — Melanocorypha leuco-
ptera Bp. C. — Alauda arvensis ruficeps Bechs. in Latham. Il. p.
380, Anmerkung. 1794. — Alauda sibirica Graf Wodzicki, Naum.
1852. I. p. 69. — De Selys, Naum. 1856, p. 339. — Radde Reise
Il, p. 146, Anmerkung.
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 191
Von verschiedenen Schriftstellern bald in diese, bald in jene
Gattung umhergeworfen, passt sie eben in keine. Es ist weder
eine Kalanderlerche, eine Alpenlerche, noch gar eine Isabelllerche.
Mit der vorigen passt sie dagegen ganz ausgezeichnet zusammen,
wenn auch der. Schnabel verhältnissmässig etwas schmäler ist.
Die weissflügelige Lerche geht östlich nicht über das Jenisey-
system, wie Radde 1. c. beobachtet hat, nistet bereits in der Wolga-
gegend und kommt alljährlich im Winter nach Südrussland. Ein-
zelne haben sich bis Belgien verflogen und doch hat man noch
nicht das Vorkommen derselben in Deutschland constatirt und ist
dies in neuerer Zeit angezweifelt worden, obgleich bei der west-
lichen Zugrichtung dieser Lerche die in Belgien aufgefundenen
Exemplare wohl nothwendig durch Deutschland gegangen sein
müssen. Dennoch ist diese Lerche schon vor langer Zeit in un-
serm Vaterlande-beobachtet.
Bechstein 1. c. erzählt: „Von dieser Varietät (A. arv. ruficeps)
fing ich im März 1739 bei hohem Schnee sieben vor meiner Thür
unter einem Siebe. Sie hielten sich in einer Gesellschaft Baum-
lerchen auf; unter den anderen Lerchen, die damals in meiner
Gegend zu Tausenden gefangen wurden, war keine mehr von dieser
Spielart anzutreffen. Ich hielt sie Anfangs für eine besondere Art,
bis mir Brutorgan, Locktöne und Geschrei, da ich sie lange Zeit
in der Stube hatte, zeigten, dass es Feldlerchen waren. Doch
zeigen sie keine Kuppe. Vielleicht sind es Feldlerchen, die
in weit südlichere Gegenden zu Hause gehören, denn meine Beob-
achtungen haben gezeigt, dass es eine beständige Varietät
sein muss.
„Sie sind merklich grösser; der Schnabel dicker; der Sporn
kleiner; der Kopf rothbraun mit schwarzen Strichelchen, die in
etlichen Streifen zusammenfliessen; die Wangen braun, ohne be-
merkliche weisse Einfassung; zwischen dem Schnabel und den
Augen ganz weiss; die Brust rostbraun mit vielen schwarzen Strei-
fen, die wie Linien nach dem Bauche zulaufen; die äusserste
Schwanzfeder, bis auf einen kleinen aschgrauen Streifen, ganz
weiss; die zweite auch an der äusseren Fahne mehr weiss, als ge-
wöhnlich; überhaupt die Farbe röthlicher; die Füsse schmutzig
gelbweiss.“
Wenn auch Bechstein die Flügelfärbung gänzlich übergeht, so
genügt seine Beschreibung dennoch, seine Vögel zu erkennen. An
eine Varietät ist bei sieben gleichgefärbten Stücken a priori nicht
192 E. F. v. Homeier:
zu denken und die Beschreibung passt so ausgezeichnet zu Pallasia
leucoptera, dass man über die Zugehörigkeit nicht in Zweifel
sein kann.
Nach den Beobachtungen des Grafen Wodzycki kommt diese
Lerche nicht so selten bis nach Polen und Galizien...
GEN. ALAUDA. Linn. 1766.
Der Typus der Gattung ist die über einen grossen Theil der
alten Welt verbreitete Feldlerche, von der man oft versucht hat
Arten zu trennen, die sich jedoch meistens als unbedeutende Va-
rietäten erwiesen.
+7. Alauda arvensis Linn. Feldlerche.
Syst. N. I. p. 287. 1765. — Alauda italica Gm. S.N.I. p.
793. 1788. — A. vulgaris Leach. — A. coelipeta P. — A. cantarella
Bp. — A. montana Cresp. — A. Cairiü Gerbe. — A. triborhynchus
Hods.? — 4. duleivox Hods. — A. isabellina Mummery (nec
Temmk.). — 4. japonica Swinh. — A. pekinensis Swinh. — 4.
intermedia Swinh. Heuglin O. O. A. p. 679. — A. arvensis Sharpe
and Dresser B. of E. VI. — Radde U. p. 154. — id. Brehm Isis
1845, p. 341.
Der südwestliche Theil Europa’s hat eine etwas kleinere Form,
die von Bp. A. cantarella benannt wurde. Exemplare vom Baikal-
see meiner Sammlung ähneln den europäischen. Das östliche Asien
scheint jedoch noch einige Arten zu beherbergen. Ausser 4A. ja-
ponica T. et S. fand Swinhoe auf Formosa noch zwei verschiedene
Formen. Im Norden 4. sala mit langer Hinterklaue und länge-
rem und mehr gebogenem Schnabel. Im Süden A. Watteri, mit
röthlichen Seiten, grossen Flecken auf der Brust und kurzem
Schnabel. Im Süden Asiens kommen verschiedene Formen vor, von
denen es auch wohl nicht ganz feststeht, ob sie eigene Arten bil-
den. Verschieden scheinen die Lerchen aus Cashmire zu sein und
auch die indischen verdienen noch der Berücksichtigung. Die von
C. L. Brehm aufgestellten zahlreichen Subspecies beweisen die, in
gewissen Grenzen, bedeutende Veränderlichkeit unserer Feldierche
innerhalb Deutschlands. Ich habe selbst lange Zeit für meinen
alten lieben Freund Lerchen gesammelt und besitze noch viele sei-
ner Subspecies von ihm selbst bestimmt, ich habe mich daher viel
mit diesen Vögeln beschäftigt, auch bedeutende Abweichungen in
Grösse und Form gefunden, aber feste Grenzen derselben festzu-
stellen war mir unmöglich. Es ist jedoch ein grosser Irrthum,
wenn man Brehm’s Subspecies mit seinen Species verwechselt. Der
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 193
Autor selbst hat darin sehr bestimmt unterschieden, die Arten
durch andern Druck oder andere Bezeichnung hervorgehoben.
Anmerkungen. Exemplare vom Baikalsee haben einen
gestreckteren dunklern, schwächern und spitzeren Schnabel, bei
ziemlich dunkler Gesammtfärbung, stimmen jedoch sonst mit den
europäischen sehr überein.
A. grandior Pallas Z. R. I. p. 525 ist in neuerer Zeit nicht
wieder aufgefunden.
Bechstein, Anmerkung zu Latham. II. p. 370, giebt an, dass
die Accise, die auf die gefangenen Lerchen gelegt, der Stadt Leip-
zig jährlich 6000 Thaler eintrage.
GEN. CALANDRITIS Cabanis.
Kleine Lerchen, die in mancher Beziehung den echten Lerchen,
durch die Form des viel schwächeren Schnabels und die Lebens-
weise den Kalanderlerchen sieh annähern.
8. Calandritis brachydactyla Cab.
Museum Heineanum I. p. 122. — Alauda brachydactyla Leissl.
W. A. II. p. 357. — Alauda brachydactyla Temm. — A. arenaria
St. — Melamocorypha arenaria Bp. List p. 38. — Phileremos bra-
chydactyla K. et B. — Alauda calandrella (Bp.) Savi. — Heuglin
0. ©. A. p. 694. — Lindermayer Gr. p. 49. — Plüleremos morea-
tiea Gr. v. d. Mühle, p. 38. — Melanocorypha itala C. L. Brehm
Vogelf. p. 121. — Calandritis brachydactyla A.. Brehm Vogelleben
IH. p. 260. — Alauda brachydactyla D. et G. I. p. 341. — ? Me-
lanocorypha brachydactyla C. L. Brehm Vogelf. p. 121. — Alauda
calandra Salvadori C. J. 1865,:p. 271. — Brehm Isis 1845, p. 343.
— Melanocorypha affinis, brachydactyla, itala, gallica, tenuirostris. —
v. d. Mühle Isis 1847, p. 462.
Die kurzzehige Lerche ist durch den Süden Europa’s, den
Norden Afrika’s und den Südwesten Asiens verbreitet. Wie weit
sich diese Verbreitung weiter ausdehnt, lässt sich noch nicht fest-
stellen, da sie bis in die neueste Zeit mit den folgenden Arten
verwechselt ist, auch eine feste Begrenzung aller hierher gehörigen
Arten zur Zeit noch zweifelhaft bleibt. Diese Lerche neigt ganz
ausserordentlich zu Abweichungen, und ich muss gestehen, dass die
Feststellung der Arten mir um so schwieriger wurde, je mehr
Exemplare ich aus den verschiedensten Gegenden in Händen hatte.
indessen kann man einige Arten mit Sicherheit unterscheiden, und
was die übrigen Formen betrifft, so wird die Zeit sie bestätigen
Cab. Journ. f. Ornith. Jahrg. XXI. No. 123. Mai 1873. 15
194 E. F. v. Homeyer:
oder verwerfen. Hier mag es mir vergönnt sein, die vorzüglich-
sten Formen, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, näher zu
besprechen.
©. brachydactyla aus dem Süden Europa’s zeichnet sich durch
starke Rostfarbe, namentlich auf dem Kopfe aus. Diese Rostfarbe
ist bei Weitem am deutlichsten bei den portugiesischen und am ge-
ringsten bei den südrussischen. Sie kommt ganz ähnlich in Algier
und auch in Aegypten vor. Es ist dies Melanocorypha itala C. L.
Brehm Vogelf. p. 121.
Nach Untersuchung vieler Exemplare aus Südrussland, Grie-
chenland, Dalmatien, Spanien, Portugal, Algier und Aegypten,
grösstentheils in meiner Sammlung.
Es ist hierbei jedoch zu bemerken, dass die portugiesischen
Vögel 2— 2 Linien kürzere Schwingen und sehr bedeutend mehr
Rostfarbe — gewöhnlich — haben, dass aber auch einzelne
Exemplare, die in der Färbung sehr lebhaft sind, in der Grösse
zurückstehen, so dass es mir bisher nicht gelungen ist, eine feste
Unterscheidung aufzufinden.
C©. immaculata U. L. Brehm.
Unter dieser Bezeichnung erhielt ich von Brehm d. Aelt. eine
Lerche aus Spanien, die sich durch den Mangel der Seitenflecke
am Halse und durch einen dunklen Fleck seitlich der Schnabel-
wurzel auszeichnet.
©. brachydastyla C. L. Brehm Vogelf. p. 121. Brehm hat der
syrischen blassen Lerche den Artnamen belassen. Dies wäre un-
thunlich,, wenn dieser Form ein besonderer Name gebührt, da die
Art nach französischen, also roströthlichen Exemplaren aufgestellt
worden ist. Man könnte sie dann (©. syriaca nennen. Ich erhielt
von Krüper gesammelte Exemplare aus Kleinasien, die sich auf-
fallend durch den gänzlichen Mangel aller Rostfarbe, auch in dem
Weiss des Schwanzes, unterscheiden. Aehnliche Zeichnungen brin-
sen Exemplare aus dem südlichen Russland. Wie bereits oben er-
wähnt, scheint ein allmähliger Uebergang von der roströthlichen
in die graue Färbung zu bestehen. Sieht man die Extreme, so ist
man wohl geneigt, sie für verschiedene Arten zu halten. Ich muss
jedoch bemerken, dass mir völlige Uebergangsformen bisher nicht
vorliegen.
Heuglin 1. c. zieht hierher mit Fragezeichen Alauda testacea
P. Z. R. —, was wohl nicht richtig ist, da ©. brachydactyla für
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 195
Sibirien noch nieht nachgewiesen ist und man nach der Beschrei-
bung auf Anthus cervinus schliessen muss.
©. baghaira ibidem aus Indien, ist eigene Art.
Melanocorypha obsoleta C. L. Brehm Vogelf. p. 121 ist nach
der kurzen Beschreibung nicht zu bestimmen, aber wohl nicht hier-
her gehörig, vielleicht mit ©. baghaira identisch.
Phileremos moreatica v. d. Mühle No. 60, Note, gehört wahr-
scheinlich hierher, da es bisweilen vorkommt, dass einzelne dieser
Lerchen sehr in Rostfarbe übergehen. Ich besitze z. B. eine Ler-
che aus Portugal, die ganz mit Rostfarbe überzogen ist, ohne dass
dieselbe anderweitig von portugiesischen Exemplaren abweicht.
9. Oalandritis macroptera Brehm.
Heuglin C. J. 1868, p. 232. — O. O. A. p. 695. — Melano-
corypha macroptera A. Brehm C. J. 1854, p. 77. — C.L. Brehm
Vogelf. p. 121. — Calandritis Kollyi Cab. M. H. I. p. 123.
Diese Lerche ist durch A. Brehm im Innern Afrika’s aufge-
{unden und unterschieden worden. Diese Unterscheidung im Leben
hat allerdings viel Gewicht. Bälge unter allen Umständen mit
Sicherheit zu erkennen, ist allerdings sehr schwierig, zumal die
nördlichen (ägyptischen) Vögel etwas kleiner sind, als die aus
Sennaar. Die Zeichnung der Oberseite ist etwas intensiver, durch
die grössern dunklen Flecken auf der Mitte jeder Feder, als bei
©. brachydaetyla. Die Flügel sind 3° 6 — 7’ lang, während sie
bei G. brachydactyla selten mehr als 3‘ 3° messen. Die Klaue
der Hinterzehe ist jedoch an den Exemplaren aus Sennaar länger,
als bei ©. brachydactyla.
Cabanis l. c. zieht unsere Lerche zu Alauda en Temm.
Man bemühte sich einen Vogel zu finden, der zu der Beschrei-
bung passte, und so hat man den verschiedensten Lerehen diesen
Namen gegeben, der wohl am besten aus der Liste der Vögel zu
streichen ist.
Mit Fragezeichen führt Heuglin 1. ce. die Al. longipennis Eversm.
C. J. 1853, p. 283 auf, die offenbar zu einer andern Art gehört,
die jedoch wohl am besten zu der echten A. pispoletta P. passen
möchte.
C. L. Brehm führt noch eine kleine Lerche von den Sunda-
Inseln unter Melanocorypha mieroptera an, die sich nach der kur-
zen Beschreibung von den Verwandten sehr unterscheidet, die ich
jedoch nicht aus eigener Ansicht kenne und die wohl unter den
indischen Lerchen zu finden sein wird.
13*
196 E. F. v. Homeyer:
Anmerkung. Verglichen Exemplare der Heine’schen Samm-
lung und des Berliner Museums, sowie ein Exemplar meiner Samm-
lung von A. Brehm aus Sennaar.
10. Calandritis minor Cab.
Mus. Hein. I. p. 123. 1853. — Calandrella Rebaudia Loche
Cat. p. 83. 1858. — Trist., Ibis 1859, p. 58, 106 et 422. — A. v.
Homeyer C. J. 1863, p. 267. — Taylor, Ibis 1867, p. 64. — Heugl.
C. J. 1868, p. 233. — Heuglin O0. O. A. p. 696. — ©. Rebaudia
Heugl. O0. 0. A. p. 696. — Calandritis minor Heugl. 0. O.A. p. 697.
Eine sehr kleine, aber sehr gedrungene Lerche. Der Schnabel
kürzer und verhältnissmässig stärker, als bei den Verwandten. Die
Flügel anders gebaut, so dass die Cubitalfedern nicht so weit zur
Spitze neigen, der Schwanz kürzer, nur 1° 11‘ bis 2° 1° lang.
Sehr in die Augen fallend ist die Halsstrichelung, die ziemlich
dicht aus sehr scharf begrenzten dunkeln Streifen besteht. Vom
untern Schnabelwinkel jederseits eine feine, doch deutliche Linie ab-
wärts, eine im Bogen unter und eine durch das Auge. Die Öber-
seite ist der vorigen ähnlich.
Eine leicht und sicher zu erkennende Art.
Anmerkungen. Heuglin |. c. trennt davon Calandritis minor
Cab. M. H. - Nach Untersuchung der Original-Exemplare lässt
sich die Identität beider nicht bezweifeln. Ich verglich die Exem-
plare der Heine’schen und der Berliner Sammlung, sowie die von
Dr. Taczanowski in Warschau aus Algier mitgebrachten. Sie scheint
den ganzen Norden Afrika’s in angemessenen Localitäten zu be-
wohnen.
Bei dem Berliner Exemplar sind die dunklen Linien am Kopfe
nur wenig zu erkennen, da das Gefieder ein abgeriebenes ist. Sehr
deutlich sind sie bei den von Taezanowski gesammelten Winter-
vögeln. Die Identität beider aber ist unzweifelhaft.
ll. Calandrella pispoletta.
Alauda pispoletta Pallas 7. R. A. I. p. 526. — Calandritis
pispoletta Cab. M. H. I. p. 122, Anmerkung. — ? Alauda brachy-
dactyla v. Midd. R. H. I. p. 154. — Radde Reise II. p. 150. —
Phileremos pispoletta K. et B. XXXVI. Anmerkung. — Alauda
pispoletta Degl. et @. I. p. 343.
Pallas hebt in der Diagnose die weissen Spitzen der Mittel-
schwingen hervor. Radde fand l.c. seine Exemplare aus dem Nord-
westen der Mongolei ebenso. Die Exemplare von Radde messen
(nach Pariser Zollen reducirt): Ulna 3’ 6”, Tarsus 83%/,, Cauda
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 197
2 7’. Diese Maasse stimmen mit Steppen-Exemplaren der Heine’-
schen Sammlung und des Berliner Museums überein. Diese Lerche
ist ausgezeichnet durch den Gesammtcharakter ihrer weissgrauen
Färbung. Von der folgenden unterscheidet sie sich aber noch sehr
bestimmt durch den Flügelbau. Dieselbe hat nämlich weit kürzere
Cubitalfedern, wie Alauda brachydactyla und die Verwandten, und
treten dadurch die anderen Schwingen weit über dieselben hinaus.
Der Hals ist gestrichelt. Auffällig für diese Art ist noch die be-
deutende Länge des Schwanzes. In Europa scheint dieselbe noch
niemals beobachtet zu sein.
Exemplare im Berliner Museum und St. Burkhardi.
Anmerkung. Eversmann Add. ad Z. R. A. p. 16, 1855,
zieht A. pispoletta P. zu Anthus aquaticus, kennt daher‘ die echte
C. pispoletta nicht.
12. Calandritis Heinei nov. sp.
Diese sehr ausgezeichnete Art ist bisher stets mit A. pispo-
letta verwechselt worden, von der sie sich jedoch in wesentlichen
Dingen unterscheidet. Sie trägt ein dunkles Lerchengrau, mit
etwas Rostfarbe, ist am Hinterhalse und an den Brust- und Bauch-
seiten fein dunkel gestrichelt, hat weisse Kehle und weissen Bauch.
Die Mittelschwingen sind nur weisslich gesäumt. Das Weiss auf
der äussern Schwanzfeder ziemlich weit ausgedehnt und ohne jede
Spur von Rostfarbe. Der Schwanz ist viel kürzer als bei A. pispo-
letta P., bei den grössten nur 2° 3°' lang, also um etwa 4”' kür-
zer, was bei so kleinen Vögeln sehr bedeutend ist. Ob die blas-
sen Lerehen aus der Kirgisensteppe, die in den Maassen mit unse-
rer Lerche sehr übereinstimmen, sich mit denselben werden ver-
einigen lassen, muss ich dahin gestellt lassen, bezweifle es jedoch.
Mit der A. pispoletta P. ist sie jedenfalls nicht zu vereinigen.
Sie lebt nicht selten in der Wolgagegend, woher meine Exem-
plare stammen, und kommt auch in das südliche Russland und ver-
muthlich in das westliche Asien. Ulna 3° 6°“, Cauda 23‘, Tar-
sus 81,9", —
lch benenne diese Lerche zu Ehren meines lieben Freundes,
des Herrn Oberamtmann Heine zu St. Burkhard, der sich um die
Ornithologie und die Ornithologen so grosses Verdienst er-
worben hat.
Anmerkung. Zu dieser Gruppe werden noch gezählt:
Calandritis cinerea Cab. M. H. Heuglin O. O, A. p. 695,
die ich nieht als hierher gehörig rechnen kann.
198 E. F. v. Homeyer:
Calandritis Andersoni Heuglin 1. c. p. 699, die wohl
ebenfalls nicht hierher gehören dürfte und auch von Tristram (Ibis
1869, p. 434) zu Megalophonus gerechnet wird.
Schon die Zeichnung und dann der Flügelbau trennen die
beiden Lerchen von Calandritis.
GEN. AMMOMANES Cab.
Sandlerche.
13. Ammomanes pallida Cab. M. H. IL p. 125.
Alauda pallida (Ehrenb.) Lichtenst. M. B. — Alauda elegans
Brehm Vogelf. p. 122. — ? Alauda deserti Brehm C. J. 1854, p.
77. — Alauda pallida Heuglin C.J. 1868, p. 224. — Leith Adanıs
C. J. 1864, p. 450. — Tristram, Ibis 1859, p. 423. — A. arenico-
lor Sund. Oefvers. 1350, p. 128. — Ammomanes einetura Heuglin
0. ©. A. p. 685, nec Gould. — Annomanes Regulus Bp. 1857. Rev.
et Mag. de Z. 283. — Annomanes elegans Loche Cat. p. 83. —
Annomanes regulus Loche Cat. p. 83.— A. v. Homeyer 0. J. 1863, p. 267.
Ulna 3’ 4" bis 3° 5", Cauda, 1 9 bis 21‘, Pollex
61’, Rostrum a naribus 3 bis 4”. Erste Schwinge nur 1 bis 2’
länger als die Handfedern.
Artkennzeichen: Schwanz stark ausgeschnitten, fast gabelig.
Spitzen der Schwung- und Steuerfedern braunschwarz, scharf ab-
gesetzt. Brust ungefleckt. Schwanz unter ?/; der Ulna.
Diese Art ist unter mancherlei Namen von verschiedenen
Schriftstellern aufgeführt, was theilweise wohl darin seinen Grund
hat, dass die Lerchen dieser Gruppe sehr in der Grösse und in den
bald mehr grauen, bald mehr rostrothen Charakter der Färbung
variiren.
Ich schalte hier noch nachfolgende Art ein, indem mir durch
die Güte des Herrn Dr. H. Dohrn zu Stettin zwei Original-Exem-
plare von seiner Reise zukommen, die sich in vielen Dingen von 4.
pallida, unterscheiden.
Ammomanes cinetura Gould.
Voy. Beagl. B. p. 87. 1841. — H. Dohrn C. J. 1871, p. 5.
Artkennzeichen: Schwanz stark ausgeschnitten, fast ga-
belig. Spitzen der Steuerfedern schwarz, scharf abgesetzt. Brust
gefleckt. Schwanz ?/; der Schwingenlänge.
Ulna Cauda Tarsus. L.M. Pollex Rostrum.a naribus
ee) yıyyım yu ge 5, Hu 31,
&1” gu 91], 6 6 zen
Unterseiten lebhaft rostrotb auf erdbraunem Grunde, was
‚Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 199
dem Colorit ein weit düstereres Ansehen giebt, als bei A. pallida,
indem die dunkle Grundfärbung auf dem Kopfe, dem Rücken, den
Flügeldeckfedern und den hintern Schwingen hervortritt und da-
durch dem Vogel ein bräunliches Ansehen giebt, ganz verschieden
von dem der andern Wüstenlerchen, deren Färbung zwar in rost-
grau und rostroth abändert, jedoch nie diese dunkle Färbung zeigt.
Die obern Schwanzdeckfedern und die Steuerfedern sind lebhaft rost-
roth, die Spitzen schwarz, ähnlich wie bei A. pallida, jedoch die
Flügelspitzen nur wenig und nicht scharf abgesetzt schwarz. Kinn,
Kehle, Bauch und äussere Schwanzdeckfedern weiss, nur wenig
rostroth angeflogen, die Brust graulich roströthlich, mit kleinen
verwaschenen erdgrauen Schaftstrichen, welche derselben ein ge-
tlecktes Ansehen geben. Schwingenverhältniss wie bei A. pallida.
Bei aller Uebereinstimmung in manchen Dingen doch von A.
pallida gut unterschieden.
Auf der Insel Santiago. (Capverdische Inseln.)
Anmerkungen. Heuglin C. J. 1868, p. 225, führt einen
jungen Vogel aus dem Leydener Museum auf, der wohl hierher
gehören und vielleicht von Keulemans (dem Präparator des Dr.
H. Dohrn auf seiner westafrikanischen Reise) mitgebracht sein
könnte. Ob: dies wirklich ein junger Vogel ist, erscheint mir übri-
gens noch zweifelhaft.
Heuglin ©. O. A. p. 685 vereinigt unter A. cinetura auch 4.
pallida, während er A. fratercula davon trennt. Dies ist gewiss
ein Irrthum, denn erstere beiden sind bestimmt verschieden.
Ammomanmes fraterculus Trist. soll einen 2‘ 6!/,‘ langen Schwanz
haben. Das scheint uns ein Irrthum in der Beschreibung zu sein.
Wahrscheinlich gehört er zu A. isabellina.
Ammomanes regulus Trist. 1. ec. weicht nicht von A. pallida ab.
Die Maasse sind dieselben, wie wir sie bei kleinen A. pallida fan-
den, die sich ausser +etwas geringerer Grösse in nichts unter-
schieden.
14. Ammomanes deserti Uab.
C.M. H. I p. 123. — Alauda desertiw Licht. Doubl. p. 28. —
A. isabellina Temm. — 4. lusitanica Degl. et Gerbe (nec Gm.). —
Mirafra deserti Gray. — Alauda (Calandrella) deserti Bp. C. I. p.
244. — Ammomanes lusitanica Jerd. — Alauda isabellina Rüppell. —
A. v. Homeyer C. J. 1868, p. 267. — Brehm, Habesch, p. 345. —
v. d. Mühle, Griechenl. No. 61. — 4. /usitanica, Wright Malta p.
200 E. F. v. Homeyer:
21. — Annomanes isabellina Loche C. p. 33. — Ammomanes deserti
Heuglin O. ©. A. p. 684. — C. J. 1868, p. 226.
Diese Art zeigt fast noch grössere Veränderlichkeit, als die
vorige, und ist weiter verbreitet. Sie ist es, die an einigen süd-
lichen Punkten Europa’s — immerhin selten — auftritt und sich
auch wohl weiter östlich in Asien ausbreitet.
Anmerkung. Es ist bei manchen Schriftstellern Gebrauch,
alte Namen, deren Deutung auch mit nur einiger Sicherheit unmög-
lich ist, wieder hervor zu suchen. So haben Degland und Gerbe
l. ec. die Gmelin’sche Alauda lusitanica erwählt, um diese Art da-
nach zu benennen. Nach der Gmelin’schen Beschreibung lässt
sich, wie gewöhnlich, nicht die Art bestimmen, und der Name kann
noch weniger dazu führen, da, wenn in Portugal vorkommend, un-
sere Lerche jedenfalls zu den grössten Seltenheiten gehört. Ver-
schiedene Lerchen ändern individuell in Rostfarbe ab, namentlich
ist dies bei Calandritis brachydactyla der Fall, auch könnte man
eine blosse Ausartung annehmen.
GEN. CHORYS Brehm.
15. Chorys arborea (Linn.) Brehm.
Alauda arborea L. — 4A. nemorosa Gm. — A. ceristatella Lath.
(nee Mus. Lugd.). — A. anthirostris Landb. — Galerita arborea
Boje. — Chorys arborea Brehm Thierleben, III. p. 269. — Heug-
in O0. ©. A. p. 683. — Brehm Vogelf. p. 124.
Die Baumlerche unterscheidet sich in so wesentlichen Dingen
von den Haubenlerchen, dass sie generisch nicht damit vereinigt
werden kann, sondern eine eigene Gattung nach dem Vorgange
von A. Brehm 1. e. bilden muss. Sie ist lange nicht so veränder-
lich in Form und Farbe, .als manche ihrer Gattungsverwandten, doch
unterscheiden sich die Baumlerchen der Gebirge nicht unwesentlich.
Landbeck unterschied dieselben als A. anthirostris, die einen feinen
Schnabel hat, doch genügen die Unterschiede nicht zur Aufstellung
einer eigenen Art.
GEN. GALERITA Boje.
(Galerida Boje. — Lullhula Kaup. — Calendula Sws. — Erana
Gray. — Heterops Hodgs.).
16. Galerita Teklae Brehm.
Naum. 1858, p. 210. — A. v. Homeyer C. J. 1862, p. 267. —
E. v. Homeyer Erinnerungsschrift.
Der ‚Schnabel fast gerade und in seiner Form ein etwas star-
ker Baumlerchenschnabel. Erste Schwinge so lang, oder 1—2Li-
Ueber einige Gruppen der Lerchen ( Alaudidae). 201
nien länger, als die Handfedern; 5, 4,5,2,6, bisweilen die drei er-
sten gleich lang. Ulna 3° 5" bis 3 9 Jang, Cauda 2° bis 2
3, Tarsus 11‘, Rostrum a naribus 5’, a mento 4 bis 41‘, Di-
gitus medius (sine ungue) 6°, Pollex cum ungue 8 — 10’ lang.
Die ganze Länge, die sich an Bälgen nicht so genau messen
lässt, ist etwa 1‘ kürzer, als bei Galerita eristata.
Die Färbung der Füsse ist eine ganz andere, wie bei der
Haubenlerche, ganz ohne Bleigrau, fleischbraun. Der Charakter der
Färbung ist der Baumlerche ähnlicher, wie irgend einer Hauben-
lerche, mit alleiniger Ausnahme der folgenden. Die Oberseite trägt
ein sehr tiefes Schwarzbraun, mit sehr schmalen rostgelblichen
und roströthlichen Rändern, die dem ganzen Oolorit ein fast ein-
töniges dunkles Ansehen geben, mit Ausnahme des Hinterhalses,
_ der breitere Federränder hat. Die Unterseite ist rostgelblichweiss,
an den Unterschwanzdecken roströthlich, mit vielen, scharf be-
srenzten, ziemlich grossen braunschwarzen Längsstreifen auf der
Brust; die untern Flügeldecken aschgrau. Die Steuerfedern, mit
Ausnahme der beiden mittlern, welche die Rückenfärbung tragen,
sind fast tief sammetschwarz, mit nur leiser bräunlicher Beimischung,
die erste fast ganz, die zweite an der Aussenfahne und der Spitze
sehr lebhaft rostroth.
Diese ausgezeichnete Lerche scheint noch wenig bekannt zu
sein, obgleich sie in ihrem Vaterlande, dem südlichen Italien, sehr
gewöhnlich ist. Es war mir vergönnt, ÖOriginal-Exemplare von
Brehm (Heine’s Sammlung) mit dergleichen von A. v. Homeyer zu
vergleichen, auch erhielt ich mehrere ganz übereinstimmende Exem-
plare aus Portugal. Ich kann daher eonstatiren, dass Brehm und
A. v. Homeyer denselben Vogel beobachteten. @. Teklae weicht
darin ganz von Galerida eristata ab, dass sie die Wege meidet (A.
v. Homeyer, A. Brehm) und bebuschte Berge liebt, auf denen sie
bis 5000 Fuss Meereshöhe aufsteigt (A. Brehm in litteris). Das
Vorstehende wird jedem Kenner genügen, um gänzlich unbegrün-
dete Zweifel an die Selbständigkeit dieser Art nicht aufkommen zu
lassen, auch wird es wohl nicht so schwierig sein, sich Exemplare
zu verschaffen.
Anmerkung. Ich war lange zweifelhaft, ob es nicht ange-
messen wäre, diese Lerche zu einem besondern Genus zu rech-
nen und bin auch noch überzeugt, dass dies einmal geschehen wird,
indessen hat es damit um so weniger Eile, als die Art noch sehr
wenig gekannt zu sein scheint. Die wesentlichste Unterscheidung
202 E. F. v. Homeyer:
ist der Bau des ganzen Gefieders, der Füsse und des Schnabels.
Das Gefieder hat durchaus keine Aehnlichkeit mit den so ausser-
ordentlich lockern Federn der Haubenlerchen, sondern ist fest und
(dicht wie bei Chorys. Schnabel und Füsse haben gleichfalls nichts
von den Haubenlerchen, sondern ähneln den echten Lerchen.
17. Galerita abyssinica Rüppel.
Im Berliner Museum No. 14,880.
Alauda = Gealerita cristata. Auct. x
Schnabel sehr stark, an der Wurzel dick, sehr zugespitzt,
wenig gebogen, vom Nasenloch 6° lang. Füsse sehr stark, 11!/,‘
hoch; Ulna 3° 7’; Cauda 2 2.
Die Färbung der Oberseite ist sehr dunkel, fast schwarzbraun,
fast noch dunkler als bei @. Teklae. Die Unterseite rostgelblich-
weiss, mit jederseits zwei sehr deutlichen Bartstreifen. Die erste
Steuerfeder an der Innenfahne wenig lichter, als die übrigen (ohne
alle Rostfarbe und Weiss), nur die Aussenfahne ist hell, ein Ge-
misch von dunkelbraun und rostweiss.
Erste Schwinge 2”' kürzer als die Handfedern, 3., 4., 5. fast
gleich, 2. grösser als 6.
In Färbung der @. Teklae fast gleich, doch der @. eristata in
der Gestalt und der Struktur des Gefieders weit näher. Der Schna-
bel und die Füsse sind im Verhältniss der Grösse ausserordentlich
stark. Ersterer an der Wurzel so stark, wie kaum bei einer andern
Haubenlerche und sehr zugespitzt. Der ganze Schnabel ist dabei
sanft und gleichmässig gebogen und ist somit von allen andern
Haubeulerchen verschieden.
Dieser Lerche gehört der von Bp. einer sandgelben Lerche
gegebene Name @. abyssinica, denn sie ist die eigentliche abyssini-
sche Lerche und geht nach Heuglin — C. J. 1868, p. 224, — bis
10,000 Fuss und höher in die Berge.
Anmerkung. Es lässt sich zwar nicht mit voller. Gewiss-
heit erweisen, dass Rüppell diese Lerche unter seiner 4. abyssinica
verstanden hat, indessen wagte ich nicht einen neuen Namen zu
schaffen, um die Zahl derselben nicht unnöthig zu vermehren.
18. Galerita myecerocristata.
Museum Heineanun.
Erste Schwinge 1’ länger als die Handfedern, 3.,4.,5.,2.,06.
Selınabel von den Nasenlöchern 6, vom Kinn 4°/,“', vom Mund-
winkel 9 zur Spitze (bei @. Teklae 7.) —
Ulna 335’, Cauda 2°, Tarsus 10‘, Mittelzehe 8‘ (mit Nagel).
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 203
Diese Lerche hat eine oberflächliche Aehnlichkeit mit @. Teklae.
Sie ist in manchen Dimensionen sogar noch kleiner, doch hat sie
den echten derben Typus der Haubenlerchen, während @. Teklae in
ihren zarten Formen der Haidelerche sehr ähnlich ist. Der Schna-
bel ist ein in der Mitte abwärts gebogener Haubenlerchen-Schnabel
und die Füsse tragen gleichfalls diesen Charakter.
Die Färbung ist dunkel, ähnlich der @. Teklae und der vori-
gen, doeh ist die Unterseite schmutzig rostgrau. Sie hat eine sehr
kleine Haube.
Sie bewohnt, wie die vorige, Abessinien.
Trotz aller Farbenähnlichkeit ist sie in der Gestalt von der
vorigen gänzlich verschieden.
Anmerkung. Heine hatte diese Lerche unter der obigen
"Bezeichnung (wie ich glaube von Verreaux) erhalten. Mir ist die
Quelle nicht bekannt, auf welche sich der Name gründet.
19. Galerida ceristata.
Alauda eristata Linn. — A. galerita P. Z. R. A. I. p. 525. —
Galerida eristata Boje Isis 1828, p. 321. — ZLulula cristata Kaup.
N. S. p. 92. — Heterops cristatus Hodgs. — Galerida cristata Cab.
M. H. I. p. 125. — Bp. Csp. I. p. 245. — A. v. Homeyer Cab. J.
1863, p. 268. — Heuglin, C. J. 1862, p. 304. — 1868, p. 225
(partim). — -Heuglin 0. O. A. p. 680 (partim). — Brehm Vogelf.
p- 123. — Alauda undata Gm. S. N. p. 797. — Galerida undata
Boje Isis 1823, p. 321. — Brehm V. D. p. 316.
Die Subspeeies C. L. Brehm’s findet man am vouständigsten:
Naumannia 1858, p. 206, wo 15 Unterarten mit den von Schlegel
beliebten drei Namen aufgeführt werden.
Nach Untersuchung einer grossen Anzahl von Haubenlerchen
in verschiedenen Sammlungen und gestützt auf das eigene reiche
Material, ist es mir doch schwierig, eine sichere Diagnose festzu-
stellen. — Der Charakter der Färbung und die Zeichnung ändern
in gewissen Grenzen ab. Die Reihenfolge der Schwingen ist gleich-
falls nicht constant. Gewöhnlich ist sie 3., 4., 5., 2., 6. Die 6. ist
regelmässig 5— 6 länger als die 7. Die 1. Schwinge ist kurz
und. 1—2'' länger als die Handfedern. Schnabel und Füsse derb,
meistens lang gestreckt und von der Mitte an etwas abwärts gebogen.
Die Färbung ändert mehr oder weniger in Grau oder in Rost-
gelb ab, ohne dass eine dieser Farben in Schwarzbraun oder Sand-
farbe übergehen sollte. Die Grösse ist wenig veränderlich. Ulna
etwas unter 4”; Cauda 2° 4—5’"; Tarsus 11-12“; Mittelzehe
204 E. F. v. Homeyer:
ohne Nagel fast stets 7’, während die weit kleinere @. myeroeri-
stata eine 8° lange Mittelzehe hat. Die erste Schwinge ist, wie
bei vielen Vögeln, ganz besonders constant.
Es sind Exemplare verglichen von der Wolga, Russland, Grie-
chenland, Italien, verschiedenen Gegenden Deutschlands, aus Frank-
reich, Spanien, Portugal, Algier, Aegypten, Syrien, Klein-Asien
Arabien.
Die griechischen und portugiesischen zeigen am meisten Rost-
farbe, die von der Wolga das meiste Graue. Diese Menge Hau-
benlerchen, von denen meine Sammlung einen grossen Theil auf-
bewahrt, zeigen keine Abänderungen, welche so bedeutend wären,
dass man auch nur versucht sein könnte, darauf Arten zu be-
gründen. ’
Die wesentlichste Abänderung ist eine Haubenlerche aus Algier
von Dr. Taczanowski gesammelt, die etwas kleiner wie die euro-
päischen Haubenlerchen ist und deren erste Schwinge die Deckiedern
erreicht. Besonders auffallend ist die Hals- und Brustzeichnung,
die aus vielen intensiven braunschwarzen Flecken besteht. Die Haupt-
färbung ist sehr dunkel und nur wenig in’s Rostfarbene ziehend.
Andere Haubenlerchen aus Algier. sind den europäischen sehr
ähnlich.
Die Abänderungen innerhalb der Art sind immerhin so be-
deutend, dass man meistentheils das Vaterland des Vogels erken-
nen kann.
Die Alauda undata, welche seit Gmelin’s Zeiten bei verschiede-
nen Schriftstellern erschien, ist fast in der Regel ein junger Vogel.
Gmelin, Vieillot und Consorten scheinen überhaupt nur geschrieben
‚zu haben, um Räthsel aufzustellen. Es ist gewiss zweckdienlich,
dergleichen Schriftsteller so wenig wie möglich zu beachten.
20. Galerida flava C. L. Brehm und A. Brehm. *
Cab. J. 1854, p. 77? — Naum. 1858, p. 209. — Heuglin ©.
0. A. p. 682.
*Anmerkung. Die hellen Lerchen sind bisher sehr durch-
einander gewürfelt. Die bezeichnenden Namen: flava, lutea, isabel-
lina ete. sind in so verschiedenem Sinne gebraucht, dass es kaum
möglich ist, dieselben zu sondern. C. L. Brehm ist darin selbst
nicht immer ganz consequent geblieben, doch scheint es mir ange-
messen, die Namen zu erhalten. Die folgenden beiden Arten un-
terscheiden sieh sehr bestimmt.
1.74 3; Ulna 3° 11“; Tarsı 11° ;. Pollex'9'; Ungusi4; 49;
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 205
"eända 42, 34%: “Rostrum:a narihus: 74a Iimentos51/,/% Altı-
tudo 3°.
| Die Haube besteht aus wenigen sehr langen, dunklen, hell ge-
säumten, fast gleichen Federn und giebt dem Vogel ein eigen-
thümliches Ansehen. Der Schwanz ist sehr lang.*) — Erste
Schwinge länger, als die Handfedern, 3., 4., 5., 2., 6. Der Schna-
bel ist etwas gebogen und ohngefähr von der Form der @. cristata.
. Die Farbe der Oberseite ist ein lichtes, lebhaftes Wüstengelb
mit sehr wenig bemerkbarer dunkler Federmitte auf dem Kopfe.
Die Unterseite ist wenig lichter, mit grossen dunklen Flecken auf
Unterhals und Brust. Die Schwanzfedern sind rostlieh dunkel-
braun. Die 2./1. ganz, die 2./2. an der Aussenfahne bräunlich rost-
gelb, die 6./6. von der Rückenfärbung, nur wenig dunkler; Füsse
und Schnabel licht.
Diese ausgezeichnete Lerche ist in den Sammlungen sehr sel-
ten. — Das Exemplar der Heine’schen Sammlung trägt die Be-
zeichnung Galerida flava von C. L. Brehm’s eigener Hand.
Brehm führt Vögelf. p. 124 eine @. /utea auf und fügt hinzu:
noch gelber und kleiner ist @. fava Alf. Brehm.
Bp. C. I. p. 245 führt eine helle Galerida als @. abyssinica
auf, dann kommt @. isabellina, von der er sagt: Similis praeceden-
ti, sed minor; cristae plumis valde elongatis. Bonaparte’s lang-
sehäubte Lerche ist also die kleinere, was mit unseren Unter-
suchungen durchaus nicht stimmt.
21. G@alerida isabellina Loche.
Galerida isabellina Loche (nec Bp.) Ct. p.85. — A. v. Homeyer
C. J. 1863, p. 268. — Taczanowski C. J. 1870, p. 43. — Galerida
abyssinica Verreaux in litieris. — Galerida isabellina Leith Adams
C. J. 1864, p. 450. — @. isabellina Trist. Ibis 1859, p. 425 u. 431.
Die Haube ist sehr kurz und spitz.
Die 1. Schwinge länger, als die Handfedern, 3., 4, 5., 2., 6.
Die Färbung ist der vorigen ähnlich, doch haben die Rücken-
tedern eine etwas dunklere Mitte und die Kopffedern sind oft sehr
dunkel, namentlich bei den Lerchen aus Nordostafrika, weniger bei
denen aus Algier. Die Zeichnung ist der. vorigen ähnlich. Sie
ändern in der mehr oder minder dunklen Zeichnung des Oberkör-
pers ab. Bei den abyssinischen ist die Unterseite der Flügel rost-
gelb, bei den algierischen weissgrau, fast ohne Rostfarbe. Schnabel,
Nagel der Hinterzehe, sowie das Schwingenverhältniss ändern
*) Von allen Haubenlerchen am längsten.
206 E. F. v. Homeyer:
gleichfalls ab, doch die eigenthümlich kurze Haube
bleibt.
Ost-Afrika: L. 6“ 13» Ulnai 3" 8:10,02 Bu Wi nIETare:
10°; Pollex 8° (eum ungue); Rostr. a narb. 6°; Altitudo 3,
Algier: Uina 8 6%; Qaud. 26; 7. 10 Poller aa:
Rostrum 6".
Es ist sehr möglich, dass es ausser den hier aufgeführten
beiden hellen Lerchen noch eine dritte Art giebt, doch lässt sich
eine bestimmte Ansicht darüber nicht aussprechen, da ausser der
Beschreibung von Fiusch in Heuglin’s ©. OÖ. A. 1. c. die Beschrei-
bungen gar viel zu wünschen übrig lassen. Die hier beschriebenen
beiden Lerchen von heller sandgelber Färbung unterscheiden sich
sehr bestimmt, schon allein durch die Haube, welche jede Art sehr
eigenthümlich trägt, durch die Grösse und durch die erste Schwinge.
22. Galerida arenicola Tristr.
Ibis 1859, p. 426.
Ziemlich dunkles Grau, nur schwach rostgelblich angeflogen,
mit fast rein weisser, nur leicht roströthlich angeflogener Unter-
seite, mit schwarzbraunen, scharfen Brust- und Halsflecken, sehr
rostfarbener Schwanzzeichnung, die auch die Spitzen der tief
sehwarzen 3./3., 4./4., 5./5. Steuerfedern in sehr deutlichem End-
saume einnimmt.
Der Schnabel ist in seiner ganzen Form und Grösse viel we-
niger Haubenlerchen-Schnabel, als ein ausserordentlich starker Feld-
lerehen-Schnabel, der, bis auf die ein wenig gebogene Spitze
(durchaus gerade ist. Um das Auge rings ein weisser Kreis.
Erste Sechwinge 1'/,‘‘ länger, als die Handfedern, 4., 3, 2., 5.
Tristram 1. e. giebt die Maasse folgendermassen an: Long. tot.
6’ 6"; ala 4’ 1°; Cauda 2” 4; rostr. a rietu 0,9; tars. 0,9%.
Derselbe fand sie in der algierischen Sahara ; auch in der Tunesi-
schen Wüste.
Die Maasse stimmen mit von Taczanowski in Algier gesam-
melten Exemplaren überein.
23. Galerida Randonii Loche.
Ibis 1860, p. 298. — Loche Cat. p. 85. — Galerida macro-
rhyncha Tristram Ibis 1859, p. 57. — Drake Ibis 1869, p. 153.
Es ist eine sehr kräftige Lerche, die sich durch ihre eigen-
thümliche Haube auszeichnet. Dieselbe besteht aus sehr vielen
Federn, die sich bis auf den Vorderkopf ausdehnen. Sie sind lang,
schmal, von dunkler Färbung, mit hellen Säumen. — Das Colorit
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 207
der Oberseite ist ein rostgraubräunliches Sandgelb, dunkler in der
Mitte, lichter am Rande jeder Feder. — Die hellere Zeichnung an
den beiden äussersten Steuerfedern im Sommer weiss, im Winter
rostroth.
Die Unterseite ist sehr hell, fast weiss, nur an Jen Seiten
und über der Brust leicht rostgrau, mit rostgraubraunen Schaft-
flecken am Unterhalse und der Oberbrust.
Der starke Schnabel ist sehr gekrümmt.
Wenn auch der von Tristram gegebene Name um ein Jahr
älter ist, als der von Loche, so dürfte der letztere doch vorzuziehen
sein, indem Loche’s Beobachtung viel älter ist und Tristram nur
eine etwas raschere Veröffentlichung erreicht hat. Vergl. Ibis 1860,
p. 298. — j
Exemplare von Taczanowski und Heine’s Sammlung.
Anmerkung. Drake ]l. e. fand diese Lerche in den Hoch-
ebenen Marocco’s dunkler und mehr rostfarben, als die algierischen.
GFalerida Duponti.
Roux Ornth. p. I. p. 285. T. 186. — Temm. M. Ill. p. 197. —
Oerthilauda Dupont Bp. C. p. 246. — Loche Cat. p. 35. —
Tristram Ibis 1859, p. 427.
Der Gestalt nach eine robuste Haubenlerche, ohne Haube. —
Der Schnabel ist ziemlich abgerundet, lang gestreckt, hinter (der
Mitte stark gebogen, ziemlich schlank und spitzig. Der Schwanz
ist stets gabelig. Die erste Schwinge 3 kürzer, als die
Handfedern (am kleinsten von alien Haubenlerchen); 4. Schwinge
wenig grösser als 3., diese wenig grösser als 2., 5. viel grösser
als 6.
Der Rücken sieht bunt gescheckt aus, indem die schwarz-
braune Färbung durch rostgelbe und rostgraue Federränder unter-
brochen wird, Ueber das Auge ein rostweisser Streif zum Hinter-
kopf. Die Unterseite ist rostweiss, roströthlich an der Unterbrust
und rostgrau an den Seiten. Brust und Hals mit vielen, scharf
markirten, in der Nähe des Kinns sehr feinen schwarzbraunen
Schaftstriehen. Unterseite der Schwingen rostlich-weissgrau. Der
Schwanz ist braunschwarz, an den Seitenfedern weiss gezeichnet
an Stelle der Rostfarbe der Haubenlerchen.
Grenze der Sahara. — Exemplar Heine’s Sammlung.
Diese Art dürfte den Typus einer eigenen Gattung bilden, da
sie weder zu Galerida ganz passt, noch eine Certhllauda ist, wohin
sie Bonaparte und Andere gestellt.
208 E. F. v. Homeyer:
Für eine künftige Arbeit bleiben noch die Gattungen:
Chersomanes. | Alaemon.
Megalophonus. | Coraphites.
(reocaraphus. |
Von den behandelten Gruppen fehlen noch einzelne Arten aus
dem östlichen Asien und dem Innern Afrika’s, die hoffentlich in
nieht zu langer Frist gegeben werden können.
Anmerkungen:
(ralerita modesta Heuglin.
C. J. 1864, p. 274. und 1868, p. 229. ist als zur Gattung
Geocoraphus gehörig erkannt. Vergl. O. O. A. 691.
Calandrella ferruginea Brehm.
Naum. 1856, p. 375 ist = Geocoraphus cordofanicus Strick.
— Vergl. Heuglin O. ©. A. p. 657. — Ebenso Melanocorypha fer-
ruginea Brehm C. J. 1857, p. 82. und Galerida rutila v. Müll. Beit.
18
Alauda elegantissima Heugl.
Cab. J. 1868, p. 228 ist = Geocoraphus elegantissimus Heugl.
O0. O0. A. p. 69%.
Galerita brachyura Tristram.
Ibis 1866, p. 288. — P. Z. S. 1364, p. 435, aus dem mittlern
Jordan-Thale, ist mir durch Selbstanschauung nicht bekannt.
Alauda leantungensis Swinhoe.
Ibis 1861, p. 256, wird mit Alauda mongolica verglichen.
Alauda gulgula = A. coelivox Swh.
Wohl mit 4A. arvensis identisch. Blyth Ibis 1867, p. 48.
Alauda triborhyncha Jerdon.
Unterscheidet sich durch die erste Schwinge. Blyth Ibis 1867,
p. 47. (Sharpe und Dresser ziehen sie zu Alauda arvensis.)
Ammomanes phoenicura Beavon.
Ibis 1368, p. 179. Hat einen sehr langen starken Schnabel.
L. 63/,; U. 44"; C. 21/5”; T. %5”. (Die Maasse scheinen aller-
dings sehr von Ammomanes pallida und deseri abzuweichen.)
Oalandra brachydactyla Beavon.
Isis 1868, p. 179. — L. 63,5; U. 41; 0. 21,4, 72948,
Weicht in den Maassen, namentlich des Flügels, ganz ausserordent-
lich ab, jedoch lassen eben diese Abweichungen vermuthen, dass
wir es hier mit einer Art zu thun haben, die zu einer andern
Gruppe gehört.
Ueber einige Gruppen der Lerchen (Alaudidae). 209
Spizalauda deva Beavon.
Ibis 1868, p. 179. — (Kleine Haubenlerche.) L. 64,'; U.
rat, D.. AU:
Galerida eristata Beavon.
111341868, pP: 17H! HE USE AU BT;
Hinterzehe mit Nagel 1. — (ee Eee) Dass diese
beiden Lerchen nicht zu vereinigen sind, ist wohl leicht ersicht-
lich, weniger welcher der nordafrikanischen sie sich annähern.
Letztere überragt die grössten europäischen Haubenlerchen so be-
deutend, dass man wohl nicht daran denken darf, sie damit zu
vereinigen.
Calandrella hermonensis Tristram.
Ibis 1866, p. 286. — Brütet drei Wochen später, als C. bra-
ohydactyla, und unterscheidet sich durch bedeutendere Grösse,
längeren und schlankeren Schnabel, rostrothe Färbung und Ent-
schiedenheit des schwärzlichen Halsfleckes. Lebt in der höhern
Bergregion. —
Galerida Boysi Blyth.
Ibis 1867, p. 48. — Hält dieselbe für verschieden von @. eri-
stata. Ulna 3%/,° — (Könnte vielleicht zu Spizalauda deva ge-
hören.)
Melanocorypha mazima Gould.
Blyth Ibis 1867, p. 46. — Aus Afganistan, scheint kaum eigene
Art zu sein, da die Grösse bei den Kalanderlerchen, wie oben ge-
zeigt, sehr wandelbar ist. —
Es sind das noch so manche zu lösende Räthsel, auf die, ohne
Ansicht eines Original-Exemplars, eine Meinung abzugeben mir be-
denklich erscheint.
Im Vorstehenden gab ich Beiträge und hoffe dieselben mit
der Zeit vervollständigen zu können.
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika.
Von
Dr. Anton Reichenow und Dr. Wilh, Lühder.
(Siehe Journ. 1872, S. 390 ff.)
1.
Accra, im October 1872.
An den Secretär der ornithol. Gesellschaft.
Sie erhalten hiermit einen kurzen Bericht unserer ornitholo-
gischen Thätigkeit an der Goldküstee Wenn wir auch nicht von
Oab. Journ. f. Oruith, XXI. Jahrg. No. 123. Mai 1878, 14
210 Dr. A.Reichenow und Dr. W. Lühder:
glänzenden Erfolgen sprechen können, so werden doch manche der
Beobachtungen, welche wir Ihnen zwar nur im dürftigen Auszuge,
wie es die beschränkte Zeit zulässt, mittheilen , von Interesse und
der Veröffentlichung werth sein.
Die Resultate unseres zweimonatlichen Aufenthaltes an der
Goldküste haben in ornithologischer Hinsicht den Erwartungen
leider nicht vollständig entsprochen. Wir hatten das Missgeschick,
noch in die Regenzeit, welehe eigentlich schon längst vorüber sein
sollte, hineinzukommen und diese ohne Unterbrechung in die zweite
Regenzeit, die auch nur ausnahmsweise gegen Ende Septembers
einsetzt, übergehen zu sehen. Hierdurch wurde uns die zoologische
Ausnutzung der kurzen für die Goldküste bestimmten Zeit, welche
theilweise auch noch dem Einleben in die afrikanischen Verhält-
nisse gewidmet werden musste, sehr erschwert. Besonders machte
uns in Aburi, einem Orte in den Bergen von Aguapim, wo wir vor-
zugsweise auf gute Ausbeute gehofft hatten, der tägliche Regen das
Sammeln und Beobachten in der dichten, ohnehin die grössten
Schwierigkeiten für die Jagd bereitenden Waldung geradezu zur
‚Unmöglichkeit und zwang uns bald, diese Station zu verlassen und
uns in der weniger vom Regen heimgesuchten Ebene (wir wählten
Abokobi, am Fusse der Berge) einzurichten, obwohl der Wechsel
des Sammelortes immer, und in diesem Falle besonders fühlbar,
mit Zeitverlust verbunden ist. Gesammelt wurde demnach an der
Küste bei Accra, bei Abokobi, c. 2!), Meile in’s Innere gelegen,
und in den Bergen bei Aburi, c. 5 Meilen nördlich von Accra in
Aguapim.
Die Umgegend von Accra ist dürre, mit Gras bewachsene
Ebene, unterbrochen durch zerstreut stehendes niederes Gebüsch,
Dornengesträuch, Cactus, baumartige Euphorbien und thurmförmige
Termitenhügel. Im Nordwesten der Stadt bietet eine grosse La-
gune, deren Ufer theilweise von Binsen bestanden sind, vielen Ar-
ten Sumpf- und Schwimmvögeln geeigneten Aufenthalt und zu-
sagende Brutplätze. Entfernt man sich von der Küste, so nimmt
die Gegend ein bedeutend üppigeres Gepräge an: das niedere Ge-
büsch macht mehr und mehr höheren Sträuchern und Bäumen Platz,
welche die mit schilfartigem, oft mehr als mannshohem Grase be-
wachsene Fläche hin und wieder bedecken und der Landschaft den
Charakter verwilderter Parkanlagen verleihen; mehrfach bieten
Yams- und Maisplantagen dem Ornithologen ergiebige Sammel-
plätze. Derartiges Terrain fanden wir bei unserer zweiten Station,
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. s1i
Abokobi. In den Bergen endlich trifft man eine ununterbrochen
dichte Waldung — ununterbrochen, denn auch die häufigen Oel-
palmen, Pisangs und Akyakya-Plantagen bieten den Charakter des
Urwaldes, indem dichter Unterwuchs, verbunden mit dem unend-
lichen Gewirr der Schlingpflauzen, dem Eindringling ein gebiete-
risches Halt zuruft. Wir konnten in dieser Waldung fast nur die
schmalen Pfade als Jagdterrain benutzen.
° Auf diesen drei Stationen haben wir nun gegen 100 Vogelar-
ten mit Sicherheit beobachtet, wovon wir einige 80 mit unseren
mangelhaften Hülfsmitteln bestimmen konnten und wofür wir den
Beleg in c. 150 Bälgen heimschicken. Es ist Letzteres für zwei
Mann, die c. 5 Wochen lang (so viel Zeit können wir wohl dem
ausschliesslichen Sammeln zurechnen) täglich auf der Jagd sind,
eine sehr kleine Collection und zeugt von der Ungunst der Ver-
hältnisse; denn das Zeugniss können wir uns geben, dass wir ge-
arbeitet, so viel es überhaupt möglich war. Es kommt auch noch
hinzu, dass wir die sehr zeitraubende Präparation der Bälge eben-
falls selbst zu übernehmen hatten und dass die Berücksichtigung
der übrigen zoologischen Fächer natürlich dem ornithologischen
parallel ging.
Wir lassen die bestimmten Arten folgen und knüpfen daran
die bezüglichen Beobachtungen. Manche interessante Notiz über
einige noch nicht sicher bestimmte Species behalten wir uns für
später vor.
Rhynchops flavirostris wurde im September in kleinen Schaaren,
mit der folgenden Art vereinigt, an der Lagune beobachtet; im
August nur vereinzelt. —
Sternula minuta häufig auf der See und an der Lagune, ein-
zeln oder in grossen Schaaren beobachtet. Im September ausge-
wachsene Junge. —
Dendrocygna viduata. Im August und September mit fHüggen
und halbflüggen Jungen auf den Binsenteichen an der Lagune be-
obachtet. Vermuthlich brütet diese Ente hier in Erdhöhlen, da auf
meilenweite Entfernung keine Bäume sich finden, die ihr passende
Bruthöhlen bieten könnten. —
Sonst wurden von Schwimmvögeln noch eine Zelecanus-Art in
einigen Exemplaren und ein ziemlich häufiger Phalacrocorax beob-
achtet, von welchen beiden jedoch nichts erlegt werden konnte.
Limnocorax flavirostris brütend an den Binsenteichen der La-
gune. —
14#
212 Dr. A. Reichenow und Dr. W. Lühder:
Parva africana im August mit Jungen im Dunenkleide an der-
selben Oertlichkeit wie vorige Art beobachtet. Ein ungemein scheuer
Vogel. —
Rhynchaea capensis im September an sumpfigen Stellen der La-
gune zwischen Binsen gefunden. Streicht, aufgejagt, stumm heraus
und fliegt kein Zickzack. —
Philomachus pugnax fliegend an der Lagune beobachtet. —
Himantopus rufipes häufig in kleinen Schaaren am Lagunen-
strande. Wir schossen zu derselben Zeit alte Exemplare mit und
ohne schwarze Nackenfärbung. —
Actitis hypoleucos häufig am Lagunenstrande. —
Totanus canescens einzeln an der Lagune. —
Numenius phaeopus fliegend an der See. —
Scopus un.bretta nur in einem Exemplar an den Binsenteichen
gesehen. —
Leptoptilus erumenifer fliegend bei Abokobi. —
Ardetta Sturmä, ein Junges an der Lagune erlegt. —
Ardea atricaplla brütet mehrfach auf einigen in der Lagune
stehenden, mit den Kronen über das Wasser hervorragenden
Bäumen. Die Nester, von denen wir zuweilen mehrere auf dem-
selben Baume fanden, sind sehr klein, aus dürren Reisern lose ge-
baut, mit flacher nicht ausgefütterter Mulde. Das Gelege besteht
in der Regel aus drei blauen Eiern, welche in der Länge zwischen
36 und 40 Mm,, in der Breite zwischen 27,5 und 29 Mm. schwan-
ken. Ein sehr kleines Ei zeigt die Maasse 35,5 und 26,25. Im
August fanden wir frische Eier und eben ausgeschlüpfte Junge, im
September noch ein Gelege stark bebrüteter Eier in einem Neste,
in welchem wir im August kleine Junge fanden. —
Ardetta minuta brütet häufig in den Binsen an der Lagune.
Im August wurden frische Eier (Länge 31 bis 32,5, Breite 24 bis
24,75 Mm.), im September fast flügge Junge gefunden. —
Ardea gularis ein sehr häufiger Vogel auf der Lagune; bei
Exemplaren, welche wir im September schossen, waren die beiden
langen Nackenfedern bis auf kleine Stummel abgestossen. —
Es kommt ausserdem noch ein grosser weisser Reiher vor, den
wir nicht erlangen konnten; vielleicht Hlavirostris? —
Von Stepsilas interpres haben wir merkwürdiger Weise nichts
gesehen; sehr gemein ist dagegen Aegialites pecuarius. —
Squatarola helvetica wurde in Gesellschaft von Totanus canescens
und einzeln beobachtet. —
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 213
Von Cursorius senegalensis fanden wir einmal ein Pärchen an
der Lagune. —
Ohettusia inornata in kleinen Schaaren an der Lagune und an
freieren Stellen zwischen dem Grase bei Accra. —
Eupodotis senegalensis brütet in der Ebene bei Accra. Der Vo-
ge] ist wenig scheu, lässt sich bis auf wenige Schritt angehen, ehe
er herausstreicht. Im September flügge Junge. —
Francolinus bicalcaratus brütet an derselben Oertlichkeit wie
die vorhergehende Art. Ein im September geschossenes Weibchen
hatte Eier bei sich, die in wenigen Tagen legereif gewesen. Auch
bei Abokobi in den Maisfeldern häufig. —
Chalcopelia afra besonders häufig in der Ebene, oder auch in
den Bergen geschossen. —
Turtur semitorquatus bei Accra und Abokobi, aber nicht so
häufig als die vorhergehende beobachtet. —
Turtur senegalensis nur einmal bei Accra erlegt. —
Von Neophron pileatus fanden wir ein Pärchen mit einem Jungen
bei Aburi, wovon wir das Weibchen erlegten. —
Gypohierax angolensis nur in einem Paare schwebend über den
Bergen beobachtet. —
Milvus parasiticus in Abokobi bemerkt. —
Elanus melanopterus bei Accra geschossen. Dieser Falke steht
häufig rüttelnd gleich unserm Thurmfalken über den Grasflächen.
Seine Nahrung scheint hauptsächlich in Mäusen zu bestehen. Im
August wurde die Begattung beobachtet. —
Centropus monachus ein sehr gemeiner Vogel in der Ebene und
auf den Bergen. Hält sich meist in dichtem Gebüsch auf, in das
er sich auch bei Annäherung des Jägers verkriecht und dann we-
der durch Geschrei noch Steinwerfen herauszubringen ist. Sein
Ruf klingt dem des Wiedehopfes ähnlich, hält aber länger an und
wird zuletzt vibrirend. Die Nahrung dieses Kuckuks besteht in
Heuschrecken, Käfern und Schlangen. —
Pogonias bidentatus nur in wenigen Exemplaren bei Abokobi
gefunden, zeichnet sich vor anderen Bartvögeln durch ein munteres
Wesen aus. Im Magen der Erlegten fanden wir Beeren, —
Gymnobucco Peli brütet colonieweise in den Bergen in kern-
faulen Bäumen. Die Brutlöcher, welche der Vogel mit seinem
klobigen Schnabel selbst meisselt, gleichen im Ganzen Spechthöh-
len, doch ist das Schlupfloch nicht so schön rund und glatt, die
Höhle auch verhältnissmässig weiter als bei diesen. In einer Höhle
214 Dr. A. Reichenow und Dr. W. Lühder:
fanden wir Anfang September ein frisches Ei, welches Spechtkorn
und die Maasse 23 und 20 Mm. zeigt. Im Magen der Geschosse-
nen fanden wir stets nur Beeren. —
Barbatula leueolaema mehrfach bei Abokobi geschossen, hat
ein laubfroschartiges Geschrei. Mageninhalt der Erlegten: Bee-
ren. — |
Picus pyrrhogaster auf den Bergen häufig beobachtet. —
Irrisor Bollei: Wir beobachteten diesen in Sammlungen noch
seltenen Vogel in mehreren Paaren bei Aburi. Sie trieben sich
paarweise auf hohen Bäumen umher, bald baumläuferartig den
Stamm emporklimmend, bald mit höchst zierlichen und leichten
Bewegungen an dünne Zweige sich hängend, um Insekten zu er-
spähen. Sie haben einen starken Moschusgeruch. —
Merops gularis in einem Exemplar in den Bergen erlangt. —
Ceryle rudis sehr gemein an der Lagune bei Acera. Seine
Stimme ist schrillend wie die unsers Eisvogels, doch besteht sein
Ruf aus einer ganzen Reihe solcher Schrilltöne. Häufig sahen wir
diese Vögel in bedeutender Höhe über die Stadt hin streichen. —
Eurystomus gularıs in einem Exemplar bei Aburi geschossen.
Im Magen des Getödteten fanden wir Käferüberreste Der Tyi-
Name des Vogels ist „Obesoa“. —
Von Piüta angolensis wurde uns in Accra ein todter Vogel ge-
bracht, der der Angabe nach dort gefangen. —
Corvus curvirostris überall in der Ebene häufig. Sein Beneh-
men ist durchaus krähenartig; man sieht die Vögel stets in klei-
neren oder grösseren Schaaren beisammen. —
Lamprotornis morio trafen wir in Aburi in kleinen Schaaren,
wo sie sich in hohen Baumkronen umhertrieben, Insekten und
Beeren suchend. —
Notauges leucogaster in Schaaren beobachtet. Treiben sich
meist in niederem Gebüsch umher. Beeren scheinen die Haupt-
nahrung zu sein. —
Sycobius malimbus und eristatus mehrfach in Aburi beobachtet.
Die Sycobius sind Vögel des Gebirges; die Ayphantornis, Vidua und
übrigen kleinen Weber Vertreter dieser Familie in der Ebene. Ueber
die Brutverhältnisse der Sycobius konnten wir leider nichts beob-
achten. —
Hyphantornis textor Brutvogel bei Accra und Abokobi. Im
August trafen wir ausgeflogene Junge und frisch begonnene Nester
einer neuen Brut. Letztere hingen bei Accra zu mehreren beisam-
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 215
men an niederen Dornensträuchen; bei Abokobi fanden wir zahl-
reiche Colonien auf hohen Bäumen. Zum Bau wird übrigens, wie
von allen Webern, frisches Gras verwendet. —
Hryphantorräs vitellinus an denselben Orten wie vorhergehende
Art häufig. Die Nester, in welchen wir Mitte August frische Eier
fanden, hängen an dünnen Zweigen niederer Büsche in der Höhe
von 5—8 Fuss über der Erde, einzeln oder mehrere an demselben
Strauch, niemals aber in grossen Colonien beisammen; sie sind
kugelförmig, nach oben zum Aufhängepunkt in eine Spitze aus-
laufend, mit einem schön gearbeiteten Flugloch an der Unterseite,
überhaupt sehr fest gebaut. Die Eier, welche auf bläulichweissem
Grunde mit blassrothblauen und violetten Flecken bedeckt sind,
haben eine Länge von 19,75 bis 20,5 Mm. und Breite von 13,25
bis 14 Mm.; drei bilden in der Regel das Gelege. —
Hwyphantornis castaneofuscus als Brutvogel bei Abokobi beob-
achtet. Die Nester, in Colonien an Büschen oder Bambus in der
Höhe von 5—20 Fuss hängend, gleichen in der Form ungefähr
denen von vitellinus, nur sind sie länger im Verhältniss zur Höhe.
Der Bau ist bedeutend loser und lockerer als bei letzterwähnter
Art. Von den rein blauen Eiern, welche die Länge 23 bis 24,5
und Breite 15,5 bis 16 Mm. haben, scheinen nur zwei das Gelege
auszumachen. —
Euplectes oryx häufiger Brutvogel in der ganzen Ebene. Im
August ausgeflogene Junge. Durch den Nestbau unterscheidet sich
dieser Weber wesentlich von den Ayphantornis-Arten. Die Nester
hängen einzeln in hohem Grase, an mehreren Halmen befestigt,
sind kugelförmig mit seitlich oberem Schlupfloch, welches durch
hervorragende Halme der obern Decke dachartig geschützt wird;
das Material bildet feines, sprödes Gras. —
Euplectes franciscanus nicht gerade häufig bei Acera beob-
achtet. —
Vidua macroura häufiger Vogel der Ebene. Treibt sich ein-
zeln oder zu Paaren im hohen Grase und auf Büschen umher. Gern
setzt sie sich auf hervorragende Zweige und erhebt sich von hier
aus spielend gerade in die Luft, wobei der Körper ganz senkrecht
gehalten und die Nackenfedern aufgeblasen werden. —
Vidua principalis bei Accra und Abokobi einzeln gesehen. —
Spermospiza guttata bei Aburi angetroffen. Mitte September
Hügge Junge. —
216 Dr. A. Reiehenow und Dr. W. Lühder:
Estrelda melpoda und phoenicotis in der Ebene häufig, scheinen
auch nicht in’s Gebirge zu gehen. —
Spermestes cucullata Brutvogel bei Abokobi. Nistet dort gesel-
lig im Dorfe auf Mangobäumen. Im September fanden wir frische
Eier und Junge. Die Nester sind im Verhältniss zum Vogel sehr
gross, aus feinem Grase unordentlich und lose zusammengepackt;
dasselbe Nest wird zu mehreren Bruten verwendet. Das Gelege
bilden vier weisse Eier, deren Länge 13,5, Breite 10,5 Mm. —
Passer simplex, der Haussperling an der Goldküste, gleicht un-
serm Sperling im Benehmen und der Stimme (dasselbe Schilpen),
auch in der Fruchtbarkeit. Wir nahmen demselben Paar am 10.
August drei, am 25. fünf Eier und trafen Ende September grosse
Junge im Neste. Die Eier sind auf hellem oder bräunlichem Grunde
mit grossen verwaschenen, lichten und dunkeln, kastanienbraunen
Flecken bedeckt. In’s Gebirge geht der Vogel nicht. Wir ver-
missten ihn in Aburi, während er in der Ebene auf jedem Dache
zu sehen. —
Telephonus senegalus bei Accra häufiger Brutvogel. Weiter in’s
Innere hinein scheint er seltener zu werden. Es vertritt ihn dort
trivirgatus, welchen wir bei Abokobi und in den Bergen als Brut-
vogel fanden. Wir waren so glücklich, ein Nest mit Eiern dieses
Vogels zu finden, welche noch nicht bekannt sein möchten. Das
Nest (am 5. Sept. gefunden), aus dürren Blattstielen leicht und
dünnwandig gebaut, mit feinen Würzelchen ausgekleidet, stand 2
Fuss über der Erde lose in der Gabel einer breitblättrigen, holzi-
gen Staude, von anderen Pflanzen verdeckt; es enthielt zwei stark
bebrütete Eier, die auf weissem Grunde, besonders an dem dicken
Ende, mit röthlich violetten ammerartigen Kritzeln und Flecken be-
deckt sind. Im Benehmen unterscheiden sich die Telephonus von
unseren kleinen Würgern, dass sie sich mehr im dichten Gebüsch
aufhalten und seltener, wie die Gewohnheit der letzteren, auf freien
Spitzen zeigen. —
Laniarius barbarus häufig in der Ebene, in den Bergen selte-
ner beobachtet. Ein sehr scheuer Vogel, der sich immer im dich-
ten Gebüsch aufhält, von wo er seinen lauten, klangvollen Lockruf
erschallen lässt. —
Laniarius Peli nur bei Aburi beobachtet, wo er häufig. Sein
Warnruf ist ein kurzes „kack kack“. Im Magen der Erlegten fan-
den wir Heuschrecken und glatte Raupen. Der Tyi-Name des
Vogels ist „Gyahenerunoma“. —
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 217
Laniarius superciliosus einmal bei Abokobi geschossen. —
Von Dryoscopus haben wir mehrere Arten in der Ebene und
den Bergen beobachtet; besonders hörten wir in Abokobi vielfach
ihren schönen, flötenden Ruf. Vermuthlich ist unter den Gesam-
melten eine neue Art; bestimmen konnten wir sicher major und
gambensis. —
Dierurus atripennis fehlt in der Ebene, aber in den Bergen
hört man häufig seine laute Stimme. —
Megabias flammulatus in Aburi gesammelt. —
Platystira melanoptera in der Ebene und in den Bergen nicht
selten. Die Platystiren halten sich vorzugsweise im dichtesten
Gebüsch auf, durch ein eigenthümliches Knappen mit dem Schnabel
ihre Gegenwart verrathend. —
Büirundo senegalensis mehrfach in der Ebene beobachtet. —
Nectarinia ceuprea und splendida trafen wir überall häufig,
‚Adelberti nur einmal in Aburi. Die Nester der Nectarinien sind
beutelförmig, von ovaler Form, mit seitlich oberem Schlupfloch,
welches durch hervorragende Halme einen dachartigen Ueberbau
hat; sie hängen meist in geringer Höhe über dem Boden, an
Zweigen und Blattstielen befestigt. Der Bau ist lose und wenig
sauber, da einzelne Halme von der Aussenwandung herabhängen;
die Innenseite ist mit Pflanzenwolle ausgekleidet. —
Macronyz eroceus in der Ebene nicht selten, hatte im August
flügge Junge. —
Budytes Rayi mehrmals an der Küste beobachtet, gleicht in
der Stimme, Flug, wie im ganzen Benehmen sehr unserer Kuh-
stelze. —
Trichophorus canicapillus in den Bergen mehrfach gesammelt. —
Ixos ashanteus der gemeinste Vogel an allen von uns besuch-
ten Plätzen, hinsichtlich seiner Stimmbegabung ein echter Spott-
vogel, der den Neuling häufig irre führt; auch im Fliegen ist er
sehr gewandt. —
Cossypha verticalis bei Abokobi im September Alte und Junge
im Uebersangskleide geschossen. Das Jugendkleid dieses Vogels
möchte noch nicht bekannt sein, weshalb wir die Beschreibung
folgen lassen: Federn des Rückens, Oberkopfes, Nackens und Hal-
ses schwarzgrau mit gelbbrauner Binde vor der Spitze, ebenso die
kleinen Flügeldecken; Schwingen und grosse Flügeldecken schwarz
mit grauem oder gelblichgrauem Aussenrand; Federn der Kehle
blassgelbbraun mit schwarzer Spitze; Brust und Bauch, Bürzel, so-
218 Dr. A.Reichenow u. Dr. W.Lühder: Briefl. Reiseberichte.
wie die Schwanzdecken hellrostbraun, einzelne Federn noch mit
schwarzgrauen Spitzen; die beiden mittelsten Schwanzfedern schwarz-
braun, die übrigen hellrostbraun, die beiden äussersten mit schwarz-
brauner Aussenfahne Das Benehmen dieses Vogels ist Roth-
schwanz-artig. —
Es ist noch zu bemerken, dass von Papageien gar nichts be-
obachtet wurde. Von Musophagiden schossen wir in Aburi eine
Schizorhis, die wir nicht bestimmen konnten, und beobachteten ein-
mal einen Corythaiw, vielleicht persa (?). Nach Erkundigung giebt
es einige Tagereisen in’s Innere, in Akiın, wo das Land noch nicht
von der Cultur beleckt ist, noch viele Pisangsfresser und Papa-
geien; letzteres beweist der häufige Transport von Peittacus eri-
thacus von dort nach der Küste. Bucerotiden beobachteten wir in
zwei Arten, konnten jedoch nichts erlangen, da die Vögel sehr
scheu waren und sich stets in den höchsten Baumkronen aufhielten. —
Wir schliessen hiermit unsern Bericht, den wir zu geeigneter
Zeit vervollständigen werden.
Nach Schluss dieser Zeilen erhalten wir ein Junges von Elanus
melanopterus. Da wir keine Angaben über das Jugendkleid dieses
Vogels finden, so lassen wir die Diagnose noch folgen: Federn der
Oberseite schwarzgrau, die des Kopfes und einzelne des Rückens
mit hellerem, fahlbraunem Rande; Bauch graulich weiss, übrige Un-
terseite, sowie Kopfseiten, Stirn und Augenbrauen weiss, Brust und
Kopfseiten gelbbraun angeflogen; Schwung- und grosse Deckfedern
grau mit weissem oder bräunlich weissem Spitzenrand; kleine Deck-
federn schwarz mit solchem Spitzenrand; Steuerfedern hellgrau mit
weissem Spitzenrand, mit Ausnahme der beiden mittelsten mit
weisser Innenfahne. Schnabel schwarz; Wachshaut und Zehen gelb;
Iris dunkelbraun. —
Mit der Bitte, uns allen Bekannten zu empfehlen
Ihre ergebensten
Dr. Wilh. Lühder. Dr. Ant. Reichenow.
Ueber einige Vögel des Hochwaldes in Schlesien.
Freier Vortrag vor den deutschen Ornithologen in Berlin 1872,
von
Hauptmann Alexander v. Homeyer.
Unter Hochwald ist der 2700 Fuss hohe Porphyrkegel des
Waldenburger Kohlenbeckens gemeint.
A. v. Homeyer: Vögel des Hechwaldes in Schlesien. 219
Der Oberstabs- und Brunnenarzt von Salzbrunn, Dr. R. Biefel,
schildert in seiner Schrift: „Der Curort Salzbrunn“ das betreffende
Gebiet geognostisch also:
„Das Waldenburger Kohlenbecken stammt aus der Zeit, wo
der Meeresgrund von dem Rheine bis zu den Sudeten reichte, und
ruht auf Grauwacken, während es selbst von Sandstein, Schiefer-
conglomeraten und Tertiärgebilden überlagert wird. Es hat eine
eitronenförmige Gestalt und ist vom schlesischen Mittelgebirge,
welches das Riesengebirge, Eulengebirge und Böhmische Gebirge
verbindet, begrenzt. Oestlich streift Gneis von der Eule bis gegen
(den im Becken gelegenen Badeort) Salzbrunn; südlich und süd-
westlich begrenzen hohe Züge aus Sandstein, Melaphyr und Por-
phyr jenes Becken; nach Nord und Nordosten Grauwackengebirge
(Uebergangsgebirge). Porphyre haben das Kohlenflötz durch-
brochen (Hochwald, Sattelwald), und mit dem angrenzenden Grau-
wackengebirge und dessen Ueberlagerungsschichten theilweise er-
hoben und aufrecht gestellt. Durch solche vulkanische Gewalt
scheint das Grauwackengebirge nach der Ebene hin in zwei gewal-
tige Risse — den Fürstensteiner- und den Satzgrund — gespal-
ten, wovon der letztere noch zertrümmerte Gmneisblöcke ein-
schliesst.“ —
Alle diese Porphyrberge, wovon der Hochwald der bedeutend-
ste, haben mehr oder minder schöne Bienenrumpf-Form, wie sie na-
mentlich der Hochwald, der Sattelwald und auch die Berge bei
Charlottenbrunn zeigen. —
Die geosnostische Eigenthümlichkeit dieses Kohlenbeckens und
Porphyrgebiets bedingt eine Eigenthümlichkeit der Flora und diese
wieder eine Eigenthümlichkeit des Thierlebens derartig, dass man
wohl,' namentlich was die niederen Thiere anbetrifit, sagen kann,
dass man es hier mit einer eigenen kleinen Welt zu thun hat.'
Die Vegetation des Hochwaldes ist insonderheit eine äusserst
üppige. Die hauptsächlichsten Bäume des riesigen Forstes sind
die Rothbuche und die Edeltanne, während andere Waldbäume,
wie Eichen, Ulmen, Birken und Erlen, sehr in den Hintergrund
treten. Was den Wuchs der Bäume anbetrifft, so ist derselbe,
durch die Fruchtbarkeit des Untergrundes herbeigeführt, äusserst
schlank und üppig. Es ist eine wahre Freude namentlich früh-
morgens durch diese Waldpartieen gehen und schleichen zu kön-
nen, um die Grossartigkeit der Natur zu bewundern und den Tönen
der kleinen Sänger zu lauschen. Es ist ein Genuss für’s Auge,
220 A. v. Homeyer:
nach oben gegen das Blätterdach zu sehen, wodurch sich nur ein-
zelne Sonnenstrahlen stehlen, während das helle Grün der Roth-
buchen im grellen Contrast steht zum Dunkelgrün der Nadeln der
Edeltannen.
Beide Baumarten stehen fast stets im bunten Gemisch dicht
nebeneinander.
Da vorhin die Form des Hochwaldes kegelförmig oder bienen-
rumpfförmig genannt wurde, so liegt vielleicht darin die Annahme
nahe, dass diese Form eine Einförmigkeit herbeiführe; dies ist
jedoch nicht der Fall. Der Hochwald ist eine massige, sehr va-
riante Gebirgsmasse, aus der sich hoch oben der eigentliche Ge-
birgsstock als riesiger Kegel heraushebt. Tiefe Schluchten durch-
ziehen das Gebiet vielseitig, während kleine Rinnsale und Gebirgs-
bäche mit Wiesen und Erlen dem Gebiet eine grosse Abwechselung
verleihen. Ueberdies finden sich auch einige trockene Plateaus
mit Kieferbeständen, ferner Wiesenabhänge mit allen möglichen Ge-
birgsblumen, wie endlich Abhänge und Schurren mit massigem
Felsgeröll.
Schon 1866, als ich kurz vor Beginn des Krieges mit meiner
Compagnie in Salzbrunn einquartiert lag, wollte ich gern unsern
hervorragenden Kegelberg besuchen, doch konnte ich aus dienst-
licher Hinsicht nicht abkommen. Als ich im Mai dieses Jahres
als Patient den Curort Salzbrunn aufsuchen musste und hier mit
dem Brunnenarzt, dem Sanitätsrath Dr. Biefel, der früher mein Re-
gimentskamerad gewesen, zusammenkam, da unternahmen wir es
in den ersten Tagen unsers dortigen Zusammenseins, begleitet von
der liebenswürdigen Gemahlin des Herrn Brunnenarztes, den Hoch-
wald zu besteigen. Nachdem ich diese reizende Gebirgspartie nun
erst kennen gelernt, drängte es mich, sie möglichst oft zu be-
suchen, und so dehnte ich während der ganzen Badezeit, Mai und
Juni, fast täglich meine Ausflüge bis in die tiefsten Thäler oder
bis auf die höchsten Höhen aus, und habe ich somit vielfach Ge-
legenheit gehabt, die dortige Avifauna gründlich kennen zu lernen.
Da ich manche Beobachtung gemacht habe, die den Ornithologen
von Interesse sein dürfte, so erlaube ich mir folgende Details vor-
zutragen:
1. Muscicapa parva.
Die Abhänge der mittleren Gebirgsmasse des Hochwaldes,
welche im Südosten nach dem benachbarten Waldenburg hinsehen,
beherbergen den kleinen Fliegenfänger in mehreren Paaren als
Vögel des Hochwaldes in Schlesien. za
Brutvogel. Von mir selbst wurde ja dieses Vögelchen bereits 1865
als Brutvogel der Buchenwaldungen Cudowa’s und der Waldungen
in der Grafschaft Glatz bei Alt-Haide bezeichnet (siehe Journal für
Örnithologie), während Dr. A. Fritsch ihn unweit davon im be-
nachbarten Böhmen beobachtete. Dennoch interessirte mich dieses
-erneuete Zusammenkommen auf dem Hochwalde ausserordentlich. —
Da, wo die Edeltanne in ungefähr '/;, Zahl mit den Rothbuchen in
2, Zahl in buntem Gemisch stehen und diese Bäume ihre üppigen
Zweige in hellgrünem und dunklem Colorit bunt durcheinander
weben, kurz da, wo die Sonne nur sparsam ihre Strahlen bis auf
den Untergrund des Bodens sendet und wo unter dem grünen
Dach ein eigenthümliches heiliges Dunkel herrscht, da ist unser
Vögelchen zu Hause. — Schon von fern hören wir seinen glocken-
reinen Metallgesang, der jeden Ornithologen überrascht, bezaubert
und erfrischt. Bald sind wir im Revier des Vögelchens angekon-
men, und verräth dasselbe sein Plätzchen, wie sich selbst sofort
dureh sein munteres Liedchen, welches am meisten an den Gesang
der Phylopneuste sibllatrix erinnert. Es ist ja bekannt, dass der Gesang
dieses Laubsängers schön und klangvoll ist, aber er kann sich in
keiner Weise betrefis der Mannigfaltigkeit und der Klangfülle des
Tons mit M. parva messen. Beide Vögel wohnen hier in dichter
Nachbarschaft zusammen, und lassen sich demnach massgebende
Vergleiche ohne Schwierigkeit anstellen. Wenn auch der Gesang
des Laubvogels erfreut, so tritt er doch, so wie M. parva zu singen
beginnt, vollkommen in den Hintergrund. Unser kleiner Fliegen-
fänger treibt sich auf den dürren Zweigen dicht unter dem grünen
Blätterdach ungefähr in der Höhe von 40—60 Fuss mit Vorliebe
umher. Er hat nur ein kleines Gebiet, aber innerhalb dieses Ge-
biets giebt es keine Ruhe, wie man sie wohl sonst von keinem
Fliegenfänger erwarten dürfte Unser Vogel erhascht hier im
Fluge ein Insekt, setzt sich dort 10 Schritt weiter auf einen Ast,
klingelt sein Lied, fliegt sofort weiter, nimmt ein kriechendes In-
sekt vom benachbarten Stamm für sich in Beschlag, sich dabei
vielleicht ein wenig nach unten senkend, und steigt dann im Fluge
wieder bis unter das grüne Dach der Baumkronen empor, Hier
singt es abermals, um gleich darauf sich bis auf 20 Fuss zum Bo-
den herabzustürzen und dem brütenden Weibchen einen kurzen
Besuch abzustatten. Ist dies geschehen, so schwingt es sich wie-
derum aufwärts und so geht es den ganzen Tag. — Am regsten
und fleissigsten im Singen ist unser Vögelchen früh morgens bis
222 A. v. Homeyer:
10 Uhr; Mittags bis gegen 5 Uhr rastet es, aber Abends bis Sonnen-
untergang ist es in derselben fröhlichen Weise thätig, wie am Morgen.
2. Phylopneuste sibilatrie.
Zu erwähnen bleibt noch, dass Gloger die Ph. sibllatrie für
Schlesien im Allgemeinen nicht häufig nennt, während dies nach
meinen Beobachtungen für die Buchenwaldungen unsers Gebiets
wie auch des Glogauer Stadtwaldes nicht zutrifft.
3. Nucifraga caryocatactes.
Ein nicht minder interessanter Vogel des Hochwaldes ist der
Nussheher. Ich sah während des Monats Mai 4 oder 5 Vögel, die
jedenfalls eine Zusammengehörigkeit zeigten, regelmässig an der-
selben Stelle. —
Im Jahre 1865 hat der aus der Porphyrınasse des gesammten
Hochwaldsgebiets heraussehende höchste Kegeltheil durch Wind-
bruch ausserordentlich gelitten. Die ganze nach Salzbrunn sehende
Nordwestfront, welche mit alten Buchen und Edeltannen bestanden
war, ist durch den Sturm blossgelegt worden. Diese Front ist
jetzt nur von niederem Gebüsch (Feldahorn, Rothbuchen, Tannen-
pHänzlingen,) besetzt und hat wohl eine Ausdehnung von 1000
Schritt. Nach unten zu blieben die alten Bäume ihrer geschützten.
Lage wegen vom Sturme verschont, und hier ist es, wo auf den
langen, oft vertrockneten Zweigen der Edeltannen sich die Nuss-
heher herumtreiben und durch ihr lautes Geschrei bemerkbar machen.
4. Valamoherpe palustris.
Es wird überraschen, wenn ich den Sumpfrohrsänger als Brut-
vogel des Hochwaldes nenne, ja es wird noch mehr überraschen,
wenn ich mittheile, dass der Brutplatz. selbst hoch oben in halber
Höhe des niedrig bebuschten Gebirgsstockes, des eigentlichen Hoch-
waldskegels zu suchen war. Es giebt hier eine nasse Stelle; ein
kleiner Quell sickert aus dem Fels hervor und senkt sich als klei-
nes Rinnsal nach unten, Gras und allerlei üppige Pflanzen, nament-
lich Petasites albus geben hier ein wiesenartiges Aussehen, während
alle möglichen niederen Gesträuche in diehter Nachbarschaft ein
dichtes Gewirre abgeben. Hier sang — das Nest habe ich nicht
gefunden, wie auch nicht danach gesucht — hier also sang wäh-
rend des ganzen Mai- und Junimonats ein C. palustris-Männchen
so anhaltend und heitig, dass es gar keinem Zweifel unterliegt,
dass wir es hier wirklich mit einem Brutvogel zu thun hatten.
5. Pyrrhula sanguinea.
Gloger sagt vom Dompfaffen: „im Sommer gewöhnlich im Ge-
Vögel des Hochwaldes in Schlesien. 223
birge“. Wer in Schlesien beobachtet hat, wird wissen, dass Glo-
ger’s Mittheilungen ausserordentlich zuverlässig sind. Dies kommt
uns hier zu Gute; es lässt sich annehmen, dass zu Gloger’s Zeit
factisch der Dompfaffe im Sommer eine gewöhnliche Erscheinung
war. Dies ist jetzt nicht der Fall. Der Dompfaffe ist jetzt als
Brutvogel eine sehr seltene Erscheinung, während er als Herbst-
und Wintervogel mehrfach vorkommt. Mir ist der Dompfaffe als
Brutvogel bei meinen vielen Wanderungen dureh Schlesien, die so-
wohl im Gebirge wie in den Niederungen gemacht wurden, nur
einmal und zwar im Mai im Hochwalde vorgekommen. Der auf-
merksame Beobachter, der hiesige Conservator Tautz, weiss übri-
sens von noch keinem beobachteten Brut-Gimpel in Schlesien zu
‚erzählen. — Das betreffende Pärchen nistete unweit des Standorts
der ©. palustris in einem niedern Edeltannenbaum, 3 Fuss hoch —
welcher zwischen Rothbuchengebüsch eingepresst war, also auf der
halben Höhe des durch den Windbruch kahlen Abhanges des
Hauptkegels.
6. Serinus luteolus.
Vom Girlitz sagt Gloger: „brütet wahrscheinlich ebenfalls in
‚Schlesien“, Hier findet der umgekehrte Fall wie beim Gimpel
statt. Während zu Gloger’s Zeit der Girlitz noch eine äusserst
seltene Erscheinung für Schlesien war, ist derselbe jetzt fast überall
und somit auch in den freundlichen und lichten Waldungen der
niederen Regionen des Hochwaldes eine ganz gewöhnliche Erschei-
nung als Brutvogel, wie dies übrigens nicht mehr überraschen kann. —
7. Spinus alnorum.
Der Erlzeisig, der oberhalb der Josephinenhütte des Riesen-
gebirges mehrfach brütet, wie dies die im Jahre 1870 in Görlitz
tagenden Ornithologen bei ihrer Wanderung auf das Riesengebirge
beobachteten, nistet auch in einzelnen Paaren in den Kieferwal-
dungen des höhern Hochwalds-Abhanges. Ich beobachtete im Mai
wiederholt Zeisige und sah auch ein Männchen, wie es Baumate-
rialien vom Saum eines Waldweges auflas und damit davonilog.
8. (urvirosira cerucirostra.
Auch den kleinen Kreuzschnabel hörte und sah ich wiederholt
in den Nadelwaldungen unsers Gebiets und dürfte auch er als Brut-
vogel zu betrachten sein.
9. Accentor modularis.
Die Heckenbrunelle ist ein ziemlich häufiger Brutvogel des
Hochwalds.
924 E. Schütt: Pastor roseus und Haliaötus albicilla in Baden.
Notiz über Pastor roseus und Haliaetus albieilla
in Baden.
Nach dem folgenden Artikel der badischen Landeszeitung hat
der Rosenstaar bei Weinheim (2 Stunden von Heidelberg an der
Bergstrasse) überwintert: „Weinheim, 19. Febr. Hier hielt sich
seit länger als drei Wochen in den Gärten der Herren v. Schwartz-
koppen und v. Stengel das Prachtexemplar einer rosenfarbigen
Amsel (Turdus roseus) auf und verzehrte mit den anderen dort
gefütterten Vögeln in friedlicher Eintracht die täglich gelieferte
Atzung. Alle, die deu seltenen Vogel gesehen, bewunderten seine
Schönheit. In dem 7. Bande der von B. Ruve besorgten Ueber-
setzung (des Buffon findet man seine Beschreibung S. 189. Er ist
seit einigen Tagen verschwunden.“
„Weinheim, 8. März. Störche kamen am 24. Februar;
die vielnamige rosenrothe Amsel ist noch oder wieder da; die im
Blühen durch Frost gehinderten Mandelbäume beginnen jetzt von
Neuem zu treiben; das Holz des Weinstocks hat durch Frost nicht
gelitten.“
Der Vogel hat sich nach neueren Nachrichten wieder dort ein-
gefunden. Um keine Zeitungsente in das vorliegende Journal zu
bringen, wendete ich mich an den dortigen Grossherzogl. Bezirks-
förster, welcher von Freiherrn v. Stengel die weitere Mittheilung
erhielt, dass er denselben wiederholt in seinem Garten mit dem
Feldstecher beobachtet habe und dass Bau und Gefieder ganz ge-
nau mit der Beschreibung in Buffon’s Naturgeschichte übereinstimme.
Seine Geseilschaft auf dem Futterplatze seien Schwarzamseln,
unter welchen er sich mit einem gewissen Stolze bewege. Ein
Versuch, den Vogel zu fangen, sei missglückt.
Ferdinand Baron Droste sagt in dem Berichte über die XVII.
Versammlung der deutschen Ornithologen Gesellschaft im J. 1870,
S. 76: „Das früheste bekannte Vorkommen der Rosenamsel in
Deutschland falle in den Monat Juni, das späteste in den Monat
November.“ (23. Nov. 1856 in Memmingen in Baiern.)
Haliaötus albieilla.
Mitte November vorigen Jahres wurde von dem Pächter des
Weinstetter Hofs, 2 Stunden von hier, ein Seeadler auf freiem
Felde sitzend geschossen. Der Vogel hatte nichts in den Fängen
und liess den Mann ganz frei bis auf Schussdistanz herankommen.
Verwundung oder Krankheit war nicht sichtbar.
Staufen, im März 1873. E. Schütt.
Hans v.Berlepsch: Zur Ornithologie der Prov. Sta. Catharina. 295
Zur Ornithologie
der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien.
Von
Hans Graf v. Berlepsch.
Herr W. Schlüter in Halle erhielt seit einiger Zeit durch seinen
Bruder, welcher in der Colonie Blumenau, Provinz Sta. Catharina
ansässig und ein eifriger Sammler ist, ziemlich umfangreiche Sen-
dungen von Naturalien, die in den nächsten Umgebungen des ge-
nannten Ortes gesammelt wurden.
Durch die Zuvorkommenheit des Herrn W. Schlüter bekam ich
die Ausbeute an Vogelbälgen, soweit sie bis jetzt vorliegt, auf
längere Zeit zur Ansicht und war so in den Stand gesetzt, mich
mit der Blumenauer Ornis etwas näher vertraut zu machen.
Obgleich sich keine als neu zu beschreibende Species unter den
eingesandten Exemplaren befindet, so ist doch mancher interessante
Vogel darunter. Besonders wichtig aber wird die Sammlung in
Bezug auf geographische Verbreitung, indem manche brasilianische
Vogelart in der Provinz Sta. Catharina ihre südlichste Verbreitungs-
grenze erreichen dürfte und viele der von Schlüter bei Blumenau
erhaltenen Species bisher noch nicht von einer so südlichen Loca-
lität erwähnt waren,
Da nun bisher der ornithologischen Fauna des südlichen Bra-
silien noch nie eine speciellere Arbeit gewidmet wurde, so dürfte
wohl eine systematische Aufzählung aller bis jetzt von Herrn
Schlüter in den Umgebungen von Blumenau gesammelten Vogel-
arten, wie ich sie in den folgenden Blättern zu geben beabsichtige,
dem ornithologischen Publikum nicht unwillkommen sein. Ich habe
es mir bei dieser Aufzählung zugleich zur Aufgabe gemacht, die
sanze geographische Verbreitung einer jeden erwähnten Vogelart
(auch ausserhalb der nächsten Nachbarländer, soweit dieselbe über-
haupt bis jetzt bekannt geworden,) genau festzustellen, weil ich
glaube, dass nur auf diese Weise ein klares Bild der Ornis eines
Territoriums gewonnen werden kann, und so möchte denn mein
Aufsatz auch als ein Beitrag zur Kenntniss der geographischen
Verbreitung amerikanischer Vögel betrachtet werden können.
Bevor ich nun zur speciellen Besprechung der Schlüter’schen
Ausbeute schreite, muss ich Einiges über unsere bisherige Kennt-
niss der Ornis von Sta. Catharina mittheilen.
Die erste Kunde von Vögeln aus Sta. Catharina erhielten wir
Cab. Journ. f. Ornith. Jahrg. XXI. No. 123. Mai 1873. 15
226 Hans v. Berlepsch:
durch Lesson *), welcher die Provinz während der Entdeckungsreise
der Coquille (dieselbe fand in den Jahren 1822—25 unter der Lei-
tung Duperrey’s statt) besuchte. Der französische Reisende schil-
dert mit sehr lebhaften Farben die üppige Vegetation an der Küste
von Sta. Catharina. Der herrlichste Urwald, so erzählt er uns,
bedeckt diese Gegenden und in demselben macht sich ein buntes
Gemisch lebhaft geiärbter Vögel bemerklich. Leider nennt Lesson
nur wenige derselben mit Namen; in der systematischen Aufzäh-
lung der auf der Voyage de la Coquille erhaltenen Vögel erwähnt
er folgende aus Sta. Catharina:
1) Cathartes auva . . . . . auch von Schlüter gesammelt.
2) Trogon curueui = T.surueu 5 y ri T
3), rer a er “ „ ”
4) „ atricollis.
5) Crotophaga major.
6) Ourruca olivacea Less. (Insel Sta. Catharina.) — Quid?
Ferner scheint Prof. Burmeister eine Vogelsendung aus Sta.
Catharina erhalten zu haben. Derselbe führt in seinem bekannten
Werke „Systematische Uebersicht der Thiere Brasiliens“ etwa 38
Arten als in dieser Provinz vorkommend auf, von denen 10 auch
durch Herrn Schlüter bei Blumenau gesammelt wurden.
Der preussische Reisende Sello hat ebenfalls in Sta. Catha-
rina gesammelt, doch wurde über seine Ausbeute, die sich im Ber-
liner Museum befindet, bisher nichts veröffentlicht. Vielleicht ist
es niir später vergönnt, über die Berliner Vogelschätze, die aus
dieser Quelle stammen, zur Ergänzung der Schlüter’schen Samm-
lung Einiges zu berichten.
Herr Schlüter, um dies gleich hier zu erwähnen, sammelte bis
jetzt bei Blumenau etwa 155 Species, von denen ich jedoch erst
118 untersucht habe, die übrigen 17 Arten waren leider schon in
andere Hände übergegangen. **)
Dies ist Alles, was mir über die Ornis Sta. Catharina’s be-
kannt geworden ist, Die Zahl der von Lesson, Burmeister und
in *) Dupeirey, Voyage autour du monde. ex&ceute par ordre du roi, sur
la corvette de S. M. la Coquille: Zoologie, redigee par MM. Garnot et
Lesson. Paris 1829. 4to.
**) Ich werde ihre Namen, wie sie mir von Herrn W. Schlüter gütigst
übermittelt sind, aın Schlusse dieses Aufsatzes anführen. Die Bestimmung
möchte wohl meistens richtig sein, wenigstens habe ich Gelegenheit ge-
habt, mich davon zu überzeugen, dass Herr Schlüter hierin sehr gewissen-
haft zu verfahren pflegt. — H.:vsB;
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 227
Schlüter erhaltenen Arten beziffert sich auf kaum 170; es bleibt
also hier noch viel zu forschen übrig.
Besser als Sta. Catharina wurde die nördliche Nachbarprovinz
Sao Paulo bekannt. Hier sammelten Natterer, Sello, Lund, Ha-
milton und Andere. Wie ich dem vortrefflichen Werk v. Pelzelns
(„Zur Ornithologie Brasiliens“) entnehme, erhielt Natterer in Sao
Paulo etwa 450 Vogelarten. Darunter befinden sich auch fast alle
von Schlüter bei Blumenau eingesammelten Species; nur etwa 19
Schlüter’sche Arten wurden von Natterer in Sao Paulo nicht erhal-
ten, doch sind diese entweder durch andere Reisende aus derselben
Provinz nachgewiesen oder ihr Vorkommen nördlich bei Rio Janeiro
u. Ss. w. steht fest, wodurch es dann sehr wahrscheinlich wird, dass
sie sich auch über Sao Paulo verbreiten möchten. Wir ersehen
daraus, dass Sao Paulo und Sta. Catharina ausserordentlich viele
Arten gemeinsam haben. Nach dem, was uns über die noch nörd-
licheren Provinzen Rio, Espirito Santo u. s. w., sowie über die
südlichere Provinz Rio Grande do Sul bekannt geworden ist, glaube
ich sogar sicher annehmen zu dürfen, dass eine grosse Ueber-
einstimmung in der Vogelfauna des ganzen bewaldeten Küsten-
striches vielleicht vom 20° südl. Br. (Bahia) bis etwa zum 29° südl.
Br. (Porto Alegre, wo das Waldgebiet aufhört) vorherrschen möchte.
Eingehendere Betrachtungen über das Verhältniss der Blumenauer
Ornis zu der anderer Länder behalte ich mir für später vor, bis
die Kenntniss der Vögel Sta. Catharina’s sich mehr vervollständigt
haben wird.
Was nun speciell die Sammlungen des Herrn Schlüter angeht,
so bemerke ich noch Folgendes. Wie mir Herr Schlüter (der sich
im vorigen Jahre anlässlich eines Transportes lebender Thiere
kurze Zeit in Deutschland aufhielt) persönlich mittheilt, sind seine
Colleetionen alle in den nächsten Umgebungen von Blumenau, am
Flusse Itajahy und dessen Nebenflüssen veranstaltet. Die Gegend
bei Blumenau ist nach seiner Aussage gebirgig und mit dichtem
Urwalde bedeckt. — Herr Schlüter verfolgte leider bisher beim
Sammeln keine wissenschaftlichen Gesichtspunkte und so: fehlen
denn auch bei seinen Vogelbälgen Angaben in Bezug auf Datum,
Geschlecht u. s. w. gänzlich”); doch versichert er mir, dass er
künftig in jeder Beziehung wissenschaftlicher verfahren werde.
*) Wern ich daher im Folgenden von u. 2 spreche, so ist dies nur
meine eigene Ansicht, die ich nach dem Kleide des betreffenden Exemplars
u. s. w. mir gebildet habe. — H. v.B.
15*
223 Hans v. Berlepsch:
Da unser Gewährsmann nach seiner nunmehr erfolgten Rückkehr
nach Blumenau seine Thätigkeit wieder von Neuem aufgenommen
hat, so haben wir Grund, in nächster Zeit recht werthvolle Sen-
dungen von dort zu erwarten, deren Inhalt ieh, soweit er meinen
jetzigen Aufsatz berichtigen und ergänzen dürfte, sofort im Jour-
nale zur Besprechung bringen werde.
Ueber die aufgeführten Exemplare bemerke ich noch, dass die-
selben, soweit sie nicht in meinen Besitz übergegangen sind, sich
bei Herrn W. Schlüter in Halle auf Lager befinden und von da
zu sehr mässigen Preisen zu erlangen sind.
In der nun folgenden systematischen Aufzählung der Arten
habe ich vor allen Dingen als sehr wichtig für die Blumenauer
Ornis Azara’s „Apuntamientos“ eitirt, sodann folgende bekannte
Werke: Prinz Wied, „Beiträge zur Ornithologie Brasiliens“,
Prof. Burmeister, „Systematische Uebersicht der Thiere Brasi-
liens“, v. Pelzeln, „Zur Ornithologie Brasiliens“, Prof. Rein-
hardt, „Bidrag til Kundskab om Fuglefaunaen i Brasiliens Cam-
pos (in Vidensk. Meddelelser Kjöbenhavn 1870)“, Euler’s wich-
tige Notizen über die Fortpflanzung der Vögel Südost-Brasiliens
in diesem Journal und noch einige andere. Im Uebrigen habe ich
mich, um die Arbeit nicht gar zu weit auszudehnen, auf die An-
führung solcher Stellen beschränkt, wo eine monographische Be-
handlung der betreffenden Species u. s. w. zu finden ist; nur bei
wenigen Arten schien mir eine Zusammenstellung der gesammten
Synonymie unerlässlich.
Schliesslich erfülle ich noch die angenehme Pflicht, der viel-
seitigen Hülfe zu gedeuken, die mir bei dieser Arbeit von verschie-
denen Herren zu Theil geworden ist. Herr Dr. Cabanis hat mit
gewohnter Liebenswürdigkeit viele der Blumenauer Vögel im Ber-
liner Museum verglichen und hat mir überhaupt stets mit Rath und
That hülfreich zur Seite gestanden. Herr v. Pelzeln und Herr Dr.
Finsch hatten ebenfalls die grosse Gefälligkeit, einige Exemplare
mit ihren Typen zu vergleichen und mir Notizen darüber mitzu-
theilen. Herr Prof. Leuckart sowie Inspector Tobias in Leipzig
haben meine vergleichenden Studien im dortigen Museum auf jede
Weise erleichtert. Ihnen Allen spreche ich meinen besten Dank
aus!
l. Turdus rufiventris Vieill. — Azara nr. 79.
Wied Beitr. II. p. 639. — Burm. $. U. II. p. 122. — Burm.
La Plata-Reise sp. 119. — Euler J. f. O. 1867 pp. 186, 189,190,
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 229
192, 198, 403. — Selat. et Salv. P. Z. S. 1863 p. 138. — Pelzeln
Orn. Bras. pp. 94, 421. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 453 sp. 393.
— Selat. P. Z. S.-1859 p. 332. — Turdus rufiventer, Spix Av.
Bras. I. p. 70. — Gould et Darw. Voy. Beagle Zool. III. p. 59
syn. part.
4 Stück, darunter ein Albino, welcher am Körper weiss ge-
scheckt ist und einen ganz weissen Kopf hat.
Long. tot. 24—25 Cm.; al. 115—127 Mm.; caud. 102—108 Mm.;
rostr. 23—24 Mm.; tars. 35—36 Mm.
[Die geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz
Südost-Brasilien (Rio und Sao Paulo — Natterer) und
Central-Brasilien (Goyaz und Cuyaba — Natterer) west-
lich bis nach Bolivia (D’Orb.) und Peru (Mus. Vindob.), südlich
durch die Provinz Sta. Catharina: Blumenau (Schlüter) bis
nach den La Plata-Staaten, wo sie nach Burmeister noch
brütet. Der südlichste Punkt, wo sie angetroffen wurde, ist: am
Rio Negro unter dem 41° südl. Br. (Darwin).]
2, Turdus albicollis Vieill.
Burm. S. U. III. p. 125. — Sclat. P. Z. S. 1859 p. 329. —
(?) Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 192, 198. — Sclat. et Salv. Exot.
Ornith. (1868) p. 141 Pl. LXXI. — Pelz. Orn. Bras. p. 93 et p.
421 part. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 452 sp. 392.
3 Stück, mit der von Sel. u. Salv. gegebenen Beschreibung
und Abbildung übereinstimmend. Wenn übrigens Selat. u. Salv.
l. e. sagen, dass sich 7. albicollis von der verwandten T. albiventris
stets durch den Mangel der rostiarbenen Säume an den Innenfah-
nen der Schwingen unterscheiden lasse, so muss ich in Betrefi der
Blumenauer Exemplare von T. albicollis Folgendes bemerken: Ein
Exemplar hat an den Innenfahnen sehr deutlich rostgelbe
Ränder (die Färbung derselben ist jedoch heller als die der un-
teren Flügeldeckfedern); ein zweites zeigt schon viel hellere rost-
gelbe Ränder und bei dem dritten sind die Säume der Innenfahnen
weisslich ohne rostfarbenen Anflug.
Long. tot. 221/,—23 Cm.; al. 112—119 Mm.; caud. 90—100 Mm.;
rostr. 22 Mm.; tars. 30—31 Mm.
[Minas Geraes: Lagoa Santa (Burm.). — Rio Ja-
neiro und Registo do Sai (Natt.).. — Provinz Sao Paulo
(Natt.). — Blumenau (Schlüter). — Montevideo (Mus. Be-
rol.). — (?) Paraguay und La Plata (Selater) |]
230 Hans v. Berlepsch:
3. Turdus flavipes Vieill.
Spix Av. Bras. I. p. 69. — Selat. P. Z. 8. 1859 p. 334. —
Pelz. Orn. Bras. p. 64 et 421. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870 p.
449 sp. 388. — Turdus carbonarius, Ill. Licht. — Wied Beitr. I.
p. 643. — Burm. 8. U. III p. 125.
1 Stück (@ ad.)
Long. tot. 211), Cm.; al. 114 Mm.; caud. 92 Mm.; rostr. 18'/), Mm.;
tars. 23'/, Mm.
[Die geogr. Verbreitung scheint sich auf die Küstenstriche des
mittleren und südlichen Brasiliens zu beschränken: Bahia (Licht.).
— Cabo Frio (Wied); Rio Janeiro (Spix u. Wied); Neu-
Freiburg (Burm. u. Lund); Minas Geraes (Lund). — Prov.
Sao Paulo: Mugydas Cruzes (Lund); Curytiba u. Yta-
rar& (Natt.). — Blumenau (Schlüter).]
4. Thryothorus platensis (Wied).
Troglodytes platensis, Wied (nec aut.) Beitr. III. (1831) p. 742
deser. orig. exel. syn. — (?) Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 446
sp. 384 (Minas u. Neu-Freiburg). — Thryothorus platensis, Cab.
Mus. Hein. I. (1850) p. 78 sp. 445 (Brasilien) syn. part. — Sclat.
Cat. Coll. Am. B. (1861) p. 21 sp. 132 (S. America). — (?) Pelzeln
Orn. Bras. I. (1863) p. 48 et IV. (1870) p. 414. — Troglodytes
furvus, Burm. (nec aut.) Syst. Ueb. III. (1856) p. 137 deser. syn.
part.
2 Stück, mit der Beschreibung des Prinzen Wied überein-
stimmend.
Long. tot. 120 Mm.; al. 49—50'/, Mm.; caud. 40 Mm.;
rostr. 14 Mm.; tars. 13 Mm.
Herr Dr. Cabanis, dem ich ein Exemplar zur Ansicht sandte,
erklärt dasselbe für Troglodytes platensis, Wied Beitr. p. 742. Nun
bin ich mir aber noch nicht recht klar darüber, wie sich Troglo-
dytes furvus (Gmel.) (7. platensis Burm. nee Linn.) von dieser Art.
unterscheidet, und ob die Vögel, welche neuerdings von Selat. und
Salv. a. a. O.*) als „7. furvus“ aufgeführt werden, nicht zu platen-
sis Wied gehören möchten. Zu letzterer Art zieht Cabanis (Mus.
Hein. I. p. 75) als Synonym Troglodytes musculus Licht., doch
schreibt mir derselbe gütigst auf meine Anfrage: dass er schon
seit längerer Zeit darüber anderer Meinung geworden sei und
*) P. Z. S. 1859 p. 137; 1860 p. 273 (Ecuador); 1866 p. 96 (Lima),
p. 178 (Ucayali); 1867 p. 821 et 568 (Para); 1869 p. 158 (Conchitas, Ar-
gentin.).
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 231
Trogl. aequinoctialis Swains. als Synonym zu musculus Licht. notirt
habe; 7. musculus sei etwas grösser als platensis Wied, das Braun
bei ersterem ziehe in’s Gelbbraune, bei letzterem in’s Graubraune.
Da nun Sclater und andere Schriftsteller den 7. aequinoctialis
Swains. als Synonym zu furvus (Gmel.) setzen, so möchte wohl 7.
mausculus Licht. mit furvus der meisten Autoren (und Gmelins?)
identisch sein.
Selat. u. Salv. haben a. a. O. erwiesen, dass die echte Sylvia
platensis Lath. ein Cistothorus (= fasciolatus Burm. ete.) ist, also
durchaus nichts mit den oben besprochenen Arten gemein hat.
Wenn nun T. platensis Wied wirklich von T. furvus Gmel. verschie-
den ist, so wird es, um weitere Verwechselungen zu vermeiden, ge-
rathen sein, der vom Prinzen Wied beschriebenen Art einen neuen
Namen zu geben, und möchte ich dann als solchen ‚„Zhryothorus
Wiedi“ zu Ehren des ersten Beschreibers in Vorschlag bringen.
[Südost-Brasilien: Rio Janeiro, Caravellas und Villa
de Belmonte (Wied). — Blumenau (Schlüter) — ete.?]
5. Parula pitiayumi (Vieill.). — Azara nr. 109.
Baird Rev. Am. B. I. pp. 169, 170. — Pelzeln Orn. Bras. pp.
71, 415. — Selat. et Salv. P. Z. S. 1869 p. 631. — Reinh. Bidr.
in V. M. 1870 p. 445 sp. 381. — Hamilton Ibis 1371 p. 302. —
Sylvia venusta Temm. — Wied Beitr. III. p. 705. — Sylvicola ve-
nusta, Burm. S. U. HI. p. 116. — Burm. La Plata-Reise p. 473
sp. 117.
2 Stück, wohl & und 2 oder juv. Bei letzterem ist die Brust
nicht dunkler gefärbt als die übrige Unterseite, bei dem & ist
Gurgel und Brust rostgelb überflogen.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Er 10% Mm. 55 Mm, 42%, Mm. 11 Mm. 154, Mm,
Qanjuv. 106 „ 55) 5 LO. 194%] „
[Venezuela: Caripe und S. Esteban (Göring). — Tri-
nidad (Mus. Smiths... — Magdalena (Wyatt., — Bogota
(Mus. Scl.). — West-Eceuador (Fraser. — Bolivia (D’Orb.).
— Paraguay (Azara). — La Plata-Staaten: Conchitas,
Septbr. (Hudson), Parana, März (Page), Tucuman (Burm.). —
Ganz Brasilien: Forte do Rio Branco (Natt.); Prov. Rio
und Sao Paulo (Natt.); Minas Geraes (Lund); Blumenau
(Schlüter).]
6. Basileuterus vermivorus (Vieill.). — Azara nr. 154.
Burm. $. U. UI. p. 113. — Sclat. P. Z. 8. 1865 p. 283. —
232 Hans,v. Berlepsch:
Baird Rev. Am. B. I. pp. 242, 243. — Pelzeln Orn. Bras. pp. 71,
415. — Euler J. f. O. 1868 p. 190. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870
p. 445 sp. 379. — Hamilton Ibis 1871 p. 302.
1 Stück.
Long. tot. 117 Mm.; al. 55'/;, Mm.; caud. 53 Mm.; rostr. 91/, Mm.;
tars. 18'/, Mm.
[Bogota (Mus. Selat. et Brit.). — Trinidad (Mus. Selat.
u. Finsch). — Guiana (Schomb.). — Bolivia (D’Orb.). — Cor-
rientes (D’Orb... — Paraguay (Azara). — Brasilien: 8.
Vicente (Burm.); Minas (Reinh.),. — Rio Janeiro (Natt.),
Neu-Freiburg, gemein (Burm.), Cantagallo (Euler); Prov.
Sao Paulo (Natt.); Blumenau (Schlüter).]
7. Basileuterus stragulatus (Licht.).
Sclat. P. Z. S. 1865 p. 285. — Baird Rev. Am. B. I. pp.243,
244. — Pelzeln Orn. Bras. pp. 72, 415. — Reinh. Bidr. in V. M.
1870 p. 444 sp. 377. — Muscicapa rivularis, Wied Beitr. III. p.
189. — Geothlypis stragulata Cab. — Euler J. f.O. 1868 p. 191. —
Trichas stragulata, Burm. S. U. II. p. 115.
1 Stück. Dasselbe stimmt mit den Beschreibungen Wied’s
(M. rivularıs) und Burmeister’s gut überein; jedoch sind die Wur-
zeln aller Scheitelfedern schneeweiss gefärbt, welcher Eigen-
thümlichkeit in keiner Beschreibung von B. stragulatus Erwähnung
gethan wird. Herr Dr. Cabanis, der die Güte hatte, meinen Vogel
mit den im Berliner Museum befindlichen Original-Exemplaren zu
vergleichen, schreibt mir, dass die Scheitelfedern aller dort befind-
lichen Exemplare weisse Wurzeln zeigen und dass mein Vogel
auch im Uebrigen mit den Typen übereinstimmt.
Long. tot. 133 Mm.; al. 63 Mm.; caud. 59 Mm.; rostr. 11 Mm.;
tars. 23 Mm.
[Bahia (Mus. Hein.). — Belmonte u. Ilh&os (Wied). —
Neu-Freiburg, gemein (Lund), Cantagallo (Euler), Regi-
sto do Sai (Natt.). — Rio Paranä (Natt.). — Sao Paulo
(Licht.): Taipa, Ypanema, Paranagua, Ytarar& (Natt.).
— Blumenau (Schlüter).]
& Vireosylvia chivi (Vieill.). — Azara nr. 152.
Baird Rev. Am. B. I. p. 337. — Scl. et Salv. P. Z. S. 1869 p.
160. — Thamnophilus agiis, Spix Av. Bras. II. p. 23. — Muscicapa
agilis, Wied Beitr. III. p. 795. — Phyllomanes agilis (Licht.), Burm.
S. U. HI. p. 108. — Vireosylvia agiis, Baird Rev. Am. B. 1. p. 338.
— Pelzeln Orn. Bras. pp. 73, 415. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 233
p: 439 sp. 568. — Hamilton Ibis 1871 p. 502. — Vireosylvia. oli-
_ vacea part. Finsch P. Z. S. 1870 p. 565.
2 Stück.
Long. tot. al. caud. EOstr) tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) chwi Blumerau . . 140 76 56 141]; 18
2) chiwi Blumenau . . 145 76 551, 144, 18
3) olivacea Costa Rica . 132 va 30) 13 19
» olwacea Costa Rica . 136 78 50 15 17 |
Ich kann nicht mit Herrn Dr. Finsch übereinstimmen, wenn
derselbe (P. Z. 8. 1870 p. 565) die nördliche olwacea mit der süd-
lichen agiıs vereinigen zu müssen glaubt. Meine Exemplare von
Blumenau gehören entschieden einer andern Species an als 2 Vögel
aus Costa Rica, welche unbedingt zur nordamerikanischen oliwacea
zu rechnen sind. Ich habe auch eine ziemliche Anzahl von nord-
amerikanischen Exemplaren im Leipziger Museum verglichen und
mir folgende Unterschiede zwischen olivacea und chivi (= agilis) notirt:
V. chiwi (= agilis) steht in Bezug auf Körperverhältnisse und
lebhafte Färbung der V. flavoviridis näher als der oliwacea. Der
Schnabel ist schmäler, gestreckter und viel länger als bei oliwacea ;
der Haken des Oberschnabels, welcher nur sehr allmählich nach
unten gebogen ist, reicht weit über den Unterschnabel hinaus, wäh-
rend er bei olwacea in fast rechtem Winkel sich über den Unter-
schnabel herabhbiest. Die Färbung der Oberseite ist bei chiwi leb-
hafter als bei olivacea; die Kopfplatte ist bei ersterer etwas dunkler
und der Rücken gelblich olivengrün, während derselbe bei letzte-
rer einen mehr graulich-olivengrünen Ton zeigt. Die Streifen über
und unter dem Auge sind bei olivacea immer ziemlich rein weiss
gefärbt, während sie bei ehivi stets (?) rostgelblich überflogen sind.
Die Unterseite ist bei ol‚vacea immer fast ganz weisslich, nur an
den Brust- und Bauchseiten befindet sich ein olivengrüner Anflug;
Steiss und untere Schwanzdeckfedern sind ebenfalls weisslich, nur
selten (wahrscheinlich bei jüngeren Vögeln) mit gelblichem Anfluge.
Dagegen sind bei chwi Brust- und Bauchseiten lebhaft gelbgrün
gefärbt, Steiss und untere Schwanzdecken stets schön strohgelb
wie bei flavovir.dis; untere Flügeldeckfedern und Ränder der In-
nenfahnen von Flügel- und Schwanzfedern ebenfalls strohgelb, wäh-
rend diese Parthien bei olivacea stets weisslich erscheinen (bei eini-
gen Individuen mit schwach gelblichem Anfluge). Junge Vögel
der olivacea sind etwas lebhafter gefärbt als die alten, doch nie so
234 Hans v. Berlepsch:
intensiv wie chiw in allen Altersstufen. Der Unterschied im
Schwingenverhältniss zwischen chivv und agilis, wie er von Baird
angegeben wurde, ist bei meinen Vögeln constant, doch mag Dr.
Finsch Recht haben, wenn er behauptet, dass in Bezug hierauf die
einzelnen Exemplare sehr variiren, und dass das Schwingenver-
hältniss nicht als Criterium für die Unterscheidung der beiden Ar-
ten gelten kann!
Ich stütze mich übrigens mit meiner Ansicht auch auf die
gründlichen Untersuchungen Baird’s, dem ein ungemein reiches
Material von Bälgen zur Verfügung stand, und der nicht im Min-
desten an der Verschiedenheit beider Arten zweifelt. Baird’s Ver-
such, die chiw in zwei Arten (chivi und agiks) zu spalten, möchte
dagegen, wie schon Herr v. Pelzeln bemerkt, weniger gerecht-
fertigt sein.
Da olivacea ihre Herbstwanderung gewiss nach Süd-Amerika
ausdehnt, so möchte sie zu dieser Zeit mit chiw an gleichen Orten
gefunden werden, und so eine Verwechselung dieser nahe ver-
wandten Arten um so erklärlicher sein.
[Vorkommen: ?Guatemala (Baird), — dann über ganz Süd-
Amerika nördlich von Bogota (Sclat.) und Trinidad (Finsth)
bis südlieh in die La Plata-Staaten: Buenos Ayres (Has-
lehust) verbreitet. ] |
9. Progne domestica (Vieill.) — Azara nr. 300.
Burm. S. U. IU. p. 142 Anm. — Id. Reise La Plata nr. 128
part. — Baird Rev. Am. B. I. p. 282. — Pelzeln Orn. Bras. pp.
17, 402 (part.?). — Sclat. u. Salv. P. Z. S. 1869 p. 159. — Reinh.
Bidr. in V. M. 1870 p. 442 sp. 374. — Sternberg J. f. O. 1869 p.
269. — Progne dominicensis Burm. (nec aut.) S. U. III. p. 141 excl.
syn. — Euler J. f. 0, 1867 .p. 405.
3 Stück (2 &? und 12 oder juv.), mit Baird’s Beschreibung
(l. e.) übereinstimmend.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) 085202 148 sl 11 14
DR 200 140 78 10 14
3) 2 anjuv. 195 141 75 10 14
Burmeister giebt viel kleinere Maasse für seine P. dominicensis
als die meinigen es sind, dennoch glaube ich sicher, dass seine
Beschreibung zu domestica gehört, Wie weit sich nun aber die
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 235
geographische Verbreitung von ?. domestica nach Norden erstreckt,
und ob zum Beispiel der von Natterer bei Obidos gesammelte Vo-
gel (von Pelzeln unter P. domestica aufgeführt) noch hierher oder
schon zu P. leucogastra Baird gehört, vermag ich nicht zu sagen,
weil ich keine Exemplare von dort vergleichen kann. Wenn bei
Obidos die domestica noch vorkommt, so möchte auch als Synonym
hierher zu stellen sein: Progne leucogastra, Selat. et Salv. P. Z. 8.
1867 p. 569 (Mexiana und Par& — Wallace). *)
[P. domestica wurde gefunden: in der Provinz Rio Janeiro
(Natt.). — Minas, gemein (Reinh.). — Provinz Sao Paulo
(Natt.).. — Blumenau (Schlüter). — Rio Grande do Sul (Mus.
Hein.). — Caicara (Natt.). — Bolivia (Smiths. Inst.). — Pa-
raguay (Azara). — Argentinien, häufiger Brutvogel (Burm.):
Buenos Ayres, gemein, im Süden nicht bemerkt (Sternberg).]
10. Cotiyle ruficollis (Vieill.). — Azara nr. 306.
Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 439 sp. 369. — Hürundo jugu-
laris, Wied Beitr. III. p. 365. — Euler J. f. ©. 1867 p. 191. —
Cotyle flavigastra (Vieill.) Burm. $. U. IH. p. 144. — Pelzeln Orn.
Bras. pp. 17, 402. — Euler J. f. O. 1867 p. 206. — Stelgidoptery&
ruficollis, Baird Rev. Am. B. I. p. 315.
1 Stück (ad.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
140 Mm. 113 Mm. 55 Mm. 8 Mm. 10 Mm.
I®Trinidad (Leot.. — Venezuela (Mus. Copenhagen,
ein mit jungen Vögeln aus Sao Paulo übereinstimmendes Exemplar
— Reinh.). — Cayenne (Mus. Sclat.). — Ost-Peru (Battlett).
— Brasilien: Bahia (Licht); Caigara (Natt.); Minas Ge-
raes, gemein (Reinh.); Rio Janeiro (Natt.); Sao Paulo (Natt.
u. Lund); Sta. Catharina: Blumenau (Schlüter). — Para-
guay, selten (Azara). — La Plata (Baird u. Gray Handl.).]
11. Dacnis cyanomelas (Gmel.) — Azara nr. 105 & ad.,
nr. 106 2 u. juv.
Burm. 8. U. III. p. 153. — Coereba coerulea Wied (nec. aut.)
Beitr. III. p. 766. — Dacnis cayana Strickl. (nec Lafr. et D’Orb.).
— Selat. Contr. Orn. 1851 p. 15. — Id. Ibis 1863 p. 313. —
Cass. Proc. Ac. N. Se. Philad. 1864 p. 268. — Pelzeln Orn. Bras.
*) Ueber die drei von Wallace gesammelten Exemplare sagen Sclater
u. Salvin: „These speeimens do not differ from the Central-American P.
leucogastra“. — P. leucogastra wird von denselben Schriftstellern auch
aus Ost-Peru verzeichnet (P. Z. 8. 1867 pp. 749, 794). — H.v.®
236 Hans v. Berlepsch:
p- 405 part. — Dacnis eyanocephala (Swains.). — Pelzeln Sitzungs-
ber. Wien. Ac. XX. p. 155. — Id. Novara Exp. Vögel p. 53. —
Id. Ornith. Bras. pp. 25, 405. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p.
435 nr. 364. — Dacenis nigripes, Cass. (nec Pelzeln) Proc. Ac. N.
Se. Philad. 1864 p. 269. — Nectarinia bicolor Becklem. (certe) etc.
— (?) Daenis ultramarina Lawr.
33 Stück (8, 9, Juv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
15 g ad... . 123—132 661, —7T1 48—50 13—14 141,—151%,
17 2 u. juv. 121—134 62—671/, 44—50 121, — 131, 141, — 154,
Das Blau der alten 4 variirt von hell Grünlichblau bis zu
lebhaft Himmelblau. Die Blumenauer Vögel sind etwas grösser
(besonders ihre Schnäbel sehr lang und gebogen) und von hellerer
Färbung als nördliche Exemplare. Ihre Beine und Füsse scheinen
stets sehr hell gefärbt zu sein. — Bogota-Vögel sind klein, stim-
men aber in der Färbung mit Exemplaren nördlich von Panama
(D. uliramarina) überein und würden jedenfalls eher zu D. ultra-
marina als zu D. cyanomelas zu stellen sein! — Guiana-Vögel stehen
in Bezug auf ihre Färbung gleichsam in der Mitte zwischen den
Exemplaren aus Bogota und denen aus Brasilien; sie haben etwas
helleres Blau als die Bogota-Vögel, sind ihnen aber sonst sehr
ähnlich. Die Weibchen der Brasilianer zeigen an den weissen Kehl-
federn nie einen bläulichen Anflug, dagegen besitzen die weiblichen
Vögel aus Peru(?), Bogota und Guiana, soweit meine Erfahrung
geht, stets bläuliche Spitzen an den Federn der Kehle.
Wenn nun aber auch nördliche Exemplare gewisse constante
Verschiedenheiten vor den südlichen voraus haben, so wird sich
doch nach meiner Ueberzeugung die D. ultramarina nie als gute
Art gegenüber der cyanomelas charakterisiren lassen, weil Exem-
plare aus den zwischenliegenden Gegenden durch ihre Färbungs-
und Grössenverhältnisse diese extremsten Formen zu einander «über-
führen möchten. Uebrigens sind meine Untersuchungen über die-
sen Punkt noch nicht abgeschlossen und hoffe ich das Resultat
derselben in einer schon seit längerer Zeit von mir vorbereiteten
Monographie der Coerebidae bald veröffentlichen zu können.
[Die geographische Verbreitung würde sich von Nicaragua
nördlich durch Central-Amerika, dann über Trinidad und
ganz Süd-Amerika (östlich der Anden) südlich bis Para-
guay (Azara) und Blumenau (Schlüter) erstrecken.]
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 237
12. Dacnis nigripes Pelzeln.
?? Blue Manakin, Edw. Glean. Nat. Hist. II. (1860) p. 112
descer. orig. Pl. 263 fig. infer. (Surinam) — d. — Seligm. Vögel
Edw. et Catesb. VIII. tab. 53 fig. 2 (ex Edw.) — ?? Piüpit bleu:
premiere var.: Buff. Hist. nat. ois. V. (1778) p. 339 (ex Edw.). —
2? Cayenne Warbler, var. A, Lath. Syn. 11. 2. (1783) p. 503 nr. 158
A (ex Edw.). — Bechst. Lath. Uebersetz. H. 2. (1795) p. 491. —
2? Motacilla.cayana, var. ß, Gmel. Lin. Syst. Nat. Ed. XIII ı., 2.
(1788) p. 990 nr. 40 8 (ex Edw.) — ?? Sylvia cayana, var. ß, Lath.
Ind. orn. 1. (1790) p. 546 ur. 143 ß. (ex Edw.). — Dacnis nigri-
pes, Pelzeln Sitzungsber. Wien. Ac. math. nw. Cl. XX. (1856) pp.
154, 155. deser. orig. & u. 2 tab. I. fig. 1 &, fie. 2 2 (Neu-Frei-
burg). — Sclat. P. Z. S. 1857 p. 263 sub Daenis cayana. — 1d.
_ Cat. Coll. Am. B. (1861) p. 51 sp. 312 (Brasilien). — Id. Ibis 1863
p- 314 deser. & u. 9. — Pelzeln Orn. Bras. I. (1867) p. 25 Anm,
1 (Ypanema?) et IV. (1370) p. 405. — Gray Handl. birds I. (1869)
p. 117 sp. 1457 (excl. syn. bicolor. Beckl.). — Reinh. Bidr. til
Kundsk. Fuglef. Brasil. Camp. in Vid. Meddel. 1870 p. 436 sub
Dacnis cyanocephala. — Dacnis cayana (part.), Burm. (nec aut.)
Syst. Ueb. Thier. Bras. III. b. (1356) p. 153 part. (nur die Be-
schreibung des jungen & von Lagoa Santa gehört hierher) deser.
orig. 2. — Reinh. Bidr. til Kundsk. etc. in Vid. Meddel. 1570 p.
457 nr. 365 (ex Burm.).
ı Stück (2 oder & juv.). — Das einzige von Herrn Schlüter
eingesandte Exemplar stimmt mit der von Pelzeln gegebenen Be-
schreibung und Abbildung des Weibehens von D. nigripes gut über-
ein; da jedoch mein Vogel an den Federn der Brust und der Bauch-
seiten bläuliche Spitzen zeigt, so möchte ich ihn für ein junges
Männchen ansehen.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
) Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
d juven. Blumenau : \
(Schläter) N ul er
2) 2 an & juv. Lagoa
santa (Burm.) —) 12 —- .— EU, 14!)
in Mus. Hall.
3) & semiad. Brasilien
(Beske — ex Mus.
eh 12
men
238 Hans v. Berlepsch:
No. 2 ist das Original zu Burmeister’s oben eitirter Beschrei-
bung; ich habe dasselbe in Halle untersucht und mich nun autop-
tisch davon überzeugt, dass sein Vogel ein Weibehen von D.nigri-
pes ist, was ich auch schon längst bei’m Durchlesen der Burmei-
ster’schen Beschreibung vermuthet hatte.
Das dritte Exemplar, dessen Maasse oben gegeben sind, erhielt
ich durch die Güte des Herrn Dr. Finsch, welcher in seiner Eigen-
schaft als Custos der Bremer Sammlung mir dasselbe bereitwilligst
zur Ansicht sandte; es ist ein ziemlich ausgefärbtes & und stammt
aus dem Wiener Museum, wohin es Beske aus Neu-Freiburg schickte.
Ausser den erwähnten Vögeln dürften sich Exemplare dieser Spe-
cies nur im Wiener Museum und in Sclater’s Sammlung befinden.
Was die obenstehende Synonymie betrifft, so möchte es schwer
zu entscheiden sein, ob Edwards „Dlue Manakin“ hierher oder zu
D. cyanomelas gehört. Die Abbildung zeigt allerdings einige Eigen-
thüwlichkeiten, die nur der D. nigripes zukommen, doch kann das
auch Zufall sein. Der Umstand, dass nigripes recht selten ist und
bisher nur aus Südost-Brasilien bekannt wurde, während „Dlue Ma-
nakın“ aus Surinam stammt, spricht eher dafür, dass Edwards die
cyanomelas vor sich hatte. Was Cassin (Pr. Ac. Phil. 1864 p. 269)
für D.nigripes Pelzeln ausgiebt, sind jedenfalls nur nördliche Exem-
plare der D. cyanomelas, wie aus Allem, was Cassin darüber sagt,
hervorgeht. nk
Das helle Blau und die schwärzlichen Beine und Füsse unter-
scheiden die Männchen dieser Art durchaus nicht immer von denen
der cyanomelas. Mehrere Exemplare letzterer Art aus Blumenau
sind ebenso hell, einige noch heller und grünlicher gefärbt, und
verschiedene Vögel aus Nord-Brasilien (Bahia?) haben dunkler ge-
färbte Beine und Füsse als das Exemplar von D. nigripes im Bre-
mer Museum (bei meinem jungen $ aus Blumenau sind dieselben
allerdings dunkler und fast schwarz gefärbt). Sehr leicht ist jedoch
D. nigripes an dem kurzen, an der Wurzel sehr breiten, stark zu-
sammengedrückten Schnabel zu erkennen; auch die sehr schmalen,
kurzen und stets zum grössten Theile blau gerandeten Schwanz-
federn, sowie die kurzen Flügel u. s. w. sind charakteristisch für
diese Art. Die Weibchen von D. nigripes und D. cyanomelas sind
gar nicht zu verwechseln.
[|Neu-Freiburg(?) (Beske). — Lagoa Santa (Burm.). —
(?)Ypanema (Natter.). — Blumenau (Schlüter). ]
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 239
13. Certhiola ehloropyga Cab.
Burm. S. U. Ul. p. 157 Anm. — Cass. Proc. Ac. N. Sc. Phi-
‚lad. 1864 p. 272. — Pelzeln Orn. Bras. pp. 26, 406. — Sundev.
Oeiv. Vet. Ak. Förh. 1869 p. 624 nr. 15. — Reinh. Bidr. in V.M.
1870 p. 244 nr. 363. — Finsch Monogr. Certhiola in Verh. zool.-
bot. Verein 1871 p. 779 nr. 8. — Hamilt. Ibis 1871 p. 302. —
Cocreba flaveola Wied Beitr. III. p. 774 excl. syn. — Euler J. f. ©.
1867 pp: 189, 193. —- Certhiola flaveola Burm. (nee aut.) S. U. TI.
p- 155 exel. syn. — Euler J. 1. 0. 1867 p. 407. — Certhiola guia-
nensis Cab. — Üerthiola majuscula Cab. — etc.
10 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) Blumenau . 106 62 40 121, 192:
2) 55 : 107 56 36 124, 15
b)) „ s 107 59 39 121], 19.5
4) 5 x 101 604, 38 12 141),
5) 5 i 106 59 40 121, 15
6) > ; 96 57 36 123 16
9) ”. i 100 57 364, — ko
8) “ ; 34, 02 324, ale 14",
9) > ; 35... 54 39 12 141],
10) R 3 98 55 321, 111% 14!)
11) Süd-Brasilien,
ne \ 100 54 33 12 141),
12) Brasilien, coll. 88 501, 31 12%, 144),
mea
13) Bahia (Schlü- \ or 57 37 12%, 15
ter)
Bei nr. 3 und nr. 6 treten unter den oberen Flügeldeckfedern
die weisslichen Wurzeln der Primärschwingen etwas hervor, wo-
durch ein ganz kleiner weisser Spiegel entsteht. Die oben ge-
gebenen Maasse werden zeigen, wie Exemplare der Üerthwola chlo-
ropyga., selbst von ein und derselben Localität, in ihren Grössen-
verhältnissen variiren. Ich stimme den von Herrn Dr. Finsch in
seiner vortrefiliehen Monographie der Gattung Certhiola entwickel-
ten Ansichten in Betreff der Identität von chloropyga, guianensis und
majuscula etc. völlig bei. Ueber Blumenauer Exemplare, die ich
ihm zuschiekte, schreibt mir Dr. Finsch Folgendes: „Sie stimmen
ganz mit Exemplaren aus Guiana überein, sind aber aul dem
240 Hans v. Berlepsch:
Rücken etwas lichter; doch ist ein Guiana-Exemplar kaum dunkler
als die Süd-Brasilianer gefärbt. Dass zuweilen bei chloropyga der
weisse Spiegel unmerklich hervortritt, war mir bekannt.“
[Die geogr. Verbreitung erstreckt sich über Cayenne, Su-
rinam, Guiana, Ost-Peru und fast ganz Brasilien, süd-
lich bis Blumenau. — Dr. Finsch hat in seiner Certhiola-Mono-
sraphie schon alle Fundörter zusammengestellt; ich habe nur noch
hinzuzufügen, Sao Paulo, im botanischen Garten beobachtet (Ha-
milt.). — Blumenau (Schlüter).]
14. Tanagra cyanoptera (Vieill.). — Azara nr. 92.
? Loxia virens, Linn. S. N. Ed. XII. 1. (1766) p. 303 nr. 23.
— Eveque (mäle), Desm. Tang. t. 15. — Lindo saihobi, Azara
Apunt. I. (1803) p. 370 nr. 92. — Saltator eyanopterus, Vieill. Nouv.
Diet. XIV. (1817) p. 104 deser. orig. (Brasilien). — Tanagra episco-
pus, Swains. (nec Linn.) Birds Braz. u. Mexic. (1841) tab. 39 (3
juv.). — Hartl. Ind. Azara p. 6. — ?D’Orb. Voy. Am. merid. Ois.
p. 274. — (?) Tanagra praelatus, Less. Trait. d’Orn. (1831) p. 463.
— ? Aglaia episcopus, Lafr. et D’Orb. (nee aut.) Mag. de Zool.
(Synops. av.) p. 33 nr. 13. — (?) Tanagra sayaca (mas) Wied (nec
aut.) Beitr. II. a. (1830) p. 484 &. — Burm. Syst. Ueb. II. b. -
(1856) p. 176 8. — Bonap. Consp. I. (1850) p. 253 gen. 510 sp.
1 part. — Tanagra virens, Strickl. Ann. Nat. Hist. XX. (1847) p.
332 (certe — teste Sclat.). — Tanagra argentata, Gray Gen. Birds
p. 364 sp. 6. — Thraupis eyanoptera, Cab. Mus. Hein. I. (1850) p.
29 sp. 194. — Cab. J. f. O. 1866 pp. 305, 306 sub Th. sayaca. —
Finsch P. Z. S. 1870 p. 580 sub TA. cana. — (?)Gray Handl.
birds II. (1870) p. 62 sp. 6858 part. — Tanagra cyanoptera, Bo-
nap. Rev. et Mag. de Zool. 1851 p. 170.— Id. Note s. ]. Tang. p.
21. — Id. Compt. Rend. XXXIL (1851). — Sclat. P. Z. 8. 1856
p- 255 (syn. part.). — (?)Seclat. Cat. Coll. Am. B. (1861) p. 75 sp.
441 part. — Selat. u. Salv. P. Z. 8. 1867 p. 594. — Id. et Id. P.
Z. 8. 1863 p. 189. — Hudson P. Z. S. 1870 p. 114. — Pelzeln
Orn. Bras. (1870) p. 209 Anm. et 454. — Reinh. Bidr. ete. in Vid.
Meddel. 1870 p. 431 sp. 355. — Hamilt. Ibis 1871 p. 114. — Ta-
nagra coelestris, mas, Burm. (nee Spix, nec Swains.) Syst. Ueb. II.
b. (1856) p. 177 Anm. 1. — Tanayra sayaca, Burm. (nec Linn.)
Reise La Plata-Staaten II. p. 479 sp. 136. — Id. Journ. f. Ornith,
1860 p. 253 sp. 137.
36 Stück. — Alle eingesandten Exemplare besitzen den grossen
cyanblauen Flügelfleck, und da sich Vögel darunter befinden, die
Zur Ormnithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 241
augenscheinlich noch sehr jung sind, so bin ich etwas zweifelhaft,
ob dem Weibchen, wie gewöhnlich angenommen wird, diese Aus-
zeichnung ganz fehlen möchte; vielleicht sendet aber Herr Schlüter
noch später die echten Weibchen ohne blauen Schulterfleck.*) —
Die älteren Vögel sind auf der ganzen Oberseite schön blaugrün
gefärbt, während hier bei jüngeren Vögeln ein schmutziges Oliven-
grün vorwaltet, welches dann zuweilen mit bläulichen Federn durch-
setzt wird. Ganz junge Vögel haben hellbräunliche Beine und
Oberschnabel und weisslichen Unterschnabel; auf der Unterseite
sind sie sehr hell gelblich olivengrün angeflogen; sie zeigen jedoch
ebenfalls den cyanblauen Schulterfleck, wenn auch etwas schmutzi-
ger und von geringerer Ausdehnung als bei den alten,
Long. tot. al. caud. rostr.) WONarS
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
ade . . . . 170-195 96—106 68—79 14—15!/, 19! —22
jun. . . . . 162-188 891/,-96 65—70 13—151), 191, —22
Tanagra saya-
ca (Linn.):
1) Brasil. ser 170 95 65 144, 22
mea &
2) Brasil. coll. " :
mea 2 Ye Mi er I 1
LT. eyanoptera kommt vor in Südost-Brasilien: (NWLa-
g0a santa (Burm.); Sao Paulo (Hamilt.); Blumenau (Schlü-
ter); Rio Grande (Plant u. Mus. Hein.). — ?Bolivia (D’Orb.
et Gray). — Paraguay (Azara). — La Plata-Staaten: Bue-
nos Ayres und Conchitas (Hudson), Parana (Burm.).]
NB. T. cyanoptera, deren Unterschiede von T. sayaca L. Herr
Dr. Cabanis im Journ. f. Orn. 1866 p. 305 trefflich begründet hat,
ist sicher eine „gute Art“, die an dem sehr breiten, relativ kurzen
und hohen Schnabel (fast völlig wie bei 7. striata gebildet) und
dem grossen cyanblauen Flügelfleck (ob in allen Kleidern?) leicht
erkannt werden kann. Es ist jedoch nicht so leicht, die auf eya-
*) Herr v. Pelzeln schreibt mir, dass 2 Exemplare (ein Pärchen) aus
Cuba! (Müller) im Wiener Museum ebenfalls beide den cyanblauen Schul-
terfleck besitzen, und dass dieselben mit den Blumenauer Vögeln, die ich
ihm zur Ansicht sandte, übereinstimmen. Natterer sammelte diese Art
nicht, wie Herr v. Pelzeln ausdrücklich bemerkt. — Die Vaterlandsangabe
„Cuba“ bei den im Wiener Museum befindlichen Exemplaren ist wohl jeden-
falls irrig, vielleicht sind aber jene Vögel dort gezähmt im Käfig gehalten
worden. — # H. v. B.
Cab. Journ f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 128. Mui 1878. 16
242 Hans v. Berlepsch:
noptera bezügliche Synonymie zusammenzustellen: Ob Lozia virens
Linn. hierher gehört, lässt sich nach Linne’s kurzer Diagnose
schwer entscheiden. Wenn die Vaterlandsangabe „Surinam“ richtig
ist, so möchte wohl eine der verwandten nördlicheren Arten, wie
cana Swains. oder glaucocolpa Cab. gemeint sein; für cyanoptera ist
wenigstens bis jetzt noch kein so nördlicher Fundort bekannt ge-
worden. Da das alte & der sayaca, wie mir ein solches Exemplar
in meiner Sammlung beweist, ebenfalls einen etwas lebhaft ge-
färbten Schulterfieck (der jedoch viel schmäler als bei eyanoptera
und grünlich hellblau erscheint) besitzt, so ist es nicht mit Be-
stimmtheit festzustellen, ob die von Wied und Burmeister als Männ-
chen ihrer sayaca beschriebenen Vögel zu letzterer Art oder zu
cyanoptera gehören. Das Letztere ist wahrscheinlicher, besonders
in Betreff Burmeister’s, welcher bemerkt, dass die Färbung der
Schultern in’s Cyanblaue falle.
15. Tanagra ornata Sparrm.
Burm. S. U. II. p. 174. — Selat. P. Z. S. 1856 p. 234. —
Pelz. Orn. Bras. pp. 209, 434. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p.
431 sp. 356. — Hamilt. Ibis 1871 p. 303. — Tanagra archiepisco-
pus Desm. — Spix Av. Bras. Il. p. 42. — Wied Beitr. IH. p. 481.
4 Stück (2 dd und 2 29). — Bei den dd ist fast die ganze
Unterseite schön purpurblau gefärbt und der Rücken stark blau
überflogen. Die 2? sind viel matter in ihrer Färbung, auf der Un-
terseite ist nur die Oberbrust purpurblau angehaucht.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
28 . 172-1832 96-97 73—74 141, —15 19-191,
22 ..170—-176 94 13 14— 144, , 19--19%,
[Brit. Guiana — nicht häufig (Schomb. — Mus. Brit.). —
(?)Peru (Dombey). — Brasilien: Prov. Bahia: Nazareth
das Farinhas (Wied); Minas Geraes, nicht häufig: Lagoa
Santa und Sete Lagoas (Reinh.); Rio: Rio Janeiro (Spix),
Cureovado (Natt.); Sao Paulo: Ypanema und As Araras
(Natter.); Sta. Catharina: Blumenau (Schlüter).]
16. Tanagra palmarum Wied.
Wied Beitr. II. p. 489. — Selat. P. Z. 8. 1856 p. 234. —
Pelz. Orn. Bras. pp. 209, 434. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p.
430 sp. 353. — Finsch P. Z. S. 1870 p. 580. — Tanagra olivascens
„Licht.“ D’Orb, Voy. p. 274. — Burm. S. U. IH. p. 175. — Tana-
gra melanoptera Hartl. — Pelz. Orn. Bras. pp. 209, 434.
Zur ÖOrnithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 243
1 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) Blumenau . . 190 101 77 14), 21
2) Bras. coll. mea 170 100 76 14 21
3) Bogota coll.
mea (T. mela- 147 98 1315 131% 21
noptera)
Nach einem Balg aus Bogota in meiner Sammlung zu urthei-
len, möchte ich T. melanoptera und T. palmarum für verschiedene
Species halten, die Färbungsunterschiede sind sehr in die Augen
fallend; Dr. Finsch hat jedoch in P. Z. 5. 1870 p. 580 erwiesen,
dass Mittelformen zwischen beiden Arten vorkommen, so dass man
sie nicht länger auseinander halten kann. T. palmarum scheint
wie Dacnis cyanomelas und viele andere zu den weitverbreiteten
Species zu gehören, deren extremste geographische Rassen sicher
etwas von einander verschieden sind, während Exemplare aus den
mittleren Verbreitungsbezirken die Eigenthümlichkeiten dieser ex-
tremen Formen in sich vereinigen; in solchen Fällen ist es meiner
Meinung nach unmöglich, verschiedene Species zu fixiren.
[1. 7. melanoptera: Guiana (Schomb.). — Cayenne (Scl.).
— Surinam (Mus. Hein... — Trinidad: (Sel.. — Brasilien,
columbisch-brasil. Fauna (Natt.. — Ost-Peru (Bartlett). — Ost-
und West-Ecuador (Fras.). — Bogota (Scl.). — Magdalena
(Wyatt). — Venezuela (Göring u. Taylor). — Veragua (Arce).
— Costa Riea (Arce u. Frantz). — 2. T. palmarum: Bolivia
(D’Orb.). — Brasilien: Unterer Amazonas (Wallace), — bo-
livisch-brasil. Fauna ‘Natt.), — Bahia (Wied). — Rio Janeiro
(Natt.). — Provinz Minas Geras (Lund und Reinh.). — Provinz
Sao Paulo (Natt... — Blumenau (Schlüter).]
17. Orthogonys viridis (Spix).
Burm. S. U. II. p. 170. — Selat. P. Z. S. 1856 p. 122. —
Pelz. Orn. Bras. pp. 211, 435.
8 Stück. — In der Färbung kann ich zwischen den 8 Exem-
plaren auch nicht den geringsten Unterschied auffinden.
[Rio Janeiro (Spix; von Natterer daselbst gekauft). —
(?)Neu-Freiburg (Beske). — Provinz Sta. Catharina: Blu-
menau (Schlüter).]
16®
D44 Hans v. Berlepsch:
18. Tachyphonus coronatus (Vieill.). — Azara nr. 77.
Burm. S. U. II. p. 166. — Scat. P. 2. 5. 1856 p. 114, —
Pelz. Orn. Bras. pp. 213, 435. —- Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 428
sp. 347. — Hamilt. Ibis 1871 p. 303.
28 Stück (8 ad, 9, juv.). Der Schnabel ist meistens ganz
schwarzbraun gefärbt, nur einige Vögel, besonders jüngere &g,
haben weisse Basis des Unterschnabels: — Herr Schlüter hat ver-
schiedene Männchen im Uebergangsgefieder gesammelt; dieselben
zeigen schon das schwarze Kleid der alten und die rothe Scheitel-
mitte, doch stehen noch überall die rostrothen Federn des Jugend-
kleides dazwischen, was diesen Vögeln ein sehr scheckiges Aus-
sehen giebt.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
170—134 85—91 76-84 16—17 211, —22/';
[Südost-Brasilien: Neu-Freiburg, gemein (Lund),
Rio Janeiro (Zelebor); Cubatao (Natt.); Minas Geraes;
Lagoa Santa und Sete Lagoas (Lund und Reinh.); Prov. 5a 0
Paulo (Natt. und Lund); Sta. Catharina (Burm.): Blumenau
(Schlüter); Rio Grande (Plant). — Paraguay (Azara).]
‚19. Trichothraupis quadricolor (Vieill.). — Azara nr. 101;
nr. 100?
Sclat. P. Z. 8. 1856 p. 117. — Pelz. Orn. Bras. pp. 212, 435.
— Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 426 sp. 346. — Tanagra auri-
capilla, Spix Av. Bras. I. p. 52. — Wied Beitr. IL p. 588. —
Euler J. £. O0. 1867 pp. 190, 192, 198. — Tachyphonus quadricolor
Vieill. — Burm. $. U. II. p. 164. — Euler J. f. ©. 1867 p. 408.
2 Stück. Beide sind wahrscheinlich Weibchen: sie haben eine
etwas schmutzig goldgelbe Scheitelmitte; Stirn, Zügel und Augen-
gegend sind nicht schwarz, sondern nur wenig dunkler als ihre
Umgebung gefärbt. — Prinz Wied und Burmeister behaupten, dem
Weibchen fehle die gelbe Scheitelmitte; Reinhardt erhielt jedoch
Weibchen, die dieser Auszeichnung nicht entbehrten; es möchten
daher die Exemplare ohne gelbe Scheitelmitte als junge Vögel zu
betrachten sein!
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
13.9.3082. 14.7 166 85 76 12 20
PT BILIEN 20% 172 841), 80 154, 20
3) Sad. Brasili
0 19% |
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 245
Nr. 1 scheint jünger als Nr.2, bei ersterer ist die gelbe Schei-
telmitte schmutziger und der Schnabel kürzer.
[Prov, Bahia: Iiboya (Wied). — Barra da Vareda
(Wied). — Neu-Freiburg, nicht selten (Burm. u, Lund), Can-
tagallo, nicht selten (Euler), Rio Janeiro (Spix u. Burm.),
Registo do Sai (Natt.).. — Ypanema und Cimeterio, häu-
fig (Natt.), Campinas und Hytü (Lund). — Blumenau
(Schlüter). — Paraguay (Azara).]
20. Cissopis leveriana (Gmel.)
Sclat. P. Z. S. 1856 p. 78. — Pelz. Orn. Bras. pp. 217, 436.
— Reinh. Bidr. in V; M. 1870 p. 420 sp. 337. — Bethylus picatus
(Lath.). — Wied Beitr. III. p. 545. — Euler J. f. 0. 1867 p. 190.
— Üissopis major Cab. — Burm. S. U. III. p. 204.
1 Stück (ad).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
274, Cm. 109, Mm. 147 Mm. 18Mm. 25), Mm.
[?Unterer Amazonas (Bartlett — Sel. et Salv. P.Z.8.
1866 p. 181). — Prov. Bahia: Arrayalda Conquista (Wied).
— Prov. Minas, gemein (Lund u. Reinh.), — Neu-Freiburg
(Burm. und Reinh.). — Cantagallo, nistend (Euler), Macahe
(Reinh.). — Proy. Sao Paulo, häufig (Natt. u. Lund). — Blu-
menau (Schlüter).]
21.+ Pitylus fuliginosus (Daud.).
Selat. P. Z. S. 1856 p. 64. — Pelz. Orn. Bras. pp. 220, 437.
— Tanagra psittacing, Spix Av. Bras. Il. p. 44. — Fringilla gnatho
Licht. — Wied Beitr. II. p. 552. — FPitylus coerulescens Cab. —
Burm. S. U. IH. p. 206.
2 Stück, ein & ad und ein 2 oder jüngerer Vogel. An letz-
terem sind alle Theile viel matter und schmutziger gefärbt, als bei
dem &: Kehle und Kopfseiten sehr matt schwärzlich, kaum dunkler
als die Umgebung; auch der Schnabel ist heller als der des d.
Long. tot. al. caud. rostr, tars.
1) ad. 4? 217Cm. 106Mm. 109Mm. 22'Y, Mm. 26 Mm.
2) 2an juv. 23,7 „ 103, 101,2 03220 25 „
[Prov. Bahia: Rio Catol& (Wied). — Neu-Freiburg,
nicht häufig (Burm.), Rio Janeiro (Spix). — Prov. Sao Paulo:
Mattodentro,’.Ypanema, Butuyuru (Natt.). — Blumenau
(Schlüter). *)]
*) Wenn Pelzeln Exemplare dieser Species aus Cayenne und Pa-
nama, die sich im Wiener Museum befinden sollen, erwähnt, so möchte
hier wohl sicher ein Irrthum vorliegen, der wahrscheinlich auf einer Ver-
wechselung des P. fuliginosus mit P. grossus (Linn.) beruht, H.v.B,
246 Hans v. Berlepsch:
22. Spermophila caerulescens (Vieill.). — Azara nr. 125.
Pelz. Orn. Bras. p. 438. — Selat. Ibis 1871 p. 12. — Hamilt.
Ibis 1871 p. 303. — Fringilla leucopogon, Wied Beitr. II. p. 572.
— Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 190, 192, 198. — Spermophla ni-
grigularıs Gould et Darw. Voy. Beagle Zool. II. p. 88. — sSporo-
phia ornata (Licht.). — Burm. S. U. II. p. 243. — Id. La Plata-
Reise sp. 165. — Euler J. f. O. 1867 p. 414. — Spermophla or-
nata (Licht.). — Selat. et Salv. P. Z. S. 1869 p. 632. — Pelz. Orn.
Bras. pp. 224, 438. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 442 sp. 323.
3 Stück (2 & und 1 2 oder juv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
1) & (mit weissem
1
erese) } 120Mm. 58%, Mm. 49Mm. 9Mm. 14%, Mm.
2)8. ».- 215,0 D7-58 „ RT, OR
3) 2 aatjav. . : ıldb „ "bbiky „Ag, SOysEr
Nr. 1 hat die Basis der 5. bis 9. Schwinge schneeweiss ge-
färbt, wodurch oben auf dem Flügel ein netter weisser Spiegel ent-
steht;*) bei Nr. 2 ist von einem solchen Spiegel keine Spur vor-
handen. .
[Brasilien: Bahia (Licht.); Prov. Matogrosso (Natt.);
Prov. Minas Geraes (Lund u. Burm.); bei Rio Janeiro sehr
gemein (Burm., Wied, Natt., Reinh.), Neu-Freiburg, häufig
(Lund), Cantagallo (Euler); Prov. Sao Paulo, häufig (Natt.,
Lund, Hamilt.); Blumenau (Schlüter). — Bolivia (D’Orb.). —
Paraguay (Azara). — Monte Video (Darwin). — Argenti-
nien: Mendoza und Parana, nicht häufig (Burm.).]
23. Zonotrichia pileata (Bodd.). — nr. 135.
Pelz. Orn. Bras. pp. 229, 439. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870
p. 407 sp. 316. — Selat. Ibis 1870 p. 499. — Hamilt. Ibis 1871
p- 303. — Fringilla matutina Licht. — Wied Beitr. II. p. 623. —
Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 190, 192. — Zonotrichia matutina
(Licht.). — Darw. Voy. Beagle Zool. II. p. 91. — Burm. $. U. Il.
p- 229. — Burm. La Plata-Reise Nr. 157. — Euler J. f. O. 1867
p- 412. — Sternberg J. f. O. 1869 p. 271.
3 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
135—144 Mm. 66—70 Mm. 57—64Mm. 12—13 Mm. 20—21!/, Mm.
*) Nach Natterer’s Erfahrung kommt dies sehr selten vor; unter 13.44,
welche jener Reisende sammelte, befand sich nur ein Vogel, welcher deut-
lich weisse Wurzeln an der 4. bis 7. Schwinge besass. — Uebrigens be-
schreibt Prinz Wied ein ebensolches Exemplar. H.v.B,
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharına, Süd-Brasilien. 247
[Fast in ganz Süd- und Central-Amerika zu Hause und
hier überall häufig. In Guatemala ist sie sehr gemein (Salv.)
und scheint noch nördlich bis nach Mexico vorzukommen (Müller
syst. Verz. Thier. Mex. Nr. 446) — in West-Indien fehlt sie, ist
dagegen über den ganzen südamerikanischen Continent
östlich und westlich der Anden verbreitet: in Chile und Pata-
gonien ist sienoch häufig und wurde in derMagellanstrasse:
Sandy Point im Novbr. und März von Cunningham angetroffen.]
24, Sycalis flaveola (Linn.)
Pelz. Orn. Bras. pp. 231, 440. — Selat. Ibis 1872 p. 41. —
Fringilla brasiliensis, Spix Av. Bras. II. p. 47. — Wied Beitr. II. p.
614. — Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 190, 192, 198. — Sycalıs
brasiliensis (Gmel.) — Burm. S. U. II. p. 253. — Euler J. f. O.
1867 p. 415. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 402 sp. 310.
13 Stück (4 & und 92 oder juv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
Add ....125-135 72—73 51—53 9,—11 17—18
9 92 oder juv. 115—130 67—71 48—52 9-10, 161, —17!]a
“ Die && scheinen völlig ausgefärbt und stimmen unter sich
überein. Die Weibchen oder jungen: Vögel haben zum grössten
Theil lerchenfarbiges Gefieder, welches nur an Brust, Oberkopf
und Steiss mehr oder weniger mit Gelb gemischt ist. Bei einigen
sind nur an der Oberbrust gelbliche Striche vorhanden und so ge-
färbte Individuen passen nieht ganz schlecht zur Beschreibung der
Weibehen von $. Pelzelni Sclat., aber das uropygium ist bei ihnen
nicht gestreift. Zelzelni (= brasiliensis Pelz.) möchte aber wohl
doch von jlaveola verschieden sein, da die Färbung des Männchens
eine andere ist.*) Ob Azara’s Beschreibung sowie verschiedene
andere Citate besser zu flaveola oder zu Pelzelni zu stellen sind, ist
schwer zu entscheiden, weil beide Arten so ziemlich denselben Ver-
breitungsbezirk besitzen.
[Santa Martha (Wyatt). — Bogota (Mus. Sclat). — Ve-
nezuela: Orinocco, häufig (Taylor. — Trinidad (Finsch).
— Jamaica, wahrscheinlich eingeführt (Gosse und Osburn). —
Brit. Guiana (Schomb.). — Bolivia (D’Orb.). — Brasilien:
Minas Geraes (Spix, Lund u. Reinh.); Neu-Freiburg (Lund
‘*) Möglich wäre es jedoch immerhin, dass S. Pelzeln? sich nur auf
jüngere Männchen und jüngere Weibchen der faveola gründet.
H,v.B,
248 Hans v. Berlepsch:
und Reinh.), Cantagallo (Euler), Sapitiba (Natt.); Ypa-
nema, häufig, und Jaguaraiba (Natt.); Blumenau (Schlüter).]
25. Cassccus cristatus (Bodd.). — Azara nr. 57.
Pelz. Orn. Bras. pp. 191, 430. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870
p. 401 sp. 309. — Cassicus eristatus (Bodd.) — Wied Beitr. II. p.
1220. — Burm. S. U. II. p. 275. — Euler J. f. ©. 1867 pp. 189,
195. — Cassicus eitreus (Müll.) — Cass. Proc. Ac. N. Sc. Philad.
1867 p- 68.
8 Stück (4 & und 4 9). — 2 alte dd zeigen am Unterhalse,
Rücken und in den grossen oberen Flügeldecken einige breit hell-
gelb gesäumte Federn. Wied, Natterer und Reinhardt erhielten
ebenfalls öfters solche Exemplare, deren schwarzes Gefieder mit
einzelnen gelben Federn durchsetzt war; es scheint daher, dass
bei dieser Species eine grosse Neigung zur Ausartung vorwaltet.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
4 dd ad 43',—473, 210-250 182—201 56—60 45—49
498... 85-37 Y% 168—179 151—163 461,48 39-40
[Veragua: Bugaba (Salv... — Panama (Lawr.), — dann
fast ganz Süd-Amerika: Magdalena (Wyatt). — Bogota
(Mus. Sclat.. — Ecuador: Qualaquiza (Fras.), Rio Napo
(Verr.). — Venezuela (Mus. Hein.). — Trinidad (Finsch), —
Br. Guiana (Schomb.). — Ost-Peru (Tschud., Bartlett, Haux-
well). — Bolivia (Gray). — Paraguay (Azara). — Bekannt
aus allen Theilen Brasiliens, südlich bis Blumenau (Schlü-
ter). — (?)Argent. rep.! (Gray Handl. birds).]
26. Cassicus haemorrhous (Linn.).
Wied Beitr. III. p. 1230. — Burm. S. U. II. p. 274. — Cass.
Proc. Ac. N. Sc. Philad. 1867 p. 63. — Pelz. Orn. Bras. pp. 193,
431. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 400 sp. 308.
11 Stück. — Es scheint kein ganz altes d dabei zu sein, son-
dern nur Weibchen und jüngere Vögel.
Long. tot. al. caud.
Alte 29? ... 26—281,Cm. 147—164Mm. 102—112Mm.
rostr. 34—37 Mm. tars. 31—34 Mm.
Long. tot. al. caud.
3 junge Vögel 231g 251/, Cm. 1344,—135 Mm. 96—98 Mm.
rostr. 311/,—32'/, Mm. tars. 23—29 Mm.
Cassicus affinis Swains. wird von Cassin und Pelzeln für spe-
cifisch verschieden von ©. haemorrhous und als nördlicher Vertreter
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 249
desselben, in Guiana, Cayenne, Trinidad, RioNegro —
— Natt. und Para — Natt. betrachtet. Cassin hat ]. c. die Un-
terschiede beider Arten, welche nur in der Form des Schnabels
begründet zu sein scheinen, dargelegt; ich selbst kann Nichts
darüber sagen, weil mir keine nördlichen Exemplare zur Verglei-
chung vorliegen.
[@)Para (Wallace)*). — Bahia (Cass.). — Cubatao in
Matogrosso (Natt.), — Rio Belmonte (Wied), — Minas
Geraes, häufig (Reinh.). — Prov. Rio Janeiro (Natt. und
Cass.). — Prov. Sao Paulo (Natt.). — Blumenau in Sta. Ca-
tharina (Schlüter).]
27. Molothrus bonariensis (Gmel.). — Azara nr. 61.
Cass. Proc. Ac. N. Sc. Philad. 1866 p. 19. — Sclat. u. Salv.
P. Z. S. 1868 p. 140. — ?Pelz. Orn. Bras. p. 200 Anm. — Hud-
- son P. Z. S. 1870 pp. 333, 548, 671. — Finsch P. Z. S. 1870 p.
576 et 577 sub M. atronitens. — Selat. P. Z. S. 1871 p. 515. —
Molothrus sericeus (Licht.) nec Cass. — Pelz. Orn. Bras. pp. 200,
432. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 397 sp. 304. — Molobrus
sericeus, Burm. 8. U. Ill. p. 279. — Id. La Plata-Reise sp. 185. —
Euler J. f. O. 1867 p. 415. — Sternberg J. f. O. 1869 p. 125. —
Passerina discolor Vieill. nec Cass. sp. — Aanthornus purpurascens
Hahn nec Cass. sp. — Ieterus minor, Spix Av. Bras. I. p. 67. —
Pelz. Orn. Bras. p. 201 Anm. — Molothrus niger, Gould u. Darw.
Voy. Beagle Zool. IM. p. 107. — Icterus violaceus, Wied Beitr. IH
b. p. 1212. — Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 190, 194.
5 Stück (1 3 ad. und 4 22 oder juv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
Dad... 190 116 83 17 27
2) 4 92 an juv.. 180-197 99—111 68—78 15—17 26— 26";
3) & ad. Buenos
Ayres in coll. 207 115 89 105, 21.
mea e
Der Vogel aus Buenos Ayres, dessen Maasse ich hier zur Ver-
gleichung gebe, stimmt in jeder Beziehung mit dem & aus Blu-
menau überein. Ein junges & aus Blumenau im Uebergangsge-
fieder hat nur violettblauen Kopf und Hals während die übrigen
Körpertheile noch grau wie bei den jungen Vögeln gefärbt sind,
ih *) Wohl zu C, affinis gehörig. — H.v. B.
250 Hans v. Berlepsch:
doch kommen auch hier schon einzelne violettblaue Federn zum
Vorschein. Die Weibchen oder jüngeren Vögel stimmen zu der
von Cassin und Anderen gegebenen Beschreibung des betreffenden
Kleides.
Was die Synonymie anbetrifft, so hat Dr. Finsch (P. ZS.
1870 p. 577) mit Recht darauf hingewiesen, dass Cassin im Irrthum
befangen war als er den Lichtenstein’schen Namen „JZeterus seri-
ceus“ sowie verschiedene andere der älteren Autoren, die sicher
alle zu M. bonariensis gehören, auf einige neue von ihm beschriebene
Molothrus-Arten zu deuten suchte. Cassin’s M. sericeus ist, nach,
seiner Beschreibung zu urtheilen, eine von dem hier in Rede stehen-
den M. bonariensis sehr verschieden gefärbte Species. Herr v. Pel-
zeln, der die Güte hatte, das Männchen aus Blumenau mit den
Exemplaren Natterer’s zu vergleichen, theilt mir mit, dass es mit
jenen übereinstimmt; der M. sericeus, Pelz. Orn. Bras. p. 200 ge-
hört also ebenfalls hierher und nicht etwa zu der von Cassin be-
schriebenen Species. Herr v. Pelzeln erwähnt in der Anmerkung
ein Exemplar des Wiener Museums aus Buenos Ayres, welches er
zu bonariensis Gmel. rechnet und für verschieden von sericeus hält;
er schreibt mir, dasselbe gehöre einer nahe verwandten, aber
grösseren Art an, welche er jedoch noch näher vergleichen müsse.
Sollte sich hier wirklich eine andere Species herausstellen, so
würden bei Buenos Ayres zwei nahe verwandte Arten vorkommen,
denn mein Exemplar von dort ist sicher mit der Blumenauer Spe-
cies identisch.
[?Venezuela (Mus. Hein.). — (?)Peru (Tschud.). — Bra-
silien: Mexiana (Wallace), Santarem (Natterer); Borba
(Natt); Goiaz, Cuyaba und Tenente Borges (Natt.); Ba-
hia (Wied); in den Campos von Minas Geraes gemein (Burm.
und Reinh.); Parahyba und Cabo Frio, häufig (Wied), Neu-
Freiburg, häufig (Burm.), Cantagallo (Euler); Prov. Sao
Paulo, häufig (Natt.); Blumenau (Schlüter). — Paraguay
(Azara). — Bolivia (Mus. Sclat.).. — Argentinien, überall
sehr gemein (Burm., Huds. und Andere): in den weniger bevöl-
kerten Gegenden des Südens minder häufig (Sternberg). — Chile!?
(Mus, Selat.).]
NB. Wie weit die Verbreitung von M. bonariensis sich nach
Norden erstreckt, ist schwer zu bestimmen, weil sein nördlicher
Vertreter M. Caassini Finsch (= discolor Cass. nec Vieill.) wegen
der grossen Aehnlichkeit mit bonariensis wahrscheinlich oft mit jenem
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 251
verwechselt worden ist. Der im Mus. Hein. angegebene Fundort
„Venezuela“ möchte wohl auf Cassini Bezug haben. Die Localitäts-
angabe „Chile“ im Mus. Sclat. ist wohl auch irrthümlich !
283. Cassidix oryzivora (Gmel.). — Azara nr, 60.
Selat. P. Z2.,5. 1859 p. 140. — Sclat. u. Salv. P. 2. S. 1867
pp. 573, 973 et 1869 p. 252. — Cass. Proc. Ac. N. Sc. Philad.
1866 p. 416. — Pelz. Orn. Bras. p. 432. — Cassicus niger Daud. —
Wied Beitr. II. p. 1241. — Scaphidurus ater (Vieill.).. — Burm.
S. U. II. p. 278. — Cassidiv ater (Vieill.), Cass. Proc. Ac. N. Sc.
Philad. 1866 p. 415. — Pelz. Orn. Bras. pp. 201, 432.
2 Stück (3 ad?).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
2 St. Blumenau 34—341}, 185—188 140 35 41
2St. Yurimaguas, ) Long. tot. al. caud. rostr.
Ost-Peru (Pöp- Cm. Mm. Mm. Mm.
pig) in Mus. 33 180—193 140-142 37— 371
Lips. tars. 45—47 Mm.
Beide Blumenauer Exemplare stimmen in der Färbung, über-
ein. ‚Der eine Vogel hat an der Schneide des Oberschnabels (etwa
in der Mitte desselben) einen starken Absatz oder Zahn, wovon
bei dem anderen keine Spur zu sehen ist. 2 Exemplare aus Ost-
Peru (Pöppig) haben auch keinen Absatz am Rande des Ober-
schnabels; sie besitzen viel breitere Stirnschilder und der
Schnabel ist mehr gebogen und etwas länger als bei den Blume-
nauer Vögeln; doch scheint die Schnabelform bei C. oryzivora über-
haupt sehr zu variiren, und es befindet sich unter den mir vor-
liegenden Exemplaren nicht eins, welches in dieser Beziehung voll-
kommen mit einem anderen harmonirte. In der Färbung stimmen die
Peruaner mit den Blumenauern gut überein. Ich sehe keinen Grund
ein, weshalb man den Gmelin’schen Namen „oryziworus“ beseitigen
müsste. Latham’s Beschreibung, worauf Gmelin’s oryzworus basirt,
passt recht gut auf unsere Species. Wenn letzterer etwas kleine
Maasse giebt, so lässt sich dies zum Theil dadurch erklären, dass
der Schwanz seines Exemplars defeet war, wie er ausdrücklich er-
wähnt. Jedenfalls gehören wohl auch die Vögel hierher, welche
Cassin unter „oryzivora Gmel.“ aufführt.
Ob die von Cassin als „©. mexicanus Less.“ abgetrennte kli-
matische Form der O. oryziwora wirklich als artlich. verschieden zu
252: Hans v. Berlepsch:
betrachten ist, kann ich jetzt nicht untersuchen; Selater und Sal-
vin scheinen hierin nicht mit Cassin übereinzustimmen. Die geo-
graphische Verbreitung der C. mexicana würde sich von Süd-
Mexico bis Panama erstrecken.
[O. oryzwora: Bogota (Sclat., Cass.). — Ecuador: Palla-
tanga (Fraser). — Venezuela (Göring u. Mus. Hein.). —
Guiana (Schomb.). — Surinam (Mus. Hein... — Cayenne
(Cass.). — Ost-Peru (Pöppig und Hauxwell. — West-Peru
(Tschud.). — Bolivia (Mus. Vindob.). — Paraguay (Azara). —
Aus ganz Brasilien bekannt, südlich bis Blumenau (Schlüter)
verbreitet. ]
29. Synallazis ruficapilla Vieill.
Burm. S. U. II. p. 38 part. — Sclat. P. Z. S. 1856 p. 97 et
1859 p. 192. — Pelz. Sitzungsb. Wien. Ac. 1859 p. 116. — ?Burm.
La Plata-Reise sp. 102. — Pelz. Orn. Bras. pp. 35, 410. — Reinh.
Bidr. in V. M. 1870 p. 385 sub $. frontahs. — ?Gould u. Darw.
Voy. Beagle Zool. II. p. 79 (excel. syn. Spix). — Synallaxis einereus,
Wied Beitr. II. p. 685.
2 Stück (3 ad.?), in der Färbung vollkommen unter sich
übereinstimmend.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
140—157 54-551, 75—81 12—121% 20—21
[?Brit. Guiana (Schomb.). — (VOst-Peru (Tschud.). —
Brasilien: Para (Licht); Waldstrasse des Cpt. Filis-
berto (Wied); Prov. Sao Paulo: Ypanema, Curytiba, Yta-
rar& — häufig (Natt.); Blumenau (Schlüter). — ?Maldonado,
Juni, selten (Darw.). — ?Santa F& in Entre Rios, gemein
(Darw.). — ?La Plata-Staaten: bei Parana, nicht häufig
(Burm.), Buenos Ayres (Darw.).]
NB. Wegen der häufigen Verwechselung der 8. rufcapilla mit
nahe verwandten Arten ist es schwer, die geograph. Verbreitung
festzustellen. Tschudi’s Vogel aus Ost-Peru scheint hierher zu ge-
hören; dieser Reisende sagt jedoch, die Schwanzfedern hätten
glänzend schwarze Schäfte, während sie bei meinen Exemplaren
rothbraun wie die Fahnen gefärbt sind. In Minas wurde ruficapilla
weder von Lund noch Reinhardt gefunden, es möchten deshalb
Burmeister’s Exemplare aus Lagoa Santa und Congonhas zu $.
frontalis Natt. gehören; was Burmeister als Weibchen der rufica-
püla beschreibt, ist eben S, frontalis, und dürften somit alle von
Zur Örnithologie der:Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 253
ihm gesammelten Exemplare Weibchen in seinem Sinne
sein. — Azara’s Nr. 236 und 237 scheinen zu frontalis Natt. zu ge-
hören, Selater erhielt aus Argentinien bisher nur $. Spiei und
vermuthet daher, dass Burmeister’s rujicapilla (La Plata-Reise p.
468) zu dieser Art gehören möchte; dadurch werden auch Dar-
win’s Fundörter unsicher. Ä
30. Anabatoides fuscus (Vieill.).
Burm. S. U. II. p. 24. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 377
sp. 281. — Xenops anabatoides Temm. — Pelz. Sitzungsber. 1859
p- 132. — Pelz. Orn. Bras. pp. 41, 411.
i Stück. Die Beschreibung Burmeister’s passt ziemlich gut
auf dies Exemplar, nur muss ich bemerken, dass bei letzterem die
Kehle fast rein weiss (mit sehr schwachem gelblichen Anflug) ge-
färbt ist und ebenso der Streifen hinter dem Auge; Nackenring
und Zügel dagegen sind stark rostgelblich gemischt. Oberkopf
und Backen sind viel dunkler als der Rücken und fallen mehr in’s
Kastanienbraune. Herr Dr. Cabanis hat übrigens diesen Vogel mit
den im Berliner Museum befindlichen Exemplaren verglichen und
schreibt mir, dass er mit denselben übereinstimme.
Long. tot. 190 Mm. al. 95 Mm. caud. 85 Mm. tars. 22 Mm.
[Campos von Minas Geraes: Sete Lagoas (Burm.). — Prov.
Rio: Parahyba, Parahybuna und Cantagallo (Lund). —
Prov. Sao Paulo (Licht): Mattodentro und Ypanema
(Natterer). — Sta. Catharina: Blumenau (Schlüter).]
3l. Dendrocolaptes picumnus Licht.
Selat. P. Z. S. 1868 p. 56. — Pelz. Orn. Bras. pp. 43, 412. —
Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 376 sp. 278. — Dendrocolaptes pla-
Zyrostris, Spix Av. Bras. I. p. 87. — Dendrocopus platyrhynchus,
Burm. S. U. II, p. 9.
1 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
26'/, Cm. 119 Mm. 115 Mm. 38 Mm. 27 Mm.
[Prov. Rio: Rio Janeiro (Spix und Natt.), Registo do
Sai (Natt.), Neu-Freiburg (Lund), — Minas Geraes: La-
goa Santa, Sete Lagoas, Paracatu (Lund und Reinh.). —
Rio Paranaiva in Matto Grosso (Natt.).. — Prov. Sao
Paulo: Ypanema, häufig, und Ytarar& (Natt.). — Sta. Ca-
tharina: Blumenau (Schlüter).]
32. Xiphocolaptes albicollis (Vieill.).
Pelz. Orn. Bras. pp. 43, 412. — Hamilt. Ibis 1871 p. 304. —
Hans v. Berlepsch:
Dendrocolaptes decumanus Licht. — Spix Av. Bras. I. p. 86. — Burm.
S. U. II. p. 10. — Dendrocolaptes guttatus, Wied Beitr. II. p. 1120.
1 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
50 Cm. 127 Mm. 122 Mm. 47 Mm. öl Mm.
Lafresnaye sagt in seiner Diagnose: „rostro supra mediocro
arcuato, faleiformi, subtus fere recto“, an meinem Exemplar ist
aber auch der Unterschnabel sehr deutlich gebogen.
[Rio Espirito Santo und Cabo Frio (Wied), Neu-
Freiburg (Burm., Rio Janeiro (Wied und Natt.), Registo
do Sai (Natt); Sao Paulo (Licht. und Hamilt.), Ypanema,
häufig, und Curytiba (Natt.); Blumenau (Schlüter). — (?) Bo-
livia (Gray Handl.). — )Argentin. Republ. (Gray Handl.).]
33. Oxyrhamphus flammiceps (Temm.).
Burm. 8. U. IN. p. 33. — Pelz. Orn. Bras. pp. 42, 412.
2 Stück, wie es scheint Z und 9.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
168-175 Mm. 96—99 Mm. 66-70 Mm. 16 Mm. 20 Mm.
Der Vogel, den ich für ein $ halte, ist in allen Dimensionen
etwas kleiner als der andere, die schwarzen Flecken auf der Brust
sind verwaschener und länglicher, das Roth der Scheitelmitte ist
weniger ausgedehnt u. S. w.
[Rio Janeiro, Mai, Juni, Rio Parana, Mai — 6 Exempl.
(Natterer). — Blumenau (Schlüter).]
34. Thamnophilus severus (Licht.).
Burm. S. U. IH. p. 90. — Selat. Edinb. Phil. Journ. n.s. 1. p.
2530 et P. Z. S. 1858 p. 2083. — Pelz. Orn. Bras. pp. 75, 416.
3 Stück (2 & ad und 1 2 oder juv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
28... ..20—221, 93 106-111 23-2315 034
1 2 oder jJuv. 223], 90 111 23 331
[Minas Geraes (Such), von Burmeister, Lund und Rein-
hardt dort nicht gefunden. — Prov. Sao Paulo (Licht.): Mat-
todentro und Ypanema, sehr häufig (Natt.). — Sta. Catha- |
rina (Burm.): Blumenau (Schlüter).]
35. Pyriglena leucoptera (Vieill.).
‚ Selat. P. Z. 8. 1858 p. 246. — Pelz. Orn. Bras. pp. 85, 419.
— Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 363 sp. 260. — Myiothera domi-
cella Licht. — Wied Beitr. II. p. 1058. — Euler J. f. ©. 1867
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 255
pp. 189, 190, 194, 198. — Pyriglena domicella (Licht... — Burm.
S. U. III. p. 59. — Euler J. f. O. 1867 p. 401.
2 Stück (33 ad.), in der Färbung unter sich übereinstimmend.
Das eine Exemplar ist in allen Dimensionen etwas grösser als das
andere; bei dem kleineren Vogel hat der verborgene weisse Rücken-
fleck grössere Ausdehnung.
. Long. tot. al. caud. rostr. ‚tars.
163—184 Mm. 79—83 Mm. 76—79Mm. 16Mm. 30-31 Mm.
[Südost-Brasilien: Bahia (Licht); Minas Geraes,
nicht häufig (Reinh.): Lagoa Santa (Lund); Cantagallo (Euler),
Rio Janeiro (Natt., Mus. Sclat.), Registo do Sai (Natt.); Ypa-
nema und Mattodentro (Natt.); Blumenau (Schlüter). —
Bolivia: Chiquitos (D’Orb.).]
36. Grallaria imperator „Natt.“ Lafr.
Lafr. Rev. Zool. 1842 p. 333. — Burm. 8. U. II. p.50 Anm. —
Selat. P. Z. S. 1858 p. 280. — Selat. u. Salv. P. 2. S. 1869 p. 418.
— Pelz. Orn. Bras. pp. 91, 420. — Myvothera grallaria Licht. (nec
Lath.), Doubl. Verz. p. 45 nr. 468 excl. syn. — Myioturdus rex
Wied (nee aut.) Beitr. II. p. 1027 excl. syn. — Menötr. Monogr.
Myioth. p. 462 sp. 1. — Colobathris imperator, Cab. Orn. Not. 1. p.
217. — Grallaria rex, Burm. (nec aut.) S. U. II. p. 49 exel. syn.
Pt. — Myiotrichas imperatrie, Cab. et Hein. Mus. Hein. II. p. 6 sp.
4. — Grallaria varia part., Pelz. Orn. Bras. IV. p. 420.
2 Stück, nur eins davon konnte ich untersuchen.
Long. tot. al. caud. rostr. tars,
20 Cm. 132 Mm. 55 Mm. 27 Mm. 581,
Das eine Exemplar, welches ich untersuchte, stimmt gut mit
den Beschreibungen Wied’s und Burmeister’s (ihres „@. rex“) über-
ein, weniger gut mit den Notizen, welche Natterer über die Fär-
bung seines G. imperator gegeben hat. Um hierüber in’s Klare zu
kommen, schickte ich den Vogel an Herrn v. Pelzeln, welcher die
Güte hatte, denselben mit den Originalen Natterer’s im Wiener
Museum zu vergleichen. Als Resultat seiner Untersuchung theilt
mir dieser ausgezeichnete Forscher Folgendes mit:
„Ich habe den Vogel mit den beiden männlichen Original-
Exemplaren von Natterer’s G. imperator verglichen. In der Fär-
bung sind allerdings Unterschiede vorhanden. Die Oberseite zieht
an Ihrem Exemplare mehr in Oliv, die lichten Schaftstriche sind
mehr gelblich, am uropygium ist eine ocherfarbene Binde (welche
an latterer’s Exemplaren fehlt). Die Unterseite ist viel mehr mit
256 Hans v. Berlepsch:
Ocher gefärbt und die Unterschwanzdecken sind fast, rostgelb (bei
@. imperator ocherfarben). Da jedoch die Dimensionen vollständig
mit den von Natterer gesammelten Individuen übereinstimmen, so
halte ich Ihren Vogel aus Blumenau für speeifisch
identisch mit @. imperator, und möchte vermuthen, dass die
Färbungsdifferenz nur dadurch begründet sein dürfte, dass Ihr Exem-
plar in einer anderen Jahreszeit erlegt sei und sich im frischeren,
intensiver gefärbten Gefieder vielleicht kurz nach der Mauser be-
finde. — Grallaria varia ist bedeutend kleiner und, wie ich glaube,
der Vertreter der @. imperator im Norden Brasiliens und Guianas.“
Ich habe, durch diese genauen Informationen belehrt, kein
Bedenken getragen, meinen Vogel hier als „@. ünperator Natterer“
aufzuführen, und habe ferner die Synonyme „rex Wied“, „rex
Burm.“, „grallaria Licht.“ u. s. w., deren Hierhergehörigkeit Pel-
zeln in Orn. Bras. p. 91 Anm. bezweifelte, abermals nach dem
Vorgange von Cabanis und Sclater mit imperator Natt. vereinigt. —
Sclater’s sehr kleine Maasse (P. Z. S. 1858 p. 280) beruhen wohl
auf einem Irrthum!
[RioGrande del Belmonte (Wied). — Sierra d’Estrella
bei Mandioco (Menötr.). — Sao Paulo (Licht): Ypanema
(Natt.). — Sta. Catharina (Burm.): Blumenau (Schlüter). —
Rio Grande do Sul (Mus. Hein.).]
37. Copurus colonus (Vieill.). — Azara nr. 180.
Sclat. P. Z. S. 1861 p. 381. — Pelz. Orn. Bras. pp. 100, 423.
— Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 552 sp. 243. — Hamilton Ibis
1871 p. 504. — Platyrhynchus filicauda, Spix Av. Bras. II. p. 12. —
Muscipeta monacha, Wied Beitr. II. p. 925. — Copurus filicauda,
Burm. S. U. I. p. 507. — Euler J. f. O. 1867 p. 232. — Musei-
capa monacha, Euler J. f. OÖ. 1867 pp. 189, 190, 193, 198. — Co-
purus funebris, Cab. u. Hein. Mus. Hein. I. (1859) p. 41 Anm. 2
(Minas Geraes) — ist junger Vogel!!
3 Stück (8, 2? und juv.).
Long. al. caud. caud. rostr. tars.
tot. (cum rectri- (sine
eibusiongis- rectr.
simis) long.)
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
ı 1 ı (in der
Pay iv EN NE 92 66 8% 14"), Mauser.)
NT TINN 123 64"), 9 14"),
3) Juve (P) 50» 1% 21186 74!, u 61 9%, 141,
4 ?) Brasili
eh ch Man, Bde ABU.
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 257
Die längsten Schwanzfedern überragen die kürzeren bei Nr. 1
am 79 Mm., bei Nr. 3 um 59 Mm., bei Nr. 2 scheinen sie nicht
ausgewachsen zu sein.
Der Vogel, den ich für ein altes & halte, stimmt völlig mit
einem anderen Exemplar meiner Sammlung aus Brasilien (?) über-
ein: Stirn und Gegend über dem Auge sind rein weiss, die hin-
teren Theile des Oberkopfes schmutziger weissgrau gefärbt; das
sanze übrige Gefieder schwarz, auf der Oberseite reiner und glän-
zender, auf der Unterseite matter und bräunlicher — uropygium
schneeweiss. Die zwei verlängerten Schwanzfedern sind bei beiden
&g an der Spitze viel schmäler als an dem 2(?) aus Blumenau,
nämlich nur 5Min. breit, und die Verbreiterung von der Mitte der
Feder bis zur Spitze ist eine ganz allmähliche.
Der Vogel aus Blumenau, den ich für ein @ ansehe, hat Stirn
und Streif über dem Auge schneeweiss, dagegen den übrigen Ober-
kopf bis zum Nacken hinunter graubraun gefärbt (nur die Federn
nach der Stirn zu haben etwas weissliche Spitzen); Bauch und
Steiss schmutzig aschgrau, untere Schwanzdeckfedern schwarzbraun
mit aschgrauen Spitzen. Im Uebrigen stimmt dieser Vogel in der
Färbung mit den beiden 34 überein, aber die Form der beiden
verlängerten Schwanzfedern ist eine andere: dieselben sind etwas
kürzer als bei beiden 4 und ihre Eahnen erweitern sich etwa
2 Cm. vor der Spitze ziemlich schnell, so dass die Federn am Ende
(an ihrer breitesten Stelle) etwa 3 Mm. breit werden. — Copurus
Fuseieapillus Sclater scheint, nach der Beschreibung zu urtheilen,
sich nur auf ein solches Kleid des ©. colonus zu beziehen!
Endlich hat Herr Schlüter einen interessanten Vogel geschickt,
der wohl das Jugendkleid des ©. colonus darstellen möchte. Der-
selbe hat die 2 verlängerten Schwanzfedern noch nicht, der Schwanz
besteht nur aus 8 gleichlangen Federn. Die ganze Oberseite dieses
Vogels ist einfarbig schwarz, auf Kopf und Rücken ziemlich rein
und glänzend; die Unterseite ist ganz wie bei den oben beschrie-
benen && gefärbt (also nicht mit asehgrauem Bauche). Das uro-
pygium ist ebenfalls schwarz, doch zeigen sich hier zwei Feder-
chen, welche an ihrer Spitzenhälfte schneeweiss ge-
färbt sind. — Herr Dr. Cabanis, welcher so liebenswürdig war,
diesen Vogel mit dem Typus von Copurus funebris Cab. u. Hein.
im Berliner Museum zu vergleichen, schreibt mir, dass sowohl mein
Exemplar wie das Original von Copurus funebris entschieden nur
junge Vögel des C. colonus seien! Ein ebensolcher Vogel, bemerkt
Cab. Journ. f, Ornith, XXI. Jahrg. No. 128. Mai 1878. 17
258 Hans v. Berlepsch:
Herr Dr. Cabanis, wurde von Herrn Euler in Cantagallo gesammelt,
und es befand sich auch bei diesem im uropygium eine weisse
Feder.
[Wenn ©. fuseicapillus Selat. nicht hierher gehört, so erstreckt
sich die geographische Verbreitung über: Ecuador, Quijos
(Verr.). — Ost-Peru (Tsebud.). — Brasilien: Bahia (Wied
u. Lieht.); Engenho do Gamain Matogrosso (Natt.); Prov.
Minas Geraes, gemein (Reinh.); Prov. Rio Janeiro, gemein
(Wied, Burm., Spix, Natt., Euler); Prov. Sao Paulo, häufig
(Natt. u. Hamilt.); Blumenau in Sta.Catharina (Schlüter). —
Paraguay, selten und nur im Winter (Azara).]
58. Machetornis rizosa (Vieill.). — Azara nr. 197.
Burm. S. U. II. p.514. — Id. La Plata-Reise sp. 69. — Selat.
et Salv. P. Z. S. 1868 pp. 142, 168. — Pelz. Orn. Bras. pp. 100,
423. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 352 sp. 242. —. Museiapa
joazeiro, Spix Av. Bras. II. p. 17. — Muscicapa miles, Wied Beitr.
II. p. 350.
1 Stück (29. — Dies Exemplar stimmt gut mit der vom
Prinzen Wied gegebenen Beschreibung eines weiblichen Vogels
überein, nur sind bei meinem Vogel keine roströthlichen Ränder
an «den Schwungfedern vorhanden und der Unterrücken ist kaum
heller als der Oberrücken gefärbt; auch sind die Seitenfedern des
Scheitels sowie Backen und Hinterhals viel heller und graulicher
als der Rücken. — Pelzeln sagt (Orn. Bras. p. 100), es bestehe
kein Unterschied zwischen & und 2!
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
190 Mn. 95 Mm. 82 Mm. 181, Mm. 30: Mm.
[Venezuela: Caracas (Göring). — Peru (ein Exemplar
von dort in Berlin gesehen — H. v. B.). — Bolivia (D’Orb. und
Mus. Sclat.).. — Paraguay (Azara). — Brasilien: Bahia
(Wied u. Mus. Sclat.); Nazareth das Farinhas am Jagoa-
ripa (Wied); Pernambuco (Swains.); Minas Geraes: Para-
catu an der Grenze von Goyaz (Lund); Cuyaba (häufig) und
Matogrosso (Natt.); Joazeiro am R. S. Francisco (Spix);
Blumenau in Sta. Catharina (Schlüter). — Argentinien:
bei Parana häufig und nistend (Burm.); Conchitas (Hudson).]
39. Platyrhynchus mystaceus Vieill. — Azara nr. 173.
Pelz. Orn. Bras. pp. 100, 423. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870
p: 352 sp. 241. — Platyrhynchus cancroma, Temm. Pl. Col. 12 f. 2.
- Burm, S. U. II. p. 500,
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 259
2 Stück (3 ad. u. ? oder jun.). — Das alte & hat einen ganz
hell rothbraunen Oberschnabel, während derselbe bei’'m 2 sive jun.
sehwarzbraun gefärbt ist. Letzteres zeigt nur ganz schwache Spu-
ren eines gelben Scheitels, der Schnabel ist bei ihm bedeutend
kleiner, der weisse Streif über dem Auge reiner und die Oberseite
ist dunkler als bei dem g und zieht etwas in’s Olivengrüne. Kehle
und Bauchmitte sind am 3 sehr weisslich gefärbt, am 2 stark rost-
gelb überflogen.
Long. tot. al. eaud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
Ba... 92 54 30 11 161, —17
2 an juv. 34 48 27 10 15
[Bahia (Licht.). — Prov. Minas Geraes: Lagoa Santa
(Reinh.), Sete Lagoas (Burm. und Reinh.). — Prov. Rio: Rio
Janeiro «Natt. u. Lund). — Prov. Sao Paulo: Ypanema
(Natt. u. Lund). — Prov. Sta. Catharina: Blumenau (Schlü-
ter). — Paraguay (Azara).]
NB. Ob die nördliche Form (aus Süd-Mexico und Central-
Amerika) Pl. canerominus Sclat. u. Salv. von cancroma specifisch
verschieden sei, was Pelzeln bezweifelt, kanı ich nicht sagen, weil
ich keine Exemplare von dort zur Vergleichung habe.
+40. Myiobius naevius (Bodd.).
Pelz. Orn. Bras. pp. 114, 426. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870
p- 332 sp. 214. — Selat. u. Salv. P. Z. S. 1868 p. 142. — Platy-
rhynchus chrysoceps, Spix Av. Bras. II. p. 10. — Muscipeta chryso-
ceps, Wied Beitr. II. p. 940. — Myiobius auriceps, Gould u. Darw.
Voy. Beagle III. p. 47. — Muscipeta virgata (Gmel.). — Burm. $.
U. II. p. 486. — Id. P. Z. S. 1866 p. 2. — Euler J. f. O. 1867 p.
229. — Sternberg J. f. O. 1869 p. 261.
2 Stück. Beide gleichgefärbt: mit lebhaft gelber Scheitelmitte
(bei dem einen Exemplare etwas lebhafter orangegelb als bei dem
anderen, wo sie mehr hellgelb erscheint) und breiten bräunlichen
Schaftstrichen auf den Federn des Unterhalses und der Brustsei-
ten. — Da Burmeister sagt, dass alte 8 einen feuerrothen
Scheitel bekommen, so möchten meine Exemplare wohl Weibchen
oder junge Männchen sein.
Long, tot... al. caud. rostr. tars.
2 Stück: 120—133 Mm. 63 Mm. 58 Mm. 12 Mm. 16 Mm.
[Veragua: Santa F& und Calovevora (P. Z. 8. 1867
p- 148, 1870 p. 198). — Magdalena-Thal: Ocana, gemein
17*
260 Hans v. Berlepsch: «
(Wyatt Ibis 1871 p. 333). — Venezuela: Carupano (Göring).
— Trinidad (Mus. Selat... — Cayenne (Buit.). — Peru:
Unterer Ucayali (Bartlett). — Bolivia: Moxos, Chiqui-
tos, Yungas (D’Orb.). — Brasilien: Minas Geraes: La-
&oa Santa, Sete Lagoas, Tejuco (Lund und Reinh.), Con-
sonhas (Burm.); Rio Janeiro, häufig (Natt., Wied, D’Orb.),
Neu-Freiburg (Burm.), Cantagallo (Euler); Cuyaba in
Matogrosso (Natt.); Ypanema (Natt.); Blumenau (Schlüter).
— Argentinien: Buenos Ayres, selten (Burm.; im August
— Darwin; brütend — Sternberg), Conchitas, nur im Sommer
(Hudson).]
NB. Nach Sclat. und Salv. (P. Z. S. 1568 p. 142) -wäre die
bei Buenos Ayres vorkommende Form etwas grösser als die nörd-
liche und vielleicht speeitisch verschieden! — Darwin’s Maasse
sind jedoch nicht grösser als die der Blumenauer Vögel, welche
ich oben gegeben babe. |
41. Pitangus Mazimiliani (Cab. u. Hein.)
Pelz. Orn. Bras. pp. 111, 425. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870
D- 339 sp. 220. — Muscicapa pitangua, Wied Beitr. II. p. 838. —
kuler J. f. ©. 1867 pp. 189, 193, 198. — Saurophagus masximiliani,
Cab. u. Hein. Mus. Hein. I. p. 638. — Finsch P. Z. S. 15%
P::5271:
1 Stück, in sehr schlechtem Zustande, wurde von Herrn Dr.
Gabanis, dem ich dasselbe zur Ansicht sandte, als „wahrscheinlich
zu Maximiliani gehörig“ bestimmt. — Dieses Exemplar hak sehr
abgeriebenes Gefieder.
Long. tot. al. eaud. rostr. tars.
21,2 Cm. 109 Mm. 81 Mm. 28 Mm. 23 Mm.
P. belliecosus (Vieill.)? |
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) Süd-Brasilien eoll. mea 24,6 119 95 al 27
2) Süd-Brasilien coll. ma 243 125 96 301, a
Ich muss gestehen, dass mir die artliche Verschiedenheit des
P. Maximsliani von P. bellicosus (Vieill.) nicht recht einleuchten
will; auch ist es mir noch zweifelhaft, ob P. swphuratus eine dritte
von den eben genannten Arten verschiedene Species ausmache,
oder sich nieht vielmehr auf frisch vermauserte junge Vögel der-
selben Species beziehen möchte. Die Hauptbedenken liegen für
meh in der geographischen Verbreitung dieser Arten, denn alle
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharma, Süd-Brasilien. 261
drei so ausserordentlich nahe verwandte Formen sollen in Südost-
Brasilien gemeinschaftlich vorkommen, nämlich:
1) sulphuratus bei Rio Janeiro (Exp. Novara), — auch Bo-
jivia und Argentinien (Gray Handl.) u. s. w.;
2) mazimihani in Nord- und Südost-Brasilien: Minas
Geraes (Reinh.) u. s. w.;
3) bdellicosus in Minas Geraes (Burm. Syst. Ueb.), Sao
Paulo (Natt.), — auch Bolivia (Mus. Brit.) u. s. w.
P. bellicosus soll sich von mazimikani nur durch bedeutendere
Grösse unterscheiden, doch beweisen die Maasse, welche Pelzeln
für die von; Natterer gesammelten Exemplare notirt, dass es Vögel
siebt, welche zwischen der kleinen und der grossen Form gewisser-
massen eine vermittelnde Stellung einnehmen; auch die oben no-
tirten Maasse zweier Exemplare aus Süd-Brasilien in meiner Samm-'
lung (wohl zu bellicosus gehörig) zeigen eine Abstufung. “Ueber
sulphuratus L. sagt Finsch, er uuterscheide sich von Maximihanı
nur durch die schmutziger gefärbte Stirn. Uebrigens masse ich
mir bis jetzt über die Dignität dieser Species durchaus kein end-
gültiges Urtheil an, weil ich nur wenige Exemplare untersucht
habe, aber ich hoffe durch meine Bemerkungen zu weiteren Unter-
suchungen anzuregen, die dann vielleicht zu einer besseren Be-
sründung der Arten führen möchten! — Die geographische Ver-
breitung des P. maximiliani dürfte sich unter den gegenwärtigen
Verhältnissen kaum mit Sicherheit feststellen lassen !
742. Myiodynastes solitarius (Vieill.). — Azara nr. 196.
Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p. 74. — Selat. P. Z. 5. 1859 p.
43. — Pelz. Om. Bras. pp. 112, 425. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870
p- 358 sp. 218. — Tyrannus audax, Wied (nec aut.) Beitr. II. p.
889. — Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 190, 194, 198. — Scapho-
rhynehus audaw, Burm. (nee aut.) S. U. I. p. 459. — Euler J. L.
0. 1867 p. 225.
i Stück, sehr schlechter ‚Balg.
Long. ‘tot, al. caud. rostr. tars.
Um. Mm. Mm. Mm. Mm.
Dnblumenau® 22,3 106 84 31 18
[2) Süd-Brasilien, coll. mea 21,5 all 32 23 18t/,]
[Ost-Peru (Tschud. und Bartlett), Pebas (Hauxwell). —
Bolivia: Santa Cruz de la Sierra und Chiquitos, selten
(D’Orb.). — Brasilien: Marabitanas und Barra do Rio
nesro (Natt.); Rio dos Pilvens (Natt.); Muribeca am Ita-
262 Hans v. Berlepsch:
bapuana (Wied); Minas Geraes, überall, aber nirgends häufig
(Reinh.); Rio Janeiro (Natt.), Cantagallo (Euler), Neu-
Freiburg, häufig (Burm.); Prov. Sao Paulo: Goyao, Ypa-
nema, Curytiba (Natt); Blumenau (Schlüter. — Para-
guay (Azara).]
43. Tyrannus melancholicus (Vieill.). — Azara nr. 198.
Burm. 8. U. Il. p. 464. — Burn. La Plata-Reise sp. 53. —
Euler J. f. O. 1867 p. 227. — Pelz. Orn. Bras. pp. 117, 426. —
Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 328 sp. 209. — Finsch P.Z. S. 1870
p. 572. — Muscicapa furcata, Spix Av. bras. Il. p. 15. — Tyrannus
furcatus, Wied Beitr. II. p. 534. — Euler J. f. O. 1867 pp. 189,
190, 194, 198. — Tyrannus satrapa (Licht.).]
10 Stück. — Darunter befindet sich ein sehr junger Vogel,
welcher folgendermassen gefärbt ist: Oberseite hell graugrünlich,
die Federn des Unterrückens und der oberen Schwanzdecken haben
roströthliche Ränder; die rothe Scheitelmitte fehlt gänzlich, nur
einige Federn des Scheitels sind schwach roströthlich gerandet.
Die Kchle ist wie bei den alten Vögeln weissgrau gefärbt, Ober-
brust etwas gelblichgrün gemischt, ganze übrige Unterseite blass-
gelblich, die hintersten Schwingen breit weisslich gerandet, alle
übrigen Schwungfedern sowie alle oberen Flügeldeckfedern ‚hell
rostroth gesäumt; die Primärschwingen zeigen noch nicht die cha-
rakteristische Ausbuchtung an ihren Innenfahuen. Eine Beschrei-
bung dieses Kleides finde ich nirgends, doch wird ein ähnlicher
junger Vogel von Finsch (l. e.) erwähnt. — Die übrigen Exemplare
stimmen unter sich ziemlich gut überein, die Kehle ist bei allen
weiss-grau gefärbt; keins derselben gehört daher zu T. albogularis
Burm., den Finsch für speeifisch verschieden erklärt.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cnı. Mn. Mm. Mm. Mm.
5ad.. 201,234, 112 —115%, 90-102 23—25 171-189),
4 jun. 20—21Y, 106— 109 86—89 21-23 17-181
[Verbreitet sich von Süd-Mexico durch Central-Ame-
rıka über den ganzen südamerikanischen Continent (auch
auf den Inseln Trinidad und Tobago vorkommend); sie über-
schreitet im Westen die Anden (südlichste Fundörter Lima*
— Nation und Cosnipata — Whitely), ist in denselben bis zu
einer Höhe von 9000‘ häufig (Whitely) und geht südlich bis Ar-
gentinien (dort häufig — Burm.; Conchitas, nur im Som-
mer — Hudson; Mendoza — Finsch) und Paraguay (Azara).]
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 263
44. Pachyrhamphus viridis (Vieill.). — Azara nr. 210.
" Seat. P. Z. S. 1857 p. 75. — Pelz. Orn. Bras. pp. 120, 427.
— Reinh, Bidr. in V. M. 1780 p. 322 sp. 205. — Pachyrhynchus
(’uvieri, Spix Av. Bras. II. p. 32. — Swains. Nat. Libr. Flycatch.
p- 85 pl. 4 (4 junior). — Muscipeta nigriceps, Wied Beitr. IM. p.
914. — Muscicapa nigriceps, Euler J. f. ©. 1867 pp. 189, 190, 195,
198. — Pachyrhamphus nigriceps, Burm. S. U. II. p. 454. — Euler
J. 1. O. 1867 p. 224.
1 Stück, altes Männchen, stimmt völlig mit der Beschreibung
des Prinzen Wied überein, nur haben die inneren Fahnen aller
- Schwungfedern keine meisten (wie Wied angibt), sondern
recht lebhaft hellgelbe und sehr breite Säume.. An meinem Männ-
chen (welches sehr alt zu sein scheint, denn die 2. rudimentäre
Scehwinge ist vollkommen entwickelt) ist die ganze Unterseite von
dem lebhaft gelben Brustbande an röthlich lehmgelb gefärbt. Ein
&d des Leipziger Museums (aus Brasilien) besitzt die 2. rudimen-
täre Schwinge noch nicht. In der Färbung der Oberseite stimnit
dasselbe völlig mit dem Blumenauer Vogel überein, nur ist das
Weiss an der Stirn bei ersterem ein wenig schmäler und beschränkt
sich fast ganz auf die Nasendeckfedern. Was die Färbung der
Unterseite betrifit, so sind Kehle und Backen etwas reiner weiss
und das Gelb der Brust sowie der unteren Flügeldeckfedern
ebenfalls etwas heller gefärbt als bei meinem Vogel. Unter-
brust, Bauch und untere Schwanzdeckfedern sind bei
dem Exemplare des Museums schmutzig weiss, nur die Bauch-
_ mitte schwach lehmgelblich überflogen. Der Schnabel ist bei mei-
nem Vogel etwas breiter und länger; im Uebrigen stimmen beide
Exemplare völlig überein. Aus dem 'Gesagten scheint mir aber
hervorzugehen, ‘dass die röthlich-lehmgelbe Färbung des
abdomen nur dem alten Männchen eigenthümlich ist,
und dass die jüngeren Männchen hier weisslich gefärbt sind. — In
Bezug auf die weissliche Färbung des abdomen stimmt ein weib-
licher (oder junger) Vogel im Leipziger Museum (aus Brasilien) mit
dem dort befindlichen "jungen & überein. Diesem 2 fehlt ebenfalls
die rudimentäre Schwinge, die kleinen Federn vor der Stirn sind
nicht weiss, sondern wie der ganze übrige Oberkopf grau-grün ge-
färbt, die dem Rücken am nächsten liegenden kleinen oberen Flü-
seldecken sind wie dieser grün, alle übrigen oberen Flügeldeck-
federn hell rostroth gefärbt, die Schwungfedern haben mehr grau-
grüne Ränder; alles Uebrige wie bei dem jungen d. — Schliess-
264 Hans v. Berlepsch:
lich bemerke ich noch, dass Herr Dr. Cabanis den Vogel aus Blu-
menau im Berliner Museum als altes Männchen des /. viridis be-
stimmt hat.
Long. tot. al. caud, rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) Er: u 1 1 (Balk)
a
® uhlunel 0 a a
[Bahia (Wied, Licht., Burm.), Camamu (Wied). — San-
grador, Cuyaba und Engenho do Gama in Matogrosso
(Natt.). — Minas Geraes: Lagoa Santa (Lund u. Reinlı.).
— Rio Janeiro (Natt. u. Lund), Cantagallo (Euler). —
Ypanema und Curytiba in Sao Paulo (Natt.., — Blu-
menau in Sta. Catharina (Schlüter). — Rio Grande do
Sul (Mus. Hein.). — Paraguay (Azara).]
45. Pachyrhamphus rufus (bodd.).
But. Pl. Enl. 453 f. 1. — Muscicapa rufa Bodd. — Muscicapa
sufescens mel. — Pachyrhynchus rufescens, Spix Av. Bras. Il. p. 54
tab. 46 f. 2. — Tüyra castanea, Jard. u. Selby, Ill. Orn. pl. X. £. 2.
— Muscipeta aurantia Wied (nec aut.) Beitr. II. b. (1831) p. 911
excl. syn. — Deser. orig. &u.2. — Pachyrhynchus ruficeps, Swains.
Anim,. in Menag. (Two Cent. et a Quart.) (1838) p- 288 deser.
orig. — Bathmidurus melanoleucus 2 (nec 8), Cab. Orn. Not. I, in
Wiegm. Arch. 1847 p. 244. — FPsaris melanoleucus (2), Bonap.
Consp. I. (1850) p. 181 gen. 355 sp. 4. — Bathmidurus melano-
leueus (Z juv. u. 2 juv.), Burm. Syst. Ueb. II. b. (1856) p. 451
(exel. syn. Saltator melanoleucus Vieill.) deser. — Pachyrhamphus
rufescens, Sclat. P. Z. S. 1857 p. 79 deser. d u. 2. — Pelzeln Orn.
Bras. II. (1869) p. 122 (Natterer’s sp. 260) und IV. (1870) p. 427.
— Zetetes polychropterus (part.), Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. (1859)
p. 87 sp. 274 part. — Pachyrhamphus polychropterus (part.), Selat.
Cat. Coll. Am. B. (1862) p. 242 sp. 1474 part. — Muscicapa
aurantia, Euler J. f. O. 1867 pp. 190, 195, 198. — Bathmidurus
melanoleucus Euler (nec aut.) Journ. f. Orn. 1867 p. 223. — Täyra
rufa, Gray Handl. birds I. (1869) p. 369 sp. 5612. — Muscicapa
poliauchenia Temm. — Natt. Catal. mse. — Psaris rubiginosa, Natt.
Catal. msc. Bar
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 265
1 Stück eingesandt. Dasselbe stimmt genau mit der Be-
sehreibung des Prinzen Wied (seiner Muscipeta aurantia) überein,
ebenso mit den Beschreibungen Burmeister’s, Swainson’s und An-
derer. Die 2. rudimentäre Schwinge ist nicht vorhanden; der ya
gel ist etwas in der Mauser.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
146 Mm. 75 Mm. 65 Mm. 121), Mm. 15 Mm.
[Habitat: ?Cayenne (Bufl.).. — Parä (Spix). — Ganta-
sallo (Euler), Neu-Freiburg (Burm.). — Pahor, Ypanema
und Curytiba in Sao Paulo (Natter.). — Blumenau (Schlü-
ter). — ()Rio Grande do Sul (Mus. Hein.).]
Meiner Meinung nach kann es jetzt keinem Zweifel mehr un-
terliegen, dass der Vogel, auf den sich die obenstehende Synonymie
bezieht, als eine selbstständige gute Art (deren & dem 2 gauz älın-
lich und rostroth gefärbt ist) und nicht etwa als das Weibchen oder
junge Männchen des polychropierus betrachtet werden müsse. Wir
haben jetzt eine Menge triftiger Beweise dafür:
1) Prinz Wied beschreibt unter Muscipeta aurantia unseren
Vogel und sagt, dass g und 2 nur wenig verschieden gefärbt seien
(Wied Beitr. p. 911).
2) Selater erhielt ganz ebenso gefärbte Vögel, bei denen dıe
rudimentäre 2. Schwinge vorhanden war, eine Eigenthümlichkeit,
die erfahrungsmässig nur den alten 3 der Pachyrhamphus-Arten
zukommt (P. Z. S. 1857 p. 79). »
3) Natterer sammelte solche Vögel, die er in seinem Kataloge
als besondere Art aufführt. 2 von ihm gesammelte Männchen
besassen ebenfalls die rudimentäre 2. Schwinge (Pelz. Oru. Bras.
p. 122).
4) Euler*) beobachtete die „Museipeta aurantia Wied“ (Euler
bestimmte damals seine Vögel nur nach Wied’s Beiträgen) bei dem
Brutgeschäft.
5) Das, Weibchen von P. polychropterus scheint nach Pelzeln’s
Bemerkungen (Orn. Bras. p. 125 Anm.) über die von Natterer ge-
sammelten Exemplare dieser Species ganz anders gefärbt zu sein!
— are kennen wir kein Uebergangskleid von den wie Musci-
=) er Euler würde zur definitiven Lösung dieser Frage jedenfalls am
ehesten im Stande sein, wenn er angeben könnte, ob die von ihm bei dem
Neste beobachteten beiden Geschlechter der M. aurantia gleich gefärbt
waren und mit der Beschreibung Wied’s von Männchen und Weibchen
übereinstimmten. — $ H.v.B
=
capa aurantia Wied gefärbten Vögeln zu den fast ganz schwarz ge-
fiederteu alten 4 des polychropterus, im Gegentheil scheinen alle
Exemplare «des P. rufus, welche bekannt geworden sind, auf das
Beste in der Färbung übereinzustimmen !
Uebrigens wundert es mich sehr, dass Sclater, der früher (P.
7. 8. 1357 p. 79) ganz entschieden für die Selbstständigkeit dieser
Art auftrat, dieselbe später in seinem Cat. Coll. Am. B. p. 242
wieder stillschweigend mit polychropterus vereinigt. Was die rich-
tige Benennung dieser Species anbetrifft, so bin ich noch etwas
im Zweifel, ob Muscicapa rufa Bodd. (M. rufescens Gmel.) wirklich
hierher gehört; ich bin aber einstweilen Gray’s Beispiel gefolgt und
führe diesen Vogel deshalb als ?. rufus (Bodd.) auf.
46. Ampelio cueullatus (Swains.).
Pelz. Orn. Bras. pp. 132, 429. — Hamilton Ihis 1871 p. 306.
— Ampelion eucullatus, Burn. S. U. Il. p. 432 deser. 2.
> Stück (4 u. 2). — Bei dem & ist der ganze Kopf sowie
Kehle und Gurgel bis zur Oberbrust rein schwarz, etwas glänzend,
‚lie übrigen unteren Theile und der Nackenring rein safrangelb,
Ober- und Mittelrücken rein umbrabraun gefärbt. Bei dem 2 sind
die schwarzen Parthien des Kopfes und Halses sowie der gelbe
Nackenring und der braune Rücken viel schmutziger und stark
grün gemischt. Die Unterseite ist ebenfalls blasser gelb als bei’m
Männchen, und während bei diesem nur an den unteren Schwanz-
decken und der Tibienbefiederung schwarze Querwellen sich zeigen,
sind dieselben bei dem Weibchen an der ganzen Bauchseite, frei-
lich sehr verloschen, sichtbar.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
266 Hans v. Berlepsch:
1) d Blumenau... 213, 117 98 18 25
2) 2 Blumenau... 23 115 95 18 25
ir Al nn, 227 .113.. 005 0 >|
ien coll. mea $
|Neu-Freiburg (Burm.). — Sao Paulo (Hamilt.), Campo
largo Octbr. und Rio grande 4';, Legoas von S. Paul 21. Aug.
(Natter.). — Bluimenau (Schlüter. — Rio Grande do Sul
(Mus. Hein.).] |
47. Chasmorhynchus nudicollis (Vieill.).
Wied Beitr. II. p. 577. — Burm. S. U. IL. p. 426. — Pelz.
Orn. Bras. pp. 154, 430. — Reinh. Bidr. in V» M. 1870 p. 516 sp.
197. — Hamilt. Ibis 1871 p. 306. — Salvin Ibis 1865 p. 91. —
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 267
Chasmorhynchus ecarınculatus, Spix Av. Bras. Il. p. 5. — Procnias
nudicollis, Wied Reise Bras. 1. pp. 52, 60, 91, 94; IL p. 158.
| 3 Stück (2 & u. 12 oder juv.). — Das eine Männchen ist
völlig ausgefärbt, das andere hat am Rücken, an den Aussenrän-
dern der Schwungfedern zweiter Ordnung, den oberen und unteren
Flügeldeckfedern und an den Schwanzfedern stark gelblichen
Anflug.
Long. tet. al. eaud. rostr. tar.
Om. Mm. Mm. Mnı. Mm.
REN 26,2 165—166 Il I0.0 922 295
1 2 oder juv. 26,4 156 96 1) 28
[Südost-Brasilien, besonders in Gebirgswäldern (Wied
u. Andere): Inneres der Prov. Bahia: Barra da Vareda,
Rio Pardo, sehr häufig (Wied), Guarapina und St. Joao,
häufig (Wied). — Cabo Frio, häufig (Wied), Serra dos Or-
3208, häufig (Wied), Neu-Freiburg (Burm.), Rio Janeiro,
häulig (Wied, Natter., Spix). — Minas Geraes: Lagoa Santa
und Sete Lagoas (Lund u. Reinh... — Sao Paulo: Matto-
dentro und Ypanema (Natter.), Hytü (Lund). — Blumenau
in Sta. Catharina (Schlüter).]
45. Pyroderus scutatus (Shaw). — Azara nr. 56.
Pelz. Orn. Bras. pp. 135, 430. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870
p- 315 sp. 196. — Hamilt. Ihis 1571 p. 306 — Coracina scutata
Temm. — Wied Beitr. II. p. 406. — Lafr. Rev. Zool. 1846 p. 276.
— Burm. S. U. Il. p. 41%.
17 Stück. — Die rothbraunen Flecken an der Brust dehnen
sich bei einigen Exemplaren bis fast zum Unterbauche aus, bei an-
deren sind sie dagegen auf ein schmales Baud an der Oberbrust
(dieht unter der feuerrothen Kehle) beschränkt; viele Vögel zeigen
auch die untern Flügeldeckfedern sehr breit rothbraun gefleckt,
andere wieder fast gar nicht.
Long. tot. al. caud.
7 Stü 2 3-55, Cm. 251,— 27V, Cm. ‚7”—195 Mn.
en. — nn en nn nn on nn
1 Stück, Bogota (Schlü- | Long. tot. 324, Cın.*) al. 22,2Cm. caud. 139 Mın.
ter) P. granadensis | - roste. 41 Mm. tars. 38 Mn.
1 Stück, Venezuela: >.) Long. tot. 44'/,,Cm. al. 22Cm. caud. 143 Mm.
Esteban(Keitel) in coll. rostr. 35), Mm. tars. 39"/, Mm.
mea P. orenocensis (
*) ]st nach Art aller Bogota-Bälge sehr in der Länge durch Zusammen-
ziehen verkürzt. H. v. B.
268 Hans v. Berlepsch:
[P. seutatus: Rio Parana (Natter). — Minas Geraes
(Lund u. Burm.). — Rio Janeiro und Registo do Sai (Nat-
ter.), Neu-Freiburg (Burm.). — Sao Paulo (Hamilt.), Mat-
todentro, Ypanema und Curytiba (Natt.). — Blumenau
(Schlüter). — Paraguay (Azara).]
NB. P. granadensis Lafr. (aus Neu-Granada) und P. orenocen-
sis Lafr. (aus dem nördlichen Venezuela) möchten, wenn auch nicht
als gute Arten, so doch als constante Localrassen von P. scutatus
zu betrachten sein: Beide haben viel schwächere Beine und Füsse
und sind (besonders granadensis) etwas kleiner als die brasiliani-
sche scutata; ausserdem scheint das Rothbraun an der Oberbrust
und den unteren Flügeldeckfedern stets einen helleren Ton zu
haben, Mein Exemplar der granadensis weist sonst nicht die min-
ddesten Unterschiede von seutata auf; der Schnabel ist bei ihm eben
so lang als bei einigen Blumenauern. P. orenocensis scheint sich
noch ausser den angeführten Unterschieden durch die stets roth-
braune Färbung aller Untertheile vom feuerrothen Hals bis zum
Unterbauche auszuzeichnen, doch möchte die grössere oder ge-
ringere Ausdehnung dieser rotlıbraunen Färbung auch etwas der
Variation unterworfen sein. — Diese Unterscheidungsmerkmale
zwischen den drei Arten sind gar subtiler Natur, und sollten etwa
später in Guiana, Nord-Brasilien oder Peru Zwischenformen ge:
funden werden, so möchten dieselben nicht länger aufrecht zu er-
halten sein.
49. Momptus ruficapillus (Vieill.). — Azara nr. 52.
Schlegel Mus. d. P. — B. gen. Momotus p. 5. — Reinh. Bidr.
in V. M. 1370 p. 124 sp. 195. — Prionites ruficapillus Dl. — Wied
Beitr. II. p. 1257. — Burm. S. U. Il. p. 411. — Momotus cyano-
gaster (Vieill.). — Scat. P. Z. S. 1357 pp. 255, 258. — Momotus
Levaillantü Less. — Pelz. Orn..Bras. pp. 19, 402. |
1 Stück, mit den von Pr. Wied und Burmeister gegebenen Be-
schreibungen sehr gut übereinstimmend: Der Unterbauch in ziem-
licher Ausdehnung schmutzig gelblich olivengrün gefärbt, nur der
Steiss und die unteren Schwanzdecken etwas blaugrün überlaufen ;
das rostrothe Band an Brust und Oberbauch etwa 55 Mm. breit,
der rothbraune Scheitel (vom Schnabel bis zum Nacken gemessen)
55 Mm. lang; am Schnabelrande befinden sich etwa 11 Zähne.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
453!/, Cm. 155 Mm. 230 Mm. 40 Mm. 30 Mm.
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasılien. 269
Die äussersten Schwanzfedern sind 145 Mm. kürzer als die
mittleren.
[Ost-Peru (Tschudi u. Mus. d. P.—B.). — Paraguay
(Azara). — Südost-Brasilien: Porto do Rio Parana (Nat-
ter.). — Minas Geraes: Lagoa Santa (Burm. u. Reinh.), Pa-
racatü (Lund); Rio Janeiro (Natter.), Neu-Freiburg, nicht
selten (Burm.); Mattodentro und Ypanema in Sao Paulo
(Natt.). — Blumenau (Sehlüter).]
NB. M. melancholieus (Cab. u. Hein.) Mus. Hein. I. p. 115
aus Buenos Ayres(?) möchte, wenn sich die von diesen Herren
augegebenen Unterschiede (von M. ruficapillus) als constant erwei-
sen, sicher eine gute Species repräsentiren !
+50. Ceryle torquata (Linn.). — Azara nr. 417 2; nr. 418
& jun.
. Darw. Voy. Beagle Zool. II. p. 42 part. — Peiz. Sitzungsber.
Wien. Ac. XX. p- Bid. — Cass. Cat. Halce. p. 4 sp. 2. — Pelz. Orn.
Bras. pp. 23, 404. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 123 sp. 192.
— Sharpe Monogr. Alced.”) — Alcedo eyanea Vieill. - Wied Beitr.
IV. p. 5. — Megaceryle torquata Reichb. —- Burn. $. U, Il. p-. 404.
— Burm. La Plata-Reise sp. 37. — Megaceryle caesia Reichb. —
Burm. S. U. II. p. 405 Anm. 2. — Streptoceryle torguata Bonap. —
— Gab, u. Hein. Mus. Hein. Il. p. 150.
1 Stück (2?).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Um. Mm. Mm. Mn. Mm.
1) 2 Blumenau 44 200 121 741, 15
nn 41 ei) on ne 15
lien coll. mea
Bei dem Blumenauer Exemplar ist die Färbung der unteren
Flügeldeckfedern zum Theil schneeweiss und zum Theil hell rost-
roth, während dieselben an dem Exemplar aus Süd-Brasilien ganz
rostroth gefärbt sind. Beide Exemplare stimmen sonst gut über-
ein und entsprechen der Beschreibung, welche Wied und Burmei-
ster für das Weibchen gegeben haben.
[Von Mexico: Jalapa (Salle) durch Central-Amerika
und über ganz Süd-Amerika (östlich der Anden) südlich bis
*) Sharpe’s treffliche Monographie konnte ich leider noch nicht bei
dieser Arbeit benutzen. Sollte aus derselben noch etwas über die geogra-
phische Verbreitung der hier aufgeführten Bisvögel nachzutragen sein, so
werde ich das Versäumte bei der nächsten Gelegenheit nachholen. — H.v.B,
270 Hans v. Berlepsch:
Paraguay (Azara) und den La Plata-Staaten: Parana
(Burm.) verbreitet. — In West-Peru und von dort bis zur Magel-
lan-Strasse wird sie durch die sehr nahe verwandte (. stellata
(Meyen) vertreten. ]
+51. Ceryle amazona Er. — Azara m. 419 9; ar. 420 2.
Pelz. Sitzungsber. Wien. Ac. XX. p. 515. — Cass. Cat. Hale.
— Pelz. Orn. Bras. pp. 23, 404. — Sharpe Monogr. Alced. pt. V.
pl. 33. —‘ Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 124 sp. 195. — Finseh
Abh. natw. Ver. Bremen IL, 3 (1871) p. 328. — Alcedo amazona
Lath. — Wied Beitr. IV. p. 12. — Chloroceryle leucostieta Reichb.
— Burm. S. U. Il. p. 406 Aum. — Chloroceryle amazona BReichb.
— Burm. $. U. II. p. 405. — PBurm. La Plata-Reise sp. 38. —
Cab. u. Hein. Mus. Hein. I. p. 148.
2%Stück (3 und 2).
Long. tot. al. caud. vostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) & Blumenau 88 138 36 74!) 12
2) 2 Blumenau 32 140 40 65 12
lien coll. mea
[Von Nor«dwest-Mexico: Mazatlan (Finseh) nach Süd-
Mexico (Salle), durch Central-Amerika, und über ganz Süd-
Amerika (östlich der Anden) südlich bis Paraguay (Azara)
und den La Plata-Staaten: Parana und Tucuman (Burm.)
verbreitet. ]
+52. Ceryle americana (Gwel.). — Azara nr. 421.
Pelz. Sitzungsber. Wien, Ac. XX. p. 515. — (ass. Cat. Hale.
p. 5. — Pelz. Orn. Bras. pp. 23, 404. — Reinh. Bidr. in V. M.
1870 p. 124 sp. 194. — Hamilt. Ibis 1871 p. 306. — Sharpe Mo-
nogr. Alced. — Alcedo americana Gmel. — Wied Beitr. IV. p. 17.
— Chloroceryle americana Reichb. — Burm. S. U. I. p. 407. —
Burm. La Plata-Reise sp. 39. — Cab. u. Hein. Mus. Hein. Il. p.
® 2PU Ras \ 33,3 1" page" gg ee "|
147. — Chloroceryle chaleites Reichb. — Burm. S. U. Al. p. 408
Anm. 1.
7 Stück (Z und 2 oder juv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Um. Mm. Mm. Min. Mm.
[en
DIE... 2196-22 81-85 63—67 371,—42 8109
2 99 oder jur. 19,321 83-85 60-65 33—37 . 88,
[Martinique (Belauger). — Tobago (Kirk). — Trini-
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 371
dad (Selat.). — Dann von Bucaramanga (Wyatt) und Bogota
(Selat.) nördlich über das ganze Süd-Amerika östlich der An-
den verbreitet, südlich bis Paraguay (Azara) und den La Plata-
Staaten: Parana (Burm. u. Darw.) und Gonchitas (Haud-
son). — In West-Peru, West-Eceuador und ganz Central-Amerika
nördlich bis Texas kommt die sehr nahe verwandte ©. Cabanıs
vor.]
53. Monasa torgquata (Hahn).
Pelz. Sitzungsber. Wien. Ac. XX. p. 512. — Pelz. Orn. Bras.
pp- 23, 404. — Reinh. Bidr. in V.M. 1570 p. 121 sp. 187. —
Bueco striatus, Spix Av. Bras. I. p. 55. — Capito fuscus Wied (nee
aut.) Beitr. IV. p. 364 syn. part. — Monasa fusca Burm. (nec aut.)
S. U. II. 9.290 syn. part. — Malacoptila torquata Selat. Syn. Buce.
‘sen. 2 sp. 3. — Cab. u. Hein. Mus. Hein. IV. 1. p. 130.
] Stück (ad.). — Die Beschreibungen von Wied und Burmei-
ster stimmen in jeder Beziehung aut dieses Exemplar.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
20 Cm. 941/, Mm. 89 Mm. 25 Mm. 1S Mm.
[Bahia (Spix u. Lieht). — Rio Parahyba, nördlicher
selten (Wied), Cabo Frio (Wied), Rio Janeiro {Wied u. Natt.),
Registo do Sai und Sapitiba (Natt... — Minas Geraes
(Reinh.). — Mattodentro, Ypanema und Ytarare (Nätter.).
— Blumenau (Schlüter). ]
54. Trogon viridis Linn.
Burm. S. U. II. p. 277. — Less. Voy. Coquille Zool. (1826) p.
617. — Pelz. Sitzungsber. Wien. Ac. XX. p. 505. — Pelz. Orn.
Bras. pp. 20, 403. — Finsch P. 2. S. 1870 p.559. — Scl. u. Salv.
P: 2. S. 1870 pp. 343, 844. — Trogon violaceus Spix (nec Gmel.)
Av. Bras. I. p. 50. — Wied Beitr. IV. p. 297. — Euler J. £. ©.
1867 pp. 189, 195. — Trogon melanopterus, Gould Monogr. Trog.
pl. 10 u. 11. — Aganus viridis, Cab. u. Hein. Mus. Hein. IV. 1. p.
196. — Aganus venustus, Cab. u. Hein. Mus. Hein. IV. 1. p. 194.
2 Stück (3 ad.). — Beide stimmen fast ganz in der Färbung
überein und zeigen schwachen bläulichen Schiller am uropygium
und den oberen Schwanzdeeken. Bei dem einen Z (welches etwas
jünger als das andere zu sein scheint und ein wenig kleinere Di-
mensionen aufweist) hat das Weiss an den Spitzen der äusseren
Schwanzfedern geringere Ausdehnung, und an dem 2. äusseren
Schwanzfederpaar ist die schmale weisse Linie, welche sich noch
eine Strecke am Aussenrande nach der Schwanzwurzel hin erstreckt,
272 Hans v. Berlepseh:
durch einzelne schwarze Querflecken durchbrochen en dem an-
og Exemplare ist dieselbe rein weiss).
2 &: Long. tot. al. eaud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mn. Min. ‘Mm.
291),—301, 157—161 170—176 22-2 14
[Bogota (Selat.. — Rio Napo in Ost-Ecuador (Ver-
reaux). — Cöte ferme und Porto Cabello (Mus. Hein.). —
Trinidad (Finsch). — Cayenne und Guiana (Mus. Brem.).
- Surinam (Mus. Hein.). — Ost-Peru (Bartlett). — Bra-
silien: bolivisch-bras., columbisch-bras., guianisch-
bras. und südliehe Fauna (Natt.); Rio Capim (Wallace);
Bahia (Wied); Minas (Wied); Prov. Sao Paulo (Natt.); Sta.
Gatharina (Less); Blumenau (Schlüter).]
NB. Im nördlichen Neu-Granada: Thal des Mag-
dalena (Wyatt) und in Panama wird 7. viridis durch den nahe-
stehenden T. chionurus Sclat. u Salv. (eximius Lawr.) vertreten,
(dessen Männchen fast ganz weissgefärbte äussere Schwanz-
[«lern besitzen soll!
55. Trogon surueua (Vieill.). — Azara nr. 270.
Burm. S. U. II. p. 274. — (2) Trogon eurueui Less. (nec Gmel.)
Voy. Coegq. Zool. (1826) p. 617 (eit. Surueua, Azara). — Trogon su-
rucura Vieill.e. —- Gould Mon. Trog. pl. 15. — Pelz. Sitzungsber.
Wien. Ac. XX. p. 505. — Pelz. Orn. Bras. pp. !9, 403. — Reinh.
3idr. in V. M. 1870 p. 119 sp. 185. — Hapalophorus surucua, Cab.
u. Hein. .Mus. Hein. IV. 1. p. 19.
2 Stück, im Kleide des Weibchens. — Das eine Exemplar hat
den Mittelbauch, Steiss und untere Schwanzdeckfedern schön pur-
purroth gefärbt; das andere, welches jünger zu sein scheint, ist an
diesen Theilen viel heller, mehr rosenroth, und diese Farbe hat
eine weit geringere Ausdehnung.
292: Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
27271); 156—139 155 15—17 131),
[Südost-Brasilien: Minas Geraes, Lapa de Bahu
1 & (land); Sao Paulo: Mattodentro und Ypanema, häu-
fir (Natt.), Batataes (Lund); Sta. Catharina (Less.?): Blu-
menau (Schlüter); Rio Grande do Sul (Mus. Hein.). — Pa-
raguay (Azara). — Patagonia!? (Bonap. Consp.).]
+56. Nyetibius jamaicensis (Gmel.). — Azara nr. 308.
Gosse B. Jam. p. 41. — Cass. Pr. Ac. Philad. V. (1851)
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 273
p. 185. — Seclat. P. Z. S. 1866 p. 129. — Nyetibius cornutus (Vieill.)
Burm. S. U. I. p. 376. — Euler J. f. O. 1869 p. 252. — Pelz.
Orn. Bras. pp. 10, 400.
1 Stück, mit der von Gosse und Anderen gegebenen Be-
schreibung gut übereinstimmend.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
371, Cm. 2271,Mm. 189Mm. 26Mm.(eirca) 10Mm. (circa)
[Jamaica (Gosse). — Trinidad (L£ot. u. Finsch). — Gua-
temala (Constaneia). — Veragua (Salv.).. — Ecuador, am
West-Abhang der Anden (Fraser). — Ost-Peru (Tschudi). —
Paraguay (Azara). — Brasilien: Para (Natt.); Neu-Frei-
burg (Euler); Matogrosso (Natt.); Ypanema (Natt.); Blu-
menau (Schlüter).] \
57. Phaöthornis squalidus („Natt.“ Temm.).
Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p. 8. — Gould Introd. Troch. p.
45.*) — Burm. S. U. II. p. 325. — Euler J. f. ©. 1868 p. 182. —
Pelz. Orn. Bras. pp. 27, 406. — Salv. u. Elliot Ibis 1873 pp. 2, 9.
— Phaöthornis intermedius, Gould (nee Less.) Mon. Troch. I. pl. 50.
— Id. Mon. Troch. VI. t. 15.
1 Stück, in jeder Beziehung Burmeister’s Beschreibung ent-
sprechend.
Long. tot. al. eaud. rostr. tars.
116 Mm. 49 Mm. 54 Mm. 22 Mm. 31, Mm.
[Engenho do Cap. Gama in Matogrosso (Natt.). —
Irisanga (Natt.).. — Minas Geraes: Santa F& (Rogers). —
Rio Janeiro (Salv. u. Elliot), Neu-Freiburg (Beske), Can-
tagallo (Euler). — Paor, Mattodentro und Ypanema in
Sao Paulo (Natt.).. — Blumenau in Sta. Catharina
(Sehlüter).]
58. Ramphodon naevius (Dumont).
Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p. 3. — Grypus naevius (Dum.)
Gould Mon. Troch. IH. pl. 4 — Id. Mon. Troch. TI. pl. 1. — Id.
Introd. Troeh. p. 35. — Burm. S. U. I. p. 320. — Pelz. Orn.
Bras. pp. 27, 406. — Grypus ruficollis, Spix Av. Bras. I. p. 78.
4 Stück. — Der schwarze Kehlstreifen ist bei einigen Exem-
plaren sehr ausgeprägt, bei anderen kaum angedeutet; die Form
des Schnabels variirt bedeutend; bei einigen ist er sehr stark und
fast gerade, bei anderen schwächer und mehr gebogen; auch in
®») Gould’s Monographie der Kolibris war mir leider bei dieser Arbeit
nicht zugänglich. — H.vaB:
Cab, Journ. f. Ormith, XXI. Jahrg. No. 123, Mai 1973. 18
274 Hans v. Berlepsch:
Bezug auf hellere oder dunklere Nüance in der Färbung (beson-
ders der Kehle) weichen die einzelnen Exemplare etwas unterein-
ander ab.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
2 Stück: 132 66-681, 47—48 31! 4
2 Stück: 132—143 70—734, 49-54 80182 004
[Neu-Freiburg (Beske), Rio Janeiro (Spix u. Natter.),
Registo do Sai (Natter.). — Sao Paulo (Licht.). — Blumen-
au (Schlüter).]
59. Aphantochroa eirrhochloris (Vieill.).
Gould Mon. Troch. I. pl. 54. — Id. Mon. Troch. VI. pl. 14.
— Id. Introd. p. 55. — Cab. u. Hein. Mus. Hein. IN. p. 14. —
Peiz. Orn. Bras. pp. 28, 407. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870 p. 102
sp. 150. — Campylopterus campylostylus (Licht.) Burm. 8. U. U. p. 329.
4 Stück, in der Färbung ziemlich übereinstimmend. — Ein
Exemplar meiner Sammlung, welches wahrscheinlich aus Bogota
stammt, unterscheidet sich durch Nichts von den Blumenauer Vö-
geln (ich sah aber auch einen authentischen Bogota-Balg, den
mir Herr Schlüter zuschickte und der ebenfalls völlig mit den er-
wähnten Exemplaren übereinstimmte). Ein Schlüter’sches Exem-
plar aus Blumenau verglich Herr Dr. Cabanis mit Lichtenstein’s
Originalen des campylostylus im Berliner Museum und opstaliue
die specifische Identität.
jLons- tot. 114—121 Mm., al. 67—71Mm,,
4 Stück Blumenau /caud.40—43Mm., rostr. 201, — 22"), Mm
tars. 5—6 Mm.
' Stück Bogota (?) ee tot. 108 Mm,, al. 69 a
coll. mea caud. 40 Mm., rostr. 22 Mm., tars. 5 Mm.
[(?)Bogota (coll. Berlepsch u. Schlüter). — Von Pernam-
buco bis Rio (Gould): Campos von Minas Geraes (Lund
u. Reinh.); Engenho do Gamain Matogrosso (Natt.); Rio
Janeiro und Registo do Sai (Natt.); Ypanema in Sao
Paulo (Licht.); Blumenau (Schlüter).]
60. Thalurania glaucopis (Gmel.).
Gould Mon. Troch. II. pl. 99. — Id. Mon. Troch. XI. pl. 14.
— Id. Introd. Troch. p. 76. — Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p. 23.
— Pelz. Orn. Bras. pp. 29, 407. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870 p.
103 sp. 153. — Hamilt. Ibis 1871 p. 307. — Trochilus glaucopis
Gmel. — Wied Beitr. IV. p. 85. — Euler J. f. O. 1867 pp. 189,
Zur Omithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 275
195. — Glaucopis fröntalıs (Lath.). -- Burm. S. U. H. p. 333. —
Euler J. f. O. 1867 p. 222.
7 Stück (2 8& u. 5 22 od. jurv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
28...... 114-115 61-63 47,49 171,—18 4
522 od.juv. 102—109 55--57 34—38 18—20 4
[Hrisanga und Ant. Dias (Natt.).. — Serra delnua,
sehr häufig (Wied), Cabo Frio (Wied), Rio Parahyba (Wied),
Cantagallo, häufig (Euler), Rio Janeiro, gemein (Wied,
Burm., Natt.), Sapitiba, Marambaya, Registo do Sai
(Natt.). — Minas Geraes (Lund). — Sao Paulo, sehr ge-
mein (Hamilt.), Ypanema, Jaguaraiba (Natt.). — Blumen-
au (Schlüter).] |
61. Lophornis chalybea (Vieill.).
Gould Mon. Troch. II. pl. 124. — Pelz. Orn. Bras. pp. 32,
408. — Colibri mystax, Spix Av. Bras. I. p. 82. — Lophornis fe-
stivus (Licht.) Burm. S. U. 11. p. 354. — Ornismya Audenetü Less.
— Burm. $. U. II. p. 355 Anm. — Polemistria chalybea, Cab. u.
Hein. Mus. Hein. IN. p. 63. — Gould Introd. Troch. p. 85. — Ha-
milt. Ibis 1871 p. 307.
2 Stück (3 u. 2). — Ich konnte nur ein Weibchen unter-
suchen; dasselbe zeigt in der Mitte der Kehle keine erzgrünen,
wie Burmeister angiebt, sondern schmutzig schwarzbraune Fleck-
chen, stimmt aber im Uebrigen mit der Beschreibung des 2 von
Burmeister überein.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
2 73 Mm. 40 Mm. 22!), Mm. 121, Mm. 3 Mm.
[Peru (Mus. Hein.). — Sao Paulo (Spix, Licht., Hamilt.),
Ypanema, häufig (Natt.). — Blumenau (Schlüter).]
62. Clytolaema rubinea (Gmel.).
Gould Mon. Troch. IV. pl. 249. — Id. Mon. Troch. VI. pl. 2.
— Id. Introd. Troch. p. 134. — Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p.
30. — Pelz. Orn. Bras. pp. 31, 408. — Reinh. Bidr. in V. M.
1870 p. 107 sp. 160. — Hamilt. Ibis 1871 p. 307. — Calothorax
rubinea, Burm. S. U. II. p. 340.
1 Stück (2).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
® 118 Mm. 66 Mm. 41 Mm. 19 Mm. 5 Mm.
[Guiana (Schomb.).. — Cayenne (Vieill.. — Südost-
15%
276 Hans v. Berlepsch:
Brasilien: Campos von Minas Geraes, selten: Sete La-
goas (Lund u. Reinh.); Rio Janeiro (Lund), Neu-Freiburg,
häufig (Burm.); Sao Paulo (Hamilt.), Monjolinha und Ypa-
nema (Natt.); Blumenau (Schlüter).]
63. Agyrtria albicollis (Vieill.).
Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p. 32. — Pelz. Orn. Bras. pp.
29, 407. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 112 sp. 167. — Colibri
albogularis, Spix Av. Bras. I. p. 81. — Leueochloris albieollis Reichb.
— Gould Mon. Troch. X. pl. 14. — Id. Mon. Troch. V. pl. 291.
— Id. Indrod. Troch. p. 151. — Thaumatias albicollis Bonap. —
Burm. $. U. U. p. 342. — Thaumantias albieollis Bonap. — Burm.
La Plata-Reise sp. 43.
Ueber 100 Stück. — 10 Exemplare habe ich untersucht: Die
Nüance der grünen Färbung bei den einzelnen Exemplaren ist ver-
schieden, die einen sind mehr goldgrün, die anderen mehr dunkel-
grün gefärbt; sonst stimmen alle gut überein.
10 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm
108,—1]31, 591,—62 8321), —35 21—22!), 4—41,
[Minas Geraes, in den Campos (Spix), von Lund und
Reinh. dort nicht gefunden. — Rio Janeiro, sehr gemein (Burm,,
Lund u. Reinh.). — Sao Paulo (Licht): Taipa, Ypanema,
Curytiba (Natt.). — Blumenau in Sta. Catharina (Schlü-
ter). — La Plata-Staaten: bei Tucuman (Burm.).] |
64. Agyrtria brevirostris (Less.). |
Cab. u. Hein. Mus. Hein. II. p. 34. — Pelz. Orn. Bras. pp.
29, 407. — Thaumatias brevirostris, Gould Mon. Zroch. V. pl. 298.
Id. Introd. Zroch. p. 152. — Burm. S. U. I. p. 343. |
Ueber 100 Stück; ich untersuchte 8 Exemplare. Auch bei
dieser Speeies varürt die grüne Färbung sehr in der Nüance;
einige Exemplare zeigen einen fast kupferröthlichen Schiller, be-
sonders auf dem Oberkopf.
8 Stück. MON
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Mm. Mm. Mm. Mm. Mm.
901, —96 491, — 531g 28—32 8 16— 173), 3,
[Guiana!? (Bonap. Consp... — Neu-Freiburg, häufig
(Burm.). — Pirahy, Ypanema und Curytiba in Sao Paulo
(Natt.). — Blumenau (Schlüter).]
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 277
65. Ramphastus Ariel Viß.
Gould Mon. Ramph. ed. 1. pl. 10 und ed. II. pl. 12. — Cass.
Proc. Aec. N. Sc. Philad. 1867 p. 106. — Pelz. Orn. Bras. pp. 234,
440. — Ramphastos temminckü, Wagl. Syst. av. gen. Ramph. sp. 10.
— Wied Beitr. IV. p. 272. — Burm. $. U. I. p. 205. — Sturm
Gould’s Monogr. Ramph. Heft TIL t. 4.
2 Stück (ad.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
..\ 56,57 A218 178-185 144-149 46-48
menau
..; \ 44 195 a m
coll. mea
Alle drei Exemplare gleichgefärbt.
[Unterer Amazonas: Cuipiranga und Cajutuba (Nat-
ter.), Para (Natt. u. Wallace). — Bahia (Cass.; Mus. Brit.). —
Rio Janeiro (Burm.), Neu-Freiburg und Orgelgebirge
(Burm.), Registo do Sai (Natt.). — Sao Paulo (Cass.): as
Araras und Mattodentro (Natt.). — Sta. Catharina (Cass).:
Blumenau (Schlüter).]
66. Ramphastus dicolorus Linn. — Azara nr. 51.
Wagl. Syst. Av. gen. Ramph. sp. 14. — Gould Mon. Ramph.
ed. I. pl. 11, ed. II. pl. 14. — Burm. S. U. II. p. 204. — Sturm
Gould’s Mon. Ramph. Heft II. t. 5. — Cass. Proc. Ac. N. Se. Phi-
lad. 1867 p. 107. — Pelz. Orn. Bras. pp. 235, 440. — Reinh. Bidr.
in V. M. 1870 p. 93 sp. 138. — Hamilt. Ibis 1871 p. 308. —
Ramphastos tucai Licht. — Wagl. Syst. av. gen. Ramph. sp. 13.,
8 Stück, alle fast völlig in der Färbung übereinstimmend.
Long. tot. al. caud. rostr. AUAIFS.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
48—55 192—203 165—178 100—129 4a2—4T
[Suiana (Schomb.). — Cayenne (Mus. Paris — test. Wag-
ler). — Brasilien: Bahia (Gould); Antonio Dias (Natt.);
Minas Geraes (Burm. u. Reinh.); Rio Janeiro (Spix und
Gould), Morro Queimado (Lund); Sao Paulo, gemein (Ha-
"milt.), Pirahy, Mattodentro, Unaiva, Ypanema, Mu-
rungaba, Ytarar&6 (Natt.); Sta. Catharina (Cass.): Blu-
menau (Schlüter). — Paraguay (Azara u. Cass.).]
67. Pieroglossus Wiedii Sturm.
Sturm Gould’s Monogr. Rampk. Heft IV. — Gould, Monogr.
278 Hans v. Berlepsch:
Ramph. ed. II. pl. 16. — Cass. Proc. Ac. N. Se. Philad. 1867 p.
108. — Pelz. Orn. Bras. pp. 255, 441. — Reinh. Bidr. in V.M. 1870
p. 94 sp. 159. — Finsch P. Z. S. 1870 p. 584 sub ?. Aragari. —
Hamilt. Ibis 1871 p. 308. — Pteroglossus Aragari, Wied (nec aut.)
Beitr. IV. p. 283 excl. syn. — (?) Burm. S. U. II. p. 207 excl. syn.
— Euler J. f. O. 1867 pp. 190, 195. (?) Pteroglossus formosus, Cab.
Journ. f. Ornith. 1862 p. 332. — Cass. Proc. Ac. N. Se. Philad.
1867 p. 108. — Finsch P. Z. S. 1870 p. 584 sub P. Arapgani.
l Stück. Möchte wegen der geringen Lebhaftigkeit in der
Färbung wohl als Weibchen zu betrachten sein; das rothe Brust-
band ist gelb gemischt.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
1) Blumenau ...... 481), 154 172 114 36
[2) Brasilien, coll. mea 35!) 148 147 105 36]
Die grösste Breite des schwarzen Schnabelrückens beträgt bei
beiden S—9 Mm. An beiden Exemplaren ist die Oberbrust unter
der schwarzen Halsfärbung deutlich hellroth gemischt, jede Feder
hat hier in ihrer Mitte einen rothen Längsfleck.
[@)Venezuela (Cabanis). — (?)Demerara (Mus. Ac.
Philad.). — Brasilien: Para (Gray Handl.); (®)Rio Muriä
(Natt.); Borba (Natt.); Bahia (Cass. u. Gray); Irisanga (Natt.);
Minas Geraes: Lagoa Santa und Lagoa dos Pitos
(Reinh.), (?)Lagoa Santa und Congonhas (Burm.); Rio Ja-
neiro (Cass.), Campos dos Goyatacazes (Lund), Ilha do
Piehy, Sapitiba, Registo do Sai (Natt.); Sao Paulo (Ha-
milt.), Mattodentro, Ypanema, Ytarare (Natt.), Campi-
nas (Lund); Blumenau in Sta. Catharina (Schlüter).]
NB. Burmeister behauptet, den echten P. Aragari in Minas
Geraes gefunden zu haben. Dies scheint an und für sich sehr
wenig glaubhaft, da derselbe bisher nur aus dem nördlichsten Bra-
silien und Guiana u. s. w. bekannt wurde. Es geht nun aber aus
dem von Burmeister in seiner Anm. 1 Gesagten hervor, dass er
Sturm’s Beschreibung ganz missverstanden oder verwechselt hat,
denn er bemerkt, dass P. Wiedi röthlichbrauneSchenkel habe u. s. w.
Ich bin daher fest überzeugt, dass seine Vögel zu Wiedi gehörten,
welche Species auch von Reinhardt in Minas gesammelt wurde;
Herr Prof. Reinhardt ist übrigens in Betreff der Burmeister’schen
Exemplare derselben Meinung wie ich (siehe Bidr. p. 94), während
Herr Dr. Finsch (P. Z. S.1870 p. 584) die gegentheilige Ansicht hat.
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 279
P. formosus Cab. aus Venezuela möchte wohl, wie schon Dr.
' Finsch (l. ec.) bemerkt, nicht von ?. Wiedi specifisch verschieden
sein; wenigstens passt Alles, was Dr. Cabanis über P. formosus
sagt, genau auf das oben verzeichnete Exemplar aus Blumenau;
letzteres hat ebenfalls dunkel rothbraune Kehle, und es erstreckt
sich diese Farbe über die Halsseiten nach der Ohrgegend hin. —
Dagegen scheint sich P. Aragari als gute, wenn auch dem Wiedi
sehr nahestehende Art zu bewähren; dieselbe möchte jedoch dem
Wiedi an Grösse eher nachstehen, als ihn darin übertreffen. (Siehe
Finsch’s Maasse ]. e.)
68. Pteroglossus Bailloni (Vieill.).
Wagl. Syst. av. gen. Pierogl. sp. 7. — Gould Mon. Ramph. ed.
I. pl. 20, ed. II. pl. 41. — Sturm Gould’s Mon. Rampk. Heft IV.
tab. — Burm. S. U. II. p. 209. — Cass. Proe. Ac. N. Se. Philad.
1867 p. 114. — Pelz. Orn. Bras. III. pp. 238, 441.
2 Stück (8 u. $ an juv.). — Beide in der Färbung gleich.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
321, —88 122— 127 140—152 60—77 30—31
[Antonio Dias (Natt.). — Serra dos Orgaos, Neu-
Freiburg, Penha, Areas (Burm.). — Pahor in Sao Paulo
(Natt.). — Blumenau in Sta. Catharina (Schlüter). ]
69. Selenidera maculirostris („Llig.“ Licht.).
Gould Mon. Ramph. ed. I. pl. 31. — Cass. Proc. Ac. N. Sc.
Philad. 1867 p. 115. — Pieroglossus maculirostris „Ulig.“ Licht. —
Wagl. Syst. av. gen. Pierogl. sp. 9. — Wied Beitr. IV. p. 290. —
Gould Mon. Ramph. ed. I. pl. 24. — Burm. S. U. II. p. 210. —
Reinh. Bidr. in V. M. 1870. p. 95 sp. 141. — Pelz. Orn. Bras. pp.
238, 441.
7 Stück (darunter 4 männliche und 3 weibliche oder junge
Vögel). — Die schwarzen Querflecken an den Seiten des Ober-
schnabels sind ausserordentlich der Variation unterworfen und sel-
ten auf beiden Seiten symmetrisch angeordnet.
Long. tot. al... caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
488 .... 3216834 132—135 110—118 57—62 28—30
4 92 an juv. 30%,—321, 125—130 100—109 48—51 29
[Bahia (Cass.). — Rio Pardo und Rio Belmonte (Wied),
Rio Chipoto (Burm.). — Minas Geraes: Lagoa santa und
Lagoa dos Pitos (Lund u. Reinh.). — Rio Janeiro (Cass.),
280 Hans v. Berlepsch:
Fazenda Rozario bei Morro Queimado (Lund), Registo
do Sai (Natt.). — Sta. Catharina (Cass.): Blumenau (Schlü-
ter).]
70. Campephilus robustus („Freireiss“ Licht.)., —
Azara nr. 250.
Burm. S. U. II: p. 217. — Reichb. Handb. p. 395 sp. 914. —
Pelz. Orn. Bras. pp. 243, 443. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p.
86 sp. 124. — Hamilt. Ibis 1871 p. 308. — Pieus robustus, Six
Av. Bras. I. p. 88. — Wied Beitr. IV. p. 385. — Wagl. Syst. av.
gen. Pieus sp. 11. — Sundevall Consp. av. Pic. p. 6. — Megapicus
robustus, Malh. Mon. Pie. I. p. 23. tab. IH. fig. 4—6. — Phloeocea-
stes robustus, Cab. J. f. O. 1862 p. 176. — Cab. u. Hein. Mus. Hein.
W. .2. p.. 95:
4 Stück (33 u. 12). — Bei den drei Männchen sind auf dem
Unterrücken mehr oder weniger deutliche schwarze Querwellen be-
merkbar, welche bei dem Weibchen fehlen.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
38 374, 192—19 1285—130 48—521], 36— 36 !],
19 371.701 128 524%, 37
[Bahia (Licht... — Minas Geraes: Lagoa Santa, &
(Reinh.). — Rio Janeiro (Spix), Registo do Sai (Natt.). —
Sao Paulo (Hamilt.), Ypanema und Cimeterio (Natt.). —
Sta. Catharina (Burm.), Blumenau (Schlüter). — Paraguay
(Azara).]
71. Celeus flavescens (Gmel.). — Azara nr. 251.
Burm. S. U. I. p. 231. — Pelz. Orn. Bras. pp. 250, 444. —
Reinh. Bidr. in V. M. 1570 p. 88 sp. 127. — Picus flavescens Gmel.
— Spix Av. Bras. I. p. 58. — Wagl. Syst. av. gen. Picus sp. 79.
— Wied Beitr. IV. p. 396. — Sundev. Consp. av. Pic. p. 84 sp.
232.— Üeleopieus flavescens, Malh. Mon. Pie. 1. p. 21 pl. 53 fig. 1—3.
14 Stück, darunter 9 Männchen und 5 Weibehen. — Drei d&
zeigen au den Federn der Vorderstirn, an den Zügeln und an den
Federn über dem Auge blutrothe Spitzen.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Mm. Mm. Mm. Mm.
Id .... 27150 155—159 I0—100 307%,— 33/2 26—27
5 92 (ohne
rothen Bart-) 27—29 152—156 92-101 2914-33 26—26")%,
streif)
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 281
[Rio Mucuri (Wied). — In den Campos von Minas Ge-
raes gemein (Reinh... — Rio Janeiro (Spix), Sapitiba und
Registo do Sai (Natt.). — Ypanema in Sao Paulo (Natt.).
— Blumenau in Sta. Catharina (Schlüter). — Paraguay
(Azara).]
12. Oampias spilogaster (Wagler).
Cab. u. Hein. Mus. Hein. IV. 2. p. 156. — Pelz. Orn. Bras.
PP. 247, 443. — Picus spilogaster, Wagl. Syst. av. gen. Pie. sp. 59.
— Sundev. Consp. Av. Pie. p. 41 sp. 121. — Mesopieus spilogaster,
Malh. Mon. Pie. II. p. 62. — Mesopieus adspersus, Malh. Mon. Pie.
N. p. 64 t. 60 fig. 7—9.
2 Stück (1 8 u. 1 ? an jun.). — Beide haben den Oberkopf
schwarzbraun gefärbt; doch sind alle Federn desselben bei dem &
mit gelblich blutrothen, bei dem 2 mit weisslichen Spitzen ver-
sehen. Uebrigens stimmen die Exemplare mit den von Wagler,
Sundevall und Anderen gegebenen Beschreibungen überein.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
&.... 162Mm. 95 Mm. 60 Mm. 21:1), Mm. 16 Mm.
Farun la, , 95... 88 „ 20 ” i6
[Ypanema und Curytiba in Sao Paulo (Natter.). —
Blumenau in Sta. Catharina (Schlüter. — Montevideo
(Sello in Mus. Berol.).]
+13. Strix perlata Licht. — Azara nr. 46.
Wied Beitr. IT. p. 263. — Burm. S. U.H. p. 137. — Burm.
La Plata-Reise sp. 18. — Pelz. Orn. Bras. pp. 10, 400. — Euler
J. f. ©. 1869 p. 247. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 74 sp. 100.
— Strie pratincola Bonap. — Baird B.N. Am. p. 47. — Strix flam-
mea americana, Schlegel Mus. d. Pays-Das, Striges p. 4.
2 Stück (ein sehr helles und ein dunkel gefärbtes Exemplar).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
34,5—35,4Cm. 31—31,7 Mm. 130—136 Mm. 25Mm. 66—67 Mm.
[GemässigtesNord-Amerika, wohl nicht nördlicher
als Pennsylvanien, und erst in Süd-Carolina häufig wer-
dend (sehr gemein in Texas, Neu-Mexico und Califor-
nien). — Jamaica (Gosse) — auf den übrigen Antillen
fehlend (auf Cuba kommt die von mir für verschieden gehaltene
Str. furcata Temm. vor) — dann über Mexico, Central-Ame-
rika und ganz Süd-Amerika (östlich und westlich der Anden)
verbreitet, südlich bis Chile (Gilliss.) und bis zum Rio Negro
282 Hans v. Berlepsch:
an der Grenze Patagoniens (D’Orb.). — (?P)Galapagoes
(punetatissima Gray).]
NB. Die gründlichsten Untersuchungen in Betreff der Schleier-
eulen scheint Herr Prof. Schlegel gemacht zu haben. Er ist zu
dem Resultate gekommen, dass keine Unterschiede existiren, die
uns berechtigen könnten, die fast über die ganze Erde verbreitete
Str. flammea in mehrere Arten zu zerlegen; als Subspecies trennt
er übrigens einstweilen die Str. ammea americana von fllammea ab,
weil diese geogr. Rasse nach seiner Meinung noch die meisten
Eigenthümlichkeiten gegenüber der Aammea aufweist.
Ich habe durchaus keine Erfahrungen in Betreff dieser An-
gelegenheit, nur will es mir scheinen, als ob die furcata Temm. aus
Cuba auf das Recht, als gute Species betrachtet zu werden, eini-
gen Anspruch machen könnte. Die Schleiereule aus Blumenau, die
wohl sicher mit der in Nord-Amerika vorkommenden Rasse spe-
eifisch identisch sein dürfte, führe ich einstweilen noch unter dem:
Lichtenstein’schen Namen erihh auf,
774. Syrnium pulsatri« (Wied).
Strie pulsatrix, Wied Beitr. II. p. 268. — Ulula torquata,
Burm. (nec aut.) S. U. II. p. 130. — Euler J. f. O. 1809 p. 247.
— Ulula pulsatrie Schlegel, Mus. d. Pays-Bas Striges p. 17. —
Athene torquata, ‚Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 77 sp. 107 (ex
Burm.).
1 Stück. — Dies Exemplar stimmt völlig mit der Beschrei-
bung des Prinzen Wied überein, nur finde ich an den langen rost-
gelben Federn des Bauches keine schwärzlichen Querlinien und
möchte die Färbung der dunklen Parthien im Gefieder, welche der
Prinz als röthlich-graubraun bezeichnet, eher hell röthlich kaffee-
braun nennen (einen grauen Ton kann ich nicht entdecken). Mein
Vogel hat einen breiten röthlich weissen Streifen über dem Auge,
dessen der Prinz nicht ausdrücklich Erwähnung thut. Im Farben-
ton des Kopfes und des Rückens ist durchaus kein Unterschied
bemerkbar.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
48,2 Cm. 35,7 Cm. 21 Cm. 31 Mm. 60 Mm.
Ob pwlsatriw und torquatum wirklich verschiedene Species sind
oder nicht, konnte ich nicht constatiren; letztere scheint sich von
ersterer nur durch etwas kleinere Dimensionen und mehr schwärz-
lichen Oberkopf sowie überhaupt durch dunklern Farbenton zu un-
terscheiden, und möchte im Ganzen eine mehr nördliche Verbreitung
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 283
haben; doch scheint, soviel ich aus Azara’s und D’Orbigny’s Be-
schreibung ersehen kann, auch in Bolivia und Paraguay die echte
9. torguatum vorzukommen.
S. torguatum scheint übrigens nach Azara’s Bemerkungen zu
urtheilen mit dem Alter sehr ihre Färbung zu verändern.
[Die für $. pulsatrie bekannt gewordenen Fundörter sind: Mu-
euri und Belmonte (Wied) — Lagoa Santa in Minas
(Burm.) — Blumenau in Sta. Catharina (Schlüter).]
+75. Rostrhamus sociabilis (Vieill.).. — Azara nr. 16.
Baird B. N. Am. p. 38. — Selat. u. Salv. P. Z. S. 1869 p.
160. — (?) Cymindis leucopygus, Spix Av. Bras. I. p. 7. — Falco
hamatus, Wied Beitr. IN. p. 182. — Kostramus hamatus (Mlig.),
Burm. S. U. I. p. 46. — Burm. La Plata-Reise sp. 8. -- Pelz.
Orn. Bras. pp. 6, 398. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 66 sp. 83.
— Ibieter sociabilis, Schleg. Mus. d. Pays-Bas Polybori p. 7. —
(2) Ibieter leucopygus, Schleg. Mus. d. Pays-Bas Polybori p. 3. —
(?) Rostrhamus taeniurus Cab.
1 Stück, im Kleide des alten Vogels, doch haben einige der
oberen Flügeldeckfedern blass roströthliche Spitzen, und verschie-
dene Federn an der Oberbrust sind breit roströthlich gerandet;
einen solchen Vogel beschreibt Burmeister.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
441/, Cm. 33Cm. 173Mm. 27Mm. 46 Mm.
Da 4 und 2 in der Grösse ziemlich differiren und auch die
Färbungsverhältnisse dieser Art nach Alter und Geschlecht Unter-
schiede aufweisen, so möchten wohl leucopygus (Spix) und taeniu-
rus Cab. nicht haltbar sein. Die für leucopygus von Schlegel an-
gegebenen specifischen Merkmale scheinen mir ganz werthlos zu
sein, mein Exemplar zeigt ebenso grosse Maasse; wahrscheinlich
ist leucopygus auf recht alte 2? gegründet.
[Florida, brütend (Harris, Heermann). — Cuba, häufiger
Standvogel (Gundl.). — Guatemala: Peten (Leyland). — Co-
sta Rica (v. Frantz). — Guiana (Schomb.). — Surinam (Mus.
d. P.-B.). — Ecuador: Babahoyo (Fraser), Rio Napo (Ver-
reaux). — Bolivia, nur auf dem Zuge (D’Orb.) — aus fast ganz
Brasilien erwähnt. — Paraguay (Azara). — La Plata-
Staaten: Buenos Ayres und Corrientes (D’Orb.), Con-
chitas (Hudson), Parana (Burm.).]
+76. Nauclerus furcatus (Linn.). — Azara nr. 38.
Baird B. N. Am. p. 36. — Pelz. Orn. Bras. pp. 6, 392. —
284 Hans v. Berlepsch:
Burm. S. U. Il. p. 110. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 65 sp. 81.
— Falco Yetapa (Vieill.) Wied Beitr. IH. p. 141. — Elanoides fur-
catus (L.) Schleg. Mus. d. P.-B. Miw p. 5.
2 Stück (ad.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
55,7—58 Cm. 40,4—41,4Cm. 32Cm. 31—31'), Mm. 31 Mm.
[Brutvogel in den südlichen Vereinigten Staaten öst-
lich der Rocky Mountains, nördlich geht er bis Wisconsin und
zuweilen noch bis Pennsylvanien: Philadelphia (Krider) °
— hat sich zweimal nach England verirrt. — In Cuba (Gundl.)
und Jamaica (Gosse) nur ausnahmsweise bemerkt — dann durch
Gentral-Amerika und über ganz Süd-Amerika (nur öst-
lich der Anden?) verbreitet, südlich bis Paraguay (Azara) und
Sta. Catharina: Blumenau (Schlüter) vorkommend, und viel-
leicht noch bei BuenosAyres(Vieill... — Nur aus Ecuador ist
er, soviel ich weiss, noch nicht erwähnt worden.]
77. Tinnunculus sparverius (Linn.), — Azara nr. 41.
Cab. J. f. ©. 1854 Erinnerungsheft p. LXXXIV. fl — Pelz.
Verh. bot. zool. Verein 1863 p. 627 fl. — Pelz. Orn. Bras. pp. 5,
397. — Cab. J. f. O. 1869 p. 208. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870
p- 71 sp. 94. — Falco sparverius Linn. — Wied Beitr. II. p. 116.
— Burm. S. U. Il. p. 93. — DBurm. La Plata-Reise sp. 12. —
Baird B. N. Am. p. 13. — Schlegel Mus. d. P.-B. Falcones p. 30.
— Euler J. f. O. 1867 pp. 189, 191, 198.
1 Stück (2), mit grossem hell rostrothem Fleck am aschgrauen
Hinterkopfe.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
30 Cm. 20,7 Cm. 136 Mm. 14', Mm. 35 Mm.
Da mir nur ein sehr bescheidenes Material an Bälgen zur Ver-
fügung steht, so wage ich durchaus nicht, hier ein Urtheil darüber
abzugeben, ob man mit mehr Recht den 7. sparverius in mehrere
Subspecies zerlegt, oder besser alle Thurmfalken Amerika’s unter
einem Namen vereinigt.
[Ganz Amerika vom 50. Grade n. Br. (Richards.) bis zur
äussersten Südspitze: Magellaenstrasse (Kirk und Cun-
ningham).]
78. Aceipiter pileatus (Wied). — Azara nr. 26.
Selat. P. Z. S. 1866 p. 304 part. — Pelz. Orn. Bras. pp. 8,
399. — Selat. u. Salv. Exot. Ornith. p. 37 sub A. chilensis, p. 137
sub A, bicolor und p. 170. — Falco püeatus, Wied Beitr. II. p. 107.
a er,
Zur Örnithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 285
— Nisus pileatus, Burm. S. U. II. p. 73. — Schlegel Mus. a. P.-B.
Astures p. 35 part. — Nisus püeatus und Nisus poliogaster, D’Orb.
Voy. pp. 90, 89.
3 Stück (2 junge Weibchen und ein junges Männchen). — Alle
drei Exemplare befinden sich in dem Jugendkleide, welches von
Burmeister, Schlegel und Anderen gut beschrieben wurde. Die
Grössendifferenz zwischen & und 2 ist so frappant, dass man im
ersten Augenblicke daran zweiteln möchte, dass beide ein und der-
- selben Art angehören; die Weibchen haben ganz bedeutend stär-
kern Schnabel und viel kräftigere Beine als das Männchen. In der
Färbung stimmen alle drei Exemplare fast ganz überein. Die Ober-
brust ist mit breiten (besonders breit bei dem) schwarzen Schaft-
flecken gezeichnet, Brust- und Bauchseiten sind mit sehr breiten,
Hieckenartigen schwarzen Querbinden versehen; Mitte der Unter-
brust und des Bauches sowie Steiss und untere Schwanzdecken
ganz ohne schwarze Zeichnung. — Bei dem & ist die Befiederung
der Tibien ziemlich lebhaft rostroth angeflogen, bei dem einen 2
nur sehr hell rostroth überlaufen und bei dem andern ?lehmgelb,
kaum dunkler als der Bauch gefärbt; übrigens sind bei allen drei
Exemplaren die Tibien mit verwaschen schwarzbraunen Querillecken
gezeichnet. Die Oberseite ist bei allen Exemplaren schwarzbraun,
der Oberkopf etwas dunkler gefärbt; alle Federn der Oberseite
haben roströthliche Ränder.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Cm. Mm. Mm. Mm.
299... 444465 24,1—24,6 Ii9NT—207 27—28 63—64
are le 34 20 163 22, 53
[Brasilien: )Barra do Rio negro (Natt.)*%); Jaurüin
Matogrosso (Natt.); Rio Parana in Goyaz (Natt.); Rio
Belmonte (Wied); Neu-Freiburg (Burm.); Murungaba
in Sao Paulo (Natt.); Blumenau (Schlüter). — Montevideo
(Mus. Berol.).. — Bolivia (D’Orb.). — Paraguay (Azara).]
NB. Ob A. poliogaster Natt. ad. (der junge Vogel gehört ent-
schieden zu pileatus) wirklich von A. pileatus verschieden ist, wie
Schlegel annimmt, muss eine abermalige Vergleichung des im Ley-
dener Museum befindlichen Originals lehren; D’Orbigny’s pokogaster
(sowie dessen pileatus) scheint jedoch sicher zu unserer Species zu
gehören. Tschudi’s prleatus gehört zu A. bicolor (Vieill.), wie aus
der in der Fauna Peruana gegebenen Beschreibung klar hervor-
. *) Vielleicht zu A. bicolor (Viell.) gehörig. — H.v.B,
286 Hans v. Berlepsch:
geht. — 4A. bicolor (Vieill.) und A. chilensis Philippi u. Landb. sind
gewiss gute Arten, der erstere vertritt den pzleatus im nördlicheren
Süd-Amerika, der letztere in Chili und Patagonien bis zur Magel-
laenstrasse; beide Species wurden in Sclater und Salvin’s Exotic
ÖOrnithology trefilich begründet.
19. Acecipiter erythrocnemis Gray. — Azara nr. 27.
Esparverillo, Azara Apunt. I. p. 121 sp. 27. — Falco nisus,
Wied (nee aut.) Beitr. IH. (1830) p. 111. — Aceipiter nisus Hartl.
(nec aut.) Ind. Azara (1847) p. 22 — ANisus striatus, D’Orb. (nec
aut.) Voy. Am. merid. Ois. (1847) p. 85?*) — Burm. Syst. Ueb.
Thier. Bras. JI. (1856) p. 71. — Aeceipiter erythrocnemis, Gray List
Aceipitres (15348) p. 70 non deser. — Bonap. Consp. 1. (1849) p.
32 gen. 101 sp. 3. — Sclat. P.Z. S. 1866 p. 303 sp. 2 part. —
Selat. u. Salv. Exot. Ornith. (1867) p. 35 deser. &, 2, juv. Pl.
XV. (ad. u. juv.) und p. 27 sub A. chionogaster. — Gray Handl.
birds I. (1569) p. 32 sp. 505 (Brazil u. Bolivia). — Reinh. Bidr.
til Kundsk. in Vid. Medd. 1870 p. 63 sp. 33 (Minas u. Sao Paulo).
— Pelz. Orn. Bras. IV. (1870) p.399. — Nisus fringllarius subsp.
erythroenemius, Kaup. Arch. f. Nat. (1550) XVI. 1. p. 34 deser. —
Nisus (vel Aceipier) erythronemius, Kaup. Contr. Orn. 1850 p. 64
deser. (Bolivia). — (?)Nisus ferrugineus, Licht. Mus. Berol. —
(?) Falco nisoides Ouv.
1 Stück, junger Vogel und, nach der Grösse zu urtheilen, wohl
ein 9.
Dieses Exemplar stimmt gut mit Burmeister’s Beschreibung
eines jungen Vogels aus Neu-Freiburg überein.
Long. tot. 31'/); Cm.; al. 198 Mm.; caud. 155 Mm.; tars. 44 Mm.
[Brasilien: Camamü südlich von Bahia (Freyreiss);
Minas Geraes: Lagoa Santa (Burm. u. Reinh.); Neu-
Freiburg, häufig (Burm.); Prov. Sao Paulo (Lund); Blu-
menau (Schlüter). — Bolivia (Mus. Brit), ?Yuracares
(D’Orb.). — Paraguay (Azara).]
NB. 4. erythrocnemis wird in Guatemala durch den ver-
wandten A. chionogaster Kaup und in Neu-Granada durch A. ven-
*) Ob D’Orbigny’s Vogel hierher gehört, lässt sich nach seiner Be-
schreibung nicht feststellen. D’Orbigny’s Notizen über den von ihm ge-
sammelten Vogel sind sehr kurz und die Diagnose ist Vieillot entnommen
(Vieillot’s „siriatus“ hat aber bekanntlich mit erythrocnemis nichts zu
thun); es könnte daher D’Orbigny’s Vogel auch mit A. tinus (Lath.) identisch
sein! H.v.B,
® Zur Omithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 287
tralis Sclat. vertreten; über diese Arten lese man in Sclater und
' Salvin’s Exotic Ornithology nach, wo dieselben ausführlich abge-
handelt sind.
80. Micrastur ruficollis (Vieill.).
Sclat. u. Salv. P. Z. S. 1869 p. 366. — Climacocereus ruficollis,
Burm. S. U. II. p.85. — Cab. J. f.O. 1865 p. 407. — Nisus zan-
thothoraxw (Temm.), Schlegel Mus. d. P.-B. Astures p. 50 part. (zum
Theil zu zonothorax). — Micrastur wanthothorax (Temm.). — Pelz.
Orn. Bras. pp. 7, 399. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 68 sp. 87.
— Falco leucauchen, Temm. Pl. Col. 306 — av. jun.!
2 Stück (1 ad. u. 1 juv.). — Der alte Vogel hat den unteren
Theil der Kehle und den Unterhals bis zur Oberbrust hell rostroth
gefärbt; die Federn des Rückens sind röthlichbraun und haben
breite schmutzig aschgraue. Ränder, welche auf dem Flügel fast
ganz verschwinden, dagegen auf Kopi und Oberhals fast die ganze
Feder einnehmen, weshalb diese Parthien ziemlich rein aschgrau
gefärbt erscheinen. Die Schwanziedern zeigen ausser dem weissen
Endrande 5—6 schmale und verloschene weisse Binden. — Der
junge Vogel entspricht ziemlich genau Temminck’s Tafel 306
' (Falco leucauchen). An der Oberseite ist er dunkel chocoladen-
braun gefärbt, ein Streif über dem Auge und der grössere, aber
verdeckte Theil der Federn des Nackens und des Seitenhalses
schneeweiss. Die Kehle ist ebenfalls rein weiss; übrige Untertheile
gelblichweiss (oder hell lehmfarbig), im Unterhalse einige Federn
mit roströthlichem Anflug. Die Federn des Unterhalses und der
Oberbrust sind mit breiteren und nahe aneinander &erückten, die
der Unterbrust und des Banuches mit etwas schmäleren und sehr
weit von einander abstehenden schwarzbraunen Querbinden ge-
zeichnet; Steiss und untere Schwanzdecken ohne solche Zeichnung.
Schwanzfedern ausser dem weissen Endrande mit 5—6 ziemlich
breiten reinweissen Querbinden versehen.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
ade 23,0% Cm. 168 Mm, : 166 Mm... 18 Mm. . 57 Mm,
Be. 32, 104m 110, es, Da,
Herr Dr. Cabanis, welcher beide Exemplare untersuchte,
schreibt mir, dass sich im Berliner Museum weder ein so alter,
noch ein so junger Vogel befinde, dass aber diese beiden unbe-
dingt zu derselben Species, M. ruficolkis, gehören. Er glaubt, dass
das viele Grau an der Oberseite des alten Vogels frische Mauserung
288 Hans v. Berlepsch:
sei, diese grauen Kanten würden sich abreiben und dann das Roth-
braun mehr zur Geltung kommen.
Ich muss entschieden der Ansicht Sclater und Salvin’s, dass
leucauchen Temm. eine besondere Species sei, entgegentreten, auch
Herr Dr. Cabanis hält ihn für den jungen Vogel von M. rufieollis ;
Temminck’s Figur ist obenher dunkelbraun und zeigt also nicht
einmal das charakteristische Merkmal, welches nach Sclater und
Salvin’s Meinung hauptsächlich den Zeueauchen von ruficollis unter-
scheiden soll. Ob die von diesen Herren als „Zeueauchen Temm.
aufgeführten Vögel wirklich von rujfieollis verschieden sind, wird
die Zukunft lehren. Da besonders die graue Rückenfärbung ihrer
Exemplare die Herren Selater und Salvin zur Aufstellung einer neuen
Species (leueauchen) bewog, so will ich wenigstens hier darauf hin-
weisen, dass, nach der Färbung des alten Vogels aus Blumenau zu
urtheilen, auch in irgend einem Alters- oder Geschlechtszustande
des ruficollis die graue Rückenfärbung vorherrschen wird! — Sind
Sclater und Salvin’s Exemplare von rujicollis speeifisch verschieden,
so müssen sie auch einen neuen Namen erhalten, denn leucauchen
Teımm. gehört, wie gesagt, sicher zu ruficollis.
[@)Guyana und Cayenne*) (Mus. d. Pays-Bas). — Bra-
silien: Bahia (Sclat. u. Salv.); Goyaz (St. Hilaire); Minas
Geraes: Lagoa santa und Lapa do Bahu (Reinh.); Rio
Janeiro (Wied, Selat. u. Salv.), Neu-Freiburg (Burm.);
Mattodentro, Ypanema und Ytarare& (Natt.); Blumenau
(Schlüter).]
+ 81. Micrastur semitorguatus (Vieill.). — Azara nr. 28
und 29.
Sclat. und Salv. P. Z. S. 1869 p. 365. — Climacocereus bra-
chypterus (Temm.), Burm. S. U. II. p. 88. — Nisus brachypterus,
Schlegel Mus. d. P.-B. Astures p. 52. — Micrastur brachypterus
Gray. — Pelz. Orn. Novara p. 12. — Pelz. Orn. Bras. pp. 7, 398.
— Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 68 sp. 86.
1 Stück, junger Vogel in dem bekannten Kleide, welches
Burmeister, Schlegel und Andere gut beschrieben haben.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
51,2 Cm. 25,6 Cm. 24,7 Cm. 28 Mm. 50 Mm.
*) Vielleicht gehören die Exemplare im Leydener Museum aus Guyana
und Cayenne zu M. zonothoraw Cab., welche Species Schlegel nicht von
ruficollis unterscheidet; doch wurde zonothorac bisher nur von Porto
Cabello und Bogota bekannt. Nördlich von Panama kommt als Ver-
treter dieser Arten M. guerilla Cass. vor. — BR.
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 289
[Mexico (Mus. d. Pays-Bas), Yucatan (Cabot). Von hier
aus erstreckt sich die Verbreitung über ganz Central-Ame-
rika (Guatemala, Costa Rica, Veragua) nach Süd-Ame-
rika: Cayenne (Mus. d. Pays-B.).. — Surinam (Burm.). —
Brasilien: Barra do Rio negro (Natt.); Forte do Rio
branco (Natt.); Borba und Villa Maria (Natt.); Bahia
(Spix); Minas Geraes (Reinh.); Rio Janeiro (Natt.); Blu-
menau (Schlüter). — Paraguay (Azara).]
+82. Spizaetus ornatus (Daud.). — Azara nr. 23.
Burm. S. U. I. p. 64. — Pelz. Verh. zool.-bot. Ver. (Uebers.
d. Geier u. Falken) XI. (1862) p. 166. — Schleg. Mus. d. P.-B.
Astures p. 2 part. — Pelz. Orn. Bras. pp. 4, 397. — Finsch P. Z.
8.1870 p. 555. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 72 sp. 98. —
Falco ornatus Daud. — Wied Beitr. II. p. 78.
1 Stück (wohl recht altes ). — Dasselbe stimmt mit der
vom Prinzen Wied gegebenen Beschreibung des & gut überein,
doch sind bei ihm die Backen wie der Ober- und Seitenhals roth-
braun (mit gelblich weiss) gefärbt; auf der Oberfläche der Schwanz-
federn befinden sich nur 5, nicht 6, schwarzbraune Querbinden; die
schwarze Zeichnung an Unterbrust und Bauch ist bei meinem Vo-
gel bindenartig, während Wied von runden Flecken spricht. Bur-
meister meint, dass „viel Rothbraun im Gefieder“ Zeichen von
Jugend sei, dagegen spricht aber Finsch’s Beschreibung eines
jungen Vogels in P. Z. S. 1871 p. 555.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
65 Cm. 36,2 Cm. 25,8 Cm. 48 Mm. 84 Mm.
[Die geogr. Verbreitung erstreckt sich von Süd-Mexico
(Oaxaca und Jalapa) über ganz Central-Amerika und
Süd-Amerika: Trinidad (L£eot. u. Finsch).. — Venezuela
(Göring). — Cayenne und Guiana (Daud. und Mus. d. P.-B.).
— Ost-Peru (Bartlett). — Ganz Brasilien, südlichster Fund-
ort: Blumenau (Schlüter). — Paraguay (Azara).]
83. Asturina Nattereri Sclat. u. Salv.
Selat. u. Salv. P. Z. S. 1869 p. 132 deser. — Selat. u. Salv,
Exot. Ornith. (1869) p. 173 deser. und Pl. LXXXVII. und p. 180
nr. 4. — Falco magnirostris, Wied (nec aut.) Beitr. II. p. 102 excl.
syn. — Spix Av. Bras. I. p. 15 part. — Euler J. f. O. 1867 pp.
189, 191, 198. — Nisus magnirostris, Burm. (nee aut.) 8. U. II. p.
76 syn. part. — Euler J. f. O. 1867 p. 217. — Astur magnirostris,
Cab. Journ. f. Ornith. Jahrg. XXI. No. 123. Mai 1873. 19
290 Hans v. Berlepsch:
Pelz. (nee aut.) Orn. Bras. pp. 6, 398 exel. syn. gularis. — Astur
Nattereri, Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 69 sp. 89.
6 Stück (ad. u. jurv.).
Long. tot. al. caud. rostr. tars»
Cm. Cm. Mm. Mm. Mm.
36,4—41,4 24,1—25,6 160-179 29-331, 60-62
[2 Exemplare in meiner Sammlung (aus Brasilien ?) zeigen
viel kleinere Maasse:
Long.tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Cm. Mm. Mm. Mm.
1) ad.Brasil.(?) — coll. mea SB 729.5°° VID 60
2) juv.Brasil.(?)— coll.mea 311%, 21 147 31 60
Beide gehören übrigens nach ihren Färbungsverhältnissen
sicher zu A. Nattereri']
[@)Barra do Rio negro (Natt.). — (M)Para (Spix u.
Souza). — Bahia (Spix u. Wucherer). — Piouhy (Spix). —
Irisanga (Natt.),. — Cuyaba, Caigara und Engenho do
Pari (Natt.). — Minas Geraes, gemein (Reinh. u. Souza). —
Rio Janeiro (Spix u. Natt.), Cantagallo (Euler), Sapitiba
(Natt.). — Mattodentro, Ypanema, Villa de Castro
(Natt.). — Blumenau (Schlüter). — Südwest-Peru: Cosni-
pata-Thal! (Whitely — P. Z. S. 1869 p. 598).]
NB. Im nördlichen Brasilien und Ost-Peru sowie im
übrigen nördlichen Süd-Amerika scheint Nattereri durch A. magni-
rostris (Ginel.) ersetzt zu werden, während ihre Vertreterin in Ar-
gentinien und Bolivia A. Pucherani Verr. (= gularis Licht.)
sein dürfte; um: so merkwürdiger. erscheint das Vorkommen. der
Nattereri in West-Peru! (von wo sie durch Selat.: u. Salv. P, Z.
S. 1869 p. 598 erwähnt‘ wird), wenn nicht etwa hier ein Irrthum
“vorliegt. Was Gray in Handl. birds p. 30 unter magnirostris Gm.
und insectivorus Spix versteht (diese beiden Arten sollen nach ihm
ziemlich denselben Verbreitungsbezirk haben und noch in Central-
Amerika vorkommen), ist mir ganz unklar. — In Central-Amerika
tritt eine andere Species, A. rufieauda Sclat. u. Salv., auf. we
84. Leucopternis scotoptera (Wied).
Pelz. Verh. zool.-bot. Ver. (Uebers. d. Geier u. Falken), XH.
(1862) p. 141 u. 184. — Pelz. Orn. Bras. pp. 3, 395. — Selat. u.
Salv. Exot. Orn. (1868) p. 122 sp. 3. — Salv. Ibis 1372 p. 242. —
Falco scotopterus, Wied Beitr, II. p. 204. — Buteo scotopterus, Gray.
‘
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 291
'— Burm. $. U. Il. p. 5l. — Asturina seotoptera, Schleg. Mus. d.
P.-B. Asturina p. 11. |
1 Stück, jedenfalls & ad., denn die ganze Unterseite ist rein
weiss gefärbt und auf Kopf und Oberhals befinden sich nur ganz
haarfeine schwärzliche Schaftstriche in der Mitte einiger Federn,
so dass auch diese Theile ziemlich rein weiss erscheinen. Die Ba-
salhälfte der Schwanzfedern ist auf der Oberseite schwarz, doch an
den äussersten Sehwanzfedern löst sich diese- schwarze Binde in
einzelne Querwellen auf; alle Schwanzfedern haben weisse Spitzen
und vor denselben befindet sich ein etwa 20 Mm. breites schwar-
zes Band.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
48 Cm. 31,7 Cm. 176 Mm. 40 Mm. 81 Mm.
Meine Maasse stimmen mit denen Natterer’s überein; Tem-
minck, Schlegel und Wied geben bedeutend kleinere Maasse. Wied’s
Beschreibung scheint sich übrigens nur auf jüngere Vögel zu be-
ziehen, während der alte Vogel von Schlegel und Burmeister sehr
gut beschrieben wird.
[Bogota (Mus. Brit... — Guiana (Mus. d. P.-B.). — Bra-
silien: Bahia (Souza); Rio Perahype und R. Espirito
Santo (Wied), Rio Cagado (Burm.); Registo do Sai in
Prov. Rio Janeiro (Natt.); Blumenau (Schlüter). — P)Ar-
gentinien (Schlegel).]
85. Leucopternis palliata („Natt.“) Pelzeln.
Pelz. Sitzungsber. Wien. Ac. math.-nw. Cl. XLIV. (1861) p.
11. — Pelz. Verh. zool.-bot. Ver. (Uebers. d. Geier u. Falken), X1.
(1862) p. 141 u. 184. — Pelz. Orn. Bras. pp. 3, 395. — Selat. u.
Salv. Exot. Ornith. (1868) p. 97 Pl. XLIX. u. p. 122 nr. 2. —
Saly. Ibis 1872 p. 242. — Buteo polionotus, Gray List of Aceipüres
(1844) p. 17.
1 Stück, vorzüglich mit den Beschreibungen Natterer’s, Pel-
zeln’s und Sclater u. Salvin’s übereinstimmend; die Primär-
schwingen haben nur schmutzig weisse Spitzen, die Secundär-
sehwingen dagegen selır breite rein weisse Endbinden; die letzten
Sehwingen haben ausserdem noch auf ihrer Oberseite weisse Wel-
lenbinden, welche in der Mitte der Feder unterbrochen sind.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
53,2 Om. 84,1. .Cm. 21,3 Cm. 45 Mm. 85 Mm.
[Rio Janeiro (Natt.). — Ypanema (Natt.). — Blumen-
au (Schlüter).]
19*
292 Hans v. Berlepsch:
+86. Cathartes aura (Linn.). — Azara nr. 3.
Less. Voy. Coq. Zool. p. 614. — Burm. $. U. I. p. 30. —
Burm. La Plata-Reise sp. 2. — Darw. Voy. Beagle Zool. II. p. 8.
— Baird B. N. Am. p. 4. — Wied J. f. O. 1856 pp. 119, 120 u.
1858 p. 2. — Schleg. Mus. d. P.-B. Vultures p. 3. — Pelz. Orn.
Bras. pp. 1, 391. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 61 sp. 75.
2 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Cm. Cm. "Cm, Mm. Mm.
70—74 51,2—52,2 25,7—26 64—66 61-62
‚An dem kleineren Vogel ist fast der ganze Oberhals nackt,
nur mit borstenartigen Federchen besetzt; bei dem andern Exem-
plare dagegen ist derselbe bis fast zum Hinterkopfe hinauf befie-
dert; im Uebrigen stimmen beide überein. — Die nackte Haut des
Kopfes und Halses scheint roth gefärbt.
[Ganz Nord-Amerika (ausser den arctischen Regionen),
im Osten nicht nördlicher als New-York, im Westen und be-
sonders im Inneren des Continentes weit nördlicher etwa bis zum
50° n. Br. sich verbreitend — Vancouver, — Bermudas (Baird)
— dann im ganzen südlichen Nord-Amerika (Texas, Ca-
lifornien u.s.w.), Mexico und Central-Amerika vorkom-
mend — Cuba, sehr gemeiner Standvogel (Gundl.) — Jamaica,
Standvogel (Gosse) — (fehlt jedoch auf St. Domingo, Porto Rico
und den kleinen Antillen) — Trinidad (Taylor). — Endlich über
ganz Süd-Amerika (östlich und westlich der Anden) südlich
bis zur Magellaenstrasse und Feuerland verbreitet. —
Falklands-Inseln — brütend (Darw., Abbott, Lesson).]
+87. Cathartes atratus (Bartr.). — Azara nr. 2.
Darw. Voy. Beagle Zool. IH. p. 7. — Baird B. N. Am. p. 5.
— Schleg. Mus. d. P.-B. Vultures p.2. — Cathartes uruba (Vieill.).
— Burm. $. U. II. p. 32. — Less. Voy. Coq. Zool. p. 614. — Ca-
thartes foetens (Nlig.) Wied Beitr. II. p. 58. — Burm. La Plata-
Reise sp. 3. — Euler J. f. O. 1867 pp. 159, 191, 198. — Pelz.
Orn. Bras. pp. 1, 391. — Reinh. Bidr. in V. M. 1870 p. 62 sp. 76.
— Cathartes atratus brasiliensis, Schleg. Mus. d. P.-B. Vultures p. 3.
2 Stück.
Long. tot. al. caud. rostr. tars.
Um. Um. Cm. Mm. Mm.
6, Tl! 42,3—42,6 17,6—18 631, —641, 7T2—76
Wie bei voriger Species hat das eine Exemplar den Oberhals
Zur Ornithologie der Provinz Santa Catharina, Süd-Brasilien. 293
bis zum Hinterkopfe befiedert, das andere zeigt ihn nackt, aber
' dicht mit borstenartigen Federchen besetzt.
[Südliche Vereinigte Staaten (östlich und westlich
der Rocky-Mountains): von Maryland (Audub.) und Nord-Ca-
rolina (nördlich) über Texas, Californien u. s. w. verbreitet.
— Ganz Mexico und Central-Amerika, sehr häufig — (fehlt
in West-Indien), aber auf Jamaica (Baird?) und Haiti, St.
Domingo (Gray — ?) vorgekommen. — Trinidad, häufig (Tay-
lor). — Dann über ganz Süd-Amerika (östlich und westlich der
Anden, —inWest-Peru noch sehr gemein — Less., Tschud. ; — da-
gegen wird er in Ghile schon selten und ist hier nur im Innern,
nicht an der Küste zu finden, Cass., Bridges, D’Orb.) südlich bis
zum Rio negro (41° südl. Br.) an der Grenze Patagoniens
(Darw. u. D’Orb.) verbreitet.]
(Schluss folgt.)
Briefliches
über Buteo tachardus und andere Raubvögel Thüringens.
Von
Kammerherr Otto v. Krieger.
Ich erlaube mir die briefliche Mittheilung zu machen, dass
ich am 20. d. Mts. wiederum einen Buteo tachardus (B. desertorum)
auf meiner Krähenhütte, also in drei hintereinander folgenden
Jahren drei Stück dieser seltenen und interessanten Art Duteo ge-
schossen, und auffallend, dass ich den ersten im Jahre 1869 am
18. September, den zweiten am 19. September 1870 und den dies-
jährigen am 20. September erlegt habe. Das diesjährige Exemplar
gleicht den früheren genau, nur ist bei ersterem das Brustschild
nicht so lebhaft rothbraun-violett gezeichnet, wie bei den früheren.
Ich muss also bei meiner früher ausgesprochenen Meinung bleiben,
dass der fragliche Vogel in Deutschland bisher wohl weniger beob-
achtet worden ist, und daher für seltener gehalten wurde, als er in
der That zu sein scheint. Nur sonderbar erscheint mir der Um-
stand, dass er mir seit einigen vierzig Jahren, in denen ich die
Rabenhütte regelmässig begangen habe, nie vorgekommen ist. Auch
sein Benehmen gegen den Uhu war ganz das der früheren; er at-
taquirte eben so wüthend und anhaltend, nur schrie er dieses Jahr
nicht dabei. Der Schilderung gemäss, die mir ein Bekannter von
einem ganz gleichen Vogel machte, den er vor einigen Tagen eben-
falls auf seiner hier gelegenen Hütte geschossen haben will, muss
294 Otto v. Krieger:
derselbe auch ein B. tachardus gewesen sein; leider ist derselbe:
aus Unkenntniss dem Uhu als Futter gereicht worden, und ich
habe ihn deshalb nicht als solehen bestimmen können. (Da ich
den B. desertorum schon einige Mal in meiner Sammlung habe, so
steht er jedem Sammler gegen Tausch eines anderen seltenen
Raubvogels zu Diensten.)
Bei diesem Anlass kann ich nicht unterlassen, ‘auf ein Miss-
verständniss aufmerksam zu machen, welches sich in dem Proto-
kolle unserer Sitzung vom 6. Februar 1871 eingeschlichen hat.
Ich habe damals dem Duteo vulgaris keinen Schutz angedeihen las-
sen wollen, weil ich überhaupt principiell keinem Raubvogel Scho-
nung gewähre, und ich habe mich über die Gründe und das Wesen
des Buteo damals auch ausführlicher ausgesprochen, denn der
Schaden, den er der Jagd und dem kleineren Geflügel zufügt, ist
grösser, als der Nutzen, welchen er durch Wegfangen von Mäusen
bringen soll. Auch erinnere ich mich nicht, dass in der damaligen
Sitzung Herr Dr. Brehm des Buteo vulgaris hinsichtlich seiner be-
sonderen Schutzanempfehlung Erwähnung gethan hätte. Er sowohl
wie ich, haben in jener Sitzung nur den Pernis apivorus, Falco
cenchris und vespertinus der Schonung empfehlen können, obgleich
es sehr fraglich bleibt, ob genannte Arten durch Wegnahme von
kleinen, Insekten fressenden Vögeln ebenfalls nicht mehr Nachtheil
bringen, als sie durch Vertilgung von Heuschrecken, Kerbthieren
und deren Larven Nutzen stiften. Ich habe mich seit 43 Jahren
fast ausschliesslich mit der Naturgeschichte der Raubvögel beschäf-
tigt. Als eifriger Jäger und Sammler habe ich eben so lange alle
Jahre regelmässig die Rabenhütte besucht, und im Frühjahr die
Horste gesucht und untersucht. Diesem Jagdeifer verdanke: ich
hauptsächlich eine vollständige Sammlung aller europäischen Raub-
vögel, die an so reichen und seltenen Varietäten wohl jeder ande-
ren Privatsammlung würdig zur Seite stehen kann. Aber eben die
besondere Liebhaberei für diese Vogelgattung hat mich auch ihr
Leben und Treiben in ihrer Freiheit genau kennen lernen, und ich
habe sie in Wald und Feld oft belauscht und dabei sehr interes-
sante Erfahrungen gemacht. Zu di®sen gehört aber in erster Reihe,
dass der Buteo vulgaris nicht so viele Mäuse verzehrt, als unser
verdienstvolle Dr. Gloger in seinen desfallsigen Schriften auszu-
rechnen versucht hat. Ja, ich behaupte fest, dass das Wegfangen
von Mäusen der geringste Nutzen ist, welchen der Bussard bringt.
Es lassen sich hinter dem Schreibtische in einer warmen Stube
Ueber Buteo tachardus und andere Raubvögel Thüringens. 295
recht hübsch solche Berechnungen aufstellen, auch glaubt das nicht
forschende und keine Gelegenheit zum Selbstbeobachten habende
Publikum der grösseren Städte daran; in der Wirkliehkeit sind
solche Berechnungen unrichtig, und führen zu ganz falschen An-
sichten. Kein praktischer Jäger, der sich für Naturgeschichte der
Vögel interessirt, so wenig, wie ein beobachtender Präparator wird
eine solche Berechnung nur für annähernd richtig halten. Unter
den Hunderten von Bussarden, deren Kröpfe und Magen ich geöft-
net, habe ich weniger Mäuse gefunden, als andere Geschöpfe, zu
denen im Frühjahr besonders Regenwürmer, Schnecken und Enger-
linge gehörten. Ich habe aber unzählige Mal gesehen und im
Frühjahr beim Horste viele Reste davon gefunden, dass der D. vul-
‘ garis neben Reptilien auch alle jungen Hasen und alles Geflügel
nicht verschont, dessen er, trotz seiner Unbeholfenheit, nur habhaft
werden kann, und dass der Falco tinnunculus Lerchen, Bachstelzen
und Rothkehlchen in meiner nächsten Nähe, gleich dem #‘ nisus,
wegfing, und sie seinem Horste zutrug. Einem Bussarde, der übri-
gens sehr lange hungern kann, wenn er nicht etwa auf den Stop-
pelieldern bequeme Beute machen kann, und der viel zu träge und
unbeholfen ist, in der Saat und noch weniger in hoher Frucht
Mäuse zu fangen, und welcher in einem Feldholze seine Horst-
jungen von meinem Wilde aufzieht, was ich sorgsam hege und
pflege, und was mir und Anderen Nutzen bringen soll, kann ich
keinen Schutz gewähren, um so weniger, wenn ich vom Stand-
punkte eines Jagdpächters an eine Gemeinde einen hohen Pacht
zahlen und dabei zusehen muss, wie mir der Schutzbefohlene des
Gesetzes, auffallender Weise, gerade in der Periode der Brütezeit,
wo er den grössten Schaden der Jagd zufügt, täglich meine Schütz-
linge raubt. Zum Beweise, dass sich das von mir Gesagte so ver-
hält, bitte ich Alle, die sich für die Naturgeschichte der Bussarde
interessiren, im Frühjahre einen Bussardhorst zu untersuchen, und
sie werden, neben Hamster und Reptilien, Haare und Federn von
jedem kleineren jagdbaren Wilde finden, und in den Magen der
Jungen wenige oder gar keine Mäuse. Bei den Eulenarten wird
dies der umgekehrte Fall sein; man wird dort hauptsächlich Ge-
wölle und Reste von unzähligen Mäusen und wenige Spuren von
Federn vorfinden, was ganz erklärlich ist, weil die Eulen bei ihrer
Nachtjagd fast ausschliesslich auf Mäuse, die bekanntlich haupt-
sächlich ‘des Nachts ihr Unwesen treiben, angewiesen sind. Ein
Bussard macht höchstens in der Dämmerung, wo, man ihn oft rüt-
296 O. v. Krieger: Ueber Buteo tachardus.
telnd antrifft, an solehen Orten einmal Jagd auf Mäuse, wo er sie
nur mit Bequemlichkeit fangen kann; am Tage gelingt ihm dies
seltener. Ich bedauere öflentlich, dem Wunsche manches Bussard-
Freundes zuwider, gegen den Schutz dieses Vogels auftreten zu
müssen, weil ich durch die Praxis die feste Ueberzeugung ge-
wonnen habe, dass der Schaden, den er in der Schöpfung anrich-
tet, unendlich grösser ist, als sein Nutzen, und so wünschte ich,
dass, wenn man ihm einmal Schonung angedeihen lassen will, man
ihn lieber in der Herbstzeit hegte, wo er Mäuse fangen kann, als
im Frühjahr, wo er nur für seine junge Brut als Beute nützliche
Geschöpfe zusammenträgt.
Woran liegt es denn, dass die niedere Jagd in meiner Heimath,
wo früher der ausgezeichnetste Wildstand angetroflen wurde, von
Jahr zu Jahr trotz aller Schonung schlechter geworden ist? Es
liegt daran, dass jetzt für das Raubzeug keine Auslösung mehr ge-
zahlt wird, und deshalb, besonders die Raubvögel, so überhand ge-
nommen haben, dass das kleine Federwild zuletzt ganz aufhören
wird. Im vergangenen Winter sind bei tiefem Schnee ganze Völ-
ker Rebhühner durch Raubvögel, wozu auch der Bussard gehörte
binnen einigen Tagen verschwunden und man fand ihre Federn
massenhaft auf dem Schnee.
Der Mensch kann das in der Natur gestörte Gleichgewicht
nicht herstellen, und wenn Millionen von gehegten und gepflegten
Bussarden in mäusereichen Jahren ihr Vertilgungswerk auch be-
ginnen könnten, ihnen so wenig wie den Menschen, mit allen seinen
künstlichen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, würde es gelingen,
auch nur den kleinsten vorhandenen Theil der Mäuse zu vernich-
ten. Die weise Einrichtung der Schöpfung allein ist im Stande,
die Massen von Mäusen durch Witterungseinflüsse entstehen und
verkommen zu lassen. Ich beschliesse diese kurze Auseinander-
setzung mit dem Wunsche, dass diejenigen Herren, welche sich bis-
her für die Schonung der Bussarde und kleinen Falken so warm
interessirt haben, wenn sie ihr Studirzimmer verlassen und auf
ihren Excursionen in der freien herrlichen Natur einem Bussarde
begegnen, welcher in den Lüften kreisend und rüttelnd, plötzlich
pfeilschnell zur Erde herabstösst, dieses Manöver mehrentheils nur
als Spielerei erkennen und nicht glauben mögen, dass es jedesmal
einer Maus gegolten habe, Sie werden sich bei einer praktische-
ren Anschauung und bei gründlicherer Beobachtung aller Raub-
vögel sehr bald überzeugen, dass Bussard und auch der kleinste
Dr. A. Reichenow: Briefl. Reiseberichte aus West-Afrika. 297
' Falke in national-ökonomischer Beziehung viel mehr Unheil an-
richtet, als er uns Nutzen bringt.
Sondershausen, 27. September 1871.
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika.
Von
Dr. Anton Reichenow.
(Siehe Seite 209— 218.)
II.
Vom Camerunfluss.
An den Secretär der ornithol. Gesellschaft.
Durch den Krieg, der zwischen den Camerunstädten ausge-
brochen, waren wir gezwungen, längere Zeit am Bord des Hulk zu
leben, welcher für ein Hamburger Haus hier stationirt ist. Um
die Zeit nicht unbenutzt verstreichen zu lassen, beschlossen wir
nun, die Creeks zu durchforschen, schmale Wasserstrassen, welche
das Vorland zwischen dem Camerun- und Bimbiafluss durchziehen.
Ein kleines Boot, das wir hier erworben und mit Leichtigkeit selbst
rudern, nimmt unser Jagdgeräth, etwas Schiffsbrot und Wasser auf,
und schnell eilen wir mit Tagesgrauen, begünstigt durch die Ebbe,
den Fluss hinab in die Creeks hinein. Diese Kanäle sind bald
von Flussbreite, bald so schmal, dass man nur gerade mit dem
Boot hindurch kann, bald bilden sie Sackgassen, werden immer
enger und enger und verschwinden endlich im sumpfigen Delta.
Das Land ist nur stellenweise so fest, dass man es betreten kann;
meist ist der Boden schlammig, von dichter Mangrove-Waldung,
Oel- und Weinpalmen bestanden, welche Schlingpflanzen von
Zwirnsfaden- bis Schenkeldicke in dichtem Gewirr verbinden. Auch
der stachlige Pandanus tritt hin und wieder auf, doch findet er
sich häufiger weiter flussaufwärts, wo kleine Inseln ausschliesslich
mit diesem Gewächse bedeckt sind. Je schmaler die Wasser-
strassen, um so üppiger die Vegetation; man fährt dann unter
einem dichten Laubdach dahin, welches von den schönen Blättern
der Oelpalme gebildet wird, und die feierliche Stille in diesem
grossartigen Pflanzenleben wirkt eigenthümlich erhebend auf das
Gemüth. Da nur die breiteren dieser Wasserstrassen von Fischern
besucht werden, in die schmaleren oder abgelegenern sich nie ein
menschliches Wesen verirrt, so sollte man bei dem herrschenden
Fischreichthum ein reiches Vogelleben erwarten; indessen ent-
sprechen unsre Untersuchungen keineswegs den gehegten Erwar-
298 Dr. A. Reichenow: .
tungen. — Doch konnten wir manche interessante Beobachtung
machen. Ein sehr häufig vorkommender Vogel ist in den Greeks
der schöne Raubvogel West-Afrika’s, Gypohieraw angolensis. Tritit
man früh am Morgen ein, so sieht man ihn hin und wieder noch
in träger Ruhe auf trockenen Baumwipfeln sitzen, und. so ist er
am besten anzugehen. Wir waren auch so glücklich, zwei schöne
alte Exemplare zu erlegen und hoffen noch mehr zu erlangen. Es
ist ein eigenthümliches Thier dieser @ypohierax. Im Sitzen oder im
Tode betrachtet, hat er viel Geierartiges, wozu sein kahles Ge-
sieht beiträgt; im Fluge aber gleicht er vollständig unserm See-
adler. Gleich ihm stürzt er sich oft spielend aus hoher Luft eine
Strecke herab; auch die Erscheinung des schwebenden Vogels ist
dem letztgenannten ähulich. Seine Nahrung scheint hauptsächlich
in Fischen zu bestehen, die wir ihn in ziemlich träger Weise vom
Wasser aufnehmen sahen; nach Art unsers Seeadlers scheint er
also nicht zu jagen. Der Fussbau bestätigt mir durchaus, dass
Gypohieraw den Aquilinen zuzurechnen sei; nur bei obertläch-
licher Betrachtung des Balges kann man Geierähnlichkeit finden.
Ueber das Brutgeschäft des interessanten Vogels haben wir leider
keine Beobachtung bisher machen können; jedenfalls brütet er in dem
Delta auf hohen Bäumen. Den Schmarotzermilan (Milvus parasi-
ticus) findet man häufiger am Fluss, als in den Creeks; mehrfach
aber sahen wir hier unsern Fischadler (Pandion haliaetus). Wo die
Kanäle breiter, und Ebbe Sandbänke bloss legt, fehlen natürlich
die Reiher nicht. Da ist besonders der blaugraue gularis häufig
und ein ihm hinsichtlich der Grösse gleichender rein weisser, mit
derselben gelb und schwarzen Tarsalfärbung, jedenfalls die weisse
Varietät von gwaris. (Wir haben noch keinen der scheuen Vögel
erlegt). Ich glaube dies um so mehr, als wir die graue Form mit
einigen weissen Schwungfedern beobachteten, also eine Mittelform
zwischen beiden. Einen anderen kleineren Reiher konnten wir
bisher nicht bestimmen. ‘Einzeln, weder zu Seinesgleichen, noch zu
den Reihern sich gesellend, sitzt hier und da auf Mangrove-
gesträuch oder trockenen Bäumen der Schattenvogel (Scopus um-
breita). Das Thier stellt einen Uebergang vom Storch zum Reiher
dar, ist aber mehr Storch als Reiher, wie mir auch früher schon
die Fussbildung bewies. Der Flug gleicht dem unsers Storches:
einige Flügelschläge, dann Schweben; indessen wird der Hals
schwach gekrümmt, da die Tarsen nicht lang genug, um dem aus-
gestreckten Halse das Gleichgewicht zu halten. Ungemein häufig,
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 299
‚auf blossliegenden Schlammbänken sich umhertummelnd, oder in
' kleinen Gesellschaften auf umliegenden Baumstämmen der Ruhe
pflegend, sieht man unsern Actitis hypoleweus. Zu ihm gesellt sich
zuweilen Totanus canescens, der dann das Commando der kleinen
Gesellschaft übernimmt und die sonst wenig scheuen Actitis höchst
vorsichtig macht. Aegialites pecuarius kommt hin und wieder vor,
doch nur paarweise. Sonderbar, dass die Ibis diesem günstigen
Terrain fehlen. In kleinen Schaaren bemerkten wir mehrfach
Vumenius phaeopus früh am Morgen auf umliegenden Baumstäm-
men oder kahlen, überhängenden Aesten sitzend. Das sind so die
Sumpfvögel, denen man begegnet; eine kleine Zahl! Merkwürdig
ist der Mangel an Wasservögeln am Camerunfluss sowohl, als in
den Creeks, die doch für viele Arten vortrefflich geeignet wären.
Da ist keine Ente zu sehen; der Schlangenhalsvogel (Plotus), den
wir sicher vermutheten, fehlt. Nur Podica senegalensis bemerkten
wir einige Male, doch verschwand das scheue Thier schnell in die
Mangrove. Von Eingeborenen haben wir zwei dieser Vögel erhal-
ten, die sich wohl in den Fischnetzen gefangen. Am Flusse sahen
wir ausserdem oft eine grosse Seeschwalbe, und einmal flogen zwei
Pelecane vorüber.
Jetzt zu den ewig vergnügten, lärmenden Papageien. Wohin
man sich wendet, begleitet Einen das Gekrächz des ungemein häu-
fisen Psittacus erithacus. Der Flug dieser Dickköpfe ist ganz er-
bärmlich. Mit ganz kurzen, schnellen Flügelschlägen strebt er ın
gerader Richtung seinem Ziele zu; es sieht fast aus, als ängstige
er sich und fürchte, jeden Augenblick herabzufallen. Als wir zur
Küste kamen und die Thiere in der Ferne bemerkten, glaubten
wir Enten vor uns zu haben; ihnen 'gleichen sie im Fluge. Früh
Morgens sieht man die Papageien in grossen Schaaren dem In-
nern in der Richtung des Wahpakiberges zueilen, von wo sie mit
Sonnenuntergang zurückkehren. Erlegte bewiesen uns, dass der
Nahrung wegen diese Züge unternommen werden, denn der Magen
war mit Mais vollgepfropft; selbiger muss also im Innern häufiger
gebaut werden, in Cameroons sieht man ihn selten. Dass die
Schwänze der jungen Vögel schwarz seien, wie Viele vermuthen,
glaube ich nach den bisherigen Erfahrungen nicht; doch haben wir
keine Nestjungen erhalten können; die Brutzeit ist wohl mit dem
October vorüber. Häufig kommen aber Varietäten vor, welche
einige rothe Armsehwingen haben; dieselben werden Königspapa-
geien genannt. Ich habe diese in Europa nie gesehen. Oftmals
300 Dr. A. Reichenow:
haben wir Papageien für unsre Küche geschossen. Da sie sehr
fett sind, so geben sie eine gute Suppe; aber das Fleisch, welches
gekocht wie Rindtleisch aussieht, ist so zähe, dass wir trotz schar-
fer Messer und guter Zähne nicht in der Lage waren, es zu zer-
kleinern. Die Eingeborenen benutzen die rothen Schwanzfedern zu
Medicin; auch schmücken sie ihre Kriegskappen mit denselben.
Trotzdem dass der Jacko so häufig ist, wird er doch selten von
den Eingeborenen lebend gebracht; die Camerunneger sind eine
so faule Art, dass sie sich nicht einmal zur Jagd und zum Vogel-
fang erheben. Man bringt uns hier äusserst selten ein Thier, nur
wenn solches zufällig in die Hand eines Schwarzen kommt. Sie
denken nicht daran, auf den Fang auszugehen; sie verschlafen, ver-
träumen und veressen ihre Lebenszeit; höchstens begeben sie sich
noch zum Fischfang in’s Canoe, wenn fleischliche Gelüste in ihnen
aufsteigen. Wegen dieser Trägheit der Eingeborenen haben wir
uns bisher auch nicht auf das Sammeln lebender Vögel einlassen
können. Für die grauen Papageien sind die Hauptausführorte
Gabun und die Bengualaküste,
Wir lassen heute die Dickköpfe unbehelligt und folgen den
Gurgeltönen, welche aus einem Seitenkanal herüberschallen; wir
vermuthen Affen, doch als wir hineinbiegen in den Kanal, entdecken
wir den Tonkünstler in einem Nashornvogel. Ein Schuss bringt
ihn herunter, es ist Tockus fasciatus. Diese Art ist hier gemein;
man sieht sie häufig am Ufer der Creeks auf trocknen Baumwipfeln
sitzen oder über Mangrove hinfliegen, sich hebend und senkend; -
der Flug wechselt mit schnellen Flügelschlägen und Schweben. Die
erwähnten Gurgeltöne habe ich nur einmal von dem Vogel gehört,
öfter kurze Schrilllaute, die so dünn sind, dass man sie nicht für
den Ruf eines so grossen Vogels halten möchte. Die Bucerotiden
sind ungemein scheue Vögel und schwer zu erlegen; wir haben
mit den gesammelten noch dazu Unglück gehabt und besitzen
augenblicklich nur einen Balg von fasciatus, da die Ratten (Mus
decumanus), diese Plage auf den Schiffen, wie in den Hütten der
Neger, dıe grossen Schnäbel sehr wohlschmeckend fanden. Das
sind so Freuden bei naturwissenschaftlichem Sammeln!
Wo stille, fischereiche Gewässer von Gesträuch überschattet
werden, fehlen natürlich die Eisvögel nieht; sie bilden dann auch
in mehreren Arten und grosser Individuenzahl eine wesentliche
Zierde unseres Jagdreviers. Wir erlangten oft den schönen hell-
blauen Haleyon senegalensis und die kleine rothbäuchige Zspidina
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 301
'eyanotis, den kleinen Schelm, der oftmals mitten im Schuss unbe-
schadet sitzen bleibt, denn für sein winziges Körperchen sind
Lücken genug zwischen den Schrotkörnern. Eine dritte hier vor-
kommende Art haben wir bisher noch nicht erlegt. Die pracht-
volle Ispidina leucogasira und der langschnäblige Alcedo quadri-
brachys, welche wir an einem Gebirgsflüsschen bei Bimbia erlegten,
kommen in den Creeks nicht vor. Die Verbreitung der beiden
erstgenannten Königsfischer ist übrigens beachtenswerth; jedes
Terrain scheint ihnen recht zu sein. Wir fanden sie fern vom
Wasser im dichten Walde und sogar (besonders senegalensis häufig)
in Ortschaften. Die an letzteren Orten erlegten hatten Heu-
schrecken und Käfer im Magen. Noch eines Sitzfüsslers habe ich
Erwähnung zu thun, der hin und wieder auf dürren Baumspitzen
den Tag verträumt, des schönen Eurystomus gularis.. Im Sitzen
sieht dieser Vogel wie ein Papagei aus; sein Flug g<leicht dem
‚der Meropiden. Die Breitmäuler beweisen uns heut’ übrigens,
dass der im Irrthum, welcher sie nach ihrer äusseren Erscheinung
taxirt: scheinbar vollständig abwesend, sehen sie doch sehr wohl
“was vorgeht, und entziehen sich frühzeitig uuseren Gelüsten, so
dass wir nur ein Exemplar erlegen. '
Die Sonne ist, indessen höher und höher gestiegen und brennt
durch den Hut und durch das Tuch, welches wir noch zum Schutz
in denselben gelegt haben. Wir flüchten an’s Ufer, in den Schatten
der Palmen, um zu ruhen. Da schwirrt es über uns, feuerköpfige
Sycobius schaukeln sich an den Palmwedeln, und bald bemerken
wir auch die langen Nester derselben an den Palmzweigen. Wir
erlegen mehrere Pärchen des schönen Webers Sycobius seutatus;
das Männchen schwarz mit rothem Oberkopf, Nacken und Brust-
schild, das Weibchen (ich finde keine Notiz, ob dieses bisher be-
kannt war) nur mit rothem Schild, das noch durch einen schwarzen
Mittelstriceh getheilt ist. Das schöne, aus dünnen, elastischen
Halmen fast gewebte Nest ist retortenförmig. Die melonenförmige
Nistkammer hat eine Höhe von 17, eine Dicke von 10 Cm. Die
senkrecht herablaufende Schlupfröhre hat eine Länge von 63 Cm;
sie erweitert sich nach unten und ist loser gewebt als die Nist-
kammer, so dass der Vogel beim Hinausschlüpfen bequem durch
die Maschen greifen und sich festhalten kann. Die Schlupfröhre
hat keinen scharf abgegrenzten Rand; die Spitzen der Weberfäden
ragen unordentlicb am Ende der Röhre hervor, so dass man
glauben möchte, der Bau sei noch nicht vollendet! Aufgehängt sind die
802 A.Reichenow: Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika.
Nester (wir fanden 5 an einer Palme, c. 20° über dem Boden) an
zwei gegenüberstehenden Palmblattwedeln, welche jederseits da,
wo die Röhre an die Nistkammer gesetzt ist, angewebt werden.
An einem begonnenen Nest konnte ich auch die Bauweise kennen
lernen. Es wird zuerst ein Ring zwischen zwei Palmwedeln, die
als- Träger dienen sollten, gewebt, sodann die Nestkammer ge-
flochten und zuletzt die Schlupfröhre hergestellt. Allerliebst sieht
es aus, mit welcher Beweglichkeit und Geschicklichkeit die roth-
köpfigen Gesellen die lange Röhre hinaufklettern. Solcher Bau
sichert den Vogel in der That gegen jede Nachstellung anderer
Thiere. Leider fanden wir in den Nestern keine Eier, aber in
einem alten, unten liegenden, finde ich ein faules Ei, welches
merkwürdiger Weise weiss von Farbe. Ueber Weber, Syeobius
und Hyphantornis Arten besonders, habe ich schon manche hübsche
Beobachtung gemacht. Darüber ein andermal!
Der immer stärker knurrende Magen, der sich mit dem we-
nigen Schiffsbrot nieht begnügen will, und besonders der Durst
mahnen zum Aufbruch; rüstig werden die Ruder eingeschlagen,
wobei uns freilich der Schweiss in Strömen vom Körper läuft,
und gegen Sonnenuntergang erreichen wir den Camerunfluss. Hier
zieht es über dem Wasser hin und her, bald die Wellen streifend,
bald sich höher in die Luft erhebend; es ist die liebliche Be-
wohnerin unserer heimathlichen Dörfer, die Rauchschwalbe. Viel-
leicht kommt sie aus unserer nordischen Heimath und bringt uns
Grüsse, die Schaar, die uns umschwebt, die über den Fluss dahin-
streicht lautlos, denn für den Camerun haben sie keine Lieder.
Dass die Rauchschwalben hier auf der Wanderung sind, ist zwei-
fellos; welche mag aber ihre Zugstrasse sein ?
Von europäischen Vögeln habe ich noch Muscicapa grisola
bemerkt, die wohl auch nicht afrikanischer Brutvogel ist, und
neulich hörte ich im hohen Grase das Gequack unserer Rohr-
drossel (Acrocephalus turdoides).
Wenn ich nun noch hinzufüge, dass wir Angesichts des Hulk
kaum eine halbe Stunde von demselben auf einer Sandbank uns
festrennen, dass wir bis in die Nacht hinein hier sitzen, der kom-
menden Fluth harrend, dass wir endlich durch Kruneger, die nach
uns ausgesandt, befreit werden aus dieser unangenehmen Lage,
welche ein Tornado noch zu vermehren droht, und schliesslich am
Bord die gastfreundlichen Hamburger (Herr Thormählen, der mit
zwei Assistraten für das Haus Wörmann hier arbeitet) unsere
L. Taczanowski: Syrnium lapponicum (Retz) in Polen. 308
' gesunkenen Kräfte durch Sherry und Wiener Märzen wieder auf-
richten, so haben Sie das ungefähre Bild einer west-afrikanischen
Wasserjagd. Sie vermissen darin die grellen Farben, welche
Jagdbilder Nordafrikas aufweisen. Der Westen des grossen Erd-
theils kann sich in seinen einzelnen Districten hinsichtlich der
Vogselfauna weder an Arten noch Individuenzahl mit nordöstlichen
Gegenden messen. —
Syrnium lapponicum (Retz) in Polen.
Von
L. Taczanowski. .
Diese seltene Eule muss auch zur ornithologischen Fauna des
Königreichs Polen gezählt werden, denn das Warschauer Kabinet
bekam ein Exemplar, welches Anfang December v. J. im Zuliner
Walde, Chelmischen Kreises, Lubliner Gouvernements geschossen
wurde. Graf Franz Lubienski, als er im tiefen Walde während der
Jagd auf wilde Thiere lauerte, erblickte diese Eule, welche zu Fuss
auf der Erde sich ihm näherte, er schoss und tödtete sie. Her-
nach sah er noch eine zweite.
Es ergiebt sich, dass die Verbreitung dieser Eule sich weiter
in unsere Gegenden erstreckt, als man früher glaubte. In Lithauen
erblickte sie zuerst Tyzenhauz 1825 in den weiten zu Postewy
gehörigen Wäldern, im Dzisnienskischen Kreise, auf der liefländi-
schen Grenze (55° Br., 45° L. Fer.), und machte es in den Anna-
len der Warschauer Gelehrtengesellschaft bekannt, sie ist dort ein-
heimisch und auch brütend. In den letzten Jahren schickte mir
mein Freund, der Entomolog J. Wankowicez, einen Balg aus den
. Wäldern von Borisow im Gouvernement von Minsk (55° Br., 47°L.
Fer.); dann im Frühlinge 1572 brachte H. W. Puslowski einen
Balg von seinem Gute Meretschowstsizna, jenseits Lithauer Brzesc
unweit der polnischen Grenze (52° Br., 42° L. Fer). — Das letzte
Exemplar unseres Landes ist ohne Zweifel das am weitesten ge-
sen Westen gefundene Exemplar in Mitteleuropa (50° Br., 41° L.
Fer.). — Ich zweifle, dass diese Eule bei uns einheimisch ist, wahr-
scheinlich kam dieses Paar, wie es sich trifft, mit der Schneeeule
und Sperbereule.
1857 sah ich im Breslauer Museum ein schönes Exemplar des
Syrnium nebulosum init der Inschrift auf der Etiquette: „Sirix lap-
ponica — Schlesien“. H. Professor Grube hatte bis zu jener Zeit
nicht erfahren Können, woher dieses Exemplar gekommen war, und
304 L. Stejneger:
doch wäre es interessant zu wissen, ob auch diese Art wirklich zur
Fauna von Mitteleuropa gezählt werden kann.
Im vorigen Jahre war bei uns bis Mitte December kein ein-
ziger Frost. Am 7. December erlegte man bei Lowiez 5 Stück
Scolopax Gallinula. — Wahrscheinlich würde man solche auch auf
anderen Sümpfen gefunden haben, wenn man sie zu dieser Zeit ge-
sucht hätte. |
Ornithologisches aus Norwegen.
Von
Leonhard Stejneger.
I.
Die Bibliothek von Bergens Museum enthält eine Reihe von
Manuscripten des verstorbenen J. Heltzen, Pfarrers zu Ranen in
Helgseland. Unter diesen befindet sich auch eine Liste der Vögel
Helgelands (65 —67° nördl. Br.) eder vielmehr eine Ornis des Ra-
nenfjords (66° 18° n. Br.), im Jahre 1841 verfasst.
Ich erlaube mir hier, das Interessanteste mitzutheilen, da seine
Notizen bisher unbeachtet da lagen.
- Falco tinnunculus L. — Heltzen hat sowohl & als 2 ge-
troflen.
Surnia passerina (L.). — „Diese kleine hübsche Eule ist
nur einige Mal bei uns gesehen worden, zeigte sich aber gleich-
zeitig an mehreren Stellen, das eine Mal im Juli und August, das
andere Mal im October. Mittlerweile ist es doch gewiss, dass sie
hier keinen festen Aufenthaltsort hat, denn in diesem Fall würde
sie wohl kaum den Einwohnern so ganz unbekannt sein.“ — Man
hat früher geglaubt, sie käme nur bis zum Trondhjemsfjord unter
63° n. Br. vor. :
Strie Tengmalmi Gm. — Nur ein einziges Exemplar 1841.
Pieus leueonotus Bechst. — Auch nur ein Mal getrofien.
Gecinus viridis (L.). — „Diese Art scheint weniger gemein
als Dryocopus martius (L.) bei uns vorzukommen, ist aber
doch nicht seltener als irgend eine der anderen Arten.“ — Für
diese Art muss also der Polarkreis anstatt des Trondhjemsfjords
(Boie hat sie in Värdalen [64° n. Br.] observirt) als Nordgrenze
angesehen werden, denn da er beide Arten notirt, kann wohl eine
Verwechselung nicht angenommen werden.
(ecinus canus (Gm.). — „In Ranen habe ich sie nicht ge-
sehen; sie wurde mir aber aus Alstahang (66° n. Br.) gebracht,“ —
Örnithologisches aus Norwegen. 305
In Salten (67° n. Br.) kommt er im Föhrenwalde vor, aber
selten.
'Gueulus canorus L. — „Der Kuckuk kommt Ende Mai
an. Der Bauer meint, es sei ein sehleehtes Zeichen für das Jahr,
wenn er sich hören lässt, ehe der Schnee von den Feldern grössten-
theils schon weg ist und die Bäume auszuschlagen anfangen,“
Hirundo rustica L. — „Kommt gewöhnlich nieht vor
Mitte Mai oder Anfang Juni an. Sie verlässt uns spät und selten
bevor Kälte und Schnee sie vertreibt. Auf Hemnäs und mehreren
Stellen am Ranenfjord wird sie nie in Menge gefunden.“
Hirundo urbiea L. — Seltener.
Hirundo riparia 14. — „Scheint auch etwas spärlicher als
die rustica vorzukommen. Nach den Aussagen der Einwohner
kommt sie etwas später als die anderen Arten an.“
Garrulus glandarius (L.). — „Dieser Vogel gehört kaum
diesen nördlichen Gegenden an. Doch ist er einige Mal in unse-
ren Tannenwäldern geschossen worden und mir gebracht. Insbe-
sondere hat er sich öfters in den grossen Waldungen beim Hofe
Nederleren im Kirchspiele Hemnäs gezeigt, nie aber in Menge, nur
einzelne und nicht einmal jährlich.“ — Früher hat man den 64°
n. Br. für seine Nordgrenze gehalten.
—+Sturnusvulgaris L. — „Kommt sehr früh an, schon Ende
März, und bisweilen noch früher. Er zieht im September, manch-
mal erst im October von uns weg.“
Lozxia piiyopsittacus -Bechst.
Loszia curvirostra L. — „Die Leute erzählten mir, dass
als sie im Januar und Februar mit dem Holzfällen beschäftigt
waren, wurden sie auf diese Vögel aufmerksam und fanden das
Nest auf einer Tanne. Im Neste lagen Junge, deren Pfeiffen ihr
Staunen erweckt hatte.“ — Ich bin im Zweifel gewesen, ob ich an-
nehmen sollte, dass er nur curvirostra vor sich gehabt, denn man
hat seglaubt, dass pityopsitacus in Norwegen nicht nördlicher als
bis zum Trondhjemsfjord gehe, und eine, Verwechselung wäre ja
allerdings denkbar. Er giebt jedoch die Grössenverhältnisse und
Schnabelformen beider Arten richtig an, und in Schweden brütet
der Vogel ja bis zum Polarkreise, wie Malmgren (Naum. 1854, p.
242) und Westerlund (Skand. Ool. p. 34) berichten. Jedenfalls wird
wohl der Kieferkreuzschnabel bei uns nur selten so nördlich vor-
kommen.
Cab, Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 123. Mai 1873. 20
306 ‘ L. Stejneger:
Chlorospiza chloris(L.). — „Ist vielleieht nicht so selten
in den waldreichen Gegenden, wie ich geglaubt. Ich habe ihn doch
nur einige Mal getroffen.“ Von Anderen nicht nördlicher als bis
Trondhjem beobachtet. Die Annahme, dass er in Nordland häufi-
ger vorkäme, wird also wohl kaum Stich halten.
Motaeilla alba L. — „Kommt erst wenn der Winter zu
Ende ist, gewöhnlieh Ende Mai oder Anfang Juni.“
Troglodytes parvulus Koch. — Ein Exemplar, welches
Ende October in ein Zimmer hinein flog, wurde im Pfarrhofe von
Alstahang gefangen.
Cypselus apus (L.). — „Vor einigen Jahren fand sie sich
nicht in dieser Gegend, jetzt aber hat sie sich in zwei Jahren ge-
zeigt, zwar nur vereinzelt.“
Columba palumbus L. — Ein einziges Exemplar wurde im
Juni 1833 auf Ranamo im Kirchspiele Hemnäs geschossen,
Columba oenas L. — Zweimal vorgekommen.
Tetrao urogallus L. — „Dieser Vogel, die Zier unserer
Wälder, wird bisweilen in grossen Mengen angetroflen, zu anderen
Zeiten ist er dagegen äusserst selten. Wenn er in Menge vor-
kommt, kann es vorfallen, dass er in den Gebirgsgegenden die Ge-
treidefelder im Herbst besucht und grossen Schaden verursacht.“
Tetrao tetrix L. — „Kommt auch bisweilen in Menge vor,
besonders im Frühjahre.“
Bonasa sylvestris (Brm.). — „Auf dem Sörfjeld im Kirch-
spiel Hemnäs ist das Haselhuhn ein sehr gewöhnlicher Vogel und
wird dort im Herbst geschossen. Nicht alle Jahre findet man es
in gleicher Menge, bisweilen wird es gar nicht gesehen. In an-
deren Gegenden des Kirchspieles zeigt es sich höchst selten. M
kallus aquaticus L. — Ein Exemplar,
Grus einerea Bechst. — Ein Exemplar wurde 1816 im
Kirchspiele Lurö geschossen und 1841 noch eins im Kirchspiele
Mo, wo gleichzeitig ein zweites gesehen wurde,
Anser erythropus (L.). — „Soll — und zwar in Menge —
an einem Gebirgssee, Kalvatu genannt, vorkommen. Dagegen ist
es nur auf dem Zuge, dass sie sich unten im Thale aufhält.“ —
Unter denjenigen Arten, die auf den Inseln am Meere geschossen
wurden, sah er diese nie. Einige Mal bekam er Exemplare
auch im Winter.
4 Berniela leucopsis (Bechst.). — Auf dem’ Zuge im Kirch-
spiele Alstahang geschossen.
»
Ornithologisches aus N an 307
| Stelleria dispar (Sparrm.). — Ein EPLNHRRR wurde auf
' Tjotö erlest.
N.
Iynztorquilla L. — War früher nicht längs der Westküste
observirt worden. Den 12. Mai 1872 sah Herr Friele 3 Stück
in der Nähe von Bergen und schoss das eine.
Fringilla montifringilla L. — Im Februar d. J. wurde
hier bei Christiania eine schöne Varietät, die in den Sammlungen
des Universitätsmuseums aufbewahrt wird, geschossen. Es war
ein Männchen. Die schwarzen Federn an der Oberseite waren
rostfarbig gesäumt, die Brust war prächtig rostbraun gefärbt. Der
Bürzel war doch am ungewöhnlichsten gefärbt, indem er eine
schöne eitrongelbe Farbe trug.
Parus eyanus Pall. — Ein Freund von mir erzählte mir, sein
Bruder habe einmal bei Frederikshald eine Meise geschossen, die
er weder früher noch später sah. Die Beschreibung, die er von
dem Vogel gab, lässt ausser allem Zweifel, dass es die Lazurmeise
gewesen, die also jetzt zur norwegischen Fauna gehört.
Anas strepera L. wurde von Boie in seiner Reise d. Norw.
als in Helgeland vorkommend notirt, ohne dass er angiebt, ob
Exemplare erlegt wurden. Die Art wurde aber hier in Norwegen
nicht wieder aufgefunden, bis Herr Friele ein in der Nähe von
Bergen im November vor. J. erlegtes Exemplar erhielt. Leider liess
es sich nicht aufbewahren, die Art wurde aber constatirt.
Christiania (Tilestr. 39), 3. März 1873.
Deutsche arnithulogiache Gesellschaft zu Berlin.
Protokoll der LII. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 3. März 1875, im
Sitzungs-Local „Schlossbrauerei“ Unter den Linden
No. 8.
Anwesend die Herren: Thiele, Falkenstein, Golz, Ca-
banis, d’Alton, Grunack, Poll, Schalow, Bolle, Bau,
Brehm, Sy, v. Gizycki und Wagenführ.
Vorsitzender: Herr Golz. Protokollf.: Herr Falkenstein.
Das Protokoll der letzten Sitzung wird verlesen und ange-
nommen. Die Besprechung über den Vorschlag des Herrn Brehm,
betreflend eine allgemeine Ornithologie, wird bis auf Weiteres ver-
tagt. Herr Dr. Bolle bemerkt, die Idee wäre zwar eben so gut
20 *
308 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
als das Bedürfniss gross, nur scheine sie ihm um mindestens ein
Jahrhundert verfrüht.
Herr Cabanis legt ein Exemplar von Cassicus atrovirens
d’Orb. vor, welches vollständig mit der von d’Orbigny gegebenen
Beschreibung und Abbildung stimmt. Er bemerkt, dass der Be-
griff dieser Art sowie deren geographische Verbreitung bisher zu
weit ausgedehnt worden sei. Es seien wiederholt andere Arten,
fälschlich als atrovirens bestimmt, an das Berliner Museum ge-
langt. Cassicus s. Ostinops atrovirens scheine analog dem 0. viri-
dis (Vieil.) vorherrschend grün gefärbt zu bleiben und auf Boli-
vien und Peru beschränkt zu sein, während der von Fraser in
Equador gesammelte Vogel, mit vorherrschend rothbraunem Ge-
fieder, nicht etwa als der alte Vogel von atrovirens, sondern als
eine neue Art, O. atrocastaneus, zu betrachten sei. Ebenso sei
O. angustifrons (Spix) zuweilen falsch gedeutet. Herr Cabanis
empfieblt die Beachtung der Diagnosen von d’Orbigny und Wagler
und führt zur sicheren Unterscheidung der Arten etwa Folgen-
des an:
1. Ostinops angustifrons (Spix). „Rectricibus duabus
intermediis totis obscure olivascenti-badiis, sequente utrinque apice
et toto pogonio interno ejusdem coloris; hujus reetricis pogonio
externo reliquisque rectricibus eitrino-flavis omnibus macula einereo-
fusca, parva, in extima magna, terminatis.“ Wagler. — Der Schna-
bel ist mehr oder weniger einfarbig schwarz. Hinter der Ober-
schnabelwurzel jederseits ein gelber Fleck. Der zusammengcelegte
Schwanz erscheint an der Unterseite vorherrschend dunkel ge-
färbt. Oberer Ucayali (Bartlett) und Bogota.
2. Ostinops atrovirens (Orb. Lafr.) — „Rectrieibus qua-
tuor intermediis totis obscure olivascentibus; extima laterali tota,
secunda pogonio externo apiceque ejusdem coloris, illius pogonio
interno reliquisque duabus rectrieibus eitrino-flavis, apice externo
tantum obseure olivaceis.“ Orb. Lafr. — Die dunkle Färbung der
vier mittleren Steuerfedern kennzeichnet die Art sofort. Die
braunrothe Färbung ist auf den Unterrücken, den Bürzel und die
oberen und unteren Schwanzdecken beschränkt. Das ganze übrige
Gefieder ist vorherrschend dunkel olivengrün, dunkler und ent-
schiedener grün, ohne die gelbliche Beimischung bei anderen Arten.
Hinter der Wurzel des Oberkiefers jederseits ein gelber Fleck.
Schnabel hell, verhältnissmässig kürzer, höher und breiter als bei
der folgenden Art. Bolivia (d’Orb.) West-Peru (Jelski).
Protokoll der LII. Monats-Sitzung. 309
3. Ostinops atrocastaneus n. Sp. — Der von Fraser in
- Equador gesammelte Vogel ist bisher fälschlich etwa als der alte
Vogel der vorhergehenden Art betrachtet worden. Der Schnabel
ist an der Stirn merklich schmäler. Die ganze Stirn ist gelb und
bildet diese Farbe ausserdem eine Art Superciliarstreifen. Ausser
dem helleren Rothbraun der Bürzelgegend zeigt das ganze kleine
Gefieder, sowie auch die schwarzen Flügel, eine dunklere roth-
braune Färbung oder Anflug. Die Aussenfahne der jederseits
zweitmittelsten Steuerfeder ist, mit Ausnahme der Spitze, fast
ganz gelb. Die äusserste Steuerfeder jederseits ist, mit Ausnahme
des gelben Schaftes, ganz dunkel gefärbt. —
Auffallend ist bei allen Arten die Differenz der Geschlechter
in Bezug auf Grösse. Die Männchen sind bedeutend grösser.
Dies möchte als festgestellt zu betrachten sein.
In der Färbung scheint dagegen sowohl in Bezug auf Ge-
schlecht als auf Altersverschiedenheit keine grosse Differenz zu
herrschen. Die Färbung der Schwungfedern scheint, wie bei atro-
virens erwiesen ist, ein Kennzeichen zur speeifischen Unterscheidung
der verwandten Arten abzugeben. Aus Mangel an genügendem
Material lässt sich für jetzt nichts entscheiden.
Der Vogel aus Neu-Granada scheint in der Mitte von atro-
virens und airocastaneus zu stehen. Er hat gelben Vorderkopf und
Supereiliarstreifen, wie letzterer das Rothbraun des kleinen Ge-
fieders, ist aber heller: Sollte sich diese Art bestätigen, so möchte
dieselbe als Ostinops sincipitalis zu führen sein. Uebrigens müsse
noch bemerkt werden, dass analog den Hühnervögeln auch bei
diesen die Männchen bedeutend grösser als die Weibchen wären.
Herr Brehm fügt in Bezug auf die Lebensweise der Cassieus
und Verwandten hinzu: Sie nähern sich den verschiedensten an-
deren Vogelarten in ihren Eigenthümlichkeiten, die meisten leben
indess auf Bäumen, nur wenige auf dem Erdboden. Eine Gruppe,
Molothrus, legt ihre Eier sogar anderen Vögeln in die Nester.
Was die Nahrung betrifft, so sind sie ein Mittelglied zwischen
Raubvögeln und Körnerfressern, die grösseren sind Räuber der
schlimmsten Art. Ich traue nach den selbstgemachten Erfahrungen
im Berliner Aquarium keinem mehr von ihnen, noch von ihnen
ähnlichen Arten. Als ich vor einiger Zeit noch den sehr beliebten
Iceterus Jamacai aus Brasilien in eins der grossen Flugbauer setzte,
hatte er nichts Eiligeres zu thun, als sich auf einen cubanischen
Goldkragenfinken zu stürzen und ihn hinunter zu würgen, wie
310 Deutsche ernithologische Gesellschaft:
diese Gesellschaft ja stets die Eigenthümlichkeit hat sich das Beste
auszuwählen. Untereinander vertragen sie sich indess sehr gut,
grosse mit Kleinen, so auch mit einem nordamerikanischen Staer-
ling, Quiscalus versicolor.
Jedenfails sind sie sehr interessante Gefangene und, weil
Allesfresser, leicht zu erhalten.
Freie Discussionen füllen den übrigen Theil der Sitzung.
Golz, Falkenstein. Cabanis, Secr.
Protokoll der LIIl. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 7. April 18373, Abends
7', Uhr, im Sitzungs-Local.
Anwesend die Herren: Thiele, Falkenstein, d’Alton,
Schalow, Grunack, v. Gizycki, Cabanis, Kricheldorff,
Stoltz, Sy, Brehm, Bolle und Poll.
Von ausserhalb: Herr Reg.-R. Henrici aus Frankfurt a./O.
Vorsitzender: Hr.Brehm. Protokellf.: Hr. Falkenstein.
Das Protokoll der letzten Sitzung wird verlesen und ange-
nommen. h
Herr Grunack legt zwei Gelege von Nucifraga earyocatactes
vor und bemerkt dazu: Das ungewöhnlich frühe Aufgehen des
Schnees gestattete den bei Bruck a. Muhr stationirten Jägern
schon im Monat März, um welche Zeit der Tanmenhäher zur Fort-
pflanzung schreitet, den etwa 1000 M. hohen Modereck zu be-
steigen. Auf zwei Drittheilen der Höhe fanden sie am südöst-
lichen Gehänge eines diehten Fichtenbestandes mehrere Nester
dieses Vogels. Zwei davon waren besetzt, das Material bestand
aus Lärchenzweigen, in denen sich ein gut verfilzter, tiefer, aus
Baumbart gebildeter Napf befand, dabei waren sie ziemlich gross,
fest und gut gebaut. Die Zahl der Eier betrug 3 resp. 4, die
Form langgestreckt. Blassgrün gefärbt, waren sie mehr weniger
dieht nach dem Kopfe hin mit scharf abgegrenzten feinen, schwarz-
braunen Pünktchen bedeckt und näherten sieh hinsichtlich des
meerfarbenen Grundtons am meisten den Eiern von Corvus mone-
dula, von denen sie durch die Regelmässigkeit der Pünktchen da-
gegen unterschieden sind, Die Länge betrug c. 534 Mm., die
Breite 25. Mm.
Herr Brehm theilt mit, wie zu seiner Freude Struthidea. ci-
nerea aus Australien im Berliner Aquarium zum. Nestbau ge-
schritten sei. Zuerst, als der Vogel das Weibchen zu: caressiren
begonnen, habe er ihm ein: halbkugeliges Nest aus Draht mit
Protokoll der LIII. Monats-Sitzung. ol
Gräsern in’s Fluggebauer gesetzt und ihnen dann, als dies erfolg-
los blieb, Lehm mit Haaren vermischt geben lassen. Sofort hätten
sie angefangen, einen wagerechten Ast erst oben, dann zu beiden
Seiten damit zu bestreichen und dann, nachdem die vorhergehende
Schicht getrocknet, weitere Schichten aufgetragen, bis eine Breite
von 3’ und eine Länge von 3” erreicht war. Auf diesem Grunde
bauten sie nun Kreise in die Höhe, welche augenblicklich bereits
21/,‘' betragen. Den Lehm scheinen sie mit Speichel anzufeuchten
und verfehlen niemals Fasern einzuweben. Es hätte Herrn Brehm
geschienen, als baute nur das Weibchen, doch sei ein Irrthum
möglich und hoffe er, dass sie trotz der Neugier grauer Gardinäle
und Kappenammern zu Ende kommen würden, zumal sie bereits
anfıngen, aus der nächsten Nähe Alles energisch zu vertreiben. Die
Stimme schwanke zwischen Krächzen und Seufzen; wenn Er dem
Weibchen den Hof mache, decke er sie mit einem Flügel; beim
Treten kauere Sie sich auf den Boden. — Ausserdem brüte Mimus
polyglottus auf 3 Eiern, und Zamprocokus chloropterus trage zu Neste.
Herr Cabanis legt 2 von Herrn C. Jelski in West-Peru
entdeckte und dem Berliner Museum übermittelte Vögel vor, die
sich nicht nur als eine für die Wissenschaft neue Art, sondern
auch als Typus einer neuen, schwer unterzubringenden Gattung
herausstellen. Der eine Vogel ist ganz blau gefärbt, während der
andere eine rothbraune Unterseite und nur einen blauen Scheitel
zeist. Der aufmerksame Reisende hat diese Vögel als Paroides
vermerkt und wegen der ganz verschiedenen Färbung als zwei
verschiedene Arten betrachtet.
Nach Herrn Cabanis’ Ansicht können diese Vögel aber nicht
zu den Meisen (Paridae) gerechnet werden, Herrn Jelski’s Ansicht
gebe jedoch einen Wink wahrscheinlich für ein lebhaftes meisen-
artiges Betragen dieser Vögel. Der kurze Schnabel hat in der
Gestalt zwar annähernd: etwas Meisenähnliches, ihm fehlen aber
die Nasenfederchen. Die erste abortive Handschwinge fehlt gänz-
lieh, es sind nur 9 Handsehwingen vorhanden. Ueberhaupt ist
in Süd-Amerika noch keine echte Paridenform aufgefunden worden.
Die auffallende Färbungsdifferenz hält Herr Cabanis nicht
für Art- sondern für Geschlechts-Unterschied. Aehnliches komme bei
den Dücnididae vor, wo das Männchen vorherrschendblau, dasWeibchen
nur mit Blau am Kopfe versehen sei, wie z. B. bei Daenis cayana,
Conirostra albifrons etc. Das übereinstimmende Färbungsgesetz
sei einstweilen der einzige Leiter für die systematische Stellung
der vorliegenden Vögel, welche jedenfalls sich als eine aberante
Form charakterisiren. Für die Tangaren oder Pitylinen würde dies
noch mehr der Fall sein. Wichtig‘ wäre die Untersuchung eines
Exemplares im Fleische; eine tief gespaltene oder gefiederte
Zunge sei indess kaum zu erwarten, da der Schnabel kürzer und
an der Basis breiter sei als bei den anderen Gattungen der Daeni-
didae. Es wird daher der Nanie KXenodacnis vorgeschlagen und
die Art als
312 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Xenodacnis parina n. Sp.
charakterisirt: &. Einfarbig blau, intensiver und lebhafter an
Kopf und Bürzel, matter an der Unterseite. Schnabel schwarz;
Füsse dunkelbraun. Hab. Maraynioc. — 9. Oberseite vorherrschend
bräunlich; die Haube lebhaft blau. Die kleinen Flügeldecken und
der Bürzel bläulich. Die Unterseite rothbraun ; Bauchmitte weiss-
lich. Füsse bellbraun. Hab. Maraynioe.
Die geringeren Maasse sind die des Weibehens. Long. c. 5'/;
rostr. 81, Mm.; al. 62-68 Mm; caud. 54—58 Mm; tars.
22—23 Mm. —
Hierauf wird ein vom Dr. Reichenow aus West-Afrika einge-
gangener Bericht verlesen; derselbe wird besonders abgedruckt
werden. |
Ferner ist ein Brief von Herrn Dr. Hansmann eingegangen,
in welchem er auf mehrere den Vogelschutz betrefiende Fragen
um Antwort bittet. Es wird beschlossen, diese Fragen, welche
ein auch hier schon mehrfach debattirtes Thema berühren, durch
das Journal zur Kenntniss sämmtlicher Mitglieder zu bringen und
jeden Einzelnen dadurch zugleich aufzufordern, seine auf eigene
Erfahrungen basirte Ansicht in diesem Punkt dem Seeretair der
Gesellschaft zum Abdrucke im Journal zukommen zu lassen. Im
Auszuge schreibt Herr Hansmann wie folgt: Ich. meinerseits
muss ehrlich bekennen, dass ich von der ganzen Nistkästengeschichte,
wie sie augenblicklich betrieben wird, so gut wie gar nichts halte,
auch nach den von mir wahrgenommenen "Resultaten nichts halten
kann. Es ist dies nur ein Coquettiren mit einem Prineip, wobei
es eben nur beim Anfange und beim guten Willen geblieben ist.
Aber sage da Einer einmal die Wahrheit und er kriegt die ganze
Meute von Thierschutzvereinen u. s. w. auf den Hals, denen keine
bequemere Gelegenheit, ihre wohlverstandene Einsicht und Bereit-
willigkeit der Welt vor Augen zu führen, geboten werden konnte,
als wenn sie dieselbe vom "Tischler anfertigen liessen. Das ‚eben
ist es, was mich zu grosser Vorsicht im Aufwerfen meiner Fragen
veranlasst.
Dieselben lauten nämlich:
1) Hat das Anbringen .der Nistkästen einen so reichen Erfolg
gehabt, dass mindestens die Hälfte der aufgehängten von Vögeln
behufs des Nistens bezogen worden sind ?
a) Ist dieser Erfolg ein durchschnittlich grösserer im Garten,
Park oder Walde gewesen ?
b) Welche Vogelspecies haben sich dabei betheiligt und wie
viel Pärchen ?
2) Hat das Anbringen von Nistkästen nur einen beschränkten
Erfolg gehabt und welchen ?
a) Welche Vogelspecies hat dieselben überhaupt bezogen’ und
in wie viel Pärchen ?
3) Hat das Anbringen von Nistkästen bei aller ern
Mühe und Vorsicht gar keinen Erfolg gehabt und wo? |
“4.
»
Protokoll der LIN. Monats-Sitzung. 313
Dass Nistkästchen von Erfolg sein können, will ich durchaus
‘nicht bestreiten. Dazu gehört aber ein tüchtiger Ornithologie, der
seine Vögel genau kennt und ihnen da zu Hülfe kommt, wo die
Natur nicht die ausreichenden Localitäten zum Nisten bieten will.
Erst müssen Vögel da sein, wenn sie brüten sollen. Das aufge-
hängste Schilderhaus lockt noch keine herbei. Wenn die Höhlen-
brüter abnehmen, so liegt der Fehler auch wohl noch ganz wo
anders, als in der fehlenden Brütgelegenheit.
Schliesslich legt Herr Cabanis den Prospectus einer neuen
ornithologischen Zeitschrift vor, betitelt: Stray Feathers. A Jour-
nal of Ornithology for India and its Dependencies. Edited by
Allan Hume. Dies in Calcutta erscheinende Journal, welches
speciell für die indische Ornithologie bestimmt ist, dürfte vielen in
Indien lebenden Freunden der Ornithologie eine bequeme Gelegen-
heit geben, die Kenntniss, namentlich der Biologie, der
indischen Vögel zu fördern.
Danach wird die Sitzung geschlossen, doch bleiben die Mit-
glieder in sehr lebendiger Unterhaltung noch lange beisammen.
Golz. Falkenstein. Cabanis, Secr.
Protokoll der LIV. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 5. Mai 1873, Abends
71, Uhr, im Sitzungs-Local.
‚Anwesend die Herren: Schalow, Cabanis, d’Alton, Fal-
kenstein, Grunack, Pachnio, v. Gizycki, Golz, Poll,
Stoltz, Wohlgemuth und Bolle.
Von auswärtigen Mitgliedern: Herr Henrici aus Frankfurt
a/O. und Dr. Severzow aus Taschkend.
Vorsitzender: Hr. Golz. Protokollf.: Hr. Falkenstein.
Nachdem das Protokoll der vorigen Sitzung verlesen und an-
genommen ist, hält
Herr Severzow einen Vortrag über seine Reisen in Ost-
Turkestan und nimmt mehrfach während desselben Gelegenheit an
die vorgelegten von ihm in jenen Gegenden gesammelten Exem-
plare, unter denen sich viele ganz neue Arten befinden, anzu-
knüpfen. — Es kann hier nur in wenig Worten der Inhalt des
ausgedehnten Vortrags, welcher eingehend die geologischen Ver-
hältnisse der bisher noch ziemlich unbekannten Hochebene Central-
Asiens, die von dem Himmels- oder Thian-schan Gebirge um-
schlossen wird, sowie ihren ornithologischen Charakter behandelt,
gegeben werden, doch steht zu hoffen, dass die dieses Thema be-
handelnde Abhandlung wird übersetzt und im Journal abge-
druckt werden können. *)
| Er beginnt damit, wie er im Jahre 1857 durch die Vermit-
telung der Akademie der Wissenschaften in Petersburg eine Reise
in Nord-West- Turkistan gemacht habe, welches den Aral-See
*) Herr Johannes v. Fischer hat bereitwilligst die Uebersetzung über-
nommen u. für die nächsten Hefte unseres Journals zugesichert. D.Herausg,
314 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
erreiche und im oberen Theil von wilden Bergströmen durehflossen
sei, im unteren aus Sümpfen bestehe. Schom Humboldt habe dar-
auf hingewiesen, dass dies alter Meerboden sei und das Ende ei-
nes Meerbusens des Eismeeres darstelle. Die Austrocknung dieses
Theils daure noch fort, wo dieselbe völlig vollendet sei, fänden
sich meist Steppenvögel und habe er sich mit Thieren von den
Nachbarländern her bevölkert. Nachdem der Vortragende längere
Zeit bei den klimatischen Einflüssen auf das organische Leben
verweilt hat, stellt er einen Vergleich zwischen dem Himmelsge-
birge und den Alpen sowohl hinsichtlich der Configuration als der
sie belebenden Ornis und Flora an, wobei das Himmelsgebirge
letzteres bezüglich der Artenzahl hauptsächlich auch der Brutvögel
in ganz enormer Weise übertriflt.
Er geht sodann auf die Bewohner jener Gegenden und ihre
Lebensweise über und beendet den Vortrag mit einer anziehenden
Schilderung über die Art des Reisens unter ihnen.
Nachdem Herrn Severzow durch den Vorsitzenden über den
ebenso interessanten als lehrreichen Vortrag der Dank der Ge-
sellschaft ausgesprochen ist, wird die von Herrn Severzow aus-
gelegte Sammlung besichtigt und werden einzelne Arten’ näher be-
sprochen. Unter diesen auch Pyrrhula ceineracea Cab. als central-
asiatischer Vogel, welcher in Asien eine weitere Verbreitung hat,
als bisher bekannt war. —
Herr Cabanis berichtet, dass das Berliner Museum neuer-
dings eine grössere Anzahl von Dr. Dybowski in Ost-Sibirien ge-
sammelter Dompfaflen erhalten habe und das hierdurch die Spe-
cies-Dignität von P. cineracea (Journ. 1872, S. 316; 1871, 8. 318.)
zenügend festgestellt werden könne. Es habe sich Folgendes. als
Berichtigung herausgestellt:
1. Der sowohl oben als unten grau gefärbte Vogel ist das
Männchen. Der an der Unterseite wie coccinea an der Oberseite
aber vorherrschend grauer gefärbte Vogel ist das Weibchen.
Beiden Geschlechtern fehlt, als charakteristisches Kennzeichen,
der rothe Fleck auf der Aussenfahne der kleinsten Armschwinge.
2. Das Vorkommen der japanischen 7. orientalis 5. griseiventris
in Ost-Sibirien ist nicht erwiesen. Die russischen Reisenden dürf-
ten vielmehr P. cineracea dafür genommen haben.
3: Die weisse Zeichnung längs des Schaftes der jederseits
äussersten Steuerfeder ist kein speeifisches Kennzeichen. Eine
Anzahl Männchen sowohl als Weibchen von P. eineracea hat dies
Abzeichen, eine grössere Anzahl der vorliegenden Exemplare hat
dasselbe aber nicht. Ebenso kommt dies weisse Abzeichen bei
mehreren Exemplaren, & und 2% der sibirischen P. coccinea vor.
In der Heine’schen Sammlung befinden sich auch europäische
Exemplare letzterer Art mit weissem Längsfleck.
4. Durch briefliche Mittheilung des Herrn van Wickevoort-
Crommelin ist festgestellt, dass das bei Haarlem im November
1866 erlegte Exemplar (Journ. 1872, S. 315.) anatomisch und.
Protokoll der LIV. u. LV. Monats-Sitzung. 315
‚darch den rothen Fleck auf der kleinsten Armschwinge als Weib-
chen von P. coccinea constatirt. ist.
5. Die Annahme, dass P. Cassini sich nach Europa oder Asien
verfliege, ist als irrthümlich und durch Nichts erwiesen zu be-
trachten. Vielmehr dürfte warscheinlicher sein, dass das einzige
bisher aufgefundene nordamerikanische Exemplar ein aus dem
Norden Ost-Sibiriens nach den vormals russisch-amerikanischen
Besitzungen verflogenes Weibchen von P. coceinea sei. Baird
selbst bezeichnete seinen Vogel als P. coceinea var. Cassimi.
Gola. Falkenstein. Cabanis, Secr.
Protokoll der LV. Monats-Sitzung.
Verhbandelt a Montag den 9. Juni 1875, Abends
7', Uhr, im Sitzungs-Local.
Anwesend die Herren: Grunak, Falkenstein, Cabanis,
Schalow, Poll, Thiele, Stoltz und Bau.
Von auswärtigen Mitgliedern: Die Herren Dr. Severzow
aus Taschkend, Dr. Radde aus Tiflis und Reg.-R. Henrici aus
Frankfurt a./O.
Vorsitzender: Hr. Cabanis. Protokollf.: Hr. Falken-
stein.
Der Secretär eröffnet in Abwesenheit der Herren Vorsitzenden
die Sitzung, indem er einen Brief vom Dr. Reichenow zur öf-
fentlichen Kenntniss bringt, worin dieser den Tod seines Reise-
gefährten mittheilt. Dr. Wilhelm Lühder ist am 12. März d.
J. in Cameruns nach kurzem Krankenlager dem dort herrschenden
bösartigen Fieber erlegen.
Geboren zu Greifswalde hatte er nach Vollendung seiner Stu-
dienzeit durch tüchtige zoologische, speciell ornithologische Stu-
dien zu der afrikanischen Reise sich vorbereitet. Im Jahre 1871 er-
warb er sich die philosophische Doctorwürde, wobei er eine aus-
gezeichnete Inaugural Dissertation über das Brustbein und den
Schultergürtel der Vögel (vgl. Journ. f. Orn. 1871) lieferte. Dabei war
er ein ausgezeichneter Jäger, kräftig und gewandt und schien
ganz wie geschaffen den schwersten Strapazen die Stirn zu bieten.
Doch leider war es ihm nicht vergönnt, die Früchte seiner Arbeit
einzuernten. Die Gesellschaft verliert in ihm eines ihrer vielver-
spreehendsten Mitglieder, die Ornithologie einen ihrer eifrigsten
Jünger! —
Im ferneren Verlauf der Sitzung legt Herr Gabanis eine
grössere Zahl peruanischer Vögel des Berliner Museums vor,
welche von Herrn Jelski gesammelt wurden und überraschend
viel Neues darbieten. Herr Cabanis charakterisirt die neuen,
oder weniger bekannten Arten wie folgt:
Turdusgigantodesn. Sp.
Abart des 7. gigas Fras. Der peruanische Vogel, d.h. von
der Weistseite der Gordilleren, unterscheidet sich von gigas Fras.,
welcher zuerst von Neu-Granada beschrieben wurde, durch abwei-
316 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
chende, überall in’s Graue ziehende Färbung. Die Oberseite ist
dunkler, Flügel und Schwanz sind schwärzlich, das übrige Ge-
fieder dunkelgrau. Die hellere Unterseite ist schmutzig grau. Bei
gigas, welchen das Berliner Museum von Merida (Neu-Granada)
besitzt, zieht die Färbung überall in’s Olivenbraune. Hab. Ma-
raynioc. 9.
Basileuterus diachlorus n. Sp.
Oberseite lebhaft grün. Ganze Unterseite gelb. Ein breiter
Supereiliarstreif und ein grosser Fleck unter dem Auge sind gelb,
mit grünlichem Antluge. Ein Fleck vor dem Auge und ein brei-
ter Streif längs des Scheitels jederseits oberhalb des Superciliar-
streifen sind schwärzlich olivenbraun. Die Ohrgegend ist nicht so
dunkel. Die Federn der Scheitelmitte sind am Grunde gelb, im
Uebrigen hell orangebraun (ähnlich wie bei B. eulieiwworus), und.
mit grün angeflogenen Spitzen. Schnabel schwarzbraun, Füsse
hellbraun. Typische Form, kaum kleiner als vermivorus und euliei-
vorus und von beiden sofort durch die lebhaft grüne Oberseite ver-
schieden. Hab. Amable Maria. &. —
Myiothlypis striaticeps n. Sp.
Bildet die vierte und grösste Art der Gruppe, da luteoviridis
Bp. nicht das Weibchen yon nigrieristatus, sondern gute Art ist. M.
striaticeps ist oben grün, unten gelb gefärbt, hat schwarzen Schna-
bel, braune Füsse und ist daher der Zuteoviridis sehr ähnlich. Sie
ist aber grösser, hat einen stärkeren Schnabel und unterscheidet
sich durch die gestreifte Kopfzeichnung. Die Zügelgegend und
vordere Einfassung des Auges sind schwärzlich. Ein breiter
Supereiliarstreif, welcher hinter dem Auge endigt, ist lebhaft gelb
und oberhalb dureh einen breiten schwärzlich olivenbraunen Streifen
begrenzt, welche Streifen an der Stirn zusammenfliessen. Die
Scheitelmitte ist grün wie der Rücken. Long. ce. 5'/,‘'; rostr. a.
fr. 14 Mm.; al. 75 Mm.; cauda 66 Mm.; Tarsus 25 Mm. Hab.
Maraynioc. d. —
Iridornis Jelskiin. Sp.
Eine ausgezeichnet schöne Art, zu Ehren des um die Orni-
thologie von Peru hochverdienten Entdeckers benannt. Gestalt
und Grösse etwa gleich mit Irid. Dubusia Bp. Das Gesicht, d. h.
die Seiten der Stirn, die Gegend um das Auge und der obere
Theil der Kehle sind schwarz. Oberkopf, Obrgegend uud Hals-
seiten goldgelb, nach hinten schwarz eingefasst. Rücken und
Flügeldecken indigoblau, der Bürzel sowie die Ränder der Flügel
und des Schwanzes grünlich blau. Unterseite von der Brust ab-
wärts bis zu den unteren Schwanzdecken rothbraun. An der
Brust ist diese Färbung durch einen olivenfarbenen Anflug ge-
trübt. Untere Flügeldecken grau-rothbraun. Oberschnabel schwarz,
Unterkiefer weisslich; Füsse braun. Long. c. 5Y/,‘; rostr. a. fr.
11 Mm; al. 81 Mm.; caud. 67 Mm. Tars. 25 Mm. Hab. Maray-
n10C, d.
Protokoll der LV. Monats-Sitzung. 317
Poectlothraupes lacrımosa (Du Bus).
Bisher scheinen palpebrosa Lafr. von Neu-Granada und lacri-
mosa Du Bus irrthümlich identificirt zu sein. Der Vogel von
Peru unterscheidet sich von palpebrosa in einigen Punkten wesent-
lich: Das kleine Gefieder der Oberseite ist nicht braun und un-
scheinbar, sondern dunkelblau gefärbt. Die gelbe Thräne unter
dem Auge ist vorhanden, aber der grössere selbe Mondileck jeder-
seits am Nacken hinter” der Ohrgesend fehlt gänzlich. Obgleich
mir die Original-Beschreibung des” Vieomte Du Bus nicht zugäng-
lieh ist, der Vogel aber von Peru stammen soll, so nehme ich die
mir vorliegende peruanische Abart einstweilen dafür an. Hab.
Maraynioc. —
Poecilothraupis ignierissa n. Sp.
Peruanische Abart der /unulata von Neu-Granada,. Die
Thäler und Hochebenen der gewaltigen Cordillieren erscheinen als
ein besonders günstiges Terrain für sogenannte Local-hacen oder
Abarten. Die Feststellung der Ursachen und Gründe hiervon
muss einem zukünftigen Abschlusse der vollendeten Wissenschait
anheim gestellt bleiben. Voreilige „geistreiche“ Phantasien lör-
dern die Erfahrung nicht. Für jetzt sollte der Grundsatz Testge-
halten werden: dass die Unterschiede da seien und folglich mit
einem Namen belegt werden müssen. P. lunulata von Neu-Gra-
nada hat die unteren Schwanzdecken schwarz und roth gemischt.
Den Vogel von Equador mit ganz schwarzem Crissum haben wir
früher als P. atrierissa abgesondert. Der Vogel des westlichen
Peru hat dagegen constant ein fast ganz rothes Crissum, wie die
übrige Unterseite, und muss daher, gleichviel ob Art oder Abart,
der srössern Klarheit wegen, durch einen Namen kenntlich ge-
macht werden. Ein vor 30 Jahren von dem Reisenden Philippi
von der „Puna oor Maranioch“ stimmt mit dem jetzt, nach einem
Menschenalter, durch Herrn Jelski von Maraynioc, also aus der-
selben Gegend erhaltenen Exemplare vollständig überein! Es han-
delt sich also hier nicht um eine zufällige Abänderung, sondern um
ein constatirtes wissenschaftliches Factum. Der Name Poecko-
thraupis lunulata genügt nicht, da er nur den Vogel von Neu-Gra-
nada bezeichnet, man müsste "demselben daher eine Diagnose der
Abarten hinzufügen. Diese Diagnose wird am besten durch ein
Wort ersetzt, wenn man schriebe: P. lunulata atrierissa oder P.
lunulata ignierissa. Dies Verfahren hat bereits Gmelin angewandt. —
Presbys perwanus n. Sp.
Viel kleiner als ?. unibrumneus, in der Färbung demselben ähn-
lich, aber das Braun weniger in’s Rothbraune zichend. Die Feder-
chen um das Auge, namentlich nach unten und hinten weiss.
Hinter dem Auge ein breiter olivengrauer Streif. Charakteristich
für die Art, ist die F lügel- and Schwanzzeichnung. Diese sind wie
bei den Troglodytes Arten durchweg schwarz quergestreilt. Schna-
bel und Füsse dunkel. Long. c. Bu; rostr. a fr. 14 Mm.; al. 64
Mm.; caud. 57 Mm.; tars. 23 Mm. Hab. Maraynioc. 4.
318 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Diglossa peetoralis n. Sp.
Der uns unbekannten D. mystacalis Lafr. aus Bolivien ähnlich.
Der Vogel von Peru ist schwarz mit rothbraunem Crissum, wie
myetacalis. Aber letzterer soll einen rothbraunen Mystacalstreifen
und grauen Schultertleck haben. Letzterer ist bei peetoralis nicht
vorhanden und der die schwarze Kehle jederseits abgreuzende My-
stacalstreifen ist vorherrschend weiss. Ausserdem ist pectoralis
durch eine zweilarbige breite Brustbinde unterschieden. Der obere
Theil der Brust ist schön rothbraun gefärbt und geht diese Farbe
nach unten in eine breite weissliche, schwach rothbraun angeflogene
Einfassung über. Die Bauchmitte zeigt mehr oder weniger Spuren
der rothbraunen Färbung der unteren Schwanzdecken. Die unteren
Flügeldecken sind weiss. Schnabel schwarz. Füsse dunkelbraun.
Long. ce. 5'/,”; rostr. a fr. 14 Mm.; al. 73 Mm.; caud. 62 Mm.;
tars. 24 Mm. Hab. Maraynioc.
Noch ist zu erwähnen, dass Herr Jelski diese Art und brun-
neiventris Lafr., welche er gleichfalls sammelte, für ein und dieselbe
Art hält.
Chlorospingus (Hemispingus) aurieularis n. sp.
Abart des atripileus Lafr. von Neu-Granada. Etwas kleiner und
durch die schwarzen Kopfseiten sofort kenntlich unterschieden.
Das Kinn ist weisslich, nicht gelb. Das Gelb der Unterseite: ist
an der Kehle lebhafter und in’s Orangegelbe ziehend. Bei atripi-
leus ist der weisse Superciliarstreif unterhalb nur durch einen von
der Zügelgegend durch das Auge gehenden schwarzen Streifen be-
grenzt, dessen Breite sich nicht bis unter das Auge und nicht über
die ganze Ohrgegend erstreckt, wie dies bei aurieularis der Fall
ist. Auch zieht sich die schwarze Färbung rings um die Basis des
Öberschnabels, so dass der weisse Superciliarstreif nicht unmittel-
bar am Nasenloche entspringt, sondern erst etwas weiter nach hinten.
Hypsibamon andieolus n. Sp.
Eine durchgehends gestrichelte und gefleckte Art, erinnert
durch die Färbung der Oberseite an gewisse Malacoptila-Arten.
Schwanz verhältnissmässig kurz, aber Füsse lang. Sowohl die Vor-
derseite als die Hinterseite des Laufs mit Tafeln versehen ; letztere
über die Hälfte kleiner als erstere. Oberseite olivenbraun, auf dem
Kopfe dunkler, schwärzlich. Das ganze kleine Gefieder mit hellen
weisslichen oder gelbbraunen Schaftstrichen, welche theilweise
schwärzlich eingefasst sind. Um die Augen ein weisser Feder-
kranz. Aussenfahne der Handschwingen in’s Rothbraune ziehend.
Unterseite weisslich. Die Ränder der Federn schwärzlich einge-
fasst oder gefleckt; viele Federn auch mit rostgelben Flecken ver-
sehen. Das Kinn, ein schwacher Bartstreif und die Mitte des Un-
terbauchs sind weiss, ungefleckt. Die unteren Flügeldecken und
die Innenränder der Schwingen sind dunkel rostgelb. Oberkiefer
sehwarz, Unterkiefer braun. Long. e. 6”; rostr. a fr. 20 Mm.;
ala 94 Mm.; caud. 42 Mm.; tars. 44 Mm. Hab. Maraynioe. &.
Das 2 ist etwas kleiner,
Protokoll der LV. Monats-Sitzung. 319
Cillurus rivularis n. Sp.
Mindestens peruanische Art. Dr. Sclater identificirt dieselbe
mit /uscus Vieil. von Buenos-Aires. Schon die in’s Rothbraune
ziehende Färbung des ganzen Rückens bis zu den oberen Schwanz-
decken wäre aber schon ein in Betracht zu ziehender Unterschied.
Hierin stimmt der peruanische Vogel mit minor von Chile und dl- .
bidiventris von Equador. Von Allen unterscheidet er sich aber durch
den weissen, nicht rostrothen Flügelspiegel. Die unteren Flü-
seldecken sind weiss. Die ganze Unterseite, namentlich der
Bauch ist weisser als bei albidiventris, welcher ausserdem rostgelbe
untere Flügeldecken.hat. Hab. Maraynioc. d. —
Synallaxis humilis n. sp.
In Form und Färbung der S. sordida Less. nahe kommend,
aber der Schwanz fast ganz ohne Rostroth. Oberseite erdbraun;
die Federn in der Mitte dunkler, wodurch die Oberseite ein ge-
flecktes Ansehen erhält. Superciliarstreif weisslich. Unterseite iahl
selblichweiss. Kinnfleck zimmtfarben. Koptseiten und Kehle braun
und fahlweisslich fein gestrichel. Die Handschwingen, mit Aus-
nahme der vordersten, an der Basis der Innenfahne, die Arm-
schwingen ebendaselbst an beiden Fahnen rostroth. Untere Flü-
geldecken roströthlich. Schnabel schwärzlich; Füsse dunkelbraun.
Long. e. 6!/,‘'; rostr. a fr. 16 Mm.; al. 74 Mm.; caud. 71 Mm.;
tars. 27% Mm.; Hab. Junin u. Maraynioc. &. 2. Das Weibchen ist
kleiner.
Synallazis albicapilla n. sp.
Seheint der uns unbekannten S. albiceps d’Orb. nahe zu stehen.
Oberseite olivenbraun, Unterseite schmutzig weisslich durch &liven-
srau getrübt; die Weichen und Aftergegend wie der Kkücken,
jedoch heller. Die Haube ist milchweiss, die Spitzen der Federn,
besonders am Hinterkopfe, olivenfarben. Flügeldecken und Schwanz
rothbraun. Schnabel braun. Füsse grau. Long. c. 6°; rostr. a
fr. 13 Mm.; ala 73 Mm.; cauda 73 Mm.; tars. 23 Mm. Hab. Ma-
raynioc. d.
Schizoeaca palpebralis nov. gen. et spec.
Ein überraschend zierlich gebildeter Vogel, mit kurzen abge-
rundeten Flügeln, welcher der eigenthümlichen Bildung seines
Schwanzes wegen als Typus einer eignen Unterabtheilung der
Gattung Synallaxis zu betrachten ist. Schwanz lang, stark stufig, aus
10 Steuerfedern bestehend. Die Schäfte der Steuerfedern sind be-
sonders stark und rigid, die Fahnenbärte dagegen äusserst locker
und zerschlissen. Füsse kräftig entwickelt. — Die Oberseite ist
dunkel rothbräunlich, intensiver auf dem Kopfe und am Schwanze
gefärbt. Unterseite grau, an der Bauchmitte weisslich untermischt,
an den Seiten in’s Olivenbraune ziehend. Um das Auge ein weisser
Federkranz, vor demselben eine schwärzliche Einfassung. Kinn-
tleck rothbraun. Schnabel und Füsse dunkel. Long. ce. 7!/,”; rostr.
a fr. 14 Mm.; ala 60 Mm.; caud. 110 Mm.; tars. 26 Mm. Hab,
Maraynioc. —
320 Nachrichten: Journal-Angelegenheit.
*Mitrephorus ochraceiventris n. Sp.
Oberseite olivenbraun, am Hinterkopf kaum bemerkbar röth-
lich-olivenbraun; Flügel sehwärzlich , Schwanz graubraun. Unter-
seite hell rostgelb, am Bauche in reines Heilgelb übergehend.
Flügel mit zwei breiten rostgelben Binden. Die Spitzenhälfte der
Armschwingen grünlich rostgelb gerandet. Schnabel und Füsse
dunkel. Long. ce. 5Yg''; rostr. a fr. 11 Mm.; al. 65 Mmn.; caud.
61 Mm.; tars. IS Mm. Hab. Maraynioe.
Diese Art ist dem M. aurantüventris Lawr. von Veragua ähn-
lich, aber etwas kleiner. Die Oberseite aber ist nicht grün und
es ist die Unterseite viel heller gefärbt. Die hellen Flügelab-
zeichen viel breiter, die Flügel daher viel bunter. —
Herr Grunack zeigt Bier von Troglodytes borealis Fisch.
(vgl. Journ. f. Orn. 1861, S. 14 u. tab. 1) und von Vultur eine-
reus vor und bemerkt zu den letzteı ‘en, dass sie um so gefleck-_
ter erschienen, je südlicher sie herkämen.
Hierauf legt Herr Severzow interessante Suiten von Falco
Eleonorae Gene, Aguia pennata und Turdus ruficollis und T. atrogu-
laris vor und spricht über diese Arten in einem längeren Vortrage.
Nach’seinen Untersuchungen glaubt er die Artselbstständigkeit des
Jaleo dichrous Erh. dem Faleo Eleonorae gegenüber annehmen zu
müssen und ebenso spricht er sich auch über die vielfach erörterte
Frage der Verschiedenheit von Aqula pennata und A. minuta aus.
" Aquila pennata unterscheidet sich nach seinen sorgfältigen Un-
tersuchungen vieler Exemplare „durch den inneren oberen Flügel-
rand, der weiss und braun getleckt ist, und durch die Hosen, wel-
che ih Jugendkleide quergestr richelt sind. Aquila minuta ist braun und
verändert sich nie, Aquia pennata dagegen zeigt nach den Alters-
stufen eine grosse Variabilität“,
Ohne auf den interessanten Vortrag näher hier einzugehen,
verweisen wir auf die ausführlichen Resultate seiner Untersuchun-
gen der vorgenannten Arten, die Herr Severzow in einer Abhand-
lung im Journal niederzulegen gedenkt.
Ein längerer Vortrag des Herrn Radde über das Vogelleben
im südlichen Russland und freie Diseussionen bilden dann is
Schluss der Sitzung.
Falkenstein. Cabanis, Seer.
Nachriechtei:
Journal- Angelegenheit.
Es hat sich als überwiegend zweckmässig herausgestellt, das
Journal, statt der bisherigen 6 Hefte pro Jahrgang, mit der „Vier-
ten F olg es, von 1875 ab, in 4 Quartal-Heften erseheinen zu las-
sen. Die Stärke der Jahrgänge bleibt dieselbe. (Preis 62, Thir.)
Die Heite werden von jetzt ab im Januar, April, Juli und Oetober
ausgegeben werden. Der Herausgeber.
Druck von G, Pitz in Naumburg Ms
JOURNAL
für
ÖORNITHOLOGIE.
Einundzwanzigstier Jahrgang.
N: 124. October. 1873.
Allgemeine Uebersicht
der aralo-tianschanischen Ornis, in ihrer horizontalen und
verticalen Verbreitung.
Von
Dr. N. Severzow.
Aus dem Russischen *) von J. v. Fischer, mit Originalzusätzen und
Berichtigungen des Verfassers.
Vorbemerkung des Verfassers. Diese Abhandlung ist
ein ornithologischer Auszug aus einer allgemeineren Fauna der
Wirbelthiere Turkestans, in der Sitzung der deutschen ornithologi-
schen Gesellschaft am 3. Juni 1873 von mir vorgetragen, und vor.
der Uebersetzung schon im russischen Original eigens für das
Journal bearbeitet, wobei ich die nöthig gefundenen Zusätze und
Berichtisungen auch gleich selbst deutsch schrieb; sie werden dem
Leser auch durch ihr schlechteres Deutsch kenntlich. — Eben über
diese neue Bearbeitung halte ich einige Erklärungsworte für nicht
überflüssig.
Habent sua fata libelli, und das schlimme Fatum grade des
ornithologischen Theils meiner erwähnten Fauna Turkestans war
— gleich beim Erscheinen zu veralten, weil es Ende 1870 genann-
ter Moskauer Gesellschaft zum Drucke abgegeben, aber erst An-
fang 1873 fertig gedruckt wurde. Während dieser Zeit erhielt ich
neues Material, zu spät, um es im schon indessen gedruckten all-
gemeinen Theile des Werkes zu verwerthen, aber doch grössten-
theils lange vor dem Erscheinen des Ganzen. Ausserdem wurden
auch die früheren, seit 1857 gemachten, umfassenden Beobach-
tungen und Sammlungen gründlicher verarbeitet: denn die so lang-
*) Mittheilung der Moskauer Gesellschaft für Naturwissenschaft, An-
thropologie und Ethnographie, VIII. Bd. 2. Theil, 1873.
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jabrg. No. 124. October 1973. 21
322 Dr. N. Severzow:
sam gedruckte Abhandlung war eine blos vorläufige, d. i. eine solche,
für deren zeitgemässe Publication schneller Druck eben uner-
lässlich ist.
Ich schrieb sie Juli 1869 bis November 1870, bald nach der
Rückkehr von meiner blos bisher letzten Reise nach Central-
Asien, und zwischen vielen anderen Arbeiten, besonders geogra-
phischen, so dass von den 15 Monaten blos 4 auf dieses Werk
gingen; aber schon das allgemeine Artenverzeichniss im russischen
Text, Seite 61—7S, enthält manche Ergänzungen und Berichtigun-
gen gegen die speeielleren Verzeichnisse der vorhergehenden, früher
gedruckten Blätter, weil ich während des Druckes meine Studien
fortsetzte, und für diese zwei Blätter selbst Correctur hielt, woran
ich für die früheren durch Umstände verhindert war. Es war schon
1872, und da waren gerade neue Sammlungen aus Turkestan zu-
gekommen. ?
1. Aus dem östlicheren Theile des Gebiets, von General Kol-
pakowsky dem Moskauer Universitäts-Museum zugeschickt; sie be-
reicherte die Ornis überhaupt mit 3 Arten, Parus major, Col. chi-
nensis und Aquda fulvescens? Gray (A. Glitschii nob.) und speciell
den östlichen Theil noch mit mehreren.
2. Aus dem südwestlichen Theile, die Sammlung der zweiten
Reise von Herrn Fedtschenko, wobei ich überhaupt die in beiden
Reisen von ihm gesammelten Vögel auch nach ihrem notirten Vor-
kommen genauer studirte; die Bereicherung der Ornis durch diese
Sammlung wird weiter beim südwestlichen Theile des Gebiets be-
sprochen.
Diese beiden Quellen konnte ich noch für das allgemeine Ar-
tenverzeichniss des russischen Textes benutzen; aber nach dessen
Druck erhielt ich
3. noch eine Sammlung aus dem östlichen Theile, von einem
Kosacken Tschadow gesammelt, den ich auf meinen Reisen das
Präpariren gelehrt hatte; er begleitete Gen. Kolpakowsky nach
Petersburg, und benachrichtigte mich auch von gesammelten, aber
nicht mitgebrachten Vögeln, wie Gyps rutilans.
Ausserdem revidirte ich die Speciesbestimmungen meiner frü-
heren Sammlungen auch während des Drucks meiner Fauna, was
wieder Abweichungen ihrer letzten Blätter von den ersten verur-
sachte;. ferner studirte ich auch 1870—72 genauer und vollständi-
-ger die während der asiatischen Reisen unvermeidlich etwas ver-
säumte ornithologische Literatur, namentlich für die Verbreitung
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis.. 323
der turkestanischen Vögel ausserhalb des von mir bereisten Ge-
biets, und arbeitete an einer allgemein paläarktischen Ornis.
Letztere Arbeiten betrieb ich auch zuletzt in den Museen von
Warschau, Wien, besonders aber Berlin, wobei meine Artbestim-
mungen naclı mitgebrachten Exemplaren von bewährten Ornitho-
logen geprüft wurden, Herrn Taezanowsky, v. Pelzeln und am
gründlichsten und genauesten von Dr. Cabanis, dessen und Prof.
Peter’s ausgezeichnete Liberalität für mir gestattete unumschränkte
wissenschaftliche Benutzung der ornithologischen Schätze des Ber-
liner zoologischen Museums ich nicht genug anzuerkennen vermag.
In Russland fehlte mir namentlich Material für Studium der
Beziehungen der turkestanischen Ornis zur indischen, jetzt aber ist
die Lücke ausgefüllt, und auch Material da für sichere Bestimmung
einiger weniger (höchstens 5—6, hier an ihrem Ort erwähnter)
nicht mitgebrachter Arten, deren Bestimmung mir Zweifel er-
regt. 3
Jedoch fanden sich diese letzten Berichtigungen nicht zahl-
reich: ausser den 388 Arten meines Catalogs im russischen Texı
ergaben sich noch 15 meist in ihm schon angeführte, aber un-
richtig als Varietäten bestimmte, und einige wenige falsch be-
nannte, für welche im jetzigen Verzeichniss meine früheren fal-
schen Namen als Synonyme stehen: eben meist auch indische Vö-
gel, die ich früher nicht als indisch kannte. Viele Berichtigungen
wurden, aber theils noch ohne Gewissheit, sehon in der letzten
Hälfte der russischen Ausgabe gegeben, nach welcher also die er-
sten, unberichtigten 60 Seiten schon nicht ohne Verbesserung über-
setzt werden konnten.
‚; Deshalb die hier ausgeführte Umarbeitung: alle Verzeichnisse
und Zahlentabeilen neu; im Text ein Vergleich der turkestanischen
Fauna mit der yarkendischen nach Henderson und Hume, und viele
Detailberichtigungen, besonders da die verbesserten Nomenelatur-
fehler, obgleich nicht zahlreich, sich gelegentlich öfters wiederholen.
- Aber im Wesentlichen erwies sich keine Veränderung des rus-
sischen Textes nothwendig; im Gegentheil, die nun ausgeführte
Detail-Umarbeitung hat die dort angeführte Charakteristik der be-
treffenden Ornis nur bestätigt und fester begründet. Im Allge-
meinen ist nur das abgeändert, dass Vieles, was ich 1370 als Ver-
muthung aussprach, hier, nach weiterer Arbeit, schon als zuver-
lässiger Schluss erscheint, so namentlich der eigenthümliche Cha-
rakter der .centralasiatischen Fauna, die zoologische Selbstständig-
21%
324 Dr. N. Severzow:
keit Central-Asiens, als einer Hauptprovinz des paläarktischen
Gebiets.
Noch ist Erklärung nothwendig über die Bestimmungsmethode,
nach welcher manche Formen für mich, wie eben erwähnt, aus
Varietäten zu Arten wurden: denn das ist noch ein Streitpunkt,
ein Stein des Anstosses in der Ornithologie, und manche (jetzt
jedoch immer mehr in die Minderzahl tretende) Ornithologen wer-
den mir diese „Speciesmacherei“ übel nehmen. Aber es war eben
nichts Anderes zu thun, und nicht ohne langes Widerstreben erkannte
ich diese „Speciesmacherei“ als ein in der Natur selbst begründetes,
also auch wissenschaftlich nöthiges Verfahren.
Denn ich war auch selbst (man verzeihe die Parodie von
Schiller’'s Mortimer) —
„im finsteren Hass des Artspaltens erzogen“,
ein Fanatiker der „strengsten Artberechtigung“, ein Inquisitor der
schlechten Species. Die Theorie der klimatischen Abänderungen
hatte in mir einen begeisterten Anhänger — aber diese Begeiste-
rung verhinderte doch nicht ein kritisches Prüfen der Theorie durch
Naturbeobachtung — und da fand sich z. B. dass dasselbe Klima
auf dieselben Farben und auf dem engen Raume eines turkesta-
nischen Dorfhofes gerade entgegengesetzt wirken muss, um
Passer salicarius und Galerida magna zu klimatischen Varietäten von
P. domesticus und (al. eristata zu machen; auch dass in derselben
Bergschlucht Columba livia aus Blau in Weiss (am Schwanz) ab-
ändern muss, um klimatisch Col. rupestris, und umgekehrt aus
Weiss in Blau (am Bürzel), um Col. eyanotus zu werden. Solche
Thatsachen mussten doch zeigen, dass es mit klimatischen Varie-
täten zu weit in der Theorie ging — die wirklich klimatischen
Abänderungen (im Farbentone bei unveränderter Zeichnung durch
chemischen Einfluss des Lichts) erwiesen sich aber als so unbe-
deutend, dass sie von den ärgsten Speciesmachern und gar von
„Farbenornithologen“ meist unbeachtet blieben. Es fanden sich
auch gewisse Farbenkennzeichen in bestimmten Fällen viel con-
stanter als plastische (Ag. clanga Naum. nec Blas.) und auch um-
gekehrt; es fand sich überhaupt bei strengerer Prüfung, dass Ar-
tenzusammenziehungen meist hypothetisch und willkürlich sind; so
kann man aus den bei mir aufgezählten eirca 20 turkestanischen
Salicaria beliebig 10, 8, 5, 4, 2 und gar 1 Art machen. Ueber-
haupt erwies sich das Streben, nur gute, d. i. gleichmässig und
vollwichtig begründete Arten in der Ornithologie zu haben, als ein
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 325
naturwidriges. Das Ziel eines solchen Strebens ist offenbar, „den
Artbegriff“ strenge durchzuführen, nämlich den Gegensatz zwischen
Species und Varietät — aber ein Resultat langjähriger, sorgfältiger
Beobachtungen über Abänderung der Vögel, wobei von vielen Ar-
ten 20, 50 und bis 200 Exemplare verglichen wurden, ist — dass
die Natur keine scharfe Grenze zwischen Art und Varietät hat*),
und deshalb eben so viele zweifelhafte, streitige, sogenannte schlechte
Arten, die aber, obgleich schlecht, d. i. einander nahe, doch ihre
Speciesnamen behalten müssen, um das System naturgetreu zu
machen. Denn z. B. bei Salicaria, Anthus, Nisus u. s. w. giebt es
eigentlich blos Varietäten — keine wirklichen Arten, nämlich keine
so scharf unterschiedenen, wie z. B. die Enten oder Wasserläufer.
Deshalb sind hier auch streitige Arten benannt und aufgezählt,
1) wenn es constant sich fortpflanzende, zahlreicher als ihre
Mittelformen und leicht zu unterscheidende Abänderungsextreme
sind, — wie Turdus atrogularis und ruficollis;
2) wenn sie wissenschaitlich interessant sind, zumal für die
jetzt an der Tagesordnung in den biologischen Wissenschaften ste-
hende Theorie Darwin’s, — wie Turdus mystacinus;
3) wenn es Local-Racen sind, die aber auf weiten Räumen
constant und für bestimmte Faunen charakteristisch — wenn auch
an den Grenzen, wo diese Faunen zusammenstossen, Uebergangs-
exemplare vorkommen mögen, — so Sitta caesia, europaea und ura-
lensis, Budytes citreola und citreoloides, besonders auch Lamius exeubitor
in seinen Localformen, im Gegensatz zum unveränderlichen Z. mi-
nor U. S. W.
Bei Local-Racen oder sogenannten geographischen Varietäten
ist erst die Ursache der localen, aber nicht nachgewiesenen kli-
matischen Abänderung zu erklären: sie sind Thatsachen, welche
Untersuchung fordern, und deshalb Namen verdienen, die an diese
Untersuchung erinnern. Ihr voreiliges Zusammenziehen ist ein
pons pigritiae.
Die in meinem nachfolgenden Verzeichniss erwähnten, im rus-
=) Und das zeugt, wie Darwin auch ausdrücklich erörtert, für seine
Theorie, nach welcher Varietät und Art bekanntlich blos verschiedene Mo-
mente desselben Entwickelungsprocesses sind. Damit sei nicht gesagt, dass
Darwin’s Theorie eine endgültige sei — das hat er nie selbst gedacht; da
ist noch viel zu forschen. Aber für diese Weiterforschung sind gerade die
schlechten Arten, d. i. die Verschiedenheit der Verwandtschaftsstufen zwi-
schen specifisch gesonderten Formen ganz besonders zu beachten.
326 Dr. N. Severzow: }
sischen Text meistens, aber nicht alle beschriebenen neuen Vögel-
arten werden sämmtlich im Journal für Ornithologie erörtert und
diagnosirt werden, und zwar in einer Reihe von „Beiträgen zur
Ornithologie von Ost-Europa und Inner-Asien“,
Im Jahre 1845, fast noch als Knabe, hatte ich die Bekannt-
schaft des eben so bekannten als unermüdlichen Forschers Central-
Asiens Herrn S. K. Karelin gemacht, der damals eben aus Se-
miretschien zurückgekehrt war, und wurde von seinen Erzählungen
hingerissen. Er erzählte von der Reichhaltigkeit und Originalität
der Natur jener Gegenden, mit ihren scharfen Contrasten von
Wüsten und üppigem Pflanzenwuchs, von heissen Niederungen und
schneeigen Bergketten, von Sommergluth und Winterfrost.
Seit jenen Tagen ward die Erforschung Central-Asiens das
Ziel meines Lebens, und nach einem bekannten Werk Humboldt's
fand ich auch in Central-Asien einen geheimnissvollen Antheil.
Der geheimnissvolle Tjan-shan der Chinesen, was „Himmlische
Bergkette“ bedeutet, dessen westliche Hälfte jetzt in den Bereich
Turkestans gelangt ist.
Im Jahre 1857 gewann ich endlich auch die Möglichkeit, eine
Reise nach Central-Asien anzutreten: ich wurde von der Akademie
der Wissenschaften nach dem Syr-Darja, in den nordwestlichen
Theil des jetzigen Turkestans gesandt.
Das zoologische Ziel meiner Commandirung, die Erforschung
der Einflüsse eines Continental-Klimas, wurde mir erst vor Kurzem
klar und zwar aus einer Parallele, die Herr v. Middendorf zwischen
der nordischen Tundra und den central-asiatischem Wüsten gezogen
hat, in der er findet, dass in beiden Gegenden gänzlich verschie-
dene äussere Bedingungen fast gleichartig das organische Leben
unterdrücken. Jedoch damals wusste ich noch nichts von dieser
Parallele; Herr v. Middendorf wünschte, dass das wissenschaft-
liche Resultat meiner Reise nur durch eigene Beobachtungen er-
zielt sein sollte und nicht durch vorher eingeimpfte Ideen.
An Ort und Stelle fand sich noch eine andere Aufgabe zu lö-
sen, die mich mehr fesselte als die Einflüsse eines Continental-Klimas
und überhaupt die Erklärung der jetzigen geographischen Ver-
breitung der Thiere nach den jetzigen Bedingungen der Erd-
oberfläche.
Ich sah einen ausgetrockneten und vertrocknenden Meeres-
boden (am Aral-See sogar stellenweise erst im letzten Decennium
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 327
ausgetrocknet), und auf den grossen, seit lauge ausgetrockneten
Flächen haben sich dieselben Meeres-Species, derselbe Boden-
charakter eben so hartnäckig erhalten, wie auf dem vorherigen
Meeresboden — und ich sah ihn auch. Der seichte Meerbusen
des Aral-Sees, der im Herbst 1857 mit dem Binnenmeere durch
eine kleine Meerenge vereinigt und voll Wasser war, war im Herbst
1858 bereits ausgetrocknet.
Die localen Unterschiede der Steppenflora und Fauna von
ÖOrenburg: bis zum Kaspia und Aral entsprechen vor Allem dem all-
mähligen Austrocknen dieses Meeres. |
Es entstand folglich die Frage über die Bedeutung der zoo-
logischen Geschichte des Landes für ihre jetzige Fauna; diese
‚Frage gerade hatte mich im höchsten Grade gefesselt. Der Mee-
resboden, nach seinem allmähligen Austrocknen, bevölkerte sich
augenscheinlich von den Ufern aus, wenigstens was die Landthiere
anbelangt; von den Pfianzen behauptete hartnäckig seine Existenz
das den Meeresufern eigene Salzkraut, jedoch verbreitete sich unter
ihm sporadisch. das Pfriemengras, das der Steppe eigen ist, die
auf ihrer Oberfläche schon die ehemaligen Spuren des Meeres ver-
loren hat. Dem Salzkraut ähnlich waren auch von den Säuge-
thieren und Vögeln mehrere Arten, die sich von dem noch vor Kur-
zem bedeckten Meeresgrund nach seinen ehemaligen Ufern ver-
breiteten, und einige Formen, wie Haliaetos leucorypha und Syrrha-
ptes paradozus, bewegen sich sogar wirklich von Westen nach Nord-
westen, einer Richtung, die dem allmähligen Austrocknen des ehe-
ee. Kirgisischen Meeres eine entgegengesetzte ist.
Die Aufgabe.wurde immer schwieriger: ich hatte die Möglich-
keit vor mir, in der jetzigen geographischen Verbreitung der Thiere
die Geschichte ihrer Veränderung, je nach dem Wechsel der. phy-
sischen Geographie der Erdoberfläche zu erforschen, und nachdem
ich mich mit diesem Gegenstand beschäftigt hatte, erzielte ich ein
Resultat, dass Vieles in der heutigen geographischen Verbreitung
der Thiere nicht durch heutige physische und geographische Be-
- dingungen erklärt werden kann — sondern durch die längstver-
gangenen, die uns die Geologie aufdeckt, z. B. die Verbreitung des
europäischen Cervus elaphus, des asiatischen Marals und des ame-
rikanischen Cervus canadensis, die weiter in der Hauptarbeit näher
betrachtet sein werden.
Auch die Einwirkung des mir geheimnissvollen Tjan-Shan-
Gebirges errieth ich damals in der Syr-Darjischen Fauna, was ich
328 Dr. N. Severzow:
später durch directe Beobachtung bestätigt habe; nur gelaug es
mir nicht, von Syr-Darja nach Wernoje zu reisen und mich der
Expedition P. P. Semenow’s anzuschliessen oder richtiger, dieselbe
fortzusetzen (im Jahre 1858 war es schon zu spät, sich anzu-
schliessen).
Was die Unterdrückung der Steppenfauna durch ungünstige
Bedingungen anbelangt, so hatte ich dieselbe damals wenig be-
merkt. *)
Von kleineren Säugethierarten sind viele in der Steppe ver-
treten; was die Vögel anbelangt, so fand ich die wüstesten Theile
derselben durch Durchzüge belebt, nur die Fauna des Syr-Darja,
die Eversmann und Lehmann als eine noch ärmere an Thieren
denn die Polar-Tundra angeben, erwies sich nur an dem Theil des
Flusses, wo diese Reisenden über denselben setzten.**) Uebrigens
giebt es in der Steppe viele dergleichen arme Distriete, Dank der
sporadischen Verbreitung der Thiere; jedoch hat mich mehr die
Reichhaltigkeit der Fauna des Syr-Darja beim Fort Perowsky ge-
fesselt, die durch die Nähe des Tjan-Schan-Gebirges und des Was-
serreichthums bereichert wird.
Ueberhaupt hält es schwer, die Einwirkung des Continental-
Klimas von den anderen Bedingungen zu trennen, die auf die Thiere
einwirken; sie erscheint unterdrückend gerade nur in Verbindung
mit den topographischen Bedingungen der Futternoth und der
Wasserarmuth, jedoch nicht allein an und für sich.
Uebrigens kann man manche Erscheinungen auch den Ex-
tremen der Temperatur zuschreiben, die das Continental-Klima
kennzeichnen: so ist die proportionelle Artenarmuthan Standvögeln
demselben eigen, selbst bei den mannigfaltigsten übrigen Bedin-
gungen, jedoch am eigensten ist sie der Steppe.
Die Klagen Lehmann’s und Basiner’s über die zoologische Ar-
ıuth der kirgisischen Steppe hatte ich vor meiner Abreise ge-
lesen; ich wusste jedoch auch, dass Karelin etwas Anderes berich-
tete, dass ein jeder in die Steppe gesandte Präparator an Evers-
mann neue Gegenstände brachte und sah selbst in dem Museum
von Orenburg eine ziemlich grosse Mannigfaltigkeit der Steppen-
thiere; und gerade meine Reise verdoppelte die Steppenornis.
*) Sie ist nur in einigen Theilen der Steppe bemerkbar.
**) Diese zoologisch karge Steppe erstreckt sich längs dem Syr-Darja
von Kasalinsk bis Fort No, 2. Sowohl ober-, als unterhalb ist die Fauna
reicher. Anmerkungen d. Verf.
Bi
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 329
Nachher, um mich mit der Erforschung der Frage über die
Bevölkerung der Steppe durch Säugethiere und Vögel, nach dem
Maasse des Austrocknens des auf der Stelle gewesenen Meeres zu
beschäftigen, benutzte ich die Gelegenheit, an Ort und Stelle die
Fauna der westlichen, uralischen Steppen der Aralo-kaspischen
Niederung kennen zu lernen; ich kehrte daher zurück, begann mit
der Gruppirung meiner Beobachtungen, hätte fast einen Professor-
stuhl angenommen — — jedoch hatte ich Gelegenheit, das
Tjan-Schan-Gebirge zu besuchen, und zwar mit dem denk-
‚würdigen Feldzug des Generals Tschernjaäff im Jahre 1864. —
Dem Tjan-Schan zu Liebe verzichtete ich auf den Professor-
stuhl; die Gruppirung der Beobachtungen ward bei Seite gelegt:
es stellte sich die Möglichkeit, die nothwendigsten Ergänzungen
zu denselben zu sammeln. — Und nun lege ich die allgemeinen
Auszüge aus meinem mehrjährigen Fleiss bis zu einer mehr allge-
meinen Arbeit, über die zoologische Geographie bei Seite und
werde hier einigermaassen bearbeitetes Material zur Kenntniss der
Fauna des Tjan-Schans in Verbindung mit den benachbarten Thie-
ren der Aralo-Caspischen Steppe vorlegen.
Auf dem Wege über Omsk nach dem Detachement des Ge-
nerals Tschernjaöit, das sich in Wernoje concentrirte, erblickte ich
endlich am 27. April (a. St.) 1864 die erste beschneite Berg-
kette des Tjan-Shan-Gebirges, und zwar den Ala-Tau von Semi-
retschien; ich werde nie den Eindruck vergessen.
Es giebt auf dem Wege von Omsk nach Wernoje nicht wenig
öde Steppen, und deren Abwechslung mit mehr frischerer Steppen-
vegetation kennzeichnet die ehemaligen Meeresengen sowie die
einst durch sie getrennten Insein und Halbinseln vollkommen mit
der geologischen Gestaltung des Landes übereinstimmend; jedoch
auch meine Augen, die sich an den Anblick der Steppen bereits
gewöhnt hatten, waren durch die Unfruchtbarkeit sowie Oede der
Steppe zwischen der niedrigen Bergkette Arganat und dem
Flusse Lepsa betroffen, wo ich den 26. April vorbeifuhr.
Je weiter, desto öder; es war Frühjahr, überall war junges,
sehr undicht wachsendes Kraut zu sehen —- jedoch schien es, als
wenn dasselbe, mit Ausnahme der breiten saftigen Blätter des
Rhabarbers, schon verwelkt aus dem kargen salzigen Lehmboden
hervorwüchse. Ich fuhr durch diese Oede bis zur späten Nacht,
schlief ein und erwachte am Flusse Lepsa. Ich sah dieselbe
330 Dr. N. Severzow:
Wüste, die bis an die Ufer desselben reichte: jedoch um desto üp-
piger erschien das grelle Grün des Lepsischen Thales, das male-
risch von kleinen Gruppen Schwarzpappeln besetzt war — um
desto schöner war auch der klare und reissende Fluss. In der
Ferne, am Horizont zog sich ein nebeliger, blauer, zart duftiger
Streif und zwischen diesem und der strahlenden Bläue des central-
asiatischen Himmels traten mit erstaunlicher Deutlichkeit die duf-
tigen, malerischen Umrisse der Schneegipfel des Alau-Tau, die
Strahlen der aufgehenden Sonne goldig niederstrahlend.
Mehrere Monate später schritt ich nach Süd-West zu und sah
stets linkerseits eine Schneekette, eine nach der andern. Nach
dem Fluss Di zu senkte sich der Ala-Tau von Semiretschien, jedoch
erstieg vor den Augen der transilische, mit dem stolzen Talgar
in seiner Mitte, zu beiden Seiten desselben ebenfalls mit Schnee-
gipfeln abfallend. Und hinter dem Bergpass über dem westlichen
Abfall dieser Bergkette erschien noch eine dritte: die obere gigan-
tische Mauer des Alexander-Gebirges mit ihren Schneezacken.
Auch diese Bergkette wurde niedriger, in kleinen Hügeln bei
Aulje-Ata auslaufend; jedoch hinter demselben ragt eine Reihe von
Schnee-Piks, die höher als alle bisher gesehenen erscheinen, ob-
zwar in Wirklichkeit der höchste, der Aksai, nicht höher als der
Talgar ist, beide nahe an 15,000 Fuss.
Auch diese Bergkette endigt in niedrigen Steinhügeln bei
Arys; jedoch ist das nicht das Ende des Tjan-Shan-Gebirges.
Dahinter ragt nochmals eine Mauer mit Schneezacken empor —
jedoch beherrscht dieselbe das Auge schon, man sieht ihr Steppen-
ende, Kasykurt, der isolirt als ein schneeloser, nackter Felsen von
röthlichem Porphyr dasteht und sich mit der Hauptkette, die hier
mit einem steilen Abfall herabsteigt, durch einen niedrigen Berg-
kamm verbindet. Auf dem Kasykurt, nach einer localen Sage, soll
Noah’s Arche stehen geblieben sein. Den Bewohnern des Fusses
des Tjan-Shan-Gebirges erscheinen seine Kolosse selbst der Sünd-
fluth unerreichbar.
Endlich gingen wir nach Taschkent zu und sahen hinter dem
Kasykurt noch eine Bergkette — Karjanyn-Tau; sein Steppenendes
ist mehr links von Taschkent, jedoch vor demselben erhebt sich
die Transtschitschirsche Bergkette. Auch dem letztern sein Step-
penende ist zu sehen; jedoch ist der Tjan-Shan noch nicht zu
Ende. In der Ferne am Horizont, hinter dem Syr-Darja, südlich
von Chodjend, ist noch eine Reihe Schneegipfel zu sehen.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 331
So Reihe an Reihe erheben sich stets die Gebirgsketten der
Steppe; es senkt sich die eine, hinter ihr erhebt sich eine andere
— und alles dieses sind nur Ausläufer des unermesslichen Tjan-
Schan-Gebirges.
Jedoch noch im Jahre 1864 drang ich ein wenig in’s Innere
vor: dort thürmen sich Ketten auf Ketten, immer höher, immer
schneeiger und felsiger, und in den Thälern ziehen sich wersten-
weit Schneegerölle, die Schneebrücken über tobenden Bergbächen
bilden. Drei Jahre thaut so ein Gerölle, von Grünem und Blumen
auf den Felsen umgeben; jedoch dauerhaft ist eine solche Schnee-
brücke; die Gerölle fallen alljährlich. *)
So ist es bei den Höhen des Tschirtschiks; jedoch östlicher,
nachdem man bald eine, bald mehrere Ketten passirt hat, begeg-
net man einer hohen Steppe; hinter dieser nochmals eine Gebirgs-
kette und dann wieder Steppe, jedoch schon höher; nicht die
Schwarzpappel wächst hier in den tiefen Flussabgründen, sondern
die Berstanne; und dann wieder eine Steile zu den Schneegipfeln
und im Niveau mit denseiben — wieder die höchste Steppe; und
auf dieser thürmen sich einer nach dem andern die inneren höch-
sten Gipfel des Tjan-Shans, und es giebt ihrer viele auf dem Cen-
tral-Hochgebirge des Tjan-Shans, und alle diese vereinigen sich in
einem steilen Hauptberge, der seine unzähligen Abgründe mit
Gletschern ausfüllt. Hundert Werst erstreckt sich sein Gipfel —
ein unermessliches Schneefeld, von Niemand erreicht und mit stei-
len, spitzen Piks besät — und dieser kolossale vielzackige Gipfel,
der sich über alle Gipfel erhebt, ist der Fuss des Chan-Tengri, des
„Himmlischen Chans“**), der sich bis zu 24,000 Fuss erhebt. Und
nicht nur ist dieser grosse Chan des Tjan-Shans unerreichbar, er
ist, sogar von unten nirgends zu sehen; manche Vorketten muss
man überschreiten, stellenweise bis zum ewigen Schnee aufsteigen,
um ihn zu erblieken — und auch nicht immer ist. er zu sehen; die
Wolken hängen an den Gletscherschluchten viel tiefer als sein Fuss;
man sieht dann auch nicht die seinen Fuss verdeekenden und die-
sen von ällen Seiten umgebenden niedrigsten Piks, die die Höhe
von 20,000‘ nicht übersteigen.
Wir sind in Asien; die Unnahbarkeit des Chan-Tengri giebt
*) Die Dauer der Abthauung ersah ich aus der Schichtung dieser
Gerölle, stets drei Schiehten, die unterste beinahe abgethaut (Ende Juni).
*>) Wörtliche Uebersetzung des mongolischen Chan-Tengri.
Anmerkungen d. Verf,
332 Dr. N. Severzow:
dem Tjan-Shan einen völlig asiatischen Charakter: wie verstei-
nert, ein ewiges Urbild der grossen Chanate, die sich vereinig-
ten und zersetzten an seinem Fusse.
Auch ich sah nieht einmal den Gipfel des Chan-Tengri, ohne
bis ich in das innere, allerhöchste Hochgebirge des Tjan-Shans
vorgedrungen war; ich sah ihn deshalb nicht, weil Herr P. P. Se-
menow, der erste Erforscher des innern Tjan-Shan, mir zuvorge-
kommen war; er hat zwar einen sehr geringen, jedoch den benei-
denswerthesten Theil des obern Hochgebirges im Südosten des Is-
syk-Kul gesehen. ,
Ueberhaupt habe ich nicht mit einem Male die Schluchten und
Hochebenen des Tjan-Shans erblickt; im Jahre 1864 konnte ich
nur wenige Excursionen in’s Innere des Hochgebirges machen, und
nachher musste ich mich monatelang mit dem blossen Anblick der
Schneekette links von der Strasse begnügen, da sämmtliche Feld-
züge in den untersten Steppen waren, die den ceultivirtesten und
bevölkertsten Strich am nördlichen und Nordwestfuss des Tjan-
Schans, zwischen dem Tschu und Syr-Darja ausbildeten.
Mir erschien der Anblick dieser Ketten, die sich schrofl aus
den Steppen bis zum ewigen Schnee erheben, stets neu: so man-
nigfaltig sind die Gestalten der Berge und die Uebergänge von
Licht und Schatten. Dafür machten Säugethiere und Vögel, denen
ich auf dem Marsch begegnete, einen allgemeinen Eindruck seiner
armen und einförmigen Fauna, weil nur wenige Species zahlreich
und beim ersten Anblick bemerkbar sind, und weil ich zu viel er-
wartet hatte. — Ich begegnete stets Alauda calandra, A. bimacu-
lata, A. brachydactyla und Pterocles arenaria; stellenweise, jedoch
in grosser Menge Perocles alchata und Glareola pratincola; an den
sich in die Steppe ergiessenden Bergbächen fand ich Pärchen von
Anas rutila und Aegialites minor; endlich sah ich täglich auf der
Steppe niedrigfliegende Circus rufus, seltener ©. eyaneus, noch sel-
tener Buteo leucurus, und wenn das Heer campirte, so kreisten über
demselben Milvus ater und einige wenige Corvus corone.
Weit nicht alltäglich und nicht allenthalben, jedoch dafür im
grosser Menge begegnete man Emberiza brunniceps, von denen die
hübschen, gelbbäuchigen Männchen in der Steppe, wo dieselbe
feuchter war und einen mehr wiesenartigen Charakter annahm, auf
den grösseren Gräsern sangen, sowie Merops apiaster und Üoracias
garrula an steilen Schluchten, wo beide in Höhlen brüteten.
Unbemerkt, jedoch beständig folgten den Bewegungen des
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 333
Heeres Vultur cinereus, Gyps fulvus, Neophron percnopterus*), und
ich blieb nicht selten zurück, um auf der Stelle des verlassenen
Lagers ihre Ankunft zu erwarten, bei welcher Gelegenheit mir auch
gelang, eines riesigen Vultur cinereus habhaft zu werden. Sobald
die Colonne hinter. dem Horizont verschwunden , nachdem dieselbe
einige Werst, weggerückt war, erschienen die Geier und suchten
die Fleischüberreste, jedoch fanden sie nicht viel und auch dieses
war ihnen nicht geniessbar; sie hofften auf die im Heere gefallenen
Pferde und Kameele. Jedoch beim ersten Treffen mit dem Feinde
bei Aylje-Ata zeigten sich die Geier auch bald im Angesicht des
Heeres und fanden auch bald Beute: die bei der Verfolgung der
fliehenden Harnisen getödteten Pferde. Jedoch ein eigentliches
Mahl ward ihnen bei Ak-Bulak in der Nähe Tschikments beschie-
den, wo ich sie noch 10 Tage nach der Schlacht sah, und sie die Lei-
chen der Pferde und Kameele verzehrten, hinter denen sich ein
kleiner Trupp des Capitains Meyer vertheidigte, als er von den
Kokanzen umzingelt war.
Das ist Alles, was die zoologische Physiognomie der untersten
Steppe beim Tjan-Shan im Sommer bildet; die Säugethiere habe
ich nieht gezählt, da dieselben sich verstecken und nicht sichtbar
sind. Indem ich mich vom Trupp entfernte, was ich monatelang
täglich that, sah ich nur einmal einen Dipus jaculus, und ausserdem
hatten einmal die Avantgarde-Kosaken einige wilde Eber von
einem Quellensumpf verscheucht und getödtet.
In den Bergen begegnet man Säugethieren und auch nur we-
nigen Species; in der Ferne, auf Felsen sieht man „Arkaren“ (ver-
schiedene Ovis-Arten) oder Oapra sibirica, stellenweise erblickt man
bei ihrer Höhle sitzende Arctomys baibacına oder scheucht man einen
Lepus Lehmanni auf. Doch hier wäre es nicht überflüssig, zuerst
den schon beschriebenen allgemeinen Umriss des Tjan-Shan durch
die Beschreibung der Ansicht seiner Gebirgsketten von Weitem zu
ergänzen.
Wenn man aus der Steppe oder aus den inneren Hochebenen
und breiten Thälern nach den Gebirgsketten des Tjan-Shan sieht,
so erscheinen sie fast nackt. Man erblickt nur unterhalb des
ewigen Schnees buntes Gestein, rothen Sandstein, röthlich-grauen
Granit, dunkel-grauen Kalkstein, seltener hellgrauen: alie mit
=) Diese Geier wechselten je nachdem die Heeresabtheilung durch
Berge ging, wo dieselben brüten; übrigens können selbst nichtbrütende
dem Heere oder der Caravane folgen. Anm. d. Verf,
334 | Dr. N. Severzow:
prachtvollem goldigen Abglanz in der Sonne und mit dicht-blauer
Färbung der Schattirungen.*) Nur auf den Ketten nördlich und
südlich von Issyk-kul, auf den nördlichen Abhängen, sieht man
schon von Weitem einen dunklen Streif von Tannen: so im Trans
ilischen Ala-Tau, im Terskischen Ala-Tau (am südlichen Ufer des
Issyk-kul), am oberen Naryn und Atpasch. In den übrigen Thei-
len des Tjan-Shans ist der Wald in Schluchten verborgen und von
aussen durch nackte Felsen verdeckt. Es ist auch nicht viel von
demselben vorhanden: nur kleine Haine, dann nicht selten auch
üppig wachsend; häufig nur einzelne Bäume, Laubbäume, die am
Grunde der Schluchten kriechen, sowie hochstämmige Wachhol-
dersträuche zu beiden Seiten derselben, und auch das nur in lan-
sen Schluchten. In kurzen dagegen, die gerade in die Steppe
münden, beschränkt sich der Baumwuchs auf undichtes Gestrüpp,
das manchmal auch ganz verschwindet. Es giebt im Tjan-Schan
auch genug grasige Abhänge mit frischer Vegetation und üppiger
Blumenpracht, jedoch sind auch diese verborgen, indem sie von
aussen durch nackte Felsen verdeckt werden; sogar wenn man in
den Klüften aufsteigt, sieht man viel mehr nackte Felsen und Stein-
serölle, vielleicht hier und da mit undicht wachsenden Gebüschen,
als frisches Grün, auf dem das Auge durch den Anblick der nack-
ten Felsen mit desto grösserer Erquickung ausruht. In jeder
Schlucht fliesst ein Bach, und unter dem ewigen Schnee bedeu-
tendere Bergwässer, die klar, rauschend und schäumend sind. Ihr
steiler Fall wechselt zwischen 200 und 700 Fuss auf eine Wer-
stenlänge, jedoch eigentliche Wasserfälle giebt es wenige.
So ist der Tjan-Shan in der Nähe, und seine allgemeine Phy-
siognomie bilden wie auf der Steppe nur wenige Arten aus.
Fast immer, wenn man eine Schlucht betritt, sieht man unter
sich den hoch kreisenden Gypaetos barbatus, am Bergbach Oinelus
leucogaster oder Ü. asiaticus, selten beide Arten, Motacilla sulphurea
und Actites hypoleucos, zu beiden Seiten der Schluchten Columba
gelastes, auf Steingeröllen Perdix chukar, Turdus sazatilis; auf stei-
len Felsen Columba rupestris, Hirundo alpestris, Hir. rupestris, Passer
petronia, Fregilus graculus; in Gebüschen Zanius minor, während
L. phoenicurus mehr breiten Thälern eigen ist; höher aber als alle
*) Arctomys caudatus und Spermophilus sp. sind auch zahlreich; ich
fand sie jedoch bisher uur auf einem Platz beim Flusse Carabur und
rechne dieselben nicht zu den Arten, die die zoologische Physiognomie des
Tjan-Shans ausmachen. Anm. d. Verf.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 335
genannten Vögel wohnen Gypaetos und Fregilus, auf den steilsten
‚mit Gras bewachsenen Abhängen Megaloperdix Nigellü.
Jedoch selbst diese verbreitetsten Arten des Tjan-Shans wer-
den kaum alle in einer, selbst langen Schlucht gefunden; dafür
begegnet man in jeder neuen Vögeln, die noch in der vorher-
besuchten nicht gefunden waren, so dass die Gebirgsfauna man-
nisfaltiger als die Steppenfauna erscheint. Nur ist die Verbrei-
tung der Vögel im Gebirge eine sehr sporadische; ich fand in kei-
ner Schlucht mehr als 15—20 Arten, häufig jedoch noch weniger.
Der allgemeine Eindruck bei der ersten Bekanntschaft mit dem
Tjan-Shan und seiner Fauna ist der, dass die Entwickelung des
Thierlebens dort arm und mit den grossen Flächen der irucht-
baren Steppen und der Riesengrösse der Bergmassen im Missver-
hältniss erscheint.
Jedoch schon im Jahre 1864 sah ich, dass dieser erste Ein-
druck ein sehr trügerischer ist. Meine Sammlungen nahmen stets
zu, zuerst langsam, auf dem Marsche von Wernoje nach Aulje-Ata,
dann immer stärker. Am Ende des genannten Jahres fand ich
zwischen Kastek und Taschkent schon mehr als 200 Vogelarten,
und jetzt habe ich in meinem Verzeichniss 403 (ohne die Haus-
vögel) Vogel- und 35 Säugethierarten*), und habe immer keinen
Grund zu glauben, dass die Fauna Turkestans bereits völlig be-
kannt sei; dieses könnte man nur von den Vögeln des westlichen
Theils des Culturstriches sagen, für welchen Herr Fedschenko, so-
wie an einem von mir unbesuchten Ort, auf dem Sarevshan
nichts zu meinem ornithologischen Verzeichniss hinzugefügt hat,
obzwar seine Vogelsammiung eine reiche ist und von J. J. Scorn-
jakow, meinem Gehülfen, einem Meister in diesem Fach, gesam-
melt ist.
Dafür kann man aber von der Erforschung der Balkasch-
Steppen und fast sämmtlicher, selbst von mir besuchter Theile des
Tjan-Shans eine wesentliche Bereicherung meines Verzeichnisses
erwarten; namentlich im Gebirge kann man eine Bereicherung der
Fauna durch tibetanische und neue Arten erwarten.
Ich fand es nicht für unnöthig, hier zuerst in einigen Worten
*) Diese Zahlen, wenn auch noch nicht vollständige, zeugen schon von
einer merkwürdig reichen Fauna. Auf einer gleichen Fläche, zwischen den
Niederungen des Amurs, des Ussuris und des Oceans, sind nur nahe an
- 60 Säugethier- und 250 Vogelarten bekannt; Zahlenverhältniss zu dem Tur-
kestans 2:3. Anm.d. Verf,
336 Dr. N. Severzow:
die zoologische Physiognomie und das Aussehen des von uns be-
sprochenen Landes zu schildern, so wie sie sich beim ersten An-
blick vorstellt, da es einerseits selbst dem mit dem Lande unbe-
kannten Leser zur Hülfe gereichen wird, sich einen allgemeinen
Begriff von dem Lande aus den kurzen Schilderungen seiner phy-
sischen und thierischen Geographie, die in der Hauptarbeit Er-
wähnung finden werden — deren hier nur wenig mehr als blosse
Erklärung der allgemein angenommenen Definitionen sind, die in’
meinem Verzeichniss die senkrechte und horizontale Verbreitung
“ der Wirbelthiere Turkestans bezeichnete.
Die nördliche Grenze dieses Landes fällt fast genau mit der
Grenze der Verbreitung der Thiere des Tjan-Shan-Gebirges in den
Aralo-Caspischen Steppen zusammen; jedoch hier den turkestanischen
Theil dieser Steppen mit dem Tjan-Shan in eine aralo-tianshanische
Fauna vereinigend, muss ich erklären, dass ich die Frage nicht löse,
ob die turkestanische Fauna ein vollkommenes zoologisches Ganzes
ist. — Wenn auch eine solche Ansicht mir als sehr wahrscheinlich
erscheint, so kann die Frage nur durch das Studium der Nachbar-
länder gelöst werden, die zoologisch noch unerforscht sind und
deren Verhältnisse in den östlichen und in den westlichen Theilen
Turkestans, welches Land einige zoologische Unterschiede besitzt
und die später erörtert sein werden.
Man muss dafür den obern Lauf des Amu-Darja, den Alty-
schar, den östlichen Tjan-Shan, d. h. östlich von den Höhen des
Tekes, und die Länder zwischen ihm und dem Altai erforschen,
was in Verbindung mit mehr ausführlichen Berichten über Persien,
zur Lösung der oben angeführten Frage notbwendig, über die Be-
völkerung der Aralo-Caspischen Tiefebene durch Landthiere, — Je
nach dem Austrocknen (das noch heute an den aral’schen Ufern
fortdauert) des einst hier bedeckenden Meeres.
Ich vereinige dagegen in ein Ganzes das Hochgebirge und die
Steppe erstens, weil es bequemer bei der Beschreibung der senk-
rechten Verbreitung der Thiere auf dem Tjan-Shan, hier zum er-
sten Male berichtet; z. B. von Tschudi in seinem „Thierleben der
Alpenwelt“ führt nieht die Fauna der untern Schweiz au, am Fusse
der Alpen und fehlt der Ausgangspunkt zum Verständniss der 200-
logischen Eigenthümlichkeiten der letzteren, als eines Ganzen,
während die Höhenzonen auf den Alpen selbst klar und deutlich
sind, da für dieselben Vergleichungsmaterial ist. Ausserdem. ist
die Vereinigung des Hochgebirges mit den Nachbarsteppen in ein
'
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 337
‚Ganzes auch andererseits natürlich: wir erhalten dann ein vollen-
' detes Muster zum Studium der Fauna Central-Asiens, das viele Ge-
birgs- und Steppendistricte in dem Centrum desselben birgt —
während bisher nur die Ränder von Central-Asien mit einiger Aus-
führlichkeit erforscht waren: der Kaukasus, der niedere Lauf der
"Wolga und des Urals, zum Theil die Kirgisen-Steppe, das Altai-
Gebirge, das äusserste nördliche Ende von Gobi in Transbaicalien
und das südwestliche Tibet, zum Theil Kabul und Persien. Ge-
sammelt und bearbeitet sind diese Erforschungen am besten für
das Orenburgerland von Eversmann und für Transbaicalien von
Herrn Dr. Radde. Daher, obzwar in meinen Beobachtungen am
Ural und in der Kirgisen-Steppe viele neue Facta zu einer zoolo-
gischen Geographie Central-Asiens zu finden sind, sind sie viel we-
niger zahlreich als die, die in Turkestan gemacht sind, woher
ich auch mit denselben die Herausgabe meiner zoologischen central-
asiatischen Erforschungen beginne, was noch dadurch gerechtfertigt
wird, dass das central-asiatische zoologische Gebiet nicht überall
scharf begrenzt werden kann, sondern im Gegentheil sich mit den
angrenzenden Gebieten durch allmählige Uebergänge verbindet; so
geht die Gebirgsfauna Central-Asiens auf dem Altai-Gebirge in die
Fauna von der westsibirischen Taiga über; durch kleine Gehölze
(örtlich „Kölki“ genannt) vereinigt sie sich in den Steppen des
Obschtschij Syrt mit der central-asiatischen in den Niederungen
des Dons und des Uralflusses, ungeachtet der ziemlich schroffen
Grenze mancher Steppenarten, jedoch ist die Verbindung der aralo-
caspischen Fauna mit der Steppenfauna des Schwarzen Meeres, die
bereits in das zoologische Gebiet des Mittelmeeres übergeht, stets
bemerkbar. In Folge dieser Vermischung der Faunen in den an-
srenzenden Theilen der benachbarten zoologischen Gebiete erschei-
nen einigermassen die Grenzen der letzteren auf dem Continente
unvermeidlich als angenommene, und wenn das Gebiet gross und
wenig bekannt ist, so ist die einzelne Beschreibung ihres Central-
theils ein nützliches Vorbereitungswerk auch zur Erklärung des
zoologischen Charakters des ganzen Gebietes.
Dieses habe ich auch im Augenmerk für die Fauna Central-
Asiens überhaupt, zu der auch die ganze aralo-caspische Niederung
gehört.
Der angrenzende Strich Central-Asiens, im Sinne eines zoolo-
gischen Gebietes begriffen, erstreckt sich vom Kaukasus nordwest-
lich durch die steppige Wasserscheide des Schwarzen und des
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 124. October 1873. 22
338 Dr. N. Severzow:
Caspischen Meeres, weiter über den Obschtschij Syrt, biegt um den
südlichen Theil des Uralgebirges, die wenig bewaldeten Vorläufer
desselben berührend und von den Quellen des Uralflusses sich nach
dem Altaigebirge richtend; weiter auf diesem Gebirge und auf dem
Sajan nach dem Baikal, dann zum Jablonijgebirge, der Wasser-
scheide des Amurs und der Lena; bei der Vereinigung der Schilka
mit der Argunja geht die nördliche Grenze in die östliche über,
die über den Chin-gan bei dem Hochgebirge Huan-he geht; süd-
lich des Chin-gan ist diese Grenze übrigens problematisch.
Die chinesische Seeuferfauna ist unzweifelhaft von der central-
asiatischen zu trennen; jedoch ist ihre westliche Grenze unbekannt
und wird sich wahrscheinlich durch die jetzt unternommene Reise
des Herrn Prjewalsky, eines eifrigen Ormnithologen, zu den Höhen
(des Huan-he aufklären. Die südliche Grenze bildet das Himalaya-
(Gebirge, zwischen welchem und dem Kaukasus mir genügende
Daten zur zoologischen Abgrenzung Central-Asiens fehlen, welche
hier nach der physischen Geographie des Landes zu urtheilen
weder leicht noch klar ist.
In den Beschreibungen des Hindu-ku finde ich eine grosse
Aehnlichkeit mit dem Tjan-Schan; die Wüsten von Chorazan sind
sehr den turkmenischen ähnlich. Bei einer solchen zum Theil un-
bestimmten zoologischen Abgrenzung Central-Asiens erklärt sich
ihre Bedeutung als zoologisches Gebiet durch das Studium ihres
Centraltheiles, und werde ich daher weiter die Thiere Turkestans
in mehrere Kategorien nach ihrer geographischen Verbreitung grup-
piren, was zeigen wird, wieviel Species und welche gerade Central-
Asien mit den angrenzenden grossen zoologischen Gebieten gemein
sind, und wie viel, so wie welche Arten ihm gerade eigenthümlich sind.
Von den letzteren fand ich in Turkestan 47 Säugethiere von 82
oder 56°; 118 Nistvögel von 336 oder 35%. Nahe an 20 Rep-
tilien von 28 oder ?/,°%,; drei Gebirgsamphibien aus dem Ge-
nus Ranodon aus der Gesammtsumme 5 Arten, also 60%. Aehn-.
liche Zahlenverhältnisse, soweit es ihre eigenthümlichen Verbrei-
tungsverhältnisse zulassen, zeigen auch die Fische.
Die angeführten Daten in Zahlen bewahrheiten meine Annahme,
dass Turkestan ein typisches Centrum eines eigenthümlichen, central-
asiatischen Gebiets ist, jedoch hängen diese Zahlen von der Art
und Weise, die eigentlichen «entral-asiatischen Species zu zählen
ab, d. h. von der Basis dieser Zählung, die nicht allen Zoologen
die nämliche ist. Für mich dienen als Grundlagen bei der Unbe-
Allsemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 339
grenztheit der Continentalfaunen hauptsächlich ‚die Centra der Ver-
breitung; weiter eine gewisse Nähe der Grenzen derselben zu den
Grenzen des Gebiets, wenn das Thier sich auch theilweise in an-
dere Gebiete verbreitet. So ist Motacilla personata ein central-
asiatischer Vogel, der auch in Indien verbreitet ist; sein Centrum
ist auf dem Amu-Darja; dagegen Lanius erythronotus, ein indischer
Vogel, ist theilweise auch in Central-Asien verbreitet; sein Centrum
ist an dem Ganges, von wo er sich nach NO., SO., W. und NW.
verbreitet. Daher zähle ich zu den central-asiatischen Species viele
Arten, die in anderen Ländern früher entdeckt und in deren
Faunen aufgeführt sind.
Carpodacus caucasicus 2. B. ist für mich kein Vogel des Mittel-
meergebiets, welcher auch in Gentral-Asien verbreitet ist; und um-
gekehrt: ist es ein central-asiatischer Vogel, der bis an den Kau-
kausus verbreitet ist, wo er die westliche Grenze berührt; so auch
Eirythrospiza phoenicoptera, der auf dem Libanon früher gefunden
ist als von mir auf dem Tjan-Schan, erreicht auf dem Libanon die
westliche Grenze.
So ist auf solche Weise der Bestand der Fauna 'Turkestans
definirt, in Verhältniss zu den Nachbarfaunen, wobei ihre Vögel in
Gebirgs-, Steppen- und die dem Hochgebirge und der Steppe ge-
meinschaftlichen eingetheilt sind, aber erst eine kurze Erörterung
der Faunengebiete, nach deren Zusammenhang mit der aralo-
tianschanischen, die Fauna des letztern hier in verschiedene Ver-
breitungskategorien eingetheilt wird.
Turkestanische Brutvögel — im Ganzen 339 Arten
(mit einem ? blos vermuthlieh brütende, obgleich sicher vorkommende),
Davon sind 72 Arten überhaupt paläarktisch, nämlich
I. Nördlicher paläarktische, — 61 Arten.*)
Im Gebirge.**)
1. Astur palumbarius (3). 5. Regulus flavicapillus (4).
2. Falco peregrinus (3—4). 6. Certhia famikarıs (5, 4).
3. * Surnia nisoria (4). 7. Iynz torquila (3).
A. Nucifraga caryocactactes (4). | 8. * Tetrao tetrix (3, 4).
*) Alle Arten dieser Kategorie verbreiten sich, von W. nach O., so
ziemlich durch das ganze paläarktische Gebiet; nämlich von West-Europa,
die südlieheren von Südwest-Europa und Nordwest-Afrika bis zum Stillen
Ocean.
##) Siehe die Anmerkung auf folgender Seite.
22%
340 Dr. N. Severzow:
10. * Tringa Temminckü (5). 12. *Mergus merganser (3, 4).
Im Tieflande.*)
9. Ciconia nigra (3). | 11. *Podiceps cornutus.
1. Salicaria turdoides (1,2). | 10. * Totanus fuseus (2).
2. *Hirundo domestica (1, 2). || 11. — stagnatilis (1, 2). _
3. *Cotyle riparia (1, 2). 12. — ochropus (2).
4. Ardea cinerea (1, 2). | 13. *Machetes pugnax (2).
5. Botaurus stellaris (1). 14. Stagnicola chloropus (1, 2).
6. *Aegialites hiaticula (1). 15. Rallus aquatieus (1?, 2).
7. — minor (1,2). 16. Anas querquedula (1, 2).
8. *Haematopus ostralegus (2). | 17. *Platypus fuligula (1).
9. *Totanus glottis (2). 18. Podiceps minor (2).
In beiden zugleich.*)
1. Falco subbuteo (1 —3). | 17. Gallinula pygmaea (2, 3).
2. Cerchneis tinnunculus (2—4). | 18. Fulica atra (1,2085
3. Strigieeps eyaneus (1— 3). 19. *Carbo phalacrocorax (1, 2,5).
4. Bubo maximus (1—3). 20. Anser einereus (1, 2, 3, 4).
5. *Aegolius brachyotos (2, 3?). | 21. Cygnus olor (1, 3).
6. — otus (2, 3°). 22. *— musicus (1, 3).
7. *Corvus coraxz (2—5). 23. Anas boschas (1, 2, 3).
8. — corome (1, 2, 3). 24. *— strepera (1,2, 3).
9. Pica caudata (1, 2, 3). 25. *— penelope (2, 3).
10. Passer imontanus (1, 2, 3). 26. *— crecca (1, 2, 3).
11. Ouculus canorus (1, 2, 3). 27. Rhynchaspis elypeata (1,2, 3).
12. Otis tarda (2, 3, 4). 28. Sterna hirundo (1,2, 3).
13. Vanelhıs eristatus (2, 3, 4). | 29. Hydrochelidon fissipes (1, 3,4).
14. *Scolopax gallinago (1,2, 3). | 30. Chroicocephalus ridibundus (1,
15. *Actitis hypoleucos (2, 3). 2, 3).
16. *Totanus glareola (1, 2, 3). | 31. Podiceps eristatus (1, 2, 3).
Zwischen der eben aufgezählten und der folgenden Kategorie
findet ihren Platz eine fast kosmopolische Art, Pandion fluwiatilis,
in Turkestan sowohl im Tieflande als in den Vorbergen des Tjan-
Schan vorkommend (Zonen 1, 2, 5).
%*) Die Ziffern hinter den Namen beziehen sich auf das Brüten in
den weiter erläuterten Höhenzonen. Die eigentlich arktischen Vögel, die
bis in die Polartundra und ihr zunächst liegende Waldregion (sibirisch
taiga) vorkommen, sind mit einem Sternchen bezeichnet — nämlich Ar-
ten, die so ziemlich den Polarkreis erreichen oder gar überschreiten.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 341
' H. Südlich paläarktische, — 11 Arten.
Im Gebirge.
1. en. scops (3). 3. Tichodroma phoenicoptera (3,
2. Fregilus graculus (3, 4, 5°). | 4).
Im Tieflande.
3. Aegvalites cantianus (1,.2).
4. Recurvirostra avocetta (1).
an
. Ardea alba (1, 2).
2. Scotaeus nyeticorax (1, 2).
In beiden zugleich.
1. Strigiceps pallidus (1, 2, 3). 3. Alauda cantarella (1, 2,3).
2. Oynchramus pyrrhuloides (1, | 4. Calandritis brachydactyla (1,
23). 2,3,.4).
B. Die folgenden Kategorien der turkestanischen Vögel haben
schon eine (in verschiedenen Graden) geringere Verbreitung von
Ost nach West. Die östlicheren Formen, die bis zum unteren Amur,
Ussuri und China sich verbreiten, also ungefähr (wenn auch nicht
alle bis an die eigentliche Küste) bis zum Stillen Ocean, und also
die sich wenigstens durch ihre Ostgrenze an die allgemein palä-
arktischen anreihenden Vögel werden in folgenden Kategorien mit
gesperrter Cursivschrift bezeichnet.
III. Sibirische Vögel, 9—12 Arten.
Im Gebirge.
1], Cyanistes cyanus (3). 6. Emberiza pithyornus
2. ** Lowia bifasciata (4). (4).
23. Uragus sibiricus (42). | **7. Phylloscopus superei-
24. *Pyrrhula cineracea liosus (8, 4).
(42). 8. ?Rutieilla aurorea? (3,
5. Emberiza ccoides (4). 4?)
Im Tieflande.
Grus leucogeranus (1).
In beiden zugleich.
1. Pica leucoptera (1, 2, 3). ##3, Phylloscopus Midden-
#2, (arpodacus erythri- dorfi 2, 3, 42.
nus (1, 2, 3).
Von diesen Vögeln sind die mit zwei Sternchen bezeichneten
auch in Ost-Europa verbreitet, aber sehr wenig; die Linie der
Kama und unteren Wolga (von. der Kamamündung an) bildet die
normale Westgrenze ihres Brutbezirks. Weiter westlich ist blos
Carpodacus erythrinus sporadisch nicht selten, sogar stellenweise
342
ir’ a 1
Dr. N. Severzow: |
ziemlich zahlreich — aber diese sporadischen westlichen Fundörter
reihen sich sämmtlich auf einem engen Landstreifen längs der
oberen Wolgd hinauf und die Düna herunter, bis zur Ostsee; noch
weiter westlich ist er ein höchst seltener Brutgast, und blos auf
Sylt sicher. gefunden.
Auf derselben Wolgastrecke, nur viel weni-
ger weit nach Westen, und viel vereinzelter, sind auch die west-
lichsten brütenden ?. eyanus gefunden. — Hinsichtlich der Aut.
die ich nicht sammelte, ist noch Verdacht von unrichtig
bestimmter R. erythrogastra (weiter unten, Anmerk. z. allgem. Ver-
zeichniss); endlich sind Urag. sibirieus und Pyrrh. eineracea blos im
Winter gesammelt, und ihr Brüten im Tjan-Schan von mir nur
aurorea ,
vermuthet.
IV. Europäisch-westsibirische Vögel, — 52 Arten.
Im Gebirge.
1. Syrnium aluco (3).
2. Chlorospiza chloris (3).
3. Acanthis cannabina (3, 4).
4. Turdus merula (3, 4).
5. — visevorus (3, 4).
6. *— püaris (3, 4).
7. *Saxicola oenanthe (4, 5).
8. Lusciola philomela (2?, 3).
9. #*Oyanecula suecica (2, 3):
Im Tieflande.
. Corvus fruglegus (1, 2).
. Passer domestieus (2).
. Saliwaria turdoides (1, 2).
. Calamodyta phragmitis (1).
. ** Budytes flavifrons (2).
DEN
In beiden zugleich.
1. *Aguda nobilis (1, 3, 4).
2. #*— clanga (1, 3).
3. Milvus ater (1, 2, 3).
4. Circus rufus (l, 2, 5).
5. Strigiceps cineraceus (1, 2, »).
6
j, Lycos monedula (1, 2, 3).
7. Sturnus vulgaris (1, 2, 3).
8. Emberiza hortulana (2, 3).
9. — miliaris (2, 3).
|
|
|
' 10. *Rutiella phoenicura (3, 4).
1. Sylvia nisoria (3, 4). |
12. Troglodytes parvulus (3, 4; '
1 R.).
. *Muscicapa grisola (3).
. Anthus arboreus (3, 4).
15. Alauda arvensis (3, 4).
. *Picus tridactylus (4).
17. Tetrao urogallus (4).
6. Limosa melanura (1).
7. Gallinula porzanda (2).
8. — pusilla (1, 2).
y. ** Chroicocephalus minutus (1).
10. Pratincola rubetra (2, 3, 4).
11. Sylvia cinerea (1, 2, 3, 4).
12. **Saliearia er Asch (1%,
3).
13. Acridiornis locustella (2, 3, 9).
14. *Anthus pratensis (1?, 3).
15. *Budytes flava (2; 3?).
16. *Motacilla alba (1, 2, 3).
17. Lanius collurio (2, 3).
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 343
18. Cypselus. apus (2, 3): 23. Ortygion. coturniz dh; 2, 3).
19. (olumba, oenas (2, 3). | 24. Grus cinerea. (2, 3, 4).
20. — livia (2, 3). | 25. Crex pratensis (2, 3).
21. — tutur (1,2, 3). 26. Aithyia ferina (2?, 3).
22. Starna cinerea (2, 3)? |
Mit einem Sternchen sind auch hier, wie bei den überhaupt
paläarktischen, die weit nach Norden gehenden Arten bezeichnet;
mit zwei Sternchen einige wenige Vögel, die ich nach ihrem Ver-
breitungscentrum uralisch nennen möchte und deren Verbreitung
westlich vom Ural sich so ziemlich auf das russische Gebiet be-
schränkt; dieser geringen westlichen Verbreitung entspricht bei
"ihnen auch eine geringe östliche in Sibirien; so besonders Budytes
flavifrons, zwischen Don und Irtysch, und beide Ströme nicht ein-
mal erreichend. Ausserdem wäre vielleicht Aeirundo domestica Pall.
aus der allgemein paläarktischen in diese Kategorie (europäisch-
westsibirisch) zu setzen, da ihr Vorkommen in Ostsibirien unge-
wiss ist. Wenigstens sind die dortigen Rauchschwalben zum Theil
wohl specifisch verschieden , denn da erscheint schon die amerika-
nische Airundo horreorum.
C. Mehr nach Südwest verbreitet unter den turkestanischen
Vögeln sind:
V. Bis in’s westlichere Mittelmeerbecken, — 61 Arten.
Im Gebirge.
1. Gyps fulvus (3). 10. *Emberiza cia (3, 4).
2. Vultur einereus (3). 11. Petroeichla cyanea, (3).
3. Neophron percnopterus (3). 12. * — saxatılis (3; 4?).
4, *Gypaitos barbatus (3, 4). 13. Sylvia orphea (3).
5. *Buteo tachardus (3). 14. *Motacilla sulphurea (3, 4).
6. *Strie flammea (3). 15. *Anthus aquaticus (4, 5).
7. Pyrrhocorasx alpinus (3,4; 5?). | 16. Cotyle rupesiris (3, 4).
8. Passer petronia (3). 17. Cypselus melba (3).
9. Fringila nivalis (5).
Im Tieflande.
1. Panurus barbatus (1, 2). 1. *"Lanius leucopygus (1).
2. Passer salicarius (1, 2). 8. **Merops superciliosus (1, 2).
3. Melanocorypha calandra (2). | 9. Columba aegyptiaca (2).
A. Lusciniopsis luscinioides (1,2). | 10. Ardea purpurea (1).
5. *"Sawicola gutturalis (1). 11. *Ardeola minuta (2).
6. #* — wanthomelaena (1). 12. *Platalea leucorodia (1).
344 Dr. N. Severzow:
13. *Oedienemus crepitans (1,2). | 18. Hydrochelidon leucopareius (1).
14. Pelecanus onocrotalus (1). | 19. *Vulpanser tadorna (1).
15. Carbo pygmaeus (1). \ 20. Callichen rufinus (1, 2).
16. *Sterna caspia (1, 2). | 21. Erismatura mersa (1).
17. * — minuta (1,2). 22. Aithyia nyroca (1,2).
Beiden gemeihschaftiich
l. Aquia imperialis (1, 3). | 12. Merops apiaster.
2. — pennata (2, 3). 13. *Coracias garrula (1,2, 3).
3. — minuta (2, 3). 14. *Upupa epops (1, 2, 3).
4. Circaötos brachydactylus (1,3). | 15. Pterocles arenaria (1, 2, 3,4).
5
6
. Cerchneis cenchris (1?, 2, 3). 16. — alchata (1, 2,5).
. *Aegithalus pendulinus (1,2; 117. Grus virgo (2, 3, 4).
3?). | 18. Plegadis faleinellus (1, 2, 3).
7. * Anthus campestris (1?, 2,3). | 19. Otis tetrax (2, 3).
3. Sylvia curruca (1, 2, 3, 4). 20. Glareola pratincola (1, 2, 3).
9. Oettia Cettü (2, 3). 21. Hypsibates himantopus (1, 2,
10. *Lanius minor (1, 2,3). 3).
11. *Oriolus galbula (1, 2, 3). 22. *Sterna anglica (1, 2, 3).
Von diesen verbreiten sich die mit einem Sternchen bezeich-
neten auch nördlicher nach Mitteleuropa, obgleich ihr Verbrei-
tungscentrum ein südlicheres ist; solcher sind 20 Arten. Die mit
zwei Sternchen sind in ihrem westlicheren Verbreitungsbezirk gar
nicht europäisch, sondern nordafrikanisch; 4 Arten des Tieflandes.
Nach Osten zu, in Russland und der Kirgisensteppe, gehen die
meisten Vögel dieser Kategorie nördlicher, als im Westen. So be-
sonders Buteo tachardus. In Afrika geht er südlich bis zum Kap,
und seine Nordgrenze ist das Mittelländische Meer; aber ungefähr
in Klein-Asien wendet sich diese Nordgrenze rechtwinklig, und
wird zur Westgrenze: längs des Westufers des Schwarzen Meeres
geht sein Brutbezirk nördlich bis Petersburg, von wo aus diese
Grenze wieder zur Nordgrenze wird; im Ural ist der Vogel bis
zum 53° n. Br. verfolgt, aber die eigentliche Nordgrenze noch nicht
bestimmt, auch nicht die östliche in Westsibirien. Die uralischen
Exemplare im Berliner Museum (2. Martini Hardy) sind von denen
des Kaflerlandes nicht zu unterscheiden: wenigstens habe ich beim
Vergleich nach Unterschieden vergeblich gesucht.
VI. Vorder-asiatische, westlich höchstens bis Griechenland oder
das Nilthal, — 15 Arten.
Im Gebirge
l. Haeophonus languidus (3). | 2. Jrania guttäralis (3).
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 345
'3. Irania albigularis (3). 5. Oypselus affinis (3).
4. *Sitta syriaca (3). |
Im Tieflande.
1. Zanius pallidirostris (1). 3. Vanellus leueurus (1, 2).
2. Caprimulgus isabellinus (1).
In beiden zugleich.
1. Circattos orientalis (?1, 3). 5. Agrobates familiarıs (1, 5).
2. Pastor roseus (2, 3). 6. *Budytes melanscephala (1, 2,
3. *Sawicola lugens (2, 3). 3).
4. — opistoleuca (2, 3). 7. Perdix griseogularis (2, 3).
Am westlichsten dringt von diesen Vögeln Dudytes melano-
cephala; in Sieilien vielleicht brütend, aber selten; die Angabe
Malherbe’s unbestimmt. In Griechenland auch noch selten, ausser
Morea, wo sie zahlreich ist (v. d. Mühle). Die Südosteuropa als
Brutvögel erreichenden drei Arten dieser Kategorie sind mit einem
Sternchen bezeichnet; sie bilden einen Uebergang zu der vorher-
gehenden, und ihnen würde sich vielleicht noch Pastor roseus
anreihen, dessen mir bekannte sichere Brutplätze übrigens blos bei
Smyrna anfangen, nicht westlicher. In Griechenland (v. d. Mühle)
wie bei Odessa (Nordmann) treiben sie sich herum, *wohl im Mai
und Juni, aber ohne zu brüten. Nach dem Verbreitungscentrum
und den ziemlich östlichen turkestanischen Brutplätzen , am Tschu
bei seinem Ausfluss in die Ebene, in den tjanschanischen Vorber-
sen, wäre dieser Vogel vielleicht gar zu den eigentlich central-
asiatischen zu rechnen, an die sich die eben aufgezählte Kategorie
überhaupt so anschliesst, dass die Bezeichnung einiger weniger
Vögel als west- oder centralasiatisch mir nieht ganz sicher ist: so
noch Sitta syriaca und Atraphornis nana (aralensis Eversm.), letztere
als centralasiatisch bezeichnet, aber nicht ganz sicher; das brüten
des im Sommer erworbenen Cire. orientalis auch blos vermuthet.
D. Die zahlreichste Vögelkategorie in Turkestan bilden:
VII. Eigentlich centraiasiatische, — 120 Arten.*)
Im Gebirge.
1. Gyps nivicola (3—4). | 6. Coecothraustes speculigerus (4).
2. — rutilans (3—4). | 7. Leucostiete Brandtü (5).
3. *Aquda orientalis (3). 8. Carduelis caniceps (3, 4).
4. Passer nemoricola (3 - 4). | 9. Oraegithus pusillus (3, 4).
5. Loxia himalayana (4). | 10. Carpodacus rubiella (4).
u.) Die etwas nördlich vom 50° in Sibirien vorkommenden durch ein
Sternchen bezeichnet.
16.
zu.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
21.
28.
29.
So.
öl.
32.
34.
1. Aqula bifasciata Gray (1). |
. Falco babylomieus (1).
. Astur cenchroides (1).
un
om tip wi
den
. Carpodaeus rhodoehlamys (3,
. Erythrospiza incarnata (4; 5?).
. Acanthis sp. (4). *)
. Podoces Panderi (1).
Dr. N. Severzow:
4).
— phoenicoptera (3).
— bella (3, 4).
Fimberiza caniceps (3).
. *Turdus atrogularıs (3, 4).
. * — ruficollis? (4).
— mystacinus (3, 4): |
|
* Rutieilla erythrogastra (5, 4).
* — erythronota (3, 4).
— coeruleocephala (4).
— semirufa (3, 4).
Melodes pectoralis (3, 4).
Sa.wicola strapazina Pall. (4).
Budytes citreoloides (3, 4).
Phyllopneuste obscura (3, &). 15
— tristis Gould (3, 4?).
TauseiolawGolzü Cab. (3).
Accentor atrogularis (3, 4). |
— fulvescens (3, 4; 5°). -
— montanellus (3, 4).
*— altaicus (4, 5).
| 35.
ı 36.
37.
| 38.
| 89,
40.
| 41.
| 42.
| 43.
44.
4.
46.
54.
| 55.
Parus flavipectus (5, 4).
Im Tie
OÖorvus subcorax (1—2).
Passer ammodendri (1).
. Erythrospiza obsoleta(1—2). |
. Uynehramus Cabanisi (1).
. Saxioola vittata (1, 2).
il
56.
10
Parus piceae (4).
— rufonuchalis (3, #).
— songarus (4).
Leptopoecle Sophiae (4).
Cinclus asiatieus (3, 4; 5?).
* — leucogaster (3, 4; 5?).
Otocorys petrophila (3).
— albigula (3, 45).
Hirundo alpestris (3).
Certhia himalayana (3, 4).
Picus montanus (3).
*Clolumba rupestris (3,
4).
— gelastes (3).
— pulchricollis (3, &) -
. Megaloperdix Nigellü (4, 5).
. Perdiv chukar (3).
. *Sturnia daurica (2?, 3,
4).
. Eudromias Geofroyi (5).
3. Ibidorhynchus Kaufmanni (3,
4, 5).
— Struthersi (5).
*Scolopaw hyemalis (3, 4,52).
Anser Skorniakovi (5).
flande.
. Pyrophthalma mystacea.
. Atraphornis nana (1; 2%).
. Salicaria macroptera (1,2).
— graceilis (1).
obsoleta (1).
tamariceti (1).
modesta (1).
— concolor (1).
. Parus bochariensis (1—2).
*) Es ist No. 92 des allgeıneinen Katalogs; von 4A. bella und A. can-
nabina im Betragen verschieden, viel beweglicher, unruhiger und scheuer;
am wahrscheinlichsten entweder die kaukasische Art A. Severzovi Bogda-
now oder die eentral-asiatische A. montanella Hume — und vielleicht fin-
sich im Tjan-Schan noch beide.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 347
‚19. Aegethalus rutilans (1). 27. Picus leptorhynchos (1—2).
20. — macronyz (1). 28. Streptopeleia intercedens (2).
21. — coronatus (2). 29. Oiconda myeteriorhyncha (2).
22. Calandritis leucophaea (1). || 30. Otis Macqueeni (1).
25. pispoletia (1 —2). 31. Eudromias caspius (l).
24. — longipennis (1). 32. *Anser cygnoides (2).
25. Melanocorypha bimaculata{2). | 35. Chroticocephalus vich-
26. Lanius isabellinus (1). ihyaetus (1).
In beiden zugleich.
1. Haliaötos leucorypha (1, 3)? | 16. Motacilla personata (1, 2, 3).
2. Agudla Glischü (1?, 5). 17. Salicaria sphenura (2, 3).
3. Buteo ferox (1, 2, 3). 18. — capistrata (1,2, 3).
4. Athene plumipes (1, 2; | 19. — microptera (2, 3).
Hu). 20. — pallida (2, 3).
5. Siurnus purpurascens (1,2,3). |"21. — seita (2, 3).
6. Euspiza veterica (1, 2, 3). 22. Galerida magna (1, 2, 3).
1. Emberiza Huttoni (2, 3). 23. Lanius phoenicuroides (1, 2,
3. Saxicola leucomela (1, 2, 3). 3).
9. — talas (2, 3). 24. Caprimulgus pallidus (1,2, 3).
10. — saltatrix (1, 2, 3). 25. Ouculus himalayanus (1,2, 3).
11. Pratincola Hemprichi (1,2,5). | 26. Columba fusca (1, 2, 3).
12. — indica (1, 2, 3, A). 27. *Syrrhaptes paradoxus (1,3).
13. Lusciola Hafizi (1, 2, 3). 28. Phasianus mongolicus (1,2,3).
14. Aericdiornis straminea (2,3, 4). | 29. Seolopax uniclava (1, 2,3).
15. Aegithalus atricapilus (1?, | 30. Larus cachinnans (1, 3).
2,3). 31. Anas rutila (1, 2, 3, 4, 5).
Von diesen 120 Arten verbreiten sich bis zum Ussuri und Ost-
China blos sieben; alle übrigen, obgleich zum Theil weit östlich
verbreitet, so in’s Quellgebiet des Amur, scheinen doch höchstens
am Ostrande Hochasiens auch ihre Ostgrenze zu finden: was eben
der centralen hochasiatischen Fauna ihre Eigenthümlichkeit giebt,
die durch südliehere, im Tjan-Schan noch nicht gefundene, Thibet
und dem Tarimgebiete eigenthümliche Arten noch erhöht wird.
Ausserdem haben manche Arten der vorhergehenden Kategorien in
Turkestan eigenthümliche centralasiatische Varietäten aufzuweisen,
nämlich folgende 20:
Im Gebirge.
Buteo tachardus orthurus (3). Turdus viscivorus Hodgsoni (3,4).
Corvus coram thabetanus (3,4,5). | Emberiza cia Stracheyi (3, 4).
Farus cyanus tianschanicus (3). | Anthus arboreus parvirostris (3,4).
Pr
345 Dr. N. Severzow:
Im Tieflande.
Ardea cinerea brag (1, 2). |
In beiden zugleich.
Ephialtes scops obsoletus (2, 3). | Anthus pratensis intermedius (1?,
Bubo mazimus turcomanus (1, 9).
2.0 | Motacilla alba dukhunensis (1,2,3).
Corvus corone (ad Ü. ewminatum | Cettia Cettil ß. pallens (2).
inter.) (1, 2, 3). y. albiventris (2, 3).
Pica caudata $. bactriana (1,2,3). | Salicaria le ostris eurhyncha
y. ammodendri (1). LI.’ Sn
Anthus campestris brachycentrus |, Phylloscopus Middendorfi hypo-
(2,20), | lainus (2, 3).
Alauda cantarella inconspieua (1, | Saxicola saltatrix squalida (1, 3).
2, D) Totanus glottis albicollis (1, 2, 5).
Auch der centralasiatische Hal. leucorypha, der nach Cabanis,
Journ. 1854, p.369, mit dem indischen Macei zusammenfällt (obgleich
von Gray noch in Handlist of B. getrennt), ist eine besondere nördlichere
Localrace, die sich durch bedeutendere Grösse und weniger lebhaf-
ten Farbenton unterscheidet: aber Zeichnung und plastische Kör-
perverhältnisse in allen Altern genau identisch, wie auch die Reihen-
folge der nach dem Alter verschiedenen Federkleider.
Beiläufig ist über diesen, von der unteren Wolga bis zum Alakul
und noch östlicher verbreiteten Adler zu bemerken, dass sein Som-
meraufenthalt sieh seit 1850 stetig nach NW. verbreitet. Im Jahre
1857 sah ich ihn sehr einzeln am Ilek, wo ihn die Kosaken noch
nicht kannten; im Jahre 1860 war seine Nordgrenze am Ural der
48° Breite; im folgenden Jahre erschien er zahlreich bei Uralsk,
51° N.; im Jahre 1866 zuerst am Flusse Samara bei Busuleck,
52"/,° N. und über 200 Werst (circa 30 Meilen) nordwestlich von
Uralsk, schon nicht weit von der mittleren Wolga; zu derselben
Zeit sah ich zuerst an demselben Platze auch Ag. orientalis, der
aber nicht nach NW., sondern gerade nach Norden vorrückt.
Lanius isabellinus, bisher aus Nubien und besonders Arabien
bekannt, hat doch sein Verbreitungscentrum in Central-Asien, wo
er gewiss den 44.°, wahrscheinlich aber den 46. nach Norden über-
schreitet, und südöstlich vom turkestanischen Gebiet bei Yarkend
und in der indischen Wüste vorkommt; ZL. arenarius Blyth, von da
her, ist synonym mit ösabellinus. Hinsichtlich der Phyllopn. tristis
ist zu bemerken, dass ich sie blos auf dem Zuge sammelte, aber
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 349
dass auch der Tjan-Schan gerade in der Mitte seines Brutbezirks
ist, zwischen Sibirien und Ladak.
E. Sehr wenig zahlreich im Turkestan sind:
VIII. Südasiatische, — 4 Arten.
Im Gebirge.
1. Myiophoneus Temminckü (3). | 2. Terpsiphone paradlsi (3).
Im Tieflande.
1. Zanius erythronotus (1, 2).
In beiden zugleich.
1. Alcedo bengalensis (2, 3; 4°).
Beide Bergvögel verbreiten sich aus ihrem indischen Centrum
nordwestlich, bis Turkestan, und südöstlich, nach Hinterindien, Ma-
lakka, Sumatra und Java: aber nicht nordöstlich, nach China und
dem Amurgebiet. Die Verbreitungsbezirke der beiden übrigen sind
dagegen auf der Karte als nach Norden unvollständige Ringzonen
zu bezeichnen, die das centrale Hochland Asiens von S. aus nach NO.
und NW. umgehen: so namentlich Alcedo bengalensis, nordöstlich
bis zum untern Amur, Danius erythronotus geht auch nach China,
doch weniger nördlich, als in Turkestan; der chinesischen, kaum
zu unterscheidenden Varietät haben die englischen Ornithologen
den alten Namen Z. schach Gmel. gelassen, während ZL. erythrono-
tus die westlichere, indische Form ist, etwas kleiner und oben
röther. In Turkestan habe ich solche Unterschiede in grösseren
Suiten als rein individuell gefunden, namentlich was Farbe betrifft;
die Grösse der Vögel etwas bedeutender als in Indien. Ausserdem
gehört der turkestanische Hausspatz auch meist zur kleineren in-
dischen Varietät (Passer indieus), jedoch in Farbe mit vielen Ueber-
gängen zum typisch europäischen ?. domesticus, der deshalb auch
hier in der Kategorie der europäisch-westsibirischen Vögel Turke-
stans aufgezählt wird.
Ueberhaupt verbreiten sich die nicht ausschliesslich central-
asiatischen Vögel Turkestans mehr nach Westen, als nach Osten.
Nach obigen Verzeichnissen haben wir:
Allgemein paläarktische 72 Arten, während 115 streng inner-
asiatische sind, davon 113 centralasiatische und 2 auch sibirisch ;
von den übrigen 148—151 Arten verbreiten sich 128 nach W.,
NW. und SW., und bios 20—23 Arten nach O. NO. und SO.
Hinsichtlich der Verbreitung der Vögel von N. nach S. sind die
südlicheren paläarktischen (198 Arten) etwas, aber nicht viel zahl-
reicher als die nördlichen (140). Den arktischen Kreis über-
350 Dr. N. Severzow:
schreiten oder erreichen 32 turkestanische Arten;*) noch weniger,
blos 2, finden wir soleher tropischer, die ausser Turkestan weder
östlicher, noch westlicher so weit nach Norden gehen; es sind
Mıyiophoneus Temmincküi und Terpsiphone paradisi. Die übrigen 6 tro-
pischen Vögel Turkestans verbreiten sich auch in Europa oder Ost-
asien weit nach N. in das paläarktische Gebiet; es sind *Oriolus
galbula, Lanius erythronotus, Merops apiaster, Mer. supereiliosus,
*(oracias garrula, *Alcedo bengalensis.
Von diesen sind wir allerdings gewohnt, den Pirol und die Blau-
rake als gemeine mitteleuropäische Vögel zu kennen: aber
sie sind blos einzelne nördliche Ausläufer echt tropischer Familien,
und ihrer Gesammtverbreitung nach sind diese europäischen Vögel
eben so tropisch, wie die am Amur nicht weniger nördlieh brüten-
den Oriolus chinensis, Kurystomus orientalis, Zosterops erythropleurus
u: BR;
Ueberhaupt wird der Leser bemerkt haben, dass ich viele,
überall als europäisch angenommene Vögel ohne Umstände in an-
dere Verbreitungskategorien versetze: aber es geschieht aus dem
Grunde, dass die europäische Fauna, namentlich Ornis, wie sie all-
gemein behandelt war, weiter nichts ist, als ein ganz unwissen-
schaftlieher Gegensatz zur exotischen. Diese Behand-
lungsweise hat wohl ihre ceulturhistorische Gewohnheitsbegründung
— die aber mit der wissenschaftlich behandelten zoologischen Geo-
graphie auch gar nichts gemeinschaftlich hat. Im Gegentheil;
dieser Gegensatz von europäisch und exotisch ist eben das grösste
Hinderniss zur klaren wissenschaftlichen Auffassung der zoogeo-
graphischen Verhältnisse des paläarktischen Gebiets.
Erstens entsteht dadurch eine Verwirrung mit dem nearkti-
schen, indem die einmal verflogenen amerikanischen, ja sogar tro-
pische und antarktische Seevögel (wie Fregatte und Albatros)
triumphirend in die europäische Ornis eingetragen werden. Dann
aber, und besonders, ist bei dieser Einbürgerung verflogener Vögel
(das Verhältniss der europäischen Ornis zur übrigen paläarktischen
ein nicht zu entwirrendes Chaos.
Und noch mehr: diesem letzteın Uebelstande hilft nicht einmal
die Beschränkung der gesammteuropäischen Ornis auf die europäl-
schen Brutvögel ab; denn in der Natur ist überhaupt gar keine ge-
sammteuropäische Ornis vorhanden. In den allgemein aner-
*) Davon ungefähr die Hälfte im Tjan-Schan am weitesten nach 8.
verbreitet; so Picus tridactylus, Tetrao urogallus, T. Tetrix ete,
m
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 351
kannten Grenzen Europa’s befinden sich blos grössere oder kleinere
Fragmente von vollen fünf verschiedenen zoogeogra-
phischen Provinzen des paläarktischen Gebiets; und die Zusammen-
fügung dieser Fragmente zu einem unnatürlichen Ganzen bildet
eben die gesammteuropäische Ornis*), auch wenn sie auf Brut-
vögel beschränkt wird.
Die zoologischen Provinzen des paläarktischen Gebiets, die in
Europa zusammenstossen, sind folgende: 1) die Polartundra, mit
ihrem kleineren eiunhen Theil; 2) die europäisch-westsibirische,
nördliche Waldzone, ebenso, aber in Europa mehr als die vorige
ausgedehnt; 3) die Suderapärch. nordafrikanische, die sich in Mit-
teleuropa mit der vorigen, beiderseits durch allmählige Abstufungen
verbindet; 4) die vorderasiatische - über den Hellespont und Bos-
porus auf den südöstlichen Theil der balkanischen Halbinsel
übergehend; 5) ebenso die centralasiatische, am kaspischen Meere,
unteren Uralfluss und Wolga in’s südöstliche europäische Russiand
eingreifend.
Die blosse Aufzählung dieser wirklich natürlichen, durch Ver-
breitungscentren und Verbreitungsgrenzen der Thierarten selbst be-
stimmten zoogeographischen Provinzen beweist schon, dass eine
gesammteuropäische Ornis, auch mit Beschränkung auf Brutvögel,
nichts Anderes ist und sein kann, als ein unnatürliches Trennen
geographisch zusammengehöriger, und eben so unnatürliches Zu-
sammenwerfen geographisch getrennter Arten.
Anders ist es mit dem gesammten paläarktischen Gebiete, des-
sen schrotfste Gegensätze, 2. B. Spanien und Kamtschatka, sich all-
seitig, durch die allmähligsten Uebergänge, zu einem harmonisch
gegliederten, einheitlichen, natürlichen Ganzen vereinigen. Und zum
klaren Verständniss dieses Ganzen ist das zoologische Studium sei-
ner Centraltheile, also Innerasiens, ganz unentbehrlich, was dieser
Fauna eine besondere Wichtigkeit für die allgemeine zoologische
Geographie verleiht.
*) Aus eben diesen Gründen ist der von mir Anfangs gebrauchte
Name einer turkestanischen Fauna kein guter, und besser durch den Na-
men einer aralo-tianschanischen Fauna zu ersetzen. Freilich hat
der turkestanische Militärbezirk auch administrativ nach N. und NW. eine
natürliche zoologische Grenze, wie oben erläutert — aber es ist eben Zu-
fall und nach S. weicht schon die politische Begrenzung von der zoologi-
schen ab. Am best n ist es, in der zoologischen Geographie die administra-
tiven, 'politischen und eulturhistorischen Begrenzungen gänzlich zu ignori-
ren -— denn sie bringen blos Verwirrung.
Dr. N. Severzow
352
hen
1SS ZWISC
Interessant ist unter Anderem auch das Verhältn
horizontaler und vertikaler Verbreitung der centralasiatischen Vö-
gel, welches, nach den eben gegebenen Verzeichnissen, sich am
übersiehtlichsten in einer kleinen Zahlentabelle darstellen lässt.
Artenzahl.
Im Tieflande.
# Nördlich paläark- | |
Gseh= 2,
2: Südlich paläark-
Il
ll
|
tisch (und 1 kos-|
mopolitisch)
«|
I
3. Sibirisch .. . .|
4. were
sibirisch
Mittelmeer-
becken . .
6. Vorderasindach
7. Centralasiatisch .
8. Indisch © 7 ;
|
|
10°%/, (20% 1)
2= 13= 219, (31%)
3= 21.2501) 4 4,39,(330),)
3 7,6(6)| 1= 1,19 BO)!
17=14,4%,(33%0) |
II
= 10% (17%)
17=14,4%(27%)| 22= 24%), (35%)
5= 4,2%, (83%)| 3= 3,3%,(20%) |
56— 469), (46%) |
— 1,79, (50% )| 1= 1,1% (25%)
33 369,(28%,)
| [
| In beiden zu- | Im ganzen Ge-
gleich. | biet.
= ne
| 31=23,7%,(49%),) \ 61=18,19,(100%)
N
Ii
| 3= 2,4,(23%)| 12= 3,9%(100%)
26 = 20,40),(50%,) ! 52=15,4°/,(100%)
|
22= 18% (38%) 01== 18,4% (100%)
| 7= 5,6%(47%,)| 15= 4,5%(100%)
31= 4Y,(26%) 120— 35% (100%)
— 0,8%(25%)| 4= 1,2%, (100%)
Im Ganzen 120 1009, 8 91—= 10), BE IE 10007 1, (37%) '337=100% (100%)
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 353
Die doppelte Procentrechnung dieser Tabelle ist wohl leicht
begreiflich; also nur ein Beispiel: die nördlich paläarktischen Ge-
birgsvögel sind 10 Procent der gesammten Gebirgsvögel des Lan-
des, aber 20 Procent aller dort überhaupt vorkommenden nördlich
paläarktischen u. s. w.
Diese Tabelle zeigt, dass jede der verschiedenen Kategorien
der Verbreitung auf der Erdoberfläche auch eine eigenthümliche
verticale Verbreitung hat, und zwar so, dass im Allgemeinen die
ausgedehnteste horizontale Verbreitung einer eben so bedeutenden
verticalen entspricht; aber für einzelne Arten ist dieser bekannte
Satz eben kein nothwendiges Naturgesetz. Die am Tjan-Shan
‚wie am Altai am weitesten, nämlich in allen Höhenzonen, vertical
verbreitete Art, Anas (Vuipanser) rutila, hat eine ziemlich mässige
horizontale Verbreitung, da sie nicht allgemein paläarktisch, son-
dern rein centralasiatisch ist; auch zeigen schon die Procentzahlen
und mehr noch die Verzeichnisse, dass nicht wenige allgemein pa-
läarktische Arten eine sehr beschränkte verticale Verbreitung haben.
Ganz entsprechend der orographischen Bildung Central-Asiens, das
im Innern auch Hoch-Asien ist, ist die überwiegende Mehrzahl der
Gebirgsvögel, besonders unter den eigentlich centralasiatischen Ar-
ten. Unter diesen Gebirgsvögeln zeigen die Verzeichnisse, wie in
den Alpen, auch Vögel des arktischen Tieflandes, so Surnia, Nuer-
fraga, Tetrao; aber weit überwiegend, auch in der obersten Alpen-
zone, sind eigentlich südliche Alpenvögel: Fregilus, Accentor , Car-
podacus, Erythrospiza incarmata, Megaloperdix, Leucosticte Brandiü
(südliche Alpeniorm einer sonst arktischen Sippe), die europäische
Fringila nialis u. Ss. w. Denn letztere, trotz ihrer Vorliebe für
die Nachbarschaft des ewigen Schnees, ist doch südlich, am nörd-
lichsten wohl im Altai; in den niedrigen arktischen Gebirgen wird
sie durch die Pleetrophanes ersetzt, und Gloger’s Angabe dieses Vo-
sels in Norwegen wird durch keinen skandinavischen Ornithologen
bestätigt.
Ausser einer kühlen Temperatur scheint auch ein geringer
Luftdruck diesen echten Alpenvögeln zu behagen; denn man fin-
det sie blos da, wo die Linie des ewigen Schnees über 7 — 8000’
steigt; nördlicher, bei niedrigerer Schneelinie, kommen sie nicht
vor. Ja, Leucosticte Brandtü zeigt sich erst bei einer Schneelinie
von 10,500° im nördlichen Tjan-Shan, steigt aber im südlichen
bis 15—14,000° und in Thibet noch höher, während der thibeta-
nische Schneefink, Montifringilla Adamsi, sogar den Tjan-Shan,
Cab. Journ f. Omith. XXI. Jahrg. No. 124. October 1973. 25
354 Dr. N. Severzow:
als für ihn zu niedrig beschneit, seinem europäischen Gattungs-
verwandten überlässt.
Zum Schlusse dieser Betrachtungen über die Zusammensetzung
der aralo-tianschanischeu Ornis wird es nicht ohne Interesse für die
Ornithologen sein, wenn ich einen kleinen Anhang über die Beziehun-
gen der Ornis des Tarimgebiets und des dieses südlich begrenzenden
Kün-lün, so weit sie von Henderson untersucht wurde*), zu der
uns jetzt beschäftigenden gebe. Zu diesem Zwecke theile ich diese
yarkendischen Vögel des Henderson und Hume’schen Verzeichnisses
in dieselben drei Kategorien verticaler Verbreitung, wie die schon
aufgezählten aralo-tianschanischen, nur dass das Tiefland von Yar-
kend auf dem Wege Henderson’s noch in einer Höhe von 4—6000
Fuss liegt, wie die mittleren Hochebenen im Tjan-Shan (wo aber
auch Hochebenen von 10—12,000 Fuss noch weit ausgedehnter
sind, als diese mittleren), und bezeichne mit einem Sternchen die
auch nördlicher, in Turkestan brütenden, und mit zwei Sternchen
die als Brutvögel blos nach Süden sieh verbreitenden, nach Thibet
und Indien.
Vögel’von Yarkend.
Im Gebirge.
. *Gypaötos barbatus, n, V. | 14. *Pica bactriana, n, VW.
. Faleo Hendersont, An vu. |ıö. *Fregilus graculus, n, V.
. *Cotyle rupestris, n, V a 16. Podoces humilis, n, VI.
. *Petrocichla saxatılis, 1, | 17. *Carpodacus rubieilla, n, VI.
|
|
Id Eu u SZ SE
. *Pratincola indica (r Br 18. Acanthis montanellus? Hume,
Hume), n, VI. R. (n?), Vu.
6b. *Ruticilla semirufa (erythro- | 19. **Syrrhaptes tibetanus, n, VI.
procta), n, VI. 20. *Megaloperdix Nigellii (hi-
7. * — erythrogastra, n, VD. | malayensis), n, VI.
8. *Oyanecula suecica, n, IV. | 21. **— tibetanus, n, VI.
9, *Phyliopneuste tristis, n, VI. | 22. Perdix pallida (chukar var.?),
10. *#* — virddanus, n, VII. | n, VD.
11. **Motaecilla luzoniensis, n, VI.
23. *Eudromias (eoffroyi (mon-
|
|
(östl.). golicus Hume), n, VI.
12. *Parus cyanus, n, I. 24. *Gallinula pygmaea, n, IV.
13. Accentor strophiatus, n, VI. | 25. *Anas rutia, n, VI.
Im Tieflande.
l. *Falco subbuteo, n, 1. 3. *Haliaötos leucorypha, n? (8),
2. *Cerchneis tinnunculus, n, 1. | * vn.
*) From Lahore to Yarkand.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 355
4. *Hirundo domestica (rustica), | 17. *Turtur auritus, n, IV.
n, I. 18. *Oriygion coturniz, n, IV.
5. *Coracias garrula, n, V. 19. Charadrius fulvus, t (n?), II.
6. Lantus cristatus (L. phoeni- | 20. *Vanellus cristatus, n, 1.
curd var.?), n, VI. 21. *Strepsias interpres, t, 1.
7. ##Oriolus kundoo, n, VII. | 22. *Machetes pugnaz, n, 1.
8. Suya albosuperciliaris, n,VN. | 23. *Pelidna. subarquata, t, 1.
9. "Sylvia eurruca, u, \. | 24 ® — Temminckis, t, 1.
10. *Motacilla personaia, n, VI. | 25. *Toianus ochropus, u, 1.
11. *Anthus arboreus, n, IV. . * — glottis, n, 1.
12. #* Corvus intermedius, n, VI. | 27. **Melanopelargus episcopus,
D)
[Sp
(VII. 2). n, VII.
13. Podoces Hendersoni, n, VI. | 28. *Sterna fluviatilis (hirundo),
14. *Sturnus vulgaris, n, IV. | Dal.
15. *Passer montanus, n, 1. 29. # — menuta, n, V.
‚16. *Galerida magna, n, VI.
In beiden zugleich.
1. **Milvus govinda, n, VI. 4, ** Saacola Hendersont, n, Vll.
2. *Upupa epops, n, \. 5., "Corvus corax tbetanus, n,1.
3. #*Sacrlcola atrogularis, n, VII.
Also überhaupt:
1. Paläarktisch . . 13 Arten V. Mittelmeerbecken 9 Arten
Me Siriseh.n .. 2.20, v1. Vorderasiatisch. 9 „
IV. Europäisch- west- VII. Centralasiatisch . 24 ,„
SIDmssche.. =... 04, MI Indischn.. era onı
Ausser den Brutvögeln sind in dieses Verzeichniss auch die
Zugvögel aufgenommen, und erstere mit einem n, letztere mit
einem t hinter dem Namen bezeichnet; letztere fehlen in meinem
vorhergehenden Verzeichniss, als für eine locale Ornis untergeord-
net charakteristisch: denn zur Zugzeit vermischen sich Vögelfau-
nen, die zur Brutzeit scharf gesondert sind. Aber unter den Yar-
kendischen Zugvögeln sind auch die durch Tarkestan blos durch-
ziehenden ebenfalls mit ihren Sternchen bezeichnet; solcher, die
auch in Turkestau nirgends (soweit bekannt) brüten, sind blos 2,
Strepsilas interpres und Pelidna subarguata. Charadrius fulvus mag noch
auf den östlicheren, feuchten und an Quellsüämpfen reichen Hoch-
ebenen des Tjan-Shans brüten; denn bei Yarkend wurde diese Art
22.—28. August im vollen Hochzeitskleide zahlreich erbeutet, was
auf einen nieht polaren, sondern viel näheren Brutbezirk weist,
da ich Charadrius pluvialis in Turkestan weit nördlicher nicht vor
23”
356 Dr. N. Severzow:
Ende September beobachtete. Peidna Temmincki vermuthet Hen-
derson ein varkender Brutvogel zu sein; aber die von ihm dort
erbeuteten kamen wohl von den tianschanischen Hochebenen, wo
mein Gehülfe im Sammeln, Herr Skorniakow, diese Art am Tscha-
tyrkul brütend fand und erbeutete.
Was die Brutvögel anlangt, so sind sie auch im Yarkendischen
Verzeichniss, zum bessern Vergleich, mit den römischen Ziffern der
für Turkestan angenommenen Verbreitungskategorien bezeichnet*);
*) Hinsichtlich dieser Verbreitungskategorien beiläufig ein wissen-
schaftliches Sündenbekenntniss, nämlich dass von mir früher, in einem kur-
zen vorläufigen Bericht über die allgemeinen Resultate meiner zoogeogra-
phischen Untersuchungen in ÜUentral-Asien, in dieser Hinsicht etwas ganz
Unrichtiges zum Druck kam, was leider ganz wortgetreu auch deutsch
übersetzt wurde: „Als zoogeographisches Centrum hat indess diese fünfte
Zone (das centralasiatische Bergland) fast gar keine, ihr eigenthümliche
Arten; ibr zoologischer Charakter ist vielmehr eine Mischung dreier Fan-
nen, die unter sich sehr verschieden sind, so namentlich die des Himalaya
von den beiden anderen (der sibirischen und des Mittelmeerbeckens).“ — In
dieser Phrase erscheint das rechte zoogeographische Chaos, das ich sonst
aufzuklären strebe, und zwar deshalb, weil ich, durch Reisen am Studium
der wissenschaftlichen Literatur verhindert, damals die von mir nicht beob-
achteten Theile der paläarktischen Fauna sehr mangelhaft kannte; richtiger
wäre dies etwa so gesagt, dass die centralasiatische zoologische Provinz,
als eine continentale, sich von den benachbarten nicht scharf abgrenzen
lässt, und dabei von ihrer Peripherie aus untersucht wurde, so dass man
die meisten eigentlich centralasiatischen Charakterspeeies zuerst in diesen
Grenzgebieten entdeekte. Die Mischung dreier Faunen war aber eine blos
vermeintliche, eben weil ich damals die Centraltheile der continentalen
zoologischen Provinzen nicht recht von ihren peripherischen zu unterschei-
den wusste, wo sie in einander übergehen; es war die in der zoologischen
Geographie bis jetzt leider überhaupt so gewöhnliche Verwechselung der
subjectiven (so zu sagen) Forsehungscentren der Zoologen mit wirk-
lichen, objeetiven Verbreitungscentren der Thiere. So war die sibi-
rische Fauna nach Südsibirien aufgefasst, eben einem Forschungscentrum
seit Pallas, von wo aber sich sehr wenige Vögel (oder audere Thiere)
nach Central-Asien verbreiten, während dort umgekehrt sehr viele eigent-
lich centralasiatische ihre (für jede Art besondere) nördliche, sibirische
Grenze finden; und ebenso im Himalaya — auch einem Forschungscen-
trum, wo gerade Verbreitungsgrenzen der 'I'hiere zusammenstossen,
und zwar aus fünf Faunen: der centralasiatischen, vorderasiatischen (im
Pendschab), vorderindischen, hinterindischen und südchinesischen. Was
endlich das Mittelmeerbeceken anlangt, so rechnete ich damals zu ihm zoo-
logisch unrichtig das vorderasiatische Faunengebiet, blos deshalb, weil es
die Ostküste des Mittelmeeres bildet, ohne die nicht unbedeutenden zoolo-
gischen Unterschiede dieser Ostküste von den übrigen zu erwägen. Blos
durch diese Anhäufung falscher Begriffe über unbereiste Faunengebiete
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 357
‘auch sind die von Hume abweichenden Namen meines Verzeich-
nisses für einige Turkestan und Yarkend gemeinschaftliche Arten
behalten, und die Benennungen Hume’s als Synonyme hinzugefügt.
Die Vertheilung der Vögel zwischen Gebirge und Tiefland ist nach
Hume’s Verzeichniss, 1. c. Seite ...; aber im weiteren Texte sind
Beobachtungen Henderson’s erwähnt, nach welchen die dem Ge-
birge und Tiefland gemeinschaftlichen Arten zahlreicher erscheinen,
als in diesem Verzeichniss: da letzteres fast ausschliesslich nach
den Fundörtern der gesammelten Exemplare gemacht wurde.
Hinzuzufügen diesen gemeinschaftlichen Arten sind: ZLanius crisia-
tus (Tiefl.), ** Motacilla luzoniensis (Geb.), "Motacilla personata (Tiefl.),
== Ogpyus intermedius (Tiefl., aber auch Thibet), *Pica bactriana
(Gebirge, untere Vorberge); also 5 Arten. Dann bleiben dem Ge-
birge eigenthümlich 23, dem Tieflande 25, beiden gemeinschaftlich
10; ein viel wahrscheinlicheres Verhältniss, als 25, 29 und 5, und
doch noch vom zufälligen Umstande bedingt, dass die kürzeste
Wesstrecke, die kürzeste Sammelzeit für Henderson gerade in den
Vorbergen war, in der Höhenzone, wo die dem Gebirge und Tief-
lande gemeinschaftlichen Arten zunächst zu finden sind. Das von
ihm mehr, weil länger untersuchte Tiefland entspricht in grösseren
Höhen der turkestanischen Culturzone (2), bei Yarkend stark mit
Wüsten unterbrochen; in den Gebirgen aber war der grösste Theil
seines Weges in der höchsten Alpenzone (5), — diese zwei Höhen-
zonen, die für Turkestan gleich charakterisirt werden, haben auch
dort (wie in allen Alpengegenden) sehr wenig gemeinschaftliche
Thierformen.
Die vergleichende ornithologische Charakteristik von Yarkend
und Turkestan lässt sich in folgender Zahlentabelle der yarkendi-
schen Arten ausdrücken:
in ein paar Zeilen konnte ich zu einer so grundialschen Vorstellung auch der
bereisten kommen. Es war übrigens vor der wissenschaftlichen Bearbeitung
meines zoologischen Materials, während einer kurzen Anwesenheit in Pe-
tersburg zwischen zwei centralasiatischen Reisen; da gab ich der Peters-
burger geographischen Gesellschaft eine kurze Notiz über die zoologische
Geographie Central-Asiens; eine Notiz, die ich im Uebrigen bis jetzt für
richtig erkenne, so lange nämlich in ihr die dortige Fauna für sich allein,
nach eigenen Beobachtungen behandelt wird, ohne Vergleich mit anderen.
Diese Notiz (den speciellen Ornithologen bis zur jetzigen Berichtigung
wohl unbekannt) erschien im Jahresbericht der kaiserl. russ. Geograph.
Gesellschaft für 1866; deutsch übersetzt von Dr. Marthe, iu der Zeitschrift
der Berliner Gesellschaft für Erdkunde, 1863, Seite 445.
*
=
Dr. N. Severzow
358
In beiden zu- | Im ganzen Ge-
gleich.
Mit Turkestan gemein- |
‚Q1
10% Su
Südliebe Arten . . .| 4 15% — — ga, — —ı 4 40% — -| 10
Blos yarkendisch. . .| 5 14%, — 2 9, — -ı 2 200,
In dieser Tabelle sind die eben arälinten 5 Arten, Lanius eristatus u. s. w., als dem Gebirge und Tief-
lande gemeinschaftlich gezählt.
Das Procent der mit Turkestan Seruäinanishilahen Vögel ist ein sehr bedeutendes, und dürfte sich bei
geBeren Untersuchungen noch vermehren, besonders bei der Untersuchung der zoologisch noch unbekannten
jegend um Kaschgor, zwischen Yarkend und Turkestan; aber schon Henderson’s Material hat, ausser den
sicher gemeinschaftlichen, noch Arten, die wohl in beiden Gegenden vorkommen, und blos verschieden bestimmt
sind, da für den Tjan-Shan zunächst der Vergleich mit europäischen, kirgisischen und sibirischen Formen vor-
lag, für Yarkend aber mit indischen. So mag die turkestanische (auch ostsibirische) schwarze Krähe, bei mir
la
| Pr |
I 1
(1
schaftlich (*) . - .| 15 —= 66°, von 23) 21 = 31°, von 26 4 = 40%, von | — 685%, von 59
Südliche Arten (*). .| 4= 17% — — | 2 83, — —| 4= 40% — — 0-1 — -
Blos im Yarkendischen | | | |
(und östlicher) gefun- |
dien ..... 4-1 -— 3 = 1% — | 2=20% — — 9a Z—
Brutvögel: 54 Arten, | N |
100%, | | |
Mit Turkestan gemein- | | | |
schaftich . . . | 15 08%, von : 18 82%, von 22] 4 == 40°, von 10) 37 69°, von 54
13%, — =
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 359
noch Corvus corone genannt, vielleicht eher mit dem indisch-yarken-
‚dischen Corvus intermedius Adams (Corvus culminatus var. Hume)
stimmen; diese turkestanische Krähe ist etwas grösser, rund-
schwänziger und starkschnäbliger als die europäische.
Auch Acanthis montanellus ist von Hume geradezu Acanthis
brevirostris genannt, wie die turkestanische Art; montanellus ist ein
vorgeschlagener Reservename, falls der Vogel sich verschieden
zeigt, da Hume den echten brevirostris uicht aus eigener Anschauung
kannte. Letzterer ist ein nordischer Vogel, dessen Zug ich in der
Kirgisensteppe beobachtete; in Turkestan Wintervogel, und blos
im Tieilande, besonders im Saxaulgebüsch. Das Vorkommen,
d. i. die Jahreszeit des Einsammelns von Acanthis montanellus bei
Yarkend ist nicht angegeben; aber im Gebirge — daher möglich
ein südlicher Alpenvogel, wohl gar im Tjan-Shan brütend. Turkestani-
sche Wintervögel habe ich mit Hume’s genauer Beschreibung und
Abbildung verglichen, in der Flügellänge keine, dafür andere und
zahlreiche, obgleich nicht sehr grosse Unterschiede gefunden, deren
Beständigkeit aber noch zu ermitteln ist. Sind sie beständig, und
ist Hume’s yarkendischer Acanthis brevirostris ein Brutvogel der
südlicheren centralasiatischen Gebirge — so kann ihm schon der
von mir vorläufig angenommene Reservename Acanthis montanellus
zum endgültigen werden. (Henders. u. Hume, ]. cit., p. ..., tab. ..).
Auch bin ich nicht sicher; Exemplare der Saxicola atrogularis nicht
als Saxicola salina Eversm. (gutiuralis Licht.) bestimmt zu haben,
und Motacilla lucionensis als Motacilla alba, var. dukhunensis, Gould;
denn sowohl genannte Steinschmätzer als auch die zwei Bachstel-
zen sind einander so täuschend ähnlich, dass ihr speciäscher Un-
terschied mir noch unsicher bleibt*) und bleiben wird bis zur Ver-
gleichung der Exemplare, die mir jetzt nicht vorliegen; ausserdem
wären noch die von mir eingesammelten turkestanischen Pirole
wieder nachzusehen, denn ich kannte noch nicht den indischen
Oriolus kundoo, als ich sie alle für Oriolus galbula bestimmte...”*)
*) Soeben habe ich in einer indischen Sendung an das Berliner
Museum die echteste Saxzcola salina gesehen, 9, mit dem turkestanischen
ganz identisch, als Sawzcola atrogularis bestimmt.
*=#) Dagegen vereinigt Hume Pratincola indica mit P, rubicola, was
mir unrichtig scheint, denn die Unbeständigkeit der diagnostischen Kenn-
zeichen, die er anführt (l. eit p. ...), scheint mir von einer unstatthaften
Wahl dieser Kennzeichen abzuhängen: reine Schwärze (öndica) oder Bunt-
heit (rubicola) des Rückens. Das fand ich auch selbst veränderlich, und
glaubte nicht an £. indica, bis mir Dr. Cabanis die wahren Kenuseichen
360 Dr. N. Severzow:
So wären wahrscheinlich noch 4—5 Arten beiden Faunen ge-
meinschaftlich, im Ganzen also 45—46 von 59, oder bis 73°/,; von
Brutvögeln (zuverlässig brütenden) 45 aus 54, oder 83%,. Noch
ist aber zu berücksichtigen, dass von den 9 in Turkestan wahr-
scheinlich wirklich fehlenden yarkendischen Arten volle 6, also ?/s,
ihre turkestanischen vicarirenden Formen haben, so dass sich der
Hauptunterschied beider Faunen auf die drei folgenden Arten
beschränkt, für welche es noch nicht gleichmässig ist.
Am abweichendsten von der aralo-tianschanischen Ornis, näm-
lich generisch, ist Suya albosupereiliaris, ein dem Lande eigenthüm-
licher, also echt centralasiatischer, jedoch einem indischen Genus
gehöriger Vogel.
Dann sind zwei centralasiatische (renera im Yarkendischen
stärker vertreten, je durch zwei Arten, bei allgemein viel ärme-
lehrte, die ich dann an indischen, turkestanischen, uralischen und sibiri-
schen Exemplareu von Pratincola indica stichhaltig fand, auch im Herbst-
kleide, wenn die breiten fahlen Federränder nicht einmal die geringste
Spur schwarzer Farbe am Rücken durchblickeu lassen, — Diese festen
Kennzeichen sind Zeichnungsunterschiede, durch histologische Structurver-
schiedenheiten der Federn am Oberkörper bedingt:
Pratincola indica: f'. Dorso Pratincola rubicola: A.
maculis centralibus nigris extus rotun- | Dorso maculis scapalibus nigro-fuseis,
datis, marginibus plumarum autumno | elongatis, autumno aliquot dilutius
late fulvescentibus, zestate deciduis; | fusco marginatis; aestate, si margi-
aestate dorso nigro, plumis latis, ro- | nes detriti, plumis dorsalibus angustis,
tundatis, mucronatis; uropygio ean- || acuminatis ut Sturno; uropygium al-
dido, anieibus autumno rufis, aestate | bum, apieibus autumno rufis, maeulis
deeiduis, maculis scapalibus nullis. | scapalibus elongatis nigris. Frem. uro-
Fem. uropygio rufo | pygio etiam maculato.
Die geographische Verbreitung beider Formen (man möge sie für Ar-
ten oder Abarten ansehen) ist auch gegen ihre Vereinigung. Denn in
Russland, zwischen Dniepr und Wolga, ist ein cirea 150 Meilen breiter
Strich, wo keine beider Formen brütet. Westlich ist Sazicola rubicola,
deren Grenze in Deutschland aber so ziemlich nach Osten die Elbe ist
(Borggreve), dann eine Nordgrenze von der oberen Elbe zum untern Dniepr.
Oestlich Pratincola indica, deren Nordgrenze von den Flüssen Usen (50°
N.) rasch zum südlichen Uralgebirge steigt, uud dann am Östabhange des
Gebirges bis zum 58%; in Sibirien, vom Irtysch an, wieder südlicher. Am
Uralfluss hat Sazicola indica auch eine Südgrenze mit Pratincola
Hemprichi, ungefähr beim 47° N.; aber diese Südgrenze wird östlicher
zur Westgrenze, natürlich mit einer Grenzzone, wo beide vorkommen.
Pratineola Hemprichi scheint sich geographisch zwischen Pratincola rubi-
cola, P. indica, und der südatrikanischen P. pastor einzuschieben, und sie
zu trennen,
.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 361
rer Ornis; in Turkestan je durch eine, so dass auch 2 yarkendi-
sche Vögel, Podoces humilis und Megaloperdie tibetanus, soweit
bekannt in Turkestan durch keine vicarirende Formen ersetzt
sind, während Podoces Henderson: mit P. Panderi vicariirt, und Me-
galoperdix Nigellü beiden Gebieten gemeinschaftlich ist. Aber hier
sage ich absichtlich: so weit bekannt, denn im Tjan-Shan giebt es
noch weite Strecken, die theils noch weniger untersucht sind, als
das yarkendische Gebiet durch Henderson, theils aber von wissen-
schaftlicher Forschung sogar unberührt. Podoces humilis kann
noch am Fusse des Tjan-Shan sich finden, etwa bei Hami, Barkül,
Turfan, Urumtsi und gar westlicher; ebenda P. Hendersoni und
Megaloperdix tibetanus, wie auch Syrrhaptes tibetanus auf den süd-
‚lichen Hochebenen des Tjan-Shan, für welche ich eine sehr grosse
Lückenhaftigkeit meiner Untersuchungen zugeben muss, obgleich
sie schon über 50 Arten Hochalpenvögel ergaben. Aber diese
mangelhaft oder gar nicht untersuchten Theile des Tjan-Shan sind
allerdings nach gehöriger Erforschung nicht mit der mir vollstän-
diger bekannten aralo-tianschanischen Fauna zu vereinigen...
Mit Sicherheit ergeben aber die von mir nach Henderson’s
Forschungen ermittelten Procentzahlen, dass die yarkendische Or-
nis, sowohl im Tarimbecken als im Kuen-lün-Gebirge, sich unver-
gleichlich inniger an die aralo-tianschanische anschliesst, als an die
Fauna von Ladakh uud Kaschmir; die ungeheure Schneekette des
Karakorum, mit ihrer östlichen Verflachung zu einer 18,500 Fuss (!!)
sich erhebenden wüsten, kalten und nahrungslosen Hochebene ist
eben wegen dieser, dem Thierleben so ungünstigen Verhältnisse
eine wahre Scheidegrenze, im Gegensatz zum Tjan-Shan, den seine
Naturverhältnisse, seine vielfache Abwechselung kahler Felsen und
grüner Matten, also Zuflucht und Futterplätze, seine zahlreichen
mannigfaltisen, obgleich räumlich meistens unbedeutenden Wal-
dungen und Gebüsche, seine bis zum ewigen Schnee aufsteigenden
und fast alle Hochebenen einnehmenden schönen Alpenweiden nicht
sowohl zur Verbreitungsgrenze als vielmehr zum mächtigen Ver-
breitungscentrum für die hochasiatische, ja überhaupt für die inner-
asiatische Fauna gestalten, so dass auch der thierärmere westliche
Kwen-lun eine vorherrschend tianschanische Fauna hat, mit, blosser
Beimischung weniger thibetanischer und eigener Arten — letztere
ihm wohl nur wegen der ungenügenden Forschung Hochasiens
überhaupt eigenthümlich.
Die von Henderson im Yarkender Gebiet aufgefundene Zahl
362 Dr. N. Severzow:
Vögelarten (59) ist vielleicht weniger als das Drittel der wirklichen
dortigen Ornis: aber bei einer ersten flüchtigen Forschung, die
unter für das Sammeln ungünstigen Verhältnissen keine sieben
Wochen dauerte, ist auch das sehr viel, und die hohe Wichtigkeit
dieser unvermeidlich lückenhaften Ornis für die ornithologische
Geographie ist ausser allem Verhältniss mit der gefundenen Arten-
zahl. Einmal in Verbindung gebracht mit den früheren ornitholo-
gischen Forschungen in Central-Asien, namentlich aber mit meinen
tianschanischen, erscheint gerade sie als das Nothwendige, jedoch
früher fehlende, um die von mir (im russischen Text dieser Ab-
handlung, s. oben) schon ausgesprochene Auffassung von Inner-
Asien als eines zoogeographischen, an das Tjan-Shan als Centrum
sich anschliessenden Ganzen aus einer wahrscheinlichen Ver-
muthung zur Thatsache zu bestätigen *); eben durch sie werden
sowohl die Umgrenzung als die vollständige Gliederung dieser
Fauua in zoologische Unterprovinzen in ihren Hauptzügen er-
möglicht.
Diese Unterprovinzen wären ungefähr folgende:
1. Die aralo-kaspische; 2. der Altai, mit Sajan, westlicher
Mongolei und sibirischer Kirgisensteppe; 3. die mongolo-daurische:
östliche Mongolei und Quellgebiet des Amur; 4. die aralo-tau-
schanische, Centralprovinz; 5. das Flussgebiet des Tarim; 6. die
tangutische, nämlich Chuchunor, Alaschan und Ordos: mehr nach
ihrem echt centralasiatischen-topographischen Charakter hierher ge-
zogen als nach den zu wenigen bekannten Vögeln, die übrigens
theils eigenthümlich (wie Orossoptüon), theils aber centralasiatisch
sind, und zunächst mongolisch; auch ein von Herrn Przevalsky
entdeckter, noch unbestimmter Podoces.
Sclater und Wallace erkennen ihrer 6:
2 aussertropische, die paläarktische oder altnordische auf un-
serm Continent, und eine nevarktische oder neunordische auf dem
amerikanischen Continent und 4 tropische, nämlich folgende: die
äthiopische in Afrika, die indisch-malayische im südlichen Asien, die
australische und die neotropische in Central- und Süd-Amerika.
Mir scheint es nützlicher, noch eine siebente anzuerkennen, die
antarktische für südpolarische, sehr eigenthümliche Vögel.
*») Hume, der die aralo-tiauschanische Fauna auch gar nicht kennt,
und die nördlichere centralasiatische sehr unbestimmt und fraugmentarisch,
ist durch Henderson’s Sanımlung allein auf die richtige Idee einer eigen-
thümlichen ceutralasiatischen Omis gekommen (l. cit., p- «..).
®
}
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 8363
Das paläarktische Gebiet theile ich in folgende ein:
1. Die Polartundra; 2. die europäisch-sibirische Taiga oder
die nordische Waldregion; 3. das Mittelmeergebiet, d. h. Süd-
Europa, Nord-Afrika und die an das Mitteimeer angrenzenden
Theile Asiens; 4. das centralasiatische Gebiet; 5. das nordchine-
sische. Ein jedes dieser theilt sich noch in Gebiete dritten
Grades. N
Als allgemeine südliche Grenze des paläarktischen Gebietes
geben sowohl Sclater als auch Wallace den 30.° Breite an, wobei
Selater die Sahara zum äthiopischen Gebiet rechnet, während Wal-
lace sie als einen neutralen, leeren Strich zwischen dem Mittel-
meer- und dem äthiopischen Gebiet betrachtet. Jedoch durch die
'zoologische Verwandtschaft der Sahara mit, den südlichen aralo-
caspischen Steppen erscheint es mir richtiger, auch diese zum pa-
läarktischen Gebiet zu zählen, für welche man dann auch die na-
türliche, südliche Grenze erhält: die nördliche Grenze der tropi-
pischen Region und der Papageien.
Fünf Haupttheile des paläarktischen Gebiets, als Continental-
theile, können nicht scharf begrenzt werden, sondern vereinigen
sich untereinander durch vermischte Uebergangsfaunen, wie: mit-
teleuropäische, uralo-barabinische, kaukasische, altaische, amurische
u. S. w.
Unter diesen Uebergangsformen haben noch am meisten Selbst-
ständigkeit: die ostsibirische, ein Bindeglied zwischen der
europäisch-sibirischen, nordchinesischen und neoarktischen ; ferner
die vorderasiatische, welche Central-Asien mit dem Mittel-
meerbecken verbindet. Diese zwei könnten bei näherer Unter-
suchung vielleicht besondere Provinzen bilden, aber beide sind blos
an den Rändern gründlich untersucht.
Auch könnte die Sahara mit ihrer dürftigen, aber eigenthüm-
lichen Fauna eine besondere, Iybische Provinz bilden, und ebenso
Thibet, also 5 sichere und 4 wahrscheinliche, im Ganzen 9 zoolo-
gische Provinzen des paläarktischen Gebiets.
Die Unterprovinzen (1, 2, 3, wahrscheinlich bei näherer Be-
kanntschaft auch 6), als peripherische, haben natürlich eine ge-
mischtere, weniger charakteristisch centralasiatische Ornis, als die
Centralprovinzen 4 und 5, die noch zusammenfallen können bei
mehr genauer Kenntniss; am abweichendsten aber ist Thibet *),
») Das an Thibet westlich anstossende, auch mit dem westlichen Tjan-
Shan in naher Beziehung stehende Faunengebiet des Hindukusch mit Ka-
u}
364 Dr. N. Severzow:
von dem ich jedoch bei meinem jetzigen Bearbeitungsstande des
vorhandenen Materials*®) noch nicht sicher sagen kann, ob es eine
siebente Unterprovinz der centralasiatischen Fauna bildet, oder
eine eigene Hauptprovinz des paläarktischen Gebiets (zu wel-
chen es ganz bestimmt „ehört). Letzteres scheint fast wahr-
scheinlicher (?). — Die südliche, namentlich südöstliche Begren-
zung der thibetanischen Fauna mit der benachbarten tropischen
ist mir etwas unsicher; nach Hume die südlichste Schneekette des
Himalaya; aber zwischen Pendjab mit Kaschmir und Ladakh mag
auch ein solcher Unterschied sein (obgleich schärfer ausgeprägt),
wie der von mir zwischen den Höhenzonen des Tjan-Shan gefun-
dene, — zu denen wir nun übergehen.
In den schon dem Leser bekannten Specialverzeichnissen der
turkestanischen Brutvögel nach ihren Verbreitungskategorien, wie
in dem dieser Abhandlung angehängten allgemeinen Verzeichniss
aller im aralo-tianschanischen Faunengebiet mir bekannten Vögel
sind diese Höhenzonen mit arabischen Ziffern bezeichnet, im ganzen
fünf, die zwei unteren das Tiefland bildend, meist Steppe, und die
drei oberen das Gebirge. Aber auch bis zur allerobersten Höhen-
zone bietet der Tjan-Shan viele Hochebenen mit Steppencharakter,
weshalb auch z. B. in obigen Verzeichnissen Alauda arvensis (oder
vielleicht Alauda triborhyncha Hodg.) als ausschlieslicher Gebirgs-
vogel erwähnt wird: es ist ein Brutvogel der Hochsteppen, von
unten wohl durch die massenhaft auftretenden Melanocorypha und
Calandritis verdräugt, mit denen die kleinere Alauda cantarella
(gulgula Frankl., inconspieua nob.) in geringerer Anzahl und spo-
radisch zusammenwohnt. Bei diesem herrschenden Steppencha-
bul wage ich nicht der centralasiatischen Fauna auzuschliessen, auch
nicht der vurderasiatischen. Es scheint vielleicht eine gemischte Fauna zu
sein, in welcher die vorderssiatische, eentralasiatische und vorderindische
ebenso in einander übergehen, wie bei und in den Alpen die nordeuropäi-
sche mit der der Mittelmeerprovinz — diese Meinung natürlich mit allem
Vorbehalt des sehr unvollständigen, zerstreuten Materials und meiner eben-
falls unvollständigen Kenntniss derselben. Aber auch mit vollster Kennt-
niss der bis jetztiu Kabul gefundenen Vögel lässt sich die Fauna nicht or-
dentlich in’s zoogeographische Faunensystem einfügen, so lange das in-
nere Alpenland des Hindukusch, Badakschan und überhaupt das Quell-
gebiet des Amu (Oxus) so absolut unbekannt bleiben, wie sie jetzt sind,
Da ist eine Lücke, wie die yarkendische vor Henderson war.
*) Dabei nicht zu vergessen, dass dieses Material ausschliesslich West-
Thibet, das Quellgebiet des Indus und Sutledge betrifit, und die übrigen
| er Oberfläche Thibets noch unbekannt bleiben.
Allsemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 365
rakter begnügen sich öfters mit etwas stärker wachsendem Steppengras
auch solche Arten, die sonst Gebüschvögel sind, wie Phylloscopus
Middendorffi, Huspiza brunniceps, Carpodacus erythrinus u. m. a. —
oder gar Waldvögel, wie Oueulus canorus.
Die fünf Höhenzonen lassen sich folgendermassen charakteri-
siren:
1. Die Zone der Salzsteppen, die niederste, erreicht am Syr-
Darja die absolute Höhe von nur 700‘, und daher gehört der Darja
in dieselbe nur unterhalb des Tschikas; ebenso niedrig, 650— 700‘,
ist seine oberste Grenze an dem südwestlichen Fuss des Karatau.
Am nordöstlichen ist sie bereits höher: beim Tscholak-Hügel nahe
an 1000’, bei Bijlju-Kul, 40 Werst nordwestlicher als Aulje-Ata, bis
1500°; und auf letzter Höhe befindet sich die Grenze der Salz-
steppe auch weiter östlich und nordöstlich, längs des Fusses des
Tjan-Shan-Hochgebirges, auf dem Tschu, Iliı und im Ssemiretschen-
schen Lande. — Der unterste Theil aieser Zone kennzeichnet sich
durch üppige Wucherungen des Ssaksauis, welche sich Hunderte von
Wersten weit erstrecken, jedoch nicht als ununterbrochene Wälder,
sondern durch breite Lichtungen unterbrochen, theils spärlich mit
kleinen Wermuth- und Salzkräutern und spärlichen Gebüschen von
Atraphazis bewachsen, theils so nackt, dass man einige Werst weit
auch nicht ein Gräschen, sondern nur vertrockneten, zerborstenen
Lehmboden sieht. Die Flüsse bilden in dieser Zone viele Schiltgrün-
de, die Herberge der Wasser- und Sumpfvögel; an den Utern derselben
wechselt Ssaksaul oft mit diehten Wucherungen von Caragana,
Tamarız und durch Haine von Pleagnus angustifoha, an den Grün-
den in der Nähe der Flüsse wächst Populus diersifolia. So ist der
Charakter der Gegend übereinstimmend an den Niederungen des
Syr-Darja, des Sarys, des Talas, des Tschu, des Ili, des Karatal und
der Lepsa; an der Darja erreicht diese Vegetation nicht mehr denn
500‘ Höhe, am Bajaldyr-tugaj und auf dem Di bis zu 1200° höher
als das Ilische Amt.
Auf den niedrigsten Stellen der Niederungen des Dshan-Darja
und am östlichen Ufer des Aral-Sees mischen sich unter den,
Ssaksaul und in den Sandwüsten verdrängen denselben die man-
nigfaltigsten Calligoneae und Kujan-Sujak, kirgisisch: Hasenknochen
eine Art der Robinia.
Höher als der Ssaksaul, zur höchsten Grenze der Salzsteppen-
zone, erstrecken sich vollständig waldlose Salzsteppen, auf denen
366 Dr. N. Severzow:
sich dem Wermuth und dem Salzkraut schon Zeguminosae bei-
gesellen, am meisten Alhagi. Die Grastlora der Steppe wird all-
mählig mannigfaltiger und gebt diese Zone der waldlosen Steppe
allmählig in die folgende über.*) Der charakteristische Vogel der-
selben ist Pterocles alchata und charakteristisch für die unterste
Steppenzone sind, so viel ich weiss, als Brutvögel: Aguila bifascia-
ta, Astur cenchroides, wohl auch Falco babylonieus, besonders aber
Podoces Panderi, Passer ammodendri, Aegithalus rutilans; ferner die
Busch-Salicarien, wie Salicaria gracilis, obsoleta, tamariceti, modesta,
concolor ; mit Lanius lahtora verwandte Würger: Lanius leucopygos
und Z. pallidirostris; der Wüstenwürger, Lanius isabellinus (are-
narius Biyth), Caprimulgus isabellinus, Eudromias caspius, Chettusia
leueura, Chroicocephalus ichthyaötos, Hydrochelidon leucopareius.
2. Die Culturzone, so benaunt, weil in derselben haupt-
sächlich der Ackerbau, wegen der Bequemlichkeit der Bewässerung
seitens der vielen Bergflüsse (die hier noch rasch fliessen), zu Hause
ist; die kleineren derselben, von den Bewässerungs-Kanälen ab-
geschwächt, verlieren sich in den oberen Theil der vorher-
gegangenen Zone, in der die Aecker nur längs dem niederen Lauf
des Syr-Darja vorhanden sind. Die oberste Grenze dieser Region
ist am niedrigsten an den Bergen Mogol-Tau, gegenüber Chodjent
(1000—1200°) zwischen der Biegung des Syr-Darja nach Norden
(in der Nähe Chodjents) und dem T'schirtschick, nicht höher als
2000‘; auf dem Tschirtschik, in der Nähe von Niasbek bis zu
2500’, zwischen dem Tschirtschik und dem Mashat bis zu 3000‘, und
diese Höhe wird überhaupt auch weiter östlich und nordöstlich
bei den Ausgängen aus den Bergen des Ili, des Kox, des Karatal
und der Lepsa beibehalten **), nur am nördlichen Fuss des Alexan-
dergebirges, nahe an seinem Ende bei Aulje-Ata, senkt sich die
oberste Grenze dieser Region bis zu 2500‘, während im Gegentheil
dieselbe sich bei Tokmak, Kastek und Kopala bis auf 3500’ er-
hebt, stellenweise auch höher.
Am südwestlichen Abhang des Karatau ist die nördliche
*) Nach diesem Uebergangscharakter können die obersten Salzstep-
pen (ohne den Ssaksaul) ebenso zur ersten als auch zur zweiten Region
gerechnet werden. Anm.d. Verf.
*, Genauer gesagt, senkt sich diese Grenze zum Arys bis 1500‘, und
bleibt so längs dem Karatau, wo die Tiefsteppe blos stellenweise höher
sich dem Gebirge anlehnt. Öestlich vom Karatau steigt wieder die obere
Grenze der Cultursteppe, am Fusse des Tjan-Shan. Anm. d. Verf.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 36%
Grenze dieser Region nicht höher als 2000’, während der nord-
östliche Abhang des Karatau gerade in die Salzsteppe abfällt.
Diese ganze Zone bildet eine wellige Steppe mit trockenen,
dichten Hohlwegen und ziemlich tiefen Gruben von kleinen Flüss-
chen; bedeutendere Flüsse fliessen auch hier in ziemlich breiten
Thälern; jedoch ist hier die locale Vegetation der Flussthäler be-
reits arm und begnügt sich mit einzelnen undichten Gebüschen
von Tamarix, Caragana und der Sandweide.
Dafür sind die Städte und Dörfer, namentlich nach Süden
vom Flusse Arys, dermassen von Feen besät, dass sie einen An-
blick von Wäldern und Hainen gewähren, in denen die Hütten von
Lehm erbaut sind; namentlich erscheinen als grosse Wälder
Taschkent und Chodjent. In diesen Gärten sind ausser Aprikosen-,
Pfrsich-, Maulbeer- und Nussbäumen auch Bau- und Brennholz,
namentlich die rasch wachsenden Arten der Silberweide und der
Pyramidenpappel angepflanzt.
Nach der Steppenvegetation zeriällt diese Zone in zwei Un-
terabtheilungen: in der niederen herrschen die Leguminosae, in der
oberen Gräser vor; jedoch bei der geringen Breite dieser Zone hat
diese Eintheilung wohl kaum eine zoologische Bedeutung, um
destomehr da dieselbe zu sehr getheilt ist, da es mehr von der
mannisfaltigen Qualität des Bodens abhängt. Diese beiden Zonen
bilden die Steppenfauna Turkestans, die bereits oben in Betrefi
der Nistvögel betrachtet ist; hier wollen wir uns mit einigen Zah-
lendeductionen begnügen.
Nistvögel in der Steppe sind bis jetzt im Ganzen 217 Arten
gefunden, von denen 126 sich in’s Hochgebirge erstrecken und 91
rein Steppenvögel sind; die grosse Anzahl der letzteren hängt von
der unvollkommenen Erforschung der Hochebenen ab.*) In der
untersten Zone der Steppe sind im Ganzen 159 Arten von Nist-
vögeln gefunden; in der oberen 170.
An brütenden Charaktervögeln ist diese Zone verhältniss-
mässig die ärmste von allen, da fast sämmtliche entweder tiefer
herab oder höher hinauf steigen, so dass blos 5 mit Sicherheit als
aussehliesslich in dieser Zone brütend zu nennen sind, nämlich:
=) Ein einjähriges Studium des Issyk-kyls, der von mir nur im Anfang
Oectobers besucht wurde, wird wahrscheinlich die Vogelzahl vermehren, die
den Bergen und der Steppe eigen sind, auf ungefähr 20 Arten Wasser-
und Sumpfvögel.
368 Dr. N. Severzow:
Aegithalus coronatus, Melanocorypha calandra, M. bimaculata, (o-
lumba fusca, Ciconia alba.
3. Die Zone der Laubhölzer begreift in sich den ganzen
Karatau und einige kleine Gebirgsketten, die sich an den west-
lichen Fuss des Tjan-Shan anschliessen ; wie der a: bei
Tschikment und Mogol-tau bei Chodjent.
Im Centralhochgebirge nin:mt diese Zone die Vorbaneh ein,
jedoch erstreckt sie sich mehr in’s Innere, namentlich in den Thä-
lern der bedeutenderen Flüsse: der Lepsa, des Karatala, des Cox,
des Tekes, der Karkara, des Tschiliks, des Tschu, des Talas, des
Tschirtschik, des Naryn und seiner hauptsächlichen Nebenflüsse,
wie z. B. des Ssussamyr und der Atpascha; im Thale des letztern
erreicht die höchste Grenze derselbe die grösste absolute Höhe
von 8500“ Ueberhaupt erhebt sich aber diese Zone, im Gegensatz
zu der obern Grenze der Steppenzone, ziemlich gleichmässig von
N. nach S., und zwar:
Im Alatau von Ssemiretschien schwankt die Höhe der ober-
sten Grenze dieser Region zwischen 4—5000', im mittleren bis zu
4500’. Am entwickeltsten ist sie im nördlichen Theil des Hochgebirges,
an den Gipfeln des Tentek und der Lepsa, deren Thäler sich
grösstentheils in ihren Bereich bis zu 50 Werst ziehen. Weiter
jedoch nach SW. verengt sich dieselbe und senkt sich deren obere
Grenze, was ich besonders am Cox bemerkt habe, wo die Tan-
nen unter 4000‘ herabsteigen; hier beschränkt sich der Laubwald
auf in engen Strichen wachsende Populus nigra und suaveolens,
welche dafür tief bis zu den Ssaksaulen herabsteigen.
Am nördlichen Abhange des transilischen Alatau bildet die
Grenze der Laubhölzer dichte und steile Ausrandungen, von 4500
bis :500' Höhe wachsend. Ungeachtet der geringen Breite der
Zone, 10-15 Werst, ist der Laubwald hier sehr entwickelt, d. h.
er ist durch die Reichhaltigkeit der Baumarten beimerkenswerth.
Westlicher, auf dem Alexander-Gebirge, erreicht die obere
Grenze dieser Zone die Höhe von 6000°, jedoch beschränkt sich
der Laubwald auf kleine Gebüsche, ohne hochstämmige Bäume, von
denen auch auf dem obern Talas, wo der Waldstrich längs dem
Flussufer mehr denn 100 UWerst (bis zu 100 W. Länge bei
einer Breite von 1—2), wächst fast nur die Schwarzpappel.
Die allergrösste Breite (bis zu 150 Werst) und die grösste
Entwickelung erreicht diese Zone auf den Höhen des Tschirtschi-
riks; hier auf dem Tschatkal, nach der Grenze der Schwarzpap-
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 369
peln bestimmt, erreicht die oberste Grenze derselben die Höhe von
7200‘, während die niedrigste, wie wir bereits gesehen haben, sich
bis zu 2500‘ herabsenkt. Hier ist auch die üppigste Vegetation in
derselben. An dem Naryn fand ich die höchste Grenze der Schwarz-
pappeln nahe an 7000° und an der Atpasch höher als 8000’; an
beiden Stellen senkt sich der unterste Tannenwald, der auch die
oberste Grenze der Zone bestimmt, nicht bis zu den obersten
Schichten der Schwarzpappeln. — Ueberhaupt ist die Schwarz-
pappel der allerverbreitetste und allercharakteristischste Baum die-
ser Zone; von Gesträuchen ist es Ziippophae rhamnoides. Höher
wächst in dieser Region noch eine Art Pappel, die ich (ich bin
nicht Botaniker) nicht von der Espe unterscheiden kann, und die
weisse Birke, Betula alba; beide nur im Kopalschen und dem trans-
ilischen Alatau.
Beide erheben sich auch in die folgende Zone. Im Karatau
entsinne ich mich jedoch nicht der Schwarzpappeln; dort gewinnt
am meisten an Ansehen Fraxinus sp. in kleinen Hainen in Schluch-
ten und der hochstämmige Crataegus sp. Jedoch im Tjan-Shan
‚selbst in Laubwäldern dort, wo diese die grösste Entwickelung er-
reichen, wird die Schwarzpappel ebenfalls in den Hintergrund durch
andere Baumarten, jedoch vorwiegend Fruchtbäume, gedrängt.
Auf dem Tentek durch den Apfelbaum, bei Wernoje durch den
Apfel- und den Aprikosenbaum, zu denen sich verschiedene Ahorn-
arten, Eschen und die Zwergrüster (Ulmus sp.) gesellen. Jedoch
am üppigsten sind die Laubwälder auf den Gipfeln des Tschir-
tschiks. Dort bilden Nussbäume (Juglans sp.), Morus alba, der
Aprikosenbaum, der wilde Apfelbaum, istacia vera, die Zwerg-
rüster, die Esche, der Ahorn und noch viele andere Baumarten,
‚die durch wilden Wein dicht verflochten sind, fast undurchdring-
liche Dickichte am Grunde der Schluchten.
Südlicher ist diese Zone wieder arm, sie beschränkt sich auf
Gebüsche und einige Haine von Pistacia vera so wie undicht wach-
sende Ahorn- und Eschenbäume.
An dem Naryn und der Atpasch wächst nur die Schwarzpap-
pel und Aippophae rhamnoides; jedoch sah ich auf dem ersten nicht
die unteren Theile dieser Zone und auf der letzteren giebt es ihrer
nicht, da die Mündung des Naryn höher denn 6000’ ist. So
erscheint die Mannigfaltigkeit der Laubholzarten auf dem Tjan-
Shan sporadisch in einigen Distrieten, und so viel ich auf dem
Tschirtschik und bei Wernoje bemerken konnte, erscheint dieselbe
Cab. Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 124. October 1873. 24
370 Dr. N, Severzow:
gerade dort, wo die krystallinischen Gebirgsformationen aus dem
Centralhochgebirge seinen Fuss erreichen. Auf dem Tschirtschik
wechseln Granit und Porphyr mit hartem feuersteinhaltigen Kalk-
stein ab, und hier ist die Vegetation bedeutend reicher als bei Wer-
noje, wo nur krystallinische Formationen sind. Haine wachsen im
Karatau in Schluchten zwischen rein kalksteinhaltigen Bergen,
jedoch die ärmste Baumflora dieser Zone erscheint in den sand-
steinhaltigen Ausläufern des Alexandergebirges; nicht besser ist
dieselbe auch in schieferhaltigen Theilen des Tjan-Shans und des
Karatau.
Die reichhaltigste Fauna dieser Zone, wie auch zu vermuthen,
stimmt mit der Mannigfaltigkeit der Vegetation überein: so auf
den Höhen des Tschirtschiks und bei Wernoje, nicht arm ist die-
selbe auch im ‚Karatau. Diese drei Localitäten lieferten mir das
Hauptmaterial zu meinem Katalog, obgleich ich auch in einer
grossen Anzahl anderer Schluchten von Kopala bis Chodjend ge-
sammelt habe.
Jedoch nicht die Wälder allein kennzeichnen diese Zone ;- in
derselben sind auch ziemlich grosse Hochebenen mit einem Step-
pencharakter, die um ein Centralplateau, dem vom Issyk-kul, grup-
pirt sind: nördlich der Djalanasch beim Tschilik (4—4500’), dann
selbst der Issyk-kul (5000°); die oberste Grenze dieser Zone in den
Bergen von Issyk-kul bis zu 6000’; westlicher die breiten Thäler
des Katschkars (der westliche Gipfel des Tschu) und des Djumals
(Nebentluss des Ssussamyrs) besitzen ebenfalls den Charakter der
Hochebenen, sich bis zu 6000’ erhebend, an den Rändern sogar
bis zu 7000’; endlich auch der Naryn, zwischen der Mündung des
kleinen Naryn und der Kurtka, der bis zu 7000’ Höhe auf der
Hochebene fliesst, in die sich sein enges Thal tief hineinschneidet.
Diese Zone ist auch durch Ackerbau im Gebirge charakteri-
sirt, und enthält im T'jan-Shan und Nord-Pamir (letzteres südlich
vom Syr, mit Einbegrifi der Gebirge am oberen Sarew-Shan) die höch-
sten Bergdörfer. Nördlich vom Syr sind sie fast blos am oberen
Angren und an den Quellflüssen des Tschirtschik bekannt, nicht höher
als circa 4000° (am Pskem); wohl nieht höher auch am Angren,
meist nicht viel höher im Süden des Syr, nach Herrn Fedtschenko
zwischen 4000 und 4500° im südlichen Kokan; am höchsten am
oberen Saräf-Shan, wie Obburden 6000‘, Onsob 7000’ (Fedtschen-
ko) und Paldorak gar 7300' (Myschenkow). Im Osten sind im
Gebirge blos russische Ansiedelungen, am Issyk-kul zwischen 5000
-
z
!
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 371
‚und 6000 Fuss; der Narynfort 6660‘. Das Alles ist im Verhält-
niss zur Schneegrenze (wovon gleich) relativ viel niedriger, als in
‚den europäischen Alpen, von Thibet gar nicht zu reden, wo An-
‚siedelungen bis in die höchste Alpenzone reichen.
‚Etwas höher steigt in Tjan-Shan und Nord-Pamir die Grenze
des Ackerbaues: am Tschirtschik bis 5000‘, an seinem rechten Zu-
fluss, Ujgum (einem herrlichen ornitholigischen Fundort mit Myio-
‚phoneus Temminckü, Terpsiphone paradısi, Oyanistes flavipectus, Aegiüha-
lus atricapillus u. Ss. w,), fast bis 6000° — und in diesem Gebirge
am Stromgebiet des Tschirtschik könnte auch der Ackerbau noch
höher steigen, bis 7000‘ passende Thalerweiterungen findend. ‚Denn
‚solche Höhe, 7000’, wird vom Ackerbau östlich und nordöstlich
schon erreicht, am Naryn, Dschumgal und Katschkar; am Atbasch,
‚einem. südlichen Zufluss des Naryn, bis 8000’ und am höchsten in
Südkokan, Gerste nach Herrn Fedtschenko bis 8800’. ‘Die höch-
sten Aecker von Bergnomaden, Karakirgisen, bebaut. Dieser Man-
nigfaltigkeit von Fundörtern entspricht auch eine sehr reiche Or-
‚nis, von.brutvögeln, unbedingt die reichste im ganzen Gebiet,
208 Arten schon bekannt, so ziemlich noch im Anfange der For-
‚schung. Von diesen mögen etwas weniger als 2), mit dem Tief-
lande gemeinschaftlich und mehr als !/, reine Bergvögel sein.
Als Charaktervögel waren zu nennen: Gyps fulvus, Neophron
percnopterus, Passer petronia, Erythrospiza phoenicoptera, Emberiza
caniceps, Myiophoneus Temminckü, Petrocichla cyana, Sylvia orphea,
Eleophonus languidus, Irania gutturalis, I. albigularis, Parus flavipec-
tus, Sitta syriaca, 'Muscicapa grisola, Iirundo alpestris, Cypselus mel-
‚ba, Perdix chukar , Cicomia nigra — unter allen besonders Perdix
„chukar.
Niedrig sind die Plateaubildungen im Karatau, 2500 bis 3000‘,
‚nicht höher also,. als mancher Theil der. Culturzone, zu der ich sie
auch früher rechnete, — aber unrichtig. Denn die in diese Ka-
ratauplateaux tief eingeschnittenen Thalschluchten, z. B. der Bu-
‚gun, der Boroldai, mit. blos 1000— 1500’ hohen 'Thalsohlen, haben
dennoch eine ganz charakteristische Gebirgsfauna, die der Zone 3.
‚4. Folgende Zone ist die Zone der Nadelwälder, der
Tanne und des Wachholders, von denen nur der letztere allent-
halben verbreitet ist, während die erste sich nur auf den Central-
'theil (für Turkestan ist es der östliche Theil) des Tjan-Shan’schen
Hochgebirges beschränkt. Die vollständigste Entwickelung und die
reichhaltigste Fauna besitzt der östliche Theil dieser Zone, wo
24%
VPE Dr. N. Severzow:
Tannen (Picea Schrenkiana) wachsen; dort kann sie in drei Unter-
zonen eingetheilt werden: der unterste Theil ist die Zone des Na-
delholz - Laubwalds: die Tanne, die Birke, die Espe; die mittlere
bildet fast nur Tannen mit einer Beimischung von Ebereschen;
die oberste, eigentlich in die folgende Zone übergehend (wie die
Espen in der vorhergegangenen), charakterisirt sich durch den
kriechenden Wachholder (Juniperus pseudosabina), bei vollständigem
Mangel an Tannen. Jedoch steigt er auch in die Zone der Tan-
nen herab, wo er die Abhänge auf der Mittagseite einnimmt.
Westlich *) vom Issyk-kul und Son-kul wird die Tanne durch
den Sattelbaum, einen bochstämmigen Wachholder, vertreten; die
Espe wächst hier nicht, die Birke (hier nicht mehr Betula alba,
sondern B. tianschanica Rupr.), die ziemlich verbreitet ist, tritt hier
sporadisch auf, ebenso wie auch die Eberesche (Sorbus tianschanica
Rupr.). Hier sind nur zwei Unterabtheilungen: die Zone der hoch-
stämmigen Wachholder und die der kriechenden. Endlich in den
Bergen Kcharl-tau, der Wasserscheide des Syr-Darja und des Sa-
rewschans, steigt in der Zone der Nadelhölzer bis zu seiner höch-
sten Grenze der Ssaur auf**), ein ungeheuer ausgebreiteter (weit-
ästiger) Baum, mit Zapfen ähnlich der Ceder, mit Nadeln wie
beim Wachholder und der Thuya. Nach mündlicher Mittheilung
des Herrn Kuschakewitsch steigt der Ssaur auf eine gleiche Höhe
mit dem kriechenden Wachholder empor; der hochstämmige Sattel-
baum tritt daselbst schon in einer Höhe von nahe an 6000' auf, wo
ich ihn auch gesehen habe.
Auf dem Karatau endlich tritt die besagte Zone nur an einem
Ort auf: auf der Myn-Djelka, der höchsten Spitze der Kette, gerade
nördlich von der Stadt Turkestan, die sich bis zu 7500—8000* er-
hebt (genau noch nicht gemessen). Hier ist die unterste Grenze
des Sattelbaums auf einer Höhe von circa 4000’; in andern Theilen
des Karatau habe ich sie dagegen gar nicht getroffen, obzwar ich
auch höher denn 5000° gestiegen war — weil nur bei der Myn-
Djelka die Höhe von 4000° von einer ziemlichen Bergmasse über-
*) Die westliche Grenze der Tannen in verschiedenen Theilen des
Tjan-Shans ist sehr wichtig für die horizontale Verbreitung der Thiere,
wobei ich dieselbe auch angeben werde,
##*) Nach Herrn Fedschenko ist der echte Ssaur mit Cypressenfrucht
ein in Süd-Turkestan acclimatisirter, nicht wildwachsender Baum; der ihm
aber allerdings in Laub, Wuchs und Habitus sehr ähnliche Hochgebirgs-
baum eine besonders grosse Art hochstämmigen, weitästigen Juniperus —
und den mag Herr Kuschakewitsch für Ssaur gehalten haben,
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 373
ragt wird, und nicht von engen undicht stehenden Bergkämmen,
welche jedoch nur mit eiuzelnen Felsenpiks die Höhe von 5000’
erreichen oder ein wenig überragen.
Im Allgemeinen jedoch ist die höchste Grenze der Nadelhölzer
für die Tanne in Alatau von Ssemiretschien circa 7500‘, selten bis
8000‘, bei Wernoje 8000—8500'; um Issyk-kul und Son-kul 9000’,
an dem obern Naryn bis 9500‘, auf der Atpasch noch höher, bis zu
10,000°. Die höchste Grenze des Sattelbaums ist in dem Alexan-
dergebirge bei Merke, circa 8500‘; in den Bergen auf den Höhen
des Tschirtschiks is zu 9000’.
Die höchste Grenze des kriechenden Wachholders an steilen
Abhängen, wo unter demselben die Tanne und der Sattelbaum
wächst, hebt sich überall auf 1000‘ höher als die dieser Bäume;
und am Grunde längerer Thäler sind die obersten Grenzen der
Tanne oder der Artscha*) und des kriechenden Wachholders die
nämlichen. Diese Uebereinstimmung ist besonders überraschend in
den Längsthälern, die von OÖ. nach W. gerichtete sind, wie die Thä-
ler des Naryn und der Atpasch, wo die Tanne und der kriechende
Wachholder auf gegenüber gelegenen Abhängen zu beiden Seiten
des Flusses, die erstern auf dem schattigen, der zweite auf dem
sonnigen wachsen; wobei die oberste Grenze des Wachholders, die
quer durch das Thal geht, schroff in der Höhe von 1000 und so-
sar mehr Fuss Höhe wechselt.
In diesem kriechenden Wachholder findet man überall einen
Vogel, der gerade der Zone der Nadelhölzer am charakteristischsten
ist: „Ullar“, Megaloperdix Nigelli, dann Accentor altaicus, A. ful-
vescens, Ruticilla eryihrogastra, R. erythronota — alle östlich. Ueber-
all sind ebenfalls in der Zone der Tannen und der Artscha: Car-
podacus rhodochlamys, Mycerobas speculigerus und Drosseln: Turdus
atrogularıs und T. mystacinus. Der Artscha eigen ist Certhia hi-
malayana, den Tannen Certhia famıharıs.**)
Endlich in dem Gebiet der Artscha sind nur dem Hochgebirge
allgemeine Thiere gefunden, die auch tiefer leben; in den Tannen
ist eine reichhaltigere und eigenthümliche Fauna, von Vögeln theils
der europäisch-sibirischen Taiga, wie Surnia nisoria, Nucifraga ca-
ryocactates, Picus tridactylus, theils central-asiatischer, wie Carpo-
dacus rubieilla, Parus songarus, P. piceae, Leptopoecile Sophiae, Cal-
liope pectoralis, Rutieilla coeruleocephala, Accentor atrogularıs, charak-
*). Sattelbaum.
E) Beide steigen auch tiefer in die Laubhölzer herab. Anm. d, Verf.
374 Dr. N. Severzow:
teristisch auch die östlichen Felsenbewohner dieser Zone, der rie-
sige weissliche (yps nivicola, von reichlicher Condorgrösse, bis zu
4'/,' lang und bis 10°/,‘ Flügelspannung klafternd, und der viel
kleinere, aber sehr eigenthümliche G@yps rutilans.
Die Vögel und Säugethiere der Ssaurwälder südlich von Chod-
jend sind unbekannt, aber östlicher und südlicher im südkokani-
schen Gebirge und am obern Saräfschan fand Herr Fedtschenko in
der Juniperus-Zone (und tiefer im Gebirge herabsteigend) zwei
sonst im Lande nicht vorgekommene Arten, Pyrrhocoras alpinus
und den himalayischen Parus rufonuchalis (melanolophus var.?), und
ausserdem noch östlichere oder auch im ganzen Gebiet vorkom-
mende Hochgebirgsvögel, wie Erythrospiza incarnata, Pyrgia ne-
moricola, Accentor altaicus, Ruticilla erythrogastra u. s. w. Dabei
ist zu bemerken, dass von den dieser Zone mit der zunächst un-
teren gemeinschaftlichen Vögeln sehr viele, z. B. Pyrgia nemorico-
la, Oraegithus iqnifrons, Rutieilla erythrogastra, nicht tief unter die
Grenze beider Höhenzonen herabsteigen, und eigentlich fast auch
als Charaktervögel der obern gelten können, zumal da diese zwei
Zonen ausser dem Gebiet der zusammenhängenden Tannenwälder
nicht scharf abzugrenzen sind, sondern allmählig in einander über-
gehen, namentlich bei überall spärlichem, keine Wälder bildendem
Baumwuchs, wie im südkokanischen Gebirge östlich von Chod-
jend, und an vielen Stellen des westlichen Tjan-Shan, wo über-
haupt die Laubholzzone mehr bewaldet ist, als die des hochstäm-
migen Wachholders.
Ausschliesslich eigenthümliche Säugethiere 1 Species Foetorius
alpinus; von Nistvögeln 15 Arten.
Ich vergass der Steppenhochebenen zu gedenken, von denen
im turkestanischen Lande eine auf der Höhe und wiederum in der
Nähe Issyk-kuls vorhanden ist, nach N. von seinem östlichen Ende:
das vom oberen Tscharyn dureh die Begegnung der breiten Thä-
ler der Karkara und des Kegen gebildet. Vereinigt bilden diese
Flüsse den Tscharyn, einen Nebenfluss des Ili, welcher sich in die
Hochebene mit einer tiefen und engen Schlucht der Ak-Toga hin-
einschneidet, der bis auf den Grund mit Tannen, auf der Mittags-
seite mit kriechendem Wachholder bewachsen ist. Nach ihrer
Höhe von 6—7000' befindet sich diese Hochebene gerade in der
Mitte der Tannenzone, in derselben eine flache breite Stufe oder
Terrasse bildend. An der Karkara und dem Kegen sind hier
weite „Sasy“ oder quellige mit Erdhaufen besäte Sümpfe, wo, wie
ut u
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 375
man sagt, viele Sumpf- und Wasservögel nisten; ich passirte sie
hier nur Ende Septembers. *)
5. Die Zone der Alpengräser, zwischen der vorhergehen-
den und der des ewigen Schnees. In der Gebirgskette, wo schmale,
steile Kämme mit ziemlich breiten Erweiterungen abwechseln, stel-
lenweise mit Piks besät, ist die Fläche dieser Zone unbedeutend;
diese Erweiterungen sind höher als die Kämme der Bergpässe und
von ewigem Schnee bedeckt, welcher hier tiefer als auf den Berg-
kämmen herabsteigt, weil er hier sich in grossen Massen ansam-
melt. Auf soichen Erweiterungen der Kette, bereits auf 10,000'
Höhe, thaut der Schnee erst in der Mitte Juli’s ab, um von Neuem
in der Mitte Septembers zu fallen, während der Schneepass schon
seit Anfang Juni’s auf einer Höhe von 11,000‘ schneelos ist, was
ich auf den Gipfeln des Tschirtschiks gesehen habe; dagegen die
Bergpässe Schamsi und Karabalta, unter dem engen Kamme des
Alexandergebirges, in einer Höhe von 12,000—12,500° drei Som-
mermonate lang schneelos sind, d. h. der vor Mitte Octobers fal-
lende Schnee thaut schnell ab, weil auf dem Tjan-Shan schon
von 8000’ an, weit unter der Schneelinie, der Schnee in allen
Sommermonaten fällt.
Unvergleichlieh mehr erreicht diese Zone ihre Entwickelung
in den Hochebenen am obern Naryn und Aksaj im Süden vom
Issyk-kul, auf denen sich nicht mehr Piks, sondern Ketten erheben;
Schnee fällt dort wenig, weil die Schneewolken von den Bergket-
ten, die die Umrandung der Hochebenen bilden, aufgefangen werden.
Dadureh wird auch die mehr steppenartige als alpinische Vege-
tation der letztern erklärt, die besonders beim Aufsteigen vom
Issyk-kul zur obern Naryn-Hochebene staunenswerth ist.
Passirt sind hier sowohl die Tannen als auch die Wachhol-
der; passirt ist die Zone der Alpengräser; schon senkt sich der
ewige Schnee von den Piks zu den Seiten des Bergpasses; ein
Pfad durchschneidet bereits die Enden seiner Striche und. immer
steigt er; endlich ist die Steigung zu Ende; die Piks sind bereits
hinten und statt des Gipfels des Bergpasses und des Abhangs
kommt man in die Steppe mit (Festuca) Wermuths- und Salzkräu-
*) Ueber die ungefähr ebenso hohen, breiten und flachen Kesselthäler
der Ssussamyr und Dschumgal, die ich zoologisch noch nieht untersuchte,
lässt sich noch nicht entscheiden, ob sie zu dieser oder der vorher erwähn-
ten Zone 3 gehören; nach dem dortigen Ackerbau aber wahrscheinlich zur
letzteren.
376 Dr. N. Severzow:
tern auf Salzgründe, wie weit unten, doch auf dem Tjan-Shan sind
solche Steppen auf allen Höhen. Und vor sich sieht man noch
Schneeketten, die sich über der Steppe erheben: als wenn das
ganze Steigen ein Traum gewesen wäre. Diese hohen Steppen auf
dem Naryn senken sich bis auf 9500‘, und bis zu einer solchen
Höhe auch auf der Son-kulschen Hochebene, während auf den
äusseren Abhängen der Bergketten, die die letzteren umgeben, der
Wachholder sich bis zu 10,000‘ erhebt.
Die Hochebenen haben sehr die Schneelinie, die die Grenze
der eigentlichen Alpenzone bildet.
Ihre mittlere Höhe, im Juli, auf dem Alatau von Ssemiretschien
in der Nähe des Kopals erreicht 10,500°; auf dem transilischen
bei Wernoje 11,000 bis 11,500; beim Issyk-kul bis 12,000° und
das ist die allgemeine mittlere Höhe des ewigen Schnees auf den
Ketten zwischen dem Tsehu und dem Syr-Darja. Bei Naryn, eirca
70 Werst oberhalb der Kurtka, ist der ewige Schnee auf einer
Höhe von 12,500’; bei der Atpasch und dem Aksaj wahrscheinlich
noch höher, bis zu 13,000—14,000'; dort bis zu 12,500‘ thaut der
Schnee vom Sonnenschein und verschwindet im October, wenn es
im Schatten selbst am Tage friert.
Die Mittagsseite auf den Felsen zwischen dem ewigen Schnee
wird noch viel höher vom Schnee befreit; auf dem Talgar und dem
Almatin-Pik bei Wernoje bis zu 13,000‘, auf dem Alexandergebirge
bis zu 14,000‘, auf dem letzteren also bis zum Gipfel der Piks, und
auf den letzteren sah ich selbst Anfangs August nur Schneestreifen
an den oberen Klüften, und nicht Schneekegel. j
Von der andern Seite, in besonders schattigen Klüften sind
diese Schneestreifen fast bis zur höchsten Grenze der Tanne und
der Artscha ewig, indem sie die Alpenzone ihrer ganzen Breite nach
quer durchschneiden; so namentlich in der vielkettigen Gebirgs-
masse an den Höhen des Tschirtschiks; jedoch sah ich dasselbe
auch am Barskounschen Bergpass, wo dieser Schnee bis 11,000‘ herab-
steigt, über den Tannen an den Mündungen des Dengereme und des
Kerle-Tas in Barskoun, jedoch an den Bergpässen bedeutend höher.
In Folge dessen ist auch die Fauna in der oberen Alpenzone
besonders auf den hohen Hochebenen entwickelt, d. h. auf dem
tjan-schanschen Syrt, am oberen Naryn, am Aksaj, beim T'schatyr-
kul, auf der Arpa und beim Sson-kul. Nur dort, gerade auf dem
Aksaj ist nur ein einziges Säugethier gefunden, das nicht von
dieser Zone herabsteigt, das riesige Ovis Polü, und daselbst 4 Ar-
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 377
ten Vögel, die unten nicht als Nistvögel angeführt sind: Leucostiete
Brandti, Eudromias mongolicus, Tringa Temminckü, Anser Skornia-
kovi. Die letzteren drei sind beim Tschatyr-kul und Sson-kul ge-
funden und werden vielleicht auch tiefer in den kegenschen Ssasen
gefunden werden; Zeucostiete Brandti ist noch von Herrn Karelin
unter dem ewigen Schnee des Alatau von Ssemiretschien und von
Herrn Fedschenko in entsprechender Höhe 11,000—14,000' im süd-
kokanischen Gebirge gefunden. Die alpinischen Sumpf- und Was-
servögelarten werden durch den Wasserreichthum erklärt. Ausser
dem Sson-kul und Tschatyr-kul ist noch eine Menge kleiner Seen
auf der oberen Naryn-Hochebene und noch mehr „Ssasy“, d.h.
Quellensümpfe.
Westlich von den Syrts ist nur ein Vogel, der im Sommer
nicht von der oberen Alpenzone herabsteigt, nämlich Fringilla niva-
lis; derselbe ist sowohl am Sson-kul als auch am Tschatyr-kul, wo
er noch zahlreich ist, und also wohl kaum die östliche Grenze er-
reicht, obzwar er östlicher auch noch nicht gefunden ist. Die übri-
gen Vögel und alle Säugethiere sind allgemeine Bergvögel, einige
sind selbst bis zu den tiefsten Steppen verbreitet.
Im Ganzen sind in dieser Zone 61 Vogelarten gefunden, von
denen, die so hoch nisten, ich 22 zähle; noch 24 Arten wandern
auch mit den Jungen, nach der Brutzeit im Juli und August, höher*)
und halten sich bis October; die übrigen sind während der Zug-
zeit, schon im October bemerkt.
Von Thieren sind 15 Arten, die wohl schwerlich dort das
ganze Jahr leben; jedoch sind. ihrer noch mehr Arten: ich sah
auf dem Schnee die Spuren von irgend welcher Arvicola oder Maus,
derer, nach der Menge der Füchse und Hermeline zu urtheilen, es
wohl nicht wenige waren. s
Ueberhaupt ist aber die senkrechte Verbreitung der Säuge-
thiere und Vögel, soweit mir dieselbe bekannt ist, im systemati-
schen Katalog ausführlich angezeigt, woher ich oben mich nur mit
einigen zoologischen Beispielen begnügt habe; um desto mehr, da ich
in den Tabellen der allgemeinen Verbreitung der Säugethiere und
Vögel die Steppen-Arten bereits von den Gebirgs- und von denen
dem Hochgebirge und der Steppe gemeinschaftlichen Arten unter
Anführung ihrer Höhenzonen (durch Zahlen) getrennt habe.
Dort sieht man, dass die weite senkrechte Verbreitung, wie
natürlich auch zu vermuthen ist, im Allgemeinen auch mit der
*) Von diesen 22 sind vielleicht viele nistend, Anm. d, Verf,
378 Dr. N. Severzow:
weiten Verbreitung auf der Erdoberfläche zusammenfällt; jedoch
nicht immer, So müssten z. B. Anas rutla und namentlich Otoco-
rys albigula nach der bedeutenden senkrechten Verbreitung Kosmo-
politen, und nicht eigentliche centralasiatische Vögel sein: jedoch
sind solche Ausnahmen durch Localverhältnisse erklärbar, z. B. vor
Otocorys albigula durch Steppen auf allen Höhen.
Anschaulicher wäre jedoch die senkrechte Verbreitung nach
dem Grade ihres sich vermindernden Umfangs von Thieren, die in
allen Höhenzonen gefunden sind, bis zu denen, die ausschliesslich
einer jeden derselben eigen sind; solche Verzeichnisse sind von mir
zusammengestellt, jedoch dieselben hier zu bringen, möchte ich
und auch nicht. Ich möchte deshalb nicht, weil meine Beobach-
tungen nur den Anfang zur Erforschung der Verbreitung der
Wirbelthiere in Turkestan gelegt haben, so dass die Verbrei-
tung vieler am Ende kaum durch die Höhen begrenzt wird, auf de-
nen sie bis jetzt gefunden sind; ein solehes Verzeichniss kann folg-
lich auch falsch sein, wegen der Unvollständigkeit der mir be-
kannten Daten. Jedoch entschliesse ich mich hierzu, durch ein —
? die Arten bezeichnend, deren senkrechte Verbreitung mir nicht
genügend bekannt erscheint. *)
Für Steppenarten, die wahrscheinlich auch auf Hochsteppen
vorkommen, die jedoch dort noch nicht aufgefunden sind, werde
ich sogar — ?? gebrauchen.
A. Dem Hochgebirge und der Steppe gemein:
1. Gefunden ist in den Zonen 1—5 (verticale Verbreitung
12,000°) nur eine Art, Anas rutla. Noch eine so weite Verbrei-
tung hat auch Alauda albigula, jedoch nicht so in Turkestan, son-
*) Mönetrier hat ähnliche Tabellen für den Kaukasus nach Daten, die
noch weniger vollständig sind als’meine, aufgestellt, und die sind lange
nicht nutzlos für die zoologische Geographie. Jedoch bei der Unsicher-
heit, die noch über die verticale Verbreitung im Tjan-Shan besteht und
wohl nieht sehr bald gehoben wird, lasse ich hier meine ersten unvollstän-
digen Verzeichnisse der mehreren Höhenzonen gemeinschaftlichen Arten
noch ohne Ergänzung als blosse Beispiele, mit einigen speeiellen Anmer-
kungen und mit Berichtigung der fehlerhaften Species- oder Vorkommen-
bestimmung. Von den auf eine Höhenzone beschränkt gefundenen Arten
sind die sicheren schon als Charaktervögel dieser Zonen erwähnt, von den
unsichersten hier die wahrscheinliche weitere Verticalverbreitung an-
gegeben. Vollständige Angabe aller mir bekannten, hinsichtlich der ver-
ticalen Verbreitung der aralo-tianschanischen Vögel findet der Leser übri-
gens in Verzeichnissen nach Verbreitungskategorien und in dem allgemei-
nen systematischen Katalog.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 379
‚dern in Central-Asien überhaupt; in Turkestan ist sie im Sommer
ausschliesslich im Hochgebirge, und in den niederen Steppen nur
im Winter gefunden. Die Ursache davon ist keine klimatische,
sondern eher die Reichhaltigkeit im Sommer an anderen Thieren
in den untersten Steppen Turkestans, wobei in den alleruntersten
die den Lerchen bequemen Distriete durch den Ssaksaul, durch
Flussergüsse und gänzlich nackte und hungrige Hügel verengt
werden. Doch an der nordwestlichen Grenze Turkestans und der
tianschanischen Fauna in den unteren Steppen, und ferner in Ka-
rakum, nistet Alauda albigula bereits, ebenso auch auf dem noch
heisseren Mangischlak.*)
Jedoch hat sich Alauda albigula in diese centralen Theile der
aralo-caspischen Steppen nicht vom Tjan-Shan, sondern von NO,,
von den Ketten der sibirischen Steppe verbreitet, wo ich ihr auch
im Frühjahr, im Sommer und Herbst an den Bergen Arkalyk und
Arkat, zwischen Ssemipalatinsk und Sergiopol begegnete.
2. In den Zonen 1—4 sind auf allen Höhen, also mit verti-
caler Verbreitung von eirca 7000—10,000' gefunden:
Aquila fulva. ' Grus virgo (?).
Buteo leucurus. Anser cinereus.
Saxicola saltatrix. Hiydrochelidon niger.
Von diesen sucht Aguila fulva in der Zone 2 wahrscheinlich
nur Beute, wegen Mangels an bequemen Nistplätzen; er nistet da-
‚gegen in Zone 3 und 4 und unten in den Ssaksaulniks, wo ich
selbst die besetzten Nester sah und sicher den Vogel erkannte,
nachdem ich die weisse Schwanzwurzel deutlich sah; Buteo leucurus,
dessen Brüten in der Zone 4 ich erst bezweifelte, ist nicht nur im
September, wie früher, sondern von Kosaken im Juni und Juli am
Kegen, Zoue 4, eingesammelt; früher schon im August auf 8000’
Höhe zwischen Katschkara und Dschumgal; jedoch wandert Grus
virgo vielleicht nur nach dem Ausbrüten der Jungen auf den Hoch-
ebenen und den grasigen Abhängen der 4. Zone, wo sie im Sep-
tember gefunden ist.
*) Jedoch sind mir jetzt lange nicht alle Exemplare aus den verschie-
denen Fundörtern bei der Hand, so dass ich eine so weite Verbreitung
von Otocorys albigula nicht ganz sicher verbürgen kann, Sicher sind die
kirgisischen O. albigula. Die vom Tjan-Shan sind aber wenigstens zum
Theil ©. petrophila nob. n. spec. und in Turkomenien vielleicht auch O.
bieornis Ehrb. Früher unterschied ich nicht diese drei, allerdings nahe
verwandten Arten (wie alle Otocorys).
380 Dr. N. Severzow:
3. In den Zonen 2—4 auf höchstens 8000' sind folgende Ar-
ten gefunden: *)
Üerchneis tinnunculus.
Pratincola rubetra.
Grus cinerea.
Otis tarda.
Loeustella naevia. Vanellus cristatus.
Phylloscopus Middendorff. |
Alles mehr Steppenvögel, von denen Cerchneis tinnunculus in
der Zone 2 nur in geringer Menge nistet, an steilen Abhängen der
Schluchten und in kirgisischen Klüften; mehr an den Felsen der
Zone 3, im Karatau und den Vorbergen des Tjan-Shans; in der
Zone 4 ist er wieder wenig zahlreich. PPratincola rubetra und Lo-
custella naevia halten sich in grasigen Districten der Steppe und
der Bergabhänge auf; Otis tarda in jeder Steppe und auf wald-
losen Vorbergen; die übrigen zwei sind Bewohner von Steppen-
sümpfen auf jeder Höhe: also sind es auch hier nur Steppenvögel,
die sich auf den Tjan-Shan erheben, während es in den Zonen 1
—4 auch Bergvögel giebt, die in die Steppe herabsteigen.
4. Die letzteren sind auch aus den gemeinschaftlichen Zonen
1—3, deren viele mehr als die vorhergehenden Ordnungen gefun-
den sind.
Aquia imperialis. | Passer montanus,
| Calandrella brachy-
Milvus ater. Carpodacus erythrinus. dactyla.
Falco subbuteo. Emberiza pyrrhuloides. | Lanius minor.
Circus rufus (?). Euspiza brunniceps. — phoenicurus.
Strigiceps eyaneus (?). | Saxicola leucomela. Oriolus galbula.
— pallidus. Luscinia Hafızi, Caprimulgus pallidus.
— cinerascens. Sylvia cinerea. Upupa epops.
Athene orientalis(?). | — curruca. Coracias garrula.
Dubo mazimus (?). | Aödon familiaris. Merops apiaster.
Aegolius brachyotus (?).
— otus (?).
Corvus corone.
— monedula.
Pica caudata.
— leucoptera.
Sturnus vulgaris.
Aegithalus pendulinus.
Salicaria magnirostris.
— capistrata.
Motacilla dukhunensis.
— personata.
Budytes melanoce-
phala.
— purpurascens (7). Alauda cristata.
Cuculus canorus.
— himalayanus.
Syrrhaptes paradozus.
Pterocles arenarius.
Coturniw vulgaris.
Phasianus mongolieus.
Ibis faleinellus.
Glareola pratincola.
*) Von der 2, bis zur 5. Zone dagegen kenne ich keinen einzigen
nistenden Vogel, höchstens Cerchneis tinnunculus, der im August und Oc-
tober in den Höhen der 5. Zone gefunden ist.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 381
\
' Scolopax gallinago (?). | Sterna anglica (?). Anas crecca.
- Gallinula pusila. Cygnus_olor. — clypeata.
Fulica atra. — musicus. Carbo phalacrocoraz.
Larus cachinnans. Anas strepera.
Von diesen sind in der Zone 2 (Culturzone) nistend nicht ge-
funden, sondern nur in den Zonen 1 und 3: Aquwla imperialis,
Sylvia cinerea, S. curruca, Aeödon familiaris, Oygnus olor, C. musicus.
Die ersten 4 begnügen sich nicht mit Gärten, und die letzteren 2
nisten vielleicht auch in der Culturzone in den Schilfufern des
Flusses Tschu. |
Es erheben sich, nachdem die Jungen ausgeflogen sind, bis zur
Zone 5 der oberen Alpenzone: Circus rufus, Strigiceps eyaneus, Athene
orientalis, Corvus monedula, Pica caudata, Passer montınus, Carpo-
dacus erythrinus, und hinter dem kirgisischen Abhange vielleicht
auch Siurnus vulgaris und St. unicolor, die übrigens auf diesen
Höhen nur im October während des Durchzuges erbeutet sind und
auch nur einzeln oder in sehr kleinen Flügen. Von den übrigen
jedoch, die eben hier aufgezählt sind, steigt im Sommer auch hier
. nicht die überall sesshafte Athene orientalis, sondern ist hier auch
Standvogel; ebenso können hier auch die Weihen nisten.
Wahrscheinlich nisten, nach localen Bequemlichkeiten, jedoch
noch nicht gefunden, in der Zone 4: Bubo mazximus, Aegolius bra-
chyotus, A. otus, Carpodacus erythrinus, Scolopax gallinago, Sterna
anglica; die beiden letzteren wahrscheinlich auf dem Karkara und
dem Kegen.
:5. Die den Zonen 2 und 3 gemeinschaftlichen Arten sind:
- Aguila pennata. Sazxıeola lugens. Alauda inconspieua.
— minuta. Pratincola indica. Lanius collurio.
Oerchneis cenchris. Aegithalus atricapil- | Oypselus murarius.
Oorvus corax (?). lus. Alcedo bengalenses.
Pastor roseus. Salicaria sphenura. | Columba oenas.
Emberiza hortulana. | — pallida. — livia.
— caesiu. — microptera, Otis tetrax.
— miliaris. — scita. Perdix daurica.
Saztcola talas. Cettia Cettit. Actitis hypoleucos,
— opistoleuca. Anthus campestris. | Ürew pratensis.
Zu diesen von mir gefundenen Vögeln kann man noch Perdix
einerea beifügen, welche weder hier, noch im allgemeinen Katalog
zu den Nistvögeln gerechnet wurde, da sie mir nur im Winter
382 Dr. N. Severzow:
sehr selten begegnet ist*) bei Kopala und bei Tsehikment; an
letzterem Ort :erlegte ich sie selbst.
Zu bemerken ist, dass Corvus corax und Perdix daurica nach
der Brutzeit in Menge in der Zone 4 und nicht selten sogar in der
oberen Alpenzone (Zone 5) gefunden sind; wahrscheinlich brüten
sie auch höher als Zone 3.
B. Allgemeine Gebirgsvögel.
1. Den Zonen 3, 4 und 5 gemeinschaftlich ist nur eine Spe-
eies gefunden: Otocorys albigula, zu der übrigens, vielleicht durch
spätere Beobachtungen, auch einige von der folgenden Abtheilung
hinzukommen werden.
2, Der Zone 3 und 4 gemeinschaftlich sind gefunden :
Gyps nivicola (?). Emberiza cia. Sylvia nisoria,
— rutilans. — cioides. Phylloscopus ‚super-
Vultur einereus. — ‚pithyornus (?). eiliosus.
(Grypaötos barbatus. Turdus merula. — obscurus.
'alco peregrinus (?).| — viscivorus var... ı| Cinclus asiaticus.
Fregilus graculus.**) Hodgsoni. — leucogaster.
Passer pulverulentus. | Ruticilla phoenieura. || Troglodytes parvulus.
Acanthis cannabina. | — erythrogastra. Tichodroma phoeni-
Carduelis orientalis. — erythronota. coptera.
Serinus ignifrons. — aurorea.
Von diesen 'nisten | Certhia familiaris. ‘| Im Verzeiehnissha-
wahrscheinlich, | — taeniura. be ich ihn nicht ange-
jedoch noch nieht als | Motaeilla sulphurea. \führt, weil sein Durch-
nistend beobachtet, | Budytes eitreoloides. | zug durch die Steppe
Falco peregrinus (wie | Anthus arboreus. sehr bemerkbar ist;
oben bemerkt ist) und | Alauda arvensis. der Durchzug von Car-
Emberiza pithyornus; | Ootyle rupestris. duelis europaeus dage-
ebenso vermuthe ich, | Zynx torquila. gen gar nicht sichtbar
dass es nistende Astur | Columba pulehrieollis. | ist, was vermuthen
*) Und trotzdem würde ich denselben zu den Standvögeln Turkestans
rechnen, wegen seiner allgemeinen Sesshaftigkeit, wenn ich nicht mit Be-
stimmtheit die zum Winter herkommenden in Karakum (vom Mugodjar)
und auf dem niedern Iral, wo diese winterlichen Perdie einerea eben so
wenig zahlreich wie in Turkestan und dabei nomadisirend sind.
**) Merkwürdig ist die Abwesenheit von Pyrrhocoraz alpinus auf dem
Tjan-Shan, der sowohl nördlicher den Altai, als auch südlicher den Hi-
malaya bewohnt; er ist von Herrn Fedschenko im nördlichen Theil ‘der
Hochebene von Pamir erbeutet worden,
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 383
nisus giebt, dass nicht | Columba rupestris. lässt, dass er zur Ue-
' alleSperber dieser Art | Tetrao ietrix. berwinterung von den
aus Sibirien ziehen, | Faleirostra Kaufman- | nahen Bergen streicht.
sondern einigevon den ni.
Bergen herabsteigen: | Scolopax hyemalıs.
"| Mergus merganser.
Ebenso lassen die Richtungen des Durchzuges von Emberiza
pithyornis zum Issyk-kul vermuthen, dass diese Art nicht aus Sibi-
rien, sondern aus unbekannten Wäldern beim Sairjam-Nor, zum
Tjan-Shan-System gehörend, zieht, während die sibirischen E. pi-
"thyornus über den Karatau nach Tschikment ziehen; in Kopala und
_ Wernoje jedoch habe ich diese Art in der Zugzeit nicht gefunden.
Was E. cioides anbelangt, so ist sie, so viel mir erinnerlich, nistend
‘durch Herrn Karelin an der Lepsa und dem Ssarkan gefunden;
ich fand denselben im September nur beim Issyk-kul, im Innern
der Hochebene, und habe welche, die von den Tannenwäldern auf
‘der Atpascha nach N. zum Naryn streichen gesehen; alle seine
Herbstzüge zeugen von einem Vogel, der in den nahen Bergen
nistet und mit den Zügen von E. cia ganz identisch ist, von
"dem kaum flugfähise Junge erbeutet sind, woher ich E. eioides zu
den unzweifelhaft nistenden Vögeln rechne.
Im Sommer erheben sich bis zur Zone 5:
Gyps nivicola, Gypaetos barbatus, Fregelus graculus, Rutieilla
phoenicura, R. erythrogastra, R. erythronota, Cinclus leucogaster , Co-
lumba rupestris, Faleirostra Kaufmanni, Scolopax hyemalıs; alle sind
"nieht nur im August, sondern auch noch im Oetober gesehen worden.
So hoch nisten wahrscheinlich nur wenige Individuen nicht von
allen eben genannten Arten; jedoch besitze ich nieht mehr Daten,
um bezeichnendere Vermuthungen aufzustellen. Nach den kirgisi-
schen Nachrichten schmilzt der Schnee auf den Syrts im Mai, was
‘durch die von den Herren Ssemenow und Prozenko beobachtete
'Schneelosigkeit der Bergpässe im Ende Mai und Anfang Juni be-
stätigt wird; Herr Prozenko fand in der Mitte Mai auch die Son-
'kul’sche Hochebene vom Schnee befreit, und das Eis von Son-kul
war um die Mitte Juni ganz geschmolzen: jedoch im Mai bereits
war ein Theil des Sees oflen.
3. Der Zone 4 und 5 gemeinschaftlich sind gefunden:
Erythrospiza incarnata. Accentor altaieus.
Sazxieola 'oenanthe. Anihus aquabicus,
384 Dr. N. Severzow:
Merkwürdig ist die Reihenfolge von Sawicola saltatrix und S.
oenanthe aufwärts. In den Zonen 1—2 nistet nur die typische,
südliche, helle und grosse Art S. saltatrizr. In der Zone 3 zusam-
men mit dieser noch eine kleinere und dunkle, jedoch sehr wenig
verschiedene Farbeivarietät, S. squalida; sowohl in der Grösse, als
auch in der Färbung sind hier alle Schattirungen zwischen der
hellen und dunkleren Art. In der Zone 4 ist $. saltatrie bereits
verschwunden, doch gesellt sich zu S. squalida S. oenartthe, die schon
allein in die Zone 5 steigt und ist dort im Juni gefunden worden.
Eine eben solche Reihenfolge dieser Arten ist auch vom Fusse des
Tjan-Shan nach N., die ich nach NW. beobachtet habe, nach Oren-
burg und nach NO. nach Ssemipalatinsk zu. S. oenanthe steigt in
den Bergen nördlich zur Lepsa immer tiefer herab und erreicht an
der Ajagusa die niederste Steppe, die sie mit S. squalida bewohnt.
Auf diese Weise steigt die unterste Grenze der eigentlichen oenan-
the an dem nordwestlichen Abhange des Tjan-Shans von 600° bis
6000° auf einer Entfernung von Ala-kul bis zum Flusse Karabura,
der in den Talas gerade nach S. von Aulje-Ata fliesst.
Diese Thatsache der Uebereinstimmung in der Reihenfolge
zweier nahe verwandter Arten von $S. nach N. und von unten nach
oben könnte sehr gewöhnlich erscheinen; man lehrte mir in mei-
ner Kindheit, dass die Pflanzen und Thiere der Hochalpen nur
Wiederholungen der Polarpflanzen und Polarthiere seien,
In der tianschanischen Fauna dagegen giebt es solcher Be-
stätigungen dieser Regel nicht viele, und von dieser ist Sawicola
oenanthe die vollkommenste und schönste. (Ausser S. oenanthe noch
Pieus tridactylus, Tringa Temminekü, Nueifraga caryocatactes und Sur-
nia nisoria.)
Dafür ist aber mit dieser Regel nicht mehr der allgemeine
Charakter der tianschanischen Fauna übereinstimmend: dass die
grössere Anzahl ihrer nordischen Arten nicht rein Gebirgs-,
sondern der Hochebene und der Steppe gemeinschaftliche Arten
sind, wie es aus den oben angeführten Verzeichnissen ihrer De-
standtheile, nach dem Verhältniss zu den übrigen Faunen, ersicht-
lich ist.
GC. Allgemeine Steppenvögel, die nistend und in den Zonen 1
und 2 gefunden sind:
Haliaötos leucorypha | Corvus rugilegus (??). | Saxicola vittata.
(n. ?). | Passer salicarius (??). | Sylvia mystacea,
Corvus subeoraz. Erythrospiza obsoleta. | Salicaria turdoides(??).
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis,
Üettia fusca.
Parus bochariensis.
Ardea alba (7?).
Scotaeus nyeticoras
385
Totanus stagnatılis
(??).
Panurus barbatus (??). (??). Gallinula pygmaea
Lanius erythronotus. | Oedienemus erepitans Gh
Hirundo domestica. (??), GFavia ridibunda (??).
Cotyle riparia. | Aegialites hiaticula | Sterna caspıa (??).
Merops persicus. (2). — hirundo (?).
Picus exotorhynchus. | — minor (??). Fuligula leucophthal-
Oolumba turtur (??). | — cantianus (??). ma (??).
— aegyptiaca. Hypsibates himanto- | Anas querquedula
Pterocles alchata. pus (??). (EB);
Ardea cinerea (??).
Von diesen sind 20 Arten mit ?? bezeichnet, die wahrschein-
lich auch in der Zone 3 vorkommen; Wasser- und Sumpfvögel
beim Issyk-kul, Steppenvögel überhaupt auf Hochebenen, Wald-
und Gartenvögel dagegen in Hainen, deren Vegetationskraft, z. B.
auf dem Tschirtschik auf einer Höhe von 5000’ fast mit den Gär-
ten Taschkents gleich ist; ausserdem giebt es Gärten auch in Dör-
fern der Zone 3. Ich bin im Recht, diese Arten auch in der Zone
3 als verbreitet zu rechnen, nicht nur weil ich die topographischen
Bedingungen gesehen habe, die mit denen ganz identisch sind, in
denen ich diese Vögel tiefer antraf, sondern auch weil ich z. B.
auf dem Issyk-kul Vögel fand, die tiefer mit den durch (??) be-
zeichneten zusammen lebten: Emberiza pyrrhuloides, Ibis faleinellus
Carbo phalacrocorax, Larus cachinnans u. a. —
Passer silicarius dagegen, Pterocles arenarius (den ich auch auf
dem Gebirgsplateau 1870 blos vermuthete, wurde 1871 auf der
Hochebene des unteren Alaj im südlichen Kokan, 8400’, von Herrn
Fedtschenko auch wirklich gefunden) und Columba turtur fand ich
sogar wirklich in der Zone 3 nistend; den ersteren jedoch an der
unteren Grenze der Zone, auf dem Tschirtschik auf einer Höhe
von 2500° und bei Sutturabad in der Nähe Tschikments, und Co-
Zumba turtur nur im Karatau, während sie im Tjan-Shan überall
in den Vorbergen durch Col. gelastes vertreten wird.
Solchen geselligen Vögeln, die in der Zone 3 durch nahe ver-
wandte Arten vertreten werden, ist auch das Zeichen (??) nicht
beigefügt, z. B. Hirundo domestica, welche schon in den niedrig-
sten Vorbergen durch ZH. alpestris, Lanius erythronotus, der höher
durch L. minor vertreten wird u.s.w. Der letzte wird auch in den
Steppenzonen auf gleicher Höhe mit L. erythronotus angetrofien,
Cab, Journ. f. Ornith. XXI. Jahrg. No. 124. October 1972. 25
386 Dr. N. Severzow:
wenn auch stets getrennt von dem letzteren, und daher ist ein
sporadisches Vorkommen im Gebirge sowohl bei L. erythromotus,
als auch von FH. domestica, die letzteren in Gebirgsdörfern, mög-
lich, und überhaupt scheint es mir sehr wahrscheinlich, dass sämmt-
liche Vögel, die den Zonen 1—2 gemein sind, auch in der Zone 3
nistend gefunden sein werden, vielleicht 3 Arten ausgenommen, die
auch in der Culturzone nicht sehr hoch aufsteigen: Parus bocharien-
sis, Merops persicus, Pterocles alchata. — Ich habe jedoch nur die
Arten angegeben, bei denen diese Möglichkeit eine grosse Wahr-”
scheinlichkeit gewinnt.
Andererseits ist es noch nicht ausgemacht, ob Hal. leucory-
phus in Turkestan .nistet. Ich fand ihn dort und in der Nähe,
alle Sommermonate durch, von April bis Ende September, selten
am Darja bis zum December und habe ihn in Menge erbeutet,
jedoch kein einziges eben ausgeflogenes Junges, auch fand ich
kein Nest.
D. Vögel, die durch eine Zone der senkrechten Verbreitung
begrenzt werden.
a. Gebirgsvögel.
1) Nur in der Zone 5 gefundene Nistvögel:
Fringilla nivalis. | Eudromias mongoli- | Tringa Temmincki.
Leucostiete Brandti. | eus. | Podiceps cornutus.
| Faleirostra Struthersi. | Anser Skorniakori.
Auch hier ist die oben über die nordischen Arten gemachte
Anmerkung anwendbar, im Süden in die Alpenarten übergehend;
von den Arten, die durch die unterhalb des Schnees befindliche
Zone des Tjan-Shans begrenzt werden, nämlich Tringa Temminckü,
ein ziemlich nordischer Vogel, schon in geringerem Grade aber
noch Podiceps cornutus.
2) Nur in der Zone 4 gefundene Arten:
Surnia nisoria. | Turdus atrogwWaris || Acc. montanellus (?).
Nucifraga caryoca- (?). | Regulus flavicapillus.
tactes. | — mystacinus (?). | Parus rufipectus.
Coceothraustes spe- | Futicilla caerwleoce- | — songarus.
euligerus. | phala. Leptopoecila Sophiae.
Carpodacus rubicilla. Calliope pectoralis. ı Pieus tridactylus.
— rhodochlamys. Accentor atrogularis(?). Tetrao urogallus.
— fulvescens. Megaloperdix.Nigelli.
Yon, diesen nisten vielleicht 4 Arten, durch (?) bezeichnet,
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis.
auch tiefer ,
387
in der Zone 3; während 2 Arten Aceentor fulvescens
und Megaloperdix Nigellü in die Zone 5 im Sommer steigen.
3) Nur in der Zone 3 nistend gefundene Arten:
'@yps fulvus
Neophron percnopte-
rus.
Astur jpalumbarius
Ephialtes scops.
Syrnium aluco.
Strix flammea.
Passer petronia.
‚Chlorospiza chloris(?).
Erythrospiza phoeni-
coptera.
| Emberiza caniceps.
Otocorys petrophila
OP).
Myiophoneus Temmin-
ckü.
Petrocincla cyanea.
— samatılıs.
— suecica (2).
Bleophonus languidus.
Sylvia orphea.
Irania albigularıs.
| Zuscin.a aedon Pall.
Irania gutturalıs.
Purus flavipectus.
— cyanus (?).
Silta syriaca.
Picus montanus (?).
Terpsiphone paradist.
Muscicapa grisola.
Hirundo alpestris.
Oypselus melba.
Columba gelastes (?).
Perdix chukar.
Ciconia nigra.
Die mit (?) bezeichneten Arten nisten vielleicht theilweise auch
höher, in der Zone 4; dagegen Cypselus melba nistet in geringer
Anzahl (3—4 Paar) an einer Stelle auch tiefer an den steilen Ab-
fällen der Citadelle von Chodjent, in der Zone 2. Jedoch ist hier
gerade gegenüber der Darja, eine Werst weit der felsige Mogol-
Tau, und wegen einer so geringfügigen Ausnahme fand ich es für-
unpassend, Cypselus melba zu den der Steppe und der Hochebene
gemeinschaftlichen Vögeln zu rechnen.
Strix flammea ist nur einmal im September in der Nähe von
Arys in einer Bergspalte, an der Grenze der Steppe gefunden: an-
geführt ist sie als nistend deshalb, weil sie dort als heimisch und
nicht verirrt erkannt ward; verirrte aufgescheuchte Eulen fliegen
nicht auf diese Weise auf, sie kreisen nicht um den kuhe-
störer. Der letzte Umstand zeigt sogar auf ein Nest, das gerade
bei Strix flammea manchmal auch im Herbst ist, was in Deutsch-
land durch Gloger u. A. beobachtet ward (Cabanis Journ. II. Seite
93 und 173). Hinsichtlich Zphialtes scops ist zu bemerken, dass
wenigstens seine blosse Varietät E. obsoletus Cab. von Eversmann aus
der Bucharei, nach Eversmann’s Reiseroute in der Zone 2 erbeutet
wurde: ob brütend oder auf dem Zuge, lässt sich nicht bestimmen.
‚Auf dem Durchzuge erhielt auch ich E. a in der Zone 2.
b. Steppenvögel.
4) Nur in der Zone 2 sind gefunden:
Passer domesticus (22). | Melanocorypha calan- |
Melanocorypha bima-
Aegithalus coronatus. | dra.
culata.
25%
388 Dr. N. Severzow:
Oolumba fusca. ' Totanus glottis (2?). | (rallinula porzana
Üteonia alba. \ — fuscus (??). ) (??).
Ardeola minuta(??). | — ochropus (??). | — chloropus (9).
Haematopus ostrale- — glareola (9). | Anser cygnoides (??).
qus. \
Die mit (??) bezeichneten Arten steigen auch in die Zone 3
empor. Ich habe unter dieselben auch Passer domestieus nicht ohne
eine gewisse Unschlüssigkeit gestellt, da ich ihn nicht bei Issyk-kul
bemerkt habe, in einer Gegend, die demselben sehr bequem war:
klüftig, an den Aeckern mit Höhlen von Merops apiaster; in diesen
Höhlen nistet unser Haussperling gern in Turkestan, wo er sehr
sporadisch in kleinen Colonien vorkommt, während der allgemeine
Sperling im Gebirge und in den Dörfern Passer montanus ist. Aber
gerade diese Sporadität, «diese Abwesenheit von Sperlingen auf
Stellen der Zone 2, die ihm sehr bequem wären, .lässt vermuthen,
dass sie eben so sporadisch auch auf den Aeckern in den Hoch-
ebenen vorkommen können; so fand ich JFasser domestieus bei
Tschikment im Jahre 1864 während eines dreimonatlichen Sam-
melns nicht — und doch ist er dort und im Jahre 1866 auch er-
beutet, jedoch selten. Anser eygnoides ist von H. Karelin in Sün-
&orien, d. h. im S. vom Irtysch erbeutet. Der Gegend entsinne ich
mich nicht; ich sah bei Usun-Agatsch, circa 50 Werst westlicher
von Wernoje, ein Paar fliegend, ein wenig grösser als A. e-
nereus; alles Kennzeichen, die in dieser Gegend nur Anser eygnoi-
des zukommen. Zu derselben Art zähle ich auch die „besonders
grossen Gänse an der Kessen nistend“, von denen ich durch Ko-
saken gehört habe, die berichteten, dass an der Kessen die Gänse
mannigfaltig sind und es überhaupt viele Wasservögel giebt. Die
„Dasy“ sind wirklich gross und bequem. *)
5) Nur in der Zone 1 brütend gefunden:
Aquila elanga. \ Podoces Panderi. Saltcaria obsoleta.
— bifaseiata. ‚ Passer ammodendri. | — tamariceh.
Astur cenchroides. | Saxicola salina (??). | —— modesta.
Falco Tscherniajevi. | Salicaria graeilis. , — concolor.
*) Zu den in der Zone 2 nistenden Arten muss man wahrscheinlich -
noch Perdix griseogularis Brandt (Bonhami Fras.), nur einmal am Fusse
des Kasykurt, von dem sich zum Darja wüste, felsige Hügel ziehen, in der
Art des den Aufenthaltsort bildenden bei Krasnowodsk, rechnen. Bemerkt
hatte sie der Prüparator Romalsky, welcher sie gut kannte und viele ge-
sammelt hatte.
Allgemeine Uebersicht der aralo-tianschanischen Ornis. 389
Calamodyta phragmi- | Ardea purpurea. Pelecanus onocrotalus
lis. Platalea leucorodia (ea)
Aegithalus rutilans. (2?). Carbo pygmaeus.
Lankius leucopygos. | Eudromias caspicus. | Gavia üchthyaetos.
— pallidirostris. | Vanellus leucurus. | Hydrochelidon leuco-
— isabellinus. Recurvirostra avocet- pareius.
Calandrella Jleuco- ta (??). Anas tadorna.
phaea. | Limosa melanura Füligula mersa.
Caprimulgus isabelli- (??). — rufina.
nus. } |
Die mit (2?) Bezeichneten erreichen wahrscheinlich die Zone
‚3, was ich aus bereits erklärten Betrachtungen folgere. Hauptsäch-
lich muss ich aber von Saxicola salına Eversm. ($. deserti auct.)
bemerken, dass ich denselben während des Durchzuges nicht nur
in der Zone 3, sondern sogar in der Zone 5 gefunden habe.
Hydrochelidon niger, den ich 1870 blos aus Zone 1 kannte, aber
viel höher vermuthete, ist ınir auch richtig 1872 vom Kegen-
plateau, Zone 4 gebracht.
Ueberhaupt kenne ich eigentliche nistende Gebirgsvögel 120
Arten; eigentliche Steppenarten 92; der Hochebene und der Steppe
gemeine 126; im Ganzen (ausser 2 Arten Hausvögel) 3358 Arten.
Nimmt man aber in Betracht die eben angeführten Zahlen und
deren Berichtigungen, so erhalten wir die der Steppe und der
Hochebene gemeinschaftlichen circa 160 Arten, streng Gebirgs-
vögel 120, und ausschliesslich Steppenvögel 60 Arten. Im Ganzen
sind im Gebirge 280, in der Steppe 220 Arten. Diese Zahlen
sind mit den topographischen Bedingungen der Gegend, mit der
Mannigfaltigkeit der Localitäten in der Hochebene und der Einför-
migkeit in der Steppe, mit dem Vorhandensein im Tjan-Shan von
Steppenflachländern auf jeder Höhe viel übereinstimmender, als
Zahlen, die unmittelbar auf meinen noch unvollständigen Beob-
achtungen gegründet sind. Uebrigens die aus den letzteren dedu-
ceirten Zahlendaten zur Charakteristik der verschiedenen Zonen der
senkrechten Verbreitung der Thiere durch die periodischen Er-
scheinungen des Vogellebens können zwar noch keine absolute Be-
deutung haben, jedoch bezeichnen sie schon jetzt ganz richtig den
tupographischen und den klimatischen Charakter der Gegend einer
jeden Zone. Freilich werden weitere Beobachtungen noch. diese
Zahlen verändern — jedoch nicht für alle Zonen gleich; für die bei-
den niederen sind meine Ziffern wohl näher als für die oberen.
(Fortsetzung folgt.)
390 Baron Rosenberg: Ueber Casuarius Kaupi.
Ein Wort über Casuarius Kaupi. #+
Bei meinem mehrmonatlichen Aufenthalt zu Leyden im Jahr
1867 gewann ich schon beim ersten Blick die Ueberzeugung, dass
mein (asuarius Kaupi identisch sei mit Casuarius uniappendieulatus,
wozu ihn noch Gray in seiner Handlist of Birds bringt.
Mein Exemplar, welches in derselben Localität (Westküste von
Salawatti) erlegt worden war, wo später die Bernstein’sehen ge-
schossen wurden, stimmt ganz mit diesen überein. Das Fehlen
des Halsläppchens bei meinem Exemplar erkläre,ich mir durch ir-
gend einen Zufall verursacht zu sein, z. B. durch einen Biss, oder
irgend einen andern Umstand. Professor Schlegel und ich kamen
demnach in der Ansicht überein, dass Casuarius Kaupi synonym
sei mit Caswarius uniappendieulatus. In einer mir kürzlich zu Hän-
den gekommenen Abhandlung über Casuarius Kaupi (Proc. Z. Soc.
6. Febr. 1872) trachtet Sclater desungeachtet die Artselbststän-
digkeit des erstgenannten zu handhaben, indem er sich auf die
Beschreibung des von mir erlegten mangelhaften Exemplars stützt,
also auf eine Diagnose, die eo ipso unrichtig gestellt war. Ich
zweifle nun keinen Augenblick, dass nach dieser meiner bündigen
Erklärung der berühmte, von mir hochgeschätzte Gelehrte nicht
länger auf seiner irrigen Meinung beharren und mit Schlegel und
mir einsehen wird, dass Casuarius Kaupi als selbstständige Art
gestrichen werden muss.
Dagegen habe ich kürzlich eine nun auch von Schlegel, wel-
cher ihn anfänglich für den alten Casuwarius Bennettü hielt, als neu
anerkannte Art in die Wissenschaft eingeführt, die ich während
meiner letzten Reise nach Neu-Guinea (1869--1870) auf der Nord-
ostküste der Insel entdeckt habe. Ich nannte sie Casuarius pa-
puwanus und zu ihr gehört die Abbildung des noch unausgefärbten
Vogels, welche Sclater seiner erwähnten Abhandlung unter dem
unrichtigen Namen Casuarius Kaupi beifügte. Demnach beherbergt
Neu-Guinea zwei Casuar-Arten, eine auf der Nordost- und eine auf
der Südwestküste mit Salawatti.
Zum Schluss noch ein Wort über die prächtige Casuarsamm-
lung im Leydener Museum; es sind daselbst vorhanden von
Casuarius galeatus 7 Stück, worunter 1 von mir,
Ar regalis 1] Stück,
= bicarunculatus 2 Stück, von mir,
& uniappendiculatus 7 Stück, 2 von mir,
“
Baron Rosenberg: Berichtigung. aa
Casuardus papuanus 2 Stück, von mir,
u Bennett! 1 Stück,
also alle bekannten Arten in zusammen 20 Exemplaren.
Darmstadt, den 31. März 1873.
Baron Rosenberg.
Berichtigung zu dem Artikel
a Reichsmuseum in Leyden von F. Freiherrn v. Droste“.
„Suum euique!“
In dem 5. Hefte des Journals für Ornithologie, Jahrg. 1867,
findet sich auf Seite 352—355 der obigen Titel führende Aufsatz,
welcher mir erst vor Kurzem unter die Augen kam. Es finden
sich darin viele Unrichtiekeiten und schiefe Vorstellungen, die ich
in den folgenden Zeilen nachweisen und auf ihr richtiges Maass
zurückführen will.
H. v. D. sagt darin: „46 Paradisea apoda, 21 rubra, sämmt-
lich von Bernstein gesammelt“. Dass dies letztere nicht der Fall
ist, davon hätte H. v. D. sich leicht überzeugen können, wenn er
einen besseren Gebrauch von seinen Augen gemacht hätte. Er
würde dann auf 44 Etiquetten von Paradisea apoda meinen Namen
und nicht den von Bernstein gelesen haben.
Mehrere Zeilen weiter spricht H. v.D. von Professor Schlegel’s
Studien über Oertlichkeit und Sitten und Gebräuche der Eingebo-
renen zum Nutzen jeder neuzuorganisirenden Reise. Woher hat
H. v. D. diese Mittheilung? Gewiss nicht in dieser Weise aus dem
Munde meines hochverehrten Freundes, des Herrn Schlegel. Solche
Studien waren ja überflüssig bei den drei Reisenden (Hoedt, Bern-
stein und Unterzeichnetem), die während der letzten Decennien
in Indien für Leyden gesammelt haben. Hoedt, auf Amboina ge-
boren, war indischer Regierungsbeamter und mit der Oertlichkeit
und den Sitten und Gebräuchen der Einwohner der Inseln hinläng-
lich bekannt, welche er später bereiste. Bernstein, Privatier und
nur zeitlich, ohne irgend einen Rang zu bekleiden, durch die indi-
sche Regierung employirt, war schon 5 Jahre in Indien, als er den
Auftrag bekam, für das Leydener Museum zu sammeln. Ich selbst
befand mich schon 23 Jahre in indischen Diensten, hatte Sumatra,
Java, die Molukken gesehen, war territorialer Regierungschef ge-
wesen, als mir vom Gouvernement der gleiche Auftrag ertheilt
wurde. Professor Schlegel hatte also wahrlich nicht nöthig, uns
den Inhalt seiner Studien mitzutheilen über Land und Volk, was
392 Baron Rosenberg: Berichtigung.
wir weit gründlicher kannten, wie er selbst, Mir zum mindesten
hat er nichts darüber mitgetheilt.
Weiter beisst es: „so konnten Conflicte mit den Eingeborenen
vermieden werden und war der Reisende wohl unterrichtet von
Allem“. Wenn H. v. D. jemals unter sogenannten Wilden gereist
hätte, würde er diese Worte, von welchen ich voraussetze, dass
dieselben so nicht aus Schlegel’s Munde gegangen sind, schwerlich
niedergeschrieben haben. Denn dass es selbst bei der genauesten
Bekanntschaft mit Charakter und Gebräuchen der Eingeborenen
dennoch möglich ist, mit denselben in Conflict zu gerathen, weiss
ich aus eigener Erfahrung. Auch Bernstein, der freilich Küchen-
malayisch sprach und mit den Eingeborenen ebensowenig umgehen
konnte wie mit Europäern, könnte, wenn er noch lebte, ein Glei-
ches mittheilen. Und was die Floskel „wohl unterrichtet von Allem“
betrifft, so ist dies eben nur eine — Floskel, deren Tragweite H.
v. D. nicht gehörig in’s Auge gefasst hat und die gewiss nicht aus
Schlegel’s Mund gekommen ist. Ich, der ich 15 Jahre lang die
Westküste von Sumatra bereist habe und dieselbe besser kenne
wie mein Geburtsland Hessen, hüte mich wohl, bezüglich jenes
herrlichen Gebiets einen solchen Ausspruch zu thun.
Endlich sagt H.v. D. noch: „zum Acelimatisiren lässt er
(Schlegel) den Reisenden zuerst eine gesunde Insel untersuchen“.
Ich möchte wohl wissen, mit welchem Reisenden dies geschehen
ist; wir Drei, namentlich Hoedt und ich, bedurften doch wahrlich
keiner Acclimatisation mehr, als wir unser Mandat empfingen. Und
was meint H. v. D. (immer von dem Standpunkte ausgehend, dass
Schlegel sich unmöglich in soleher Weise geäussert haben kann),
mit „gesunder Insel“ und wo liegt dieselbe? Die grossen Inseln
des Archipels haben Gegenden, die gesund, und andere, die unge-
sund sind, und kann man deshalb von keiner sagen, sie sei unbe-
dingt das eine oder das andere. Unter den kleineren Inseln giebt
es dagegen wohl manche, die als gesund bekannt sind, wie z. B.
Amboina und Ternate; darum bleibt aber doch der neuangekommene
Europäer ebensosehr den Wirkungen der tropischen Sonne auch
da blossgestellt.
Mit meinen Berichtigungen zu Ende, schreite ich zum Schluss.
Nach H. v. D. Vorstellung sollte man glauben, wir wären nichts
Anderes gewesen als Drahtpuppen in der Hand des Museums-
Directors in Leyden. Nichts ist jedoch wunrichtiger wie diese
Meinung, zum wmindesten was mich betraf,
Dr.O. Finsch: Ueber Olitonyx Reichb. u. Phyllodytes Finsch. 393
Sterna Douglasi, deren H. v. D. in seinem Aufsatz erwähnt,
wurde von mir auf den Aru-Inseln angetroffen, als Novität für den
indischen Archipel.
Im Besitze einer kleinen Sammlung ausgestopfter Vögel, wor-
unter manches Seltene, lade ich die Herren Ornithologen auf ihrer
Durchreise durch Darmstadt zur Besichtigung meiner Schätze
freundlichst ein. |
Darmstadt, den 1. April 1875.
Baron Rosenberg.
Ueber die systematische Stellung
der neuseeländischen Gattungen Olitonya Reichb. und
Phyllodytes Finsch.
Von
Dr. Otto Finsch in Bremen.
Ich habe in meinen bisherigen Arbeiten über neuseeländische
Ornis, dem Vorgange G. R. Gray’s (Ibis 1862, p. 220) folgend,
die „Fringila“ albieilla Lesson (voy. Coqu. Zool. I. p. 662) dem
Genus Orthonyx Temm. eingereiht, sprach aber schon in der Ueber-
setzung zu Buller’s „Essay on the Ornith. of N. Z.“ die Vermu-
thung aus (Journ. f. Orn. 1867, p. 320, Note), dass die genannte
Art wohl mehr zum Genus Certhiparus Lafr. gehören werde. Dr.
Buller, der meine Uebersetzung seines „Essay“ zum Gegenstand
einer kleinen Abhandlung machte, sagt in derselben (Trans. et
Proced. of the N. Z. Inst. I. 1869, p. 108, 10): „Es würde ohne
alle Frage falsch sein, die beiden Papokatea-Arten, Mohoua albi-
cilla und M.ochrocephala in der Weise (wie ich dies vorgeschlagen),
generisch zu trennen, da sie ganz nahe verwandt sind. In der
Gestalt ähneln sie einander, obschon sie verschieden gefärbt sind,
und ihre Lebensweise ist genau dieselbe. Sie repräsentiren einan-
der auf der Nord- und Südinsel“, und wiederholt diese Ansichten
in seinem Aufsatze „Further Notes on the Ornith. ofN. Z.“ (Trans.
et Proc. N. Z. Inst. vol. II. 1871. Trans. p. 40), so wie in sei-
nem grossen Werke (Hist. B. of N. Z. p. 101). Auch mir blieb
niehts übrig, als mich diesem Urtheile anzuschliessen (Journ. f.
Orn. 1870, p. 255, und 1872, p. 110), da mir die Fringilla albieilla
Less. eben nur nach der Abbildung Gray’s (voy. Ereb. et Terr. t.
5. f. 2) bekannt war, welche bezüglich der generischen Charaktere
(Fuss- oder Flügelbildung) keine näheren Details angiebt, um so
mehr, als sicb auch Potts ebenfalls zu Gunsten ‚der Buller’schen
394 Dr. ©. Fiusch:
Anordnung aussprach. Nachdem dieser ausgezeichnete Beobachter
zuerst die Art als Öerthiparus albiella aufführt (Trans. et Proceed.
N. Z. Inst. vol. DI. 1570, p. 59) und auf die Aehnlichkeit des Nestes
mit dem von Orthonya ochrocephala hinweist, sagt er später (die-
selbe Zeitschr. vol. 11. p. 74, No. B. 19): „Orthonyz (Mohoua)
albieillus ähnelt in der Lebensweise so sehr Mohoua ochrocephala, -
(dass man nur mit Bedauern sehen kann, wie Örnithologen die Art
neulich in eine andere Gruppe einreihten“.
Indess scheint Potts neuerdings diese Ansicht geändert zu haben,
denn er bemerkt (dieselbe Zeitschr. vol. V. 1873, p. 177): „Ortho-
nyx. Nach genauer Vergleichung einer Reihe von Nestern und
Eiern bin ich geneigt zu glauben, dass die 2 Arten weniger nahe
verwandt mit einander sind, als man bisher gewöhnlich annahm“,
und fügt brieflich (datirt 27. März 1573) hinzu: „Die Orthony.u-
Arten werden einst getrennt werden müssen; ich stimme hinsicht-
lich dieser Vögel nieht mit Buller überein, nachdem ich ©. albi- _
ella häufig in den Wipfeln der Bäume bei Pakarataki auf der
Nordinsel beobachten konnte“. Und Capt. Hutton schreibt mir
schon früher (28. Januar 1875): „Ich bin sicher, dass Orthonya
albierlla kein Orthonyx ist und noch weniger als Repräsentant von
O. ochrocephala auf der Nordinsel betrachtet werden darf; ebenso
wie im Fussbau sind die Arten in der Lebensweise und im Gesang
verschieden“, und fügt in Bezug auf den letzteren später (14. März
1573) hinzu: „Buller hat den Gesang von Petroica albifrons irr-
thümlich Orthonyz albieilla zugeschrieben. Der Gesang des letz-
teren Vogels ähnelt dem des Goldammers, aber nicht dem des Ka-
narienvogels, wie Buller angiebt“.
Nachdem ich im Laufe dieses Sommers durch die Freundschaft
Hutton’s mit einem Exemplare der Fringella albieila Less. über-
rascht wurde, überzeugte ich mich auf den ersten Blick von der
Richtigkeit der Ansicht dieses Forschers. Man braucht eben nur
die Fussbildung dieses Vogels und die von Orthony« ochrocephala
zu betrachten, um einzusehen, dass beide Arten in ganz verschie-
dene Familien gehören und dass daher von einer gegenseitigen
Vertretung derselben, wie Dr. Buller versichert, nicht die Rede
sein kann.
Orthonyz ochrocephala Gray (= Musctcapa ochroce-
phala Gml.) schliesst sich im Schnabel- und Fussbau zunächst der
australischen ©. spinicauda Temm. an. Wie bei dieser Art, sind
die beiden äusseren Zehen am längsten und viel länger als die in-
Ueber Olitony:z Reichb. und Phyllodytes Finsch. 395
mere; während die Aussenzehe (ohne Nagel) ungefähr die halbe
Länge des Laufes erreicht, beträgt die Länge der inneren nur ein
Drittel desselben. Es ist dies eine Eigenthümlichkeit, welche sich
in der ganzen Vogelwelt fast nur bei den Dendrocolaptinen findet
und für diese charakteristisch wird. Ich habe eine grosse Anzahl
von Arten der Genera Dendrocincla, Dendrocolaptes, Xiphocolaptes,
Nasica, Dendrornis, Dendroplex, Piecolaptes, Xiphorhynchus und
Sittasomus vor mir, die alle darin übereinstimmen, dass die beiden
Aussenzehen gleichlang und bedeutend länger als die innere sind.
Auch ist die Verwachsung der Aussenzehen mehr entwickelt als
bei Orthonyx, wo sie sich auf das letzte Glied beschränkt. Ganz
. abgesehen von den erheblichen Differenzen im Schnabel- und Flü-
gelbau, zeichnen sich die Dendrocolaptinen durch den kurzen Lauf
aus, der die Länge der Aussenzehe selten übertrifft, und durch die
sehr stark seitlich zusammengedrückten, scharf gespitzten und ge-
krümmten Nägel. Bei O. ochrocephala finden wir dagegen, wie
bei spinicauda, weniger gekrümmte, äusserst starke Nägel, ganz im
Einklang mit der auffallenden Entwickelung der Zehen. So nahe
sich nun auch O. spinicauda und O. ochrocephala stehen, so über-
zeugt man sich doch bei einer genauen Vergleichung beider Arten
dass Lesson vollkommen Recht hatte, wenn er die letztere (s. n.
Mohua!!) generisch absonderte. Doch adoptire ich, von der bar-
barischen Benennung zurückgeschreckt, Reichenbach’s spätere Ch-
tonyz (Avium systema naturale 1849, t. XXXVII.), wobei ich
jedoch in Bezug auf die citirte Tafel bemerken muss, dass der Fuss-
bau von Chtonyz nicht ganz richtig dargestellt ist, indem die Innen-
zehe zu lang erscheint. Die einzig richtige Abbildung des Fusses
bleibt die von Lafresuaye (Orthonyx heteroclytus, Mag. de Zool.
1839, pl. 8).
Hinsichtlich der generischen Unterschiede zwischen Orthonyx
und Clitonyx lässt sich das Folgende hervorheben.
Der Schnabel bietet kaum Verschiedenheiten, nur ist er bei
Clitonyx unbedeutend mehr gestreckt mit etwas vorragender Spitze
des Oberschnabels. Die Flügelbildung, obschon im Allgemei-
nen ähnlich, zeigt wesentliche Verschiedenheiten in den Schwingen-
verhältnissen. Bei Cbitony® sind die 4. bis 6. Schwinge gleichlang
und am längsten, die 5. etwas kürzer als die 7.; die 2. verkürzt
und gleich der 9.; die i. stärker verkürzt und halb so lang als die
4. ; die Flügelspitze ragt mässig vor und der Flügel erscheint mehr
‚spitz, Orthonys zeigt: 4. bis 7. Schwinge gleichlang und am
396 Dr. OÖ. Finsch:
längsten, 8. etwas kürzer, gleich der 3.; 2. verkürzt, kürzer als
9.; 1. mässig verkürzt, länger als die Hälfte der 4.; die Flügel-
spitze ist sehr kurz, der Flügel daher abgerundet. Im Schwanz-
bau weicht Orthonyz total durch die breiten, hartschäftigen, mit
stachliger Vorragung der Federschäfte versehenen Federn, die denen
von Dendronis ähneln, ab; Clitonye hat einen etwas abgestuften
Schwanz, mit schmalen, spitzgerundeten Federn, ohne stachlige Vor-
ragung der Schäfte. Die Fussbildung bietet nur insofern Ver-
schiedenheiten, als bei Clitonyx® die Hinterzehe kräftiger entwickelt
ist, namentlich der Nagel derselben. Wenn 6. R. Gray auf ©.
spinicauda (List of the Gen. of B. 1840, p. 19) eine eigene Sub-
familie: Orthonyeinae begründete, so lässt sich dies im Hinblick
auf die Fussbildung vollkommen rechtfertigen. Aber während
Gray (Gen. of B. 1. 1847, p. 151, t. 44. O. spinicauda) diese Sub-
familie noch der Familie Certhidae einreiht, bringt er sie später
(Handl. of B. I. 1869, p. 155) zur Familie Menuridae (Bp.
Consp. av. I. p. 215), was mir nicht richtig scheint. — Cabanis’
Vorgange folgend (Mus. Hein. II. p. 21), betrachte ieh nämlich
Menura als eine Subfamilie der Fteroptochidae, wie dies auch Sun-
devall neuerdings annimmt (Försök till Fogelklassens etc. 1872, p.
65). Ich kann mich aber mit dem letzteren ausgezeichneten For-
scher nicht einverstanden erklären, wenn er (l. c. p. 9) COltonyz
Reichb. zur Familie Orateropodinae setzt, während er Orthonyz (1.
c. p: 11) zur Familie Brachypteryginae stellt. Nach meinem Dafür-
halten dürfen Clitonyz Reichb. (= Mohua!! Less.) und Orthonyx
Temm. nicht getrennt werden, sie bilden zusammen die Subfamilie
(rthonysinae Gray, welche sich der Familie Certhödae naturgemäss
einreiht. Von Obtonyz kennt man bis jetzt nur die eine Art Neu-
seelands Cl. ( Muscicapa) ochrocephala (Gml.), von Orthonyx ist ausser
spinicauda Temm. noch eine zweite Art O. Spaldingi Ramsay (von
(Queensland) aufgestellt worden. Interessant ist der Nachweis des
Vorkommens der ersteren, bisher als ausschliessend australisch an-
senommenen Art in Neu-Guinea (Schlegel, Nederl. Tydschr. voor
de Dierkunde vol. IV. 1871, p. 47). —
Hinsichtlich der Fringilla albiella Less. erwähnte ich bereits,
dass dieser Vogel mit Clitonyz nichts gemein hat und in eine ganz
andere Familie gehört. Die genaue Vergleichung des durch Capt.
Hutton erhaltenen Exemplares mit Certhiparus (Parus) Novae-Zea-
landiae (Gml.), wovon mir 3 Exemplare vorliegen, überzeugt mich
von der generischen Zusammengehörigkeit beider Arten, obschon
Ueber Chtonye Reichb. und Phyllodytes Finsch. 397
sich gewisse leichte Abweichungen nicht verkennen lassen. Die
generischen Kennzeichen der Gattung Certhiparus Lafresn. (Rev.
Zool. 1842) werden von G. R. Gray (Gen. of B. I. 1847, p. 195)
sehr richtig angegeben, und Schnabel, Fussbau und Flügel (l. c.
tab. 52, 6, wovon Reichb.-Av. syst. nat. t. LXH. nur eine Copie
ist) abgebildet. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Gat-
tung sich der Familie Paridae (Gray, Handl. of B-L, p. 231) ein-
reiht, und ich konnte nach Untersuchung von C. Novae-Zealandiae
schon einige bestätigende Bemerkungen geben (Journ. f. Orn. 1872
p- 111). Danach unterscheidet sich Certhiparus von Parus haupt-
sächlich durch die nicht völlig von den Stirnfederchen bedeckten
Nasenlöcher, die längere erste Schwinge und, wie ich hinzufügen
kann, durch den stärker seitlich zusammengedrückten, längs der
Firste etwas mehr gebogenen Schnabel. In Bezug auf den letzte-
ren zeigt C. albiella denselben etwas höher und zugleich kräftiger
als ©. Novae-Zealandiae; was die Flügelverhältnisse anbetritit, so
ist bei Oerthiparus Novae-Zeglandiae die 5. Schwinge am längsten,
die 4. und 6. unbedeutend kürzer, die 3. gleich der 7.; die 2. gleich
der 1i0., die 1. verkürzt, halb so lang als die 3.; Certhiparus.al-
bieilla zeigt die 5. und 6. Schwinge am längsten und die 4. gleich
der 7. — Bei der Geringfügigkeit dieser Abweichungen wird wohl
Niemand ernstlich an eine generische Trennung denken können,
um so weniger, als im Uebrigen beide Arten vollkommen überein-
stimmen. Wie ©. Novae-Zealandiae zeigt auch C. albieilla gleiche
Sehwanz- und Fussbildung; die beiden Aussenzehen sind gleich-
lang und bedeutend kürzer als die Mittelzehe; Hinterzehe sehr lang
(von der Länge der äusseren) mit sehr kräftigem, gekrümmtem
Nagel. Der Fussbau also ganz wie bei Parus. Wir werden da-
her die Neuseeland eigenthümliche Gattung Certhiparus Lafresn.,
für welche ich, des sprachwidrig gebildeten Namens wegen, die
Neubenennung Phyllodytes vorschlage, als Glied der Fam. Pa-
ridae, Subfam. Parinae belassen müssen, ganz wie sie von Gray
(Gen. of B. I. p. 194 und voy. Ereb. et Terr. p. 6) schon früher
sehr richtig eingereiht wurde. Bis jetzt sind nur die zwei folgenden
Arten bekannt:
1. Phyllodytes Novae-Zealandiae (Gml.).
Parus Novae-Zealandiae Gml., S. N. p. 1013. — Certhiparus No-
vae-Zealandiae Lafr., Rev. Zool. 1842, p. 69. — Certhiparus macu-
licaudus Gray.
398 F. W. Hutton:
2. Phyllodytes albieilla (Less.).
Fringilla albieilla Lesson, voy. Coqu. Zool. I. p. 662. — Parus
senilis Du Bus. — Certhiparus senilis Lafr. — Mohoua cinerea Gray.
— Orthonyxz albiella Buller.
Ueber die Arten der Gattung Ocydromus in Neuseeland.
Von
Capt. F. W. Hutton in Wellington.
(Aus dem Englischen von Capt. Paul Conrad.)
Die Auseinandersetzungen, welche Herr Dr. Finsch über die
Ocydromus - Arten Neuseelands im Journal für Ornithologie vom
Mai 1872 (p. 174—181) giebt, veranlassten mich, die Exemplare
dieser Gattung im Colonial-Museum von Wellington nochmals mit
einander zu vergleichen. Obgleich ich von vornherein annahm,
dass ich im Stande sein würde, Uebergänge zwischen den verschie-
denen Species zu finden und dass sie sich nur als Varietäten erweisen
würden, so war ich doch vor Beendigung meiner Untersuchungen
nicht nur von der Richtigkeit der Darstellung des Dr. Finsch über-
zeugt, sondern ich fühlte mich auch veranlasst, noch zwei weitere
Arten zu unterscheiden, welche ich weiter unten beschreiben
werde.
l. Ocydromus troglodytes (Gml.). — Finsch, Journ. f.
Orn. 1872, p. 174.
Die Kennzeichen dieser Art sind bereits von Dr. Finsch ge-
nügend hervorgehoben worden. Sie bestehen in der hervorragen-
den Grösse der vorherrschendeu bräunlicholivengelben Färbung
und darin, dass die mittleren Schwanzfedern gewöhnlich einen
schwarzen Streif längs dem Schafte zeigen; dazu kommt noch, dass
die Spitzen der ersten Schwingen scharf zugespitzt sind.
Ich glaube, dass die Geschlechter der Exemplare, welche Dr.
Finsch beschreibt, unrichtig bestimmt waren, denn das Männchen
ist immer grösser wie das Weibchen.
Nachfolgend gebe ich die Durchschnitts - Grössenverhältnisse
der Exemplare im Colonial-Museum.
Kan x 'Höhedes | | Mittel-
‚Schwin- | Schwanz Oulmen | Schna- | arsus | zehe
gen | bels an ohne Na-
| | der Bank gel
3 L 7. gu I 4. gu Toow I ‚83 Fi 5" 13 2. 400)
SERIEN MEN. 2.15
*) Englisches Maass.
Ueber die Arten der Gattung Ocydromus in Neuseeland. 399
Diese Art bewohnt den grössten Theil der Südinsel und
ist in den Gebirgen häufiger als in den Ebenen. Ob das
Exemplar, welches Schlegel s. n. ©. brachypterus von den Chatham-
Inseln (Mus. P. B. Ralli, p. 73.) aufführt, zu dieser Species gehört,
würde sich allein durch Vergleiehung des typischen Exemplares
entscheiden lassen, da der Vogel auf diesen Inseln ausgestorben ist.
2. Ocydromus Hector: Hutton (sp. nov.)
In Grösse und Färbung ähnelt diese Art am meisten O. troglo-
dyies, aber sie hat einen stärkeren Schnabel und die Gesammt-
färbung ist isabellbraun oder rehfarben; die Schwingen erster Ord-
nung haben abgerundete Spitzen und sehr schmale dunkle Quer-
binden, welche zuweilen undeutlich werden; die Schwanzfedern sind
wie bei O. troglodytes gefärbt.
En Höhe des Mittel-
Schwin- |Sehwanzl'Culmen | >ehna- | Parsus | zehe
gen bels an ohne Na-
der Basis gel
Dame 2e]: mm wu Dez |
O. Heetori bewohnt die gebireigen Theile der Provinz Otago
der Südinsel, und ist vermuthlich derselbe Vogel, welcher von Dr.
Hector und Herrn Buchanan gesehen worden ist. (Buller, Hist.
Birds of N. Z., p. 171. „cream-coloured variety.“) Ich habe diese
Art nach Dr. Hector benannt, dem Director des Colonial-Museums,
welcher zuerst die Aufmerksamkeit auf dieselbe leukte.
3». Ocydromus australis (Sparrm.). — Finsch, |.
p- 178.
Unterscheidet sich von den zwei vorhergehenden Species durch
geringere Grösse, den vorherrschend olivenrostbraunen Färbungs-
ton, die graue Farbe des Kinns und der Kehle, sowie auf der
Unterbrust (hier besonders bei den Männchen), das stärker hervor-
tretende Brustquerband, und dass alle Schwanzfedern rostfarben
gebändert sind. Die Spitzen der ersten Schwingen sind, scharf
C.
zugespitzt.
| Höhe des | Mittel- |
Schwin- Schna- ! zehe
En Schwanz! Culmen Balsam I ne
der Basis | gel
\ \ 4, 4'' il. 7 a 69 0 : a8 0
9) 4.4 178 . 68 2.0
400 F. W. Hutton:
Diese Art verbreitet sich fast über die ganze Südinsel, ist
aber in den Ebenen häufiger als in den Gebirgen.
4. Ocydromus Finschi Hutton (sp. nov.).
Kehle, Unterleib und Schenkel dunkel bräunlichgrau, die Federn
der übrigen Körpertheile bräunlich - schwarz, mit gelblich rostfar-
benen Flecken am Aussenrande jeder Fahne; untere Schwanz-
decken und die Federn an den Seiten sind gelblich - rostfarben
sebändert; die Schwingen erster Ordnung haben scharf zugespitzte
Enden und sind braunschwarz mit matt-rostfarbenen Querbinden
über beide Fahnen; die mittlen Schwanzfedern sind bräunlich-
schwarz, die äusseren am Aussenrande jeder Fahne gelblich-rost-
farben getleckt; Schnabel dunkelbraun, nach der Basis des Unter-
schnabels zu röthlich werdend; Beine bräunlich-roth.
| Bu | Höhe des |
‚Schwin- Schwanz! Culmen | Schna- | Parsus
I gen | bels an
| | | der Basis
"eg Iam|oe Tıgel . geiosael 200
| & 351 46] 1.7 | .64 7121 2.0
Varietät oder junges Exemplar? Die hellfarbene Zeich-
nung an den Federn grösser und in Randbänder übergehend; die
Punkte an den Schwingen zweiter Ordnung rostfarben; die Mittel-
schwanzfedern sind wie die übrigen gezeichnet.
O. Finschi scheint auf den südlichen Theil der Provinz Otago
beschränkt und zwar auf die östliche Seite der Alpen, vom See Te
Anau bis zu den südlichen Abhängen der Takitimu-Berge. Diese
Art unterscheidet sich von ©. fuscus in der Zeichnung und Form
der Handschwingen und in der Zeichnung auf der oberen Körper-
seite ; von ‘O. troglodytes durch die Gesammtfärbung, die geringere
Grösse, den längeren Schwanz und durch das geringere Vorkommen
von Rostfarbe auf den Flügeln.
Ich habe diese Art nach Dr. Otto Finsch benannt, als ein
schwaches Zeichen von Anerkennung für seine werthvollen For-
schungen über die Vögelarten Neuseelands. Möglicherweise ist
diese Species identisch mit Gallirallus brachypterus Lafresnaye.
5. Ocydromus fuseus (Du Bus). — Finsch, ]. c. p. 180.
Diese Art kennzeichnet sich durch die dunkle Färbung, durch
das Fehlen aller Zeichnung auf den Schwanzfedern, und dass die
Innenfahne der Schwingen erster Ordnung entweder nur ganz spär-
Ueber die Arten der Gattung Ocydromus in Neuseeland. 401
lich mit matt Rostfarben verwaschen oder ganz ohne Flecke ist
und dass die Spitzen der Schwingen abgerundet sind.
| Höhe des Mittel- |
IDehwin- | Schwanz | Culmen | Dehna- | Targus || ‚zehe
gen | bels an ohne Na-
Nase) der Basis sel
Bmw | 2.80% 1250] .84° | 2.3" | 2. 3%
Beim jungen Vogel sind die Handschwingen scharf zugespitzt
und beide Fahnen rostfarben gebändert, aber nicht ganz bis an
den Schaft an; die Gesammtfärbung ist auch viel heller; die Fe-
dern haben gelblieh-rostfarbene Ränder und die Schwanzfedern
Flecke von gleicher Farbe. Solche junge Exemplare sind nicht leicht
vom alten ©. Finschi zu unterscheiden. Diese Art kommt nur an
der Südküste der Provinz Otago vor, an der westlichen Seite der
Alpen.
6. Ocydromus Earlii Gray. — Finsch, 1. c. p. 179.
Unterscheidet sich leicht durch die dunkel-rostbraune Rücken-
färbung und den grauen Bauch. Die Schwingen erster Ordnung
sind bei den alten Vögeln an den Spitzen abgerundet, bei den
jungen aber scharf zugespitzt. Beim alten Männchen sind die
Schwingen nur an der Innenfahne rostfarben gebändert, während
sie bei den Weibchen und jungen Vögeln mehr oder weniger an
beiden Fahnen gebändert sind. Die Schwanzfedern sind ohne
Zeichnung bei beiden Geschlechtern und in allen Altersstufen.
ek Höhedes Mittel-
‚Schwin- Schwanz | Culmen , Sehna- | Parsus | ‚Zehe
gen belsan ohne Na-
| der Basis gel
Del. lan,
ee: en 22| 20
Diese Art bewohnt die ganze Nordinsel, besonders den süd-
lichen Theil derselben.
Wellington, im Juli 1873.
Bemerkungen
zu dem vorstehenden Aufsatze über die Ocydromus-Arten.
Dr. Otto Finsch in Bremen,
Von
Indem ich mich freue, die obigen werthvollen Untersuchungen
Cab. Journ. f. Omith. XXI. Jahrg. No. 124. Oetober 1873,
26
402 Dr. O. Finseh:
meines geschätzten Freundes Capt. F. W. Hutton den Lesern
unseres Journals direct zugänglich machen zu können, möge es
mir gestattet sein, einige weitere Bemerkungen hinzuzufügen.
Ocydromus troglodytes (Gml.).
Zu dieser Art gehört:
Ocydromus australis Buller, Hist. B. of N. Z. 1875, p. 170, mit
einer schönen Abbildung, welche namentlich den bräunlicholiven-
gelben Färbungston sehr exact wiedergiebt. Die synonymischen An-
gaben Dr. Buller’s sind äusserst fehlerhaft; das Citat „Ocydromus
brachypterus“ Lafresn. hat mit dieser Art nichts zu thun.
Ocydromus australis (Sparrm.).
In Dr. Buller’s grossem Werke wird diese Art als ©. Earli
beschrieben und mit der von mir unter letzterem Namen (l. c. p.
179) dargestellten vereinigt. Leider lässt Dr. Buller den Typus
von ©. Earli Gray im British- Museum gänzlich unerwähnt, und
so bleibt die Frage immer noch ungelöst, ob diese letztere Art
wirklich mit der von mir und Capt. Hutton beschriebenen, lebhaft
zimmtrostbraunen identisch ist, oder ob sie mit ©. australis zusam-
menfällt. Nach Gray’s Beschreibung zu urtheilen, war ich zu der
ersteren Annahme berechtigt, aber eine endgültige Entscheidung
lässt sich nur durch directe Vergleichung des Typus ermitteln, und
diese hätte man von Dr. Buller, bei der Wichtigkeit des Gegen-
standes, wohl erwarten dürfen. Nach den allgemeinen Bemerkungen
dieses Forschers (p. 166. „Obs.“) findet eine sehr erhebliche indi-
viduelle Variabilität in den Färbungsverhältnissen statt, „selten
werden zwei ganz gleich gefärbte Individuen gefunden“ und es
scheinen alle Uebergänge von der Färbungstufe des 0. australis
bis zu der des ©. Earli, Finsch und Hutton, vorzukommen. So-
viel steht fest, dass die von Dr. Buller gegebene sehöne Abbildung
seines ©. Earli nicht die von mir beschriebene Art, sondern den
echten ©. australis betrifit, denn sie stimmt durchaus mit dem von
mir beschriebene Exemplaren (. e. p. 125) des Bremer Museums
überein. Dasselbe stammt aber von der Südinsel, während ©. Earli
Buller der Nordinsel eigenthümlich sein soll. Es ergiebt sich
hieraus zur Genüge, dass noch viel Unsicherheit über die Arten
dieser schwierigen Gattung herrscht, und dass es ansehnlicher
Serien von Exemplaren bedürfen wird, um eine befriedigende
Lösung herbeizuführen.
Ueber die beiden als neu aufgestellten Arten Hutton’s ent-
halte ich mich eines Urtheils, bis es mir vergönnt sein wird, aus
Bemerkungen zu den Ocydromus-Arten, 403
‚ eigener Anschauung über dieselben zu beriehten, wozu durch die
Bereitwilligkeit und das Entgegenkommen meiner Freunde in
Neuseeland genügende Hoffnung vorhanden ist. Mit Capt. Hutton
stimme ich darin überein, dass die hellfarbigen Exemplare, weiche
Dr. Buller (p. 171 ‚‚Varieties“) unter O. troglodytes aufführt, vor-
aussichtlich zu ©. Hectori gehören. Wenn Capt. Hutton eine
Identität seines ©. Finsch! mit Gallirallus brachypterus Lafresn.
vermuthet, so ist dies eine grundlose Annahme, die nur auf der
Unkenntniss mit der Darstellung Lafresnaye’s beruht.
Unter obiger Benennung beschreibt der letztgenannte franzö-
sische Forscher (Rev. Zool. 1841, p. 243) einen rallenartigen
schwarzen Vogel (‚le noir general du plumage passe insensiblement
& P’ardoise obseur sur les cötes de la tete, la gorge, le haut du
cou, en devant, le milieu de l’abdomen et les jambes.“), von dem
er (Magaz. de Zool. 1842. Ois. t. 24.) eine Abbildung gab. Das
Exemplar aus dem Museum in Caen, war ohne jede Heimaths-
angabe. Später vereinigte De Lafresnaye (Rev. de Zool. 1849, p.
433) unbegreiflicher Weise seinen Gallirallus brachypterus mit Oey-
dromus ausiralis, in welchem Vorgange ihm später v. Pelzeln
folgte (Verhandl. d. k. k. Zool.-bot. Gesellsch. 1867, p. 318.).
Dagegen hatte G. R. Gray Gallirallus brachypterus (List of
the B. of N. Z. Ibis 1862, p. 238) sehr richtig dem Genus Ocy-
dromus eingereiht und als synonym mit Gallirallus fuscus Du Bus
unter die Vögel Neuseelands aufgenommen. Buller führte in sei-
nem „Essay“ (s. Finsch, Journ. f. Orn. 1867, p. 334) O0. brachy-
pterus als „äusserst selten, wenn nicht schon ganz ausgestorben“
auf, obsechon ihm der echte Gallirallus brachypterus gänzlich unbe-
kannt sein musste. Ich glaubte früher (Journ. f. Orn. 1867, p.
336) @. brachypterus als Jugendkleid von ©. Earli betrachten zu
dürfen, machte aber später (Journ. f. Orn. 1870, p. 354), als ich
zuerst die Identität von Ocydromus nigricans Buller mit Galkrallus
fusecus Du Bus nachwies, darauf aufmerksam, dass der Lafresnaye’-
sche Vogel nach wie vor von unbekannter Herkunft bleibe und
wahrscheinlich mehr mit Gailirallus Lafresnayanus Verr. verwandt
sein werde. Dr. Buller scheint diese Notiz ganz übersehen zu
haben, sonst würde es ihm nicht einfallen, in seinem grossen Werke
noch @. brachypterus als synonym mit O. australis zu betrachten.
Jedenfalls ist eine Identität mit O. fuscus Du Bus, wie sie Gray
zuerst vermuthete, viel wahrscheinlicher, würde sich aber nur durch
eine Vergleichuug des Typus im Museum zu Caen entscheiden
26*
404 Dr. A. B. Meyer:
lassen. Dass 0. brachypterus Schleg. (von den Chatham-Inseln)
ebenfalls einer genaueren Untersuchung bedarf, ist von Hutton
schon mit Recht bemerkt worden; möglicher Weise bildet der
Ocydromus der Chathams, von dem nur «as Leidener Museum ein
Exemplar zu besitzen scheint, eine besondere Art.
Ocydromus Earli Finsch.
Wie bereits erwähnt, ist eine Vergleichung des Typus von
Gray im British-Museum unerlässlich, um nachzuweisen, ob die
von mir und Hutton beschriebene iebhaft zimmtrostbraune Art
oder die von Buller dargestellte (also australis Sparrm.) und abge-
bildete gleichartig sind und den echten ©. Earli Gray betrefleu.
Der von Potts neuerdings erwähnte, lebhaft rostrothe Oeydromus
(Trans. Proceed. of the N. Z. Inst. vol. V. p. 199) hat jeden-
falls auf meinen Earlı Bezug. |
Notiz über die Vögel von Celebes.
Von Dr. Adolf Bernhard Meyer. *)
In der kürzlich in den Trans. Zool. Soc. Vol. VIIL von Lord
Walden publieirten Liste der Vögel von Celöbes ist der Zuwachs,
welchen unsere Kenntnisse der celebensischen Avifauna durch meine
während eines Jahres im Norden, im Centrum und im Süden die-
ser Insel angelegten Sammlungen erfahren haben, nicht so klar
zu Tage getreten, wie es in einer Darstellung meinerseits geschehen
wäre. Ich gebe daher im Folgenden eine kurze Aufzählung der Ar-
ten, welche überhaupt neu für die Wissenschaft sind, und derjeni-
gen, welche sich als neu für die Fauna von Celebes herausgestellt
haben und behalte mir vor, nach meiner Rückkehr von Neu-
Guinea die Vögel von Celebes kritisch und im Zusammenhange mit
denen der umliegenden Inseln zu betrachten, und Beobachtungen
über ihre Lebensweise und die Sitten mitzutheilen,, zu deren Dar-
stellung es mir augenblicklich an Zeit gebricht.
I. Neue Arten:
l. Trichoglossus Meyeri Walden. | 4. Broderipus celebensis Wald.
2. Loriculus quadricolor Wald. | 5. Broderipus formosus Gab.
(Togian Inseln). Mss. (Siao)**).
|
3. Pernis celebensis Wald. | 6. @erygone flaveola Cab. Mss.
*) Diese Notiz wurde der Redaction schon October 1872 eingesandt,
konnte aber, durch Umstände verzögert, erst jetzt zum Abdruck gelangen.
*%*) Diese und die folgende Art sind inzwischen im Journal, 1872, Seite
392, und 1873, $. 157, veröffentlicht worden. D. Herausg.
Notiz über die Vögel von Celebes. 405
7. Criniger aureus Wald. (To- | 10. Cisticola Grayi Wald.
gian Inseln). 11. Oalornis neglecta Wald.
8. Caprimulgus sp. Wald. 12. Hyloterpe sulfuriventra Wald.
9. Hierococcyx crasstrostris 13. Myzomela chloroptera Wald.
Wald. 14. Lalage leucopygialıs Wald.
I. Für Celebes bis dahin unbekannte Arten:
15. Tanygnathus megalorhynchus | 28. Cyornis bunyumas Horst.
Bodd. (Mantruwo bei Ma- | 29. Limnooorax flavirostris Sw.")
nado.) 30. Bubulcus coromandus Bodd.
16. Pandion haliastus L. 31. Ardea purpurea L.
17. Lanius magnirostris Less. 32. Ardetta sinensis Gm.
18. Munia Jagori Cab. (brun- | 33. Eudromias Geoffroyi Wagl.
neiceps Wald.) 34. Demiegretta sacra Gm.
19. M:vops philippinus L. 35. Totanus pulverulentus Müll.
20. Capı.imulgus affınis Horst. 36. Tringa acuminata Horst.
21. Cuculus canorus L. 37. Plotus melanogaster Forster.
32. Cacomantis sepulehralis Müll. | 38. Glareola grallarıa Temm.
23. Myristieivora littoralisTemm. | 39. Sternula minuta L.
24. Reinwardtaenas Reinwardtü | 40. 8 von Yungiceps Temminckü
(Temm.). Malh.
25. Budytes viridis Gm. 41. 2 von Meropogon Forsteni
26. Hirundo gutturalis Scop. | Temm.
27. Corydalla Gustavi Swinh.
Aus dieser Zusammenstellung erhellt, dass durch meine Samm-
lungen unsere Kenntniss der Avifauna von Üelebes fast um den
4. Theil bereichert worden ist.
Ueber einen neuen Paradiesvogel von Neu-6Guinea.
Tagebuchauszug
von
Dr. Adolf Bernhard Meyer.
Epimachus Wilhelminae mihi.
Schnabel sehr lang, sehr stark gekrümmt und verhältniss-
mässig zart, schwarz. An der Nasenwurzel zwei kleine blaugrün
metallisch schimmernde Federbüsche. Ebenso gefärbte Metallschup-
pen unter dem Schnabel am Halse. Um und hinter den Augen
kahl wie bei. den meisten Paradiesvögeln. Nacken, Rücken und
*=) Das Vorkommen dieser afrikanischen Art auf Celebes ist sehr be-
merkenswerth.
406 Dr. A.B. Meyer: Ueber einen neuen Paradiesvogel.
Schwanz braun, Unterseite gräulich. An beiden Seiten der Brust
verlängerte Federbüschel, wie bei Paradisea regia, aber braungold
metallisch schimmernd. Die übrigen Seitenfedern ebenfalls ver-
längert bis über die Schwanzbasis hinaus, sehr zart und flaumig.
Unterleib violett metallschimmernd. 2 gestreift, wie bei fast allen
Paradiesvögeln. *
Ganze Länge ce. 350 Mm. Schnabel vom Mundwinkel bis zur
Spitze in gerader Linie 851 Mm., die Höhe der Krümmung 21 Mm.
Schwanz c. 125 Mm.
Vielleicht sind die in meinem Besitz befindlichen $ noch nieht
ganz ausgefärbt,. Junge & zeigen den bei fast allen Paradies-
vögeln gewöhnlichen Uebergang zwischen einfachen 2 zu schön ge-
färbten 4.
Hab. Arfakgebirge im NW. von Neu-Guinea zwischen 3000
und 6000‘ über dem Meere.
Ich nenne diesen neuen Paradiesvogel nach meiner Frau, wel-
che mich auf meinen früheren Reisen nach Celebes und den Phi-
lippinen begleitete.
Andai (Neu-Guinea), 15. März 1873.
Beiträge
zur Kenntniss der Ornis des Archangel’schen Gouvernements.
Von
H. Goebel.
Als ich im Frühlinge 1864 in Archangel eintraf, war der-
Frühlingszug schon zu Ende, daher ich für dieses Jahr nur die
Daten geben werde, die auf das Brutgeschäft und den Abzug Bezug
haben. Ich benutzte jede freie Stunde, um Jagdausflüge zu machen,
wobei ich auch manches Ei sammelte und meine Beobachtungen
anstellte. Leider überwog zu jener Zeit wohl noch die Jagdlust
den Beobachtungseifer, manche gute Gelegenheit zur Beobachtung
nieht jagdbarer Vögel ist der Jagdlust zum Opfer gefallen, daher
denn auch meine Notizen, trotz der häufigen Ausflüge dürftig sind,
sich meist auf jadgbare Thiere beziehen, wie auch meine Bierans
beute gering zu nennen ist.
An die Stadt Archangel stösst ein grosses Moor, das meist
undicht mit verkrüppelten Kiefern, Zwergbirkengebüsch und beeren-
tragenden Sträuchern bewachsen ist; dazwischen giebt’s auch freie
| H. Goebel: Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 407
Stellen, in der Mitte des Moores reinen Sumpf, gegen den Juras-
tluss hin, der das Moor in Süden und Osten begrenzt, einen klei-
nen Teich und einige Hügelchen, die zum Heumachen benutzt
werden. Im Flussbette, das bei Archangel etwa 7—8 Werst breit
ist, liegen eine Menge grosser und kleiner Inseln, die grössten-
theils im Frühlinge überschwemmt werden. Die grösseren sind
schön bebaut, Dörfer befinden sich in ziemlich bedeutender Anzahl
vor; die kleineren, meist mit Weidengestrüpp theilweise bestanden,
zeigen zuweilen guten Graswuchs, zuweilen sind sie ganz unfrucht-
bar, sandig oder mit Schlammtümpeln bedeckt. — Es sind dieses
die sogenannten Katzen (Koschky). Der oben angeführte Juras-
Hluss entspringt südlich von der Stadt, in der Nähe des Dwina-
bettes, umfliesst das Moor im weiten Bogen und ergiesst sich nach
etwa 30 Werst weitem Laufe nördlish von der Stadt in die Dwina.
Trotz seines kurzen Laufes ist er sehr wasser- und besonders schilfreich
und belebt von Entenarten. Jenseits Archangel’s, auf dem Festlande,
liegen noch einige Dörfer (darunter Walduschka); hinter den Dorf-
gärten beginnt der Wald, der je bald feucht, bald trocken, bald als
hochstämmiger Buchen- und Kiefernhochwald, bald als verkrüppel-
ter Kiefern- und Zwergbirkenbestand das ganze Gouvernement
bedeckt. — Das ist das Terrain, das ich in jeder freien Stunde
durchstreifte, bald, wenn es die Zeit erlaubte, in grösseren, tagelangen
Ausflügen, bald auch nur kurze Augenblicke verweilend.
Auf dem Moor traf ich als Brutvögel an: Zagopus albus, Gall.
scolopacinus, major, gallinula, Totanus glareola, Tringa minuta, Nume-
nius arcuatus, phaeopus, Charadrius auratus, Brachyotus lagopus, Acan-
this linaria, Machetes pugnax, auf dem Jurasfluss und an den Dwina-
armen: Anas bochas, crecca, penolope, acuta, Mergus serrator, Glau
cion clangula, Circus rufus, Ortygometra porzana. |
Auf den Katzeninseln Terecia einerea, Tringa alpina, Temmin-
ckü, Haematapus ostralegus, Charadrius hiaticula und fluwwiatilis, Eu-
spiza aureola, Budytes flava (cinereocapilla), Sterna macroura ete.
Von diesen Vögeln nun fand ich die Eier oder Jungen in den
verschiedenen Alterstufen in folgender Reihenfolge:
4. Juni**): Nest von Lagopus albus mit 6 frischen Eiern.
5. Juni: Geschossen: Machetes pugnax ? mit legereifem Ei, ein
Nest desselben Vogels mit zwei frischen Eiern.
6. Juni: 2 Nester von Numenius arcuatus mit 1 und 2 frischen
Eiern. Es hielt schwer, die Nester zu finden, denn weit von dem
" =) Datum nach neuem Styl.
408 H. Goebel:
Nistplatze kommt schon der Numentus entgegengeflogen, umkreist
schreiend, natürlich ausser Schussweite den Schützen, bald hat
man eine Menge Schreihälse um sich und nimmt also das Auf-
fliegen eines Vogels vom Boden nicht mehr wahr. Beide Nester
fand mein vorzüglicher Hühnerhund Caro, der noch bis zu dieser
Stunde mein treuer Gefährte ist.
7. Juni: Fahrt auf dem Jurasfluss mit einem alten Fischer
Matwei, der mich auch in der Folgezeit immer fuhr und mich zu
den besten Jagdstellen führte, da er einst auch ein wüthender
Jäger gewesen war, jetzt aber, in Folge fast vollständiger Lähmung
der Füsse, nur die Fischerei betreiben konnte. -- Gefunden:
Nest von Dafila acuta mit 4 und Anas boschas mit 8 frischen
Eiern.
12. Juni: Nest von Turdus musicus mit 4 frischen Eiern und
6 Nester von 7. pdaris mit 2—5 frischen und bebrüteten Eiern.
16. Juni: Auf einer Dwinainsel geschossen Terecia einerea 2
mit legereifem Ei, sowie gefunden Nest von Aubecula familiaris
mit 4 frischen Eiern bei meiner Wohnung.
19. Juni: Gefunden etwa zwei Tage alte Machetes pugnax, SO-
wie in einem von den Jungen verlassenen Neste des N. phaeopus ein
faules Ei, und ein Nest der Terecia cinerea mit zwei frischen
Eiern.
21. Juni: Nest des Aegialites hiaticula mit 4 stark bebrüteten
Eiern.
26. Juni: Nest von Tringa Temminckü mit 5 eben ausgekom-
menen Jungen und einem faulen Ei.
29. Juni: Eben ausgekrochene Anas boschas.
4. Juli: Eine 3 Tage alte Mareca penelope.
12. Juli: Lerchen-grosse ZLagopus albus. Das ® ist sehr
besorgt um die Jungen, es optert sich geradezu auf. Findet
man die Kette, so fliegt das alte & auf und weit ab, darauf erhe-
ben sich die Jungen und zerstreuen sich, das alte 9 aber umtlattert
und umläuft den Jäger ganz nahe, sucht ihn auf alle mögliche
Weise abzuziehen [und folgt erst den Jungen, wenn sie glaubt, dass
dieselben in Sicherheit sind.
14. Juli: Ziemlich erwachsene Machetes pugnax, halb erwachsene
Numenius arcuatus.
13. Juli: Fast ganz erwachsene Numenius phaeopus, recht
kleine Ga/linago scolopacinus.
25. Juli: Flügge Mareca penelope, sowie auch noch halb-
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 409
erwachsene Junge dieser Art, und von Anas boschas, crecca und
acuta. Das 3 von A. boschas mausert und kann nicht fliegen.
29. Juli: Fast flügge Anas boschas, doch noch viele kleine
Ketten dieser und anderer Arten. Ausgemausertes & der A. bochas
geschossen.
3. August: Erwachsene Gall. scolopacinus und gallinulo, fast
Hlügge A.crecca, doch auch noch immer unflügge Ketten der Enten-
arten.
8. August: Feldhühner-grosse Zag. albus. Bei den Jungen be-
decken die Seitenfedern das Weiss der Bauchmitte, Handschwingen
braun. — Flügge A. crecca und acuta.
10. August: Erwachsene Totanus glareola.
13. August: Fast ganz erwachsene L. aldus. Handschwingen
und Bauch braun.
19. August: Lag. albus. Handschwingen werden weiss, das
Weiss des Bauches tritt als schmaler Streif hervor. Noch unflügge
Anas boschas gefunden. Junge von Otus brachyotus, fast flügge.
Geheckte Aegialites fluviatilis an der Dwina.
29. August: Machetes pugna«: hält auf dem Sumpfte, sich hin-
ter Hümpel drückend, wie eine Bekassine vor dem Hunde aus, ein
mauserndes 2 Anas crecca auf dem Teiche geschossen. Letzte
Totanus glareola. — Ungeheure Schaaren Nucifraga caryocatactes
auf dem Zuge oder Striche. Zwei Tage hielten sie sich bei Archan-
gel auf, dann waren alle verschwunden.
1. Septeiaber: Halberwachsene Mergus serrator, auf den Schlamm-
bänken der Dwina viele Spatula ciypeata, eine Ortyg. porzana.
Letzte Terecia cinerea.
2. September: Erste und letzte Scolopax rusticola (kleine Va-
rietät). Ungeheure Schaaren Tringa minuta und Temmincki am
Dwinaufer.
5. September: Z. albus. Flügel weiss, das Weiss des Bauches
nähert sich den Flügeln.
14. September: Letzte Anthus arboreus, 1 Lanius excubitor
(vielleicht borealis?).
15. September: Letzte Oriygometra porzana.
16. September: Letzte Dudytes cinereocapilla.
17. September: Erste und einzige Crex pratensis, letzte Mach.
pugnax, Phyllopneuste fitis.
19. September: L. albus, recht bunt. Brust und Halsseiten
410 H. Goebel:
gefleckt, auf dem Rücken viele weisse Federn, Kopf noch ganz
braun. Letzte Numenius arcuatus.
20. September: Letzte Cyanecula sueciwa, Saxicola oenanthe,
(rrus cinerea, Rutieilla phoenicura.
28. September: /. albus. In der Färbung herrscht das Weiss
bedeutend vor, nur noch auf dem Kopfe, den Halsseiten und dem
Rücken findet man braune Flecken. — Letzte Gallinago major,
gallinula, Ieubecula familiaris.
2. October: Letzte Anas erecca, penelope. I. albus hat nur noch
am Kopf und Halse einiges Braun, so wie etwas auf dem Rücken.
Letzte Gall. scolopaeinus.
6. October: Letzte Oedemia fusca, Astur palumbarius, Harelda
glacialis, Dafıla acuta.
8. October: Letzte Anas boschas, Fuligula clangula, (edemia
nigra. Bei einem geschossenen & von 4A. boschas wird der Kopf
schon grün.
12. October: Letzte Parus ceoeruleus, Anser bernicla und Anser
spec. auf dem Zuge.
25. October: Z. albus ist ganz weiss, mit Ausnahme einiger
Federchen am Kopfe, die bei leichter Berührung abfliegen. Letzte
Plectrophanes nivalis, Phileremus alpestris, Dendrofalco aesalon.
1. November: Lagopus albus im Winterkleide. Letzte Acan-
this linaria.
Einen grossen Theil des Winters verbrachte ich auf einer
Försterei im Pinega-Kreise, etwa 350 Werst östlich (etwa Y, Grad
südlicher als Archangel) von meinem Sommeraufenthalt, und beob-
achtete folgende Arten als Standvögel:
1 Exemplar Falco gyrfalco hielt sich den ganzen Winter hin-
durch bei einer einsam am Ufer der Pinega stehenden, 1%, Werst
vom Dorte entfernten Kirche auf. Von hieraus machte er täglich,
meist erfolgreiche Jagden auf die halbwilden Dorftauben.
Nyctea nivea, Ulula uralensis, Corvus corax, cornix, monedula
segetum ?
Ich muss bei letzterem Vogel ein ? setzen, da ich ihn in mei-
nen Notizen nicht finde, und doch bin ich überzeugt, das ich ihn
nur zufällig ausgelassen habe, dass ich mich ganz bestimmt zu
erinnern glaube, dass die Saatkrähe recht gemein war, — Brut-
vogel ist sie bestimmt.
2 Pica caudata, 6 Gorrulus einfaustus, Passer domesticus und '
monlanus, letzter häufiger. 2 Emberiza citrinella.
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 411
‚ Zozia leucoptera in grosser Menge in den Lärchenwäldern,
an die er seiner Nahrung wegen gebunden zu sein scheint.
L. eurvirostra, Picus tridactylus, Lagopus albus, alpinus
(wurde in Menge gefroren aus dem Kems’schen Kreise auf den Pi-
nega’schen Jahrmarkt gebracht).
Tetrao urogallus, tetrix, bonasia. Das ist alles, was ich sah; es
mögen wohl mehr Standvögel sein unter den Spechten, Meisen, Eulen
ete., doch führe ich nur das Selbstgesehene an. Der Winter war
sehr streng, Ende Januar gab es 14 Tage lang 35—40 ® Frost.
Die Dohlen und Krähen übernächtigten im Schnee unter dich-
ten Fichtenbäumen, zwei Dohlen und eine Krähe fand ich einmal
todt. — Mancher gewöhnliche Standvogel mag nach Süden ge-
strichen sein, auch von den Zurückgebliebenen waren die meisten
Arten in wenig Exemplaren vertreten.
Am 19, Fehruar trat ich meine Rückreise nach Archangel an.
In einem prächtigen Lärchenforst sah ich mächtige Schaaren Loxia
leucoptera. Ich stieg aus dem Schlitten und tödtete mit 2 Schüssen 8
Stück. — Ich hatte die kühne Idee, vielleicht in einem 2 ein lege-
reifes Ei zu finden und drückte an den geschossenen vorsichtig
am Leibe herum. Mein Postillon fragte mich, was ich damit
wolle, und als ich ihm den Grund sagte, meinte er, es sei noch zu
früh, er habe Nester dieses Vogels im April gefunden. Wie weit
das wahr sein mag, lasse ich dahingestellt, dass aber Loxia leu-
ccptera ein ganz gewöhnlicher Brutvogel des Lärchenwaldes ist,
davon bin ich überzeugt. Er erscheint wohl nur deshalb so selten
im westlichen Europa, weil zwischen den nordischen Lärchenwäldern
‚und denen des Westens ein so grosser Raum liegt, in denen keine
Larixz-Art vorkommt, daher seinem Wandern ein Ziel gesetzt ist.
Zufälliger Gast ist er aber gar nicht in Europa, die nordischen
Wälder östlich der Dwina sind seine Heimath.
Am 21. Februar 1865 traf ich wieder in Archangel ein und
hatte nun Musse, bis zu meiner Abreise, die sich bis zum 2. Juli
verzögerte, der lieben Jagd und der Beobachtung der Vögel obzu-
liegen. — Bald nach meiner Ankunft machte ich mich denn in Be-
gleitung: zweier lieben Freunde, des leider 1867 auf der Entenjagd
ertrunkenen Gouvernements-Forstmeisters Konoplin und des Forst-
taxators Schmemann, meinen ersten Jagdaustlug. Es galt den
grauen Eichhörnchen, Birk- und Hasselhühnern. Versehen mit den
nöthigen Lebensmitteln auf einige Tage, fuhren wir nach dem
Dorfe Walduschka, wo ein paar uns bekannter Bauerjäger wohn-
412 H. Goebel:
ten, die ganz vorzügliche Eichhornhunde besassen. Unter Leitung |
derselben, an den Füssen gute Schneeschuhe, gingen wir in den
Wald. In der nächsten Nähe des Dorfes ist unser Wild recht
spärlich vertreten, nur ein Hasselhuhn wurde angelockt, doch nicht
getödtet; nach einigen Werst Marschirens schlägt der Hund meines
Führers zum ersten Mal an. (Wir hatten uns getrennt, und jeder
einen Führer und 1—2 Hunde bei sich.) Eilig will ich dem Schall
nachgehen, doch mein Begleiter bittet, einen Augenblick Geduld zu
haben, um zu erkennen, ob der Hund auf einer Stelle stehend
bellt, oder ob er sich vorwärts bewegt. Endlich sind wir im Rei-
nen, er bewegt sich langsam vorwärts; — es ist also ein Eich-
hörnchen. — Nach einigen Minuten haben wir den Hund erreicht;
er steht unter einer Fichte und bellt; mit mächtigem Satze springt
ein Eichhörnchen von der Spitze des Baumes auf den nächsten;
der Hund folgt und nimmt wieder Posto, das Eichhörnchen klettert
in die Höhe ruckweise, zuweilen ruhend, auf den Hund herab-
sehend, der unaufhörlich bellt und das Thier nicht aus den Augen
lassend, am Stamme in die Höhe springt, welches Manöver meist
einen neuen Satz des Eichhörnchens in die Höhe oder auf den
nächsten Baum zur Folge hat. Da die Eichhörnchen nur aus einer
Büchse mit der Kugel, oder vielmehr einem Schrotkorn No. 4 (Ha-
senschrot) geschossen werden, von geübten Jägern nur durch den
Kopf, um das Fell nicht zu verderben, so hatte ich schon längst
das Erbsenrohr meines Begleiters an mich genommen, aber lange
bot sich keine Gelegenheit dar, einen sichern Schuss zu thun; da
endlich klettert das Thier auf einen mehr freien Ast heraus, mein
Schuss fällt, und herab taumelt es, durch den Hals geschossen. —
Der Hund erhält ein winziges Stückchen Brod als Belohnung und
springt wieder in den Wald; Hasselhühner lockend, von denen ich
auch 2 Paar im Laufe der Jagd schoss, folgen wir. Mehrere Eich-
hörnchen werden noch geschossen, aber immer noch will der Hund
auf kein Birkhuhn anschlagen; endlich aber ertönt lautes Gebell.
Auf einer Stelle stehend, bellt der Hund aus Leibeskräften. „Ein
sirkhuhn,“ sagt mein Begleiter, „nun vorsichtig herangeschlichen.“
Wir gehen, uns möglichst gedeckt haltend, vor, bis wir den Hund
zu Gesicht bekommen und sehen, auf welcher Seite des Baumes er
steht; und nun nähere ich mich von der dem Thiere gegenüber-
liegenden Seite dem Baume. Der Schnee war weich und unhörbar
schob ich meine Schneeschuhe vorwärts; endlich bin ich nur noch
etwa 20 Schritt entfernt. Da sitzt er denn, der prächtige schwarze
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 413
Gesell, den Hals lang vorgestreckt, den Kopf hin und wieder zur
Seite wendend, den Seitenbewegungen des Hundes folgend. Das
Fichtengezweig war sehr dicht und ich musste noch näher heran,
denn meine Flinte war mit nicht allzu grobem Schrot geladen, und
sobald man nicht wenigstens einen Theil des Vogels klar sieht,
darf man nicht schiessen, indem man dann leicht pudelt, da die
dichten, oft noch mit Schnee bedeckten Zweige die Schrote theils
abhalten, theils zur Seite lenken. Noch fünf Schritt schob ich
mich mit dem grössten Herzklopfen vor, dann knallte mein Ge-
wehr, und schwer zu Boden stürzt das getrofiene Thier. Auf wei-
chem Schnee kommt man meist an, knistert aber die Schneedecke,
wie das leider am andern Tage der Fall war, da es in der Nacht
starken Frost gab and der durch die Sonne an der Oberfläche et-
was gethaute Schnee hart gefroren und bröcklich geworden war,
so ist es kaum möglich, anzukommen; da das Huhn den bellenden
Hund wohl neugierig betrachtet, aber beim geringsten sonst ver-
dächtigen Laut auf und davon fliegt.
Am Abend trafen wir in der von unseren Führern zum Nacht-
quartier erkorenen Jägerhütte zusammen. Es ist das ein aus rohen
Baumstämmen gezimmertes Häuschen, in dem man kaum aufrecht
stehen kann, mit einer primitiven aus Steinen gewölbten Feuerung.
An den Wänden laufen 2 Reihen Leisten herum, die obere dient
zum Aufbewahren der Vorräthe, die untere zum Sitzen und Schla-
fen. Wird Feuer angemacht, so muss man das Gesicht auf den
Boden drücken, da der Rauch nicht durch einen Schornstein, son-
dern durch ein an der Seitenwand angebraehtes Loch abzieht und
daher die Hütte sich mit Rauch füllt. — Solcher Häuserchen giebt
es in den Wäldern weit und breit zerstreut viele, da die Eichhörn-
chenjäger auf Wochen in den Wald ziehen und hier ihre Stationen
haben, wo sie den Proviant und das geschossene Wild ablegen. —
Man verzeihe mir, dass ich meinen ersten Jagdaustlug so aus-
führlicn beschrieb , ich wollte aber ein Bild der Jagd mit Samoje-
denhunden geben, da diese Jagdart wohl Wenigen bekannt sein
mag. Später komme ich nochmals auf diese nützliche Hunderace
zurück, wenn ich die Frühlingsjagd auf wilde Gänse schildern
werde. Von Vögeln wurde während dieses Ausfluges nur noch Weni-
ges bemerkt, ein paar Lagopus albus, von denen Konoplin zwei
geschossen hatte, einige Zuxia curvirostra, ein paar Corvus coraz,
sowie ein Jagdfalke. 2 Tage strichen wir noch umher, mit mehr
oder weniger Glück jagend, dann traten wir, als der Essvorrath
414 H. Goebel:
zur Neige ging, unsern Rückweg an und trafen nach viertägiger
Abwesenheit wieder in der Stadt ein.
Von nun an machte ich häufig bald grössere, bald kleinere
Ausflüge. Die Schneehühner fand man im März noch meist in den
Weidendickichten der Dwinainseln, und nur selten gelang es zu der
Zeit, einen glücklichen Schuss zu thun, da sie sehr scheu sind.
Mitte März soll ein Cyg»us in der Nähe des Meeres geschossen sein,
Anfang April begann die eigentliche Schneehuhnjagd; jetzt haben die
Vögel schon ihre Sommerquartiere auf den Mooren bezogen und es
beginnt die Paarung. Am Morgen früh und Abends spät, während
der nur noch schwachen Dämmerung, werden die Hähne mit dem
Munde angelockt. — Täuschend ahmen die Bauerjäger den Schrei
des Weibchens nach, doch ist es recht schwer zu schiessen, trotz-
dem dass der Hahn nur wenige Schritte vom Jäger entfernt ist;
das Dämmerlicht lässt den weissen Vogel auf dem Schnee nicht er-
kennen, oft erschallte sein „Reckekekek“ dicht vor mir, und doch
konnte ich beim besten Willen den Vogel nicht erkennen. Man
muss eben Geduld haben und so lange ruhig kauern, bis der Vogel
gegen ein dunkles Fichtengebüsch sich abhebt, dann aber auch
schnell schiessen, indem er kaum einen Augenblick ruhig steht, son-
dern unruhig hin und her laufend, die Flügel schleppend wund sei-
nen Paarungsruf ausstossend, das vermeintliche Weibchen sucht.
Einmal kamen 2 Hähne zu gleicher Zeit auf die Locke, ich erwar-
tete einen Kampf, doch die Jagdhitze eines mich begleitenden ar-
changelschen Bekannten verdarb mir die Beobachtung. — Oft auch
antworten die Hähne fleissig, kommen aber nicht näher, das mögen
wohl die 3 von gepaarten Paaren, die das $ bei sich haben, sein.
Anfang Mai muss man die Jagd aufgeben, da dann die Nächte
schon zu hell werden und die Hähne höchst selten noch auf's
Locken kommen. —
Am 12. April beobachtete ich die ersten PF eremos alpestris
und Pleetrophanes nivalis, am 16. Acanthis linaria, an diesem
Tage wurde auch ein Paar Anas boschas geschossen und zu Markt
gebracht; ein Zarus marinus todt gefunden. —
Am Tage thaut es in der Sonne ganz brav, in der Nacht steigt
der Frost oft auf 10—15° und nur hin und wieder zeigen sich
Spalten im Eise. Der Schnee liegt auch sehr hoch. —
Am 24. gesehen Spinus vulgaris; & Lagopus albus ist noch
ganz weiss.
Am 2. Mai Ankunft von Anser spee.; 3. Larus canus, ergen-
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 415
tatus, Numenius arqualus, sehr viele Anas boschas, einzelne «a uta.
Hin und wieder sind auf den Dwinaarmen kleine freie Wasser-
flächen, es thaut auch jetzt mit Macht, der Schnee verschwindet
unter den Augen. — |
4. Mai: Rubecula familiaris, Parus coeruleus, Fuligula elan-
gula, Alauda arvensis.
8. Mai: Otus brachyotus; eine Sumpfmeisenart; Mareca pe-
nelope, Anas crecca, Fuligula ceristata, Harelda glacialis, Fringilla
montvifringilla, Numenius phaeopus. — Corvus corniz hat 4 Eier
im Garten, der zu meinem Quartier gehört. — Der Horst steht
etwa 10 Schritt von meinem Fenster entfernt auf einer kleinen
Birke.
14. Mai: Gänsejagd mit Samojedenhunden. — Noch hielt das
Eis der Dwina, so dass ich noch zu meinen Jagdfreunden, die mich
zu einer Gänsejagd eingeladen hatten, hinüber konnte. Ueber den
Hauptstrom ging’s noch ganz gut, aber die kleinen Nebenarme
waren theils 'eisfrei, theils mit Oberwasser bedeckt. Auf grossen
Strecken war auch schon der Schnee vom Lande weggethaut und
die Erde aufgeweicht, kurz die Passage war nicht allzu schön, es
mussten grosse Umwege gemacht, oder bis an die Beine im Was-
ser oder im Schmutz gewadet werden. Doch mit 20 Jahren scheut
man dergleichen Unannehmlichkeiten nicht. Im Hingehen schoss
ich eine Pfeif- und 1 Krickente, und gleich nach meiner Ankunft
im Dorfe Walduschka begann unser Kriegszug gegen die Gänse.
Die Bauern haben Gewehre mit riesigem Kaliber, in die eine Hand
voll Pulver und bis 60 Rehposten geladen werden. Diese Dinger
sind schrecklich schwer und werden beim Schuss auf eine kleine,
am Gewehr angebrachte Gabel gestützt, da aus freier Hand zu
schiessen unmöglich ist. Es sind lauter Steinschlossgewehre, und
werden diese, so wie auch die Erbsengewehre im Archangel’schen
Gouvernement von den Bauern verfertigt. Nach längerm Marsch
wurde endlich eine bedeutende Schaar Gänse (segetum) entdeckt.
Bis auf etwa 500 Schritt konnten wir gedeckt heran, dann aber
lag eine fast kahle Fläche, etwa 200 Schritt Festland und 200
Eisfläche, vor uns. Die Gänse standen auf dem Eise am Rande
einer kleinen Wasserrille.. Hinter dem letzten Weidengestrüpp,
das uns beim Anschleichen gedeckt hatte, warfen wir uns zu Boden,
ich blieb zurück, um mir die Art und Weise des Jagdveriahrens
anzusehen, Michailo, der Jäger, kroch vorsichtig vorwärts, dicht sich
an den Boden drückend und jeden kleinen Strauch, jede Boden-
416 H. Goebel:
erhöhung zum Andrücken benutzend. Dabei schnellte er bald nach
rechts, bald nach links einen Brocken Brod weit von sich, dem
dann auch die Hunde nachliefen, und sich auf diese Art immer in
Entfernung von 30—40 Schritt zu beiden Seiten des Schützen be-
fanden. — Dadurch wird nun die Aufmerksamkeit der Gänse vom
sefürchteten Menschen ab, auf die wenig gefürchteten Hunde gelenkt
und dem Schützen Gelegenheit gegeben, auf Schussnähe heran zu kom-
men. Endlich ist er auf etwa 200 Schritt herangekrochen, da bleiben
die Gänse, die bis dahin hin und her marschırt sind und sich unter-
halten haben, stehen, hoch erhebt ein alter Gänserich den Kopf,
ein warnendes „Gay“ ertönt, alle riehten die Köpfe stillstehend auf
den Jäger. Das ist der Moment vor dem Auffliegen, und der muss
benutzt werden. Lang ausgestreckt auf dem Eise liegt der Schütze,
die Flinte auf die etwa 2 Handbreit hohe Gabel gestützt, da lüften
sehon einige die Flügel, aber in dem Augenblick auch blitzt das
Pulver auf der Pfanne, der Knall dröhnt kanonenschussartig durch
die Luft, ein furchtbares Durcheinander entsteht, was gesund ist,
erhebt sich in die Lüfte und ist bald dem Auge entschwunden,
doch 8 sind getrofien, 4 tödtlich, 4 flattern und taumeln über das
Eis hin, vom Schützen und den Hunden verfolgt, und werden erst
nach längerer Zeit alle eingefangen. Solch einer gewitzigten
Schaar kommt man so leicht nicht mehr, auch mit dem Hunden
an, doch das ist gleichgültig, jeder Tag bringt neue Schaaren und
mancher Schütze bringt im Laufe (des Frühlings über 100 und mehr
Stück zu Markt. Auch ich habe es an demselben und manchem an-
dern Tage versucht, mich auf diese Art anzupürschen, doch ist es
mir nicht gelungen, erstens musste ich mit meiner Vogelflinte näher
heran, um einen Schuss abgeben zu können, zweitens verstand ich
es nicht mit den Hunden umzugehen, so dass ich mir wohl jedes-
mal nasse, schmutzige Kleider, blutende, erstarrte Hände, aber
kein Wild holte und daher denn auch bald eine derariige Jagd
aufgab und mich, wo es anging, gedeckt heranschlich, und so auch
im Laufe des Frühlings manche Gans schoss.
An jenem Gänsejagdtage noch beobachtet: Gall. scolopacinus,
gallinula, Motacilla alba, Turdus plaris, viscivorus, Evspiza au-
reola, Grus einerea. Geschossen: Lagopus albus d mit braunen
Voderkörper; Arser albifron®.
IS. Mai: Gesehen Totanv glotiis, glareola, Machetes gugnax,
Charadrius auratus, hiatieula, Tringa minuta, Temminckei, subar-
quata, Terecia einerea, Sawicola oenanthe, |Turdus musicus, Ruti-
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 417
cilla phoenicura. Letztere ist die Archangelsche Nachtigall, früh
Morgens sendet sie ihren einfachen hübschen Gesang vom Giebel
der Häuser herab in die Morgenluft, und hat mich oft erfreut,
wenn ich früh zur Jagd aufbrechend aus dem Hause trat.
19. Mai: Falco aesalon. Endeckt einen Kampfplatz des Ma-
chetes pugnax an einem Dwina-Arm, doch war nach zwei Tagen,
als das Dwina-Eis zu brechen begann und das Wasser hochstieg,
die Stelle überschwemmt und von nun an einer der kleinen Heu-
schläge, auf dem eine hohe Kiefer wuchs, inmitten des Stadimoors
der Sammelplatz der meisten das Terrain bewohnenden Kampf-
hähne,. Hier baute ich mir denn auch eine Hütte aus Fichten-
zweigen und habe fast jeden Tag mehr oder weniger Vögel ge-
schossen. Bis Anfang Juni war der Platz sehr besucht, später
"kamen sie spärlicher. Schoss ich unter die Kämpfer, so flog wohl
die Schaar auf, schwärmte eine Zeit lang umher, und fielen dann
die einzelnen Mitglieder eines nach dem andern wieder auf der
alten Stelle oder nicht weit davon ein. Die Weibchen, die in den
benachbarten Gebüschen während der Kämpie sich aufhielten und
im Verhältniss von etwa 1 zu 5 zu den && stehen, zeigten sich
in der Nähe der Kämpfer nur höchst selten, flogen nach dem
Schuss aber mit der Schaar zugleich auf, um später wieder in die
Gebüsche einzufallen. -—- Bis gegen 12 Uhr Mittags ist der Platz
belebt, später habe ich kaum einen beobachtet. Gegen Ende Juni
begannen die Hähne den Kragen zu verlieren, doch sah ich noch
am 1. Juli einen mit schöner Halskrause.
20. Mai: Turdus iliacus, Haematopus ostralegus, Charadrius
fluviatilis, Phyllopneuste rufa.
21. Mai: Conoplin schoss eine Scolopax rusticola. Die Stelle
war prächtig, doch zogen im ganzen nur 2; wie denn auch über-
haupt im Laufe des Frühlings nur 5 gesehen und 2 geschossen
wurden. Die Thiere schienen nur der kleinen Varietät anzuge-
hören, und ist der Vogel in der nächsten Nähe Archangels wohl
selten zu nennen.
24. Mai: Gall. major, Pandion haliadtus, Oedemia fusca, nigra,
Spatula clypeata, Circus rufus, Brachyotus lagopus schwebt den
ganzen Tag über dem Moore in ziemlich bedeutender Höhe umher. Er
gaukelt vollständig, bald steigt er in die Höhe, dabei die Flügel
so hoch hebend, dass sie über dem Rücken zusammenschlagen
und so ein klatschendes Geräusch hervorbringen, bald lässt er
sich, wie ein Federball aussehend, fallen, um wieder in nächster
Cab. Journ. f. Ornith XXI. Jahrg. No. 124. October 1872. 27
418 H. Goebel:
Secunde steil in die Höhe zu steigen. An diesem Tage machte ich
auch eine Beobachtung, die ich nie vorher oder nachher gemacht habe.
Während ich in meiner Kampfhuhnhütte sitze, schiesst plötzlich
eine der vielen in hoher Luft umherschwirrenden Bekassinen bis
tief zu mir herunter! rings um mich in den Betula nana-Gestrüp-
pen locken tiku, tiku die Weibchen. Der Vogel fällt aber nicht
zu ihnen ein, sondern umfliegt im gaukelndem Fluge die Wiese, und
setzt sich endlich kaum 20 Schritte von mir entfernt, auf die Spitze
eines Fichtenbäumchens, ganz wie das 7ötanus ochropus zuweilen
thut. Ich schoss ihn von dort herunter, und machte so einen Schuss,
der wohl selten einem Jäger passirt ist.
25. Mai: Eine Schaar Bernicla brenta zog nur einige Fuss
über mich hin, ich hatte leider beide Läufe auf Kampfhähne ab-
geschossen, sonst hätte ich ein Paar mit feinen Schroten schiessen
können. Obgleich ich ganz frei dastand, die eben geschossenen
Kamprhähne zusammenlesend, und sie mich recht weit sehen
konnten, erhoben sie ihren Flug gar nicht, scheinen also den
Menschen nicht besonders zu fürchten.
26. Mai: Phyllopneuste rufa, Butalis grisola, Tinnuneulus alau-
darius.
28. Mai: Falco subbuteo, Motacilla einereocapilla.
2. Juni: Erythropus vespertinus.
6. Juni: Horst von Brachyotus lagopus mit 4 frischen Eiern
im Moor im Haidekraut.
12. Juni: Nest von Totanus glareola und 2 von Machetes
pugnaz mit frischen Eiern.
16. Juni: Nest von Pelidna alpina mit 3 frischen Eiern.
18. Juni: 2 Nester & 1 und 2 frische Eier von Actodroma mi-
nuta,
20. Juni: Nest von Phyllopneuste rufa mit 5 Eiern.
23. Juni: 12 Nester der Sterna macroura mit 1—3 Eiern.
2 Nester ä& 3 Eier von Haematopus ostralegus.
Ich habe noch mehre Gelege verschiedener Arten gefunden,
dabei aber nicht das Datum angemerkt, sowie auch eizelne Eier
und Gelege von Leuten erhalten, denen ich den Auftrag gegeben
hatte. Unter letztern ist ein etwa am 20. Juni gefundenes Gelege
von 4 frischen Eiern des Podiceps eristatus nur deshalb sehr in-
teressant, weil ich nie den Vogel sah, ihn auch für keinen so nörd-
lich brütenden hielt. Die Eier sind sehr gestreckt und zeigen
folgende Maasse: a. 59,5/35; b. 59/35; c. 54/36; d. 55/34.
“
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 419
Ausserdem habe ich durch die Freundlichkeit zweier Bekann-
ten, die früher fleissig Eier gesammelt hatten und deren Samm-
lungen recht richtig, wenn ich nicht irre, durch Herrn Heuke,
bestimmt waren, eine ganz ansehnliche Anzahl Stücke erhalten.
Vieles war freilich für mich schon verloren, da die Sammlungen
Jahre lang ganz in Vergessenheit gerathen und manches Stück von
Mäusen zerfressen war, doch war manches Werthvolle darunter.
Manche Stücke zeigten noch Bleifedernotizen, so Spatula clypeata-
Eier von der Petschora, Cepphus grylle-Eier von Kem etc.
Alles in Allem brachte ich eine Sammlung von etwa 450,Stück
mit, und zwar gehören die Eier folgenden Arten an:
Rapaces.
Haliaetus albieilla. Buteo vulgaris.
Pandion haliaetus. Nyctea nivea.
Falco peregrinus. Otus brachyotus.
— aesalon. Surnia funerea.
— linnunculus. Bubo mazximus.
Buteo lagopus.
Passeres.
Passer montanus. Euspiza aureola.
Fringilla montifringilla. Emberiza citrinella.
Spinus vulgaris. ÖOynchramus schoeniclus.
Acanthis linaria. Oentrophanes lapponicus.
Linota montium.
Coracirostres.
Corvus corax. Garrulus glandarius.
— cornix. — infaustus.
— monedula. Nucifraga caryocatactes (SPä-
Pica caudata. ter erhalten).
Öscines.
Parus coeruleus. Phyllopneuste fitis:
Anthus arboreus. — rufa.
Turdus musieus. Ruticilla phoenicura.
— viscivorus. Cyanecula suecica.
— paris. Rubecula famiharis.
— tliacus. Budytes cinereocapilla.
Cinclus aquaticus.
Rasores
Lagopus albus. Lyrurus tetrix.
— alpmus. Bonasia sylvestris.
27%
420
Seolopax rusticola.
— gallinago.
Machetes pugnax.
Tringa alpina.
— Temminckii.
Calidris arenaria.
Phalaropus hyperboreus.
H. Goebel:
Grallatores. | |
| Charadrius hiaticula,
Haematopus ostralequs. |
Strepsilas interpres.
Totanus glottis.
— glareola.
Terecia einerea.
Ortygometra porzana.
Grus cinereus.
Charadrius auratus.
Anser albifrons.
Anas boschas.
— acuta.
— crecca.
— penelope.
— clypeata.
Larus argentatus.
— leucopterus.
— canus.
Podiceps cristatus.
Colymbus arctieus.
— septentrionalis.
Picus martius.
— leuconotus.
— major.
Lamellirostres.
Oedemia nigra.
Somateria mollissima.
Harelda glacialis.
Fuligula clangula.
Mergus serrator.
Uygnus mustieus.
Levirostres,
Sterna macroura.
Lestris pomarina.
— cephus.
Urinatores.
‚Uria grylie.
— arra.
— lomvia.
Scansores.
Piecus minor.
Sitta europaea.
Im Museum des Archangel’schen Domainenhofes befinden sich
ausser den Eiern mancher von mir angeführten. Arten, folgende:
Geeinus canus.
Iynz torquilla.
Lanius excubitor.
— collurio.
Muscicapa_ grisola.
Motacilla alba.
Saricola oenanthe.
Alauda arvensis.
Fringila coelebs.
Passer domesticus.
Corvus frugilegus.
Cotyle riparia.
Caprimulgus europaeus.
Actitis hypoleucos.
Anas strepera ?
Zur Ornis des Archangel’schen Gouvernements. 421
Bälge von folgenden Arten, die noch bis hierzu nicht ange-
führt sind:
Aguila fulva. | Bombyeilla garrula.
Falco_saquer. Palumbus torquatus.
Milvus niger. Fulica atra.
Nisus communis. . Gallinula chloropus.
Pernis apivorus. Squatarola helvetica.
‚Otus verus. Charadrius morinellus.
Athene noctua. Tringa canuta.
Ulula barbata. — maritimo.
Glaucidium passerinum. Limosa melanura.
Nyctale Tengmalmi. — rufa.
Oueulus canorus. Totanus fuscus.
Anthus pratensis. Cygnus minor.
Pratincola rubetra. Anas querquedula,
Parus major. Fuligula marila.
— ter, Mergus merganser.
— sibirieus. — albellus.
— borealis. Larus minutus.
Euspiza melanocephala. — ridibundus.
Emberiza rustica. . — eburneus.
— pusilla. — glaueus.
Pyrrhula rubrieilla. Lestris parasitica.
Corythus enucleator. Podiceps cornutus.
Fringilla carduelis.
Zudem steht noch in der Sammlung des Herrn Heinrichs ein
Vanellus cristatus und ein Syrrhaptes paradoxus, der 1863 ge-
schossen wurde. — Und dann ist noch von einer Kirche der Stadt
eine Platalea leucerodia geschossen worden, die sich einige Wochen
bei Archangel 1863 aufgehalten hat. — Von diesen Vögeln sind als
zufällig verflogen anzunehmen:
Vanellus eristatus, Platalea, Syrrhaptes, Euspiza melanocepha-
la, Anas querguedula (letztere mag auch wohl noch im Schenkur-
sky’schen Kreis brüten). Was Falco sacer, Pernis apivorus, Milvus
niger anbetrifft, so mag ihr Vorkommen zufällig sein, obgleich
letzterer auch zu den Brutvögeln mit einiger Bestimmtheit zu zäh-
len sein wird. Larus eburneus ist wohl auch nicht bei Kopal.
In demselben Museum stand auch noch eine hübsche Collection
Eier und Vögel aus dem Astrachan’schen Gouvernement. — Sie
führten alle ihre Etiquetten und waren auch im Verzeichniss ge-
422 H. Goebel:
nau gesondert aufgestellt, doch glaube ich trotzdem, dass die Eier
der Anas strepera, die als Archangel’sche, während die Vögel aber
als Astrachanische aufgeführt waren, nur durch ein Versehen als
aus ersterm Gouvernement stammend angegeben waren. Anas
strepera ist für Russland, meiner Ansicht nach, ein südlicher und
östlicher, aber kein nördlicher Vogel, und geht ihre Verbreitungs-
grenze wohl höchstens bis zum Curländischen Gouvernement. Doch
mag ich mich auch irren. —
So habe ich hier in meinen Notizen als Brutvögel etwa 170
Arten angeführt, es fehlen noch manche sicher vorkommende, so
Catarrhactes scua, Stelleria dispar, Somateria spectabilis und man-
che andere, daher man denn die Zahl der Brutvögel auf gewiss
200 annehmen kann. — Im Osten zum Ural hin mögen schon
viele bis jetzt nur als sibirisch angenommene Arten Brutvögel sein,
wie denn überhaupt viele von den östlich der Dwina und dem süd-
lichen Laufe der Wolga vorkommende Vogelarten als Sibirier an-
gesehen werden, obgleich sie Europäer sind. — Mit der Zeit wird
es wohl gelingen, genauere Grenzen der Europäischen und Asiati-
schen Fauna zu ziehen. —
Einige Worte
über den Farbenwechsel des Lagopus albus.
Von
H. Goebel.
Als Nachtrag will ich noch einige Bemerkungen über den
Farbenwechsel des Schneehuhnkleides machen, worüber die Acten
lange noch nicht geschlossen sind, da sowohl ich, wie wohl die
meisten Ornithologen, welche Gelegenheit hatten, das Schneehuhn zu
jagen, und zu beobachten, unmöglich mit der zuletzt angenommenen
zweimaligen Mauser einverstanden sein können. Betrachte man
doch einmal den mitten im Frühlings- und Herbstübergangskleide
befindlichen Vogel. Im erstern erscheint er braun und weiss, die
Farben sind gegen einander ziemlich scharf abgegrenzt, und zwar
so, dass das Braun den Vorderkörper, das Weiss den Hinterkörper
einnimmt. Im zweiten Kleide ist der Vogel braun und weiss gescheckt.
Die Art und Weise der Umfärbung geschieht in ganz anderer
Art und ist die Dauer eine ungleiche. Während im Herbst der
Uebergang langsam von Statten geht, etwa 1'/,—2 Monat däuert,
tritt er im Frühling schnell ein. Ich habe freilich in letzterer
Jahreszeit keine so genauen, fortlaufenden Beobachtungen sammeln
können, wie im Herbste, da ich nur wenige im Frühlinge während
Ueber den Farbenwechsel des Zagopus albus. 423
des Farbenwechsels schoss, doch glaube ich nicht, dass der Ueber-
gang länger als 3—4 Wochen, höchstens also die halbe Zeit, wenn
nicht weniger dauert.
Im Herbste beginnt die Veränderung, wie man es aus meinen
Notizen ersehen kann, vom Bauch aus, und endet am Kopf und
Rücken; im Frühlinge geht die Veränderung vom Kopf aus und
geht auf den übrigen Körper über. Der Herbstübergang ist ganz
leicht und einfach durch die Mauser, der der Vogel dann in der
That unterworfen ist, zu erklären. Zuerst verdrängen die weissen
Federn die braunen an den Theilen, die der Reibung mit dem
Boden am meisten ausgesetzt sind, also am Bauche; an den übri-
gen Körpertheilen halten sich die braunen, oft schon ganz lockeren
Federn länger, da dieselben dort weniger mit fremden Gegenstän-
den in Berührung kommen; am längsten natürlich haften die Fe-
dern am Kopfe, Halse und Nacken. Analog dieser ganz natür-
lichen und leicht zu erklärenden Veränderung müsste, wenn wirk-
lich blos eine Mauser im Frühlinge stattfände, die Farbenverände-
rung ebenfalls vom Bauche ausgehen und der Vogel in der Mitte
der Mauser dasselbe Ansehen wie im Herbste haben. Das ist
aber bekanntlich durchaus nicht der Fall. Wenn man auch einen
schnellern Federwechsel im Frühlinge, durch das schneller in den
Adern zu dieser Jahreszeit pulsirende Leben erklären könnte, was
gewiss darauf einwirken könnte, so ist damit immerhin noch nicht
die so abweichende Färbung erklärt. —
Mir war zu jener Zeit leider nicht bekannt, dass der Farben:
wechsel der Zagopus-Arten eine Streitfrage der Ornithologie sei,
sonst hätte ich die geschossenen Exemplare genauer untersucht,
während ich mir eben annotirte, wie sie gefärbt waren, doch habe
ich vor einigen Jahren, als ich mit der Streitfrage schon vertraut
war, im Kieff’schen Museum die dort aufgestellten Herbst- und
Frühlingsexemplare untersucht. Bei ersteren fand ich eine Menge
‚mehr oder weniger entwickelter weisser Blutfedern unter den brau-
nen, bei letztern keine braunen Blutfedern; fand jedoch an dem
schon braunen Halse braune Federn mit weisser Spitze. Nun er-
innere ich mich freilich nicht, ob derartige Federn nicht überhaupt
dem Sommerkleide eigenthümlich seien, zudem hat ja eine negative
Beobachtung, also das Nichtfinden der braunen Blutfedern eigent-
lich keinen besondern Werth, da doch von anderer Seite eine voll-
ständige Frühlingsmauser behauptet wurde, folglich die betreffenden
Forscher doch Blutfedern gefunden haben müssen, um bestimmte
Behauptungen aufzustellen. —
424 H.Goebel: Ueber «en Farbenwechsel des Zagopus albus.
Trotzdem nun, dass ich der Ansicht vieler Ornithologen wider-
sprechen muss, erlaube ich mir dem ornithologischen Publikum fol-
gende Meinung, die ich mir gebildet habe, vorzuführen, wobei ich
übrigens bemerke, dass ich sie gern corrigiren lasse, wenn man
mir thatsächliche Gegenbeweise, nicht blos Annahmen, entgegen setzt:
1) Das Schneehuhn (Z. albus) mausert nur einmal im Jahr
im Herbste.
2) Die Mauser dauert 1'/),—2 Monat.
3) Im Frühlinge fällt nur ein Theil der Federn aus, wodurch
die Befiederung dünner wird, die übrigen Federn verfärben sich.
4) Der Uebergang dauert 3—4 Wochen.
5) Findet man im Frühlinge vielleicht einzelne braune Blut-
federn, so sprossen diese wohl nur hervor, um zufällig verlorene,
zum Sommerkleide gehörende Federn zu ersetzen. —
27. November 1872.
9. December
Nachschrift. Schon im Begriffe, den vorstehenden Artikel
abzusenden, fiel mir ein, dass vor nicht langer Zeit Notizen über
die Schneehühner der Lafotten im Journal abgedruckt waren, ich
suchte nun den betreffenden Jahrgang hervor und fand im Jahr-
gang 1869 pag. 101 zum Barth’schen Reisebericht unter andern
folgende Bemerkungen unseres leider schon verstorbenen Vetera-
nen, des Etatsraths F. Boie: Barth lässt die Frage über sich bil-
dende Möglichkeiten, dass der Uebergang der verschiedenen Klei-
der in ein anderes, Folge einer Verfärbung sei, für unerledigt.
Er beobachtet eine fortlaufende Mauser von April bis Novem-
ber. Nun folgt ein Passus über die längere und kürzere Dauer
des Uebergangskleides, der mir unverständlich ist, wohl in Folge
von Verdruckung.
Hierauf wird gesprochen darüber, dass die Winterbekleidung
eine dichte, die Sommerbekleidung eine leichte sei und schliesslich
gesagt, dass eine Modification beim Schneehuhn in Bezug auf die
Mauser eintrefle und zwar:
a) der Verlust der Hauptfedermasse folgt nicht der Fortpflan-
zung, sondern geht ihr vor;
b) der Status der Nudität ist verlängert;
c) Letztrer wird dem Patienten durch eine interimistische Be-
kleidung erträglich gemacht.
Dazu muss ich bemerken:
a) Mit dem wirklich stattfindenden Federverlust im Frühlinge
Uman, den
E. F. v. Homeyer: Notir über Oalandritis Heinei Nob. 425
bin ich vollständig einverstanden, ebenso, dass er im April be-
ginne.
b) Dass der Status der Nudität verlängert sei, gebe ich gern
zu, wenn man eben das Sommerkleid eine Nudität nennen will.
ec) Mit dem dritten Punkte stimme ich nicht überein, sondern
behaupte, dass die nicht schon im April und Mai ausfallenden Fe-
dern sich in braune verfärben, es also keine interimistische Be-
kleidung erhält (denn das käme doch wieder auf 2 Mauserzeiten
heraus), sondern dass das dünner gewordene Gefieder sich verfärbt
und erst im Herbste ausfällt. —
Das im April beginnende theilweise Ausfallen der Federn ist
keine eigentliche Mauser, sondern blos ein Abwerfen der jetzt un-
nützen, das Gefieder pelzartig machenden Federn, ohne dass sie
sich gleich ersetzen und die von Boie angenommene interimistische
Bekleidung herstellen. Die eigentliche Mauser folgt also wie bei
anderen Vögeln der Fortpflanzungszeit; vor derselben entledigt sich
das Huhn blos seines Winterpelzes, und glaube ich, dass eine ge-
nauere Untersuchung der Federn gewiss Unterschiede zwischen den
ausfallenden eigentlichen Winterfedern und den verfärbungsfähigen,
bleibenden Sommerfedern ergeben würde. —
Notiz über Calandritis Heinei Nok.
Im 22. Hefte seines Werkes „Birds of Europe“ führt Herr H.
E. Dresser bei Alauda brachydactyla p. 4 diese Lerche in der
Weise auf, dass derselbe sie zu Alauda (Calandritis) leucophaea
Severzow zieht, indem er den Wolga-Vogel als die Alauda pispo-
letta Pallas betrachtet. Worauf sich diese Meinung begründet, ist
nicht näher angegeben, doch muss ich dem entschieden wider-
sprechen.
In den Artkennzeichen sagt Pallas: „rectrice extima fere tota,
proxima margine et apice, remigibusque mediis apice al-
bis.“ Die Schwanzzeichnung ist bei beiden Lerchen ziemlich über-
einstimmend, aber die mittleren Schwingen haben nur bei dem
asiatischen Vogel weisse Spitzen. und kommen bei dem Wolga-
Vogel niemals weiss, sondern nur weissgrau gesäumt vor. Pallas
fand diese Lerche vorzüglich in den Steppen am Caspischen Meere.
Aber wenn derselbe unsern Vogel auch an der untern Wolga fand,
so ist das kein Beweis, dass Pallas den eigentlichen Wolga-Vogel
gemeint (dem widerspricht entschieden die Diagnose), sondern es
kann die Steppen-Lerche dort vorgekommen, oder die Wolga-Lerche
426 Dr. A. Hansmann:
damit verwechselt sein. Es liegt durchaus kein Grund vor, die
sehr charakteristische Diagnose zu ignoriren, da sie nicht allein den
entschiedensten, sondern auch fast den einzigen Anhalt für die
sichere Bestimmung der Art bietet. Der Wolga-Vogel muss daher
einen neuen Namen haben und ich glaube im vollen Rechte zu
sein, wenn ich die Priorität für Calandritis Heinei als unerschüttert
in Anspruch nehme. E. F. vv Homeyer.
Zwei Schwirrer.
Von
Dr. A. Hansmann.
Es war etwa um 1853, als schon der Name locustella die
Herzen der Ornithologen, besonders damals von uns Berlinern,
höher schlagen liess.
Die Ornithologen #«7’&50yrv haschten nach biologischen Mo-
menten und die Oologen hätten gerne Jagd auf die, nur aus den
ersten Baldamus’schen Mittheilungen bekannten Eier gemacht.
Aber wir getrauten uns nicht zu hoffen, auf unseren Eierraubzügen
einmal das in’s Gehör einsägende Geschwirre des wunderlichen
Vogels zu vernehmen. Hielt man damals doch allgemein etwa die
Breite von Thüringen als die nördlichste Wohnungsgrenze von
Locustella Rayii Gould.
Da eines Tages, als ich mit Freund Krüper die Waldschläge
um den Finkenkrug bei Spandau unsicher machte, prallte es mir,
um eine Waldecke kurz biegend, gegen Abend beinahe in’s Ge-
sieht: zirrerrerr! — „Also doch!“ — Es war keine Täuschung.
Weiterhin noch ein Männchen und ein paar hundert Schritte vor-
wärts noch ein drittes. Freund Krüper, mit dem ich später zusam-
mentraf, hörte meinen geflügelten Bericht ungläubig lächelnd an,
musste sich aber, an Ort und Stelle geführt, von der Wahrheit
meines Fundes überzeugen. Aber für uns habsüchtige Oologen
war das noch nicht vollständig, lange nicht vollständig. Da krochen
wir nun, trotz der dort nicht allzu seltenen Kreuzottern auf allen
Vieren im hohen seharfen Grase, zwischen Brombeeren und Buchen
gesträuch auf feuchtem morigen Boden herum, unser Terrain
quadratfussweise nach dem Neste durchfühlend. Vergebens.
„Unterging aber die Sonne, und dunkel wurden die Strassen.“
Und wir mussten mit nachdenklich klopfenden Herzen nach
Hause, zum Finkenkrug, wo die vielen Schwalben im Hofe nisteten.
Wir fanden auch am andern Tage kein Nest, wie es mir noch
Zwei Schwirrer. 497
recht oft gegangen ist. Ich habe übrigens später die Buschgrylle
auch noch an der Waldlisiere der Jungfernhaide, nicht weit
von Moabit, an dem Wege nach dem Saatwinkel angetroffen.
Viele Jahre lagen zwischen meinem damaligen Aufenthalte in
Berlin und dem jetztigen. — Des Lebens 4vayxn hatte mich fast ge-
waltsam fortgedrängt von den lieben Beobachtergewohnheiten mei-
ner späteren Kindheit und meines jüngeren Mannesalters.
Da, vor etwa zwölf Jahren, eines Abends spät, als ich einsam
von dem Dorfe Gotzlow den Weg auf Stettin zu schlenderte, zwi-
schen Grabow und Bredow, auf den Wiesen sehwirrte es mich wieder
an: zirrrrrrrr! Halb hatte ich’s gehört, halb war es irrlichtartig
vorübergeflackert. Ich horchte hoch auf. Da schwirrte es wieder
deutlich, lange, Minuten lang. Ich hatte mich nicht geirrt. Der
Nebel dampfte und die einzelnen Erlenbüsche tauchten wie kleine
dunkle Inseln aus dem schimmernden Gewoge hervor. Von den
Inseln kam der feine scharfe Ton her. Ich konnte ihn für mein
Ohr fixiren bis auf einen kleinen, genau begrenzten Fleck.
Also nördlicher wie Thüringen, nördlicher auch wie Berlin!
Und abermals nach Jahren — meine Gewehre trauerten
rostig im Schranke, das Grün meines Jagdanzuges war verblichen
und durch den Strauss krummer Erpelschwanzfedern auf meinem
Hute hatten die Motten einen Kreuzzug gemacht — da that sich
mir eine, noch jetzt bestehende, Erlaubniss auf, in den Brüchen,
auf den Wiesen und den vielverschlungenen Oderarmen strecken-
weise jagen zu dürfen.
Mein sauberes und wieder freundlich blankes Gewehr hatte
mir längst einen neuen Busch Erpelfedern auf den Hut verschafft,
da ging ich im Juni die Bahnstrecke von Finkenwalde nach Stettin
entlang. Links, bis auf Büchsenschussweite vom Bahnkörper das
Bruch mit seinem dichten Wurzelausschlag von Erlen und Eschen
an die dazwischen liegenden Wiesen tretend, rechts, weit Oderab-
wärts sich erstreckend, diese ersteren selbst mit einzelnen runden,
hunderte von Schritten auseinander stehenden Weiden- und Erlen-
sträuchern.
Da schwirrte es von der Lisiere des Bruches her und ant-
wortete von den Wiesenbüschen. Immer wieder von anderen Stel-
len aus vernahm ich das scharfe Zirpen. Es mussten mehr als
ein halbes Dutzend Männchen des Heuschreckenrohrsängers im Be-
reiche meines Ohres sein. Fortschreitend verlor sich der Ton
hinter mir, aber vor mir, in der Länge von einigen tausend Schrit-
S
428 Dr. A. Hansmann:
ten, der Stadt entgegen, tauchten in demselben Zahlenverhältnisse
wieder neue Schwirrer auf. Erstaunt machte ich Halt. Die Nacht
sank tiefer. Der halbe Mond trat scharf am mattschimmernden
Himmel hervor. Immer deutlicher, bald hier, bald dort, rings um
mich schwirrte es leiser, lauter, kürzer, länger. Alles locustella,
Alles! als gäbe es hier weiter keinen Vogel mehr auf der Welt.
Stille horchend war ich stehen geblieben, die einzelnen Tonreihen
örtlich begrenzend. Da von jenem Werftweidenbusch, dort, von
jener Gestrüppeinfassung eines Grabens, wieder aus einer Gruppe
hochstielieger Distelköpfe her, noch anderswo aus der flachen
nebeligen Wiese ohne hervorragende Punkte. Ich konnte sie
deutlich unterscheiden, nach den Entfernungen von mir aus und
unter einander. Es zirpte wie von den Heimchen auf der Brache,
nur mehr elfenartiger, koboldartiger! —
Fast tiefes Schweigen weit und breit.
Der Nebel qualmte stärker‘ auf, in wallenden Streifen die
stille Wasserstrasse der „krummen“ Reglitz entlang ziehend und
festgestaut auf den Wiesen lagernd, immer höher die dunklen Inseln
der hervorragenden einzelnen Gesträuche umfluthend, dass allmählg
nur noch die höchsten Gipfel hervorragten. Kein Lüftchen regte sich,
der Himmel wolkenlos und von der scharfen Mondsichel her ein sanftes
Lieht ausgiessend. Nur aus dem Nebel hervor klangen die schar-
fen Stimmchen der Buschgrillen, als wären sie das Tönen der
unsichtbaren Webestühle, auf denen die Elfenschleier des Nebels
gewebt würden.
Den Pfau der Juno, Zeus’ blauäugiger Tochter, das Käuzlein,
aber die Buschgrille der Titania!
So habe ich denn seit 6 Jahren Heuschreckenrohrsänger in
den Umgebungen Stettins beobachten können. Ueberall auf den
Oderufern, wo noch einzelne Weiden- oder Erlenbüsche als Reliquien
des dort früher bestandenen weiten Waldbruches aufgeschossen
waren, wohnte Locustella Rayiü. Immer aber lag eine Entfernung
von mindestens zwei- bis dreihundert Schritten oder noch mehr,
zwischen den Standpunkten der einzelnen Päärchen auf diesem
Terrain. An den freieren Stellen der Brüche selbst war sie
ebenfalls zu finden, hier aber mehr zusammengedrängt, und
ihre Nistorte lagen kaum mehr als 50 Schritte von einander.
Im vorigen Jahre hatte ich durch günstigere Umstände mehr Zeit
zu Streifereien, und konnte mich weiter umsehen. Da hörte ich denn
des Abends überall den Heuschreckenrohrsänger, war auch das, den
Zwei Schwirrer. 429
Lauf eines Quells begleitende Wiesenterrain mitunter nicht breiter,
als ein guter Büchsenschuss, wenn nur etwas Buschwerk dort
stand. Selbst von den Festungswällen Stettins vernahm ich ihr
Schwirren; so eines Vormittags in Gesellschaft des Herrn Conser-
vator Schwaitzer, im Anfang des Juli vorigen Jahres, und zwar
von einer Distelgruppe her, oben auf den Wällen des Fort
Leopold.
Locustella Rayii erscheint hier bei uns etwa gegen Ende
des April, eirca acht Tage später als Oalam. phragmitis und zu-
gleich mit, oder auch etwas früher als Calam. cariceti, arundinacea
palustris und turdoides.. Auf dem Zuge selbst habe ich nur ein-
mal ein Pärchen angetroffen, an einem Orte, wo sonst weder
vorher, noch nachher welche zu finden waren, und zwar Nach-
mittags, das Männchen sein Weibchen mit lautem Schwirren
verfolgend.. Es fand dies ebenfalls in den letzten Tagen des
April statt.
Bei der versteckten Lebensweise des Vogels ist derselbe
für uns nicht eher da, als seine Stimme vernommen wird, gerade
wie die Heimchen, die wir erst bemerken, wenn wir sie zirpen
hören. So bekommt man auch das Weibchen niemals zu sehen,
welches am Boden zwischen den Kaupen und, vom hohen Grase
gedeckt, sein Wesen treibt. Das Männchen indessen sucht gerne
ein hervorragendes Aestchen, um von dort herab seinen Gesang,
wenn man sein Schwirren so nennen darf, ertönen. zu lassen. Da-
‘bei sitzt es stundenlang still auf demselben Flecke, den Schwanz
wie ein Würger senkrecht herabhängen lassend. Beim Singen
selbst richtet es den Schnabel etwas nach oben, die Kehle blässt
sich ein wenig auf, der Unterschnabel selbst aber vibrirt, conform
dem Rhythmus des Liedchens, in zitternder Bewegung. Dabei hat
der Vogel die grössere oder geringere Stärke des Tones ganz in
seiner Gewalt. Nähert man sich einem solchen, der auf isolirtem
Wiesenbusch sitzt, so schweigt er plötzlich. Ich stehe still, wie
‘gebannt, zuwartend 5 Minuten, 10 Minuten lang. Da beginnt das
Schwirren wieder. Es scheint von anderer Richtung als vorher,
aus anderer - Entfernung herzukommen. Aber ich weiss be-
stimmt, in welchem Strauche die Buschgrille sitzt, und lasse mich
nieht täuschen. Ich nähere mich wieder vorsichtig, mehr. Wie-
der Schweigen. Auf Schussweite bin ich heran. Das Schwirren
beginnt wieder, leise, gedämpft, dass ich an mir selber, in Bezug
auf die Entfernung desselben, irre werden möchte. Meine Blicke
z
430 Dr. A. Hansmann:
klettern durch das dichte Gezweig. Nirgend ist der Vogel zu ent-
deeken. Ich umkreise den Strauch langsam. Dadurch jetzt aufge-
schreckt, taucht er, wie ein aufgescheuchter Frosch in’s Wasser,
ohne zu tlattern geräuschlos bodenwärts nieder in das weite wal-
lende Gras. Nur das geübte Auge entdeckt, auf Augenblicke vor-
überschimmernd, den kleinen bewegten Gegenstand inmitten der
ihn umgebenden starren, schweigsamen Ruhe. —
Es ist immer dunkler geworden. Meine Geduld ist nicht er-
schöpft. Ich kniee nieder, um die schwarzen Formen des Gesträuchs
sich scharf vor meinem Auge gegen den Horizont abgrenzen zu lassen.
Es vergehen 10 Minuten, eine Viertelstunde, da kommt die Buschgrille
wieder emporgekrochen aus dem schützenden Halmenwalde. Sie
steigt höher. Leise, leise beginnt das Zirpen wieder. Jetzt kann
ich sie erkennen. Das Gewehr liest im Anschlage. Aber vor den
Augen dunkelt’s und das Korn des Laufes verschwimmt. Wieder
Pause. Das Schwirren flackert auf, schwillt stärker an. Der Ton
bekommt seine alte, weit hörbare Fülle. Ein Blitz fammt auf
und der Knall des Schusses wälzt sich fort, hinwopng durch die
Wellen des dichten Nebels.
Den Vogel selbst aber fand ich oft nach vielem vergehllehii
Suchen und Tasten erst am folgenden Morgen, den Kopf nach unten,
zwischen Gezweig und welkem Pflanzengeschlinge, wie in einer
Düte steckend.
Es ist entschieden charakteristisch für den Heuschrecken-
rohrsänger, dass derselbe, wie oben bereits gesagt, um zu singen,
stets einen hervorragenden Zweig aufsucht. Ist der Vogel beim
Herannähern verschwunden, so darf man nur eine Zeit lang ruhig
stehen bleiben und bald wird er wieder emportauchen, um seinen
Gesang fortzusetzen, wenn er eben Lust hat zum Singen. Das findet
aber bei Tage und auch des Abends nicht immer statt. Oft schwiegen
alle locustellae, deren Standort ich kannte, hartnäckig, viele Tage,
fast Wochen lang, so dass ich sehon glaubte, sie wären gar nicht
geblieben, sondern weiter gezogen. Dann sangen sie nur des Vor-
mittags, oder des Mittags, oder wieder Abends. Des Nachts gegen
eilf Uhr indessen liessen sie sich meist alle hören. Das Wetter
hatte dabei keinen Einfluss, Sie schwiegen bei Sonnenschein und
schwirrten bei Regen und heftigem Sturm, dass die wüthenden
grauen Schlossen sich wirbelnd mit den aufgewühlten Halmen-
spitzen zusammenflochten. — So wenig begabt im Gesange ung
doch so launisch wie der gefeiertste Künstler!
Zwei Schwirrer. 431
Die von mir aufgefundenen Nester der Buschgrille standen stets
auf der Erde, ziemlich liederlich gebaut, fast aus demselben dürren
Grase, aus dem die Zwergmaus (M. minutus) ihre Wohnungen zu
flechten pflegt. Der Napf aus kaum feineren, die äusseren Theile
aus wenig gröberen Halmen gefertigt, lag es stets auf der Erde
auf, so dass oftmals selbst die Unterlage der Eier etwas feucht war.
Diese letzteren, 5 bis 7 an der Zahl, von bekannter Zeichnung, we-
nig variirend, höchstens lebhafter und matter in der Färbung, oder
der Kranz des diehten Endes zur Abwechselung einmal auf die
Spitze gedrückt, oder auch ganz fehlend.
Ohne Störung nistet die Buschgrille nur einmal im Jahre.
In der Zeichnung fand ich diese Vögel fast stets überein-
stimmend. Höchstens, dass die gräulich-braunen Pünktchen des
Halses und der Vorderbrust nach unten sich weiter, oder weniger
weit erstreckten, oder dichter oder weitläufiger standen. Ein ein-
ziges Mal jedoch erhielt ich ein Männchen, das ich mitten im
Singen herabschoss und bei welchem diese Punkte gänzlich fehlten
Auch die braunen Schaftstriche der unteren Schwanzdeckfedern
zeigten dieselbe Verschiedenheit. Ich will es dahin gestellt sein
lassen, ob dies Varietät, oder Altersverschiedenheit, oder beides ist.
Trotzdem die Buschgrille nach dem Vorhergegangenen ein
wenig beweglicher Vogel zu sein scheint, so habe ich sie doch öfter
und auch freiwillig, Flüge von mehreren tausend Schritten unter-
nehmen sehen. Sie fliegt nicht hoch, im Bogen, abwechselnd mehr
auf die eine und andere Seite gelegt, wie ein Schwimmer, der mit
einer Hand rudert. Der Flug ist demjenigen ihrer Nachbarin,
der braunflügeligen Grasmücke (D. ceinerea), unseres nordischen
Strauchsängers (Dumetzcola Gloger) ähnlich, nur flüchtiger, die
"Schwingen nach jedem Stosse fast an den Schwanz gelehnt: schnell
scharf, scheu!
Ihrem Rohrsängercharakter gemäss singt die Buschgrille noch
bis weit in den Juli, sogar August hinein, wenn die Grasmücken
längst schweigen. In der ersten Hälfte des letzten Monats zieht
auch sie in Familien und grösseren Trupps nach Süden, zu ihren
Rastorten dann das dicht bestandene Bruch der weiten Wiese vor-
ziehend. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass jenseit des Mittelmeeres
daskaum unterbrochene Schwirren sofort wieder beginnt. Habe ich
doch die Strauchsänger, die Cettisänger (Cettia altisonans) und die
Nachtigallen im Süden Italiens im September noch fleissig singen
hören, wenn dem Liede auch der schwellende Schmelz des Früh-
432 Dr. A. Hansmann:
lings fehlte. Ausserdem ist die Buschgrille trotz ihres scheinbaren
Phlegmas ein ziemlich hitziger Vogel, wie das die, zur Begattungs-
zeit bis zur Grösse von starken Erbsen angeschwollenen Hoden
des Männchens beweisen, und ferner dessen trotziger Kampfes-
muth, der es den, seinem Standorte sich nähernden Wiesenpiepern
(A. pratensis) oder sogar vorüberfliegenden Rohrammern (Schoen. arun-
dinacea) auf weiter als 10 Schritte heftig oft entgegen zu schiessen
trieb, die Feinde eine geraume Strecke eifersüchtig vor sich herjagend.
Eines Tages zu Anfang des Juni vorigen Jahres, als ich im
Busche zwischen Stettin und Finkenwalde, nach Calam. palustris
umhersuchend, dahinstrich, hörte ich plötzlich während des Schwir-
rens der locustella aus der Ferne einen, diesem ähnlichen und
doch so gauz verschiedenen Vogelgesang. Ich näherte mich in der
Richtung desselben vorsichtig mehr, ohne weiter etwas zu verneh-
men. Da schwirrte es wieder nahe bei mir kurz auf, Es war
eine Zocustella und doch wieder keine. Während die erste so
ziemlich, wenn auch bedeutend schwächer, den Ton der Maul-
wurfsgrille (Gryllus gryllotalpa) wiedergiebt, war dieser letzte Ge-
sang eine fast vollständige Copie der grünen Heuschrecke (Zocusta
viridissima), auch lebhaft an die Baumeicade (Cicada orni) erin-
nernd. Mir fiel sofort der Aufsatz des Herrn Arlt in diesem
Journale (Jahrgang 1871) ein. Es konnte demnach keine andere
Loeustella, als fluviatilis sein. Der langsame Rhythmus, das vor-
wiegende e in diesem Liede, gegenüber dem i von L. Rayı. —
Alles stimmte hier mit jener Beschreibung überein. Mein Staunen
war grenzenlos! — Was würde Freund Krüper wohl vor 20 Jah-
ren dazu gesagt haben, hätte ich ihm sans fagon mitgetheilt, lo-
custella käme nicht nur bei Berlin vor, sondern sogar fluviatilis
wäre in der Nähe seiner zweiten Vaterstadt, Stettin, angetrofien
worden!
Ausser jenem kurzen Schwirren hatte sich der Ton noch nicht
wieder vernehmen lassen, trotzdem ich wohl %, Stunden auf mei-
nem Flecke stille stehen geblieben war, nur mit dem Auge alle
Blätterfiguren in meiner Nähe durchkriechend. Da, in ziemlicher
Nähe, schwirrte es plötzlich wieder los. Vorher kam aber erst
das Vorspiel mit einem drei oder vier Mal wiederholten knirr,
knirr, knirr, wie Herr Arlt ebenfalls ganz richtig beobachtet hatte.
Ich hätte den Vogel nun sehr gerne für das pommersche Museum
erlegt. Ueberall spähte ich scharf, in der Richtung des Gesanges,
durch die runden Büsche der Weiden und Erlen. Aber nur ganz
'Zwei Schwirter. 433
kurz war dieser, so dass ich nicht einmal bestimmt den Busch
herauszuerkennen vermochte, von woher die Stimme kam. Ich
wartete wieder geduldig eine volle halbe Stunde und aber-
mals schwirrte es auf, nicht weit von dem ersten Platze. Den Vogel
selbst aber konnte ich immer noch nicht zu Gesichte bekommen.
Wieder eine halbe Stunde mit demselben Erfolge. Und so habe ich
denn fortwährend spähend und lauernd, etwa 11 Stunden bis zur
Nacht zugebracht, aber endlich doch ohne günstiges Resultat.
Fast regelmässig alle halbe Stunden, wie ich mit der Uhr in
der Hand bestimmen konnte, liess sich ein kurzes Schwirren
vernehmen, stets vorher durch das Knirren eingeleitet, welches
letztere auch mehrere Male ganz allein ertönte. Der Vogel
selbst blieb dabei, durchaus verschieden von Zocustella Rayu, stets
sorgfältig mitten in dem dichten Busche sitzen, sich ausserdem
noch vorsichtig durch Zweige deckend. Oft feuerte ich auf einen
dunklen Punkt in der Richtung des Gesanges, aber stets ohne
Resultat. Mehrere Male sah ich dabei nur den Vogel, wie „den
Traum eines Schattens“ zur Erde herniedergleiten. Anders kann
ich es nicht nennen. Denn er fiel in zwei bis drei Absätzen
senkrecht, wie ein erschossener Vogel, von Zweig zu Zweig zwi-
schen die Gräser des Bodens. Jedes Mal glaubte ich, mein Schuss
hätte gefasst. Aber bei der gründlichsten Durchsuchung der
Stelle fand sich nichts, und nach einer halben Stunde hörte ich
wieder das Knirren und Schwirren, öfter kaum 10 Schritte von
dem Punkte des Schusses entfernt.
Und dies während eines ganzen Tages dauernde Schauspiel
entwickelte sich auf einer Fläche von nicht mehr als einigen hun-
dert Schritten im Geviert. Unsichtbar wechselte der Vogel in den
verschiedensten Richtungen von Strauch zu Strauch, jeder Strauch
sein Haus, jedes Haus seine Burg!
Gegen neun Uhr des Abends hatte ich leider meine letzten
Paar Patronen verschossen. Da kam endlich Leben in den ge-
heimnissvollen Vogel. Er wagte sich auf Stellen, wo die Büsche
lichter standen. Zu sehen bekam ich ihn aber darum doch nicht.
Er schwirrte anhaltender und zog sich immer mehr nach den
freieren Stellen hin, ohne aber doch sein Incognito aufzugeben.
Jetzt wäre es mir vielleicht gelungen, einen glücklichen Schuss an-
zubringen, aber, wie gesagt, die Munition war mir ausgegangen.
Am nächsten Morgen war ich früh an derselben Stelle. Es
liess sich keine Flussgrille wieder hören. Ich durehstreifte die
Cab. Journ. f. Ornith, Jahrg. XXI. No. 124. October 1878. 28
434 W. Gueinzius:
ganze Gegend, aber vergebens. Ich hatte sie weder vor diesem
Tage, noch habe ich sie nachher jemals wieder vernommen. Es war
eben nur ein einzelner Irrling gewesen, mir kaum Gelegenheit zu
einer mageren Beobachtung gebend. — — . Gare! — Vielleicht
treffen wir uns einmal wieder! —
Schliesslich will ich noch erwähnen, dass, da der Name Zocu-
stela zum Gattungsnamen geworden, oder doch allgemein dazu er-
hoben werden sollte, die Buschgrille eigentlich um ihren Namen
gekommen ist. Der Speeiesname Rayi ist bisher kaum mehr als
ein Nothbehelf gewesen. Ich erlaube mir daher für Calam. locu-
stela den Namen Locustella gryllus und für Auwatilis den Namen
Locustella eicada vorzusehlagen. Es würden hierdurch die Eigen-
thümlichkeiten der Gesänge dieser merkwürdigen Vögel zu gleicher
Zeit mit bezeichnet, und sollte vom dritten im Bunde, von Z.
luscinioides, ein Umfassendes bekannt sein, so würde sich auch statt
dieses wenig passenden Namens ein anderer, die Gattung der
Schwirrer charakterisirender wohl finden lassen.
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s.
Von
W. Gueinzius.
Zum Genus Malaconotus Sw.
Einige Species von Würgern, die in „Voigt’s Cuvier“ unter dem
Genus ZLanius und Lanio beschrieben sind, hat der englische Na-
turforscher Swainson als Wald-Neuntödter unter dem generischen
Namen Malaconotus vereinigt und führt als die Westküste Afrika’s
bewohnende (Naturalists library Vol. VU. Birds of Western Africa)
folgende an:
1. Malaconotus. olivaceus Sw. (Lan. olivaceus Vieill.), Eneyel.
method. p. 730.
2. M. superciliosus SW.
3. M. mollissimus Sw. —= Lanius cubla Auctor.
4. M. barbarus = Lan. barbarus Lin.
5. M. chrysogaster, welche alle, mit Ausnahme von M. barba-
rus, sich hier in Port-Natal finden, wo ausserdem noch die folgen-
den vorkommen:
6. JLuanio oliva Vaill. 75 u. 76.
7. L. guituralis Vaill. 286.
8, Lanius bulbul Sw. Vaill. 68.
Von diesen sieben südost-afrikanischen Wald-Neuntödtern
Aus dem. Vogelleben Süd-Afrika’s. 435
ist der M. olivaceus der grösste und stärkste, wenn der hiesige
Vogel überhaupt derselbe ist, welchen Swainson beschreibt und
abbildet.
Die Figur (Plate XXH.) ist auf der Unterseite einfarbig gelb
gemalt, doch sagt der Autor in der Beschreibung: „the under plu-
mage, from the chin to the vent, is bright and pure yellow, dee-
pest on the breast and paler on the belly“, da alle die hie-
sigen Exemplare, die ich erlegt habe, an der Brust orange-roth-
braun — um so älter, um so tiefer — wie sein Malacon. chrysogaster
haben; ebenfalls nennt er die Farbe der Füsse bleich: „legs pale“,
da dieselben, wie die der übrigen hiesigen Malaconoti hell blaugrau
sind, Swainson müsste denn ein junges Exemplar abgebildet haben.
'Sämmtliche Vögel dieser Gruppe sind wenig scheu und fröhlicher,
sanfter Natur, so dass ich nie einen derselben mit Seinesgleichen
oder einem andern Vogel je in Streit begriffen gesehen habe. Nur
einmal habe ich den gegenwärtigen Vogel von einem männlichen
Nisus Tachiro angegriffen gesehen, wobei er sich weder vertheidigte,
noch floh, wenn er sich doch leicht im nahen Dickichte hätte ver-
stecken können. Den wiederholten Klauenhieben des Tachiro wich
er stets leicht durch Schwenken und mit lautem Geschrei aus,
setzte sich aber nach jedem Angrifi wieder ganz in der Nähe des
Feindes auf einen Zweig desselben Baumes nieder, furchtlos einen
andern Anfall erwartend. — In der ganzen Zahl der Gattungsver-
wandten ist er der einzige, dem ich zutrauen möchte, junge Vögel
aus den Nestern zu nehmen, da ich ihm todte, oft mehrtägig ge-
legene Mäuse und Ratten habe fressen sehen. Als ich nämlich
zu Congella — nahe an der Natal-Bay, ein Häuschen bewohnte,
welches sich an den Wald lehnte, hatte ich hin und wieder die über
Nacht gefangenen Mäuse zur Thür hinausgeworfen, wo sie in der
Nähe von wenigen Schritten in eine Dornenhecke fielen; eines Vor-
mittags sah ich durch das Fenster, wie ein Mal. olwaceus eine
jener Mäuse gefunden hatte und im Schnabel hinwegtrug; ich
legte nun das Gefangene stets wieder an dieselbe Stelle und hatte
bald das Vergnügen, jenen Vogel von Zeit zu Zeit wiederkehren
und sogar einst eine grosse Ratte mit Mühe, nahe über der Erde
fliegend, abholen zu sehen. Er trug später das Gefundene nicht
mehr hinweg, sondern hüpfte mit demselben in die Zweige eines
der Thüre gerade gegenüber stehenden Dornenstrauches, um es zu
verzehren, blieb auch nach beendeter Mahlzeit daselbst und liess
seinen lauten eintönigen, langgezogenen, angenehm wie hüüüh!
25#
436 W. Gueinzius:
hüüüh! klingenden Lockruf ertönen, wobei er sich — wenn ich in
die Thüre trat — nur ein wenig hinter Blättern versteckte. Einst
— als die untere Hälfte der Thüre geschlossen, die obere aber
halb offen stand, sah ich mit Erstaunen, wie jener Vogel auf dem
Zweige eines Ricinus — der, neben der Thüre stehend, ein wenig
über dieselbe ragte — sitzend, einen langen Hals machte und mit
seinen schönen gelben Augen mir in das Zimmer sah, sich nach
einer Maus erkundigend; wie dieser Vogel wissen konnte, dass ich
jene Mäuse für ihn besonders unter jenen Strauch gelegt hatte,
dass sie überhaupt aus meiner Wohnung kamen, war mir uner-
klärlich, da ich nicht glaube, dass er mich je gesehen hatte die-
selben dort hinlegen, da ich dieses stets früh am Morgen that, wo
er noch im Walde war und ich ihn stets etwa zwischen 9 bis 10
Uhr erst bemerkte. — Im Frühjahre — October — hört man oft
seine Lockstimme längere Zeit aus einem dicht belaubten Baume
erschallen; sie ist wohlklingend und besteht aus einem eintönigen,
ziemlich hohen „Hüüüh!“, welches schwächer anfängt, sich verstärkt
und wieder vermindert: <>. Nach der Paarungszeit wandert
er wie die übrigen Malaconoti (M. gutturalis und Bulbul ausgenommen)
in lichtere Waldungen und deren Ränder suchend umher, er geht
dann auch gern in niedrige Gesträuche und auf die Erde herab
z. B. in der kühlen Jahreszeit, an warmen Waldecken, die die
Abendsonne haben, und wo gewöhnlich auch viele audere Wald-
vögel sich versammeln; gern sucht er dann zwischen alten nieder-
liegenden Holzstämmen umher. Während des Suchens macht er
seine Gegenwart oft durch ein lautes Schroet — Schroet — Schroet —
oder Noek — noek bekannt, sonst hört man auch oft ein sanftes,
flötendes papageiartiges Wieuh! wieuh!, worauf gewöhnlich ein
schnalzendes Clack! clack! clack! oder Claeck folgt. In der Zeit
der Liebe fliegt er zuweilen flatternd eine kurze Entfernung, dabei
wie die übrigen Gattungsverwandten seine langen weichen Rücken-
federn prunkend aufrichtend und dann besondere freudige Töne
hören lassend. —
Malaconotus supereiliosus Swainson.
Während meines 30jährigen Sammlerlebens in der Nähe der
Natal-Bay habe ich den obigen Vogel nur 2 Mal beobachtet, den
weissen Streifen über dem Auge bis an das Ohr genau bemerkend.
Malaconotus chrysogaster SW.
Dieser Vogel, den Swainson einen der seltensten Vögel des Se-
negal nennt, ist eben nicht so selten hier in Natal, doch nicht ge-
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s. 437
mein; er wandert wie der vorige während des Herbstes und der
trockenen Jahreszeit gern in Gesellschaft anderer Vögel: an Wald-
rändern umher, liebt die Abendsonne während der kühlen Nächte
und geht auch gern in benachbarte niedere Gesträuche und zur
Erde herab. Seine Lockstimme ist der des folgenden ähnlich.
Malaconotus oliva.
Nicht selten in Natal; seine Lebensweise die der vorigen; sein
Lockruf im Frühjahre besteht aus 4 auf einander folgenden Noten,
die 3 ersten kurz, die 4. und höchste lang ausgezogen. Ein Nest
dieses Vogels, welches ich etwa 8 Fuss über der Erde, nahe an
einem Waldpfade auf einem Zweige angelegt fand, war ungemein
kunstlos aus dünnen Reisern und so durchsichtig erbaut, dass ich
‚2 junge Vögel in demselben erkennen konnte. Sonst hört man
- seine Stimme als ein sanftes Wit! wit! wit! und Sirr—shraeoeh—
wit— wit— wit.
Malaconotus mollissimus Sw. Cubla Vaill.
Der Cubla wandert wie vorige zwei in Gesellschaft anderer
kleinerer Vögel: umher, ist aber der einzige Malaconotus, der seine
Jungen nach der Brütezeit führt, denn man findet ihn selten ein-
zeln, gewöhnlich mehrere in der Nähe, auch richtet er am öftersten
seine schönen Rückenfedern auf, welches ihm ein wunderbares Aus-
sehen giebt, denn ausser dem wagerecht ausgestreckten Kopf und
Hals mit Schwanz und Flügelspitzen, sieht man nichts von ihm als
einen schneeweissen Ball Schwanendaunen, da sich jene langen
Rückenfedern bis zwischen die Schultern zurücklegen. Er ist ein
zahmes, sanftes Thier und scheint wirklich auf seinen Schneeball
stolz zu sein, da ich oft bemerkt habe, wie ein Männchen in mei-
ner Nähe sich so aufgeputzt nach mir zukehrte, den Vorderkörper
abwärts gerichtet, so dass ich um so besser die ganze Schönheit
seines Rückens übersehen konnte, er drehte sich auch dann lang-
sam hin und wieder, mich zugleich mit seinen hellen gelben Augen
betrachtend und sein chä! chä! rufend.
Malaconotus gutiuralis.
Er lebt ungemein versteckt in den Dickichten der Waldränder,
und nur selten sieht man ihn gegen Abend etwa über einen Wald-
pfad eilig fliegen und sich sogleich wieder verstecken. Er ist
nicht so selten, wenn man seine Stimme kennt; nähert man sich
seinem Versteck, so hört man sogleich ein heiseres, scharfes, katzen-
ähnliches Kräggh!, krae-igh! wobei er mit lang gestrecktem Halse
und vorgebeugtem Körper lauscht; dann hört man auch ein tiefes
438 W. Gueinzius:
Kurr! kurr! kurr! taert! taert! taert!, wobei er eilig auf und nie-
der hüpft; um so tiefer und stärker die Stimme, um so älter und
schöner ist ein Männchen da. Nur im Frühjahre geht dieser Vo-
gel in einen höheren Strauch oder auf einen Zweig eines beschat-
teten Bäumehens, um seinen Lockruf ertönen zu lassen (ieh spreche
nur vom &); dieser besteht in einem Hu-huwitt! — hu-huwitt! hu-
witt-wit!; ist es aber ein recht altes Männchen, mit um so breiterem
schwarzen Bande über seine Brust und starkem Roth auf gelbem
Bauche, dann klingt sein Ruf schön und stark Ku-kuwick! Ku-
wick-wick! Das Weibehen — ohne roth und schwarz an der Brust
und Kehle — ahmt die Stimme des & sehr schlecht nach und so
langsam, dass man sehr leicht das Geschlecht erkennt, sie ruft un-
rein Hu-hu-hu-i. Die Lockstimme des Männchens nachzuahmen, ist
mir leicht geworden und ich habe auf diese Weise viele geschossen.
Während der trockenen Jahreszeit habe ich diesen. Vogel ‚oft in
Gesellschaft der Phyllastrephus und anderer kleiner Vögel auf dem
Boden der Dickichte dürres Laub umwenden Kr er liebt die
Lage gegen die Abendsonne.
Malaconotus Bulbul (Vaill. Afır. 68).
Dieser Vogel scheint weit über Süd-Afrika verbreitet zu sein,
da ich ihn nicht weit von der Capstadt in einem Fruchtgarten zu-
erst bemerkte und er hier in Natal überall, wo Waldungen sind,
verbreitet ist; eben hier in Neu-Deutschland zwischen kahlen Gras-
hügeln, wo sich nur hier und da in den engen Thälern am Ufer
der Flüsschen ein Wäldehen findet, trägt der Wind mir nicht sel-
ten seinen wohlbekannten Ruf zu. Wie der vorige, M. gutturalis,
scheint er nicht weit umher zu wandern, sondern sein gewähltes
Revier zu behaupten, woselbst er nahe über und auf der Erde seine
Nahrung findet, die nicht einmal strenge animalischer Natur zu sein
scheint, da ich ein zahm gewordenes Weibchen gesehen habe sehr
gern die vor der Thüre liegenden Fruchthülsen der Arachis hypo-
gaea aufhacken, um die sehr öligen Samen zu fressen. Nach
dem Sommer scheinen sich die Pärchen zu trennen und später
neue Verbindungen einzugehen. Ein Pärchen baute 2 Nester in
einem Sommer, die erste Brut bestand vielleicht nur in einem Jun-
gen, im zweiten Neste (wenige Schritte von meiner ‚Thüre ange-
legt) zerstörte das Männchen die Eier, da sich dieselben vielleicht
unfruchtbar zeigten; auch das sehr kunstlose, aus dünnen Reisern
so durchsichtig gebaute Nest, dass man die Eier darinnen erkennen
konnte, wurde vom & vernichtet, indem es sich hinein setzte und
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s. 439
_ mit den Flügeln flatternd, auch wohl mit den Füssen helfend, den
leichten Bau schnell auseinander trieb. Von allen seinen Ge-
schlechtsverwandten ist dieser Vogel der allerstimmenreichste, fröh-
lichste, zutraulichste und, wenn man näher mit ihm bekannt wird,
unterhaltendste. Ueberall an den Waldrändern und zu jeder Tages-
zeit hört man die eine oder andere seiner verschiedenartigen Stim-
men, jetzt z. B. ein Oriolus-ähnliches Guliep! gulieb! oder vielleicht
Guwliep!, bald ein wohltönendes Hububub! — hububub! hububub!
wie Upupa, worauf das Weibchen ähnlich, fast a tempo, antwortet;
bald ertönt ein lauter langgezogener Ptiff wie wiekh! wiekh!, auf wel-
chen das Weibchen augenblicklich — oft lange Zeit anhaltend —
ein kurzes helles Wiek! oder Wiekuk! auch Quiek! zurücksendet.
Oft hört man ein Giep — giep — giep — giep, wenn er lange Weile
zu haben scheint. Auch giebt sich besonders das Weibchen oft viele
Mühe und quält sich ab, seine Stimme in (dem Anschein nach) un-
mögliche Töne zu verwandeln, so dass man nicht errathen kann,
ob junge Katzen, Hunde oder Schweine damit parodirt sein sollen.
Eines Abends sass ich im einsamen Walde, mit dem Rücken gegen
einen Baumstamm gelehnt, schussfertig auf einen rothen Bock
(Cephalopus natalensis) wartend, lauschend auf der Erde, da hörte
ich ein leises Rauschen im dürren Laube, da kommt er! — mit an-
gehaltenem Athem, dass ich mein eigenes Herz klopfen hörte,
lauschte ich, näher und näher schienen mir die vermeintlichen Fuss-
tritte zu kommen, und dennoch erschien der erwartete Bock nicht
— da — plötzlich als die Erwartung und Ungeduld aufs höchste
gespannt ist — hüpft wenig Schritte vor meinen Füssen ein kecker
. Bulbul auf einen niedrigen Zweig, und unter fortwährendem Knixen
lässt er sein lautes Raet-taet-taet-taet-trrrrr-taet-taet etc. erschal-
len. Jenen Schreck habe ich lange nicht vergessen können, vergab
dem fröhlichen Bruder aber, setzte den Hahn in Ruhe und ging
nach Hause.
An der steilen Seite eines engen Thales, auf einer künst-
lichen Terrasse, ringsum von hohem Walde umgeben, bewohnte ich
einsam ein Häuschen, dessen Thüre nach der einen — dem regen-
bringenden Südostwinde offenen — Seite hin durch einen mit
furchtbaren klauenartigen Dornen bewaffneten baumartigen Nacht-
schatten beschützt war. Während der trockenen, an Insecten we-
niger reichen Jahreszeit — unserem Winter — bemerkte ich einst
ein Weibchen des obigen Vogels, wie es an einem zur Thür hin-
ausgeworfenen, ausgekochten Rindsknochen die noch daran hängen-
440 W. Gueinzius:
den weichen Theile abzerrte; die ungewöhnliche Zahmheit dieses
Thieres brachte mich auf den Gedanken, dasselbe zu füttern ‚ um
es wo möglich an mich zu gewöhnen, und dieses gelang mir
auch vollkommen und ungemein schnell. In Begleitung von freund-
lichen Worten und sanfter zuredender Stimme nahm der Vogel so-
gleich die zugeworfenen Stückchen rohes Fleisch an, kam bald nach
denselben vor die Thüre, bald in dieselbe und hinein in das Haus,
wo unter einer Tischecke ich ihm seine Hauptmahlzeit reichte.
Bald lernte er vor mir her in das Haus — unter öfterem Rück-
wärtsblicken — zu hüpfen, um gefüttert zu werden. Mein Freund
hüpfte vertraulich ein und aus, suchte im Zimmer oder in der
Kammer auf dem ungeflurten Fussboden nach Insectenbruchstücken
umher, flog aber bestürzt sogleich hinaus, sobald etwa ein Be-
suchender in die Thüre trat; eben so wenig wollte er oder andere
später zahmgewordene Vögel im sicheren Hause bleiben, sobald
ein warnendes helles, hastiges Pink! pink! pink! sich draussen hö-
ren liess, sondern sie stürmten stets in grösster Eile hinaus, um
in dem furchtbar bewaffneten Solanum-Baume Schutz gegen den
nahen Sperber zu suchen, und nur, nachdem die Gefahr vorüber
war — welches sie an dem langsamer und schwächer werdenden
Pink!, zu welchem auch bald anderes Vogelgeschwätz gefügt wurde,
bemerkten —, wollten sie, wieder beruhigt, in das Haus kommen. —
Jene befiederte Schildwache, deren helles warnendes Pink! pink!
die ganze Vogelwelt kennt und sie in Schrecken setzt, auf welchen
Ruf sich Alles, was Federn hat — Sauve qui peu! — in die näch-
sten Dornendickichte stürzt, ist ein äusserst gemeiner Vogel von
der Grösse des Sperlings, der auch, wie jener, nirgends fehlt, wo
Häuser und Fruchtgärten sich finden, denen letzteren er stets an-
sehnlichen Schaden zufügt, denn bei übriger Inseetennahrung lässt
er keine essbare Frucht unangepickt, und so viele man ihrer auch
schiesst, so viele kommen wieder dahin, wo es Früchte giebt. Er
ist ein ungemein geschwätziger und fröhlicher Vogel, und man kann
ihm Manches vergeben, wenn man die Zärtlichkeit sieht ‚ mit wel-
cher das & an einem kalten Frühlingsmorgen, der aufgehenden
Sonne harrend, das 2 mit fröhlichem Gejodel unter seinen Flügel
nimmt und diese wiederum dafür ihm die Schmarotzerinseeten von
den Augenlidern abnimmt oder ihm die Haube des Kopfes putzt.
Der Vogel, vielleicht Turdus chrysorrhoeus Temm. Vaill. 107, ist
obenher bis an die Brust hell russbraun oder graubraun, den Bauch
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s. 441
weisslich oder weisslichgrau mit Schwefelgelb unter dem Schwanze;
der Kopf mit aufrichtbarer Haube schwarz. —
Die Männchen des Bulbul haben (wie die Bewohner des hohen
Nordens) eine fröhliche Weise, etwaige Streite zu schlichten; findet
sich z.B. ein fremdes Männchen ein, um der Geliebten die Cour zu
machen, dann setzen sich die beiden Streiter gegenüher auf die
unteren Zweige eines niedrigen Baumes, breiten den Schwanz aus,
öffnen die Flügel etwas, und vor Allem richten sich die weissen sei-
denartigen Federn des Hinterrückens auf; nachdem sie mit aufge-
sperrtem Schnabel und ausgerecktem Halse sich einander ange-
sehen haben, ruft einer dem andern aus aller Macht und mit jedes-
maligem Bücklinge ein heiseres Quachachach! oder Krachachach !
zu, worauf der andere ebenso antwortet; immer lauter und eifriger
rufen sie, bis der Fremdling müde wird und erschöpft sich zurück-
zieht, worauf der Sieger ihm — unter fröhlichem Hüpfen — noch
ein wenig nachfolgt und ihm, so lange er ihn noch sehen kann,
sein Quachachach! nachruft. —
Von meinem weiblichen zahmen Zanius Bulbul sah ich mit her-
annahendem Sommer und jenem wiederkehrenden Ueberfluss an Insec-
ten weniger und weniger, bis er etwa gegen den Herbst wieder-
kehrte, um auf’s Neue mein täglicher Gast zu sein, aber auch einen
jungen Vogel — im Kleide des Weibchens — mitbrachte. Hatte
sie gebrütet? aber nur ein Junges erzogen? Dieser junge Vogel
nahm im nächsten Sommer das Kleid eines Männchens an, und bei
der ungemeinen Zärtlichkeit, mit welcher sie ihn behandelte, zweifle
ich nicht, dass sie ihren jungen Sohn zum Gatten nahm. Ich sah
sie z. B. dicht neben ihm sitzen und ihm die parasitischen Zäcken
(Ixodes) von den Augenlidern und der Schnabelwurzel ablesen und
diese ihm Stück für Stück unter süssen bittenden Lauten zur Nah-
rung vorhaltend. Ob sie wirklich eine Verbindung eingingen, kann
ieh nicht für sicher sagen, doch glaube ich dieses, da sie im Herbst
beide zusammen wiederkehrten, nachdem ich während des Sommers
wenig von ihnen gesehen hatte. Männchen und Weibchen waren
nun stets während des ganzen Winters meine täglichen Gäste und
hielten sich stets in der Nähe des Hauses auf; der mannbar ge-
wordene Sohn jedoch zeigte sich nun gegen seine Mutter ziemlich
tyrannisch, wenn es nämlich zum Füttern ging, denn er wollte ihr
kein Stückchen Fleisch oder Talg zukommen lassen, bis er selbst
erst gesättigt war; ich musste deshalb ihm zuerst ein Stückchen
mehrere Fuss zur Rechten und dann schnell ein anderes zur Linken
442 W. Gueinzius:
für die Mutter werfen, ein anderes vor mich hin in die Mitte für
eine kleine Turdus (die zweite, die sich durch die Fütterung der
Lanii ebenfalls heranlocken liess und auch sehr zahm wurde. Die-
ses mit wunderbarer Stimme begabte Vögelchen ist etwas kleiner
als der Reelameur Vaill., Turdus vociferans und 7. melanotis Cuv.,
auch jener ähnlich, hat aber kein Schwarz an Stirn und Ohr. Die
Unterseite ist einfarbig rostgelb und die Flügel hellblau. Ohne
Einladung, nur durch die Zutraulichkeit der Zan& angelockt, liessen
sich zwei dieser lieblichen Vögelchen füttern. Der eine wurde mir
nahe vor den Füssen von einem Nisus minullus weggefangen, der
zweite aber erschien besonders im Winter am Abend in der Däm-
merung regelmässig; er wollte sich dann, wenn ich in oder vor
der Thüre stand, recht breitbeinig vor mich hinstellen und mit zu
mir aufgehobenem Köpfchen tiefe, murmelnde Laute hören lassen;
Stückchen rohes Fleisch und Talg nahm er stets sehr bereitwillig
und schoss dann die Terrasse hinab in die Dickichte des Thales
zur Nachtruhe. Zur Zeit der Liebe hört man diesen Vogel oft
wunderbar starke, schmelzende Nachtigalltöne hervorbringen, sonst
aber ahmt er mit der grössten Leichtigkeit die verschiedensten
Vogelstimmen nach; jetzt z. B. hört man die fragenden Rufe des
prächtigen Emeradkuckuks (Chaleites smaragdineus), welchem die
Katlern die Worte „Umtonjena inganti“ (Kindchen, heirathe nicht!)
unterlegen, dann das dohlenähnliche Stimmengetümmel eines da-
hin ziehenden Schwarmes rothilügeliger Lamprotornis (L. morieo),
wiederum die Stimmen der benachbarten Bay — den Totanus: glot-
tis und Numenius capensis, auch oft, auf das allertäuschendste nach-
geahmt, den Wechselruf eines Pärchens des Hahaötus vocifer, wie sie
über dem Walde kreisen, um sich eine passende Stelle für ihr Nest
zu wählen; heiser und tiefer ruft das Weibchen sein Hüh—kau—
kau!, worauf das Männchen, mit ebenfalls dachförmig gesenkten
Flügeln und auf den Rücken gelegtem Kopfe, ein helles Hik—
kill-kill! hören lässt. Es währt einige Zeit, bis man jene Stimme
für eine täuschend nachgeahmte erkennt, und dann scheint es wie-
der unglaublich, dass jenes so ganz ruhig in der Nähe sitzende
Vögelchen jener meisterhafte Virtuose sein sollte; während der auf’s
wunderbarste, dem Anschein nach & tempo, mit der grössten
Leichtigkeit ausgestossenen, verschiedenartigsten Vogelstimmen ver-
räth er durch keine Bewegung seine Meisterschaft, nur seine Kehle
(wie die von einem Laubfröschehen) zittert und verräth, was in
ihm vorgeht. — An einem kalten, regnerischen Wintertage erschien
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s. 443
einst mein Pärchen „Bub-bub“ (wie die Kaffern sie nennen) in der
Thüre, sie waren ganz nass und stellten sich so kläglich an —
indem sie mit den Flügeln zappelten und mit aufgesperrtem Schna-
bel und kläglichen Tönen wie junge Vögel um Nahrung bettelten
— dass es wirklich zum Lachen war. Das 3 nahm, wie gewöhn-
lich, den ersten Platz ein und wollte sein ® nicht neben sich in der
Thüre dulden, er sträubte die Federn, sperrte den Schnabel auf
und warf ihr wüthende Blicke zu (was jedoch nie Ernst war, denn
nie habe ich Schnabelhiebe geben sehen), das @ schien sich ge-
dulden zu wollen, plötzlich aber schlüpfte sie neben ihm schnell
durch die Thüre und stellte sich dicht neben meine Füsse und sah
ihn dann mit einem vellkommen verständlichen Blieke an, so viel
wie: von hier darfst Du mich nicht vertreiben; und das $? — sein
Benehmen war eben so sehr sprechend, er legte sogleich seine Fe-
dern glatt nieder, nahm eine sehr wohlgefällige Miene an, sah nach
der Decke, hier und da hin, nur nicht in der Richtung seiner Frau,
er hatte ihre schlaue Bewegung gar nicht bemerkt, oder hatte er,
dann war es ihm offenbar ganz lieb, hätte sich’s gar nicht besser
wünschen können u. s. w. An heissen Sommertagen habe ich die-
sen Vogel öfter mit ausgebreiteten Flügeln und aufgesperrtem
Schnabel im Sande liegen sehen und sich wie die Hühner baden.
Gegen das Frühjahr brachte das & ein anderes 2 vor die Thüre,
da aber die Insectenwelt schon hinreichendes Futter bot, wurde
sie nicht so zahm, nahm nur Stückchen frisches Fleisch an, lernte
aber Stückchen Talg nicht kennen. Das alte ?, gegen die der
Sohn schon vorher mehr und mehr neidischer geworden war, so
dass sie kein Stückchen mehr nehmen durfte, bis er selbst gesät-
tigt davon geflogen war, blieb zuletzt ganz weg, wahrscheinlich des
neuen Weibchens willen. Monate waren vergangen, ohne dass ich
sie gesehen hätte; eines Tages aber, als ich vor der Thüre unter
der Veranda stand, hüpfte ein weiblicher Bulbuwl langsam um die
Ecke des Hauses, machte sich hier und da zu schaffen und schien
(wie es immer der Fall ist, wenn sie sich wollen bemerkbar
machen) gar keine Notiz von mir zu nehmen, er kam näher und
näher, bis ich dachte: das junge ? fängt doch endlich an zahmer
zu werden; da plötzlich fiel der Vogel flach auf die Erde, breitete
die Flügel weit aus, legte den Kopf mit aufgesperrtem Schnabel
‚auf den Rücken (wie ein Wiedehopf, der sich verstellt) und schien
in Krämpfe zu verfallen; besorgt trat ich näher, da fiel mir ein,
es könnte vielleicht das alte 2 sein, ich rief sie bei ihrem Namen
444 W. Gueinzius:
und dieser war elektrisch — im Augenblicke sprang sie auf, hüpfte
mir nahe vor die Füsse, und mit allen Zeichen der Freude und
dem vollkommensten Vertrauen, wie früher, hüpfte sie vor mir her
in das Haus, unter dieselbe Tischecke, wo sie früher gewohnt war
gefüttert zu werden. Was konnte der Vogel mit diesem Betragen
gemeint haben ? Abbitte der langen Abwesenheit? — Wenn das
& des Mittags aus dem Walde kam, setzte es sich gewöhnlich der
Thüre gegenüber auf einen überschatteten Zweig, um zu verdauen;
es hielt sich dann ganz ruhig und beobachtete zugeworfene Nah-
rung nicht eher, bis es etwa nach einer halben Stunde einen Bal-
len Käferüberreste ausgeworfen hatte, dann erst nahm es wieder
Nahrung. Oefter während dieser Ruhe und wenn ich den Vogel
beobachtete, that er etwas, was, wie ich glaube, nicht geschehen wäre,
wäre er allein gewesen — es war ein Spiel, uns Vergnügen zu
machen. Eine sehr kleine Fliege nämlich, so klein, dass ich sie
kaum wenige Schritte von mir erkennen konnte, nahete sich ihm,
als ob sie sich an seine Brust setzen wollte; sobald sie sich nahete,
schien er in das grösste Entsetzen zu gerathen, er öffnete die
Flügel, sträubte das Gefieder, warf sich rückwärts über, zuckte
krampfhaft, und mit weit aufgerissenen Augen und offenem Schna-
bel starrte er das kleine Inseetchen an; sobald es sich entfernte,
wurde er wieder ruhig, wiederholte aber jene Eulenfratzen, sobald
es wiederkehrte, an Lachen und Zureden kehrte er sich nicht. Ein
grösseres Stückchen Fleisch wollte er in eine gemächliche Gabel
oder Rindenspalte klemmen und es so in kleinen Stückchen ab-
zerren, immer aber schien er mehr Mühe und Anstrengung un-
nöthig anzuwenden, wenn ich ihm zusah. Einst sah ich, wie er ein
vor die Thüre geworfenes Heringsgerippe abputzte; einen südost-
afrikanischen Waldbewohner englischen oder holländischen Salz-
hering fressen zu sehen, machte mich laut lachen, und ich rief ihm
zu: warte nur, Dick! — bald wirst Du erfahren, was Du gefressen
hast, wenn der Durst kommt! — In einem ausgehöhlten Steine vor
der Thüre hielt ich immer etwas Regenwasser, nicht lange vach
ÖObigem sah ich, wie mein „Dick“ von seinem Zweige herab auf
jenen Stein flog und zu trinken anfıng, als ob er gar nicht auf-
hören wollte. Dieses war das erste Mal, dass ich ihn je Wasser
nehmen gesehen hätte, und ich musste wiederum laut lachen und
ihm zurufen : siehst Du! habe ich Dir’s nicht gesagt! — als ob der
Vogel die Ursache meines Lachens erkannte und ihm die Sache
selbst lächerlich vorkäme, knixte er nun bei jedem Schnabel voll
Aus dem Vogelleben Süd-Afrika’s. 445
und soff — ich zweifle nicht daran — mehr als er nöthig hatte,
' gerade weil ich ihn auslachte, denn die halbgeschlossenen Augen
und seine Ziererei wollten gerade sagen: lache Du nur, ich liebe
Wassersaufen sehr, trinke sehr oft, thue nichts lieber u. s. w. (zum
bösen Spiele eine gute Miene machen). — Etwa im Monat Novem-
ber fiel es mir auf, dass das &, trotz des Ueberflusses der Nah-
rung im Walde, zu mir in die Thüre kam und mit zitternden Flü-
geln, aufgesperrtem Schnabel — vor Allem aber süssen, bittenden
Lauten um Nahrung bat; Stückchen fetten englischen Käse em-
pfing er sehr begierig, frass sie jedoch nicht, sondern hüpfte mit
denselben zur Thür hinaus auf den Rand der Terrasse, von wo er
immer in derselben Richtung hinab zum Fusse des Hügels in ein
Dickicht strich; er musste also Junge haben. Merkwürdiger Weise
vergass er nie während dieser Zeit, so eilig er sonst schien, auf
dem Rande der Terrasse angekommen, inne zu halten, sich nach
mir umzusehen und mir einige jener süssen Töne (als Dank) zu-
zurufen, und nur dann erst flog er mit einem fröhlichen Luftsprung
hinab. Eines Morgens fiel mir vor der Thüre das Zirpen eines
Jungen Vogels auf; mich umsehend, sah ich mit Erstaunen, wenige
Armslängen vor mir auf der Terrasse, einen jungen Bul-Bul, der
noch nicht lange das Nest verlassen haben konnte, er sass in einem
Strauche und, nach mir zugekehrt, wollte er — mit zappelnden
Flügeln und aufgesperrtem Schnabel, kläglich bettelnd, gefüttert
sein, so dass es mir fast unheimlich zu Muthe wurde. Was wusste
dieser junge Vogel von mir? aus seinem Neste konnte er wohl das
Dach meines Hauses gesehen haben und dass sein Vater mit dem
fetten Käse etwa aus der Richtung der Thüre herauskam, dass ich
aber seinen Vater fütterte, konnte er nie gesehen und nur gerathen
haben. Im Herbste verliess ich jene Wohnung und zog eine halbe
Stunde weiter nach der Natal-Bay hinab, wo ich ein ähnliches
Häuschen am Waldrande bezog. Zwei bis drei Tage nach meiner
Ankunft stand ich vor der Thüre in einem verwilderten Gärtchen
und bemerkte ganz in meiner Nähe einen „Bulbul“, entweder ein
junges ? oder & (beide Geschlechter tragen im ersten Jahre das-
selbe Gefieder). Die Zahmheit des Vogels fiel mir auf, um so
mehr hatte ich meine Muthmassungen — da derselbe sich offenbar
— nach gewohnter Weise — wollte bemerklich machen, indem er
mit unnöthiger Anstrengung einige zusammengesponnene Blätter
aufzureissen suchte; von den ihm zugerufenen Namen, bei denen
ich alle jene Vögel nannte, schien er jedoch gar keine Notiz zu
446 Dr. A. Reichenow:
nehmen. Wie es auch war, war der Vogel das letzte junge Weib-
chen meines „Dick“, nach der Brütezeit getrennt, oder war es sein
Junges, so viel glaube ich sicherlich, dass der Vogel mich kannte,
denn in wenigen Tagen liess er sich ohne Furcht im Hause füt-
tern, flog aber stets bestürzt hinaus, sobald ein Fremder an
nahete.
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika.
Von
Dr. Anton Reichenow.
(Schluss; siehe Seite 297 u. ff.)
IV. Westafrikanische Webervögel. i
Cameruns, den 12. März 1873.
Wie einem Gemälde der hoch dünenden See die Sturmschwal-
ben, der ländlichen Skizze unserer heimathlichen Dörfer Storch,
Schwalbe und Sperling, den Bildern imposanter Klippen des hohen
Nordens Steissfüsse und Lummen nicht fehlen dürfen, so sind die
Webervögel mit der Vorstellung westafrikanischer Landschaften eng
verbunden. Es sind diese die Vögel, welche dem ankommenden
Reisenden zuerst in die Augen fallen und die ihn begleiten von
Ort zu Ort. Betritt man die schmalen Gassen zwischen eng zu-
sammengebauten Lehmhütten, oder die breiten, von üppigen Pisang-
bäumen umgebenen Plätze vor freundlichen Bambuhäusern, so hört
man das Geschwirr und Gezänk der ewig lustigen, arbeitenden,
scheltenden und singenden Weber. Verfolgt man schmale Pfade
durch weite, mit mannshohem Grase bedecekte Flächen: oder mit
kleinem Gebüsch bewachsene Ebenen, so sehimmern überall die ro-
then Farben der Pyromelana und die gelben der Hyphantornis.
Fährt man im kleinen Boot durch die Kanäle, welche das Delta
eines grösseren Flusses durchschneiden, so erschallen aus den Man-
grove und Pandanus die heiseren Stimmen der feuerköpfigen ‚Sy-
cobius, und von den majestätischen Blättern der Weinpalmen hän-
gen deren künstliche Nester. Auch im dichten Urwald schaukeln
sich diese prächtigen Weber in den Schlingpflanzen und steigen
hoch hinauf in die Gebirge. Ja, die Weber sind so recht SEEN
lich die Charaktervögel Guinea’s.
Während meines nun neunmonatlichen Reisens in Afrika Be
Jagens an den verschiedensten Localitäten habe ich 14 Weberarten*)
#) Der Begriff „Weber“ ist hier im Gray’schen Sinne gefasst, obwohl
ich wit der Familie „Ploceinae“ in dieser Gattungsvereinigung nicht: ein-
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 447
beobachten können, welche den Gattungen Vidua, Pyromelana, Hy-
phantornis und Sycobius angehören. Wie schon angedeutet, findet
man vorstehende Webergattungen nicht gemeinsam in wechselnden
Terrainverhältnissen, im Gegentheil vertreten sich dieselben an den
verschiedenen Localitäten, und man kann die Vidua und Pyrome-
lana als Steppen-, die Hyphantornis als Dorf- und Haide-, die Sy-
cobius als Waldbewohner bezeichnen.
Eine weite Grasebene bei Accra an der Goldküste bot mir zu-
erst Gelegenheit zur Beobachtung von Ploceinen. Mannshoch schiesst
hier das Gras empor, wenn die tropischen Regen niederströmen
und in den Monaten April bis August das Land überschwemmen.
Viele Vögel der verschiedensten Familien finden dann hier zu-
sagende Brutstätten, bis im October die glühende Sonne sich der
Schöpfungen des Wassers bemächtigt und die üppige Fläche in
eine öde Brandstätte verwandelt. Der vernichtenden Wirkung der
Sonne kommen jetzt noch die Menschen zu Hülfe, indem sie die
trockenen Reste niederbrennen, aus jderen Asche sich dann mit
Beginn der Regenzeit von Neuem die üppige Vegetation entwickelt
und von Neuem der Kreislauf beginnt. Hier also leben und lieben
die schönen Pyromelana oryx und franciscana, Vidua oder besser
Pentheiria macroura. und Vidua prineipalis. Sie leben und lieben,
denn beides ist bei den in Rede stehenden Vögeln eng verbunden.
Beständig sieht man die Männchen sich blähen und tänzeln, um
ihren unschönen, in bescheidenes Grau gekleideten Weibchen die
volle Schönheit. ihres prächtigen Gefieders zu zeigen. Ich glaube,
es giebt wohl nicht andere so kokette Vögel, als die Arten genann-
ter Gattungen. Das Kokettiren ist bei ihnen zur Gewohnheit, man
kann sagen zur Narrheit geworden: sie balzen auch, wenn sie gar
nicht von ihren zarteren Hälften beobachtet werden, und scheinen
sich über sich selbst am meisten zu freuen. Der Flug der Pyro-
melana ist schwirrend, der der Vidua hüpfend, beiden gemeinsam
aber ist, den Oberkörper beim Fliegen sehr steil zu tragen, was
sie von allen anderen Webern unterscheidet. Uebrigens sind es
sehr schlechte Flieger und selten legen sie auch weitere Strecken
zurück. Von Pyromelana orys fand mein Reisegefährte Lühder
Nester. Dieselben sassen einzeln an den Halmen des hohen Gra-
ses befestigt. Sie sind aus feinem, etwas sprödem, trockenem Grase
kugelförmig gebaut; ein seitlich oberes Schlupfloch, welches durch
verstanden bin. Die Mittheilung der Ergebnisse meiner Forschungen über
diesen Gegenstand muss ich mir noch vorbehalten.
448 Dr. A. Reichenow:
hervorstehende Halme der oberen Nestwandung dachartig überdeckt
wird, führt in’s Innere. Die Höhe des Nestes fand ich 12, die
Breite und Tiefe S, den Durchmesser des Schlupfloches 5 Ctm.
Diesem Bau sehr ähnlich ist das Nest von Penthetria macroura.
Auch hier der dachartige Ueberbau des Schlupfloches. Das Ganze
ist indess etwas fester, da ein aus grobem Grase lose hergestellter
Aussenbau und ein dichter Innenbau aus feinem, sprödem Grase
vorhanden, welcher letztere dem Neste die Festigkeit giebt. Ein
Kunstbau, wie Kirk schreibt, ist das Nest keinesfalls. Auch die
Nester der Penthetria stehen einzeln im hohen Grase. Das Weib-
chen baut noch am Neste, wenn das Gelege, das aus zwei, höch-
stens drei Eiern besteht, bereits vollständig ist. Während das
Weibchen brütet, sitzt das Männchen auf einem erhabenen Punkt
in der Nähe mit gesträubten Nackenfedern und stürzt auf jeden
Vogel, der sich dem Nestort nähert. Von dieser Warte aus erhebt
er sich auch häufig spielend senkrecht in die Luft, wobei der Kör-
per ganz steil gehalten und die Nackenfedern aufgebläht werden.
Wo der Vogel häafig, findet man die Nester in geringer Entfer-
nung von einander; jedes Männchen aber bewacht eifersüchtig sein
kleines Gebiet. An der Goldküste fand ich im August, in Came-
runs im November Eier. Dieselben sind auf grünem Grunde mit
grauen Flecken bedeckt und haben eine Länge von 20 und Breite
von 13,5 Mm. —
Bedeutend reicher an interessanten Momenten für den beob-
achtenden Forscher ist das Leben der //yphantornis, mit denen wir
überhaupt erst zu den Webern in des Wortes wahrer Bedeutung
kommen, denn die besprochenen Gattungen verdienen diese Be-
zeichnung nicht. Ein Terrain, in welchem Gebüsch mit freien
Stellen abwechselt, hin und wieder mit einem höheren, Umschau
gestattenden Baume besetzt, bildet den bevorzugten Aufenthaltsort
dieser Vögel. Geselligkeit ist der Hauptzug ihres Wesens. Sie
lieben nicht allein die Gesellschaft ihres Gleichen, sondern suchen
auch die Nähe anderer Vögel, deren Treiben sie zu unterhalten
scheint. Dass ihnen auch das Leben und Lärmen der Menschen
zusagt, beweist ihr Aufenthalt in den Städten, denn Arten dieser
Webergattung sind es, welche die Ortschaften Guinea’s bewohnen.
Gleich den Sperlingen binden sich einige an die Orte. So traf ich
in den Walddörfern im Camerungebirge bis zu einer Höhe von
4000 Fuss die Arten melanocephalus und nigerrimus als regel-
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 449
mässige Ansiedler, die Nester an die Cocuspalmen und sogar an die
Spitzen der Pisangblätter hängend.
Die gemeinste Art, der häufigste Weber in West-Afrika über-
haupt ist Ayphantornis melanocephalus Gml. (textor Gray). Ich habe
kein Negerdorf betreten, welchem diese Weber gefehlt hätten, wo
nicht die Cocuspalmen behängt waren mit den Nestern dieses schö-
nen Vogels, der ebenso durch sein Gefieder, wie durch sein mun-
teres Wesen ergötzt. Wie kein anderer versteht er es, an den
verschiedensten Localitäten sich einzurichten und die Verhältnisse
zu benutzen. Obwohl er die Ortschaften vorzugsweise aufsucht und
in ihnen am liebsten sich anzusiedeln scheint, fehlt er auch dem
oben beschriebenen, dem Zyphantornis-Geschmack zusagenden Ter-
rain nicht. Höchst mannigfach ist die Wahl des Nistortes. Ausser
den erwähnten Nistweisen in den Ortschaften fand ich bei Acera
kleine Colonien an niederen Dornbüschen zusammen mit 7. viel-
linus. Eine andere höchst interessante Nistart sah ich am obern
Camerunfluss. Der Urwald ist hier von den Ufern verschwunden;
üppige Pisangplantagen sind an seine Stelle getreten. Nur einzelne
der kolossalen Bäume, aus denen die Eingeborenen ihre Canoes
machen, haben dem verheerenden Feuer Widerstand geleistet, und
obwohl des Lebens beraubt, erheben sie noch majestätisch, Wind
und Wetter trotzend, ihre kahlen Häupter. Hohe Bäume am Ufer
eines grossen fischreichen Flusses — wo können Raubvögel bessere _
Brutplätze finden? Jeder dieser hohen Bäume enthält denn auch
einen Horst von Milvus parasiticus oder Gypohierax angolensis; um
diese herum aber hängen zahlreich die Nester von Ayphantornts
melanocephalus. Unter den Klauen der Räuber treiben die klugen
Vögel ihr Wesen, wohl wissend, dass jene zu unbeholfen, um ihnen
beizukommen und „jedenfalls an dem Treiben der adligen Herren
sich ergötzend, wohl auch der Sicherheit sich bewusst, welche die
Nähe der grossen Wegelagerer gegen das kleine, schnellere Raub-
gesindel bietet. Bekanntlich siedeln sich ja auch in ähnlicher Weise
einige unserer Meisen in Raubvogelhorsten an, und Meister Spatz
scheut nicht die verdächtige Nähe Adebors. Wieder anders end-
lich traf ich unsern Vogel am Wuri nistend. Hier hingen seine
Nester unter grossen Colonien des schwarzen Webers in geringer
Höhe über dem Wasser an überragenden Zweigen niederer Büsche
des Ufers. Die Gegend war auch hier frei; grosse Maisfelder bo-
ten den Vögeln mühelos reichliche Nahrung. So verschieden aber
auch der Standort oder vielmehr Hängeort der Nester ist, diese
Cab. Journ f. Omith. XXI. Jahrg. No. 124. Ootober 1873. 29
450 Dr. A. Reichenow:
selbst bleiben in Form und Bau immer gleich. Die Gestalt ist
kugelig, etwas länger als breit und hoch, mit seitlich unterem
Schlupfloch, an dem ein kurzer -Röhrenansatz sich befindet. Oben
ist das Nest in eine Spitze ausgezogen, mit welcher es an einem
Zweige oder sonstigem Aufhängepunkte befestigt. Zum Bau wird
sehr grobes, flaches Gras verwendet und zwar, wie von mehreren
Hyphantornis-Arten, frisches Gras. Letzteres scheint mir bisher
noch nicht beachtet zu sein. Ueber die Lebensweise des bekann-
ten, auch in Nordost-Afrika häufigen Vogels habe ich nichts weiter
hinzuzufügen ; nur möchte die Beobachtung vielleicht neu sein, dass
die Eier mit dem Alter variiren. Bei jungen Vögeln sind diesel-
ben auf hellblaugrünem Grunde mit hellrothbraunen Flecken be-
deckt; später wird der Grund weiss, und bei ganz Alten sind die
Eier rein weiss ohne Flecken. Die Länge der Eier schwankt zwi-
schen 21 und 24,5 Mm. (letztes Maass von weissen Eiern ganz
alter Vögel), die Breite zwischen 15 und 16,5 Mm. Zwei, selten
drei Eier bilden das Gelege.
Hinsichtlich der Lebensweise vollständig mit melanocephalus
übereinstimmend, ein steter Gesellschafter, ein treuer Gefährte des-
selben ist Hyphantornis nigerrimus. Mir unbegreiflich ‚ ist dieser
Weber bisher immer als Syecobius nigerrimus aufgeführt. Nicht
allein sein Leben ist durchaus von dem Benehmen der Sycobius ver-
schieden und gleicht vollständig dem der Hyphantornis, der ganze
Habitus des Vogels hat nichts mit jener Gattung gemein. Es kommt
hinzu, dass die Weibchen dasselbe unscheinbare braune Kleid tra-
gen, wie die mehrerer Zyphantornis, was doch bei Sycobius-Arten
niemals vorkommt.
Wie gesagt, gleicht das Leben dieses Webers durchaus dem
von melanocephalus : dasselbe muntere Wesen, der gleiche Frohsinn,
derselbe Aufenthalt; vielleicht, dass er sich noch mehr an die Ort-
schaften bindet, als jener. Hier theilt er mit seinem gelben Col-
legen die Gocuspalmen. Die Nester beider Vögel hängen gemischt
durcheinander und man bemerkt nicht die geringste Eifersucht
zwischen beiden Arten. Dass der Vogel auch hoch in die Berge
geht und seine Nester hier oft an die Pisangblätter hängt, habe ich
oben erwähnt. Am Wuri fand ich, wie schon bei melanocephalus
besprochen, die Nester über dem Wasser an überragenden Zweigen
hängend. Es waren dies ungemein zahlreiche Colonien, wie ich
sie nie wieder gesehen. Da wir ermüdet vom Rudern und Jagen
einen ganzen Nachmittag dort am Ufer des Wuri zwischen jenen
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 451
Colonien lagerten, so konnte ich recht genau das Treiben der schwar-
zen Gesellen beobachten. Mehrere Stunden konnte ich’ mich er-
götzen an dem Ab- und Zufliegen, dem Geschwirr, Gezänk, dem
Gesang, dem Bauen der nur Lebenslust und Freude athmenden
Vögel — ein prächtiges Schauspiel! Ich bemerkte hier übrigens
auch ein Balzen der Männchen, die häufig mit niedergeducktem
Körper auf den Zweigen sassen und mit den Flügeln zitterten, wo-
bei die Federn des ganzen Körpers leicht gesträubt wurden, wel-
ches Manöver sie nicht nur vor ihrem Weibehen, sondern auch im
Vollgefühl der Freude ausführten.
In den dichten Wald geht dieser Weber eben so wenig wie an-
dere Ayphantornis-Arten.
Das Nest gleicht in der Form dem von melanocephalus: oben
geht es ebenfalls in eine Spitze aus, mit der es an dem Aufhänge-
punkt befestigt, doch ist das Schlupfloch ohne jeden Röhrenansatz.
Höhe und Breite beträgt 12, Länge 15 Ctm., wovon 6 Ctm. auf das
Schlupfloch kommen. Die Nestmulde ist häufig mit Blüthenfäden
des Mais ausgelegt. In der Regel hängen die Nester ganz frei an
einzelnen Zweigen, doch kommt es vor, dass ein nahes Reiss mit
in die Seitenwandung hineingefloehten wird. In grossen Colonien
findet man oft zwei oder drei Nester dicht übereinander an dem-
selben Zweige befestigt, der dann gleichfalls mit in die Nestwan-
dungen verwebt ist. Der sehr diehte, dicke Bau wird, wie von
melanocephalus, aus frischem breitem Grase hergestellt. Die Eier
sind hellblau, schwanken in der Länge zwischen 22 und 25 Mm., in
der Breite zwischen 15 und 16,5 Mm.; zwei, häufig auch drei bil-
den das Gelege. Ich muss noch bemerken, dass ich den niger-
rimus au der Goldküste nirgends getroffen habe; auch weiter nörd-
lich, in der Sierra Leone, ist er wohl noch nicht beobachtet; er
scheint also nur dem südlichen West-Afrika anzugehören und
möchte die Camerungegend vielleicht die nördlichste seines Ver-
breitungskreises sein.
Victoria, den 25. April 1873.
Ausser diesen beiden Standbewohnern der afrikanischen Dörfer
lernte ich noch einen andern Weber kennen, welcher in die Ort-
schaften kommt, der dieselben aber nur zeitweise betritt, um die
in denselben befindlichen Pisangplantagen zu besuchen und ein-
zelne Gebüsche zu durchschlüpfen, der sich sonst aber dem Menschen-
getümmel fern hält und auf mit Dornbüschen überwucherten Brach-
feldern, an freien Berglehnen oder auf Haideterrain ein einsames,
29*
452 Dr. A. Reichenow:
stilles Dasein führt. Es ist das Ayph. brachypterus. Ich habe
diese Weber niemals in grossen Gesellschaften gesehen, in der
Regel nur die beiden Ehegatten allein, oder in Begleitung ihrer
Sprossen. Sie scheinen die Geselligkeit nieht besonders zu lieben
und zeigen ein scheues Wesen, was sehr von dem allgemeinen
Charakter der Hyphantornis abweicht. Selten sieht man den
Vogel frei auf Bäumen, gewöhnlich nur dichtes Gebüsch dureh-
kriechend, und doch braucht er sich nicht zu schämen, denn sein
Kleid ist nicht weniger schön als das seiner Verwandten. Den
Jams- und Cocosfeldern folgend, steigt brachypterus auf die Berge
hinauf; im Camerungebirge fand ich ihn in 1500‘ Höhe,
Die Nester des Vogels findet man, seinem Charakter ent-
sprechend, einzeln, in geringer Höhe über dem Boden an Oelpalmen
oder Gebüsch hängend. Es sind hübsche, feste Bauten von Re-
tortenform. Die ovale Nisthöhle hat einen Höhendurchmesser von
12 und einen Querdurchmesser von 8 Ctm., die Länge der Schlupf-
röhre beträgt 19 Ctm. von der oberen Nestwandung an; ihr
Durchmesser ist 5 Ctm. Die Schlupfröhre zeigt einen vollständig
abgeschlossenen Rand, was ich hervorhebe, da bei ähnlichen Bauten
der Sycobius das nicht der Fall ist. Gebaut wird mit rundem,
trockenem nicht sehr geschmeidigem Grase. Der tragende Zweig
ist der oberen Nesteswand eingewebt. Das Gelege besteht aus
zwei Eiern, die auf blassblaugrünem oder weissem Grunde (varürt
wohl auch nach dem Alter) mit feinen hellrothbraunen Flecken
bedeckt sind und einen Längendurchmesser von 21,5, Breiten-
durchmesser von 14 Mm. haben.
Ich habe nun von beobachteten Ayphantornis-Arten noch
vitellinus, castaneofuscus und personatus zu erwähnen. Alle drei
sind ausschliesslich Bewohner buschiger Ebenen und meiden die
Ortschaften. Ueber die Lebensweise und Brutgeschäfte der beiden
erstgenannten Arten habe ich schon in einem früheren, aus Accra
gesandten Berichte gesprochen, was ich nicht wiederholen will.
Weiter ist über das von dem allgemeinen Gattungscharakter nicht
abweichende Leben dieser beiden Vögel nichts hinzuzufügen.
Ein allerliebstes, höchst zutrauliches Vögelchen ist Hyph. per-
sonatus. Er würde im Käfige, in dem er bisher meines Wissens
noch nicht gehalten wurde, höchlichst erfreuen. Ich fand personatus
brütend am Wuri. Auch er hatte hier seine Nester über dem
Wasser aufgehängt an überragenden Zweigen oder von dem steilen
Ufer herabhängendem Grase. Die Nester haben eine unregel-
Briefliche Reiseberichte aus West-Afrika. 453
mässige Form: der Nistraum ist kugelförmig und an diesem seit-
lich ein eine Schlupfröhre bildender Vorbau angebracht. Ersterer
hat einen Durchmesser von 7 bis 8 Ctm., der Anbau springt 4 bis
5 Ctm. vor. Das Ganze ist aus dünnem Grase höchst liederlich
und lose gebaut, aussen rauh, struppig; besonders die angesetzte
Schluptröhre ist sehr locker und unordentlich. Aufgehängt ist der
Anbau nicht mit einer Scheitelspitze, sondern die obere Wölbung
des Nistraums ist dem tragenden Zweige angewebt. Das Gelege
besteht aus zwei oder drei rein weissen Eiern, welche 16,5 bis 19
Ctm. Länge und 12,5 bis 13 Mm. Breite haben.
Wir verlassen jetzt die Dörfer, die Ebenen und treten in den
Hochwald, um die prächtigsten unter den Webern, die Sycobius
aufzusuchen, denn nur hier sind sie zu finden. Aber hier trifft
man sie immer. In dem dichten Laubwerke, was so viele Vögel
dem Auge des spähenden Jägers verbirgt, können sich die Sycobius
nicht verstecken, denn ihre rothen Farben schimmern auch durch
das dichteste Blätterwerk und verrathen die scheuen Vögel. In-
dessen erschwert der Aufenthalt zu sehr ein eingehendes Beobachten
ihres Treibens, und so kann ich nur Dürftiges berichten.
Die beobachteten Arten sind: malimbus, eristatus, scutatus und
nitens (Gray).
Die Sycodius leben paarweise oder in kleinen Gesellschaften
beisammen. Niemals sieht man sie in so grossen Schwärmen oder
so zahlreichen Colonien vereinigt, wie die Hyphantormis. Der
Hochwald ist ihr ausschliessliches Revier, in dem sie ohne Be-
schränkung anzutreffen, mag er die Niederungen eines Flusses oder
hohe Berglehnen bedecken. Hier sieht man sie meistens in den
Baumkronen ihr Wesen treiben, nur selten bemerkt man sie in
niederem Gebüsch. Nach beendeter Brut scheint das Pärchen mit
seinen Jungen umherzustreichen. Letztere finden sich später,
wenn die Alten zur neuen Brut schreiten, wieder bei ihrem Neste
ein, das, so viel ich beobachtet, nur einmal benutzt wird. Die
Stimme der Sycobius ist heiser und kreischend; einen Gesang
habe ich niemals vernommen.
Nur von einem Sycobius konnte ich bisher Beobachtungen über
das Brutgeschäft machen, worüber ich schon in einem früheren,
im Journal mitgetheilten Briefe berichtet. Hinzufügen muss ich,
dass ich die Nester des scutatus, dies ist der in Rede stehende,
immer an Weinpalmen fand. Der Vogel scheint diesen Baum
ganz besonders zu bevorzugen. Das Gelege besteht in der Regel
454 A. Grunack:
aus zwei rein weissen Eiern, die einen Längendurchmesser von 21
und Breitendurchmesser von 16 Mm. haben.
Notiz zur Färbung der Kuckuks-Eier.
Die ab und zu aufgetauchte Behauptung, dass, ausser den ge-
zeichneten Kuckuks-Eiern, es auch lichtfarbene gäbe, erfüllten
mich mit einem Misstrauen gegen diese Frage, da mir derartige
Beweise bisher nicht zu Augen gekommen waren. Jedoch sollte
mir auch hierin einigermassen Gewissheit werden, als ich am 1.
Juni er. beim Besuche eines Forstbeamten von diesem auf ein in
einer Klafter befindliches Nest der Autieilla phoenieurus mit 7 Eiern
dieses Vogels und einem doppelt so grossen, etwas lichter gefärb-
ten Exemplar aufmerksam gemacht wurde. Der Vermuthung, dass
ich es mit einem Kuckuks-Ei zu thun habe, konnte ich mit Be-
stimmtheit nicht Raum geben und suchte zum ferneren Beweise die
umstehenden Klaftern ab, aber es fand sich leider nirgends in den
wenigen Nestern derselben eine Spur von einem ähnlichen licht-
farbenen Ei.
Glücklieher sollte ich jedoch sein, als ich am 7. Juni er. in
nächster Nähe des vorstehend erwähnten Geleges ein neues Nest
der Autieilla phoenicurus mit 8 Eiern und einem. mehr rundlichen
dunkelblauen, doppelt so grossen Exemplare fand und gleichzeitig
von dem mich begleitenden Forstbeamten auf ein etwas entfernter
stehendes, schwer bebrütetes Gelege der Motaeilla alba nebst einem
ebenfalls lichtfarbenen Ei hingewiesen wurde. |
Um diesen seltenen Fund nicht anderen Händen zu überlassen,
entnahm ich, aus Liebe zur Oologie, alle drei Nester ihren Stand-
orten und suchte deren Eier zu präpariren, was mir auch bis auf
die hinsichtlich ihres Bebrütetseins ziemlich weit vorgeschrittenen
Motaeilla alba-Eier gelang, bei welchen der Embryo die Entleerung
nicht zuliess.
Bei beiden Gelegen der Rutiella phoenicurus fand sich ‚ dass
das grössere Ei eine bedeutendere Consistenz in der Schale zeigte
und dass das Korn bei beiden und die Farbe des einen von den
Nest-Eiern abwich.
Das dritte, in dem Motaecilla alba-Gelege befindliche blaue Ei
wurde blossgelegt und gab an dem ausgebildeten Embryo zu er-
kennen, dass durch die paarzehige Fussbildung eine Abweichung
gegen die der weissen Bachstelzen sich constatiren liess.
Aehnliche Wahrnehmungen habe ich bei in Troglodytes par-
Notiz zur Färbung der Kuckuks-Eier. 455
vulus und Ruticila tithys vorgefundenen Kuckuks-Eiern mit dem
Unterschiede gemacht, dass letztere nicht lichtblau, sondern mehr
hellgrau oder weiss mit aschfarbenen Punkten waren.
Da es meines Wissens in der europäischen Fauna keinen Vo-
gel giebt, welcher (ausser Accentor alpinus) ein ähnlich gleich-
grosses lichtblaues Ei besitzt, dieser in hiesigen Breiten aber nicht
angetrofien wird, auch wiederum es nicht wohl anzunehmen ist,
dass ein so kleiner Vogel wie Ruticilla phoenicurus bei einem schon
vorhandenen Gelege von 7, resp. 8 Eiern noch ein doppeltgrosses
starkschaliges Ei zu legen in Stande wäre, ferner die Beweise vor-
liegen, dass diese blauen Eier ausserdem schon nach den Beobach-
tungen der Herren Dr. Dybowsky in Ost-Sibirien, Dr. Rey bei
Dessau und meinem eigenen Befunde hier in der Mark in Phyllo-
pneuste sibilatrie und Motacilia alba gefunden wurden, so wäre es
wohl nicht zu gewagt, die selbst von bewährten Ornithologen auf-
gestellte Behauptung, dass Kuckuks-Eier stets nur gezeichnet
wären, als eine entkräftete hinzustellen und die Annahme einer
milden Beurtheilung zu unterbreiten, dass die sehr selten vorkom-
menden hellen oder lichtfarbenen Kuckuks-Eier der Individualität
einzelner Weibchen zuzuschreiben wären.
Berlin, im August 1873. A. Grunack.
Deutsche urnithulogische Goxellschaft zu Berlin.
Protokoll der LVI. Monats-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 1. September 1875,
Abends 71), Uhr, im Sitzungs-Local „Schlossbrauerei“
Unter den Linden No. 8.
Anwesend die Herren: Thiele, Grunack, Cabanis, Scha-
low, Falkenstein, v. Gizycki, Brehm, Bolle, Poll, Bau,
Kricheldorff, Salzmann und Wagenführ.
Von auswärtigen Mitgliedern: Herr Dr. Radde aus Tiflis.
Als Gäste die Herren: Dr. Müller und O. Lindner.
Vorsitzender: Hr. Brehm. Protokollf.: Hr. Schalow.
Im Beginne der Sitzung macht Herr Cabanis Mittheilung
über das Jugendkleid der Aguila orientalis und giebt einige kriti-
sche Notizen zur Synonymie der drei Schreiadler-Arten, Agula
orientalis, clanga und naevia, —
Das Jugendkleid der Agwla orientalis war bisher unbekannt.
Das Berliner Museum erhielt, in Folge früher gemachter speeieller
Aufträge, mehrere Exemplare der genannten Art, flügge Nestvögel
456 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
von der Wolga, im Juni und Juli erlegt. Die Färbung dieser
jungen Adler ist ganz analog der der verwandten beiden Arten
(Ag. elanga und naevia); sie zeigen helle Flügelbinden und Schwanz-
spitzen, helle obere und untere Schwanzdecken und einige von
ihnen einen kleinen rostfarbenen Nackenfleck. Die helle Flecken-
zeichnung ist je nach dem Individuum mehr oder weniger ausge-
dehnt und entwickelt. Die Farbe der Flecke ist isabellgelb am
frischen, noch nicht abgeblichenen Gefieder. Der Schwanz ist ent-
schieden quergebändert, theilweise grau gewässert.
Durch die Bekanntschaft mit dem Jugendkleide der Ag. orien-
talis und deren Vergleichung mit einigen indischen und ostsibiri-
schen Exemplaren der Ag. bifasciata Gray hat Herr Cabanis die
Ueberzeugung gewonnen, dass bifasciata Gr. und orientalis specifisch
identisch seien. e
In der noch mehrfach verwirrten Synonymie der Adler figurirt
Ag. bifasciata Gr. bis jetzt noch häufig als mittleres Kleid der in-
dischen Ag. imperialis. Hier ist bifasciata Gr. zu streichen und als
Synonym zu orientalis zu setzen. Als Hauptname kann brfasciata
Gr. für diese Art, obgleich älter, nicht beibehalten werden, nicht
sowohl weil der Name auf alle drei Arten der Schreiadler gleich-
mässig passt, auch nicht, weil alle drei Arten zeitweise mit dem-
selben belegt worden sind, sondern hauptsächlich, weil er zuerst
für die kleinste Form, unsern deutschen Schreiadler (naewia) an-
gewandt wurde und für diesen die Priorität der Benennung „bifa-
sciata“ in Anspruch zu nehmen ist. Schon in Brehm’s Lehrbuch
aller europ. Vögel, 1824, S. 974, wird eine Ag. bifaseiata Horn-
schuch aufgeführt.
In einer früheren Sitzung wurde bereits nachgewiesen, dass
durch Blasius’ Autorität die richtige Deutung der Aquila Adal-
berti für lauge Jahre verhindert wurde. Nicht minder zu bekla-
gen ist die bei den Schreiadlern angerichtete Verwirrung. Aquila
clanga Pall. war von Naumann ausführlich abgehandelt und gut
abgebildet. Aquzla orientalis war im Journal f. Orn., 1854, 5.369,
als eigne, von naevia ‚verschiedene Art gesondert. Neues war für
einen specifisch europäischen Ornithologen bei den Schreiadlern
nicht mehr zu entdecken. Dennoch brachte Blasius, stets gross im
Negiren, auch hier ganz Neues. Es werden nur zwei Schreiadler
von ihm sanetionirt. Agwla orientalis wird ganz ignorirt; der Vogel,
nach vielen Exemplaren von Sarepta, für e/anga genommen. Da-
gegen wird Ag. clanga Pall. Naum. als „russische naevia“ mit dem
Protokoll der LVI. Monats-Sitzung. 457
kleinen europäischen Schreiadler zu einer Art vereinigt!! —
Wollte man orientalis und naevia als grosse und kleine Abart einer
und derselben Stammform betrachten, so liesse sich darüber strei-
ten — aber clanga mit stets ungebändertem Schwanze
und naeria vermag kein ornithologisches Urtheil, sondern nur
Eigensinn zu identificiren. Die drei Arten der Schreiadler sind
unschwer zu unterscheiden:
A. Schwanz quergebändert.
1. Aguila naevia Lath.— Ag. bifasciata Hornsch. 1824. —
Kieine Form. In der Jugend ein rostfarbener Nackenfleck. Cen-
tral-Europa.
2. Aquela orientalis Cab. — Ag. bifasciata John Gray
1830, nec Hornsch.; Ag. elanga Blas. nec Naum. — Grosse Form.
Die braune Grundfärbung etwas in’s Graue ziehend, daher mehr
erdbraun. In der Jugend der rostfarbene Nackenfleck nur klein,
zuweilen fehlend. Südost-Europa, Asien.
B. Schwanz einfarbig, ungebändert.
3. Agqguila clanga Pall. Naum. — Eversmann, Journal f.
Orn. 1853, S. 60, 61. — Cab. ibid., nota. — Ag. naevia Blas.
part. — Die braune Grundfarbe purpurschwärzlich schillernd. Kein
rostrother Nackenfleck. Hab. wie der vorige. Ausserdem in Nord-
ost-Afrika (ob nur im Winter?) häufig; mithin weiter westlich
verbreitet. —
Der übrige Theil des Abends wird durch einen längeren Vor-
trag des Herrn Radde über das Thier- und Pflanzenleben des
Kaukasus ausgefüllt. Redner zeichnete mit wenigen Strichen den
Charakter der Steppe, wie sich diese von Charkow bis Odessa aus-
breitet. Keine Rasenflächen bedecken den Boden, nur blühende
Phlomis und niedere Verbascum-Arten stehen zerstreut umher, hier
und da überragt von einzelnen zwerghaften Amygdalus nana. Im
Frühjahr rüttelt hier Erythropus vespertinus und stürzt sich hinab
auf seine Beute, grosse schwarze Blaps-Arten, unterstützt von
einem Gattungsgenossen, dem Tinnunculus cenchris. Diese beiden
Falken, rüttelnd und kreisend, sind so recht zwei Charaktervögel
der poetischen Steppe. Zu ihnen gesellt sich noch Okis tetrax, der
in Menge diese Gegenden bewohnt. Wenn im Frühjahr bei den
Männchen der häutige Kehlsack sich zu entwickeln beginnt, dann
hört man oft deren Locken, und auch die Weibchen verrathen sich
häufig durch ihr lautes Geschrei. Zu dieser Zeit werden denn auch
die Trappen gejagt,
458 Deutsche ornithologische Gesellschaft:
Dem geschilderten Bilde der Steppe im Frühjahr stellt Redner
ein Bild der Wüste gegenüber.
Graues wellenförmiges Terrain breitet sich weithin aus. Alles
ist öde und wüst. Hin und wieder ist der Boden geborsten und
gespalten, und karge Chenopodiaceen bedecken die salzdurch-
drungene Fläche. Artemisia-Arten bilden den Hauptbestandtheil
der Flora, wenige Stpa-Gräser oder die seltenen Statice spicata brin-
gen etwas Abwechselung in die einförmige Oede. Auch das thie-
rische Leben macht sich wenig geltend. Am Horizont erscheinen,
schnell wieder verschwindend, einige Antilopen; an den Gelodis-
stämmen hängen, wie Schmetterlingspuppen in den narbig zerris-
senen Rinden unserer Waldbäume, prächtige Buprestiden. Wenige
Sa:icola sieht man hier und da, an den Poststationen trifft man
vereinzelte Upupa epops oder Üoracias garrula. Etwas häufiger er-
blickt das an Wüstenfarben gewöhnte Auge einige Pärchen der
lieblichen ZPerdix einereogularis Brandt oder einige Völker von
Syrrhaptes und Pteroces. Herr Radde verspricht, den ebenso
lehrreichen wie anziehenden Vortrag zum Abdruck im Journal nie-
derzuschreiben.
Herr Bolle spricht dann über einige, auf die Lebensweise
von Sylvia nisoria bezügliche, von ihm gemachte Beobachtungen.
(Werden besonders abgedruckt.)
Kleinere Mittheilungen und Berathungen über die bevor-
stehende Jahresversammlung bilden dann den Schluss der Sitzung.
Nachtrag zum Protokoll Seite 158: Herr Finsch
berichtet wie folgt. In Bezug aufOrnithologie nimmt das Museum der
Academy of Natural Sciences in Philadelphia jedenfalls den ersten
Rang ein und steht den ersten Europa’s ebenbürtig zur Seite.
Leider mangelt es sehr an Platz, und die Ueberfüllung der Schränke
ist so gross, dass das Studium sehr erschwert wird. Zweckent-
sprechende Aenderungen müssen unbedenklich vorgenommen wer-
den und sind bereits in Aussicht gestellt. Agassiz’ grossartiges
Museum in Cambridge enthält fast nur Spiritussachen. Auch die
meisten Vögel und Eier sind in Spiritps präparirt. Die Ausbeute
der letzten „Hassler-Expedition“ ist eine enorme; sie kostete allein
an Spiritus 1200 Dollars. Hervorzuheben ist, dass das Museum
fast ganz durch freiwillige Gaben unterhalten wird, doch leistet
auch der Staat bedeutende Zuschüsse.
Die Smithsonian-Institution in Washington muss als die Le-
bensader für die Wissenschaft Amerika’s betrachtet werden. Sie
Protokoll der LVI. Monats-Sitzung. 459
enthält nicht nur ein sehr reiches, namentlich ethnographisches
Museum, sondern vermittelt den wissenschaftlichen Tauschverkehr
mit der ganzen Welt. Professor Baird verdient das höchste Lob
als der eigentliche Leiter dieses grossen Institutes, in welchem der
Studirende alle Hülfe findet und aus dem schon sehr bedeutende
Kräfte hervorgegangen sind. Washington besitzt ausserdem ein
grossartiges landwirthschaftliches Museum, welches aus Staatsmit-
teln unterhalten wird. — Das Museum der Academy of Natural
History in Boston ist sehr bedeutend und enthält u. A. die be-
rühmte Sammlung De Lafresnaye’s. Auch Salem besitzt ein hüb-
sches Museum, eine der vielen Stiftungen des edlen Peabody. Un-
ter Leitung von Professor Bickmore steht das „American Museum
of Natural History“ in New-York, welches bereits ansehnliche
Sammlungen, u. A. die des Prinzen Max zu Wied, enthält. Man
arbeitet indess bereits an einem Neubau, der das Britische Museum
mehrere Male an Grösse übertreffen soll. Der Westen hat weniger
zoologische Museen aufzuweisen, doch besitzt fast jedes College
eine mehr oder minder ansehnliche Sammlung. In hervorragender
Weise ist meist die Mineralogie vertreten, schon wegen ihrer prak-
tischen Bedeutsamkeit, die sie für Californien und andere Länder
des Westens hat. Eine recht schöne Sammlung besitzt z. B. das
von Jesuiten geleitete College in Santa Clara bei San Jose in Ca-
lifornien.
Vortragender erwähnte dann noch der von ihm beobachteten
ornithologischen Vorkommnisse, sowohl während der Hin- und
Rückreise auf dem Ocean, als auch in den Veremigten Staaten
selbst. Auf der Hinreise (im August) war Thalassidroma pelagica
am häufigsten, auch bei ganz ruhiger See, während bei der stür-
mischen Rückreise im December keine einzige beobachtet wurde.
Nur Larus tridactylus folgte dem Dampfer und zwar, wie an der
Markirung eines Individuums festgestellt werden konnte, dieselben
Exemplare von den Küsten Amerika’s bis zum Kanal. Junge
Schwalben (Hirundo horreorum) liessen sich schon an 300 nauti-
sche Meilen von der amerikanischen Küste an Bord nieder. Ueber
die Verbreitung und Einbürgerung unseres Haussperlings wird der
Vortragende a. O. berichten, sowie über seine übrigen ornitholo-
gischen Beobachtungen. In den Rocky-Mountains hatte er das
Glück, Picicorvus columbianus mit eigener Hand zu erlegen. Der
_ interessante Vogel, welcher ganz unserem Caryocatactes entspricht,
_ lebt hier in Höhen von nicht unter 8000 Fuss. Sehr interessant
460 Benachrichtigung an die Mitglieder.
war ein Ausflug an Bord des amerikanischen Zollkutters „Wyan-
da“, Capt. Scammon, nach den grotesken Felseninseln Farallones
an der californischen Küste. Sie sind Aufenthaltsort zahlreicher
Seelöwen (Otaria Stelleri), brauner Pelikane, Scharben (Graculus
violaceus) von Larus oceidentalis und I. Heermani u. a. Der Rei-
sende erlangte hier den kleinen reizenden Ptychoramphus aleuticus.
Brehm. Schalow. Cabanis, Seer.
Benachrichtigung an die Mitglieder.
Die Mitglieder der ornithologischen Gesellschaft werden
hierdurch um rechtzeitige Einsendung des Jahresbeitrags pro 1874
ersucht. Für das Weitere wird auf die Benachrichtigung in diesem
Journal, Jahrg. 1872, S. 399, Bezug genommen.
Berlin, im October 1872. Der Vorstand.
Nachrichten.
An die Redaetion eingegangene Sehriften.
(Siehe März-Heft, Seite 158— 160.)
1091. C. Suudevall. Methodi naturalis Avium disponendarum "TVenta-
men. Pars posterior, Stockholm, 1873, (Prix 3 Franes) — Vom
Verfasser.
1092. A. E. Brehm. Gefangene Vögel. Ein Hand- und Lehrbuch für
Liebhaber und Pfleger einheimischer und fremdländischer Käfig-
vögel. Erster Theil. Zweiter Band, erste Lieferung. Leipzig 1873,
C. F. Winter’sche Verlagshandlung. — Vom Verfasser.
1093. Robert Collett. Om Craniets Assyımetri hos Nyctala Tengmalmi
Gin. [Saerskilt affrykt af Vidensk.-Selsk. Forhandlinger for 1872].
— Vom Verfasser.
1094. Geo. H. Perkins. Birds, in their Relation to Agrieulture. [Ar-
chives of Seience and Transactions of the Orleans County Society
of Nat.-Seiences. Vol. I. July 1871, No. IV.] — Von der Ge-
sellschaft.
1095. Dr. R. A. Philippi. Ueber eine neue Art von Spheniscus, Sphe-
niscus trifasciatus Landbeck, cum Tab. I., U. [Aus Zeitschr. f. d.
ges. Naturwiss. Bd. XLI., 1873]
1096. John Wheldon’s Catalogue of Books en Natural History, con-
taining works on Ornithology, Maminalia and Sporting. London. —
1097. The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. Edited by Osbort
Salvin. Third Series. Vol. III. No. 10, Il et 12. April, July et
October 1873. — Von der British Ornith. Union.
1098. A. v. Pelzeln. Ueber eine Sendung von Vögeln von den Aru-
Inseln und den Molukken. [Sep.-Abdr. a. d. Verhandl. d. zool.-bot.
(esellsch. in Wien, Jahrg. 1872.] — Vom Verfasser.
1099. A. v, Pelzeln. Ueber die von der österr. Mission nach Ost-Asien
Nachrichten: An die Redaction eingegangene Schriften. 461
1100.
1101.
1102.
1103,
1104.
1105.
1106.
1107.
1108.
1109.
1110.
1111.
1112.
1113.
und Amerika (1869—70) eingesendeten Säugethiere u. Vögel. [Sep.-
Abdr. a. d. Verh. d. zool.-bot. Gesellsch. in Wien, Jahrg. 1873.] —
Von Demselben.
Der Zoologische Garten. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege
und Zucht der Thiere. Herausgegeben von Dr. F. C. Noll. XIV.
Jahrg. 1873, No. 1—6. Januar— Juni. Von der Zoolog. Ge-
sellschaft.
Dr. L. Buvry. Zeitschrift für Accelimatisation. Organ des Aceli-
matisations-Vereins in Berlin. XI. Jahrg. 1873, No. L.—VI. — Vom
Acelimatisations-Verein.
Dr. P. L. Selater. New Bird of Paradise (Drepanornis Albertisi).
Cum tab. [From Nature, a weakly illustrated Journal of Science,
No. 198, Vol. 8. August 14, 1373.] — Vom Verfasser.
Scelater et Salvin. Nomenclator Avium neotropiealium. Pag. |
—88. — Von den Verfassern.
H. E. Dresser. A History of the Birds of Europe ete. Part XIU.
—XX. — Vom Verfasser.
M. Th. v. Heuglin. Ornithologie Nordost-Afrika’s. Lief. 38, 39,
40, 41, 42 u. 43. — Vom Verfasser.
Sällskapet Smäfoglarnas Vänner; desen vorksamhet of för-
handlingar är 1869— 72. Göteborg, 1873. — Von der Gesellschaft.
Leonhard Stejneger. Norsk ornitologisk ekskursjonsfauna. Kort
beskrivelse of de i Norge iagttagne arter fugle. Med 4 litograferede
plader. Kristiania, 1873. — Vom Verfasser.
J. C. H. Fischer. Anden Fortsaettelse of Jagttagelser over Dan-
marks Fugle med saerligt hensyn fil Vendsyllel. (Af „Naturhist.
Tidskrift“ 3. R. 8. B.) Kjobenhavn, 1873. — Vom Verfasser.
William T. Blanford. Account of a visit to the Eastern and
Northern frontiers of Independent Sikkim, with notes on the Zoology
of the Alpine and Subalpine regions. Part I. with a map, plate
XXIV. (From Journ. Asiat. Soc. of Bengal, Vol. XL., Il., 1871). —
Part II. (From Journ. As. S. Bengal, Vol. XLI., II., 1872.) - Vom
Verfasser.
W. T. Blanford. Notes on a collection of Birds from Sikkim.
Cum Tab. VII. and VIII. (From Journ. As. Soc. Beng. Vol. XLI.,
{I., 1872.) — Von Demselben.
Archives of Science and Transactions of the Orleans County So-
eiety of Nat. Scienees. Vol. I., No. IV. Juli 1371. Perkins, Birds
in their Relation to Agrieulture. No. V. October 1572. — Von der
Gesellschaft.
Georg Vogel. Die Fortpflanzung des Tannenhähers im Jura So-
lothurns. (Sep.-Abdr. aus Verh. d. St. Gall. naturf. Ges. 1871, 72.) —
Vom Verfasser.
J. P. Van Wicekevoort Crommelin. Notes sur les Rales des
- Pays-Bas. (Extr. Arch. Neerland. T. VIII.) 1873. -- Vom Verfasser.
1114,
0. Finsch und P. Conrad. Ueber eine Vogelsammlung aus Ost-
indien. (Aus Verh. d. k. k. zool.-bot. @es. in Wien, Jahrg. 1873.) —
Vom Verfasser.
462 Nachrichten: An die Redaction eingegangene Schriften.
1115. W. T. Blanford. Notes on „Stray Feathers.“ (From Ibis for
April 1873.) — Vom Verfasser.
1116. On the Habits of the Swallows of the Genus Progne met with in
the Argentine Republic. By W. H. Hudson. Wits Notes by P. L.
Selater. (From Proc. Z. S. London, May 7, 1872.) — Von Dr.
Selater.
1117. Selater and Salvin. On Peruvian Birds colleeted by Mr. Whi-
tely. Part VI. Cum Tab. XXI. (Tanagra olivina.) [From Proe. Z.
S. London, Febr. 4, 1873.] — Von Demselben.
1118. Selater and Salvin. On the Birds of Eastern Peru. Wits Notes -
on the Habits of the Birds by Edw. Bartlett. Cum Tab. XXV. et
XXVI. (Pithys lunulata.) [From Proc. Z. S. London, March 4,
1873.] — Von Demselben.
1119. R. B. Sharpe. Critical Remarks on Dr. v. Heuglin’s „Ornithologie
Nordost-Afrika’s“. [From Ibis for July 1870.] — Vom Verfasser.
1120. Sharpe. On recent Collections of Birds from the Fantee Country
in Western Africa. [From Ibis for Jan. 1872] — Von Dem-
selben. :
1121. Sharpe and Ussher. On Three new Species of Birds from the_
Fantee Country. [From Ibis for April 1872] — Von Dem-
selben.
1122. Sharpe. On the Genus Platystira and its allies. Cum Tab. IV.
(Diaphorophyia Blissetü, Platystira peltata.) [From Ibis for April
1873.] — Von Demselben.
1123. Sharpe. Description of some new Species of Birds in the Natio-
nal Collection. [From Ann. and Mag. of Nat. Hist. for December
1572.) — Von Demselben
1124. Sharpe. On the Peregrine Falcon from Sardinia. [From Annal.
Mag. Nat. Hist. Jan. 1873.] — Von Demselben.
1125. Sharpe. On a new Species of Turkey Vulture from the Falkland
Islands and a new Genus of Old-World Vultures. [From Ann. Mag.
Nat. Hist., Febr. 1873.37 — Von Demselben.
1126. Sharpe. On the Peregrine Falcon of the Magellan Straits. (Falco
Cassini sp. n.) [From Ann. Mag. N. H., March 1873.] — Von
Demselben.
1127. Sharpe. On the Birds of Angola. Part Il. Cum Tab. VII. (Py-
enonotus gabonensis, tricolor et barbatus.) (From Proe.Z.S. London,
Febr. 7, 1871.) — Von Demselben.
1128. Sharpe. Contributions to the Ornithology of Madagascar. Part. II.
Cum Tab. LXXIII. (Oxylabes madagascariensis.) (From Proc, Z, $.
London, Deebr,. 3, 1872.) — Von Demselben.
1129. Sharpe. On the Falco arcticus of Holböll, with remarks on the
changes of plumages in some other Aceipitrine Birds. Cum Tab.
XXXIX. [From Proe Z. Soe. London, April 1, 1873) — Von
Demselben.
1130, Sharpe. Contributions to the Ornithology of Africa. Part 1.
(Oriolidae, Hirundinidae, Coraciidae, Cuculidae. Cum Tabb.) [For
private distribution.) 1870—1873. Von Demselben.
Aeanthis bella, 346.
brevirostris, 359.
— eanescens, 92.
— ceannabina, 342, 346.
382.
— linaria, 92. 407. 410.
. 414. 419.
montanellus, 346. 354.
359; ;
— Sewerzovi, 346.
— Ssp.? 346,
Accentor, 353.
alpinus, 455.
— altaicus, 346. 373. 374.
383.
— atrogularis, 346. 373.
386. |
— fulveseens, 346 373.
386. 387.
— modularis, 223.
— montanellus, 346. 386.
— strophiatus, 354.
Aceipiter bicolor, 284. 285.
286.
chilensis, 284. 286.
chionogaster, 286.
erythroenemis, 286.
erythronemius, 286.
nisus, 286.
pileatus, 284. 285. 286.
poliogaster, 285.
tınus, 236.
— veniralis, 286.
Aeridiornis locustella, 342.
— straminea, 347.
Acrocephalus turdoides,
302.
Actitis, 299.
— hypoleucus, 12. 17. 102.
212. 299. 334. 340. 381.
420.
— pulverulentus, 102.
Actodroma minuta, 418,
Aedon familiaris, 380.381.
Aegialites cantianus, 120.
123. 341. 385.
— fluviatilis, 12. 16. 102,
409.
INDEX.
1873.
Aegialites hiaticula, 12.
16. 101. 340. 385. 408.
— minor, 332. 340. 385.
— pecuarlus, 212. 299.
Aegithalus atricapillus,
347. 371. 381.
— eoronatus, 347.368. 337.
macronyx, 347.
pendulinus, 344. 380.
rutilans, 347. 366. 389.
Aegolius brachyotus, 340.
380. 381.
— otus, 340. 380. 381.
Aganus venustus, 271.
— viridis, 271.
Aglaia episcopus, 240.
Agrobates fawiliaris, 345.
Maya albıcollis, 276.
— brevirostris, 276.
Aithyia ferina, 13. 17. 110.
343.
— nyroca, 13. 17. 344.
Alaemon, 208.
Alauda, 187. 192. 202.
abyssinica, 202.
albigula, 378. 379.
alpestris, 124.
anthirostris, 200.
arborea, 9. 200.
arenaria, 193.
arenicolor, 198.
arvensis, 9. 15. 86. 123.
129. 192. 208. 342. 364.
382, 415. 420.
arvensis ruficeps, 190.
lei
bimaculata, 332.
brachydactyla, 119.121.
123. 193. 196. 197. 332.
425.
Cairii, 192.
calandra, 119. 121. 123.
187. 188. 189. 193. 332.
calandrella, 193.
cantarella, 192.
364.
cantarella inconspicua,
348,
341,
Alauda coelipeta, 192.
coelivox, 208.
collaris, 187.
eristata, 9. 203. 380.
cristatella, 200.
deserti, 198. 199.
duleivox, 192.
elegans, 198.
elegantissima, 208.
fratercula, 199.
galerita, 203.
grandior, 193.
gulgula, 208. 364.
ineconspicua, 364. 381.
intermedia, 192.
isabellina, 192. 199.
italiea, 192.
japonica, 192.
leantungensis, 208.
leucophaea, 425.
leucoptera, 190.
longipennis, 195.
lusitanica, 199. 200.
mongolica, 190. 208.
montana, 192.
mutabilis, 189.
nemorosa, 200.
pallida, 198. 199.
pekinensis, 192.
— pispoletta, 195. 196.197.
425.
sala, 192.
sibirica, 190.
tatarica, 123. 189.
testacea, 194.
triborhynchus, 192.208,
364.
undata, 203. 204.
vulgaris, 192.
Watteri, 192.
— yeltonensis, 189.
Alaudidae, 186,
Alaudinae, 9.
Alca torda, 14.
Alcedo amazona, 270.
— americana, 270.
— bengalensis, 349. 350.
381.
464
Alcedo eyanea, 269.
— ispida, 11. 147.
— quadribrachys, 301.
Amadinae, 33.
Ammomanes, 198.
einetura, 198. 199.
deserti, 199. 200. 208.
fraterculus, 199.
lusitanica, 199.
pallida, 198, 208.
phoenieura, 208.
regulus, 199,
Ampelio eueullatus, 266.
Ampelion eueullatus, 266.
Anabatoides fuscus, 253.
Anas acuta, 13. 407, 409.
415. 420,
boschas, 13. 17. 109,
340. 407. 408. 409.410.
414. 415. 420.
clypeata, 13. 381, 420.
erecca, 13. 340. 381.
407. 409, 410. 415. 420.
penelope, 13. 340. 407.
410. 420.
poeeilorhyncha, 109.
querquedula, 13. 109.
340. 385. 421.
rutila, 332. 347.
354, 378,
strepera, 13. 109.
340. 381. 420. 422.
— tadorna, 13, 389,
Annomanes elegans,
— isabellina, 200,
— Regulus, 198.
Anser, 410. 414.
— albifrons, 13. 108.
420.
berniela, 410.
einereus, 13,
379. 388,
einereus var. rubriro-
stris, 108,
eygnoides, 347,
erythropus, 306.
grandis, 108.
minutus, 108.
segetum, 13, 415.
segetum var. serriro-
stris, 108,
Skorniakovi, 346, 377,
386.
Anseres, 13,
Anthropoides virgo, 100.
Anthus, 118. 325.
— agilıs, 95.
aquaticus, 197.343. 383,
arboreus, 10. 16. 342,
355. 382. 409, 419,
353.
307.
198.
416.
Ar
17. 340,
3
88,
— Ar
Anthus arboreus parviro-
Aphantochroa eirrhochlo-
Aquila Adalberti, 60. 456.
— albieilla, 7. 62.
— lagopus, 8. 123.
Ardea alba, 7.
INDEX.
Ardeola Sturmii, 212,
Arundinax olivacea, 118.
Astur albus, 62,
cenchroides, 346, 366,
388.
gularis, 290.
insectivorus, 290.
magnirostris, 289. 290.
Nattereri, 290,
nisus, 7. 382.
Novae-Hollandiae, 62.
palumbarius, 7. 14. 126,
127. 128. 129. 139. 339,
337. 410.
Pucherani, 290.
— ruficauda, 290,
Asturina Nattereri, 289,
290.
— scotoptera, 291.
Athene noctua, 8.
421.
— orientalis, 380. 381.
— plumipes, 347.
— torquata, 282,
Atraphornis aralensis, 345.
nana, 345. 346,
— Automolus stietoptilus,
66.
Barbatula leucolaema,214.
Basilenterus culieivorus,
316,
— diachlorus, 316,
— stragulatus, 232.
— vermivorus, 231. 316,
Bathmidurus melanoleu-
cus, 264.
Bernicla brenta, 418,
— leucopsis, 306.
— rufieollis, 108.
Bethylus pieatus, 245.
Bombyeilla garrula, 9. 421.
Bonasia betulina, 98,
— sylvestris, 12. 16. 306.
419,
Botaurus stellaris, 17. 106,
340,
Brachyotus lagopus, 14.
407. 417. 418.
Brachypteryginae, 396,
Branta rufina, 13,
Broderipus celebensis, 404.
— formosus, 404.
Brotogerys, 33.
Bubo maximus, 8, 14, 340,
380. 381. 419,
— maximus turcomanus,
348,
— sibirieus, 97,
Bubulcus eoromandus,405.
Bucco striatus, 271.
stris, 347.
campestris, 10.148. 344.
381.
campestris brachycen-
trus, 348,
cervinus, 112. 195.
Japonieus, 85.
pratensis, 16. 16, 342,
421. 432.
pratensis intermedius,
348.
Richardii, 95. 118.
spinoletta, 85.
ris, 274.
bifaseiata, 346 366.388,
456. 457.
clanga, 115. 136. 324,
342. 388. 455. 456. 457.
fulva, 7. 8, 14, 53, 130,
136. 379. 421.
fulvescens, 115. 322,
Glitschii, 322. 347,
imperialis, 53. 60. 136.
344. 380. 381. 456.
minuta, 56. 57. 60. 125.
126. 127. 128. 130, 137.
320. 344. 381.
naevia, 8. 14. 115. 136.
137. 455. 456, 457.
naevioides, 116,
nobilis, 342.
orientalis, 136.345. 348.
455. 456. 457.
peunata, 57. 58,59, 60.
125 126. 127. 128. 130.
137. 320. 344. 381.
chibuteo aquilinus, 116.
119.
148.
13. 341.
385.
atricapilla, 212.
einerea, 13. 17.
144. 340. 385.
einerea brag, 348.
flavirostris, 212.
garzetta, 7. 13.
gularis, 212. 298.
minor, 13.
nycticorax, 13.
purpurea, 7.
389. 405.
stellaris, 13.
deola minor, 17, 132.
minuta, 212, 343, 388,
sinensis, 405,
106.
13. 343,
Budytes einereocapilla,
407. 409. 419.
— citreola, 82. 119. 325.
— citreoloides, 325. 346.
382.
— flava, 10. 16. 83. 342.
407.
— flavifrons, 342. 343.
— melanocephala, 345.
380.
— Rayi, 217.
— viridis, 405.
Butalis grisola, 9. 15.418.
— latirostris, 119.
— sibiriea, 119.
Buteo, 126. 137. 138. 293.
294.
— communis, 138. 139.
— desertorum, 139. 293.
294.
—. ferox, 347.
— lagopus, 419.
leucurus, 332. 379.
Martini, 344.
polionotus, 291.
scotopterus, 290.
tachardus, 138. 293.
294. 343. 344.
tachardus orthurus,
347.
vulgaris, 8.
295. 419.
Buteones, 8.
Cacomantis sepulchralis,
403.
Caiamodus, 183, =
Calamodyta, 161. 183.
arundinacea, 429.
eariceti, 429.
certhiola, 118.
Auviatilis, 434.
locustella, 434.
palustris, 429. 432.
— phragmitis, 15.342.389.
429.
— türdoides, 429.
Calamoherpe, 183.
— arundinacea,
118,
— loeustella, 146.
— fluviatilis, 146.
— palustris, 10. 15. 222,
223.
— phragmitis, 10.
— turdoides, 146.
Calandra, 187.
— brachydactyla, 208.
Calandrella brachydacty-
la, 86. 380.
— deserti, 199,
Cab, Journ. f. Ornith, Jahrg.
—
14. 294.
10.
15.
INDEX.
Calandrella ferruginea,
208.
— hermonensis, 209.
— leucophaea, 389.
— pispoletta, 196. 197.
— Rebaudia, 196.
— sibiriea, 190.
Calandritis, 190. 193. 198.
364.
Andersoni, 198.
baghaira, 195.
brachydactyla, 193.194.
195. 200. 209. 341.
einerea, 197.
Heinei, 197. 4:
immaculata, 1
Kollyi, 195.
leucophaea, 347.
longipennis, 347.
macroptera, 195.
minor, 196.
pispoletta, 196. 347.
syriaca, 194.
Calendula, 200.
Calidris arenarius, 12. 102.
420.
Callichen rufinus, 344.
Calliope eamtschatkensis,
LBS)
— ceyane, 52.
— pectoralis, 373. 336.
Calornis neglecta, 405.
Calothorax rubinea, 275.
Campephilusrobustus,280.
Campias spilogaster, 281.
Campylopterus campylo-
stylus, 274.
Capito fuseus, 271.
Caprimulgus, #05.
affinis, 405.
— europaeus, 11. 16. 420.
— isabellinus, 345. 366
389.
— pallidus, 347. 330.
Capsiempis orbitalis, 68.
Carbo cormoranus, 13. 124.
— phalacrocoraxs, 340.331.
389.
— pygmaeus, 344. 389.
Carduelis eaniceps, 345.
— elegans, 14.
— europaeus, 382.
— orientalis, 92. 382.
Carpodacus, 353.
— caueasiceus, 339.
erythrinus. 93. 94. 341.
365. 380. 381.
rhodochlamys, 346.373.
386.
roseus, 92. 93.
XXI. No. 124. October 1373.
465
Carpodacus rubieilla, 345.
554. 373. 386.
Caryocatactes, 459.
— guttatus, 149.
Casarea rutila, 108.
Cassiceus, 309.
affinis, 248. 249.
atrovirens, 308.
eitreus, 248.
eristatus, 248.
haemorrhous, 248.
— niger, 251.
Cassidix ater, 251.
— mexicanus, 251. 252.
— oryzivora, 251. 252.
Casuarius Bennettii, 390.
391.
biearunculatus, 390.
galeatus, 390.
Kaupi, 390.
papuanus, 390.
regalis, 390,
— uniappendiculatus, 390.
Catarrhactes scua, 422.
Cathartes atratus, 292.
— atratusbrasiliensis,292.
— aura, 226. 292.
— foetens, 292.
— uruba, 292.
Celeopicus flavescens, 280.
Celeus fiavescens, 280.
Centrophanes lapponicus,
1292419.
Centropus monachus, 213.
Cepphus gryHe, 419.
—
Cerchneis cenchris, 344.
381.
— tinnunceula, 140. 144
340. 354. 380.
— vespertina, 140.
Certhia himalayana, 346.
313:
— familiaris, 11. 16. 339.
373. 382.
— taeniura, 382.
Certhidae, 396.
Certhilauda, 207.
— Duponti, 207.
Certhiola, 239. 240.
— chloropyga, 239. 240.
— fiaveola, 239.
— guianensis, 239.
— majuscula, 239.
Certhiparus, 393. 397.
— ‚albieilla, 394. 397.
— maculicaudus, 397.
— ;‚Novae-Zealandiae, 396
397.
— senilis, 398.
Ceryle amazona, 270.
s0
466
Ceryle americana, 270.
— (Cabanisi, 271,
— rudis, 214.
— stellata, 270.
— torquata, 269,
Cettia altisonans, 431.
— Uettii, 344. 381,
— (Cettii albiventris, 348.
— Cettii pallens, 348,
— fusca, 385.
Chaleites smaragdineus,
442.
Chaleopelia afra, 213.
Charadrius auratus, 12.
407, 416. 420.
— fluviatilis, 407. 417.
— fulvus, 101. 355.
— hiaticula, 407. 416. 420. |
— morinellus, 421.
— pluvialis, 355.
Chasmorhynchus ecarun-
culatus, 267.
— nudicollis, 266.
Chaulelasmus streperus,
12. 340.
Chelidon urbica, 16.
Chen hyperboreus, 108.
Chersomanes, 208.
Chettusia inornata, 213.
— leucurus, 80. 366,
Chloris vulgaris, 9. 15.
Chloroceryle amazona,270
— americana, 270.
— chaleites, 270.
— leucostiete, 270.
Chlorospingus atripileus,
318.
— auricularis, 318.
Chlorospiza chloris, 306.
342. 387.
Chourtka, 63.
Chorys, 200. 202.
— arborea, 200.
Ciconia alba, 13. 17. 123.
368. 388,
— myeteriorhyncha, 347,
— nigra, 13. 17. 106, 340,
371. 387,
Cillurus albidiventris, 319.
— fuscus, 319.
— minor, 319,
— rivularis, 319.
Cinclus aquaticus, 10. 15.
148,
— asiaticus, 334, 346. 382.
419.
— leucogaster, 334, 346, |
382. 383,
Circaötus brachydactylus,
8. 130. 133, 344.
INDEX.
Circaötus gallicus, 138.
— orientalis, 345.
Circus cyaneus, 8, 332.
— rufus, 8. 14, 117. 121.
1.3. 332. 342. 380. 381.
407. 417.
— spilonotus, 117.
Cissopis leveriana, 245.
|— major, 245.
Cisticola Grayi, 405.
Cistothorus fasciolatus,
231.
ı Climacocercus brachypte-
rus, 238,
— ruficollis, 287.
Clytolaema rubinea, 275.
Clitonyx, 393. 395. 396.
— ochrocephala, 396.
Coceothraustes vulgaris, 9.
15. 92.
— speeuligerus, 345. 386.
Coceygus, 72.
— Euleri, 72.
Coereba coerulea, 235.
— flaveola, 239.
Coerebidae, 68. 69. 236.
Colehicus chinensis, 322.
Colibri albogularis, 276.
— mystux, 275.
Colobathris imperator,255.
Columba aegyptiaca, 343.
385
— cyanotus, 324,
— fusca, 347. 368.
— gelastes, 334. 346. 385.
387,
— livia, 324. 343, 381.
— oenas, 11. 16. 306. 343,
381.
— palumbus, 306.
— pulchricollis, 346. 382.
— rupestris, 97. 324, 334.
346, 383.
— turtur, 343. 385.
Colyınbus, 14. 74.
— arcticus, 108. 420,
— septentrionalis, 73, 420.
Conirostra albifrons, 311.
Conirostrum einereum, 64,
— Fraseri, 64, 65.
Conurus, 33.
Copurus colonus, 256. 257.
— filicauda, 256.
— funebris, 256. 257.
— fuseicapillus, 257. 258.
Coracias garrula, 11. 16.
120. 123, 143. 332. 344,
350, 355. 380. 458.
Coraciidae, 462.
Coraeina scutata, 267.
Coraeirostris, 8.
Coraphites, 208.
Corax nobilis, 14. 129.
Corvus corax, 8. 73. 137.
140. 340. 381. 382, 410.
413. 419.
— corax thibetanus, 347.
355.
— cornix, 8. 14. 120. 123,
140. 144, 410.415. 419,
— corone, 332, 340. 348,
359. 380,
— culminatus, 348, 359.
— eurvirostris, 214,
— frugilegus, 8. 114, 123.
342, 384. 420,
— intermedius, 355. 357.
359,
— monedula, 8. 123. 144,
310. 380. 381. 410,
419,
— pastinator, 114,
— segetum, 410.
— subcorax, 346. 384.
Corydalla Gustavi, 405.
— Richardi, 83. 119,
Corydon, 187.
Corys arborea, 15.
Corythaix persa, 218,
Corythus enucleator, 92.
421.
Cossypha vertiealis, 217.
Coturnix dactylisonans,12.
16. 99. 123,
— muta, 99.
— vulgaris, 380.
Cotyle flavigastra, 235.
— riparia, 16. 340. 385.
420.
— ruficollis, 235.
— rupestris, 343, 354. 382,
Crateropodinae, 396.
Crex pratensis, 13. 17. 107,
147, 343, 381. 409.
Criniger aureus, 405,
Crithagra butyracea, 153.
— insularis, 1583.
— flaviventris, 153,
Croieocephalus capistra-
tus, 111.
— ichthyaötus, 347. 366.
— minutus, 111. 342,
— ridibundus, 340.
be al 362,
Crotophaga major, 226,
Cueulidae, 462,
Cueulus, 72. ,
— americanus, 72, 73,
— canorinus, 96. 118,
— canoroides, 96,
Cuculus canorus, 11. 16,
73. 84. 305. 340. 365.
380. 405. 421.
erythrophthalmus, 72.
himalayanus, 347. 380.
indicus, 95. 96. 119,
optatus, 35.
—- rufus, 96.
Curruca olivacea, 226.
Cursorius senegalensis,
213.
Curvirostra crueirostra,
223.
Cyanecula sueeica,
354. 410. 419,
Cyanistes cyanus, 119. 341.
342, s
342.
— flavipectus, 371.
Cyanodacnis, 69.
Cyanopica cyana, 119.
Cygnus, 414.
— minor, 108. 421.
— musicus, 13. 108. 340.
381. 420.
— olor, 13. 17. 340. 381.
Cyguopsis eygnoides, 108.
Cymindis leucopygus, 283.
Oynehramus Cabanisi, 346.
— pyrrhuloides, 341.
— schoenielus, 15. 419.
Cyornis banyumas, 405.
Cyphorhinus cantans, 71.
Cypselus affinis, 345.
— apus, 11. 16. 123. 306.
343.
— melba, 343. 371. 387.
— murarius, 381.
Daenididae, 311.
Daenidinae, 68.
Dacnis, 67. 70.
aequatorialis, 69.
albiventris, 69. 70,
analis, 69.
angelica, 69. 70.
bicolor, 69. 70. 237.
cayana, 311.
eoerebicolor, 69.
cyana, 235. 237.
eyanocephala, 236. 237.
eyanomelas, 69.70.235.
236. 238. 243.
egregia, 69. 70.
flaviventris, 69. 70.
leucogenys, 69. 70.
melanotis, 69. 79.
modesta, 64.
nigripes, 69. 70. 236.
237. 238.
plumbea, 64.
pulcherrima, 69. 70.
INDEX.
Dacnis speciosa, 69. 70.
— ultramarina, 69. 70.236.
— venusta, 69. 70.
Dafila aeuta, 117. 109. 147.
408. 410,
Demiegretta saera, 405.
Dendrocinela, 395.
Dendrocolaptes, 66. 395.
— decumanus, 254.
— guttatus, 254,
— montanus, 66.
— picumnus, 253.
— platyrostris, 253.
Dendrocopus platyrhyn-
chus, 253.
Dendrocygna viduata, 211.
Dendrofalco aesalon, 410.
— subbuteo, 14.
Dendroplex, 395.
Dendrornis, 395. 396.
Diaphorophyia Blissetii,
462
Dicholophus cristatus, 62.
Dierurus atripennis, 217,
Diglossa brunneiventris,
318.
— mystacalis, 318,
— pectoralis, 318.
Dinornis, 23.
Drepanornis Albertisi,461.
Dryocopus martius, 16.
304.
Dryopicus martius, 97.
Dryoscopus, 217.
— gambensis, 217.
— major, 217.
Dumeticola, 431.
— cinerea, 431.
— thoraeica, 118.
Eelectus, 33.
Elaeophonus languidus,
344. 371. 387.
Elanoides furceatus, 284.
Elanus melanopterus, 213.
218.
Emberiza brunniceps, 332.
caesia, 381.
caniceps, 346. 371. 387,
ein, 87. 88, 343. 382.
383.
cia Stracheyi, 347.
cioides, 87. 88.
341. 3832. 383.
eitrinella, 9. 15.
146. 410, 419,
Giglioli, 88.
hortulana, 88. 143. 148.
342. 381.
Huttoni, 347.
leucocephala, 86.
Ile
143,
467
Emberiza melanocephala,
9
miliaria, 9. 342. 381.
pithyornis, 86. 341.382,
383.
pyrrhuloides, 380. 385.
pusilla, 90. 421.
rustiea, 89. 421.
schoenielus, 9. 148.
— spodocephala, 89.
Enneoetonus eollurio, 15.
Ephialtes obsoletus, 387.
— scops, 340. 387.
387,
— scops obsoletus, 348.
Epimachus Wilhelminae,
405.
Erana, 200.
Eriodoridae, 65.
Erismatura mersa, 344.
Erythropus Raddei, 113.
— vespertinus, 113. 418.
457.
— vespertinus var. amu-
rensis, 113.
Erythrospiza incarnata,
346. 353. 374. 383,
— obsoleta, 346. 384.
— phoenicoptera, 339.346.
371. 387.
Erythrothorax erythrina,
9. 14.
Estrelda meipoda, 216.
— phoenicotis, 216.
Eudacnis, 69. »
Eudromias caspius, 347.
366. 389.
— Geoffroyi, 346.354. 405.
— mongolieus, 354. 377.
586.
— morinellus, 101.
Euphone, 71.
— elegantissima, 71.
— violacea, 71.
Euplectes franeiscanus,
215.
— oryx, 215.
Eupodotis senegalensis,
213.
Eurystomus gularis, 214.
301.
— orientalis, 350.
Eurythrosterna leucura,
119.
— luteola, 119.
Eusearthmus gularis, 67.
— rufieollis, 67.
— rufigularis, 67.
Euspiza aureola, 90. 407.
416. 419.
30*
468
Euspiza brunniceps, 365.
380.
— icteria, 347,
— melanocephala, 421.
— rutila, 90. 119.
Faleinellus igneus, 53.
Faleirostra Kaufmanni,
383,
— Struthersi, 336.
Faleo aesalon, 7, 417, 419.
— arctieus, 462.
babylonicus, 346. 366.
candicans, 21.
Cassini, 462,
eenchris, 294.
dichrous, 320,
Eleonorae, 320,
gyıfalco, #10.
— hamatus, 233,
Hendersoni, 354.
— islandieus, 62,
islandus, 21,
lanarius, 126. 129. 137.
139.
— leucauchen, 287. 288.
inagnirostris, 239
nisoides, 286.
nisus, 286. 295.
ornatus, 289,
peregrinus, 7. 14. 124.
139. 140. 156. 339. 382.
419,
pileatus, 284.
sacer, 421.
scotopterus, 290.
— sparverlus, 284,
subbuteo, 7. 113. 340.
354. 380. 418.
tinnuneculus, 7. 295.304.
419.
Tscheniajevi, 388,
vespertinus, 294,
— Yetapa, 284.
Faleones, 7.
Francolinus bicalcaratus,
213.
— vulgaris, 53.
Fregilus, 353.
— graculus, 334. 335. 341.
354. 382. 383,
Fringilla albieilla,
394. 396.
brasiliensis, 247.
- eannabina, 9.
carduelis, 9, 421.
coelebs, 9. 14. 420.
gnatho, 245,
leucopogon, 246.
linaria, 9. 150,
matutina, 246,
395.
INDEX,
Fringilla montifringilla, 9.
91. 307, 415. 419,
— nivalis, 343. 353. 377.
386,
- spinus, 9.
Fringillidae, 154.
Frugilegus segetum, 14.
Fulieca atra, 13. 17. 108,
340. 381. 421.
Fuligula elangula, 13.410,
415 420.
eristata, 13. 110. 415.
leucophthalma, 385.
marila, 13. 110. 421.
mersa, 389.
rufina, 389,
Galerida, 200. 207,
abyssinica, 205.
arenicola, 206.
Boysi, 209.
209,
Duponti, 207.
— flava, 204. 205.
isabellina, 204. 205.
— lutea, 204. 205.
— macrorhyncha, 206.
magna,
Randonii, 206,
rutila, 208.
— undata, 203
Galerita, 200.
— abyssiniea, 202.
arborea, 200.
brachyura, 208.
cristata, 15. 122. 123,
201. 202. 324.
modesta, 208.
myerocristata, 202. 204.
Teklae, 200. 201. 202.
203, jr
Gallinago gallinula, 407.
409. 410. 416,
— heterocerea, 104, 119.
— Horsfieldi, 105.
— major, 17.407, 410.
417.
— mogels; 104,
scolopaciua, 105. 106,
scolopacinus, 17. 407.
408. 409. 410. 416,
— ‚solitaria, 104,
— stenura, 105.
Gallinula chloropus, 13.17.
108, 388. 421,
— porzana, 342. 388.
— pusilla, 342, 381.
area byginnen, 340, 354.385.
Gall
eristata, 201. 203, 205,
324. 347. 355.
Gallirallus fuseus, 403.
— Lafresnayanus, 403.
Garrulax, 63.
Garrulus glandarius, 8.14,
305. 419.
— infaustus, 410, 419.
Gavia ichthyaetos, 389.
— ridibunda, 385.
Gecinus eanus, 96. 304,
420, i
— viridis, 16. 304.
(seocoraphus, 208.
— cordofanieus, 208.
— elegantissimus, 208,
Geothlypis stragulata,
232.
Gerygone, 157.
— flaveola, 157. 404,
— sulphurea, 157.
| Glareola grallaria, 405,
— pratincola, 332. 344,
380.
— torquata, 119. 120, 121.
123.
Glaucidium passerinum, 8.
42].
(laucion clangula,
407.
Glaucopis frontalis, 275.
Glancus borealis, 111.
Graculus violaceus, 460.
Grallaria imperator, 255.
256.
— rex, 255. 256.
— varia, 255. 256.
Grallatores, 12. 144;
Grus antigone, 100.
— canadensis, 112,
einerea, 13. 17. 100,
306. 343. 380. 410. 416,
420,
leucauchen, 100, 102.
leucogeranus, 100.341,
monacha, 100.
montignesia, 100.
virgo, 144, 344, 379.
— viridirostris, 100,
Grypus naevius, 273.
— rulicollis, 273.
Gymnobuceo Peli, 213,
Gypaetos barbatus, 7. 8.
53. 334, 335. 343. 354.
382. 383.
Gypohierax, 298,
— angolensis, 213, 298,
449,
Gyps fulvus, 53. 131. 333,
343. 371. 387.
110,
irallus brachypterus, | — nivicola, 345. 374. 382.
400, 403,
383,
Gyps rutilans, 322, 345.
374. 382.
Gyratores, 11,
Hadrostomus atricapillus,
68,
— audax, 68.
— homochrous, 68.
— valıdus, 68.
Haematopus ostralegus,
12. 17. 340. 388. 407.
417. 418. 420.
Haleyon senegalensis, 300.
30 ©
Haliaötos albicilla, 8. 14.
74. 120. 123. 126. 137.
224. 419.
— leucorypha, 327. 347.
348. 354. 384, 386.
— Macei, 348.
— voecifer, 442.
Hapalophorus
272.
Harelda glaeialis, 13. 410.
415. 420.
— histrionica, 110.
Hemidacnis, 69.
Hemispingus auricularis,
318.
Heteralocha acutirostris,
24.
Heterops, 200.
— eristatus, 203.
Hiantes, 11.
Hierapterhina, 187.
— Clot-Bekii, 187.
Hierapterina Clot-Beküi,
187.
Hierococceyx crassirostris,
405.
Himantopus rufipes, 120.
123. 150. 212.
Hirundinidae, 462.
Hirundo alpestris, 334. 346.
ad. 989: 987.
— domestica, 340. 343.355.
385. 386.
— gutturalis, 405.
horreorum, 343. 459,
jugularis, 235.
riparia, 11. 123. 305.
rupestris, 334.
rustica, 11. 16.123.305.
359,
senegalensis, 217.
urbica, 11. 123. 305.
Hydrochelidon fissipes,340
— hybridus, 111.
— leucopareia, 132. 133,
— leucopareius, 344. 366.
389.
surueua,
INDEX.
Hydrochelidonleucoptera,
133.
— niger, 379. 389.
Zanera, DT.
Hylophilus flaviventris, 64.
— thoracieus, 64.
Hyloterpe, 157.
— sulfuriventra, 405.
Hyphantornis, 154.
215. 302. 446. 447.
449. 450. 451.
455.
brachypterus, 452.
eapensis, 154.
214.
448,
4522.
— castaneofuscus, 215.
452. i
— melanocephala, 448.
449. 450. 451.
nigerrimus, 448. 450.
451,
personatus, 452.
textor, 214. 449.
vitellinus, 215.
452.
Hypocnemis cantator, 65.
— subflava, 65.
Hypolais hortensis, 10. 15.
Hypsibamon andicolus,
318.
Hypsibates himantopus,
344. 385.
Ibieter leueopygus, 283.
— soeiabilis, 283.
Ibidorhynehus Kaufman-
ni, 346.
— Struthersi, 346.
Ibis faleinellus, 13. 308.
385.
Icterus, 33.
— Jamaeai, 309.
— minor, 249.
— sericeus, 250.
— violaceus, 249.
Ipoborus stietoptilus, 66.
Irania albigularis, 345. 371.
387.
— gutturalis,
387.
Iridornis Dubusia, 316.
— Jelskii, 316.
Irrisor Bollei, 214.
Ispida bengalensis, 112.
Ispidina cyanotis, 301.
— leucogastra, 301.
Ixos ashanteus, 217.
Iynx torquilla, 11. 16. 96.
307. 339. 382. 420.
Jerapterhina Cavaignacil,
187,
Lagopus, 423,
449,
344, 371.
469
Lagopus albus, 12. 16. 98.
407. 408. 409. 410. 411.
413. 414. 416. 419. 422.
424.
— alpinus, 411. 419.
— mutus, 98.
Lalage leucopygialis, 405.
Lamellirostres, 13.
Lamprocolius, 55.
— chloropterus, 80. 311.
Lamprotornis morio, 214.
442,
Laniarius barbarus, 216.
— Peli, 216.
— superciliosus, 217.
Lanio, 434.
— gutturalis, 434.
— oliva, 434,
Lanius, 134. 434.
— arenarius, 348. 366.
— barbarus, 434.
— borealis, 75. 77.78.79.
409.
bulbul, 434. 441. 443.
eollurio, 9. 76.142.149.
342. 381, 420.
eristatus, 355. 357. 358.
cubla, 434.
erythronotus, 339. 349.
350. 385. 386,
exeubitor, 9. 15. 75. 76.
SI 20:
420.
— Homeyeri, 75. 76. 78,
79.
— isabellinus, 347. 348,
366. 389. -
— lathora, 366.
— leucopygos, 343. 366
389.
— maguirostris, 405.
— major, 75. 77. 78. 79.
— meridionalis, 75.
— minor, 9. 15. 21. 120.
123. 142. 325. 334. 344.
380. 385.
olivaceus, 434.
pallidirostris, 345.
389.
phoeniecuroides, 347.
phoenieurus, 334. 380.
phoenicuri var.? 355.
schach, 349.
sphenocercus, 76.
Laroides borealis, 111.
Larus, 124.
— argentatus, 13. 17.121.
123. 415. 420.
— argentatus var. cachin-
nans, 111,
366.
470
Larus borealis, 111.
eachinnans, 347. 381,
385.
canus,
420.
eburneus, 421.
fuscus, 13. 17.
glaucus, 421.
Heermani, 460.
leucophaeus, 121. 123.
leucopterus, 420.
marinus, 414.
minutus, 421.
ocecidentalis, 460.
ridibundus, 15.
421.
— tridactylus, 459,
Larvivora eyane, 119.
Leptopoeecile Sophiae, 346.
373.
Leptopoeeilia Sophiae,386.
Leptoptilus crumenifer,
212.
Lestris cephus, 420.
— parasitica, 13, 421.
— pomarina, 420.
Leueochloris albieollis,
276,
Leucodiophron sinense,55.
Leucopternis palliata, 291.
— scotoptera, 290.
Leueostiete arctoa, 91.
— Brandtii, 345. 353. 377,
386.
— brunneinucha, 92.
— Giglioli, 91.
Jevirostres, 11.
Limieola platyrhyncha,
103.
Limnocorax flavirostris,
211. 405,
Limosa melanuroides, 104.
— melanura, 13. 104. 342.
389, 421.
— rufa, 13, 421.
Linota cannabina, 14.
— montium, 419.
Liothrix sinensis, 33.
Lobipes hyperboreus, 102.
Lochmias nematura, 65. 66,
— obscurata, 65,
Locustella, 434.
— cieada, 434.
— fluviatılis, 182. 432,
gryllus, 434.
— luseinioides, 132, 133,
434,
naevia, 132. 133. 380,
Rayi, 426,428. 429.432,
433,
IT E11 RE
17.
INDEX.
Locustella salicaria, 118,
Londra, 187,
Fa 6 Veen 13.
Lophophanes eristatus, 11.
16.
Lophornis chalybea, 275.
— festivus, 275.
Lorieulus quadricolor, 404.
Loxia bifasciata, 95. 341.
— curvirostra, 95.149.305.
411. 413,
— himalayana, 345.
— leucoptera, 411.
pityopsittacus, 305.
virens, 240. 242.
Lullula, 200.
— cristata, 203.
Luseinia spee.? 15.
a@don, 387.
Golzii, 79. 80.
Hafızi, 380.
major, 79.
philomela, 79.
suetica, 387.
vera, 79. 80.
Lusciniopsis luseinioides,
343,
Luseiola eyanecula, 145.
— ceyanecula var. leuco-
sterna, 145,
— Golzii, 346.
— Hafızi, 347.
— philomela, 342.
Lycos monedula, 342,
Lyrurus tetrix, 12.16. 419.
Machetes pugnax, 12. 17.
103. 132. 133. 340. 355.
407, 408. 409. 416. 417.
418. 420.
Machetornis rixosa, 258.
Macronyx croceus, 217.
Macroramphus griseus,
112,
Malaconotus, 434. 437.
barbarus, 434.
bulbul, 436. 458,
chrysogaster, 434. 435.
436.
gutturalis, 436,437. 438,
mollissimus, 434. 437.
oliva, 437.
olivaceus, 434. 435.
— superciliosus, 434. 436,
Malacoptila, 318,
— torquata, 271,
Mareca penelope, 110.408.
415
Megabias flammulatus,
217.
Megaceryle caesia, 269.
Megaceryle torquata, 269.
Megaloperdix, 3. 63. 353.
— altaıca, 4. 98. 99,
— caspia, 1. 63, ;
— himalayensis, 4. 354.
— Nigellii, 335. 346. 354,
361. 373. 386. 387,
— Raddei, 4.
— tibetanus, 354. 361.
Megalophonus, 198. 208.
Megapicus robustus, 280.
Melanocorypha, 187. 19.
364.
affınis, 193.
albigularis, 187.
alboterminata, 188.189.
arenaria, 193,
bimaculata, 188. 189,
347. 368. 387.
brachydactyla, 193.
calandra, 187, 188, 343,
368. 387.
Clot-Bey, 187,
ferruginea, 208.
gallica, 193.
itala, 193. 194,
leucoptera, 190,
maxima, 209,
microptera, 195.
mongolica, 190.
obsoleta, 195.
rufescens, 188, 189.
semitorquata, 187. 188,
subcalandra, 187,
tatarica, 9. 189.
tenuirostris, 193.
torquata, 188. 189,
— yeltonensis, 189.
Melanodera, 154.
Melanopelargosepiscopus,
355.
Melodes pectoralis, 346.
Menura, 396.
Menuridae, 396.
Mergellus albellus, 111.
Mergulus alle, 14,
Mergus albellus, 13. 421,
— merganser, 13.110.340,
383, 421.
— serrator,
409. 420.
Meropogon Forsteni, 405.
Merops, 119.
— apiaster, 11. 120. 121.
123. 332. 344. 350. 380.
388,
gularis, 214.
persicus, 385. 386,
philippinus, 405,
superciliosus, 343, 350.
13. 111, 407,
Merula vulgaris, 141.
Mesopieus adspersus, 281.
— spilogaster, 281.
Micrastur bracbypterus,
288.
guerilla, 288,
ruficollis, 287. 288.
semitorquatus, 288.
xanthothorax, 287.
Micropalama Taczanow-
skii, 104.
Miliaria valıda, 15.
Milvus, 126.
ater, 8. 14. 120. 123.
131. 137. 332. 342. 380.
govinda, 355.
niger, 140 421.
parasiticus,
449,
regalis, 8. 14. 140.
Mimus polyglottus, 311.
Mirafra deserti, 199.
Mitrephorus aurantiiven-
tris, 320.
— ochraceiventris, 320.
Mohoua albicilla, 393. 394.
— cinerea, 398.
— ochrocephala, 393.'394.
Mohua, 395. 396.
Molobrus sericeus, 249.
Molothrus, 250. 309.
— atronitens, 249.
bonariensis, 249. 250.
Cassini, 250. 251.
diseolor, 250.
niger, 249.
— serlceus, 249. 250.
Momotus, 268.
— cyanogaster, 268.
— Levaillantii, 268.
— melancholieus, 269.
— ruficapillus, 268. 269.
Monasa torquata, 271.
Monedula turrium, 14.
MontifringillaAdamsi,353.
Motaeilla alba, 10. 16. 73.
306. 342. 416. 420, 454.
459.
alba dukhunensis, 348.
359.
baiealensis, 82.
ceinereocapilla, 418.
cyana, 237.
dukhunensis, 380.
Kaleniezenkii, 83.
luzoniensis, 354.
359.
melanope, 82.
ocularis, 82.
paradoxa, 81, 82.
397,
213. 298.
INDEX.
Motaeilla personata, 339.
347. 355. 357. 380.
— sulphurea, 334,343. 382.
Munia brunneiceps, 405.
— Jagori, 405.
Museicapa agilis, 232.
— albicollis, 142.
—_ atrieapilla, Alb.
aurantia, 264. 266.
furcata, 262.
387. 420.
joazeiro, 258.
luctuosa, 179.
miles, 258.
monacha, 256.
nigriceps, 263.
ochrocephala, 394. 396.
parva, 52. 142.
221.
pitangua, 260.
poliauchenia, 264.
rivularis, 232.
rufa, 264. 266.
— rufescens, 264. 266.
Muscipeta aurantia, 264.
265.
chrysoceps, 259.
monacha, 256.
nigriceps, 263.
virgata, 259.
Mycerobas speculigerus,
373.
Myiobius, 157.
— auriceps, 259.
— naevius, 259.
— ornatus, 158.
— phoenicurus, 158.
— stellatus, 158.
Myiodynastes solitarius,
261.
Myiolestes, 157.
Myiophoneus Temminckii,
349. 350. 371. 337.
Myiothera grallaria, 255
256.
Myel luteoviridis,
— iakieeps 316.
Myiotrichas imperatrix,
255
Myioturdus rex, 255. 256.
Myristieivora littoralis,
409.
Myzomela chloroptera,
405.
Nasica, 395.
Nauelerus furcatus, 283.
Nectarinia Adelberti, 217.
— bicolor, 236.
grisola, 302. 342. 371.
220.
4
Nectarinia cuprea, 217.
— splendida, 217.
Neophron perenopterus,
333. 343. 371. 387.
— pileatus, 213.
Nesospiza Acunhae,
Nisus, 325.
brachypterus, 288.
— brevipes, 130.
communis, 14. 124, 130.
421.
erythrocnemius, 286.
erythronemius, 286.
ferrugineus, 286.
fringillarius, 286.
magnirostris, 289.
minullus, 442.
pileatus, 285.
poliogaster, 285.
striatus, 286.
Tachiro, 435.
xanthothorax, 287.
— zonothorax, 287. 288.
Notauges leucogaster,
214.
Nueifraga, 353.
— caryocatactes, 8. 178.
222. 310. 339. 373.384.
386. 409. 419.
Numenius, 120. 123.
arcuatus, 407. 408.410.
415.
arquatus, 13. 104.
australis, 104,
capensis, 442.
lineatus, 103.
minor, 103.
minutus, 103.
nasieus, 103.
phaeopus, 13. 103. 212.
299. 407. 408. 415.
tahitiensis, 121.
— tenuirostris, 121.
Nyctala Tengmalmi, 460.
Nyctale dasypus, 8. 14.
— Tengmalmi, 421.
Nyctea nivea, 8. 410. 419.
Nyetibius eornutus, 273.
— jamaicensis, 272.
Ocydromus, 298. 401. 403.
404.
australis,
404.
brachypterus, 399. 402.
4035. 464,
Earli, 401. 402. 404.
Finschi, 400. 401. 403.
fuscus, 400. 403.
Hectori, 399. 403.
nigricans, 403.
154.
399. 402. 403.
472
Ocydromus troglodytes,
398. 399. 400, 402, 403,
Oedemia fusca, 13. 110.
410. 417.
Oedicnemus erepitans,344.
385.
Oidemia nigra, 13.
417. 420,
Oraegithus ignifrons, 374,
— pusillus, 345.
Öreotetraginae, 63.
Üreotetrax caspia, 63.
— caucasica, 63.
Öriolidae, 462.
Oriolus ehinensis, 350.
— galbula, 8. 14. 344.350.
359. 380.
— kundoo, 355. 359.
Orites caudatus, 11. 16,
ÖOrnismya Audenetii, 275.
Orthogonys viridis, 243.
Orthonycinae, 396.
Orthonyx, 393.394. 395.396.
— albicilla, 394. 398.
— heteroclytus, 395.
— ochrocephala, 394.395.
— Spaldingi, 396,
— spinicauda,394.395.396.
Ortygion coturnix, 243.355.
ÖOrtygometra porzana, 13.
17. 407. 409. 420.
Öscines, 9.
Östinops angustifrons, 308,
— atrocastaneus, 308. 309.
— atrovirens, 308. 309.
— sineipitalis, 309.
— viridıs, 308.
Ötis Maequeeui, 347.
— tarda, !2. 99. 340. 380.
— tetrax, 12. 148.344.381.
457.
Otocoris albigula, 346.
— petrophila, 346.
Ötocorys albigula, 86.378.
379. 382.
— alpestris, 86.
— bicornis, 379.
— petrophila, 379. 387,
OÖtus brachyotus, 409.415.
419,
— verus, 8. 14. 421.
Oxylabes madagascarien-
sis, 462
Oxyrhamphus flammiceps,
254.
Pachyrhamphus, 265.
— nigriceps, 263.
— polychropterus, 264.
265. 266.
— rufescens, 264,
410.
INDEX.
Passer indicus, 349.
— montanus, 9. 15. 91.
123. 340. 355. 380. 381.
388, 410. 419.
nemoricola, 345.
petronia, 334. 343, 371.
387.
pulverulentus, 382,
salicarius, 324, 343.384,
385. i
simplex, 216.
Passeres, 9. 141.
Passerina diseolor, 249.
Pastor roseus, 8. 121. 123,
224, 345. 381.
Pelecanus, 211.
— onocrotalus, 344. 389.
Pelidna alpina, 17. 418.
— subarquata, 355.
— Temminckii, 355. 356,
Peltops, 159.
Penthetria, 448,
— macroura, 447, 448.
Perdicinae, 63.
Perdix barbata, 99.
— Bonhami, 388.
einerea, 12.16.381.382.
cinereogularis, 458.
chukar,334.346.371.387.
— chukar var.? 354.
daurica, 381. 382,
griseogularis, 345. 388,
pallida, 354,
Peristera rufidorsalis, 151.
Pernis apivorus, 8. 14. 156.
294. 421,
— celebensis, 404.
Petrocichla ceyanea, 343.
371,
— saxatilis, 343, 354.
Petrocinela cyanea, 387.
— saxatilis, 387.
Petroica albifrons, 394.
Phaöthornis intermedius,
273.
— squalidus, 273.
Phalaerocorax, 211.
— carbo, 11,
Phalaropus, 12.
— hyperboreus, 420.
Phasıanus amherstiae, 62.
— colehieus, 1.
— mongolicus, 347. 380,
Phileremos alpestris, 129.
410. 414.
— brachydactyla, 193,
— moreatica, 193. 195,
— pispoletta, 196.
— sibirica, 190,
Philomachus pugnax, 212.
Pachyrhamphus rufus, 264,
266.
— viridis, 263. 264,
Pachyrhynchus Cuvieri,
263.
— rufescens, 264,
— ruficeps, 264.
Palaeornis, 33,
Pallasia, 190.
— leucoptera, 190. 192.
— mongolica, 190,
Pallenura sulphurea, 82,
Palumbus torquatus, 11.
16. 421.
Pandion, 58. 59.125, 137,
— fluviatilis, 340.
— haliaötus, 8. 14. 130,
133. 138. 298. 405. 417.
419.
Panurus barbatus, 243 385.
Paradisea apoda, 391.
— regia, 406.
— rubra, 391.
Paridae, 311. 397.
Parinae, 397.
Paroides, 311.
Parula pitiayumi, 231.
Parus, 397.
— ater, 11. 16. 421.
biarmicus, 176,
bochariensis, 346. 385.
386.
-- borealis, 55. 421.
caudatus, 11.
eristatus, 11.
coeruleus, 11. 16. 410.
415. 419.
cyanus, 307. 354. 387,
eyanus tianschanicus,
347.
flavipectus, 346.
387.
major, 11. 16. 322, 421.
melanolophus, 374,
Novae-Zealandiae, 396.
397.
palustris, 11. 16.
piceae, 546, 373,
rufipectus, 386.
rufonuchalis, 346, 374.
senilis, 398,
sibiricus, 421.
sinensis, 33.
songarus, 346.373 386,
Parra atricana, 212.
Passer ammodendri, 346.
366, 388.
— domestieus, 9. 15. 91.
123. 128, 324, 342, 349
387. 388. 410. 420,
371.
Philomela luseinia, 146.
— major, 145.
Philydor subflavescens, 66.
Phloeoceastes robustus,
280.
Phrygilus, 154.
Phyllastrephus, 438.
Phyllodytes, 393. 397.
— albieilla, 398.
— Novae-Zealandiae, 397,
Phyllomanes agilis, 232.
Phyllomyias einereicapil-
la, 67.
— griseicapilla, 67.
Phyllopneuste eoronata,
119.
fitis, 10. 15. 409. 419,
— fuscatus, 94. 96. 119.
— montana, 150.
— obscura, 346.
— rufa, 10, 15. 131. 133.
417. 418.
sibilatrix, 45. 47. 221.
222. 455.
-— tristis, 346. 348. 354.
— viridanus, 354.
Phylloseopus Middendor-
fi, 341. 365. 380.
— Middendorfi hypolai-
nus, 348.
— obseurus, 382.
— superciliosus, 341. 382.
Pica bactriana, 354. 357.
eaudata, 8. 14. 123.340.
330. 331. 410. 419.
caudata ammodendtri,
348.
eaudata bactriana, 348.
leucoptera, 118.341.380,
— varia, 144,
Picicorvus columbianus,
459.
Picoides erissoleucus, 97.
Picolaptes, 395.
Picus, 280.
exotorhynchus, 385.
flavescens, 280.
Kamtschatkensis, 97.
leptorhynehos, 347.
— leueonotus, 11. 16. 97.
147. 304, 420.
— major, 11. 16. 97. 420.
martius, 11. 420.
minor, 11. 16. 420.
montanus, 346. 387.
pyrrhogaster, 214.
-— robustus, 280.
spilogaster, 281,
tridactylus, 147. 342.
350. 373, 384. 386, 411.
INDEX.
Pieus viridis, 11.
Pinicola enucleator, 9
Pionias, 33.
Pipastes agilis, 84. 85.119.
— arboreus, 85.
Pitangus bellicosus, 260.
261.
— Maximiliani, 260. 261.
— sulphuratus, 260. 261.
Pithys lunulata, 462.
Pitta angolensis, 214.
Pitylus coerulescens, 245
— fuliginosus, 245.
— grossus, 245.
Platalea° leucorodia,
343. 389. 421.
Platycercus, 33.
Platypus fuligula, 340.
Platyrhynchus eancroma,
258. 259.
— eancrominus, 259.
— chrysoceps, 259.
— filieauda, 256.
— mystaceus, 258.
Platystira melanoptera,
217.
— peltata, 462.
Pleetrophanes, 353.
— lapponicus, 86. 133.
— nivalis, 9. 86, 124. 129.
410. 414.
Plegadis faleinellus, 344.
Ploceidae, 154.
Ploceinae, 446.
Ploceus, 33.
Plotus, 299.
— melanogaster, 405.
Podica senegalensis, 299.
Podiceps auritus, 13. 18.
cornutus, 108. "340. 386.
421.
ceristatus,
418. 420.
minor, 340.
suberistatus, 13.18. 108.
Podoces, 362.
— Hendersoni, 355. 361.
— humilis, 354. 361.
— Panderi, 63. 346.
366. 388.
Poeeilothraupis
317.
ignicrissa, 317.
lacrimosa, 317.
lunulata, 317.
lunulata atrierissa, 317.
13.
13. 18. 340.
361.
atrierissa,
palpebrosa, 317.
Pogonias bidentatus, 213.
Polemistria chalybea, 275,
lunulata ignicrissa, 317.
413
Polidaenis, 69.
Porzana erythrothorax,
107. 119.
— pusilla, 106.
— pygmaea,
119,
Pratincola Hemprichi, 347.
360.
indica,
360. 381.
pastor, 360,
rubetra, 10.15. 131.342.
380. 421.
rubicola, 10. 354. 359.
360.
Presbys peruanus, 317.
— unibrunneus, 317.
Prionites ruficapillus, 268.
Procnias nudieollis, 267.
Progne, 462.
— domestica, 234, 235,
— dominicensis, 234,
— leucogastra, 235.
Psaris melanoleucus, 264.
— rubiginosa, 264.
Pseudoscolopax semipal-
mata, 104.
Psittacula, 33.
— roseicollis, 31. 33.
Psittacus, 33.
— erithacus, 218. 299.
Pterocles, 458.
— alchata, 332. 344. 366,
335. 336.
— arenaria, 332.344 380.
385
Pterocyanea querguedula,
10
106. 107.
347. 354. 359.
Pteroglossus Aracari, 278,
279.
Bailloni, 279.
formosus, 278. 279.
maculirostris, 279.
Wiedii, 277. 278. 279,
Pteroptochidae, 396.
Ptychoramphus aleuticus,
460.
Pyenonotus barbatus, 462.
— gabonensis, 462.
— tricolor, 462.
Pyrgita nemoricola, 374.
Pyriglena domicella, 255.
— leucoptera, 254.
Pyroderus granadensis,
267. 268.
orenocensis, 267. 268.
scutatus, 267. 268.
Pyromelana, 33. 446. 447,
franeiscana, 447,
oryx, 447.
474
Pyrophthalma mystacea,
346,
Pyrrhocorax alpinus, 149,
343, 374. 382,
Pyrrhula Cassini, 95. 315.
— caucasica, 52.
eineracea, 95. 314. 341.
342.
eoceinea, 95. 314. 315.
coceinea var. Cassini,
315.
griseiventris, 314,
orientalis, 314.
rubrieilla, 421.
sanguinea, 222.
— vulgaris, 9. 14.
Querquedula eireia, 17,
— crecca, 17. 110.
— falcata, 109.
— glocitans, 109.
Quiscalus versicolor, 310.
Rallus aquaticus, 13. 106.
306. 340.
— indieus, 106.
— porzana, 107.
Ramphastos, 33.
— temmincki, 277,
— tucai, 277.
Ramphastus Ariel, 277.
— dicolorus, 277.
Ramphocoris Clot- Bey,
187.
Ramphodon naevius, 273.
Rapaces, 25. 136.
Raptatores, 7,
Raptores, 24.
Rasores, 11.
Recurvirostra avocetta,
120. 123. 341, 389,
Reguloides proregulus,119
Regulus, 11,
— flavieapillus, 10. 16.
339. 386,
Reinwardtaenas
wardtii, 405.
Rhynchaea capensis, 212,
Rhynchaspis elypeata,110,
340.
Rhynchops flavirostris,211.
Rostramus hamatus, 283.
Rostrhamus sociabilis, 283.
— taeniurus, 283,
Rubeeula familiaris, 9. 15.
408. 410. 415. 419.
Rutieilla aurorea, 119,341.
342. 382.
— coeruleocephala,
373. 386.
— erythrogastra, 342 346,
354. 373. 374, 382. 383.
Rein-
346,
INDEX.
Ruticilla erythronota, 346.
373. 382, 383.
— erythroprocta, 354.
— phoenicura. 10. 15. 45.
342. 382, 383. 410. 417.
419. 454. 455,
— semirufa, 346. 354.
— tithys, 10. 455.
Salicaria, 161. 183. 324.325.
— capistrata, 347. 380.
concolor, 346, 366. 388,
gracilis, 346. 366. 388,
macroptera, 346.
magnirostris, 342. 380.
magnirostris eurhyn-
cha, 348.
microptera, 347. 381.
modesta, 346. 366, 388.
obsoleta, 346. 366. 388,
pallida, 347. 381.
scita, 347. 381,
sphenura, 347. 381.
tamariceti, 346. 366.388.
turdoides, 340. 342. 384.
Saltator eyanopterus, 240.
— melanoleucus, 264,
Saxicola, 123, 458,
— atrogularis, 355.
deserti, 389,
gutturalis, 343. 359.
Hendersoni, 355.
leucomela, 120. 121.123.
347. 380.
lugens, 345. 381,
oenanthe, 10. 15. 117.
118. 120. 122. 383. 384,
392. 410. 416. 420,
opistoleuca, 345. 381.
salina, 359. 388. 389,
saltatrix, 117. 119, 122.
347. 379, 384.
saltatrix squalida, 348.
squalida, 384,
stapazina, 346.
talas, 347. 381.
vittata, 346. 384.
xanthomelaena, 343,
Saxilauda, 187,
— tartarien, 189,
Saurophagus maximiliani,
260.
Scansores, 11,
Scaphidurus ater, 251.
Scaphorhynchus audax,
261
Schizoeaca palpebralis,
319,
Schizorhis, 218.
Te ————————————————.nn nn nn
Schoenieola arundinacea,
D.
— Pallasii, 90.
Sclerurus mexicanus, 67.
— olivascens, 67.
— ruficollis, 67.
— Umbretta, #7.
Scolopax gallinago, 12.340.
381. 420. e
allinula, 12. 304.
— hyemalis, 346. 383.
— rusticola, 12. 17. 104.
409. 417. 420.
— uniclava, 347.
Scopus umbretta, 212, 298.
Scotaeus nycticorax, 341.
385.
Selenidera maeulirostris,
279.
Serinus ignifrons, 382,
— luteolus, 223.
Sitta caesia, 325.
— europaea, II.
325. 420.
— syriaca, 345. 371. 387.
— uralensis, 325.
Sittace, 33,
Sittasomus, 395.
Somateria mollissima, 13.
420.
— spectabilis, 13. 422.
Spatula elypeata, 409. 417.
419
16. 143.
Spermestes cucullata, 216.
Spermophila caerulescens,
246, x
— ornata, 246,
— nigrigularis, 246,
Spermospiza guttata, 215.
Spheniseus trifasciatus,460
Spinus alnorum, 223.
— vulgaris, 15. 414. 419.
Spizaötos eirrhatus, 62.
— ornatus, 289.
Spizalauda deva, 209.
Sporophila ornata, 246.
Squatarola helvetica, 101.
212. 421,
Stagnicola chloropus, 340.
Starna cinerea, 343,
Stelgidopteryx ruficollis,
235
Stelleria dispar, 307. 422. '
Sterna angliea, 344. 381.
— camtschatiea, 111.
— caspia, 344. 385.
— Douglasi, 393.
— fluviatilis, 355.
Schoeniclus arundinacen, | — hirundo, 13, 17. 111,
432,
121. 123, 340. 355. 385.
‚ Sterna longipennis, 111.
— macroura, 407. 418.420.
— minuta, 13. 344, 355.
— nigra, 13.
Sternula minuta, 17. 211.
405.
Strepsilas interpres, 12.
101. .212. 355. 420.
Streptoceryle torquata,
269.
Streptopeleia intercedens,
347.
Strigieeps, 121. 123.
eineraceus, 342,
— ceinerascens, 117. 380.
— eyaneus, 14. 117. 123.
340. 380. 381.
— melanoleueus, 117.
pallidus, 341. 380.
Stringops ns 24.
Strix flammea, 8. 282.
343. 387.
flammea americana,
281. 232.
furcata, 281. 282.
lapponica, 303.
perlata, 231. 282,
pratincola, 281.
puisatrix, 282,
punctatissima, 2832.
— Tengmalmi, 304.
Struthbider einerea, 310.
‚Sturnia dauriea, 346.
Sturnus purpurascens, 347.
380.
— unieolor, 381.
— vulgaris, 8. 14.123.305.
342. 355. 380. 381.
Surnia, 353.
— funerea, 8. 419.
— nisoria, 339. 373. 384
386.
— pässerina, 304.
— ulula, 148.
Suyaalbosupereiliaris,355
360.
Syealis, 154.
— brasiliensis, 247.
— flaveola, 247.
—_ Pelzelni, 247.
Syeobius, 214. 301.
— ceristatus, 214, 453,
malimbus, 214. 453.
nigerrimus, 450.
nitens, 458.
seutatus, 301. 453.
Sylvia, 134.
— atrieapilla, 10. 15.
— eariceti, 162,
302.
446. 447. 450. 452. 458.
INDEX.
Sylvia einerea, 10. 15. 342,
380. 331.
eurruca, 10.
355. 380. 381,
cyana, 237.
fluviatilis, 161,163. 165.
171. 178. 181. 182,
— hortensis, 10. 15.
hypolais, 93.
— locustella, 161. 162,163,
165. 169, 171.174. 179,
180.
luseinia, 179.
luseinioides, 161.
163. 165. 169. 170
176. 173. 179. 181.
183. ;
— mystacea, 384,
15. 344.
162.
171.
182.
— nisoria, 15. 163, 342.
382. 458,
— orphea, 120. 123. 343,
371. 387.
philomela, 179,
platensis, 231.
sueeica, 9.
venusta, 231.
Sykrieois venusta, 231.
Synallaxis, 319.
albicapilla, 319.
albiceps, 319.
einereus, 252.
frontalis, 252. 253.
humilis, 319.
ruficapilla, 252. 253.
sordida, 319.
Spixi, 253.
Syrnium aluco, 141. 342.
387.
lapponicum, 303.
— nebulosum, 303
pulsatrix, 282. 283.
torquatum, 283.
Syrrhaptes paradoxus, 12.
52. 112. 327. 347. 380.
421. 458.
— tibetanus, 354. 361.
'Tachyphonus coronatus,
244,
— quadricolor, 244.
Talegalla, 62.
Tamnophilus agilis, 232.
— severus, 254.
Tanagra archiepiseopus,
242,
argentata, 240.
= auricapilla, 244,
— cana, 242.
coelestis, 240.
eyanoptera, 240. 241.
242.
—
Thaumantias
475
Tanagra episcopus, 240,
glaucocolpa, 242.
ınelanoptera, 242. 243,
olivascens, 242,
olivina, 462,
ornata, 242.
palmarum, 242. 243,
praelatus, 240.
psittacina, 245,
— sayaca, 240. 241. 242.
striata, 241.
virens, 240,
Tanygnathus megalo-
rhyuchus, 405,
Telephonus, 216.
— senegalus, 216.
— trivirgatus, 216,
Terecia einerea, 407.
409. 416. 420,
Terekia einerea, 102.
Terpsiphone paradisi, 349.
350. 371. 387,
Teetrao, 353.
bonasia, 411,
saliceti, 98.
tetrix, 72. 98. 306. 339.
350. 383. 411.
urogalloides, 98.
urogallus, 11. 16. 98.
306. 342. 350. 386. 411.
Tetraogallus, 63.
— caspia, 1.
Textor, 33.
— alecto, 55.
Thalassidroma Leachii, 13,
pelagica, 459.
Thalurania glaucopis, 274,
T'hamnistesanabatinus,65.
— rufescens, 69.
Tharrhaleus nodularis, 10.
Thaumalea Amherstiae,62.
albicollis,
408.
—
276.
T'haumatias albieollis, 276.
— brevirostris, 276.
Thraupis cana, 240.
— cyanoptera, 240.
— sayaca, 240.
Threnetria acheta, 183.
— fluviatilis, 161.
— gryliina, 183.
- ‚locustella, 161. 183.
— Juscinioides, 161.
Thryothorus platensis,230.
Tiehodroma, 7.
— muraria, 11.
— phoenicoptera, 341.382.
'Iinnunculus alaudarius,
14. 120. 123. 124. 418,
— cenehris, 120. 123. 457
376
INDEX.
Tinnunculus sparverius, | Troglodytes, parvulus, 10.
284,
— vespertinus, 120. 123.
Tityra castanea, 264.
— rufa, 264.
Tockus fasciatus, 300,
Totanus brevipes, 102.
— calidris, 12. 17.
canescens, 212, 299.
— fuscus, 12. 102.340.388,
421.
glareola, 12. 17. 102,
340. 380. 407.409. 416,
418. 420.
glottis, 12. 102. 340,
355. 388. 416. 420. 442,
glottis albicollis, 348.
ochropus, 12. 17. 102,
173. 340. 355. 383. 418.
pulverulentus, 405.
stagnatilis, 121. 123.340.
385.
Trichas stragulata, 232.
Trichoglossus, 33. 404.
Triehophorus eanicapillus,
217.
Trichothraupis quadrico-
lor, 244,
Tringa, 407,
— acuminata, 405.
alpina, 12. 407. 420.
— alpina var. chinensis,
103.
— canuta, 12. 103. 421.
crassirostris, 103,
damacensis, 103,
maritima, 421.
minutfa, 12. 103. 409.
416 420.
— salina, 103,
Schinzii, 103.
— subarquata, 12. 108.
416.
— subminuta, 103.
— Temmincki, 12, 103.
340. 377. 384, 386. 407.
408. 409, 416. 420,
Trochilus glaucopis, 274.
Troglodytes, 317.
— aequinoctialis, 231.
— borealis, 320.
— furvus, 230. 231.
— museulus, 230, 231.
16. 306. 342, 382. 455.
— platensis, 230. 231.
Trogon atricollis, 226,
chionurus, 272.
curucui, 226. 272,
eximius, 272.
melanopterus, 271.
surucua, 226. 272.
violaceus, 271.
— viridis, 226. 271. 272.
Trynga glareola, 102.
Turdinae, 10.
Turdus, 442,
— albicollis, 229.
albiventris, 229.
Aliciae, 112.
atrogularis, 320. 325.
346. 373. 386,
carbonarius, 230.
chrysorrhoeus, 440.
flaviper, 230.
gigantodes, 315,
Bigas, 315. 316,
odgsoni, 150. 382.
iliacus, 10. 15. 417, 419.
melanotis, 442,
merula, 10, 15. 342. 382.
musicus, 10. 15.
408. 416, 419,
— mystaeinus, 325. 346,
373. 386,
-- pilaris, 10. 15. 123, 145.
342. 408. 416, 419,
roseus, 224.
ruficollis, 320. 325. 346.
— rufiventris, 228, 229.
— saxatilis, 334.
varius, 150.
viseivorus, 10. 15. 142,
150. 342. 416. 419.
viseivorus Hodgsoni,
347.
viseivorus var? 382.
— voeiferans, 442,
Furtur auritus, 11.
151. 355.
— isabellinus, 151.
rupicola, 97.119,
— sernitorquatus, 213,
— senegnlensis, 213.
Sharpei, 151.
— turturoides, 151,
123,
Druck von G, Pills in Naummbnirg Sn
Tyrannusalbogularis, 262.
— audax, 261,
— furcatus, 262,
— melancholieus, 262,
— satrapa, 262,
Ulula aluco, 8, 14,
— barbata, 421.
— pulsatrix, 282. _
— torquata, 282,
— uralensis, 148, 410.
Upupa epops, 11. 16. 122,
123. 344. 355. 380. 458.
Uragussanguinolentus, 95.
— sibirieus, 93. 119, 341.
342,
Uria arra, 420,
— gryllie, 420.
— lomvia, 420.
Urinatores, 13,
Vanellus aralensis, 80.
— ceristatus, 12. 17. 101.
340. 355. 380. 421.
— leuceurus, 80, 345. 389,
Vidua, 33. 214. 447.
— macroura, 215. 447.
— prineipalis, 215. 447,
Vireosylvia agilis, 232.
233. 234.
142.| — chivi, 232. 233, 234.
— flavoviridis, 233.
— olivacea, 233. 234.
Vulpanser rutila, 353,
— tadorına, 120. 123. 344.
Vultur einereus, 53, 320,
333, 343. 382.
— monachus, 8,
Xanthornus purpurasceens,
24).
Xenodacnis, 311.
— parina, 312.
Xenops anabatoides, 253.
Xiphocolaptes, 395,
— albieollis, 253.
Xiphorhynchus, 395.
Yungieeps Temmincki,
405.
Zetetes polychropterus,
4,
Zonotrichiu, matutina, 246,
— pileata, 246.
Zosterops erythropleurus,
350,
Tab. U.
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Tab. IH.
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6.Mützel gez
Xenodacnis parina. Cab: Imas. 2fem. 3.Hypsibamon andicola (Jelskı)
JOURNAL
ORNITHOLOGIE
DEUTSCHES CENTRALORGAN
für die
gesammte Ornithologie.
In Verbindung mit der
dentschen arnithulugischen Gosellschnft zu Werlin,
mit Beiträgen von
Dr. @. Hartlaub, Eug. F. v. Homeyer, Dr. A. E. Brehm, Dr. €. Bolle,
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Hof-Rath M. Th. v. Heuglin, Dr. ‘0. Finsch, E. Schütt, Ludw. Holtz, Victor
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now, Dr, C. Stölker, Dr. Dybowski, L. Taczanowski, G. v.Koch, Leonh. Stejneger,
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herzuegevreben
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Dr. Jean Cabanis,
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erstem Custos am Königl. Zoolog. Museum der Friedrieh-Wilhelms-Universität zu Berlin;
Secer. d. deutschen ornithologischen Gesellschaft zu Berlin.
XXI. Jahrgang.
Heft IV. Vierte Folge, 1. Band. October 1873, _
Mit4-Tafel,in Buntdruck.
| Leipzig, 1873.
| Verlag von L. A. Kittler. |
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